CONV 850/03 i
EUROPÄISCHER
KONVENT
DAS SEKRETARIAT
Brüssel,
den 18. Juli 2003
(OR. fr)
CONV
850/03
ÜBERMITTLUNGSVERMERK
des Sekretariats
für den Konvent
Nr. Vordokumente:
CONV 820/1/03 REV 1, CONV 847/03, CONV 848/03
Betr.: Entwurf eines Vertrags über eine
Verfassung für Europa
Die Mitglieder des
Konvents erhalten anbei den endgültigen Wortlaut des Entwurfs eines Vertrags
über eine
Verfassung für Europa, der dem Präsidenten des Europäischen Rates am 18. Juli
2003 in
Rom überreicht
wird.
_____________________
CONV 850/03 ii
Entwurf
VERTRAG
ÜBER
EINE
VERFASSUNG
FÜR
EUROPA
Vom Europäischen
Konvent im Konsensverfahren angenommen
am 13. Juni und
10. Juli 2003
DEM
PRÄSIDENTEN DES EUROPÄISCHEN RATES
IN
ROM
ÜBERREICHT
„Ÿ 18. Juli 2003 „Ÿ
CONV 850/03 iii
VORWORT
zu Teil I und Teil
II des Entwurfs eines Vertrags über eine Verfassung für Europa,
die dem
Europäischen Rat auf seiner Tagung in Thessaloniki am 20. Juni 2003 überreicht
wurden.
CONV 850/03 1
VORWORT
Der Europäische
Rat hat auf seiner Tagung am 14./15. Dezember 2001 in Laeken (Belgien) festge-
stellt, dass sich
die Europäische Union an einem entscheidenden Wendepunkt ihrer Geschichte
befindet, und hat
den Europäischen Konvent zur Zukunft Europas einberufen.
Dieser Konvent
erhielt den Auftrag, Vorschläge zu drei Anliegen zu unterbreiten, nämlich den
Bürgern das
europäische Projekt und die europäischen Organe näher zu bringen, das
politische
Leben und den
europäischen politischen Raum in einer erweiterten Union zu strukturieren und
die
Union zu einem
Stabilitätsfaktor und zu einem Vorbild in der neuen Weltordnung zu machen.
Der Konvent hat
auf die Fragen in der Erklärung von Laeken folgende Antwort gegeben:
- Er schlägt eine bessere Aufteilung der
Zuständigkeiten der Union und der Mitgliedstaaten vor.
- Er empfiehlt, die Verträge zusammenzufassen
und die Union mit einer Rechtspersönlichkeit
auszustatten.
- Er arbeitet vereinfachte Handlungsinstrumente
der Union aus.
- Er schlägt Maßnahmen für mehr Demokratie,
Transparenz und Effizienz in der Europäischen
Union vor; so
sollen die nationalen Parlamente stärker an der Legitimierung des europäischen
Projekts
mitwirken, die Entscheidungsprozesse vereinfacht und dafür gesorgt werden, dass
die Funktionsweise
der europäischen Organe transparenter und besser verständlich wird.
- Er arbeitet die Maßnahmen aus, die zur
Verbesserung der Struktur und zur Stärkung der Rolle
aller drei Organe
der Union erforderlich sind, und trägt dabei insbesondere den Auswirkungen
der Erweiterung
Rechnung.
CONV 850/03 2
In
der Erklärung von Laeken wurde die Frage aufgeworfen, ob die Vereinfachung und
Neuordnung
der Verträge nicht
zur Annahme eines Verfassungstextes führen sollte. Im Verlauf seiner
Beratungen ist es
dem Konvent schließlich gelungen, den Entwurf eines Vertrags über eine Ver-
fassung für Europa
auszuarbeiten, zu dem auf der Plenartagung am 13. Juni 2003 weitgehender
Konsens erzielt
wurde.
Diesen Text dürfen
wir heute, am 20. Juni 2003, im Namen des Europäischen Konvents dem Euro-
päischen Rat in
Thessaloniki in der Hoffnung unterbreiten, dass er das Fundament eines
künftigen
Vertrags über die
Europäische Verfassung darstellen wird.
Valéry Giscard d.Estaing
Vorsitzender
Giuliano Amato Jean-Luc Dehaene
stellvertretender
Vorsitzender stellvertretender Vorsitzender
CONV 850/03 3
Entwurf
VERTRAG
ÜBER EINE VERFASSUNG FÜR EUROPA
PRÄAMBEL
Die
Verfassung, die wir haben ... heißt Demokratie, weil der Staat nicht auf wenige
Bürger, sondern
auf
die Mehrheit ausgerichtet ist.
Thukydides,
II, 37
In dem
Bewusstsein, dass der Kontinent Europa ein Träger der Zivilisation ist und dass
seine
Bewohner, die ihn
seit Urzeiten in immer neuen Schüben besiedelt haben, im Laufe der Jahr-
hunderte die Werte
entwickelt haben, die den Humanismus begründen: Gleichheit der Menschen,
Freiheit, Geltung
der Vernunft,
Schöpfend aus den
kulturellen, religiösen und humanistischen Überlieferungen Europas, deren
Werte in seinem
Erbe weiter lebendig sind und die zentrale Stellung des Menschen und die Unver-
letzlichkeit und
Unveräußerlichkeit seiner Rechte sowie den Vorrang des Rechts in der
Gesellschaft
verankert haben,
In der
Überzeugung, dass ein nunmehr geeintes Europa auf diesem Weg der Zivilisation,
des Fort-
schritts und des
Wohlstands zum Wohl all seiner Bewohner, auch der Schwächsten und der
Ärmsten, weiter
voranschreiten will, dass es ein Kontinent bleiben will, der offen ist für
Kultur,
Wissen und
sozialen Fortschritt, dass es Demokratie und Transparenz als Wesenszüge seines
öffentlichen
Lebens stärken und auf Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität in der Welt
hinwirken
will,
In der Gewissheit,
dass die Völker Europas, wiewohl stolz auf ihre nationale Identität und
Geschichte,
entschlossen sind, die alten Trennungen zu überwinden und immer enger vereint
ihr
Schicksal
gemeinsam zu gestalten,
CONV 850/03 4
In
der Gewissheit, dass Europa, "in Vielfalt geeint", ihnen die besten
Möglichkeiten bietet, unter
Wahrung der Rechte
des Einzelnen und im Bewusstsein ihrer Verantwortung gegenüber den
künftigen
Generationen und der Erde dieses große Abenteuer fortzusetzen, das einen Raum
eröff-
net, in dem sich
die Hoffnung der Menschen entfalten kann,
In dankender
Anerkennung der Leistung der Mitglieder des Europäischen Konvents, die diese
Ver-
fassung im Namen
der Bürgerinnen und Bürger und der Staaten Europas ausgearbeitet haben,
[Sind die Hohen
Vertragsparteien nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen
Vollmachten wie
folgt übereingekommen:]
CONV 850/03 5
TEIL I
TITEL
I: DEFINITION UND ZIELE DER UNION
Artikel
1: Gründung der Union
(1) Geleitet von
dem Willen der Bürgerinnen und Bürger und der Staaten Europas, ihre
Zukunft gemeinsam
zu gestalten, begründet diese Verfassung die Europäische Union, der die Mit-
gliedstaaten
Zuständigkeiten zur Verwirklichung ihrer gemeinsamen Ziele übertragen. Die
Union
koordiniert die
diesen Zielen dienende Politik der Mitgliedstaaten und übt die ihr von den
Mitglied-
staaten
übertragenen Zuständigkeiten in gemeinschaftlicher Weise aus.
(2) Die Union
steht allen europäischen Staaten offen, die ihre Werte achten und sich ver-
pflichten, ihnen
gemeinsam Geltung zu verschaffen.
Artikel
2: Die Werte der Union
Die Werte, auf die
sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demo-
kratie,
Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte; diese Werte
sind allen
Mitgliedstaaten in
einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Toleranz, Gerechtig-
keit, Solidarität
und Nichtdiskriminierung auszeichnet.
CONV 850/03 6
Artikel
3: Die Ziele der Union
(1) Ziel der Union
ist es, den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu
fördern.
(2) Die Union
bietet ihren Bürgerinnen und Bürgern einen Raum der Freiheit, der Sicher-
heit und des
Rechts ohne Binnengrenzen und einen Binnenmarkt mit freiem und unverfälschtem
Wettbewerb.
(3) Die Union
strebt die nachhaltige Entwicklung Europas auf der Grundlage eines ausge-
wogenen
Wirtschaftswachstums an, eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale
Marktwirt-
schaft, die auf
Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt, sowie ein hohes Maß an
Umwelt-
schutz und
Verbesserung der Umweltqualität. Sie fördert den wissenschaftlichen und
technischen
Fortschritt.
Sie bekämpft
soziale Ausgrenzung und Diskriminierungen und fördert soziale Gerechtigkeit und
sozialen Schutz,
die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Solidarität zwischen den
Generationen und
den Schutz der Rechte des Kindes.
Sie fördert den
wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt und die Solidarität
zwischen den
Mitgliedstaaten.
Die Union wahrt
den Reichtum ihrer kulturellen und sprachlichen Vielfalt und sorgt für den
Schutz
und die
Entwicklung des kulturellen Erbes Europas.
(4) In ihren
Beziehungen zur übrigen Welt schützt und fördert die Union ihre Werte und
Interessen. Sie
trägt bei zu Frieden, Sicherheit, nachhaltiger Entwicklung der Erde,
Solidarität und
gegenseitiger
Achtung unter den Völkern, freiem und gerechtem Handel, Beseitigung der Armut
und Schutz der
Menschenrechte, insbesondere der Rechte des Kindes, sowie zur strikten
Einhaltung
und
Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der Grundsätze der
Charta der
Vereinten
Nationen.
(5) Diese Ziele
werden mit geeigneten Mitteln entsprechend dem Umfang der Zuständig-
keiten verfolgt,
die der Union in der Verfassung übertragen werden.
CONV 850/03 7
Artikel
4: Grundfreiheiten und Nichtdiskriminierung
(1) Der freie
Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr sowie die Nieder-
lassungsfreiheit
werden innerhalb der Union und von der Union gemäß der Verfassung gewähr-
leistet.
(2) Unbeschadet
besonderer Bestimmungen der Verfassung ist in ihrem Anwendungs-
bereich jede
Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.
Artikel
5: Beziehungen zwischen der Union und den Mitgliedstaaten
(1) Die Union
achtet die nationale Identität der Mitgliedstaaten, die in deren grundlegender
politischer und
verfassungsrechtlicher Struktur einschließlich der regionalen und kommunalen
Selbstverwaltung
zum Ausdruck kommt. Sie achtet die grundlegenden Funktionen des Staates,
insbesondere die
Wahrung der territorialen Unversehrtheit, die Aufrechterhaltung der
öffentlichen
Ordnung und den
Schutz der inneren Sicherheit.
(2) Nach dem Grundsatz
der loyalen Zusammenarbeit achten und unterstützen sich die
Union und die
Mitgliedstaaten gegenseitig bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus der
Ver-
fassung ergeben.
Die
Mitgliedstaaten erleichtern der Union die Erfüllung ihrer Aufgabe und
unterlassen alle Maß-
nahmen, welche die
Verwirklichung der in der Verfassung genannten Ziele gefährden könnten.
Artikel
6: Rechtspersönlichkeit
Die Union besitzt
Rechtspersönlichkeit.
CONV 850/03 8
TITEL
II: GRUNDRECHTE UND
UNIONSBÜRGERSCHAFT
Artikel
7: Grundrechte
(1) Die Union
erkennt die Rechte, Freiheiten und Grundsätze an, die in der Charta der
Grundrechte als
dem Teil II der Verfassung enthalten sind.
(2) Die Union
strebt den Beitritt zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschen-
rechte und
Grundfreiheiten an. Der Beitritt zu dieser Konvention ändert nicht die in der
Verfassung
festgelegten
Zuständigkeiten der Union.
(3) Die
Grundrechte, wie sie in der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschen-
rechte und
Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen
Verfassungs-
überlieferungen
der Mitgliedstaaten ergeben, gehören zu den allgemeinen Grundsätzen des Unions-
rechts.
Artikel
8: Die Unionsbürgerschaft
(1) Unionsbürgerin
oder Unionsbürger ist, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats
besitzt. Die
Unionsbürgerschaft tritt zur nationalen Staatsbürgerschaft hinzu, ohne diese zu
ersetzen.
(2) Die
Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben die in der Verfassung vorgesehenen
Rechte und
Pflichten. Sie haben
- das Recht, sich im Hoheitsgebiet der
Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten;
- in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren
Wohnsitz haben, das aktive und passive Wahlrecht bei
den Wahlen zum
Europäischen Parlament und bei den Kommunalwahlen, wobei für sie
dieselben
Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats;
CONV 850/03 9
-
im Hoheitsgebiet eines
Drittlandes, in dem der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie
besitzen, nicht
vertreten ist, Recht auf Schutz der diplomatischen und konsularischen Stellen
eines jeden
Mitgliedstaats unter denselben Bedingungen wie Staatsangehörige dieses Staates;
- das Recht, Petitionen an das Europäische
Parlament zu richten, sich an den Europäischen
Bürgerbeauftragten
zu wenden wie auch das Recht, sich in einer der Sprachen der Verfassung
an die Organe und
die beratenden Einrichtungen der Union zu wenden und eine Antwort in
derselben Sprache
zu erhalten.
(3) Diese Rechte
werden unter den Bedingungen und innerhalb der Grenzen ausgeübt, die
in der Verfassung
und in den Bestimmungen zu ihrer Anwendung festgelegt sind.
TITEL
III: DIE ZUSTÄNDIGKEITEN DER
UNION
Artikel
9: Grundprinzipien
(1) Für die
Abgrenzung der Zuständigkeiten der Union gilt der Grundsatz der begrenzten
Einzelermächtigung.
Für die Ausübung der Zuständigkeiten der Union gelten die Grundsätze der
Subsidiarität und
der Verhältnismäßigkeit.
(2) Nach dem Grundsatz
der begrenzten Einzelermächtigung wird die Union innerhalb der
Grenzen der
Zuständigkeiten tätig, die die Mitgliedstaaten ihr in der Verfassung zur
Verwirklichung
der darin
niedergelegten Ziele zugewiesen haben. Alle der Union nicht in der Verfassung
zugewiesenen
Zuständigkeiten verbleiben bei den Mitgliedstaaten.
(3) Nach dem
Subsidiaritätsprinzip wird die Union in den Bereichen, die nicht in ihre aus-
schließliche
Zuständigkeit fallen, nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht
gezogenen
Maßnahmen von den
Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene
ausreichend
erreicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs oder ihrer
Wirkungen
auf Unionsebene
besser erreicht werden können.
CONV 850/03 10
Die
Organe der Union wenden das Subsidiaritätsprinzip nach dem Protokoll über die
Anwendung
der Grundsätze der
Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit im Anhang zur Verfassung an. Die
nationalen
Parlamente achten auf die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips nach dem in
diesem
Protokoll
vorgesehenen Verfahren.
(4) Nach dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehen die Maßnahmen der Union inhalt-
lich wie formal
nicht über das für die Erreichung der Ziele der Verfassung erforderliche Maß
hinaus.
Die Organe wenden
den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang mit dem in Absatz 3
genannten
Protokoll an.
Artikel
10: Das Unionsrecht
(1) Die Verfassung
und das von den Organen der Union in Ausübung der ihnen
zugewiesenen
Zuständigkeiten gesetzte Recht haben Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten.
(2) Die
Mitgliedstaaten ergreifen alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer
Art zur Erfüllung
der Verpflichtungen, die sich aus der Verfassung oder aus Handlungen der
Organe der Union
ergeben.
Artikel
11: Arten von Zuständigkeiten
(1) Weist die
Verfassung der Union für einen bestimmten Bereich ausschließliche
Zuständigkeit zu,
so kann nur sie gesetzgeberisch tätig werden und rechtlich bindende Rechtsakte
erlassen; die
Mitgliedstaaten dürfen in einem solchen Fall nur dann tätig werden, wenn sie
von der
Union hierzu
ermächtigt worden sind, oder um von ihr erlassene Rechtsakte durchzuführen.
CONV 850/03 11
(2)
Weist die Verfassung der Union für einen bestimmten
Bereich eine mit den Mitglied-
staaten geteilte
Zuständigkeit zu, so haben die Union und die Mitgliedstaaten die Befugnis, in
diesem Bereich
gesetzgeberisch tätig zu werden und rechtlich bindende Rechtsakte zu erlassen.
Die
Mitgliedstaaten
nehmen ihre Zuständigkeit wahr, sofern und soweit die Union ihre Zuständigkeit
nicht ausgeübt hat
oder entschieden hat, diese nicht mehr auszuüben.
(3) Die Union ist
zuständig im Hinblick auf die Förderung und Gewährleistung der Koordi-
nierung der
Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten.
(4) Die Union ist
dafür zuständig, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik ein-
schließlich der
schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik zu erarbeiten
und
zu verwirklichen.
(5) In bestimmten
Bereichen ist die Union unter den in der Verfassung genannten
Bedingungen
befugt, Maßnahmen zur Koordinierung, Ergänzung oder Unterstützung der Maß-
nahmen der
Mitgliedstaaten durchzuführen, ohne dass dadurch die Zuständigkeit der Union
für
diese Bereiche an
die Stelle der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten tritt.
(6) Der Umfang der
Zuständigkeiten der Union und die Einzelheiten ihrer Ausübung
ergeben sich aus
den jeweiligen Bestimmungen zu den einzelnen Bereichen in Teil III.
Artikel
12: Ausschließliche Zuständigkeiten
(1) Die Union hat
ausschließliche Zuständigkeit für die Festlegung der für das Funktio-
nieren des
Binnenmarkts erforderlichen Wettbewerbsregeln sowie in folgenden Bereichen:
- die Währungspolitik für die Mitgliedstaaten,
die den Euro eingeführt haben,
- die gemeinsame Handelspolitik,
- die Zollunion,
- die Erhaltung der biologischen Meeresschätze
im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik.
CONV 850/03 12
(2)
Die Union hat ausschließliche Zuständigkeit für den Abschluss internationaler
Überein-
kommen, wenn der
Abschluss eines solchen Übereinkommens in einem Rechtsakt der Union vorge-
sehen ist, wenn er
notwendig ist, damit sie ihre interne Zuständigkeit ausüben kann, oder wenn er
einen internen
Rechtsakt der Union beeinträchtigt.
Artikel
13: Bereiche mit geteilter Zuständigkeit
(1) Die Union
teilt ihre Zuständigkeit mit den Mitgliedstaaten, wenn ihr die Verfassung
außerhalb der in
den Artikeln 12 und 16 genannten Bereiche eine Zuständigkeit zuweist.
(2) Die geteilte
Zuständigkeit erstreckt sich auf die folgenden Hauptbereiche:
- Binnenmarkt,
- Raum der Freiheit, der Sicherheit und des
Rechts,
- Landwirtschaft und Fischerei, ausgenommen die
Erhaltung der biologischen Meeresschätze,
- Verkehr und transeuropäische Netze,
- Energie,
- Sozialpolitik hinsichtlich der in Teil III
genannten Aspekte,
- wirtschaftlicher, sozialer und territorialer
Zusammenhalt,
- Umwelt,
- Verbraucherschutz,
- gemeinsame Sicherheitsanliegen im Bereich des
Gesundheitswesens.
(3) In den
Bereichen Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt erstreckt sich
die Zuständigkeit
der Union darauf, Maßnahmen zu treffen und insbesondere Programme zu
erstellen und
durchzuführen, ohne dass die Ausübung dieser Zuständigkeit der Union die
Mitglied-
staaten hindert,
ihre Zuständigkeiten auszuüben.
CONV 850/03 13
(4)
In den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe erstreckt sich
die
Zuständigkeit der
Union darauf, Maßnahmen zu treffen und eine gemeinsame Politik zu verfolgen,
ohne dass die
Ausübung dieser Zuständigkeit der Union die Mitgliedstaaten hindert, ihre
Zuständigkeiten
auszuüben.
Artikel
14: Die Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik
(1) Die Union
trifft Maßnahmen zur Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitglied-
staaten,
insbesondere durch die Ausarbeitung der Grundzüge der Wirtschaftspolitik. Die
Mitglied-
staaten
koordinieren ihre Wirtschaftspolitik innerhalb der Union.
(2) Für die
Mitgliedstaaten, die den Euro eingeführt haben, gelten besondere Regelungen.
(3) Die Union
trifft Maßnahmen zur Koordinierung der Beschäftigungspolitik der Mit-
gliedstaten,
insbesondere durch die Ausarbeitung von Leitlinien für die
Beschäftigungspolitik.
(4) Die Union kann
Initiativen zur Koordinierung der Sozialpolitik der Mitgliedstaaten
ergreifen.
Artikel
15: Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
(1) Die
Zuständigkeit der Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheits-
politik erstreckt
sich auf alle Bereiche der Außenpolitik sowie auf sämtliche Fragen im Zusammen-
hang mit der
Sicherheit der Union, einschließlich der schrittweisen Festlegung einer
gemeinsamen
Verteidigungspolitik,
die zu einer gemeinsamen Verteidigung führen kann.
(2) Die
Mitgliedstaaten unterstützen die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der
Union aktiv und
vorbehaltlos im Geiste der Loyalität und der gegenseitigen Solidarität und
achten
die Rechtsakte der
Union in diesem Bereich. Sie enthalten sich jeder Handlung, die den Interessen
der Union
zuwiderläuft oder ihrer Wirksamkeit schaden könnte.
CONV 850/03 14
Artikel
16: Unterstützungs-, Koordinierungs- und Ergänzungsmaßnahmen
(1) Die Union kann
Unterstützungs-, Koordinierungs- oder Ergänzungsmaßnahmen
ergreifen.
(2) Unterstützungs-,
Koordinierungs- oder Ergänzungsmaßnahmen können mit europä-
ischer Zielsetzung
in folgenden Bereichen ergriffen werden:
- Industrie,
- Schutz und Verbesserung der menschlichen
Gesundheit,
- allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und
Sport,
- Kultur,
- Zivilschutz.
(3) Die rechtlich
bindenden Rechtsakte, die von der Union aufgrund der jeweiligen
Bestimmungen zu
diesen Bereichen in Teil III
erlassen werden, dürfen
keine Harmonisierung der
Rechts- und
Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten beinhalten.
Artikel
17: Flexibilitätsklausel
(1) Erscheint ein
Tätigwerden der Union im Rahmen der in Teil III festgelegten Politik-
bereiche
erforderlich, um eines der Ziele der Verfassung zu verwirklichen, und sind in
dieser Ver-
fassung die
hierfür erforderlichen Befugnisse nicht vorgesehen, so erlässt der Ministerrat
ein-
stimmig auf
Vorschlag der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments die
geeigneten
Vorschriften.
(2) Die Kommission
macht die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten im Rahmen des
Verfahrens zur
Kontrolle der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips nach Artikel 9 Absatz 3 auf
die
Vorschläge
aufmerksam, die sich auf den vorliegenden Artikel stützen.
(3) Aufgrund des
vorliegenden Artikels erlassene Vorschriften dürfen keine Harmoni-
sierung der
Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten in den Fällen
beinhalten, in
denen eine solche
Harmonisierung nach der Verfassung ausgeschlossen ist.
CONV 850/03 15
TITEL
IV: DIE ORGANE DER UNION
Kapitel
I . Institutioneller Rahmen
Artikel
18: Die Organe der Union
(1) Die Union
verfügt über einen einheitlichen institutionellen Rahmen, mit dem angestrebt
wird,
- die Ziele der Union zu verfolgen,
- ihren Werten Geltung zu verschaffen,
- den Interessen der Union, ihrer Bürgerinnen
und Bürger und ihrer Mitgliedstaaten zu dienen
und die Kohärenz,
Effizienz und Kontinuität der Politik der Union und der von ihr zur Erreichung
ihrer Ziele
getroffenen Maßnahmen sicherzustellen.
(2) Dieser
institutionelle Rahmen umfasst
das Europäische
Parlament,
den Europäischen
Rat,
den Ministerrat,
die Europäische
Kommission,
den Gerichtshof.
(3) Jedes Organ
handelt nach Maßgabe der ihm in dieser Verfassung zugewiesenen Befug-
nisse nach den
Verfahren und unter den Bedingungen, die in der Verfassung festgelegt sind. Die
Organe arbeiten
loyal zusammen.
Artikel
19: Das Europäische Parlament
(1) Das
Europäische Parlament wird gemeinsam mit dem Ministerrat als Gesetzgeber tätig
und übt gemeinsam
mit ihm die Haushaltsbefugnisse aus; es erfüllt ferner Aufgaben der politischen
Kontrolle und
Beratungsfunktionen nach Maßgabe der Verfassung. Es wählt den Präsidenten der
Europäischen
Kommission.
CONV 850/03 16
(2)
Das Europäische Parlament wird von den europäischen Bürgerinnen und Bürgern für
eine Amtszeit von
fünf Jahren in allgemeinen, freien und geheimen Wahlen direkt gewählt. Die
Anzahl seiner
Mitglieder darf 736 nicht überschreiten. Die europäischen Bürgerinnen und
Bürger
sind im
Europäischen Parlament degressiv proportional, mindestens jedoch mit vier
Mitgliedern je
Mitgliedstaat
vertreten.
Rechtzeitig vor
den Wahlen zum Europäischen Parlament 2009 und danach im Bedarfsfall im Hin-
blick auf künftige
Wahlen erlässt der Europäische Rat einstimmig auf Vorschlag des Europäischen
Parlaments und mit
dessen Zustimmung einen Beschluss über die Zusammensetzung des Europäi-
schen Parlaments,
in dem die oben genannten Grundsätze gewahrt sind.
(3) Das
Europäische Parlament wählt aus seiner Mitte seinen Präsidenten und sein Präsi-
dium.
Artikel
20: Der Europäische Rat
(1) Der
Europäische Rat gibt der Union die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse
und legt ihre
allgemeinen politischen Zielvorstellungen und Prioritäten fest. Er wird nicht
gesetz-
geberisch tätig.
(2) Der
Europäische Rat setzt sich zusammen aus den Staats- und Regierungschefs der
Mitgliedstaaten
sowie dem Präsidenten des Europäischen Rates und dem Präsidenten der
Kommission. Der
Außenminister der Union nimmt an den Beratungen teil.
(3) Der
Europäische Rat tritt vierteljährlich zusammen; er wird von seinem Präsidenten
einberufen. Wenn
es die Tagesordnung erfordert, können die Mitglieder des Europäischen Rates
beschließen, sich
von einem Minister oder . im Fall des Präsidenten der Kommission . von einem
Europäischen
Kommissar unterstützen zu lassen. Wenn es die Lage erfordert, beruft der
Präsident
eine
außerordentliche Tagung des Europäischen Rates ein.
