Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
ich heiße Sie herzlich willkommen bei unserer kleinen Kundgebung aus Anlass des weltweiten Flaggentages der Bürgermeister für den Frieden.
Sie werden fragen: „Was ist denn das? Flaggentag klingt doch altmodisch und spießig. Und was sind denn die Bürgermeister für den Frieden?“
Am 6. August 1945 tötete eine amerikanische Atombombe über Hiroshima auf einen Schlag über 70.000 Menschen. Eine einzige Atombombe vernichtete eine ganze Stadt. Die mörderische Druckwelle und Hitze verbrannte 70% aller Häuser und machte sie dem Erdboden gleich.
Nur 3 Tage später zündete die US- Luftwaffe über Nagasaki eine Plutonium-Bombe. Sie tötete wiederum über 70.000 Menschen. Die Temperatur an der Erdoberfläche betrug 4.000 Grad und es ging ein radioaktiver Regen nieder. Viele Verletzte konnten mit ihren schweren Verletzungen nicht behandelt werden. Sie waren ihrem Leid und Schmerzen ausgesetzt. 90% aller Ärzte und Pflegepersonal wurden ebenfalls getötet. Kein Katastrophenschutz konnte hier helfen. Die Folgen dieser atomaren Katastrophen sind bis heute Krebserkrankungen, Fehlgeburten und Missbildungen bei Neugeborenen.
Der einzige Einsatz von Atomwaffen in der Geschichte hinterließ tiefe Spuren in Japan. Und jedes Jahr gedenkt das gesamte Land am 6. und am 9. August des Atomwaffeneinsatzes mit landesweiten Schweigeminuten. In Hiroshima und Nagasaki werden jedes Jahr die Namen der Menschen vorgelesen, die im Jahr davor an den Spätfolgen der Explosion gestorben sind.
Takeshi Araki, der Bürgermeister von Hiroshima erkannte, dass er als Bürgermeister die Bürger seiner Stadt bei einem Atomkrieg nicht schützen kann. Deshalb gründete er 1982 die Organisation Mayors for Peace. So entstand ein weltweites Netzwerk von Bürgermeistern, das sich für die Abschaffung der Atomwaffen einsetzt. Mittlerweile sind 8170 Städte weltweit Mitglied in diesem Friedensbündnis.
Oberbürgermeister Frank Baranowski hat 2005 dafür gesorgt, dass die Stadt Gelsenkirchen Mitglied im weltweiten Bündnis von mehr als achttausend „Bürgermeister für den Frieden/ Mayors for Peace“ geworden ist. Damit gehört Gelsenkirchen zu den 800 deutschen Städten und Gemeinden, die sich als Mitglieder vor allem dazu verpflichten, sich für eine weltweite Ächtung und das vollständige Verbot aller Atomwaffen einzusetzen.
Auf der Website der Stadt Gelsenkirchen finden Sie folgenden Hinweis:
Der Flaggentag am 8. Juli erinnert an ein Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofes (IGH) vom 8. Juli 1996. Darin heißt es, dass die Androhung und der Einsatz von Atomwaffen gegen internationales Recht und gegen Prinzipien des humanitären Völkerrechts verstoßen. Darüber hinaus hat der IGH die völkerrechtlich verbindliche Verhandlungspflicht zur Realisierung vollständiger atomarer Abrüstung festgestellt.
Wir vom Gelsenkirchener Friedensforum freuen uns immer, wenn wir sehen, dass die grün-weiße Flagge der Bürgermeister für den Frieden am Hans-Sachs-Haus weht. Wir unterstützen jeden Schritt der Stadt gegen einen Atomkrieg. Wir würden uns freuen, wenn die jetzige Bürgermeisterin eine aktivere Rolle zur Erhaltung des Friedens einnimmt. Denn der Friede auf der Welt ist im Moment so brüchig ist, wie nie zuvor. Jede weitere Eskalation im Ukraine-Krieg kann in eine nukleare Katastrophe führen. Deshalb brauchen wir rasch mutige Schritte zur Verhandlungslösung.
Wissen Sie, dass auf dem deutschen Militärflugplatz Büchel in der Eifel, 130 km von Gelsenkirchen entfernt, 20 amerikanische Atombomben liegen? Diese Bomben werden gerade technisch aufgerüstet. Dafür kauft die Bundesregierung gleich neue Atombomber. Die neuen Atombomben lassen sich steuern und erreichen ihr Ziel schneller. Die Startbahnen und das gesamte Gelände in Büchel werden z. Zeit für die neuen Atombomben und die neuen Kampflugzeuge für 260 Mill. Euro umgerüstet.