(4) Soweit in der
Verfassung nichts anderes festgelegt ist, entscheidet der Europäische Rat
durch Konsens.
CONV 850/03 17
Artikel
21: Der Präsident des Europäischen Rates
(1) Der Präsident
des Europäischen Rates wird vom Europäischen Rat mit qualifizierter
Mehrheit für einen
Zeitraum von zweieinhalb Jahren gewählt; er kann einmal wiedergewählt
werden. Im Falle
schwerwiegender Hinderungsgründe oder einer schweren Verfehlung kann der
Europäische Rat
ihn im Wege des gleichen Verfahrens von seinem Amt entbinden.
(2) Der Präsident
des Europäischen Rates
- führt den Vorsitz und leitet die Beratungen
des Europäischen Rates,
- sorgt in Zusammenarbeit mit dem Präsidenten
der Kommission auf der Grundlage der
Arbeiten des Rates
(Allgemeine Angelegenheiten) für die angemessene Vorbereitung und
Kontinuität dieser
Beratungen,
- wirkt darauf hin, dass Zusammenhalt und
Konsens im Europäischen Rat gefördert werden,
- legt dem Europäischen Parlament im Anschluss
an jede Tagung des Europäischen Rates einen
Bericht vor.
Der Präsident des
Europäischen Rates nimmt in dieser Eigenschaft auf seiner Ebene unbeschadet
der
Zuständigkeiten des Außenministers der Union die Außenvertretung der Union in
Angelegen-
heiten der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik wahr.
(3) Der Präsident
des Europäischen Rates darf kein einzelstaatliches Amt innehaben.
Artikel
22: Der Ministerrat
(1) Der
Ministerrat wird gemeinsam mit dem Europäischen Parlament als Gesetzgeber tätig
und übt gemeinsam
mit ihm die Haushaltsbefugnisse aus; er erfüllt ferner Aufgaben der Politik-
festlegung und der
Koordinierung nach Maßgabe der Verfassung.
(2) Der
Ministerrat besteht aus je einem von jedem Mitgliedstaat auf Ministerebene
ernannten
Vertreter für jede seiner Zusammensetzungen. Dieser Vertreter ist als Einziger
befugt, für
den Mitgliedstaat,
den er vertritt, verbindlich zu handeln und das Stimmrecht auszuüben.
(3) Soweit in der
Verfassung nichts anderes festgelegt ist, beschließt der Ministerrat mit
qualifizierter
Mehrheit.
CONV 850/03 18
Artikel
23: Die Zusammensetzungen des Ministerrates
(1) Der Rat
(Allgemeine Angelegenheiten und Gesetzgebung) gewährleistet die Kohärenz
der Arbeiten des
Ministerrates.
Als Rat
(Allgemeine Angelegenheiten) trägt er in Verbindung mit der Kommission für die
Vor-
bereitung der
Tagungen des Europäischen Rates und das Vorgehen im Anschluss daran Sorge.
In seiner
Eigenschaft als Gesetzgeber berät er und beschließt gemeinsam mit dem
Europäischen
Parlament nach
Maßgabe der Verfassung über die Europäischen Gesetze und die Europäischen
Rahmengesetze.
Wird er in dieser Eigenschaft tätig, umfasst die Vertretung eines
Mitgliedstaats
außerdem je nach
Tagesordnung einen oder zwei Fachvertreter auf Ministerebene.
(2) Der Rat
(Auswärtige Angelegenheiten) formuliert die Außenpolitik der Union gemäß
den strategischen
Vorgaben des Europäischen Rates und gewährleistet die Kohärenz ihres
Handelns. Den
Vorsitz führt der Außenminister der Union.
(3) Der
Europäische Rat erlässt einen Europäischen Beschluss, mit dem andere Zusammen-
setzungen des
Ministerrates festgelegt werden.
(4) Der Vorsitz in
den Formationen des Ministerrates mit Ausnahme der Zusammensetzung
"Auswärtige
Angelegenheiten" wird für die Dauer von mindestens einem Jahr nach dem
Prinzip der
gleichberechtigten
Rotation von den Vertretern der Mitgliedstaaten im Ministerrat wahrgenommen.
Der Europäische
Rat erlässt einen Europäischen Beschluss, in dem die Regeln dieser Rotation
unter
Berücksichtigung
des politischen und geografischen Gleichgewichts in Europa und der Ver-
schiedenheit der
Mitgliedstaaten festgelegt werden.
CONV 850/03 19
Artikel
24: Die qualifizierte Mehrheit
(1) Beschließt der
Europäische Rat bzw. der Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit, so
muss diese der
Mehrheit der Mitgliedstaaten entsprechen und mindestens drei Fünftel der
Bevölkerung der
Union repräsentieren.
(2) Wenn der
Europäische Rat oder der Ministerrat gemäß der Verfassung nicht auf der
Grundlage eines
Vorschlags der Kommission beschließen muss oder wenn der Europäische Rat
oder der Ministerrat
nicht auf Initiative des Außenministers der Union beschließt, so entspricht die
erforderliche
qualifizierte Mehrheit zwei Dritteln der Mitgliedstaaten, die mindestens drei
Fünftel
der Bevölkerung
der Union repräsentieren.
(3) Die
Bestimmungen der Absätze 1 und 2 treten am 1. November 2009 nach den Wahlen
zum Europäischen
Parlament nach Artikel 19 in Kraft.
(4) In Fällen, in
denen gemäß Teil III Europäische Gesetze und Rahmengesetze vom
Ministerrat nach
einem besonderen Rechtsetzungsverfahren angenommen werden müssen, kann der
Europäische Rat
nach einem Prüfungszeitraum von mindestens sechs Monaten von sich aus ein-
stimmig einen
Europäischen Beschluss erlassen, wonach diese Europäischen Gesetze oder
Rahmengesetze nach
dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden können. Der
Europäische Rat
beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments und Unterrichtung der
nationalen
Parlamente.
CONV 850/03 20
In
Fällen, in denen der Ministerrat gemäß Teil III in einem bestimmten Bereich
einstimmig
beschließen muss,
kann der Europäische Rat von sich aus einstimmig einen Europäischen Beschluss
erlassen, wonach
der Ministerrat in diesem Bereich mit qualifizierter Mehrheit beschließen kann.
Jede vom
Europäischen Rat auf der Grundlage dieser Bestimmung ergriffene Initiative wird
den
nationalen
Parlamenten mindestens vier Monate vor der Beschlussfassung übermittelt.
(5) Der Präsident
des Europäischen Rates und der Präsident der Kommission nehmen an
den Abstimmungen
im Europäischen Rat nicht teil.
Artikel
25: Die Europäische Kommission
(1) Die
Europäische Kommission fördert die allgemeinen europäischen Interessen und
ergreift
entsprechende Initiativen zu diesem Zweck. Sie trägt für die Anwendung der
Bestimmungen der
Verfassung sowie der von den Organen kraft der Verfassung erlassenen Vor-
schriften Sorge.
Sie überwacht die Anwendung des Unionsrechts unter der Kontrolle des Gerichts-
hofs. Sie führt
den Haushaltsplan aus und verwaltet die Programme. Sie übt nach Maßgabe der
Ver-
fassung
Koordinierungs-, Exekutiv- und Verwaltungsfunktionen aus. Mit Ausnahme der
Gemein-
samen Außen- und
Sicherheitspolitik und der übrigen in der Verfassung vorgesehenen Fälle über-
nimmt sie die
Vertretung der Union nach außen. Sie initiiert die jährliche und die
mehrjährige
Programmplanung
der Union mit dem Ziel, interinstitutionelle Vereinbarungen zu erreichen.
(2) Soweit in der
Verfassung nichts anderes festgelegt ist, kann ein Gesetzgebungsakt der
Union nur auf
Vorschlag der Kommission erlassen werden. Andere Rechtsakte werden auf der
Grundlage eines
Kommissionsvorschlags erlassen, wenn dies in der Verfassung vorgesehen ist.
CONV 850/03 21
(3)
Die Kommission besteht aus einem Kollegium, das sich aus ihrem Präsidenten, dem
Außenminister der
Union, der Vizepräsident ist, und aus dreizehn Europäischen Kommissaren, die
nach einem System
der gleichberechtigten Rotation zwischen den Mitgliedstaaten ausgewählt
werden,
zusammensetzt. Dieses System wird durch einen Europäischen Beschluss des
Europäischen
Rates geschaffen,
der auf folgenden Grundsätzen beruht:
a) Die
Mitgliedstaaten werden bei der Festlegung der Reihenfolge und der Dauer der
Amtszeiten
ihrer
Staatsangehörigen im Kollegium vollkommen gleich behandelt; demzufolge kann die
Gesamtzahl der
Mandate, welche Staatsangehörige zweier beliebiger Mitgliedstaaten inne-
haben, niemals um
mehr als eines voneinander abweichen.
b) Vorbehaltlich
des Buchstabens a ist jedes der aufeinander folgenden Kollegien so zusammen-
gesetzt, dass das
demografische und geografische Spektrum der Gesamtheit der Mitglied-
staaten der Union
auf zufrieden stellende Weise zum Ausdruck kommt.
Der Präsident der
Kommission ernennt Kommissare ohne Stimmrecht, bei deren Auswahl dieselben
Kriterien wie bei
den Mitgliedern des Kollegiums zugrunde gelegt werden und die aus allen
anderen
Mitgliedstaaten kommen.
Diese Bestimmungen
treten am 1. November 2009 in Kraft.
(4) Die Kommission
übt ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit aus. Die Europäischen
Kommissare und die
Kommissare dürfen bei der Erfüllung ihrer Pflichten Anweisungen von einer
Regierung oder
einer anderen Stelle weder anfordern noch entgegennehmen.
(5) Die Kommission
ist als Kollegium dem Europäischen Parlament verantwortlich. Der
Präsident der
Kommission ist für die Tätigkeit der Kommissare dem Europäischen Parlament ver-
antwortlich. Das
Europäische Parlament kann gemäß Artikel III-243 einen Misstrauensantrag gegen
die Kommission
annehmen. Wird ein solcher Misstrauensantrag angenommen, so müssen die Euro-
päischen
Kommissare und die Kommissare geschlossen ihr Amt niederlegen. Die Kommission
führt
die laufenden
Geschäfte bis zur Ernennung eines neuen Kollegiums weiter.
CONV 850/03 22
Artikel
26: Der Präsident der Europäischen Kommission
(1) Unter
Berücksichtigung der Wahlen zum Europäischen Parlament schlägt der Europä-
ische Rat diesem
im Anschluss an entsprechende Konsultationen mit qualifizierter Mehrheit einen
Kandidaten für das
Amt des Präsidenten der Kommission vor. Das Europäische Parlament wählt
diesen Kandidaten
mit der Mehrheit seiner Mitglieder. Erhält dieser Kandidat nicht die Mehrheit,
so
schlägt der
Europäische Rat dem Europäischen Parlament innerhalb eines Monats einen neuen
Kandidaten vor,
wobei dasselbe Verfahren angewandt wird.
(2) Jeder durch
das Rotationssystem bestimmte Mitgliedstaat erstellt eine beide
Geschlechter
berücksichtigende Liste von drei Personen, die er für geeignet erachtet, das Amt
eines
Europäischen
Kommissars auszuüben. Der gewählte Präsident benennt die dreizehn Europäischen
Kommissare
aufgrund ihrer Kompetenz, ihres Engagements für Europa und ihrer Gewähr für
Unabhängigkeit,
indem er aus jeder Vorschlagsliste eine Person auswählt. Der Präsident und die
als
Mitglieder des
Kollegiums benannten Persönlichkeiten einschließlich des künftigen
Außenministers
der Union sowie
die als Kommissare ohne Stimmrecht benannten Persönlichkeiten stellen sich
gemeinsam dem
Zustimmungsvotum des Europäischen Parlaments. Die Amtszeit der Kommission
beträgt fünf
Jahre.
(3) Der Präsident
der Kommission
- legt die Leitlinien fest, nach denen die
Kommission ihre Aufgaben ausübt,
- beschließt über ihre interne Organisation, um
die Kohärenz, die Effizienz und das Kollegiali-
tätsprinzip im
Rahmen ihrer Tätigkeit sicherzustellen,
- ernennt die Vizepräsidenten aus dem Kreis der
Mitglieder des Kollegiums.
Ein Europäischer
Kommissar oder ein Kommissar legt sein Amt nieder, wenn er vom Präsidenten
dazu aufgefordert
wird.
CONV 850/03 23
Artikel
27: Der Außenminister der Union
(1) Der
Europäische Rat ernennt mit qualifizierter Mehrheit mit Zustimmung des
Präsiden-
ten der Kommission
den Außenminister der Union. Dieser leitet die Gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik
der Union. Der Europäische Rat kann das Mandat des Außenministers nach dem
gleichen Verfahren
beenden.
(2) Der
Außenminister der Union trägt durch seine Vorschläge zur Festlegung der gemein-
samen Außenpolitik
bei und führt sie im Auftrag des Ministerrates durch. Er handelt ebenso im
Bereich der
Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
(3) Der
Außenminister der Union ist einer der Vizepräsidenten der Europäischen
Kommission. Er ist
dort mit den Außenbeziehungen und der Koordinierung der übrigen Aspekte
des auswärtigen
Handelns der Union betraut. Bei der Wahrnehmung dieser Zuständigkeiten in der
Kommission und
ausschließlich im Hinblick auf diese Zuständigkeiten unterliegt er den
Verfahren,
die für die
Arbeitsweise der Kommission gelten.
CONV 850/03 24
Artikel
28: Der Gerichtshof
(1) Zum
Gerichtshof gehören der Europäische Gerichtshof, das Gericht und Fachgerichte.
Er gewährleistet
die Achtung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verfassung.
Die Mitgliedstaaten
schaffen die erforderlichen Rechtsbehelfe, damit ein wirksamer Rechtsschutz
auf dem Gebiet des
Unionsrechts gewährleistet ist.
(2) Der
Europäische Gerichtshof besteht aus einem Richter je Mitgliedstaat und wird von
Generalanwälten
unterstützt.
Das Gericht
besteht aus mindestens einem Richter je Mitgliedstaat; die Zahl der Richter
wird in der
Satzung des
Gerichtshofs festgelegt.
Als Richter und
Generalanwälte des Europäischen Gerichtshofs und als Richter des Gerichts sind
Personen
auszuwählen, die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten und die die
Voraussetzungen
gemäß den Artikeln
III-260 und III-261 erfüllen; sie werden von den Regierungen der Mitglied-
staaten im
gegenseitigen Einvernehmen für eine Amtszeit von sechs Jahren ernannt.
Wiederer-
nennung ist
zulässig.
(3) Der
Gerichtshof entscheidet
- über Klagen eines Mitgliedstaats, eines
Organs oder juristischer oder natürlicher Personen
gemäß den
Bestimmungen von Teil III,
- im Wege der Vorabentscheidung auf Antrag der
einzelstaatlichen Gerichte über die Aus-
legung des
Unionsrechts oder über die Gültigkeit der Handlungen der Organe;
- über alle anderen in der Verfassung
vorgesehenen Fälle.
CONV 850/03 25
Kapitel
II - Sonstige Organe und Einrichtungen
Artikel
29: Die Europäische Zentralbank
(1) Die
Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken bilden das Europäische
System der
Zentralbanken. Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken der
Mit-
gliedstaaten, die
die Währung der Union, den "Euro" eingeführt haben, betreiben die
Währungs-
politik der Union.
(2) Das
Europäische System der Zentralbanken wird von den Beschlussorganen der Euro-
päischen
Zentralbank geleitet. Sein vorrangiges Ziel ist es, die Preisstabilität zu
gewährleisten.
Unbeschadet des
Zieles der Preisstabilität unterstützt es die allgemeine Wirtschaftspolitik in
der
Union, um zur
Verwirklichung der Ziele der Union beizutragen. Es führt alle weiteren Aufgaben
einer Zentralbank
nach Maßgabe des Teils III und der Satzungen des Europäischen Systems der
Zentralbanken und
der Europäischen Zentralbank aus.
(3) Die
Europäische Zentralbank ist ein Organ, das Rechtspersönlichkeit besitzt. Sie
allein
ist befugt, die
Ausgabe des Euro zu genehmigen. Sie ist in der Ausübung ihrer Befugnisse und
ihren
Finanzen
unabhängig. Die Organe und Einrichtungen der Union sowie die Regierungen der
Mit-
gliedstaaten
verpflichten sich, diesen Grundsatz zu achten.
(4) Die
Europäische Zentralbank erlässt die für die Erfüllung ihrer Aufgaben
erforderlichen
Maßnahmen gemäß
den Artikeln III-77 bis III-83 und III-90 und nach Maßgabe der Satzungen des
Europäischen
Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank. Gemäß diesen
Bestimmungen
behalten die Mitgliedstaaten, die den Euro nicht eingeführt haben, sowie deren
Zentralbanken ihre
Zuständigkeiten im Währungsbereich.
(5) Die
Europäische Zentralbank wird in ihrem Zuständigkeitsbereich zu allen
Vorschlägen
für Rechtsakte der
Union sowie zu allen Entwürfen für Rechtsvorschriften auf einzelstaatlicher
Ebene gehört und
kann Stellungnahmen abgeben.
CONV 850/03 26
(6)
Die Beschlussorgane der Europäischen Zentralbank, ihre Zusammensetzung und die
Modalitäten ihrer
Arbeitsweise sind in den Artikeln III-84 bis III-87 sowie in den Satzungen des
Europäischen
Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank festgelegt.
Artikel
30: Der Rechnungshof
(1) Der
Rechnungshof ist das Organ, das die Rechnungsprüfung wahrnimmt.
(2) Er prüft die
Rechnung über alle Einnahmen und Ausgaben der Union und überzeugt
sich von der
Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung.
(3) Der
Rechnungshof besteht aus einem Staatsangehörigen je Mitgliedstaat. Seine Mit-
glieder üben ihre
Aufgaben in voller Unabhängigkeit aus.
Artikel
31: Die beratenden Einrichtungen der Union
(1) Das
Europäische Parlament, der Ministerrat und die Kommission werden von einem
Ausschuss der
Regionen sowie einem Wirtschafts- und Sozialausschuss unterstützt, die
beratende
Aufgaben
wahrnehmen.
(2) Der Ausschuss
der Regionen setzt sich aus Vertretern der regionalen und lokalen
Gebietskörperschaften
zusammen, die entweder ein Wahlamt in einer regionalen oder lokalen
Gebietskörperschaft
innehaben oder gegenüber einer gewählten Versammlung politisch verant-
wortlich sind.
(3) Der
Wirtschafts- und Sozialausschuss setzt sich zusammen aus Vertretern der Organi-
sationen der
Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sowie anderen Vertretern der
Zivilgesellschaft, ins-
besondere aus dem
sozio-ökonomischen, dem staatsbürgerlichen, dem beruflichen und dem
kulturellen
Bereich.
(4) Die Mitglieder
des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialaus-
schusses sind an
keine Weisungen gebunden. Sie üben ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit zum
allgemeinen Wohl
der Union aus.
CONV 850/03 27
(5)
Die Zusammensetzung dieser Ausschüsse, die Ernennung ihrer Mitglieder, ihre
Befug-
nisse und ihre
Arbeitsweise werden durch die Artikel III-292 bis III-298 geregelt. Die
Bestimmun-
gen über ihre
Zusammensetzung werden in regelmäßigen Abständen vom Ministerrat auf Vorschlag
der Kommission
überprüft, um der wirtschaftlichen, sozialen und demografischen Entwicklung in
der Union Rechnung
zu tragen.
TITEL
V: AUSÜBUNG DER
ZUSTÄNDIGKEITEN DER UNION
Kapitel
I - Gemeinsame Bestimmungen
Artikel
32: Die Rechtsakte der Union
(1) Die Union übt
die ihr in der Verfassung übertragenen Zuständigkeiten gemäß den
Bestimmungen in
Teil III mittels folgender Rechtsakte aus: Europäisches Gesetz, Europäisches
Rahmengesetz,
Europäische Verordnung, Europäischer Beschluss, Empfehlung und Stellungnahme.
Das Europäische
Gesetz ist ein Gesetzgebungsakt mit allgemeiner Geltung. Es ist in allen seinen
Teilen verbindlich
und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Das Europäische
Rahmengesetz ist ein Gesetzgebungsakt, der für jeden Mitgliedstaat, an den es
gerichtet ist,
hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich ist, jedoch den
innerstaatlichen
Stellen die Wahl
der Form und der Mittel überlässt.
Die Europäische
Verordnung ist ein Rechtsakt mit allgemeiner Geltung ohne Gesetzescharakter;
sie
dient der
Durchführung der Gesetzgebungsakte und bestimmter Einzelvorschriften der
Verfassung.
Sie kann entweder
in allen ihren Teilen verbindlich sein und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat
gelten oder für
jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, hinsichtlich des zu erreichenden
Ziels
verbindlich sein,
jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel
überlassen.
CONV 850/03 28
Der
Europäische Beschluss ist ein Rechtsakt ohne Gesetzescharakter, der in allen
seinen Teilen ver-
bindlich ist. Ist
er an bestimmte Adressaten gerichtet, so ist er nur für diese verbindlich.
Empfehlungen und
Stellungnahmen der Organe sind rechtlich nicht bindend.
(2) Werden das
Europäische Parlament und der Ministerrat mit einem Vorschlag für einen
Gesetzgebungsakt
befasst, so erlassen sie in dem betreffenden Bereich keine in diesem Artikel
nicht
vorgesehenen
Rechtsakte.
Artikel
33: Gesetzgebungsakte
(1) Europäische
Gesetze und Rahmengesetze werden nach den in Artikel III-302 festge-
legten
Einzelheiten des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens auf Vorschlag der
Kommission vom
Europäischen
Parlament und vom Ministerrat gemeinsam erlassen. Gelangen die beiden Organe
nicht zu einer
Einigung, so kommt der betreffende Gesetzgebungsakt nicht zustande.
In den in Artikel
III-165 ausdrücklich genannten Fällen können Europäische Gesetze und Rahmen-
gesetze gemäß
Artikel III-302 auf Initiative einer Gruppe von Mitgliedstaaten erlassen
werden.
(2) In bestimmten
Fällen, die in der Verfassung aufgeführt sind, werden Europäische
Gesetze und
Rahmengesetze nach besonderen Gesetzgebungsverfahren vom Europäischen Parla-
ment mit
Beteiligung des Ministerrates oder vom Ministerrat mit Beteiligung des
Europäischen
Parlaments
erlassen.
CONV 850/03 29
Artikel
34: Rechtsakte ohne Gesetzescharakter
(1) Der
Ministerrat und die Kommission erlassen Europäische Verordnungen oder Europä-
ische Beschlüsse
in den Fällen nach den Artikeln 35 und 36 sowie in den in der Verfassung aus-
drücklich
vorgesehenen Fällen. Der Europäische Rat erlässt Europäische Beschlüsse in den
in der
Verfassung
ausdrücklich vorgesehenen Fällen. Die Europäische Zentralbank erlässt
Europäische
Verordnungen und Europäische
Beschlüsse, sofern sie durch die Verfassung dazu ermächtigt ist.
(2) Der
Ministerrat und die Kommission sowie die Europäische Zentralbank, sofern sie
durch die
Verfassung dazu ermächtigt ist, geben Empfehlungen ab.
Artikel
35: Delegierte Verordnungen
(1) In
Europäischen Gesetzen und Rahmengesetzen kann der Kommission die Befugnis
übertragen werden,
delegierte Verordnungen zur Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht
wesentlicher
Vorschriften des betreffenden Gesetzes oder Rahmengesetzes zu erlassen.
In den
betreffenden Europäischen Gesetzen und Rahmengesetzen werden Ziele, Inhalt,
Geltungs-
bereich und Dauer
der Übertragung ausdrücklich festgelegt. Für die wesentlichen Vorschriften in
einem Bereich ist
eine Übertragung ausgeschlossen. Diese sind dem Europäischen Gesetz oder dem
Europäischen
Rahmengesetz vorbehalten.
(2) In diesen
Europäischen Gesetzen oder Rahmengesetzen wird ausdrücklich festgelegt,
unter welchen
Bedingungen eine Übertragung vorgenommen werden kann. Dabei bestehen
folgende
Möglichkeiten:
- Das Europäische Parlament oder der
Ministerrat können beschließen, die Übertragung zu
widerrufen.
CONV 850/03 30
-
Die delegierte Verordnung kann
nur in Kraft treten, wenn das Europäische Parlament oder der
Ministerrat
innerhalb der im Europäischen Gesetz oder Rahmengesetz festgelegten Frist keine
Einwände erhebt.
Für die Zwecke von
Unterabsatz 1 beschließt das Europäische Parlament mit der Mehrheit der
Stimmen seiner
Mitglieder und der Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit.
Artikel
36: Durchführungsrechtsakte
(1) Die
Mitgliedstaaten ergreifen alle zur Durchführung der rechtlich bindenden
Rechtsakte
der Union
erforderlichen innerstaatlichen Maßnahmen.
(2) Bedarf es
einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der rechtlich bindenden
Rechtsakte der
Union, so können mit diesen Rechtsakten der Kommission oder - in entsprechend
begründeten
Sonderfällen und in den Fällen nach Artikel 39 - dem Ministerrat Durchführungs-
befugnisse
übertragen werden.
(3) Ein
Europäisches Gesetz legt im Voraus allgemeine Regeln und Grundsätze für die
Kontrolle der
Durchführungsrechtsakte der Union durch die Mitgliedstaaten fest.
(4) Die
Durchführungsrechtsakte der Union ergehen in der Form von Europäischen Durch-
führungsverordnungen
oder Europäischen Durchführungsbeschlüssen.
Artikel
37: Gemeinsame Grundsätze für die Rechtsakte der Union
(1) Wird die Art
des Rechtsakts von der Verfassung nicht ausdrücklich vorgegeben, so
beschließen die
Organe unter Einhaltung der geltenden Verfahren nach dem Grundsatz der Verhält-
nismäßigkeit gemäß
Artikel 9 jeweils, welche Art von Rechtsakt zu erlassen ist.
(2) Europäische
Gesetze, Europäische Rahmengesetze, Europäische Verordnungen und
Europäische
Beschlüsse sind mit einer Begründung zu versehen und nehmen auf die in der Ver-
fassung
vorgesehenen Vorschläge oder Stellungnahmen Bezug.
CONV 850/03 31
Artikel
38: Veröffentlichung und Inkrafttreten
(1) Europäische
Gesetze und Rahmengesetze werden vom Präsidenten des Europäischen
Parlaments und vom
Präsidenten des Ministerrates unterzeichnet, soweit sie nach dem ordentlichen
Gesetzgebungsverfahren
erlassen wurden. In den übrigen Fällen werden sie entweder vom
Präsidenten des
Parlaments oder vom Präsidenten des Ministerrates unterzeichnet. Die Europä-
ischen Gesetze und
Rahmengesetze werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht
und treten zu dem
durch sie festgelegten Zeitpunkt oder anderenfalls am zwanzigsten Tag nach
ihrer
Veröffentlichung in Kraft.
(2) Europäische
Verordnungen und Beschlüsse, die an keinen bestimmten Adressaten oder
an alle
Mitgliedstaaten gerichtet sind, werden von dem Präsidenten des sie erlassenden
Organs
unterzeichnet; sie
werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und treten zu dem
durch sie
festgelegten Zeitpunkt oder anderenfalls am zwanzigsten Tag nach ihrer
Veröffentlichung
in Kraft.
(3) Andere
Beschlüsse werden denjenigen, an die sie gerichtet sind, bekannt gegeben und
durch diese
Bekanntgabe wirksam.
Kapitel
II - Besondere Bestimmungen
Artikel
39: Besondere Bestimmungen für die Durchführung der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik
(1) Die
Europäische Union verfolgt eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die
auf einer
Entwicklung der gegenseitigen politischen Solidarität der Mitgliedstaaten, der
Ermittlung
der Fragen von
allgemeiner Bedeutung und der Erreichung einer immer stärkeren Konvergenz des
Handelns der
Mitgliedstaaten beruht.
CONV 850/03 32
(2)
Der Europäische Rat bestimmt die strategischen Interessen der Union und legt
die Ziele
ihrer Gemeinsamen
Außen- und Sicherheitspolitik fest. Der Ministerrat gestaltet diese Politik im
Rahmen der vom
Europäischen Rat festgelegten strategischen Leitlinien nach Maßgabe von Teil
III.
(3) Der
Europäische Rat und der Ministerrat erlassen die erforderlichen Europäischen
Beschlüsse.
(4) Diese
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik wird vom Außenminister der Union
und von den
Mitgliedstaaten mit den einzelstaatlichen Mitteln und denen der Union
durchgeführt.
(5) Die
Mitgliedstaaten stimmen einander im Europäischen Rat und im Ministerrat zu
jeder
außen- und
sicherheitspolitischen Frage von allgemeiner Bedeutung ab, um ein gemeinsames
Vor-
gehen festzulegen.
Bevor ein Mitgliedstaat in einer Weise, die die Interessen der Union berühren
könnte, auf
internationaler Ebene tätig wird oder eine Verpflichtung eingeht, konsultiert
er die
anderen
Mitgliedstaaten im Europäischen Rat oder im Ministerrat. Die Mitgliedstaaten gewähr-
leisten durch
konvergentes Handeln, dass die Union ihre Interessen und Werte auf
internationaler
Ebene geltend
machen kann. Die Mitgliedstaaten sind untereinander solidarisch.
(6) Das
Europäische Parlament wird zu den wichtigsten Aspekten und den grundlegenden
Weichenstellungen
der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik regelmäßig gehört und über
ihre Entwicklung
auf dem Laufenden gehalten.
(7) Im Bereich der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik erlassen der Europäische
Rat und der
Ministerrat außer in den in Teil III vorgesehenen Fällen Europäische Beschlüsse
ein-
stimmig. Sie
beschließen auf Vorschlag eines Mitgliedstaates, des Außenministers der Union
oder
des Außenministers
mit Unterstützung der Kommission. Europäische Gesetze und Rahmengesetze
sind
ausgeschlossen.
(8) Der
Europäische Rat kann einstimmig beschließen, dass der Ministerrat in anderen
als
den in Teil III
genannten Fällen mit qualifizierter Mehrheit beschließt.
CONV 850/03 33
Artikel
40: Besondere Bestimmungen für die Durchführung der Gemeinsamen Sicherheits-
und
Verteidigungspolitik
(1) Die Gemeinsame
Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist integraler Bestandteil der
Gemeinsamen Außen-
und Sicherheitspolitik. Sie sichert der Union die auf zivile und militärische
Mittel gestützte
Fähigkeit zu Operationen. Auf diese kann die Union bei Missionen außerhalb der
Union zur
Friedenssicherung, Konfliktverhütung und Stärkung der internationalen
Sicherheit gemäß
den Grundsätzen
der Charta der Vereinten Nationen zurückgreifen. Sie erfüllt diese Aufgaben mit
Hilfe der
Fähigkeiten, die von den Mitgliedstaaten bereit gestellt werden.
(2) Die Gemeinsame
Sicherheits- und Verteidigungspolitik umfasst die schrittweise Fest-
legung einer
gemeinsamen Verteidigungspolitik der Union. Diese führt zu einer gemeinsamen
Ver-
teidigung, sobald
der Europäische Rat einstimmig darüber beschlossen hat. Er empfiehlt in diesem
Fall den
Mitgliedstaaten, gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften einen
Beschluss zu
diesem Zweck zu
erlassen.
Die Politik der
Union nach diesem Artikel berührt nicht den besonderen Charakter der
Sicherheits-
und
Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten; sie achtet die Verpflichtungen
bestimmter
Mitgliedstaaten,
die ihre gemeinsame Verteidigung in der Nordatlantikvertrags-Organisation ver-
wirklicht sehen,
aufgrund des Nordatlantikvertrages und ist vereinbar mit der in jenem Rahmen
festgelegten
gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
(3) Die
Mitgliedstaaten stellen der Union für die Umsetzung der Gemeinsamen
Sicherheits-
und
Verteidigungspolitik zivile und militärische Fähigkeiten als Beitrag zur
Verwirklichung der
vom Ministerrat
festgelegten Ziele zur Verfügung. Die Mitgliedstaaten, die untereinander multi-
nationale
Streitkräfte bilden, können diese auch für die Gemeinsame Sicherheits- und
Verteidi-
gungspolitik zur
Verfügung stellen.
CONV 850/03 34
Die
Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise
zu verbessern. Es
wird ein
Europäisches Amt für Rüstung, Forschung und militärische Fähigkeiten
eingerichtet,
dessen Aufgabe es
ist, den operativen Bedarf zu ermitteln und Maßnahmen zur Bedarfsdeckung zu
fördern, zur
Ermittlung von Maßnahmen zur Stärkung der industriellen und technologischen
Grundlage des
Verteidigungssektors beizutragen und diese Maßnahmen gegebenenfalls durchzu-
führen, sich an
der Festlegung einer europäischen Politik im Bereich Fähigkeiten und Rüstung zu
beteiligen sowie
den Ministerrat bei der Beurteilung der Verbesserung der militärischen
Fähigkeiten
zu unterstützen.
(4) Europäische
Beschlüsse zur Durchführung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidi-
gungspolitik,
einschließlich der Beschlüsse über die Einleitung einer Mission nach diesem
Artikel,
werden vom
Ministerrat einstimmig auf Vorschlag des Außenministers der Union oder eines
Mit-
gliedstaates
erlassen. Der Außenminister der Union kann gegebenenfalls gemeinsam mit der
Kommission den
Rückgriff auf einzelstaatliche Mittel sowie auf Instrumente der Union vor-
schlagen.
(5) Der
Ministerrat kann zur Wahrung der Werte der Union und im Dienste ihrer
Interessen
eine Gruppe von
Mitgliedstaaten mit der Durchführung einer Mission im Rahmen der Union beauf-
tragen. Diese
Mission wird nach Maßgabe von Artikel III-211 durchgeführt.
(6) Die
Mitgliedstaaten, die anspruchsvollere Kriterien in Bezug auf die militärischen
Fähigkeiten
erfüllen und die im Hinblick auf Missionen mit höchsten Anforderungen
untereinander
festere
Verpflichtungen eingegangen sind, begründen eine strukturierte Zusammenarbeit
im
Rahmen der Union.
Diese Zusammenarbeit erfolgt nach Maßgabe von Artikel III-213.
CONV 850/03 35
(7)
Solange der Europäische Rat keinen Beschluss im Sinne des Absatzes 2 gefasst
hat,
wird im Rahmen der
Union eine engere Zusammenarbeit im Bereich der gegenseitigen Verteidi-
gung eingerichtet.
Im Rahmen dieser Zusammenarbeit leisten im Falle eines bewaffneten Angriffs
auf das
Hoheitsgebiet eines an dieser Zusammenarbeit beteiligten Staates die anderen
beteiligten
Staaten gemäß
Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen alle in ihrer Macht stehende
militä-
rische und
sonstige Hilfe und Unterstützung. Bei der Umsetzung der engeren Zusammenarbeit
im
Bereich der
gegenseitigen Verteidigung arbeiten die beteiligten Staaten eng mit der
Nordatlantik-
vertrags-Organisation
zusammen. Die Teilnahmemodalitäten und die praktischen Modalitäten
sowie die dieser
Zusammenarbeit eigenen Beschlussfassungsverfahren sind in Artikel III-214 ent-
halten.
(8) Das
Europäische Parlament wird zu den wichtigsten Aspekten und den grundlegenden
Weichenstellungen
der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik regelmäßig gehört und
über ihre
Entwicklung auf dem Laufenden gehalten.
Artikel
41: Besondere Bestimmungen zur Verwirklichung des Raums der Freiheit, der
Sicherheit
und des Rechts
(1) Die Union
bildet einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
- durch den Erlass von Europäischen Gesetzen
und Rahmengesetzen, mit denen, soweit erfor-
derlich, die einzelstaatlichen
Rechtsvorschriften in den in Teil III aufgeführten Bereichen ein-
ander angeglichen
werden sollen;
- durch Förderung des gegenseitigen Vertrauens
zwischen den zuständigen Behörden der Mit-
gliedstaaten,
insbesondere auf der Grundlage der gegenseitigen Anerkennung der gericht-
lichen und
außergerichtlichen Entscheidungen;
- durch operative Zusammenarbeit der
zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten einschließlich
der Polizei, des
Zolls und anderer auf die Prävention und die Aufdeckung von Straftaten
spezialisierter
Behörden.
CONV 850/03 36
(2)
In diesem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts können sich die
nationalen
Parlamente an den
Bewertungsmechanismen nach Artikel III-161 beteiligen und werden in die
politische
Kontrolle von Europol und die Bewertung der Tätigkeit von Eurojust gemäß den
Artikeln III-177
und III-174 einbezogen.
(3) Im Bereich der
polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verfügen
die
Mitgliedstaaten gemäß Artikel III-165 über ein Initiativrecht.
Artikel
42: Solidaritätsklausel
(1) Die Union und
ihre Mitgliedstaaten handeln gemeinsam im Geiste der Solidarität, wenn
ein Mitgliedstaat
von einem Terroranschlag oder einer Katastrophe natürlichen oder menschlichen
Ursprungs betroffen
ist. Die Union mobilisiert alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel, einschließ-
lich der ihr von
den Mitgliedstaaten bereitgestellten militärischen Mittel, um
a) .
terroristische Bedrohungen im Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten abzuwenden;
- die demokratischen Institutionen und die
Zivilbevölkerung vor etwaigen Terror-
anschlägen zu
schützen;
- im Falle eines Terroranschlags einen
Mitgliedstaat auf Ersuchen seiner politischen
Organe innerhalb
seines Hoheitsgebiets zu unterstützen;
b) . im Falle einer
Katastrophe einen Mitgliedstaat auf Ersuchen seiner politischen Organe
innerhalb seines
Hoheitsgebiets zu unterstützen.
(2) Die
Modalitäten der Durchführung dieser Bestimmung sind in Artikel III-231
enthalten.
CONV 850/03 37
Kapitel
III - Die verstärkte Zusammenarbeit
Artikel
43: Die verstärkte Zusammenarbeit
(1) Die
Mitgliedstaaten, die untereinander eine verstärkte Zusammenarbeit im Rahmen der
nicht
ausschließlichen Zuständigkeiten der Union begründen wollen, können in den
Grenzen und
nach den in diesem
Artikel und den Artikeln III-322 bis III-329 vorgesehenen Modalitäten die
Organe der Union
in Anspruch nehmen und diese Zuständigkeiten unter Anwendung der ein-
schlägigen
Verfassungsbestimmungen ausüben.
Eine verstärkte
Zusammenarbeit ist darauf ausgerichtet, die Verwirklichung der Ziele der Union
zu
fördern, ihre
Interessen zu schützen und ihren Integrationsprozess zu stärken. Sie steht bei
ihrer
Begründung und
anschließend gemäß Artikel III-324 jederzeit allen Mitgliedstaaten offen.
(2) Die
Ermächtigung zur Einleitung einer verstärkten Zusammenarbeit wird vom Minister-
rat als letztes
Mittel gewährt, wenn im Ministerrat festgestellt worden ist, dass die mit
dieser
Zusammenarbeit
angestrebten Ziele von der Union insgesamt nicht innerhalb eines vertretbaren
Zeitraums
verwirklicht werden können, und sofern an der Zusammenarbeit mindestens ein
Drittel
der
Mitgliedstaaten beteiligt ist. Der Ministerrat beschließt nach dem in Artikel
III-325 vorge-
sehenen Verfahren.
(3) Nur die
Mitglieder des Ministerrates, welche die an der verstärkten Zusammenarbeit
beteiligten
Staaten vertreten, nehmen an der Annahme der Rechtsakte im Ministerrat teil. An
den
Beratungen des
Ministerrates dürfen jedoch alle Mitgliedstaaten teilnehmen.
Die Einstimmigkeit
bezieht sich allein auf die Stimmen der Vertreter der an der verstärkten
Zusammenarbeit
beteiligten Staaten. Als qualifizierte Mehrheit gilt die Mehrheit der Stimmen
der
Vertreter der
beteiligten Staaten, sofern diese mindestens drei Fünftel der Bevölkerung dieser
Staaten
repräsentiert. Wenn der Ministerrat gemäß der Verfassung nicht auf der
Grundlage eines
Vorschlags der
Kommission beschließen muss oder wenn er nicht auf Initiative des
Außenministers
beschließt, so
entspricht die erforderliche qualifizierte Mehrheit zwei Dritteln der
beteiligten
Staaten, sofern
diese mindestens drei Fünftel der Bevölkerung dieser Staaten repräsentieren.
CONV 850/03 38
(4)
An die im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit erlassenen Rechtsakte sind
nur
die an dieser Zusammenarbeit
beteiligten Staaten gebunden. Sie gelten nicht als Besitzstand, der
von
beitrittswilligen Ländern angenommen werden muss.
TITEL
VI: DAS DEMOKRATISCHE LEBEN DER
UNION
Artikel
44: Grundsatz der demokratischen Gleichheit
Die Union achtet in
ihrem gesamten Handeln den Grundsatz der Gleichheit ihrer Bürgerinnen und
Bürger. Die
Bürgerinnen und Bürger genießen ein gleiches Maß an Aufmerksamkeit seitens der
Organe der Union.
Artikel
45: Grundsatz der repräsentativen Demokratie
(1) Die
Arbeitsweise der Union beruht auf dem Grundsatz der repräsentativen Demokratie.
(2) Die
Bürgerinnen und Bürger sind auf Unionsebene unmittelbar im Europäischen Parla-
ment vertreten.
Die Mitgliedstaaten werden im Europäischen Rat und im Ministerrat von ihren
jeweiligen
Regierungen vertreten, die ihrerseits den von den Bürgerinnen und Bürgern
gewählten
nationalen
Parlamenten Rechenschaft ablegen müssen.
(3) Alle
Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, am demokratischen Leben der Union
teilzunehmen. Die
Entscheidungen werden so offen und so bürgernah wie möglich getroffen.
(4) Politische
Parteien auf europäischer Ebene tragen zur Herausbildung eines europäischen
politischen
Bewusstseins und zum Ausdruck des Willens der Bürgerinnen und Bürger der Union
bei.
CONV 850/03 39
Artikel
46: Grundsatz der partizipativen Demokratie
(1) Die Organe der
Union geben den Bürgerinnen und Bürgern und den repräsentativen
Verbänden in
geeigneter Weise die Möglichkeit, ihre Ansichten in allen Bereichen des
Handelns
der Union
öffentlich bekannt zu geben und auszutauschen.
(2) Die Organe der
Union pflegen einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog
mit den
repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft.
(3) Um die
Kohärenz und die Transparenz des Handelns der Union zu gewährleisten, führt
die Kommission
umfangreiche Anhörungen der Betroffenen durch.
(4) Mindestens
eine Million Bürgerinnen und Bürger aus einer erheblichen Zahl von Mit-
gliedstaaten
können die Kommission auffordern, geeignete Vorschläge zu Themen zu
unterbreiten,
zu denen es nach
Ansicht der Bürgerinnen und Bürger eines Rechtsakts der Union bedarf, um die
Verfassung
umzusetzen. Die Bestimmungen über die besonderen Verfahren und Bedingungen, die
für eine solche
Bürgerinitiative gelten, werden durch ein Europäisches Gesetz festgelegt.
Artikel
47: Die Sozialpartner und der autonome soziale Dialog
Die Europäische
Union anerkennt und fördert die Rolle der Sozialpartner auf Ebene der Union
unter
Berücksichtigung
der Unterschiedlichkeit der nationalen Systeme; sie fördert den sozialen Dialog
und achtet dabei
die Autonomie der Sozialpartner.
Artikel
48: Der Europäische Bürgerbeauftragte
Das Europäische
Parlament ernennt einen Europäischen Bürgerbeauftragten, der Beschwerden über
Missstände bei der
Tätigkeit der Organe, Einrichtungen, Ämter oder Agenturen der Union ent-
gegennimmt, ihnen
nachgeht und darüber Bericht erstattet. Der Europäische Bürgerbeauftragte übt
sein Amt in
völliger Unabhängigkeit aus.
CONV 850/03 40
Artikel
49: Transparenz der Arbeit der Organe der Union
(1) Um eine
verantwortungsvolle Verwaltung zu fördern und die Beteiligung der Zivil-
gesellschaft
sicherzustellen, handeln die Organe,
Einrichtungen, Ämter und Agenturen der Union
unter weitest
gehender Beachtung des Grundsatzes der Offenheit.
(2) Das
Europäische Parlament tagt öffentlich; dies gilt auch für den Ministerrat, wenn
er
über
Gesetzgebungsvorschläge berät oder beschließt.
(3) Jede
Unionsbürgerin und jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische
Person mit
Wohnsitz oder mit Sitz in einem Mitgliedstaat hat unter den in Teil III
festgelegten
Bedingungen das
Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe, Einrichtungen, Ämter und Agen-
turen der Union,
und zwar unabhängig davon, in welcher Form diese Dokumente erstellt werden.
(4) In
Europäischen Gesetzen werden die allgemeinen Grundsätze und die aufgrund
öffent-
licher oder
privater Interessen geltenden Einschränkungen für die Ausübung des Rechts auf
Zugang
zu solchen
Dokumenten festgelegt.
(5) Im Einklang
mit den in Absatz 4 genannten Europäischen Gesetzen legen die in
Absatz 3 genannten
Organe, Einrichtungen, Ämter oder Agenturen in ihren jeweiligen Geschäfts-
ordnungen
besondere Bestimmungen für den Zugang zu ihren Dokumenten fest.
Artikel
50: Schutz personenbezogener Daten
(1) Jeder Mensch
hat das Recht auf Schutz der ihn betreffenden personenbezogenen Daten.
(2) Europäische Gesetze legen Regeln über den
Schutz natürlicher Personen bei der Ver-
arbeitung
personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen
der
Union sowie durch
die Mitgliedstaaten im Rahmen der Ausübung von Tätigkeiten, die in den
Anwendungsbereich
des Unionsrechts fallen, und über den freien Datenverkehr fest. Die Einhaltung
dieser
Vorschriften wird von einer unabhängigen Behörde überwacht.
CONV 850/03 41
Artikel
51: Status der Kirchen und weltanschaulichen Gemeinschaften
(1) Die Union
achtet den Status, den Kirchen und religiöse Vereinigungen oder Gemein-
schaften in den
Mitgliedstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen, und beeinträchtigt ihn
nicht.
(2) Die Union
achtet den Status von weltanschaulichen Gemeinschaften in gleicher Weise.
(3) Die Union
pflegt in Anerkennung der Identität und des besonderen Beitrags dieser
Kirchen und
Gemeinschaften einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit ihnen.
TITEL
VII: DIE FINANZEN DER UNION
Artikel
52: Die Haushalts- und Finanzgrundsätze
(1) Alle Einnahmen
und Ausgaben der Union werden gemäß den Bestimmungen von
Teil III für jedes Haushaltsjahr veranschlagt und in den Haushaltsplan
eingesetzt.
(2) Der
Haushaltsplan ist in Einnahmen und Ausgaben auszugleichen.
(3) Die in den
Haushaltsplan eingesetzten Ausgaben werden für ein Haushaltsjahr gemäß
dem Europäischen
Gesetz nach Artikel III-318 bewilligt.
(4) Die Ausführung
der in den Haushaltsplan eingesetzten Ausgaben setzt den Erlass eines
verbindlichen
Rechtsakts voraus, mit dem die Maßnahme der Union und die Ausführung der ent-
sprechenden
Ausgabe gemäß dem Europäischen Gesetz nach Artikel III-318 eine Rechtsgrundlage
erhalten. Dieser
Rechtsakt muss in Form eines Europäischen Gesetzes, eines Europäischen
Rahmengesetzes,
einer Europäischen Verordnung oder eines Europäischen Beschlusses ergehen.
CONV 850/03 42
(5)
Damit die Haushaltsdisziplin gewährleistet wird, erlässt die Union keine
Rechtsakte, die
erhebliche
Auswirkungen auf den Haushaltsplan haben könnten, ohne die Gewähr zu bieten,
dass
der betreffende
Vorschlag bzw. die betreffende Maßnahme im Rahmen der Eigenmittel der Union
und des
mehrjährigen Finanzrahmens nach Artikel 54 finanziert werden kann.
(6) Der
Haushaltsplan der Union wird entsprechend dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit
der
Haushaltsführung ausgeführt. Die Mitgliedstaaten arbeiten mit der Union
zusammen, um
sicherzustellen,
dass die in den Haushaltsplan eingesetzten Mittel nach dem Grundsatz der Wirt-
schaftlichkeit der
Haushaltsführung verwendet werden.
(7) Die Union und
die Mitgliedstaaten bekämpfen Betrug und sonstige gegen die finan-
ziellen Interessen
der Union gerichtete rechtswidrige Handlungen gemäß Artikel III-321.
Artikel
53: Die Finanzmittel der Union
(1) Die Union
stattet sich mit den erforderlichen Mitteln aus, um ihre Ziele erreichen und
ihre Politik
durchführen zu können.
(2) Der Haushalt
der Union wird unbeschadet der sonstigen Einnahmen vollständig aus
Eigenmitteln
finanziert.
(3) Die Obergrenze
für die Finanzmittel der Union wird in einem Europäischen Gesetz des
Ministerrates
festgelegt, durch das auch neue Mittelkategorien eingeführt und bestehende
Kate-
gorien abgeschafft
werden können. Dieses Gesetz tritt erst nach Zustimmung der Mitgliedstaaten im
Einklang mit ihren
jeweiligen Verfassungsbestimmungen in Kraft. Der Ministerrat beschließt ein-
stimmig nach
Anhörung des Europäischen Parlaments.
(4) Die
Modalitäten der Finanzmittel der Union werden in einem Europäischen Gesetz des
Ministerrates
geregelt. Der Ministerrat beschließt nach Zustimmung des Europäischen
Parlaments.
CONV 850/03 43
Artikel
54: Der mehrjährige Finanzrahmen
(1) Mit dem
mehrjährigen Finanzrahmen soll sichergestellt werden, dass die Ausgaben der
Union innerhalb
der Grenzen der Eigenmittel eine geordnete Entwicklung nehmen. Im mehr-
jährigen
Finanzrahmen werden die jährlichen Obergrenzen für die Mittel für
Verpflichtungen je
Ausgabenkategorie
gemäß Artikel III-308 festgesetzt.
(2) Der
mehrjährige Finanzrahmen wird in einem Europäischen Gesetz des Ministerrates
festgelegt. Der
Ministerrat beschließt nach Zustimmung des Europäischen Parlaments, das mit der
Mehrheit seiner
Mitglieder Stellung nimmt.
(3) Bei der
Aufstellung des jährlichen Haushaltsplans der Union ist der mehrjährige Finanz-
rahmen
einzuhalten.
(4) Bei der
Festlegung des ersten mehrjährigen Finanzrahmens nach Inkrafttreten der Ver-
fassung beschließt
der Ministerrat einstimmig.
Artikel
55: Der Haushaltsplan der Union
Das Europäische
Parlament und der Ministerrat erlassen auf Vorschlag der Kommission gemäß den
Modalitäten des
Artikels III-310 das Europäische Gesetz zur Feststellung des jährlichen Haushalts-
plans der Union.
TITEL
VIII: DIE UNION UND IHRE NACHBARN
Artikel
56: Die Union und ihre Nachbarn
(1) Die Union
entwickelt besondere Beziehungen zu den Staaten in ihrer Nachbarschaft, um
einen Raum des
Wohlstands und der guten Nachbarschaft zu schaffen, der auf den Werten der
Union aufbaut und
sich durch enge, friedliche Beziehungen auf der Grundlage der Zusammenarbeit
auszeichnet.
CONV 850/03 44
(2)
Zu diesem Zweck kann die Union nach Artikel III-227 spezielle Abkommen mit den
betreffenden
Ländern schließen und durchführen. Diese Abkommen können gegenseitige Rechte
und Pflichten
umfassen und die Möglichkeit zu gemeinsamem Vorgehen eröffnen. Zur Durch-
führung der
Abkommen finden regelmäßig Konzertierungen statt.
TITEL
IX: ZUGEHÖRIGKEIT ZUR UNION
Artikel
57: Kriterien und Verfahren für den Beitritt zur Union
(1) Die Union
steht allen europäischen Staaten offen, die die in Artikel 2 genannten Werte
achten und sich
verpflichten, ihnen gemeinsam Geltung zu verschaffen.
(2) Europäische
Staaten, die Mitglied der Union werden möchten, richten ihren Antrag an
den Ministerrat.
Das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten
werden von diesem
Antrag unterrichtet. Der Ministerrat beschließt einstimmig nach Anhörung der
Kommission und
nach Zustimmung des Europäischen Parlaments. Die Bedingungen und Modali-
täten der Aufnahme
werden durch ein Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten und dem antrag-
stellenden Staat
geregelt. Dieses Abkommen bedarf der Ratifikation durch alle Vertragsstaaten
gemäß ihren
verfassungsrechtlichen Vorschriften.