Falschmeldungen können immer schlechter überprüft werden. Wer glaubt, dass so eine Situation unmöglich ist, irrt sich.
An dieser Stelle möchte ich Ihnen eine unglaubliche, aber wahre Geschichte erzählen.
In der Nacht zum 26. Sept. 1983 stellte der leitende sowjetische Offizier Stanislaw Petrow in der Kommandozentrale „Serpuchow-15 als diensthabender Verant-wortlicher für den Luftüberwachungsraum, nahe Moskau den Start von 5 amerikanischen Atomraketen Richtung Sowjetunion fest. In wenigen Minuten musste er die folgeschwere Entscheidung treffen, ob sein Land mit Atomwaffen angegriffen wird und ob er einen sowjetischen Gegenangriff mit Atomraketen einleiten sollte. Petrow meldete seinen Vorgesetzten einen Fehlalarm.
Das ist ein unerhörter Vorgang im militärischen Dienst. Er gleicht einer Befehlsverweigerung. Die Tragweite einer Fehlentscheidung waren für ihn nicht absehbar. Es war die Zeit des Kalten Krieges, in der Phase des Wettrüstens: amerikanische Pershing 2 Raketen und sowjetische SS20 Raketen waren stationiert. In dieser Phase hat sich Petrow entschlossen, an einen Fehlalarm zu glauben. Seine Entscheidung hat er später begründet: Ich wollte nicht Schuld haben am 3. Weltkrieg.
Spätere Untersuchungen stellten am Computer Fehler im Frühwarnsystem bei Reflexionen von Sonnenstrahlen in Wolken fest.
Dieser Vorfall unterlag lange höchster militärischer Geheimhaltung. Erst1998 erfuhr die Öffentlichkeit von der mutigen Entscheidung Stanislaw Petrow. Anschließend erfolgten mehrere Auszeichnungen durch die sowjetische Regierung. 2013 erhielt Petrows den Friedenspreis in Dresden in der Semper Oper.
Falls Sie mir diese Geschichte nicht glauben wollen: Der dänische Dokumentarfilm „The Man Who Saved The World – Der Mann, der die Welt rettete“ berichtet über diesen Vorfall und über Petrov.
Unbeirrt hält aber unsere Regierung weiter an der atomaren Aufrüstung fest.
Die technologische Entwicklung macht den Einsatz von Atomwaffen immer wahrscheinlicher.
Sie lässt keine Zeit mehr für Zweifel oder Kontrollen. Unsere Regierung spricht gerne von moderner Waffentechnologie, verschweigt aber, dass ein Einsatz von Atomwaffen die Existenz der gesamten Menschheit bedroht. Unsere Regierung handelt unverantwortlich, weil sie an der atomaren Teilhabe festhält, statt den Einsatz von Atomwaffen abzulehnen. Eine atomare Teilhabe bedeutet aber, dass deutsche Piloten mit deutschen Atombombern Atombomben auf andere Länder abwerfen – und dann verantwortlich für Zerstörungen sind, die viel schlimmer sind als die in Hiroshima und Nagasaki.
Wir brauchen Politiker, die den Mut haben, Abrüstungsvorschläge zu machen. Die den Mut haben über friedliche Lösungen nachzudenken und Verhandlungen, als einen möglichen Schritt sehen, Kriegshandlungen zu beenden.
Es wird Zeit, dass auch Deutschland endlich das Abkommen der Vereinten Nationen zum Verbot der Atomwaffen unterzeichnet wird. Auf dem G7 Gipfel Treffen in Hiroshima im Mai 2013 appellierten deutsche Mitglieder von ICAN, darunter der Oberbürgermeister von Hannover und Vizepräsident von Mayors for Paece Belit Onay in einem offenen Brief an Bundeskanzler Scholz sich einzusetzen:
- Für klare Schritte zur atomaren Abrüstung!
- Keine Atomwaffen auf fremden Territorien!
- Keine nukleare Teilhabe in der NATO!
- Keine Stationierung von russischen Atomwaffen in Belarus!
Wir möchten schließen mit dem Friedensgebet der Vereinten Nationen:
Unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im großen Weltall.
An uns liegt es, daraus einen Planeten zu machen,
dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden,
nicht von Hunger und Furcht gequält,
nicht zerrissen in sinnlose Trennung nach Rasse, Hautfarbe oder Weltanschauung.
Gib uns Mut und Voraussicht, schon heute mit diesem Werk zu beginnen,
damit unsere Kinder und Kindeskinder einst stolz den Namen Mensch tragen.