Artikel
58: Aussetzung der mit der Zugehörigkeit zur Union verbundenen Rechte
(1) Auf
begründeten Vorschlag eines Drittels der Mitgliedstaaten, des Europäischen
Parla-
ments oder der
Kommission kann der Ministerrat mit der Mehrheit von vier Fünfteln seiner Mit-
glieder nach
Zustimmung des Europäischen Parlaments einen Europäischen Beschluss erlassen,
mit
dem festgestellt
wird, dass die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der in
Artikel 2
genannten Werte durch einen Mitgliedstaat besteht. Der Ministerrat hört, bevor
er eine
solche
Feststellung trifft, den betroffenen Mitgliedstaat und kann nach demselben
Verfahren
Empfehlungen an
ihn richten.
CONV 850/03 45
Der
Ministerrat überprüft regelmäßig, ob die Gründe, die zu dieser Feststellung
geführt haben, noch
zutreffen.
(2) Auf Vorschlag
eines Drittels der Mitgliedstaaten oder der Kommission und nach
Zustimmung des
Europäischen Parlaments kann der Europäische Rat einstimmig einen Europä-
ischen Beschluss
erlassen, mit dem festgestellt wird, dass eine schwerwiegende und anhaltende
Verletzung der in
Artikel 2 genannten Werte durch einen Mitgliedstaat vorliegt, nachdem er diesen
Mitgliedstaat zu
einer Stellungnahme aufgefordert hat.
(3) Wurde die
Feststellung nach Absatz 2 getroffen, so kann der Ministerrat mit quali-
fizierter Mehrheit
einen Europäischen Beschluss erlassen, mit dem bestimmte Rechte, die sich aus
der Anwendung der
Verfassung auf den betroffenen Mitgliedstaat herleiten, einschließlich der
Stimmrechte des
Mitgliedstaats im Ministerrat ausgesetzt werden. Dabei berücksichtigt er die
möglichen
Auswirkungen einer solchen Aussetzung auf die Rechte und Pflichten natürlicher
und
juristischer
Personen.
Die sich aus der
Verfassung ergebenden Verpflichtungen des betroffenen Mitgliedstaats sind für
diesen auf jeden
Fall weiterhin verbindlich.
(4) Der
Ministerrat kann zu einem späteren Zeitpunkt mit qualifizierter Mehrheit einen
Europäischen
Beschluss erlassen, mit dem die nach Absatz 3 getroffenen Maßnahmen abgeändert
oder aufgehoben
werden, wenn in der Lage, die zur Verhängung dieser Maßnahmen geführt hat,
Änderungen
eingetreten sind.
(5) Für die Zwecke
dieses Artikels beschließt der Ministerrat ohne Berücksichtigung der
Stimme des
betroffenen Mitgliedstaats. Die Stimmenthaltung von anwesenden oder vertretenen
Mitgliedern steht
dem Zustandekommen von Beschlüssen nach Absatz 2 nicht entgegen.
Dieser Absatz gilt
auch, wenn Stimmrechte nach Absatz 3 ausgesetzt werden.
CONV 850/03 46
(6)
Für die Zwecke der Absätze 1 und 2 beschließt das Europäische Parlament mit der
Mehrheit von zwei
Dritteln der abgegebenen Stimmen und mit der Mehrheit seiner Mitglieder.
Artikel
59: Freiwilliger Austritt aus der Union
(1) Jeder Mitgliedstaat
kann gemäß seinen internen Verfassungsvorschriften beschließen,
aus der
Europäischen Union auszutreten.
(2) Ein
Mitgliedstaat, der auszutreten beschließt, teilt dem Europäischen Rat seine
Absicht
mit; dieser
befasst sich mit der Mitteilung. Auf der Grundlage der Leitlinien des
Europäischen
Rates handelt die
Union mit diesem Staat ein Abkommen über die Modalitäten des Austritts aus
und schließt es,
wobei der Rahmen für die künftigen Beziehungen dieses Staates zur Union berück-
sichtigt wird. Das
Abkommen wird nach Zustimmung des Europäischen Parlaments vom Minister-
rat mit
qualifizierter Mehrheit im Namen der Union geschlossen.
Der Vertreter des
austretenden Mitgliedstaats nimmt weder an den diesen Mitgliedstaat betreffen-
den Beratungen
noch an der diesbezüglichen Beschlussfassung des Europäischen Rates oder des
Ministerrates
teil.
(3) Die Verfassung
findet auf den betroffenen Staat ab dem Tag des Inkrafttretens des Aus-
trittsabkommens
oder andernfalls zwei Jahre nach der in Absatz 2 genannten Mitteilung keine
Anwendung mehr, es
sei denn, dass der Europäische Rat im Einvernehmen mit dem betroffenen
Mitgliedstaat
beschließt, diese Frist zu verlängern.
(4) Ein Staat, der
aus der Union ausgetreten ist und erneut Mitglied werden möchte, muss
dies gemäß dem
Verfahren des Artikels 57 beantragen.
CONV 850/03 47
TEIL II
DIE
CHARTA DER GRUNDRECHTE DER UNION
PRÄAMBEL
Die Völker Europas
sind entschlossen, auf der Grundlage gemeinsamer Werte eine friedliche
Zukunft zu teilen,
indem sie sich zu einer immer engeren Union verbinden.
In dem Bewusstsein
ihres geistig-religiösen und sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und
universellen Werte der Würde des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und der
Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen der Demokratie und der
Rechtsstaatlichkeit. Sie stellt
den Mensch in den
Mittelpunkt ihres Handelns, indem sie die Unionsbürgerschaft und einen Raum
der Freiheit, der
Sicherheit und des Rechts begründet.
Die Union trägt
zur Erhaltung und zur Entwicklung dieser gemeinsamen Werte unter Achtung der
Vielfalt der
Kulturen und Traditionen der Völker Europas sowie der nationalen Identität der
Mit-
gliedstaaten und
der Organisation ihrer staatlichen Gewalt auf nationaler, regionaler und
lokaler
Ebene bei. Sie ist
bestrebt, eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung zu fördern und stellt
den
freien Personen-,
Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr sowie die Niederlassungsfreiheit
sicher.
Zu diesem Zweck
ist es notwendig, angesichts der Weiterentwicklung der Gesellschaft, des
sozialen
Fortschritts und
der wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen den Schutz der Grund-
rechte zu stärken,
indem sie in einer Charta sichtbarer gemacht werden.
Diese Charta
bekräftigt unter Achtung der Zuständigkeiten und Aufgaben der Union und des
Subsi-
diaritätsprinzips
die Rechte, die sich vor allem aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen und
den gemeinsamen
internationalen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, aus der Europäischen
Konvention zum
Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, aus den von der Union und dem
Europarat
beschlossenen Sozialchartas sowie aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europä-
ischen Union und
des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergeben. In diesem
Zusammenhang wird
die Charta von den Gerichten der Union und der Mitgliedstaaten unter
gebührender
Berücksichtigung der Erläuterungen, die auf Veranlassung und in eigener Verant-
wortung des
Präsidiums des Konvents zur Ausarbeitung der Charta formuliert wurden,
ausgelegt
werden.
Die Ausübung
dieser Rechte ist mit Verantwortlichkeiten und Pflichten sowohl gegenüber den
Mitmenschen als
auch gegenüber der menschlichen Gemeinschaft und den künftigen Generationen
verbunden.
Daher erkennt die
Union die nachstehend aufgeführten Rechte, Freiheiten und Grundsätze an.
CONV 850/03 48
TITEL
I: WÜRDE DES MENSCHEN
Artikel
II-1: Würde des Menschen
Die Würde des
Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu schützen.
Artikel
II-2: Recht auf Leben
(1) Jeder Mensch
hat das Recht auf Leben.
(2) Niemand darf
zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden.
Artikel
II-3: Recht auf Unversehrtheit
(1) Jeder Mensch
hat das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit.
(2) Im Rahmen der
Medizin und der Biologie muss insbesondere Folgendes beachtet
werden:
a) die freie
Einwilligung des Betroffenen nach vorheriger Aufklärung entsprechend den
gesetz-
lich festgelegten
Modalitäten,
b) das Verbot
eugenischer Praktiken, insbesondere derjenigen, welche die Selektion von
Menschen zum Ziel
haben,
c) das Verbot, den
menschlichen Körper und Teile davon als solche zur Erzielung von
Gewinnen zu
nutzen,
d) das Verbot des
reproduktiven Klonens von Menschen.
Artikel
II-4: Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder
Behandlung
Niemand darf der
Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unter-
worfen werden.
Artikel
II-5: Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit
(1) Niemand darf
in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden.
(2) Niemand darf
gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten.
(3) Menschenhandel
ist verboten.
CONV 850/03 49
TITEL
II: FREIHEITEN
Artikel
II-6: Recht auf Freiheit und Sicherheit
Jeder Mensch hat
das Recht auf Freiheit und Sicherheit.
Artikel
II-7: Achtung des Privat- und Familienlebens
Jeder Mensch hat
das Recht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung sowie
seiner
Kommunikation.
Artikel
II-8: Schutz personenbezogener Daten
(1) Jeder Mensch
hat das Recht auf Schutz der ihn betreffenden personenbezogenen Daten.
(2) Diese Daten
dürfen nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Ein-
willigung der
betroffenen Person oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen
Grund-
lage verarbeitet
werden. Jeder Mensch hat das Recht, Auskunft über die ihn betreffenden
erhobenen
Daten zu erhalten
und die Berichtigung der Daten zu erwirken.
(3) Die Einhaltung
dieser Vorschriften wird von einer unabhängigen Stelle überwacht.
Artikel
II-9: Recht, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen
Das Recht, eine
Ehe einzugehen, und das Recht, eine Familie zu gründen, werden nach den einzel-
staatlichen
Gesetzen gewährleistet, welche die Ausübung dieser Rechte regeln.
Artikel
II-10: Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit
(1) Jeder Mensch
hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Dieses
Recht umfasst die
Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu wechseln, und die Freiheit,
seine Religion
oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit anderen öffentlich oder privat
durch
Gottesdienst, Unterricht, Bräuche und Riten zu bekennen.
(2) Das Recht auf
Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen wird nach den einzel-
staatlichen
Gesetzen anerkannt, welche die Ausübung dieses Rechts regeln.
CONV 850/03 50
Artikel
II-11: Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit
(1) Jeder Mensch
hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die
Meinungsfreiheit
und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und
ohne Rücksicht auf
Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.
(2) Die Freiheit
der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.
Artikel
II-12: Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
(1) Jeder Mensch
hat das Recht, sich insbesondere im politischen, gewerkschaftlichen und
zivilgesellschaftlichen
Bereich auf allen Ebenen frei und friedlich mit anderen zu versammeln und
frei mit anderen
zusammenzuschließen, was das Recht jedes Menschen umfasst, zum Schutz seiner
Interessen
Gewerkschaften zu gründen und Gewerkschaften beizutreten.
(2) Politische
Parteien auf der Ebene der Union tragen dazu bei, den politischen Willen der
Unionsbürgerinnen
und Unionsbürger zum Ausdruck zu bringen.
Artikel
II-13: Freiheit von Kunst und Wissenschaft
Kunst und
Forschung sind frei. Die akademische Freiheit wird geachtet.
Artikel
II-14: Recht auf Bildung
(1) Jeder Mensch
hat das Recht auf Bildung sowie auf Zugang zur beruflichen Ausbildung
und Weiterbildung.
(2) Dieses Recht
umfasst die Möglichkeit, unentgeltlich am Pflichtschulunterricht teilzu-
nehmen.
(3) Die Freiheit
zur Gründung von Lehranstalten unter Achtung der demokratischen Grund-
sätze sowie das
Recht der Eltern, die Erziehung und den Unterricht ihrer Kinder entsprechend
ihren
eigenen
religiösen, weltanschaulichen und erzieherischen Überzeugungen sicherzustellen,
werden
nach den
einzelstaatlichen Gesetzen geachtet, welche ihre Ausübung regeln.
Artikel
II-15: Berufsfreiheit und Recht zu arbeiten
(1) Jeder Mensch
hat das Recht, zu arbeiten und
einen frei gewählten oder
angenommenen
Beruf auszuüben.
(2) Alle
Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben die Freiheit, in jedem Mitgliedstaat
Arbeit zu suchen,
zu arbeiten, sich niederzulassen oder Dienstleistungen zu erbringen.
(3) Die Staatsangehörigen
dritter Länder, die im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten arbeiten
dürfen, haben
Anspruch auf Arbeitsbedingungen, die denen der Unionsbürgerinnen und Unions-
bürger
entsprechen.
CONV 850/03 51
Artikel
II-16: Unternehmerische Freiheit
Die
unternehmerische Freiheit wird nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen
Rechtsvor-
schriften und
Gepflogenheiten anerkannt.
Artikel
II-17: Eigentumsrecht
(1) Jeder Mensch
hat das Recht, sein rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu
nutzen, darüber zu
verfügen und es zu vererben. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden,
es sei denn aus
Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen,
die in
einem Gesetz
vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für
den
Verlust des Eigentums. Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich
geregelt werden, soweit dies
für das Wohl der
Allgemeinheit erforderlich ist.
(2) Geistiges
Eigentum wird geschützt.
Artikel
II-18: Asylrecht
Das Recht auf Asyl
wird nach Maßgabe des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 und des Proto-
kolls vom 31.
Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie gemäß der Verfassung
gewährleistet.
Artikel
II-19: Schutz bei Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung
(1)
Kollektivausweisungen sind nicht zulässig.
(2) Niemand darf
in einen Staat abgeschoben oder ausgewiesen oder an einen Staat ausge-
liefert werden, in
dem für sie oder ihn das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder
einer
anderen
unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht.
TITEL
III: GLEICHHEIT
Artikel
II-20: Gleichheit vor dem Gesetz
Alle Menschen sind
vor dem Gesetz gleich.
Artikel
II-21: Nichtdiskriminierung
(1)
Diskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe,
der
ethnischen oder
sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der
Weltanschauung,
der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer
nationalen
Minderheit, des
Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Aus-
richtung sind
verboten.
(2) Im
Anwendungsbereich der Verfassung ist unbeschadet ihrer einzelnen Bestimmungen
jede
Diskriminierung
aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.
CONV 850/03 52
Artikel
II-22: Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen
Die Union achtet
die Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen.
Artikel
II-23: Gleichheit von Männern und Frauen
Die Gleichheit von
Männern und Frauen ist in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung,
der Arbeit und des
Arbeitsentgelts, sicherzustellen.
Der Grundsatz der
Gleichheit steht der Beibehaltung oder der Einführung spezifischer Vergünsti-
gungen für das
unterrepräsentierte Geschlecht nicht entgegen.
Artikel
II-24: Rechte des Kindes
(1) Kinder haben
Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für ihr Wohlergehen not-
wendig sind. Sie
können ihre Meinung frei äußern. Ihre Meinung wird in den Angelegenheiten, die
sie betreffen, in
einer ihrem Alter und ihrem Reifegrad entsprechenden Weise berücksichtigt.
(2) Bei allen
Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher oder privater Einrichtungen
muss das Wohl des
Kindes eine vorrangige Erwägung sein.
(3) Jedes Kind hat
Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte
Kontakte zu beiden
Elternteilen, es sei denn, dies steht seinem Wohl entgegen.
Artikel
II-25: Rechte älterer Menschen
Die Union
anerkennt und achtet das Recht älterer Menschen auf ein würdiges und unabhängiges
Leben und auf
Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben.
Artikel
II-26: Integration von Menschen mit Behinderung
Die Union
anerkennt und achtet den Anspruch von Menschen mit Behinderung auf Maßnahmen
zur
Gewährleistung
ihrer Eigenständigkeit, ihrer sozialen und beruflichen Eingliederung und ihrer
Teil-
nahme am Leben der
Gemeinschaft.
CONV 850/03 53
TITEL
IV: SOLIDARITÄT
Artikel
II-27: Recht auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer
im Unternehmen
Für die
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder ihre Vertreter muss auf den geeigneten
Ebenen
eine rechtzeitige
Unterrichtung und Anhörung in den Fällen und unter den Voraussetzungen
gewährleistet
sein, die nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und
Gepflogenheiten
vorgesehen sind.
Artikel
II-28: Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen
Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Arbeitgeberinnen
und Arbeitgeber oder ihre
jeweiligen
Organisationen haben nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvor-
schriften und
Gepflogenheiten das Recht, Tarifverträge auf den geeigneten Ebenen auszuhandeln
und zu schließen
sowie bei Interessenkonflikten kollektive Maßnahmen zur Verteidigung ihrer
Interessen,
einschließlich Streiks, zu ergreifen.
Artikel
II-29: Recht auf Zugang zu einem Arbeitsvermittlungsdienst
Jeder Mensch hat
das Recht auf Zugang zu einem unentgeltlichen Arbeitsvermittlungsdienst.
Artikel
II-30: Schutz bei ungerechtfertigter Entlassung
Jede
Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat nach dem Unionsrecht und den
einzelstaatlichen
Rechtsvorschriften
und Gepflogenheiten Anspruch auf Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung.
Artikel
II-31: Gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen
(1) Jede
Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf gesunde, sichere und
würdige
Arbeitsbedingungen.
(2) Jede
Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf eine Begrenzung der
Höchstarbeitszeit,
auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf bezahlten Jahresurlaub.
CONV 850/03 54
Artikel
II-32: Verbot der Kinderarbeit und Schutz der Jugendlichen am Arbeitsplatz
Kinderarbeit ist
verboten. Unbeschadet günstigerer Vorschriften für Jugendliche und abgesehen
von
begrenzten Ausnahmen
darf das Mindestalter für den Eintritt in das Arbeitsleben das Alter, in dem
die Schulpflicht
endet, nicht unterschreiten.
Zur Arbeit
zugelassene Jugendliche müssen ihrem Alter angepasste Arbeitsbedingungen
erhalten
und vor
wirtschaftlicher Ausbeutung und vor jeder Arbeit geschützt werden, die ihre
Sicherheit,
ihre Gesundheit,
ihre körperliche, geistige, sittliche oder soziale Entwicklung beeinträchtigen
oder
ihre Erziehung
gefährden könnte.
Artikel
II-33: Familien- und Berufsleben
(1) Der
rechtliche, wirtschaftliche und soziale Schutz der Familie wird gewährleistet.
(2) Um Familien-
und Berufsleben miteinander in Einklang bringen zu können, hat jeder
Mensch das Recht
auf Schutz vor Entlassung aus einem mit der Mutterschaft zusammenhängenden
Grund sowie den
Anspruch auf einen bezahlten Mutterschaftsurlaub und auf einen Elternurlaub
nach der Geburt
oder Adoption eines Kindes.
Artikel
II-34: Soziale Sicherheit und soziale Unterstützung
(1) Die Union
anerkennt und achtet das Recht auf Zugang zu den Leistungen der sozialen
Sicherheit und zu
den sozialen Diensten, die in Fällen wie Mutterschaft, Krankheit,
Arbeitsunfall,
Pflegebedürftigkeit
oder im Alter sowie bei Verlust des Arbeitsplatzes Schutz gewährleisten, nach
Maßgabe des
Unionsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.
(2) Jeder Mensch,
der in der Union seinen rechtmäßigen Wohnsitz hat und seinen Aufent-
halt rechtmäßig
wechselt, hat Anspruch auf die Leistungen der sozialen Sicherheit und die
sozialen
Vergünstigungen
nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und
Gepflogenheiten.
(3) Um die soziale
Ausgrenzung und die Armut zu bekämpfen, anerkennt und achtet die
Union das Recht auf eine soziale Unterstützung und eine Unterstützung
für die Wohnung, die allen,
die nicht über
ausreichende Mittel verfügen, ein menschenwürdiges Dasein sicherstellen sollen,
nach Maßgabe des
Unionsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.
Artikel
II-35: Gesundheitsschutz
Jeder Mensch hat
das Recht auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge und auf ärztliche Versorgung
nach Maßgabe der
einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten. Bei der Festlegung
und Durchführung
der Politik und Aktionen der Union in allen Bereichen wird ein hohes Gesund-
heitsschutzniveau
sichergestellt.
CONV 850/03 55
Artikel
II-36: Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse
Die Union
anerkennt und achtet den Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem
wirtschaftlichen
Interesse, wie er
durch die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten im Einklang
mit der Verfassung
geregelt ist, um den sozialen und territorialen Zusammenhalt der Union zu
fördern.
Artikel
II-37: Umweltschutz
Ein hohes
Umweltschutzniveau und die Verbesserung der Umweltqualität müssen in die
Politik der
Union einbezogen
und nach dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung sichergestellt werden.
Artikel
II-38: Verbraucherschutz
Die Politik der
Union stellt ein hohes Verbraucherschutzniveau sicher.
CONV 850/03 56
TITEL
V: BÜRGERRECHTE
Artikel
II-39: Aktives und passives Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament
(1) Die
Unionsbürgerinnen und Unionsbürger besitzen in dem Mitgliedstaat, in dem sie
ihren Wohnsitz
haben, das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parla-
ment, wobei für
sie dieselben Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden Mit-
gliedstaats.
(2) Die Mitglieder
des Europäischen Parlaments werden in allgemeiner, unmittelbarer,
freier und
geheimer Wahl gewählt.
Artikel
II-40: Aktives und passives Wahlrecht bei den Kommunalwahlen
Die
Unionsbürgerinnen und Unionsbürger besitzen in dem Mitgliedstaat, in dem sie
ihren Wohnsitz
haben, das aktive
und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen, wobei für sie dieselben Bedingun-
gen gelten wie für
die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats.
Artikel
II-41: Recht auf eine gute Verwaltung
(1) Jeder Mensch
hat ein Recht darauf, dass seine Angelegenheiten von den Organen, Ein-
richtungen, Ämtern
und Agenturen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer ange-
messenen Frist
behandelt werden.
(2) Dieses Recht
umfasst insbesondere
a) das Recht eines
jeden Menschen, gehört zu werden, bevor ihm gegenüber eine für ihn
nachteilige
individuelle Maßnahme getroffen wird,
b) das Recht eines
jeden Menschen auf Zugang zu den ihn betreffenden Akten unter Wahrung
des legitimen
Interesses der Vertraulichkeit sowie des Berufs- und Geschäftsgeheimnisses,
c) die
Verpflichtung der Verwaltung, ihre Entscheidungen zu begründen.
(3) Jeder Mensch
hat Anspruch darauf, dass die Union den durch ihre Organe oder
Bediensteten in
Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechts-
grundsätzen
ersetzt, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.
(4) Jeder Mensch
kann sich in einer der Sprachen der Verfassung an die Organe der Union
wenden und muss
eine Antwort in derselben Sprache erhalten.
CONV 850/03 57
Artikel
II-42: Recht auf Zugang zu Dokumenten
Die
Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische
Person mit Wohn-
sitz oder Sitz in
einem Mitgliedstaat haben das Recht auf Zugang zu den Dokumenten der Organe,
Einrichtungen,
Ämter und Agenturen der Union, unabhängig davon, in welcher Form diese
Dokumente erstellt
werden.
Artikel
II-43: Der Europäische Bürgerbeauftragte
Die
Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische
Person mit Wohn-
sitz oder
satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht, den Europäischen
Bürger-
beauftragten im
Falle von Missständen bei der Tätigkeit der Organe, Einrichtungen, Ämter und
Agenturen der
Union, mit Ausnahme des Europäischen Gerichtshofs und des Gerichts in Ausübung
ihrer
Rechtsprechungsbefugnisse, zu befassen.
Artikel
II-44: Petitionsrecht
Die
Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische
Person mit Wohn-
sitz oder Sitz in
einem Mitgliedstaat haben das Recht, eine Petition an das Europäische Parlament
zu richten.
Artikel
II-45: Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit
(1) Die
Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben das Recht, sich im Hoheitsgebiet der
Mitgliedstaaten
frei zu bewegen und aufzuhalten.
(2)
Staatsangehörigen dritter Länder, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines
Mitglied-
staats aufhalten,
kann gemäß der Verfassung Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit gewährt werden.
Artikel
II-46: Diplomatischer und konsularischer Schutz
Die
Unionsbürgerinnen und Unionsbürger genießen im Hoheitsgebiet eines Drittlandes,
in dem der
Mitgliedstaat,
dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, nicht vertreten ist, den Schutz der
diploma-
tischen und
konsularischen Stellen eines jeden Mitgliedstaats unter denselben Bedingungen
wie
Staatsangehörige
dieses Staates.
CONV 850/03 58
TITEL
VI: JUSTIZIELLE RECHTE
Artikel
II-47: Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht
Jeder Mensch,
dessen durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt
worden
sind, hat das
Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehen Bedingungen bei einem
Gericht einen
wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.
Jeder Mensch hat
ein Recht darauf, dass seine Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und
zuvor durch Gesetz
errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb ange-
messener Frist
verhandelt wird. Jeder Mensch kann sich beraten, verteidigen und vertreten
lassen.
Personen, die
nicht über ausreichende Mittel verfügen, wird Prozesskostenhilfe bewilligt,
soweit
diese Hilfe
erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten.
Artikel
II-48: Unschuldsvermutung und Verteidigungsrechte
(1) Jeder
Angeklagte gilt bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis seiner Schuld als
unschuldig.
(2) Jedem
Angeklagten wird die Achtung der Verteidigungsrechte gewährleistet.
Artikel
II-49: Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit im Zusammen-
hang
mit Straftaten und Strafen
(1) Niemand darf
wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit
ihrer Begehung
nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Es darf
auch
keine schwerere
Strafe als die zur Zeit der Begehung angedrohte Strafe verhängt werden. Wird
nach
Begehung einer
Straftat durch Gesetz eine mildere Strafe eingeführt, so ist diese zu
verhängen.
(2) Dieser Artikel
schließt nicht aus, dass eine Person wegen einer Handlung oder Unter-
lassung verurteilt
oder bestraft wird, die zur Zeit ihrer Begehung nach den allgemeinen, von der
Gesamtheit der
Nationen anerkannten Grundsätzen strafbar war.
(3) Das Strafmaß
darf gegenüber der Straftat nicht unverhältnismäßig sein.
Artikel
II-50: Recht, wegen derselben Straftat nicht zweimal strafrechtlich verfolgt
oder
bestraft
zu werden
Niemand darf wegen
einer Straftat, derentwegen er bereits in der Union nach dem Gesetz rechts-
kräftig verurteilt
oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren erneut verfolgt oder
bestraft werden.
CONV 850/03 59
TITEL
VII: ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN ÜBER
DIE AUSLEGUNG UND
ANWENDUNG
DER CHARTA
Artikel
II-51: Anwendungsbereich
(1) Diese Charta
gilt für die Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen der Union unter
Einhaltung des
Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der
Durch-
führung des Rechts
der Union. Dementsprechend achten sie die Rechte, halten sie sich an die
Grundsätze und
fördern sie deren Anwendung gemäß ihren jeweiligen Zuständigkeiten und unter
Achtung der
Grenzen der Zuständigkeiten, die der Union in anderen Teilen der Verfassung
über-
tragen werden.
(2) Diese Charta
dehnt den Geltungsbereich des Unionsrechts nicht über die Zuständig-
keiten der Union
hinaus aus und begründet weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben für die
Union, noch ändert
sie die in den anderen Teilen der Verfassung festgelegten Zuständigkeiten und
Aufgaben.
Artikel
II-52: Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze
(1) Jede
Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Frei-
heiten muss
gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten
achten.
Unter Wahrung des
Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorge-
nommen werden,
wenn sie notwendig sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl
dienenden
Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten
anderer
tatsächlich entsprechen.
(2) Die Ausübung
der durch diese Charta anerkannten Rechte, die in anderen Teilen der
Verfassung
geregelt sind, erfolgt im Rahmen der in diesen einschlägigen Teilen
festgelegten
Bedingungen und
Grenzen.
(3) So weit diese
Charta Rechte enthält, die den durch die Europäische Konvention zum
Schutze der
Menschenrechte und Grundfreiheiten garantierten Rechten entsprechen, haben sie
die
gleiche Bedeutung
und Tragweite, wie sie ihnen in der genannten Konvention verliehen
wird. Diese
Bestimmung steht
dem nicht entgegen, dass das Recht der Union einen weiter gehenden Schutz
gewährt .
(4) Soweit in
dieser Charta Grundrechte anerkannt werden, wie sie sich aus den gemein-
samen
Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, werden sie im Einklang
mit diesen
Überlieferungen
ausgelegt.
(5) Die
Bestimmungen dieser Charta, in denen Grundsätze festgelegt sind, können durch
Akte der
Gesetzgebung und der Ausführung der Organe und Einrichtungen der Union sowie
durch
Akte der
Mitgliedstaaten zur Durchführung des Rechts der Union in Ausübung ihrer
jeweiligen
Zuständigkeiten
umgesetzt werden. Sie können vor Gericht nur bei der Auslegung dieser Akte und
bei Entscheidungen
über deren Rechtmäßigkeit herangezogen werden.
(6) Den
einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten ist, wie es in dieser
Charta bestimmt
ist, in vollem Umfang Rechnung zu tragen.
CONV 850/03 60
Artikel
II-53: Schutzniveau
Keine Bestimmung
dieser Charta ist als eine Einschränkung oder Verletzung der Menschenrechte
und
Grundfreiheiten auszulegen, die in dem jeweiligen Anwendungsbereich durch das
Recht der
Union und das
Völkerrecht sowie durch die internationalen Übereinkommen, bei denen die Union
oder alle
Mitgliedstaaten Vertragsparteien sind, darunter insbesondere die Europäische
Konvention
zum Schutze der
Menschenrechte und Grundfreiheiten, sowie durch die Verfassungen der Mitglied-
staaten anerkannt
werden.
Artikel
II-54: Verbot des Missbrauchs der Rechte
Keine Bestimmung
dieser Charta ist so auszulegen, als begründe sie das Recht, eine Tätigkeit
aus-
zuüben oder eine
Handlung vorzunehmen, die darauf abzielt, die in der Charta anerkannten Rechte
und Freiheiten
abzuschaffen oder sie stärker einzuschränken, als dies in der Charta vorgesehen
ist.
CONV 850/03 61
TEIL III
DIE
POLITIKBEREICHE UND DIE ARBEITSWEISE DER UNION
CONV 850/03 62
TITEL
I
ALLGEMEIN
ANWENDBARE BESTIMMUNGEN
Artikel III-1
Die Union achtet
auf die Kohärenz zwischen der Politik und den Maßnahmen in den verschiedenen
in diesem Teil
genannten Bereichen und trägt dabei unter Einhaltung des Grundsatzes der
begrenz-
ten
Einzelermächtigung den Zielen der Union in ihrer Gesamtheit Rechnung.
Artikel III-2
Bei allen in
diesem Teil genannten Maßnahmen wirkt die Union darauf hin, dass Ungleichheiten
zwischen Männern
und Frauen beseitigt werden und die Gleichstellung von Männern und Frauen
gefördert wird.
Artikel III-3
Bei der Festlegung
und Durchführung der Politik und der Maßnahmen in den in diesem Teil ge-
nannten Bereichen
zielt die Union darauf ab, Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der
Rasse, der
ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung,
des
Alters oder der
sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen.
Artikel III-4
Die Erfordernisse
des Umweltschutzes müssen bei der Festlegung und Durchführung der Politik
und der Maßnahmen
der Union in den in diesem Teil genannten Bereichen insbesondere zur Förde-
rung einer
nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden.
Artikel III-5
Den Erfordernissen
des Verbraucherschutzes wird bei der Festlegung und Durchführung der Politik
und der Maßnahmen
der Union in den anderen Bereichen Rechnung getragen.
Artikel III-6
Unbeschadet der
Artikel III-55, III-56 und III-136 und in Anbetracht des von allen in der Union
anerkannten
Stellenwerts der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse sowie ihrer
Be-
deutung bei der
Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts tragen die Union und
ihre
Mitgliedstaaten im
Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse im Anwendungsbereich der Verfassung
dafür Sorge, dass
die Grundsätze und Bedingungen, insbesondere jene wirtschaftlicher und finan-
zieller Art, für
das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass diese ihren Aufgaben
nach-
kommen können.
Diese Grundsätze und Bedingungen werden durch Europäische Gesetze festge-
legt.
CONV 850/03 63
TITEL II
NICHTDISKRIMINIERUNG
UND UNIONSBÜRGERSCHAFT
Artikel
III-7
Das
in Artikel I-4 verankerte Verbot von Diskriminierungen aufgrund der
Staatsangehörigkeit kann
durch
Europäische Gesetze oder Rahmengesetze geregelt werden.
Artikel
III-8
(1)
Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen der Verfassung und im Rahmen der durch
die
Verfassung
auf die Union übertragenen Zuständigkeiten können die für die Bekämpfung von
Diskrimi-
nierungen
aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion
oder der
Weltanschauung,
einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung erforderlichen
Maß-
nahmen
durch ein Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Ministerrates festgelegt
werden. Der
Ministerrat
beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.
(2)
Die Grundprinzipien für die Fördermaßnahmen der Union und solche Maßnahmen
selbst,
mit
denen die Maßnahmen der Mitgliedstaaten unterstützt werden sollen, können unter
Ausschluss jeg-
licher
Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten
durch Europäische
Gesetze
oder Rahmengesetze festgelegt werden.
Artikel
III-9
(1)
Erscheint zur Erleichterung der Ausübung des in Artikel I-8 genannten Rechts
jedes Uni-
onsbürgers
bzw. jeder Unionsbürgerin, sich frei zu bewegen und seinen bzw. ihren
Aufenthalt frei zu
nehmen,
ein Tätigwerden der Union erforderlich, so können entsprechende Maßnahmen durch
Euro-
päische
Gesetze oder Rahmengesetze festgelegt werden, sofern die Verfassung hierfür
anderweitig
keine
Befugnisse vorsieht.
(2)
Zum selben Zweck können, sofern die Verfassung hierfür anderweitig keine
Befugnisse
vorsieht,
Maßnahmen betreffend Pässe, Personalausweise, Aufenthaltstitel oder diesen
gleichgestellte
Dokumente
sowie Maßnahmen betreffend die soziale Sicherheit oder den sozialen Schutz vom
Minister-
rat
durch ein Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt werden. Der
Ministerrat beschließt ein-
stimmig
nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
Artikel
III-10
Die
Einzelheiten der Ausübung des in Artikel I-8 genannten aktiven und passiven
Wahlrechts jedes
Unionsbürgers
bei den Kommunalwahlen und bei den Wahlen zum Europäischen Parlament in dem
Mitgliedstaat,
in dem dieser seinen Wohnsitz hat, ohne dessen Staatsangehörigkeit zu besitzen,
werden
durch
ein Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Ministerrates festgelegt. Der
Ministerrat be-
schließt
einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments. In diesen Einzelheiten
können Aus-
nahmeregelungen
vorgesehen werden, wenn dies aufgrund besonderer Probleme eines Mitgliedstaats
gerechtfertigt
ist.
Das
aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament wird
unbeschadet des
Artikels
III-232 Absatz 2 und der Maßnahmen zu dessen Durchführung ausgeübt.
CONV 850/03 64
Artikel
III-11
Die
Mitgliedstaaten erlassen die notwendigen Bestimmungen, um den diplomatischen
und konsula-
rischen Schutz der
Unionsbürger in Drittländern nach Artikel I-8 zu gewährleisten.
Zur Erleichterung
dieses Schutzes notwendige Maßnahmen können durch ein Europäisches Gesetz
des Ministerrates
festgelegt werden. Der Ministerrat beschließt nach Anhörung des Europäischen
Parlaments.
Artikel III-12
Die Sprachen, in
denen jeder Unionsbürger sich gemäß Artikel I-8 an die Organe oder beratenden
Einrichtungen
wenden und eine Antwort erhalten kann, sind in Artikel IV-10 aufgeführt. Die
Or-
gane und
beratenden Einrichtungen im Sinne dieses Artikels sind jene, die in Artikel
I-18 Absatz 2,
Artikel I-30 und
Artikel I-31 genannt werden, sowie der europäische Bürgerbeauftragte.
Artikel III-13
Die Kommission
erstattet dem Europäischen Parlament, dem Ministerrat und dem Wirtschafts- und
Sozialausschuss
alle drei Jahre über die Anwendung des Artikels I-8 und dieses Titels Bericht.
In
dem Bericht wird
der Fortentwicklung der Union Rechnung getragen.
Auf dieser
Grundlage und unbeschadet der anderen Bestimmungen der Verfassung können die in
Artikel I-8
vorgesehenen Rechte durch ein Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des
Minister-
rates ergänzt
werden. Der Ministerrat beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen
Parlaments. Dieses
Gesetz oder Rahmengesetz tritt erst nach Zustimmung der Mitgliedstaaten im
Einklang mit ihren
jeweiligen Verfassungsbestimmungen in Kraft.
CONV 850/03 65
TITEL
III
INTERNE
POLITIKBEREICHE UND MASSNAHMEN
KAPITEL
I
BINNENMARKT
ABSCHNITT 1
VERWIRKLICHUNG DES
BINNENMARKTS
Artikel III-14
(1) Die Union
erlässt die erforderlichen Maßnahmen, um gemäß diesem Artikel, den Arti-
keln III-15,
III-26 Absatz 1, III-29, III-39, III-62, III-65 und III-143 unbeschadet der
sonstigen
Bestimmungen der
Verfassung den Binnenmarkt zu verwirklichen.
(2) Der
Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr
von Waren,
Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen der Verfassung
ge-
währleistet ist.
(3) Der
Ministerrat erlässt auf Vorschlag der Kommission die Europäischen Verordnungen
oder Beschlüsse,
mit denen die Leitlinien und Bedingungen festgelegt werden, die erforderlich
sind,
um in allen
betroffenen Sektoren einen ausgewogenen Fortschritt zu gewährleisten.
Artikel III-15
Bei der
Formulierung ihrer Vorschläge zur Verwirklichung der Ziele des Artikels III-14
berück-
sichtigt die
Kommission den Umfang der Anstrengungen, die einigen Volkswirtschaften mit
unter-
schiedlichem
Entwicklungsstand für die Verwirklichung des Binnenmarktes abverlangt werden,
und
kann geeignete
Maßnahmen vorschlagen.
Erhalten diese
Maßnahmen die Form von Ausnahmeregelungen, so müssen sie vorübergehender Art
sein und dürfen
das Funktionieren des Binnenmarkts so wenig wie möglich stören.
CONV 850/03 66
Artikel
III-16
Die
Mitgliedstaaten setzen sich miteinander ins Benehmen, um durch gemeinsames
Vorgehen zu
verhindern, dass
das Funktionieren des Binnenmarkts durch Bestimmungen beeinträchtigt wird, die
ein Mitgliedstaat
bei einer schwerwiegenden innerstaatlichen Störung der öffentlichen Ordnung, im
Kriegsfall, bei
einer ernsten, eine Kriegsgefahr darstellenden internationalen Spannung oder in
Er-
füllung der
Verpflichtungen erlässt, die er im Hinblick auf die Aufrechterhaltung des
Friedens und
der
internationalen Sicherheit übernommen hat.
Artikel III-17
Werden im
Binnenmarkt die Wettbewerbsbedingungen durch Bestimmungen aufgrund der Arti-
kel III-6 und
III-34 verfälscht, so prüft die Kommission gemeinsam mit dem beteiligten Staat,
wie
diese Bestimmungen
den Vorschriften der Verfassung angepasst werden können.
In Abweichung von
dem in den Artikeln III-265 und III-266 vorgesehenen Verfahren kann die
Kommission oder
ein Mitgliedstaat den Gerichtshof unmittelbar anrufen, wenn die Kommission
oder der Staat der
Auffassung ist, dass ein anderer Mitgliedstaat die in den Artikeln III-6 und
III-34
vorgesehenen
Befugnisse missbraucht. Der Gerichtshof entscheidet unter Ausschluss der
Öffent-
lichkeit.
ABSCHNITT 2
FREIZÜGIGKEIT UND
FREIER DIENSTLEISTUNGSVERKEHR
Unterabschnitt 1
Arbeitnehmer
Artikel III-18
(1) Die
Arbeitnehmer haben das Recht, sich innerhalb der Union frei zu bewegen.
(2) Jede auf der
Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung der Arbeit-
nehmer der
Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige
Arbeitsbedin-
gungen ist
verboten.
(3) Die
Arbeitnehmer haben - vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung,
Sicherheit und
Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen - das Recht,
a) sich um
tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben;
b) sich zu diesem
Zweck im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen;
CONV 850/03 67
c)
sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, um dort nach den für die Arbeitnehmer
dieses Staates
geltenden Rechts-
und Verwaltungsvorschriften eine Beschäftigung auszuüben;
d) nach Beendigung
einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats unter Bedingun-
gen zu verbleiben,
welche in Europäischen Verordnungen festgelegt sind, die die Kommission
erlässt.
(4) Dieser Artikel
findet keine Anwendung auf die Beschäftigung in der öffentlichen Ver-
waltung.
Artikel III-19
Die zur
Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Sinne des Artikels III-18
erforderlichen
Maßnahmen werden
durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze festgelegt. Diese werden nach
Anhörung des
Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
Die Europäischen
Gesetze oder Rahmengesetze haben insbesondere Folgendes zum Ziel:
a) die
Sicherstellung einer engen Zusammenarbeit zwischen den einzelstaatlichen
Arbeitsver-
waltungen;
b) die Beseitigung
der Verwaltungsverfahren und -praktiken sowie der für den Zugang zu ver-
fügbaren
Arbeitsplätzen vorgeschriebenen Fristen, die sich aus innerstaatlichen
Rechtsvor-
schriften oder
vorher zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkünften ergeben
und deren
Beibehaltung die Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer hindert;
c) die Beseitigung
aller Fristen und sonstigen Beschränkungen, die in innerstaatlichen Rechts-
vorschriften oder
vorher zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkünften vorge-
sehen sind und die
den Arbeitnehmern der anderen Mitgliedstaaten für die freie Wahl des Ar-
beitsplatzes
andere Bedingungen als den inländischen Arbeitnehmern auferlegen;
d) die Schaffung
geeigneter Verfahren für die Zusammenführung und den Ausgleich von Ange-
bot und Nachfrage
auf dem Arbeitsmarkt zu Bedingungen, die eine ernstliche Gefährdung des
Lebensstandards
und des Beschäftigungsstands in einzelnen Gebieten und Industrien aus-
schließen.
Artikel III-20
Die
Mitgliedstaaten fördern den Austausch junger Arbeitnehmer im Rahmen eines
gemeinsamen
Programms.
CONV 850/03 68
Artikel
III-21
Die auf dem Gebiet
der sozialen Sicherheit für die Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer
notwendigen
Maßnahmen werden durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze festgelegt; zu
diesem Zweck wird
darin insbesondere ein System eingeführt, welches zu- und abwandernden Ar-
beitnehmern und
Selbstständigen sowie deren anspruchsberechtigten Angehörigen Folgendes
sichert:
a) die
Zusammenrechnung aller nach den verschiedenen innerstaatlichen
Rechtsvorschriften be-
rücksichtigten
Zeiten für den Erwerb und die Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs so-
wie für die
Berechnung der Leistungen;
b) die Zahlung der
Leistungen an Personen, die in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten woh-
nen.
Unterabschnitt 2
Niederlassungsfreiheit
Artikel III-22
Die Beschränkungen
der Niederlassungsfreiheit von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im
Hoheitsgebiet
eines anderen Mitgliedstaats sind nach Maßgabe dieses Unterabschnitts verboten.
Das Gleiche gilt
für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder
Tochtergesellschaften
durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitglied-
staats ansässig
sind.
Vorbehaltlich des
Abschnitts über den Kapitalverkehr haben die Angehörigen eines Mitgliedstaats
das Recht, im
Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats selbstständige Erwerbstätigkeiten
aufzu-
nehmen und
auszuüben sowie Unternehmen, insbesondere Gesellschaften im Sinne des Artikels
III-
27 Absatz 2, nach
den Bestimmungen des Aufnahmemitgliedstaats für seine eigenen Angehörigen
zu gründen und zu
leiten.
Artikel III-23
(1) Die Maßnahmen
zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit für eine bestimmte
Tätigkeit werden
durch Europäische Rahmengesetze festgelegt. Diese werden nach Anhörung des
Wirtschafts- und
Sozialausschusses erlassen.
(2) Das
Europäische Parlament, der Ministerrat und die Kommission erfüllen die
Aufgaben,
die ihnen aufgrund
von Absatz 1 übertragen sind, indem sie insbesondere
a) im Allgemeinen
diejenigen Tätigkeiten mit Vorrang behandeln, bei denen die Niederlas-
sungsfreiheit die
Entwicklung der Produktion und des Handels in besonderer Weise fördert;
b) eine enge
Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Verwaltungen der Mitgliedstaaten
sicherstellen, um
sich über die besondere Lage auf den verschiedenen Tätigkeitsgebieten
innerhalb der
Union zu unterrichten;
CONV 850/03 69
c)
die aus innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder vorher zwischen den
Mitgliedstaaten ge-
schlossenen
Übereinkünften abgeleiteten Verwaltungsverfahren und -praktiken ausschalten,
deren Beibehaltung
der Niederlassungsfreiheit entgegensteht;
d) dafür Sorge
tragen, dass Arbeitnehmer eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines
ande-
ren Mitgliedstaats
beschäftigt sind, dort verbleiben und eine selbstständige Tätigkeit unter
denselben
Voraussetzungen ausüben können, die sie erfüllen müssten, wenn sie in diesen
Staat erst zu dem
Zeitpunkt einreisen würden, zu dem sie diese Tätigkeit aufzunehmen beab-
sichtigen;
e) den Erwerb und
die Nutzung von Grundbesitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats durch
Angehörige eines
anderen Mitgliedstaats ermöglichen, soweit hierdurch die Grundsätze des
Artikels III-123
Absatz 2 nicht beeinträchtigt werden;
f) veranlassen,
dass bei jedem in Betracht kommenden Wirtschaftszweig die Beschränkungen
der
Niederlassungsfreiheit in Bezug auf die Voraussetzungen für die Errichtung von
Agentu-
ren,
Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats
sowie für den
Eintritt des Personals der Hauptniederlassung in ihre Leitungs- oder Über-
wachungsorgane
schrittweise aufgehoben werden;
g) soweit
erforderlich die Schutzbestimmungen koordinieren, die in den Mitgliedstaaten
den Ge-
sellschaften im Sinne
des Artikels III-27 Absatz 2 im Interesse der Gesellschafter sowie Drit-
ter vorgeschrieben
sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten;
h) sicherstellen,
dass die Bedingungen für die Niederlassung nicht durch Beihilfen der Mitglied-
staaten verfälscht
werden.
Artikel III-24
Auf Tätigkeiten,
die in einem Mitgliedstaat dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher
Gewalt verbunden
sind, findet dieser Unterabschnitt in dem betreffenden Mitgliedstaat keine An-
wendung.
In Europäischen
Gesetzen oder Rahmengesetzen kann vorgesehen werden, dass bestimmte Tätig-
keiten von der
Anwendung dieses Unterabschnitts ausgenommen werden.
Artikel III-25
(1) Dieser
Unterabschnitt und die aufgrund desselben erlassenen Maßnahmen beeinträch-
tigen nicht die
Anwendbarkeit der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die
eine
Sonderregelung für Ausländer vorsehen und aus Gründen der öffentlichen Ordnung,
Sicherheit
oder Gesundheit
gerechtfertigt sind.
(2) Die in Absatz
1 genannten nationalen Vorschriften werden durch Europäische Rahmen-
gesetze
koordiniert.
CONV 850/03 70
Artikel
III-26
(1) Die Aufnahme
und die Ausübung selbstständiger Tätigkeiten werden durch Europäische
Rahmengesetze
erleichtert, die Folgendes zum Ziel haben:
a) die
gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen
Befähigungs-
nachweise;
b) die
Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die
Aufnahme und
Ausübung selbstständiger Tätigkeiten.
(2) Die schrittweise
Aufhebung der Beschränkungen für die ärztlichen, arztähnlichen und
pharmazeutischen
Berufe setzt die Koordinierung der Bedingungen für die Ausübung dieser Berufe
in den einzelnen
Mitgliedstaaten voraus.
Artikel III-27
Für die Anwendung
dieses Unterabschnitts stehen die nach den Rechtsvorschriften eines Mitglied-
staats gegründeten
Gesellschaften, die ihren Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlas-
sung innerhalb der
Union haben, den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitglied-
staaten sind.
Als Gesellschaften
gelten die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts ein-
schließlich der
Genossenschaften und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und
pri-
vaten Rechts mit
Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck verfolgen.
Artikel III-28
Unbeschadet der
sonstigen Bestimmungen der Verfassung stellen die Mitgliedstaaten die Staatsan-
gehörigen der
anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich ihrer Beteiligung am Kapital von
Gesellschaften
im Sinne des
Artikels III-27 den eigenen Staatsangehörigen gleich.
Unterabschnitt 3
Freier
Dienstleistungsverkehr
Artikel III-29
Die Beschränkungen
des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der
Mitgliedstaaten,
die in einem anderen Mitgliedstaat der Union als demjenigen des Leistungsemp-
fängers ansässig
sind, sind nach Maßgabe dieses Unterabschnitts verboten.
Durch Europäische
Gesetze oder Rahmengesetze kann die Anwendung dieses Unterabschnitts auf
Erbringer von
Dienstleistungen ausgedehnt werden, welche die Staatsangehörigkeit eines
dritten
Landes besitzen
und innerhalb der Union ansässig sind.
CONV 850/03 71
Artikel
III-30
Dienstleistungen
im Sinne der Verfassung sind Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt
erbracht
werden, soweit sie
nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die
Freizügigkeit der
Personen unterliegen.
Als
Dienstleistungen gelten insbesondere:
a) gewerbliche
Tätigkeiten,
b) kaufmännische
Tätigkeiten,
c) handwerkliche
Tätigkeiten,
d) freiberufliche
Tätigkeiten.
Unbeschadet des
Unterabschnitts über die Niederlassungsfreiheit kann der Leistende zwecks
Erbringung seiner
Leistungen seine Tätigkeit vorübergehend in dem Mitgliedstaat ausüben, in dem
die Leistung
erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, welche dieser Staat für
seine
eigenen
Angehörigen vorschreibt.
Artikel III-31
(1) Für den freien
Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet des Verkehrs gilt der Abschnitt
über den Verkehr.
(2) Die
Liberalisierung der mit dem Kapitalverkehr verbundenen Dienstleistungen der
Ban-
ken und
Versicherungen wird im Einklang mit der Liberalisierung des Kapitalverkehrs
durchge-
führt.
Artikel III-32
(1) Die Maßnahmen
zur Liberalisierung einer bestimmten Dienstleistung werden durch
Europäische
Rahmengesetze festgelegt. Diese werden nach Anhörung des Wirtschafts- und
Sozial-
ausschusses
erlassen.
(2) Bei den in
Absatz 1 genannten Europäischen Rahmengesetzen sind im Allgemeinen mit
Vorrang diejenigen
Dienstleistungen zu berücksichtigen, welche die Produktionskosten unmittelbar
beeinflussen oder
deren Liberalisierung zur Förderung des Warenverkehrs beiträgt.
Artikel III-33
Die
Mitgliedstaaten sind bereit, über das Ausmaß der Liberalisierung der
Dienstleistungen, zu dem
sie aufgrund der
gemäß Artikel III-29 Absatz 1 erlassenen Europäischen Rahmengesetze verpflich-
tet sind,
hinauszugehen, falls ihre wirtschaftliche Gesamtlage und die Lage des
betreffenden Wirt-
schaftszweigs dies
zulassen.
Die Kommission
richtet entsprechende Empfehlungen an die betreffenden Staaten.
CONV 850/03 72
Artikel
III-34
Solange die
Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs nicht aufgehoben sind, wendet
sie
jeder
Mitgliedstaat ohne Unterscheidung nach Staatsangehörigkeit oder Aufenthaltsort
auf alle Er-
bringer von
Dienstleistungen gemäß Artikel III-29 Absatz 1 an.
Artikel III-35
Die Artikel III-24
bis III-27 finden auf das in diesem Unterabschnitt geregelte Sachgebiet Anwen-
dung.
CONV 850/03 73
ABSCHNITT
3
FREIER
WARENVERKEHR
Unterabschnitt 1
Die Zollunion
Artikel III-36
(1) Die Union
umfasst eine Zollunion, die sich auf den gesamten Warenaustausch erstreckt
und das Verbot
umfasst, zwischen den Mitgliedstaaten Ein- und Ausfuhrzölle und Abgaben
gleicher
Wirkung zu
erheben, sowie die Einführung eines Gemeinsamen Zolltarifs gegenüber dritten
Län-
dern.
(2) Artikel III-38
und Unterabschnitt 3 dieses Abschnitts gelten für die aus den Mitglied-
staaten stammenden
Waren sowie für diejenigen Waren aus dritten Ländern, die sich in den Mit-
gliedstaaten im
freien Verkehr befinden.
Artikel III-37
Als im freien
Verkehr eines Mitgliedstaats befindlich gelten diejenigen Waren aus dritten
Ländern,
für die in dem
betreffenden Mitgliedstaat die Einfuhr-Förmlichkeiten erfüllt sowie die
vorgeschrie-
benen Zölle und
Abgaben gleicher Wirkung erhoben und nicht ganz oder teilweise rückvergütet
worden sind.
Artikel III-38
Ein- und
Ausfuhrzölle oder Abgaben gleicher Wirkung sind zwischen den Mitgliedstaaten
verboten.
Dieses Verbot gilt
auch für Finanzzölle.
Artikel III-39
Der Ministerrat
erlässt auf Vorschlag der Kommission die Verordnungen oder Beschlüsse zur Fest-
setzung der Sätze
des Gemeinsamen Zolltarifs.
CONV 850/03 74
Artikel
III-40
Bei der Ausübung
der ihr aufgrund dieses Unterabschnitts übertragenen Aufgaben geht die Kom-
mission von
folgenden Gesichtspunkten aus:
a) der
Notwendigkeit, den Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten und dritten
Ländern zu
fördern;
b) der Entwicklung
der Wettbewerbsbedingungen innerhalb der Union, soweit diese Entwick-
lung zu einer
Zunahme der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen führt;
c) dem
Versorgungsbedarf der Union an Rohstoffen und Halbfertigwaren; hierbei achtet
die
Kommission darauf,
zwischen den Mitgliedstaaten die Wettbewerbsbedingungen für Fertig-
waren nicht zu
verfälschen;
d) der
Notwendigkeit, ernsthafte Störungen im Wirtschaftsleben der Mitgliedstaaten zu
vermei-
den und eine
rationelle Entwicklung der Erzeugung sowie eine Ausweitung des Verbrauchs
innerhalb der
Union zu gewährleisten.
Unterabschnitt 2
Zusammenarbeit im
Zollwesen
Artikel III-41
Im Rahmen des
Geltungsbereichs der Verfassung werden durch Europäische Gesetze oder Rahmen-
gesetze Maßnahmen
zum Ausbau der Zusammenarbeit im Zollwesen zwischen den Mitgliedstaaten
sowie zwischen den
Mitgliedstaaten und der Kommission festgelegt.
Unterabschnitt 3
Verbot von
mengenmäßigen Beschränkungen
Artikel III-42
Mengenmäßige
Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung
sind zwischen den
Mitgliedstaaten verboten.
CONV 850/03 75
Artikel
III-43
Artikel III-42
steht Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder -beschränkungen nicht ent-
gegen, die aus
Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, zum Schutze der
Ge-
sundheit und des
Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, des nationalen Kulturguts von
künstlerischem,
geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen und kommer-
ziellen Eigentums
gerechtfertigt sind. Diese Verbote oder Beschränkungen dürfen jedoch weder ein
Mittel zur
willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels
zwi-
schen den
Mitgliedstaaten darstellen.
Artikel III-44
(1) Die Mitgliedstaaten
formen ihre staatlichen Handelsmonopole derart um, dass jede Dis-
kriminierung in
den Versorgungs- und Absatzbedingungen zwischen den Angehörigen der Mit-
gliedstaaten
ausgeschlossen ist.
Dieser Artikel
gilt für alle Einrichtungen, durch die ein Mitgliedstaat unmittelbar oder
mittelbar die
Einfuhr oder die
Ausfuhr zwischen den Mitgliedstaaten rechtlich oder tatsächlich kontrolliert,
lenkt
oder merklich
beeinflusst. Er gilt auch für die von einem Staat auf andere Rechtsträger
übertragenen
Monopole.
(2) Die
Mitgliedstaaten unterlassen jede neue Maßnahme, die den in Absatz 1 genannten
Grundsätzen
widerspricht oder die Tragweite der Artikel über das Verbot von Zöllen und
mengen-
mäßigen
Beschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten einengt.
(3) Ist mit einem
staatlichen Handelsmonopol eine Regelung zur Erleichterung des Absat-
zes oder der
Verwertung landwirtschaftlicher Erzeugnisse verbunden, so sollen bei der
Anwendung
dieses Artikels
gleichwertige Sicherheiten für die Beschäftigung und den Lebensstandard der
betreffenden
Erzeuger gewährleistet werden.
CONV 850/03 76
ABSCHNITT
4
DER KAPITAL- UND
ZAHLUNGSVERKEHR
Artikel III-45
Im Rahmen dieses
Abschnitts sind Beschränkungen des Kapital- und des Zahlungsverkehrs zwi-
schen den
Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern
verboten.
Artikel III-46
(1) Artikel III-45
berührt nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen auf dritte Län-
der, die am 31.
Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher Rechtsvorschriften oder von Rechtsvor-
schriften der
Union für den Kapitalverkehr mit dritten Ländern im Zusammenhang mit Direktin-
vestitionen
einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von
Finanzdienstleistungen
oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten bestehen.
(2) Die Maßnahmen
im Zusammenhang mit dem Kapitalverkehr mit dritten Ländern im
Zusammenhang mit
Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlas-
sung, der
Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu
den
Kapitalmärkten
werden durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze festgelegt.
Unbeschadet
sonstiger Bestimmungen der Verfassung bemühen sich das Europäische Parlament
und der
Ministerrat um eine möglichst weit gehende Verwirklichung des Zieles eines
freien Kapi-
talverkehrs
zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern.
(3) In Abweichung
von Absatz 2 können Maßnahmen, die im Rahmen des Unionsrechts für
die
Liberalisierung des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern einen Rückschritt
darstellen, nur durch
ein Europäisches
Gesetz oder Rahmengesetz des Ministerrates festgelegt werden. Der Ministerrat
beschließt
einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
Artikel III-47
(1) Artikel III-45
berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten,
a) die
einschlägigen Bestimmungen ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige
mit
unterschiedlichem
Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln,
b) die
unerlässlichen Bestimmungen zu erlassen, um Zuwiderhandlungen gegen
innerstaatliche
Rechts- und
Verwaltungsvorschriften, insbesondere auf dem Gebiet des Steuerrechts und der
Aufsicht über
Finanzinstitute, zu verhindern, sowie Meldeverfahren für den Kapitalverkehr
zwecks
administrativer oder statistischer Information vorzusehen oder Maßnahmen zu
erlas-
sen, die aus
Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind.
CONV 850/03 77
(2)
Dieser Abschnitt berührt nicht die Anwendbarkeit von Beschränkungen des
Niederlas-
sungsrechts, die
mit der Verfassung vereinbar sind.
(3) Die in den
Absätzen 1 und 2 genannten Maßnahmen und Verfahren dürfen weder ein
Mittel zur
willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien
Kapital-
und
Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels III-45 darstellen.
Artikel III-48
Falls
Kapitalbewegungen nach oder aus dritten Ländern unter außergewöhnlichen Umständen
das
Funktionieren der
Wirtschafts- und Währungsunion schwerwiegend stören oder zu stören drohen,
kann der
Ministerrat auf Vorschlag der Kommission Verordnungen oder Beschlüsse zur
Einführung
von
Schutzmaßnahmen gegenüber dritten Ländern mit einer Geltungsdauer von höchstens
sechs
Monaten erlassen,
wenn diese unbedingt erforderlich sind. Er beschließt nach Anhörung der Euro-
päischen
Zentralbank.
Artikel III-49
Sofern dies
notwendig ist, um die Ziele des Artikels III-158, insbesondere in Bezug auf die
Verhü-
tung und
Bekämpfung von organisierter Kriminalität, Terrorismus und Menschenhandel zu
ver-
wirklichen, kann
durch Europäische Gesetze ein Rahmen für Maßnahmen in Bezug auf Kapitalbe-
wegungen und
Zahlungen geschaffen werden, wozu das Einfrieren von Geldern, finanziellen Ver-
mögenswerten oder
wirtschaftlichen Erträgen gehören kann, deren Besitzer oder Eigentümer natür-
liche oder
juristische Personen, Gruppen oder nichtstaatliche Einheiten sind.
Zur Durchführung
der in Absatz 1 genannten Gesetze erlässt der Ministerrat auf Vorschlag der
Kommission
Europäische Verordnungen oder Beschlüsse.
CONV 850/03 78
ABSCHNITT
5
WETTBEWERBSREGELN
Unterabschnitt 1
Vorschriften für
Unternehmen
Artikel III-50
(1) Mit dem
Binnenmarkt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen
Unternehmen,
Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhal-
tensweisen, welche
den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine
Verhinderung,
Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarktes
bezwecken oder
bewirken, insbesondere
a) die
unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder
sonstiger Ge-
schäftsbedingungen;
b) die Einschränkung
oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung
oder der
Investitionen;
c) die Aufteilung
der Märkte oder Versorgungsquellen;
d) die Anwendung
unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber
Handelspartnern,
wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;
e) die an den
Abschluss von Verträgen geknüpfte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätz-
liche Leistungen
annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum
Vertragsgegenstand
stehen.
(2) Die nach
diesem Artikel verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse sind nichtig.
(3) Absatz 1 kann
jedoch für nicht anwendbar erklärt werden auf
- Vereinbarungen oder Gruppen von
Vereinbarungen zwischen Unternehmen,
- Beschlüsse oder Gruppen von Beschlüssen von
Unternehmensvereinigungen,
- aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen oder
Gruppen von solchen, die unter angemesse-
ner Beteiligung
der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Waren-
erzeugung oder
-verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fort-
schritts
beitragen, ohne dass den beteiligten Unternehmen
a) Beschränkungen
auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich
sind, oder
CONV 850/03 79
b)
Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden
Waren den
Wettbewerb
auszuschalten.
Artikel III-51
Mit dem
Binnenmarkt unvereinbar und verboten ist die missbräuchliche Ausnutzung einer
beherr-
schenden Stellung
auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder
mehrere
Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten
zu be-
einträchtigen.
Dieser Missbrauch
kann insbesondere in Folgendem bestehen:
a) der
unmittelbaren oder mittelbaren Erzwingung von unangemessenen Einkaufs- oder
Ver-
kaufspreisen oder
sonstigen Geschäftsbedingungen;
b) der
Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung zum
Schaden der
Verbraucher;
c) der Anwendung
unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber
Handelspartnern,
wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;
d) der an den
Abschluss von Verträgen geknüpften Bedingung, dass die Vertragspartner zusätz-
liche Leistungen
annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum
Vertragsgegenstand
stehen.
Artikel III-52
(1) Der
Ministerrat erlässt auf Vorschlag der Kommission die Europäischen Verordnungen
zur Verwirklichung
der in den Artikeln III-50 und III-51 niedergelegten Grundsätze. Er beschließt
nach Anhörung des
Europäischen Parlaments.
(2) Die in Absatz
1 vorgesehenen Europäischen Verordnungen bezwecken insbesondere:
a) die Beachtung
der in Artikel III-50 Absatz 1 und Artikel III-51 genannten Verbote durch die
Einführung von
Geldbußen und Zwangsgeldern zu gewährleisten;
b) die
Einzelheiten der Anwendung des Artikels III-50 Absatz 3 festzulegen; dabei ist
dem Er-
fordernis einer
wirksamen Überwachung bei möglichst einfacher Verwaltungskontrolle
Rechnung zu
tragen;
c) gegebenenfalls
den Anwendungsbereich der Artikel III-50 und III-51 für die einzelnen Wirt-
schaftszweige
näher zu bestimmen;
d) die Aufgaben
der Kommission und des Gerichtshofs bei der Anwendung der in diesem Absatz
vorgesehenen
Vorschriften gegeneinander abzugrenzen;
e) das Verhältnis
zwischen den innerstaatlichen Rechtsvorschriften einerseits und diesem Ab-
schnitt sowie den
aufgrund dieses Artikels erlassenen Europäischen Verordnungen anderer-
seits festzulegen.
CONV 850/03 80
Artikel
III-53
Bis zum
Inkrafttreten der gemäß Artikel III-52 erlassenen Europäischen Verordnungen
entscheiden
die Behörden der
Mitgliedstaaten im Einklang mit ihrem innerstaatlichen Recht und den Arti-
keln III-50,
insbesondere Absatz 3, und III-51 über die Zulässigkeit von Vereinbarungen,
Beschlüs-
sen und
aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen sowie über die missbräuchliche
Ausnutzung
einer
beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt.
Artikel III-54
(1) Unbeschadet
des Artikels III-53 achtet die Kommission auf die Verwirklichung der in
den Artikeln
III-50 und III-51 niedergelegten Grundsätze. Sie untersucht auf Antrag eines
Mit-
gliedstaats oder
von Amts wegen in Verbindung mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten,
die ihr Amtshilfe
zu leisten haben, die Fälle, in denen Zuwiderhandlungen gegen diese Grundsätze
vermutet werden.
Stellt sie eine Zuwiderhandlung fest, so schlägt sie geeignete Mittel vor, um
diese
abzustellen.
(2) Wird die
Zuwiderhandlung nicht abgestellt, so erlässt die Kommission einen mit Grün-
den versehenen
Europäischen Beschluss, in dem festgestellt wird, dass eine Zuwiderhandlung ge-
gen die Grundsätze
vorliegt. Sie kann ihren Beschluss veröffentlichen und die Mitgliedstaaten er-
mächtigen, die
erforderlichen Bestimmungen zur Ergreifung von Abhilfemaßnahmen zu erlassen,
deren Bedingungen
und Einzelheiten sie festlegt.
(3) Die Kommission
kann Europäische Verordnungen zu den Gruppen von Vereinbarungen
erlassen, bei
denen der Ministerrat gemäß Artikel III-52 Absatz 2 Buchstabe b gehandelt hat.
Artikel III-55
(1) Die
Mitgliedstaaten werden in Bezug auf öffentliche Unternehmen und auf Unterneh-
men, denen sie
besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, keine den Bestimmungen der Ver-
fassung und
insbesondere deren Artikel I-4 Absatz 2 und den Artikeln III-55 bis III-58
widerspre-
chende Maßnahmen
treffen oder beibehalten.
(2) Für
Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem
Interesse
betraut sind oder
den Charakter eines Finanzmonopols haben, gelten die Bestimmungen der Verfas-
sung, insbesondere
die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Bestimmungen nicht die
Erfüllung der
ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die
Entwicklung des
Handelsverkehrs darf nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Inte-
resse der Union
zuwiderläuft.
(3) Die Kommission
achtet auf die Anwendung dieses Artikels und erlässt erforderlichen-
falls geeignete
Europäische Verordnungen oder Beschlüsse.
CONV 850/03 81
Unterabschnitt
2
Beihilfen der
Mitgliedstaaten
Artikel III-56
(1) Soweit in der
Verfassung nicht etwas anderes bestimmt ist, sind Beihilfen der Mitglied-
staaten oder aus
staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die
Begünsti-
gung bestimmter
Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu ver-
fälschen drohen,
mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaa-
ten
beeinträchtigen.
(2) Mit dem
Binnenmarkt vereinbar sind:
a) Beihilfen
sozialer Art an einzelne Verbraucher, wenn sie ohne Diskriminierung nach der
Her-
kunft der Waren
gewährt werden;
b) Beihilfen zur
Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außerge-
wöhnliche
Ereignisse entstanden sind;
c) Beihilfen für
die Wirtschaft bestimmter, durch die Teilung Deutschlands betroffener Gebiete
der Bundesrepublik
Deutschland, soweit sie zum Ausgleich der durch die Teilung verursach-
ten
wirtschaftlichen Nachteile erforderlich sind.
(3) Als mit dem
Binnenmarkt vereinbar können angesehen werden:
a) Beihilfen zur
Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen der
Lebensstandard
außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung
herrscht;
b) Beihilfen zur
Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse oder
zur Behebung einer
beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats;
c) Beihilfen zur
Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschafts-
gebiete, soweit
sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemein-
samen Interesse
zuwiderläuft;
d) Beihilfen zur
Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes, soweit sie die
Handels- und
Wettbewerbsbedingungen in der Union nicht in einem Maß beeinträchtigen, das
dem gemeinsamen
Interesse zuwiderläuft;
e) sonstige Arten
von Beihilfen, die durch vom Ministerrat auf Vorschlag der Kommission erlas-
sene Europäische
Verordnungen oder Beschlüsse bestimmt werden.
CONV 850/03 82
Artikel
III-57
(1) Die Kommission
überprüft fortlaufend in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die
in diesen
bestehenden Beihilferegelungen. Sie schlägt ihnen die zweckdienlichen Maßnahmen
vor,
welche die
fortschreitende Entwicklung und das Funktionieren des Binnenmarkts erfordern.
(2) Stellt die
Kommission fest, nachdem sie den Beteiligten eine Frist zur Äußerung gesetzt
hat, dass eine von
einem Mitgliedstaat oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe mit dem Bin-
nenmarkt nach Artikel
III-56 unvereinbar ist oder dass sie missbräuchlich angewandt wird, so er-
lässt sie einen
Europäischen Beschluss, der darauf abzielt, dass der betreffende Staat sie
binnen
einer von ihr
bestimmten Frist aufhebt oder umgestaltet.
Kommt der
betreffende Staat diesem Europäischen Beschluss innerhalb der festgesetzten
Frist nicht
nach, so kann die
Kommission oder jeder betroffene Mitgliedstaat in Abweichung von den Arti-
keln III-265 und
III-266 den Gerichtshof unmittelbar anrufen.
Der Ministerrat
kann einstimmig auf Antrag eines Mitgliedstaats einen Europäischen Beschluss
er-
lassen, dem
zufolge eine von diesem Staat gewährte oder geplante Beihilfe in Abweichung von
Ar-
tikel III 56 oder
von den in Artikel III-58 vorgesehenen Europäischen Verordnungen als mit dem
Binnenmarkt
vereinbar gilt, wenn außergewöhnliche Umstände einen solchen Beschluss
rechtfer-
tigen. Hat die
Kommission bezüglich dieser Beihilfe das in Unterabsatz 1 dieses Absatzes
vorgese-
hene Verfahren
bereits eingeleitet, so bewirkt der Antrag des betreffenden Staates an den
Minister-
rat die Aussetzung
dieses Verfahrens, bis der Ministerrat sich geäußert hat.
Äußert sich der
Ministerrat nicht binnen drei Monaten nach Antragstellung, so entscheidet die
Kommission.
(3) Die Kommission
wird von den Mitgliedstaaten über jede beabsichtigte Einführung oder
Umgestaltung von
Beihilfen so rechtzeitig unterrichtet, dass sie sich dazu äußern kann. Ist sie
der
Auffassung, dass
ein derartiges Vorhaben nach Artikel III-56 mit dem Binnenmarkt unvereinbar
ist,
so leitet sie
unverzüglich das in Absatz 2 vorgesehene Verfahren ein. Der betreffende
Mitgliedstaat
darf die
beabsichtigten Maßnahmen nicht durchführen, bevor dieses Verfahren zu einem
abschlie-
ßenden Beschluss
geführt hat.
(4) Die Kommission
kann Europäische Verordnungen zu den Arten von staatlichen Bei-
hilfen erlassen,
die - wie vom Ministerrat gemäß Artikel III-55 festgelegt - von dem Verfahren
nach
Absatz 3
ausgenommen werden können.
Artikel III-58
Der Ministerrat
kann auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen zur Durchführung
der Artikel III-56
und III-57 und insbesondere zur Festlegung der Bedingungen für die Anwendung
des Artikels
III-57 Absatz 3 sowie zur Festlegung derjenigen Arten von Beihilfen erlassen,
die von
diesem Verfahren
ausgenommen sind. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
CONV 850/03 83
ABSCHNITT
6
STEUERLICHE
VORSCHRIFTEN
Artikel III-59
Die
Mitgliedstaaten erheben auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten weder unmittelbar
noch mittel-
bar höhere
inländische Abgaben gleich welcher Art, als gleichartige inländische Waren
unmittelbar
oder mittelbar zu
tragen haben.
Die
Mitgliedstaaten erheben auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten keine
inländischen Abgaben,
die geeignet sind,
andere Produktionen mittelbar zu schützen.
Artikel III-60
Werden Waren aus
einem Mitgliedstaat in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ausge-
führt, so darf die
Rückvergütung für inländische Abgaben nicht höher sein als die auf die ausge-
führten Waren
mittelbar oder unmittelbar erhobenen inländischen Abgaben.
Artikel III-61
Für Abgaben außer
Umsatzsteuern, Verbrauchsabgaben und sonstigen indirekten Steuern sind Ent-
lastungen und
Rückvergütungen bei der Ausfuhr nach anderen Mitgliedstaaten sowie Ausgleichs-
abgaben bei der
Einfuhr aus den Mitgliedstaaten nur zulässig, soweit der Ministerrat die
betreffen-
den Bestimmungen
vorher durch einen auf Vorschlag der Kommission erlassenen Europäischen
Beschluss für eine
begrenzte Frist genehmigt hat.
Artikel III-62
(1) Durch ein
Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Ministerrates werden Maßnah-
men zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern, die Verbrauchsabgaben
und sonstige
indirekte Steuern festgelegt, soweit diese Harmonisierung für das Funktionieren
des
Binnenmarkts und
die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen notwendig ist. Der Ministerrat
beschließt
einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und
Sozi-
alausschusses.
(2) Stellt der
Ministerrat auf Vorschlag der Kommission einstimmig fest, dass Maßnahmen
nach Absatz 1 die
Zusammenarbeit zwischen den Behörden oder die Bekämpfung der Steuerhinter-
ziehung und der illegalen
Steuerverkürzung betreffen, beschließt er abweichend von Absatz 1 mit
qualifizierter
Mehrheit, wenn er das betreffende Europäische Gesetz oder Rahmengesetz über
diese
Maßnahmen erlässt.
CONV 850/03 84
Artikel
III-63
Stellt der
Ministerrat auf Vorschlag der Kommission einstimmig fest, dass Maßnahmen zur
Körper-
schaftssteuer die
Zusammenarbeit zwischen den Behörden oder die Bekämpfung von Steuerbetrug
und illegaler
Steuerflucht betreffen, erlässt er mit qualifizierter Mehrheit ein Europäisches
Gesetz
oder Rahmengesetz
zur Festlegung dieser Maßnahmen, soweit sie für das Funktionieren des Bin-
nenmarkts und die
Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen notwendig sind.
Das betreffende
Gesetz oder Rahmengesetz wird nach Anhörung des Europäischen Parlaments und
des Wirtschafts-
und Sozialausschusses erlassen.
ABSCHNITT 7
ANGLEICHUNG DER
RECHTSVORSCHRIFTEN
Artikel III-64
Unbeschadet des
Artikels III-62 werden die Maßnahmen zur Angleichung derjenigen Rechts- und
Verwaltungsvorschriften
der Mitgliedstaaten, die sich unmittelbar auf die Errichtung oder das
Funktionieren des
Binnenmarkts auswirken, durch ein Europäisches Rahmengesetz des Minister-
rates festgelegt.
Der Ministerrat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parla-
ments und des
Wirtschafts- und Sozialausschusses.
Artikel III-65
(1) Soweit in der
Verfassung nichts anderes bestimmt ist, gilt dieser Artikel für die Ver-
wirklichung der
Ziele des Artikels III-14. Die Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Ver-
waltungsvorschriften
der Mitgliedstaaten, welche die Errichtung und das Funktionieren des Bin-
nenmarkts zum
Gegenstand haben, werden durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze fest-
gelegt. Diese
werden nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
(2) Absatz 1 gilt
nicht für die Bestimmungen über die Steuern, die Bestimmungen über die
Freizügigkeit und
die Bestimmungen über die Rechte und Interessen der Arbeitnehmer.
(3) Die Kommission
geht in ihren gemäß Absatz 1 in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit,
Umweltschutz und
Verbraucherschutz vorgelegten Vorschlägen von einem hohen Schutzniveau aus
und berücksichtigt
dabei insbesondere alle auf wissenschaftliche Ergebnisse gestützten neuen
Entwicklungen. Im
Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse streben das Europäische Parlament und der
Ministerrat dieses
Ziel ebenfalls an.
(4) Hält es ein
Mitgliedstaat nach Erlass einer Harmonisierungsmaßnahme durch ein Euro-
päisches Gesetz
oder Rahmengesetz oder durch eine Europäische Verordnung der Kommission für
erforderlich,
einzelstaatliche Bestimmungen beizubehalten, die durch wichtige Erfordernisse
im
Sinne des Artikels
III-43 oder in Bezug auf den Schutz der Arbeitsumwelt oder den Umweltschutz
gerechtfertigt
sind, so teilt er diese Bestimmungen sowie die Gründe für ihre Beibehaltung der
Kommission mit.
CONV 850/03 85
(5)
Unbeschadet des Absatzes 4 teilt ein Mitgliedstaat, der es nach Erlass einer
Harmonisie-
rungsmaßnahme
durch ein Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz oder durch eine Europäische
Verordnung der
Kommission für erforderlich hält, auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse ge-
stützte
einzelstaatliche Bestimmungen zum Schutz der Umwelt oder der Arbeitsumwelt
aufgrund
eines spezifischen
Problems für diesen Mitgliedstaat, das sich nach dem Erlass der Harmonisie-
rungsmaßnahme
ergibt, einzuführen, der Kommission die in Aussicht genommenen Bestimmungen
sowie die
entsprechende Begründung mit.
(6) Die Kommission
erlässt binnen sechs Monaten nach den Mitteilungen gemäß den Ab-
sätzen 4 und 5
einen Europäischen Beschluss, in dem die betreffenden einzelstaatlichen Bestim-
mungen gebilligt
oder abgelehnt werden, nachdem sie geprüft hat, ob sie ein Mittel zur willkür-
lichen
Diskriminierung und eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den
Mitglied-
staaten darstellen
und ob sie das Funktionieren des Binnenmarkts behindern.
Erlässt die
Kommission innerhalb dieses Zeitraums keinen Beschluss, so gelten die in den
Absät-
zen 4 und 5
genannten einzelstaatlichen Bestimmungen als gebilligt.
Sofern dies
aufgrund eines schwierigen Sachverhalts gerechtfertigt ist und keine Gefahr für
die
menschliche
Gesundheit besteht, kann die Kommission dem betreffenden Mitgliedstaat
mitteilen,
dass der in diesem
Absatz genannte Zeitraum gegebenenfalls um einen weiteren Zeitraum von bis
zu sechs Monaten
verlängert wird.
(7) Wird es einem
Mitgliedstaat nach Absatz 6 gestattet, von der Harmonisierungsmaß-
nahme abweichende
einzelstaatliche Bestimmungen beizubehalten oder einzuführen, so prüft die
Kommission
unverzüglich, ob sie eine Anpassung dieser Maßnahme vorschlägt.
(8) Stellt sich
einem Mitgliedstaat in einem Bereich, der zuvor bereits Gegenstand von
Harmonisierungsmaßnahmen
war, ein spezielles Gesundheitsproblem, so teilt er dies der Kommis-
sion mit, die
umgehend prüft, ob sie entsprechende Maßnahmen vorschlägt.
(9) Abweichend von
dem Verfahren der Artikel III-265 und III-266 kann die Kommission
oder ein
Mitgliedstaat den Gerichtshof unmittelbar anrufen, wenn die Kommission oder der
Staat
der Auffassung
ist, dass ein anderer Mitgliedstaat die in diesem Artikel vorgesehenen
Befugnisse
missbraucht.
(10) Die in diesem
Artikel genannten Harmonisierungsmaßnahmen sind in geeigneten Fällen
mit einer
Schutzklausel verbunden, welche die Mitgliedstaaten ermächtigt, aus einem oder
mehre-
ren der in Artikel
III-43 genannten nichtwirtschaftlichen Gründe vorläufige Bestimmungen zu
erlassen, die
einem Kontrollverfahren der Union unterliegen.
Artikel III-66
Stellt die
Kommission fest, dass Unterschiede in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften
der Mit-
gliedstaaten die
Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt verfälschen und eine Verzerrung her-
vorrufen, die zu
beseitigen ist, so berät sie sich mit den betreffenden Mitgliedstaaten.
Führen diese
Beratungen nicht zu einem Einvernehmen, so wird die betreffende Verzerrung
durch
ein Europäisches
Rahmengesetz beseitigt. Es können alle sonstigen in der Verfassung vorgesehenen
zweckdienlichen
Maßnahmen erlassen werden.
CONV 850/03 86
Artikel
III-67
(1) Ist zu
befürchten, dass der Erlass oder die Änderung einer einzelstaatlichen Rechts-
oder
Verwaltungsvorschrift
eine Verzerrung im Sinne des Artikels III-66 verursacht, so setzt sich der
Mitgliedstaat, der
diese Maßnahme beabsichtigt, mit der Kommission ins Benehmen. Diese richtet
nach Beratung mit
den Mitgliedstaaten an die beteiligten Staaten eine Empfehlung betreffend die
zur Vermeidung
dieser Verzerrung geeigneten Maßnahmen.
(2) Kommt der
Mitgliedstaat, der innerstaatliche Vorschriften erlassen oder ändern will, der
an ihn gerichteten
Empfehlung der Kommission nicht nach, so kann nicht gemäß Artikel III-66
verlangt werden,
dass die anderen Mitgliedstaaten ihre innerstaatlichen Vorschriften ändern, um
die
Verzerrung zu
beseitigen. Verursacht ein Mitgliedstaat, der die Empfehlung der Kommission
außer
Acht lässt, eine
Verzerrung lediglich zu seinem eigenen Nachteil, so findet Artikel III-63 keine
Anwendung.
Artikel III-68
Im Rahmen der
Verwirklichung des Binnenmarkts werden durch Europäische Gesetze oder Rah-
mengesetze
Maßnahmen zur Schaffung europäischer Rechtstitel über einen einheitlichen
Schutz der
Rechte des
geistigen Eigentums in der Union, sowie zur Einführung von zentralisierten
Zulas-
sungs-,
Koordinierungs- und Kontrollregelungen auf Unionsebene festgelegt.
Die
Sprachenregelungen für die europäischen Rechtstitel werden durch ein
Europäisches Gesetz des
Ministerrates festgelegt.
Dieser beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parla-
ments.
CONV 850/03 87
KAPITEL
II
WIRTSCHAFTS-
UND WÄHRUNGSPOLITIK
Artikel III-69
(1) Die Tätigkeit
der Mitgliedstaaten und der Union im Sinne des Artikels I-3 umfasst nach
Maßgabe der
Verfassung die Einführung einer Wirtschaftspolitik, die auf einer engen
Koordinie-
rung der
Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten, dem Binnenmarkt und der Festlegung
gemeinsamer
Ziele beruht und
dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet
ist.
(2) Parallel dazu
umfasst diese Tätigkeit nach Maßgabe der Verfassung und der darin vor-
gesehenen
Verfahren eine einheitliche Währung, den Euro, sowie die Festlegung und
Durchführung
einer
einheitlichen Geld- sowie Wechselkurspolitik, die beide vorrangig das Ziel der
Preisstabilität
verfolgen und
unbeschadet dieses Zieles die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union unter
Be-
achtung des
Grundsatzes einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb unterstützen
sollen.
(3) Diese
Tätigkeit der Mitgliedstaaten und der Union setzt die Einhaltung der folgenden
richtungweisenden
Grundsätze voraus: stabile Preise, gesunde öffentliche Finanzen und monetäre
Rahmenbedingungen
sowie eine dauerhaft finanzierbare Zahlungsbilanz.
ABSCHNITT 1
DIE
WIRTSCHAFTSPOLITIK
Artikel III-70
Die
Mitgliedstaaten richten ihre Wirtschaftspolitik so aus, dass sie im Rahmen der
in Artikel III-71
Absatz 2 genannten
Grundzüge zur Verwirklichung der Ziele der Union im Sinne des Artikels I-3
beitragen. Die
Mitgliedstaaten und die Union handeln im Einklang mit dem Grundsatz einer
offenen
Marktwirtschaft
mit freiem Wettbewerb, wodurch ein effizienter Einsatz der Ressourcen gefördert
wird, und halten
sich dabei an die in Artikel III-69 genannten Grundsätze.
Artikel III-71
(1) Die
Mitgliedstaaten betrachten ihre Wirtschaftspolitik als eine Angelegenheit von
ge-
meinsamem
Interesse und koordinieren sie im Ministerrat nach Maßgabe des Artikels III-70.
(2) Der
Ministerrat erstellt auf Empfehlung der Kommission einen Entwurf für die Grund-
züge der
Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union und erstattet dem
Europäischen Rat
hierüber Bericht.
CONV 850/03 88
Der
Europäische Rat erörtert auf der Grundlage dieses Berichts des Ministerrates
eine Schlussfolge-
rung zu den
Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union. Auf der
Grund-
lage dieser
Schlussfolgerung gibt der Ministerrat eine Empfehlung ab, in der diese
Grundzüge dar-
gelegt werden. Er
unterrichtet das Europäische Parlament davon.
(3) Um eine engere
Koordinierung der Wirtschaftspolitik und eine dauerhafte Konvergenz
der
Wirtschaftsleistungen der Mitgliedstaaten zu gewährleisten, überwacht der
Ministerrat anhand
von Berichten der
Kommission die wirtschaftliche Entwicklung in jedem Mitgliedstaat und in der
Union sowie die
Vereinbarkeit der Wirtschaftspolitik mit den in Absatz 2 genannten Grundzügen
und nimmt in
regelmäßigen Abständen eine Gesamtbewertung vor.
Zum Zwecke dieser
multilateralen Überwachung übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission
Angaben zu
wichtigen einzelstaatlichen Bestimmungen auf dem Gebiet ihrer
Wirtschaftspolitik so-
wie weitere von
ihnen für erforderlich erachtete Angaben.
(4) Wird im Rahmen
des Verfahrens nach Absatz 3 festgestellt, dass die Wirtschaftspolitik
eines
Mitgliedstaats nicht mit den in Absatz 2 genannten Grundzügen vereinbar ist
oder das ord-
nungsgemäße
Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion zu gefährden droht, so kann
die
Kommission an den
betreffenden Mitgliedstaat eine Verwarnung richten. Der Ministerrat kann auf
Empfehlung der
Kommission die erforderlichen Empfehlungen an den betreffenden Mitgliedstaat
richten. Der Ministerrat
kann auf Vorschlag der Kommission beschließen, seine Empfehlungen zu
veröffentlichen.
Der Ministerrat
beschließt im Rahmen dieses Absatzes ohne Berücksichtigung des Stimmrechts des
Vertreters des
betreffenden Mitgliedstaats; als qualifizierte Mehrheit gilt die Mehrheit der
Stimmen
der übrigen
Mitgliedstaaten, sofern diese mindestens drei Fünftel der Bevölkerung dieser
Staaten
repräsentiert.
(5) Der Präsident
des Ministerrates und die Kommission erstatten dem Europäischen Par-
lament über die
Ergebnisse der multilateralen Überwachung Bericht. Der Präsident des Minister-
rates kann ersucht
werden, vor dem zuständigen Ausschuss des Europäischen Parlaments zu er-
scheinen, wenn der
Ministerrat seine Empfehlungen veröffentlicht hat.
(6) Die
Einzelheiten des Verfahrens der multilateralen Überwachung im Sinne der Ab-
sätze 3 und 4
können durch Europäische Gesetze festgelegt werden.
Artikel III-72
(1) Unbeschadet
der sonstigen in der Verfassung vorgesehenen Verfahren kann der Minis-
terrat auf
Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss erlassen, in dem die der
Wirt-
schaftslage
angemessenen Maßnahmen festgelegt werden, insbesondere falls gravierende
Schwie-
rigkeiten in der
Versorgung mit bestimmten Waren auftreten.
(2) Ist ein
Mitgliedstaat aufgrund von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereig-
nissen, die sich
seiner Kontrolle entziehen, von Schwierigkeiten betroffen oder von gravierenden
Schwierigkeiten
ernstlich bedroht, so kann der Ministerrat auf Vorschlag der Kommission einen
Europäischen
Beschluss erlassen, durch den dem betreffenden Mitgliedstaat unter bestimmten
Be-
dingungen
finanzieller Beistand durch die Union gewährt wird. Der Präsident des
Ministerrates un-
terrichtet das
Europäische Parlament davon.
CONV 850/03 89
Artikel
III-73
(1) Überziehungs-
oder andere Kreditfazilitäten bei der Europäischen Zentralbank oder den
Zentralbanken der
Mitgliedstaaten (im Folgenden als "nationale Zentralbanken"
bezeichnet) für Or-
gane,
Einrichtungen, Ämter oder Agenturen der Union, Zentralregierungen, regionale
oder lokale
Gebietskörperschaften
oder andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, sonstige Einrichtungen des
öffentlichen
Rechts oder öffentliche Unternehmen der Mitgliedstaaten sind ebenso verboten
wie der
unmittelbare Erwerb
von Schuldtiteln von diesen durch die Europäische Zentralbank oder die natio-
nalen
Zentralbanken.
(2) Absatz 1 gilt
nicht für Kreditinstitute in öffentlichem Eigentum; diese werden von der
jeweiligen
nationalen Zentralbank und der Europäischen Zentralbank, was die Bereitstellung
von
Zentralbankgeld
betrifft, wie private Kreditinstitute behandelt.
Artikel III-74
(1) Maßnahmen und
Bestimmungen, die nicht aus aufsichtsrechtlichen Gründen erlassen
werden und einen
bevorrechtigten Zugang der Organe, Einrichtungen, Ämter oder Agenturen der
Union, der
Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder
anderen öf-
fentlichrechtlichen
Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffent-
licher Unternehmen
der Mitgliedstaaten zu den Finanzinstituten schaffen, sind verboten.
(2) Der
Ministerrat kann auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder
Beschlüsse zur
Festlegung der Begriffsbestimmungen für die Anwendung des in Absatz 1 vorgese-
henen Verbots erlassen.
Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
Artikel III-75
(1) Die Union
haftet nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen
oder lokalen
Gebietskörperschaften oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften,
sonstiger
Einrichtungen des
öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen von Mitgliedstaaten und tritt
nicht für
derartige Verbindlichkeiten ein; dies gilt unbeschadet der gegenseitigen
finanziellen
Garantien für die
gemeinsame Durchführung eines bestimmten Vorhabens. Ein Mitgliedstaat haftet
nicht für die
Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen
Gebietskörper-
schaften oder
anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des
öffent-
lichen Rechts oder
öffentlicher Unternehmen eines anderen Mitgliedstaats und tritt nicht für der-
artige
Verbindlichkeiten ein; dies gilt unbeschadet der gegenseitigen finanziellen
Garantien für die
gemeinsame
Durchführung eines bestimmten Vorhabens.
(2) Der
Ministerrat kann auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder
Beschlüsse zur
Festlegung der Begriffsbestimmungen für die Anwendung der in Artikel III-73 und
in diesem Artikel
vorgesehenen Verbote erlassen. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen
Parlaments.
CONV 850/03 90
Artikel
III-76
(1) Die
Mitgliedstaaten vermeiden übermäßige öffentliche Defizite.
(2) Die Kommission
überwacht die Entwicklung der Haushaltslage und der Höhe des
öffentlichen
Schuldenstands in den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Feststellung
schwerwiegen-
der Fehler.
Insbesondere prüft sie die Einhaltung der Haushaltsdisziplin anhand von zwei
Kriterien,
nämlich daran,
a) ob das
Verhältnis des geplanten oder tatsächlichen öffentlichen Defizits zum
Bruttoinlands-
produkt einen
bestimmten Referenzwert überschreitet, es sei denn, dass
i) entweder das
Verhältnis erheblich und laufend zurückgegangen ist und einen Wert in
der Nähe des
Referenzwerts erreicht hat
ii) oder der
Referenzwert nur ausnahmsweise und vorübergehend überschritten wird und
das Verhältnis in
der Nähe des Referenzwerts bleibt,
b) ob das
Verhältnis des öffentlichen Schuldenstands zum Bruttoinlandsprodukt einen
bestimm-
ten Referenzwert
überschreitet, es sei denn, dass das Verhältnis hinreichend rückläufig ist und
sich rasch genug
dem Referenzwert nähert.
Die Referenzwerte
werden in einem Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit
im Einzelnen
festgelegt.
(3) Erfüllt ein
Mitgliedstaat keines oder nur eines dieser Kriterien, so erstellt die Kommis-
sion einen
Bericht. In diesem Bericht wird berücksichtigt, ob das öffentliche Defizit die
öffentlichen
Ausgaben für
Investitionen übertrifft; berücksichtigt werden ferner alle sonstigen
einschlägigen
Faktoren,
einschließlich der mittelfristigen Wirtschafts- und Haushaltslage des
Mitgliedstaats.
Die Kommission
kann ferner einen Bericht erstellen, wenn sie ungeachtet der Erfüllung der
Krite-
rien der
Auffassung ist, dass in einem Mitgliedstaat die Gefahr eines übermäßigen
Defizits besteht.
(4) Der
Wirtschafts- und Finanzausschuss gibt eine Stellungnahme zu dem Bericht der
Kommission ab.
(5) Ist die
Kommission der Auffassung, dass in einem Mitgliedstaat ein übermäßiges Defi-
zit besteht oder
sich ergeben könnte, so legt sie dem betreffenden Mitgliedstaat eine
Stellungnahme
vor.
(6) Der
Ministerrat entscheidet auf Vorschlag der Kommission unter Berücksichtigung der
Bemerkungen, die
der betreffende Mitgliedstaat gegebenenfalls abzugeben wünscht, sowie nach
Prüfung der
Gesamtlage darüber, ob ein übermäßiges Defizit besteht. In diesem Fall nimmt
der
Ministerrat nach
denselben Verfahren Empfehlungen an, die er an den betreffenden Mitgliedstaat
richtet mit dem
Ziel, dieser Lage innerhalb einer bestimmten Frist abzuhelfen. Vorbehaltlich
des
Absatzes 8 werden
diese Empfehlungen nicht veröffentlicht.
Der Ministerrat
beschließt im Rahmen dieses Absatzes ohne Berücksichtigung des Stimmrechts des
Vertreters des
betreffenden Mitgliedstaats; als qualifizierte Mehrheit gilt die Mehrheit der
übrigen
Mitgliedstaaten,
sofern diese mindestens drei Fünftel der Bevölkerung dieser Staaten
repräsentiert.
CONV 850/03 91
(7)
Der Ministerrat erlässt auf Empfehlung der Kommission die Europäischen
Beschlüsse
und Empfehlungen
nach den Absätzen 8 bis 11. Er beschließt ohne Berücksichtigung des Stimm-
rechts des
Vertreters des betreffenden Mitgliedstaats; als qualifizierte Mehrheit gilt die
Mehrheit der
übrigen
Mitgliedstaaten, sofern diese mindestens drei Fünftel der Bevölkerung dieser
Staaten reprä-
sentiert.
(8) Stellt der
Ministerrat fest, dass seine Empfehlungen innerhalb der gesetzten Frist keine
wirksamen
Maßnahmen ausgelöst haben, so kann er seine Empfehlungen veröffentlichen.
(9) Falls ein
Mitgliedstaat den Empfehlungen des Ministerrates weiterhin nicht Folge leis-
tet, kann der
Ministerrat einen Europäischen Beschluss erlassen, durch den der Mitgliedstaat
mit der
Maßgabe in Verzug
gesetzt wird, innerhalb einer bestimmten Frist Maßnahmen für den nach Auf-
fassung des
Ministerrates zur Sanierung erforderlichen Defizitabbau zu erlassen.
Der Ministerrat
kann in diesem Fall den betreffenden Mitgliedstaat ersuchen, nach einem
konkreten
Zeitplan Berichte
vorzulegen, um die Anpassungsbemühungen des Mitgliedstaats überprüfen zu
können.
(10) Solange ein
Mitgliedstaat einen nach Absatz 9 erlassenen Europäischen Beschluss nicht
befolgt, kann der
Ministerrat beschließen, eine oder mehrere der nachstehenden Maßnahmen anzu-
wenden oder
gegebenenfalls zu verschärfen, nämlich
a) von dem
betreffenden Mitgliedstaat verlangen, vor der Emission von
Schuldverschreibungen
und sonstigen
Wertpapieren vom Ministerrat näher zu bezeichnende zusätzliche Angaben zu
veröffentlichen,
b) die Europäische
Investitionsbank ersuchen, ihre Darlehenspolitik gegenüber dem Mitglied-
staat zu
überprüfen,
c) von dem
Mitgliedstaat verlangen, eine unverzinsliche Einlage in angemessener Höhe bei
der
Union zu
hinterlegen, bis der Ministerrat der Auffassung ist, dass das übermäßige
Defizit kor-
rigiert worden
ist,
d) Geldbußen in
angemessener Höhe verhängen.
Der Präsident des
Ministerrates unterrichtet das Europäische Parlament von den erlassenen Maß-
nahmen.
(11) Der
Ministerrat hebt einige oder sämtliche Maßnahmen nach den Absätzen 6 und 8
bis 10 auf, wenn
er der Auffassung ist, dass das übermäßige Defizit in dem betreffenden
Mitglied-
staat korrigiert
worden ist. Hat der Ministerrat zuvor Empfehlungen veröffentlicht, so stellt
er, so-
bald die
Entscheidung nach Absatz 8 aufgehoben worden ist, in einer öffentlichen
Erklärung fest,
dass in dem
betreffenden Mitgliedstaat kein übermäßiges Defizit mehr besteht.
(12) Das Recht auf
Klageerhebung nach den Artikeln III-265 und III-266 kann im Rahmen
der Absätze 1 bis
6 sowie 8 und 9 nicht ausgeübt werden.
(13) Weitere
Bestimmungen über die Durchführung des in diesem Artikel beschriebenen
Verfahrens sind in
dem Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit enthalten.
CONV 850/03 92
Durch
ein Europäisches Gesetz des Ministerrates werden geeignete Maßnahmen
festgelegt, mit
denen das genannte
Protokoll abgelöst wird. Der Ministerrat beschließt einstimmig nach Anhörung
des Europäischen
Parlaments und der Europäischen Zentralbank.
Der Ministerrat
erlässt vorbehaltlich der sonstigen Bestimmungen dieses Absatzes auf Vorschlag
der Kommission
Europäische Verordnungen oder Beschlüsse, in denen nähere Einzelheiten und
Begriffsbestimmungen
für die Durchführung des genannten Protokolls festgelegt werden. Er be-
schließt nach
Anhörung des Europäischen Parlaments.
ABSCHNITT 2
DIE
WÄHRUNGSPOLITIK
Artikel III-77
(1) Das vorrangige
Ziel des Europäischen Systems der Zentralbanken ist es, die Preisstabi-
lität zu
gewährleisten. Soweit dies ohne Beeinträchtigung dieses Ziels möglich ist,
unterstützt das
Europäische System
der Zentralbanken die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union, um zur
Verwirklichung der
in Artikel 3 festgelegten Ziele der Union beizutragen. Das Europäische System
der Zentralbanken
handelt im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit
freiem Wettbewerb,
wodurch ein effizienter Einsatz der Ressourcen gefördert wird, und hält sich
dabei an die in
Artikel III-69 genannten Grundsätze.
(2) Die
grundlegenden Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken bestehen
darin,
a) die Geldpolitik
der Union festzulegen und auszuführen,
b)
Devisengeschäfte im Einklang mit Artikel III-228 durchzuführen,
c) die offiziellen
Währungsreserven der Mitgliedstaaten zu halten und zu verwalten,
d) das
reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme zu fördern.
(3) Absatz 2
Buchstabe c berührt nicht die Haltung und Verwaltung von Arbeitsguthaben in
Fremdwährungen durch
die Regierungen der Mitgliedstaaten.
(4) Die
Europäische Zentralbank wird gehört
a) zu allen
Vorschlägen für Rechtsakte der Union im Zuständigkeitsbereich der Europäischen
Zentralbank,
b) von den
nationalen Behörden zu allen Entwürfen für Rechtsvorschriften im
Zuständigkeits-
bereich der
Europäischen Zentralbank, und zwar innerhalb der Grenzen und unter den Bedin-
gungen, die der
Ministerrat nach dem Verfahren des Artikels III-79 Absatz 6 festlegt.
Die Europäische
Zentralbank kann gegenüber den zuständigen Organen, Einrichtungen, Ämter oder
Agenturen der
Union und gegenüber den nationalen Behörden Stellungnahmen zu in ihren Zustän-
digkeitsbereich
fallenden Fragen abgeben.
CONV 850/03 93
(5)
Das Europäische System der Zentralbanken trägt zur reibungslosen Durchführung
der
von den
zuständigen Behörden auf dem Gebiet der Aufsicht über die Kreditinstitute und
der Stabi-
lität des
Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen bei.
(6) Durch
Europäische Gesetze können der Europäischen Zentralbank besondere Aufgaben
im Zusammenhang
mit der Aufsicht über Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute mit Ausnahme
von
Versicherungsunternehmen übertragen werden. Die betreffenden Gesetze werden
nach Anhö-
rung der
Europäischen Zentralbank erlassen.
Artikel III-78
(1) Die
Europäische Zentralbank hat das ausschließliche Recht, die Ausgabe von Euro-
Banknoten
innerhalb der Union zu genehmigen. Die Europäische Zentralbank und die
nationalen
Zentralbanken sind
zur Ausgabe von Euro-Banknoten berechtigt. Die von der Europäischen Zent-
ralbank und den
nationalen Zentralbanken ausgegebenen Banknoten sind die einzigen Banknoten,
die in der Union
als gesetzliches Zahlungsmittel gelten.
(2) Die Mitgliedstaaten
haben das Recht zur Ausgabe von Euro-Münzen, wobei der Um-
fang dieser
Ausgabe der Genehmigung durch die Europäische Zentralbank bedarf. Der
Ministerrat
kann auf Vorschlag
der Kommission Europäische Verordnungen zur Festlegung von Maßnahmen
erlassen mit dem
Ziel, die Stückelung und die technischen Merkmale aller für den Umlauf be-
stimmten Münzen so
weit zu harmonisieren, wie dies für deren reibungslosen Umlauf innerhalb der
Union erforderlich
ist. Der Ministerrat beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments und
der Europäischen
Zentralbank.
Artikel III-79
(1) Das
Europäische System der Zentralbanken besteht aus der Europäischen Zentralbank
und den nationalen
Zentralbanken.
(2) Die
Europäische Zentralbank besitzt Rechtspersönlichkeit.
(3) Das
Europäische System der Zentralbanken wird von den Beschlussorganen der Euro-
päischen
Zentralbank, nämlich dem Rat und dem Direktorium der Europäischen Zentralbank,
ge-
leitet.
(4) Die Satzung
des Europäischen Systems der Zentralbanken ist in dem Protokoll über die
Satzung des
Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank
festgelegt.
(5) Die Artikel
5.1, 5.2, 5.3, 17, 18, 19.1, 22, 23, 24, 26, 32.2, 32.3, 32.4, 32.6, 33.1.a
und 36 der Satzung
des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentral-
bank können
a) entweder auf
Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der Europäischen Zentralbank
b) oder auf
Empfehlung der Europäischen Zentralbank nach Anhörung der Kommission
durch Europäische
Gesetze geändert werden.
CONV 850/03 94
(6)
Der Ministerrat erlässt die Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse zur
Festlegung
der in den
Artikeln 4, 5.4, 19.2, 20, 28.1, 29.2, 30.4 und 34.3 der Satzung des
Europäischen Sys-
tems der
Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank genannten Maßnahmen. Er
beschließt
nach Anhörung des
Europäischen Parlaments
a) entweder auf
Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der Europäischen Zentralbank
b) oder auf
Empfehlung der Europäischen Zentralbank und nach Anhörung der Kommission.
Artikel III-80
Bei der
Wahrnehmung der ihnen durch die Verfassung und die Satzung des Europäischen
Systems
der Zentralbanken
und der Europäischen Zentralbank übertragenen Befugnisse, Aufgaben und
Pflichten darf
weder die Europäische Zentralbank noch eine nationale Zentralbank noch ein Mit-
glied ihrer
Beschlussorgane Weisungen von Organen, Einrichtungen, Ämtern oder Agenturen der
Union, Regierungen
der Mitgliedstaaten oder anderen Stellen einholen oder entgegennehmen. Die
Organe,
Einrichtungen, Ämter und Agenturen der Union sowie die Regierungen der
Mitgliedstaaten
verpflichten sich,
diesen Grundsatz zu beachten und nicht zu versuchen, die Mitglieder der Be-
schlussorgane der
Europäischen Zentralbank oder der nationalen Zentralbanken bei der Wahrneh-
mung ihrer
Aufgaben zu beeinflussen.
Artikel III-81
Jeder
Mitgliedstaat stellt sicher, dass seine innerstaatlichen Rechtsvorschriften
einschließlich der
Satzung seiner
Zentralbank mit der Verfassung sowie mit der Satzung des Europäischen Systems
der Zentralbanken
und der Europäischen Zentralbank im Einklang stehen.
Artikel III-82
(1) Zur Erfüllung
der dem Europäischen System der Zentralbanken übertragenen Aufgaben
werden von der
Europäischen Zentralbank gemäß der Verfassung und unter den in der Satzung des
Europäischen
Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank vorgesehenen Bedin-
gungen
a) Europäische
Verordnungen erlassen, insoweit dies für die Erfüllung der in Artikel 3.1
erster
Gedankenstrich, Artikel
19.1, Artikel 22 oder Artikel 25.2 der Satzung des Europäischen
Systems der
Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank festgelegten Aufgaben erfor-
derlich ist; sie
erlässt Verordnungen ferner in den Fällen, die in den Europäischen Verord-
nungen und
Beschlüssen nach Artikel III-79 Absatz 6 vorgesehen werden,
b) Europäische
Beschlüsse erlassen, die zur Erfüllung der dem Europäischen System der Zent-
ralbanken nach der
Verfassung und der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken
und der
Europäischen Zentralbank übertragenen Aufgaben erforderlich sind,
c) Empfehlungen
und Stellungnahmen angenommen.
(2) Die
Europäische Zentralbank kann die Veröffentlichung ihrer Europäischen
Beschlüsse,
ihrer Empfehlungen
und Stellungnahmen beschließen.
CONV 850/03 95
(3)
Der Ministerrat erlässt nach dem Verfahren des Artikels III-79 Absatz 6 die
Europä-
ischen
Verordnungen, in denen festgelegt wird, innerhalb welcher Grenzen und unter
welchen Be-
dingungen die
Europäische Zentralbank befugt ist, Unternehmen bei Nichteinhaltung der Ver-
pflichtungen, die
sich aus ihren Europäischen Verordnungen und Beschlüssen ergeben, mit Geld-
bußen oder
Zwangsgeldern zu belegen.
Artikel III-83
Unbeschadet der
Zuständigkeiten der Europäischen Zentralbank werden durch ein Europäisches
Gesetz oder
Rahmengesetz die Maßnahmen festgelegt, die für die Verwendung des Euro als ein-
heitlicher Währung
der Mitgliedstaaten erforderlich sind. Das betreffende Gesetz oder Rahmenge-
setz wird nach
Anhörung der Europäischen Zentralbank erlassen.
CONV 850/03 96
ABSCHNITT
3
INSTITUTIONELLE
BESTIMMUNGEN
Artikel III-84
(1) Der Rat der
Europäischen Zentralbank besteht aus den Mitgliedern des Direktoriums
der Europäischen
Zentralbank und den Präsidenten der nationalen Zentralbanken der Mitglied-
staaten, für die
keine Ausnahmeregelung im Sinne des Artikels III-91 gilt.
(2) a) Das
Direktorium besteht aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und vier weiteren
Mitgliedern.
b) Der Präsident,
der Vizepräsident und die weiteren Mitglieder des Direktoriums werden
von den
Regierungen der Mitgliedstaaten auf der Ebene der Staats- und Regierungs-
chefs auf
Empfehlung des Ministerrates, der hierzu das Europäische Parlament und den
Rat der
Europäischen Zentralbank anhört, aus dem Kreis der in Währungs- oder Bank-
fragen anerkannten
und erfahrenen Persönlichkeiten einvernehmlich ausgewählt und er-
nannt.
Ihre Amtszeit
beträgt acht Jahre; Wiederernennung ist nicht zulässig.
Nur Staatsangehörige
der Mitgliedstaaten können Mitglieder des Direktoriums werden.
Artikel III-85
(1) Der Präsident
des Ministerrates und ein Mitglied der Kommission können ohne Stimm-
recht an den
Sitzungen des Rates der Europäischen Zentralbank teilnehmen.
Der Präsident des
Ministerrates kann dem Rat der Europäischen Zentralbank einen Antrag zur Be-
ratung vorlegen.
(2) Der Präsident
der Europäischen Zentralbank wird zur Teilnahme an den Tagungen des
Ministerrates
eingeladen, wenn dieser Fragen im Zusammenhang mit den Zielen und Aufgaben des
Europäischen
Systems der Zentralbanken erörtert.
(3) Die
Europäische Zentralbank unterbreitet dem Europäischen Parlament, dem Minister-
rat und der
Kommission sowie auch dem Europäischen Rat einen Jahresbericht über die
Tätigkeit
des Europäischen
Systems der Zentralbanken und die Währungspolitik im vergangenen und im
laufenden Jahr.
Der Präsident der Europäischen Zentralbank legt den Bericht dem Ministerrat und
dem Europäischen
Parlament vor, das auf dieser Grundlage eine allgemeine Aussprache durchfüh-
ren kann.
Der Präsident der
Europäischen Zentralbank und die anderen Mitglieder des Direktoriums können
auf Ersuchen des
Europäischen Parlaments oder auf ihre Initiative hin von den zuständigen Aus-
schüssen des
Europäischen Parlaments gehört werden.
CONV 850/03 97
Artikel
III-86
(1) Um die
Koordinierung der Politik der Mitgliedstaaten in dem für das Funktionieren des
Binnenmarkts
erforderlichen Umfang zu fördern, wird ein Wirtschafts- und Finanzausschuss
einge-
setzt.
(2) Dieser
Ausschuss hat die Aufgabe,
a) auf Ersuchen
des Ministerrates oder der Kommission oder von sich aus Stellungnahmen an
diese Organe
abzugeben;
b) die
Wirtschafts- und Finanzlage der Mitgliedstaaten und der Union zu beobachten und
dem
Ministerrat und
der Kommission regelmäßig darüber Bericht zu erstatten, insbesondere über
die finanziellen
Beziehungen zu dritten Ländern und internationalen Einrichtungen;
c) unbeschadet des
Artikels III-247 an der Vorbereitung der in den Artikeln III-48, III-71 Ab-
sätze 2, 3, 4 und
6, III-72, III-74, III-75, III-76, III-77 Absatz 6, III-78 Absatz 2, III-79 Ab-
sätze 5 und 6,
III-83, III-90, III-92 Absätze 2 und 3, III-95, III-96 Absätze 2 und 3, III-224
und III-228
genannten Arbeiten des Ministerrates mitzuwirken und die sonstigen ihm vom
Ministerrat
übertragenen Beratungsaufgaben und vorbereitenden Arbeiten auszuführen;
d) mindestens
einmal jährlich die Lage hinsichtlich des Kapitalverkehrs und der Freiheit des
Zahlungsverkehrs,
wie sie sich aus der Anwendung der Verfassung und der Rechtsakte der
Union ergeben, zu
prüfen; die Prüfung erstreckt sich auf alle Maßnahmen im Zusammenhang
mit dem Kapital-
und Zahlungsverkehr; der Ausschuss erstattet der Kommission und dem
Ministerrat
Bericht über das Ergebnis dieser Prüfung.
Jeder
Mitgliedstaat sowie die Kommission und die Europäische Zentralbank ernennen
jeweils
höchstens zwei
Mitglieder des Ausschusses.
(3) Der
Ministerrat erlässt auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss
über die
Einzelheiten der Zusammensetzung des Wirtschafts- und Finanzausschusses. Er
beschließt
nach Anhörung der
Europäischen Zentralbank und dieses Ausschusses. Der Präsident des Minister-
rates unterrichtet
das Europäische Parlament über diesen Beschluss.
(4) Sofern und
solange es Mitgliedstaaten gibt, für die eine Ausnahmeregelung im Sinne
des Artikels
III-91 gilt, hat der Ausschuss zusätzlich zu den in Absatz 2 beschriebenen
Aufgaben
die Währungs- und
Finanzlage sowie den allgemeinen Zahlungsverkehr der betreffenden Mitglied-
staaten zu
beobachten und dem Ministerrat und der Kommission regelmäßig darüber Bericht zu
er-
statten.
Artikel III-87
Bei Fragen, die in
den Geltungsbereich von Artikel III-71 Absatz 4, Artikel III-76 mit Ausnahme
von Absatz 13, den
Artikeln III-83, III-90, III-91, Artikel III-92 Absatz 3 sowie Artikel III-228
fallen, kann der
Ministerrat oder ein Mitgliedstaat die Kommission ersuchen, je nach Zweckmäßig-
keit eine
Empfehlung oder einen Vorschlag zu unterbreiten. Die Kommission prüft dieses
Ersuchen
und unterbreitet
dem Ministerrat umgehend ihre Schlussfolgerungen.
CONV 850/03 98
ABSCHNITT
3A
BESONDERE
BESTIMMUNGEN FÜR DIE DEM EURO-WÄHRUNGSGEBIET
ANGEHÖRENDEN
MITGLIEDSTAATEN
Artikel III-88
(1) Im Hinblick
auf das reibungslose Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion
werden im Einklang
mit den einschlägigen Verfassungsbestimmungen für die dem Euro-Wäh-
rungsgebiet
angehörenden Mitgliedstaaten Maßnahmen erlassen, um
a) die
Koordinierung ihrer Haushaltsdisziplin und deren Überwachung zu verstärken,
b) für diese
Staaten Grundzüge der Wirtschaftspolitik auszuarbeiten, wobei darauf zu achten
ist,
dass diese mit den
für die gesamte Union angenommenen Grundzüge der Wirtschaftspolitik
vereinbar sind,
und ihre Einhaltung zu überwachen.
(2) Bei den in Absatz
1 genannten Maßnahmen sind nur die Mitglieder des Ministerrates,
die die dem
Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten vertreten, stimmberechtigt.
Als
qualifizierte
Mehrheit gilt die Mehrheit der Stimmen der Vertreter der dem
Euro-Währungsgebiet
angehörenden
Mitgliedstaaten, sofern diese mindestens drei Fünftel der Bevölkerung dieser
Staaten
repräsentiert. Ist
für einen Rechtsakt Einstimmigkeit vorgeschrieben, so ist die Einstimmigkeit
die-
ser Mitglieder des
Ministerrates erforderlich.
Artikel III-89
Die Modalitäten
für die Tagungen der Minister der dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mit-
gliedstaaten sind
im Protokoll betreffend die Euro-Gruppe festgelegt.
Artikel III-90
(1) Um die
Stellung des Euro im internationalen Währungssystem sicherzustellen, erlässt
der Ministerrat
auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der Europäischen Zentralbank
einen Europäischen
Beschluss zur Festlegung der gemeinsamen Standpunkte zu den Fragen, die für
die Wirtschafts-
und Währungsunion von besonderem Interesse sind, innerhalb der zuständigen in-
ternationalen
Einrichtungen und Konferenzen im Finanzbereich.
(2) Bei den in
diesem Artikel genannten Maßnahmen sind nur die Mitglieder des Minister-
rates, die die dem
Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten vertreten, stimmberechtigt.
Als qualifizierte
Mehrheit gilt die Mehrheit der Stimmen der Vertreter der dem Euro-Währungs-
gebiet
angehörenden Mitgliedstaaten, sofern diese mindestens drei Fünftel der
Bevölkerung dieser
Staaten
repräsentiert. Ist für einen Rechtsakt Einstimmigkeit vorgeschrieben, so ist
die Einstimmig-
keit dieser
Mitglieder des Ministerrates erforderlich.
(3) Der
Ministerrat kann auf Vorschlag der Kommission geeignete Maßnahmen mit dem
Ziel annehmen,
eine einheitliche Vertretung bei den internationalen Einrichtungen und
Konferenzen
im Finanzbereich
sicherzustellen. Es gelten die Verfahrensvorschriften der Absätze 1 und 2.
CONV 850/03 99
ABSCHNITT
4
ÜBERGANGSBESTIMMUNGEN
Artikel III-91
(1) Die
Mitgliedstaaten, für die der Ministerrat nicht beschlossen hat, dass sie die
erforder-
lichen
Voraussetzungen für die Einführung des Euro erfüllen, werden nachstehend als
"Mitglied-
staaten, für die
eine Ausnahmeregelung gilt" bezeichnet.
(2) Die
nachstehend aufgeführten Bestimmungen der Verfassung finden keine Anwendung
auf die
Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt:
a) Annahme der das
Euro-Währungsgebiet generell betreffenden Teile der Grundzüge der Wirt-
schaftspolitik
(Artikel III-71 Absatz 2)
b) Zwangsmittel
zum Abbau eines übermäßigen Defizits (Artikel III-76 Absätze 9 und 10)
c) Ziele und
Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken (Artikel III-77 Absätze 1,
2, 3 und 5)
d) Ausgabe des
Euro (Artikel III-78)
e) Rechtsakte der
Europäischen Zentralbank (Artikel III-82)
f) Maßnahmen
bezüglich der Verwendung des Euro (Artikel III-83)
g)
Währungsvereinbarungen und andere Maßnahmen bezüglich der Wechselkurspolitik
(Arti-
kel III-228)
h) Ernennung der
Mitglieder des Direktoriums der Europäischen Zentralbank (Artikel III-84 Ab-
satz 2 Buchstabe
b).
Daher bezeichnet
in den oben genannten Artikeln der Ausdruck "Mitgliedstaaten" die
Mitglied-
staaten, für die
keine Ausnahmeregelung gilt.
(3) Die
Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, und deren Zentralbanken
sind
nach Kapitel IX
der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen
Zentralbank von
den Rechten und Pflichten im Rahmen des Europäischen Systems der Zentralban-
ken
ausgeschlossen.
(4) Das Stimmrecht
der Mitglieder des Ministerrates, die die Mitgliedstaaten vertreten, für
die eine
Ausnahmeregelung gilt, ruht bei der Annahme von Maßnahmen gemäß den in Absatz 2
genannten Artikeln
durch den Ministerrat. Als qualifizierte Mehrheit gilt die Mehrheit der Stimmen
der Vertreter der
Mitgliedstaaten, für die keine Ausnahmeregelung gilt, sofern diese Mehrheit
min-
destens drei
Fünftel der Bevölkerung dieser Staaten repräsentiert. Ist für die Annahme eines
Rechts-
akts
Einstimmigkeit vorgeschrieben, so ist die Einstimmigkeit dieser Mitgliedstaaten
erforderlich.
CONV 850/03 100
Artikel
III-92
(1) Mindestens
einmal alle zwei Jahre bzw. auf Antrag eines Mitgliedstaats, für den eine
Ausnahmeregelung
gilt, berichten die Kommission und die Europäische Zentralbank dem Minister-
rat, inwieweit die
Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, bei der Verwirklichung der
Wirtschafts- und
Währungsunion ihren Verpflichtungen bereits nachgekommen sind. In ihren Be-
richten wird auch
die Frage geprüft, inwieweit die innerstaatlichen Rechtsvorschriften jedes
einzel-
nen dieser
Mitgliedstaaten einschließlich der Satzung der jeweiligen nationalen
Zentralbank mit den
Artikeln III-80
und III-81 sowie der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der
Europäischen
Zentralbank vereinbar sind. Ferner wird darin geprüft, ob ein hoher Grad an
dauer-
hafter Konvergenz
erreicht ist; Maßstab hierfür ist, ob jeder einzelne dieser Mitgliedstaaten
fol-
gende Kriterien
erfüllt:
a) Erreichung
eines hohen Grades an Preisstabilität, ersichtlich aus einer Inflationsrate,
die der
Inflationsrate
jener . höchstens drei . Mitgliedstaaten nahe kommt, die auf dem Gebiet der
Preisstabilität
das beste Ergebnis erzielt haben;
b) eine auf Dauer
tragbare Finanzlage der öffentlichen Hand, ersichtlich aus einer öffentlichen
Haushaltslage ohne
übermäßiges Defizit im Sinne des Artikels III-76 Absatz 6;
c) Einhaltung der
normalen Bandbreiten des Wechselkursmechanismus seit mindestens zwei
Jahren ohne
Abwertung gegenüber dem Euro;
d) Dauerhaftigkeit
der von dem Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt, erreichten
Konvergenz und
seiner Teilnahme am Wechselkursmechanismus, die im Niveau der lang-
fristigen Zinssätze
zum Ausdruck kommt.
Die vier Kriterien
in diesem Absatz sowie die jeweils erforderliche Dauer ihrer Einhaltung sind in
dem Protokoll über
die Konvergenzkriterien näher festgelegt. Die Berichte der Kommission und der
Europäischen
Zentralbank berücksichtigen auch die Ergebnisse bei der Integration der Märkte,
den
Stand und die
Entwicklung der Leistungsbilanzen, die Entwicklung bei den Lohnstückkosten und
andere
Preisindizes.
(2) Der
Ministerrat erlässt nach Anhörung des Europäischen Parlaments und nach Aus-
sprache im
Europäischen Rat auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss,
durch
den festgelegt
wird, welche der Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, die auf
den
Kriterien des
Absatzes 1 beruhenden Voraussetzungen erfüllen, und hebt die Ausnahmeregelungen
für die
betreffenden Mitgliedstaaten auf.
(3) Wird nach dem
Verfahren des Absatzes 2 beschlossen, eine Ausnahmeregelung aufzu-
heben, so erlässt
der Ministerrat aufgrund eines einstimmigen Beschlusses der Mitglieder, die die
Mitgliedstaaten,
für die keine Ausnahmeregelung gilt, und den betreffenden Mitgliedstaat
vertreten,
auf Vorschlag der
Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur unwiderruflichen
Festsetzung des
Kurses, zu dem die Währung des betreffenden Mitgliedstaats durch den Euro er-
setzt wird und zur
Festlegung der sonstigen erforderlichen Maßnahmen zur Einführung des Euro als
einheitliche
Währung in diesem Mitgliedstaat. Der Ministerrat beschließt nach Anhörung der
Euro-
päischen
Zentralbank.
CONV 850/03 101
Artikel
III-93
(1) Sofern und
solange es Mitgliedstaaten gibt, für die eine Ausnahmeregelung gilt, wird
unbeschadet des
Artikels III-79 Absatz 3 der in Artikel 45 der Satzung des Europäischen Systems
der Zentralbanken
und der Europäischen Zentralbank bezeichnete Erweiterte Rat der Europäischen
Zentralbank als
drittes Beschlussorgan der Europäischen Zentralbank errichtet.
(2) Sofern und
solange es Mitgliedstaaten gibt, für die eine Ausnahmeregelung gilt, ist es
die Aufgabe der
Europäischen Zentralbank in Bezug auf diese Mitgliedstaaten,
a) die
Zusammenarbeit zwischen den nationalen Zentralbanken zu verstärken;
b) die
Koordinierung der Geldpolitik der Mitgliedstaaten mit dem Ziel zu verstärken,
die Preis-
stabilität
aufrechtzuerhalten;
c) das
Funktionieren des Wechselkursmechanismus zu überwachen;
d) Konsultationen
zu Fragen durchzuführen, die in die Zuständigkeit der nationalen Zentralban-
ken fallen und die
Stabilität der Finanzinstitute und -märkte berühren;
e) die
seinerzeitigen Aufgaben des Europäischen Fonds für währungspolitische Zusammen-
arbeit, die zuvor
vom Europäischen Währungsinstitut übernommen worden waren, wahrzu-
nehmen.
Artikel III-94
Jeder
Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt, behandelt seine
Wechselkurspolitik als
eine Angelegenheit
von gemeinsamem Interesse. Er berücksichtigt dabei die Erfahrungen, die bei
der Zusammenarbeit
im Rahmen des Wechselkursmechanismus gesammelt worden sind.
Artikel III-95
(1) Ist ein
Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt, hinsichtlich seiner
Zahlungs-
bilanz von
Schwierigkeiten betroffen oder ernstlich bedroht, die sich entweder aus einem
Ungleich-
gewicht seiner
Gesamtzahlungsbilanz oder aus der Art der ihm zur Verfügung stehenden Devisen
ergeben, und sind
diese Schwierigkeiten geeignet, insbesondere das Funktionieren des Binnen-
markts oder die
Verwirklichung der gemeinsamen Handelspolitik zu gefährden, so prüft die Kom-
mission unverzüglich
die Lage dieses Staates sowie die Maßnahmen, die er getroffen hat oder unter
Einsatz aller ihm
zur Verfügung stehenden Mittel nach der Verfassung treffen kann. Die Kommis-
sion gibt die
Maßnahmen an, die sie dem betreffenden Mitgliedstaat empfiehlt.
Erweisen sich die
von einem Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt, ergriffenen und
die
von der Kommission
angeregten Maßnahmen als unzureichend, die aufgetretenen oder drohenden
Schwierigkeiten zu
beheben, so empfiehlt die Kommission dem Ministerrat nach Anhörung des
Wirtschafts- und
Finanzausschusses einen gegenseitigen Beistand und die dafür geeigneten Metho-
den.
Die Kommission
unterrichtet den Ministerrat regelmäßig über die Lage und ihre Entwicklung.
CONV 850/03 102
(2)
Der Ministerrat gewährt den gegenseitigen Beistand; er erlässt die Europäischen
Ver-
ordnungen oder
Beschlüsse, welche die Bedingungen und Einzelheiten hierfür festlegen. Der ge-
genseitige
Beistand kann insbesondere erfolgen
a) durch ein
abgestimmtes Vorgehen bei anderen internationalen Organisationen, an die sich
die
Mitgliedstaaten,
für die eine Ausnahmeregelung gilt, wenden können;
b) durch
Maßnahmen, die notwendig sind, um Verlagerungen von Handelsströmen zu vermei-
den, falls der in
Schwierigkeiten befindliche Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung
gilt, mengenmäßige
Beschränkungen gegenüber dritten Ländern beibehält oder wieder ein-
führt;
c) durch
Bereitstellung von Krediten in begrenzter Höhe seitens anderer Mitgliedstaaten;
hierzu
ist ihr
Einverständnis erforderlich.
(3) Stimmt der
Ministerrat dem von der Kommission empfohlenen gegenseitigen Beistand
nicht zu oder sind
der gewährte Beistand und die getroffenen Maßnahmen unzureichend, so er-
mächtigt die
Kommission den in Schwierigkeiten befindlichen Mitgliedstaat, für den eine Aus-
nahmeregelung
gilt, Schutzmaßnahmen zu treffen, deren Bedingungen und Einzelheiten sie
festlegt.
Der Ministerrat
kann diese Ermächtigung aufheben und die Bedingungen und Einzelheiten ändern.
Artikel III-96
(1) Gerät ein
Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt, in eine plötzliche Zah-
lungsbilanzkrise
und wird eine Handlung im Sinne des Artikels III-90 Absatz 2 nicht unverzüglich
getroffen, so kann
dieser Mitgliedstaat vorsorglich die erforderlichen Schutzmaßnahmen ergreifen.
Sie dürfen nur ein
Mindestmaß an Störungen im Funktionieren des Binnenmarkts hervorrufen und
nicht über das zur
Behebung der plötzlich aufgetretenen Schwierigkeiten unbedingt erforderliche
Ausmaß
hinausgehen.
(2) Die Kommission
und die anderen Mitgliedstaaten werden über die Schutzmaßnahmen
spätestens bei
deren Inkrafttreten unterrichtet. Die Kommission kann dem Ministerrat den
gegen-
seitigen Beistand
nach Artikel III-95 empfehlen.
(3) Nach
Stellungnahme der Kommission und nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanz-
ausschusses kann
der Ministerrat einen Beschluss erlassen, der besagt, dass der betreffende Mit-
gliedstaat diese
Schutzmaßnahmen zu ändern, auszusetzen oder aufzuheben hat.
CONV 850/03 103
KAPITEL
III
DIE
POLITIK IN ANDEREN EINZELBEREICHEN
ABSCHNITT 1
BESCHÄFTIGUNG
Artikel III-97
Die Union und die
Mitgliedstaaten arbeiten nach diesem Abschnitt auf die Entwicklung einer koor-
dinierten
Beschäftigungsstrategie und insbesondere auf die Förderung der Qualifizierung,
Ausbil-
dung und
Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer sowie der Fähigkeit der Arbeitsmärkte hin,
auf die
Erfordernisse des
wirtschaftlichen Wandels zu reagieren, um die Ziele des Artikels I-3 zu
erreichen.
Artikel III-98
(1) Die
Mitgliedstaaten tragen durch ihre Beschäftigungspolitik im Einklang mit den
nach
Artikel
III-71Absatz 2 verabschiedeten Grundzügen der Wirtschaftspolitik der
Mitgliedstaaten und
der Union zur Erreichung
der in Artikel III-97 genannten Ziele bei.
(2) Die
Mitgliedstaaten betrachten die Förderung der Beschäftigung als Angelegenheit
von
gemeinsamem
Interesse und stimmen ihre diesbezüglichen Tätigkeiten nach Maßgabe des Arti-
kels III-100 im
Ministerrat aufeinander ab, wobei die einzelstaatlichen Gepflogenheiten in
Bezug
auf die
Verantwortung der Sozialpartner berücksichtigt werden.
Artikel III-99
(1) Die Union
trägt zu einem hohen Beschäftigungsniveau bei, indem sie die Zusammen-
arbeit zwischen
den Mitgliedstaaten fördert und deren Maßnahmen in diesem Bereich unterstützt
und
erforderlichenfalls ergänzt. Hierbei wird die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten
beachtet.
(2) Das Ziel eines
hohen Beschäftigungsniveaus wird bei der Festlegung und Durchführung
der Politik und
der Maßnahmen der Union berücksichtigt.
Artikel III-100
(1) Anhand eines
gemeinsamen Jahresberichts des Ministerrates und der Kommission prüft
der Europäische
Rat jährlich die Beschäftigungslage in der Union und nimmt hierzu Schlussfolge-
rungen an.
CONV 850/03 104
(2)
Anhand der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates legt der Ministerrat auf
Vor-
schlag der
Kommission jährlich Leitlinien fest, welche die Mitgliedstaaten in ihrer
Beschäftigungs-
politik
berücksichtigen. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments, des
Ausschus-
ses der Regionen,
des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Beschäftigungsausschusses.
Diese Leitlinien
müssen mit den nach Artikel III-71 Absatz 2 verabschiedeten Grundzügen in Ein-
klang stehen.
(3) Jeder
Mitgliedstaat übermittelt dem Ministerrat und der Kommission jährlich einen Be-
richt über die
wichtigsten Bestimmungen, die er zur Durchführung seiner Beschäftigungspolitik
auf
der Grundlage der
beschäftigungspolitischen Leitlinien nach Absatz 2 erlassen hat.
(4) Anhand der in
Absatz 3 genannten Berichte und nach Stellungnahme des Beschäfti-
gungsausschusses
unterzieht der Ministerrat die Durchführung der Beschäftigungspolitik der Mit-
gliedstaaten auf
der Grundlage der beschäftigungspolitischen Leitlinien jährlich einer Prüfung.
Der
Ministerrat kann
dabei auf Empfehlung der Kommission an die Mitgliedstaaten gerichtete Emp-
fehlungen abgeben.
(5) Auf der
Grundlage der Ergebnisse der genannten Prüfung erstellen der Ministerrat und
die Kommission
einen gemeinsamen Jahresbericht für den Europäischen Rat über die Beschäfti-
gungslage in der
Union und über die Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien.
Artikel III-101
Durch Europäische
Gesetze oder Rahmengesetze können Anreizmaßnahmen zur Förderung der Zu-
sammenarbeit
zwischen den Mitgliedstaaten und zur Unterstützung ihrer Beschäftigungsmaßnah-
men durch
Initiativen festgelegt werden, die darauf abzielen, den Austausch von
Informationen und
bewährten
Verfahren zu entwickeln, vergleichende Analysen und Gutachten bereitzustellen
sowie
innovative Ansätze
zu fördern und Erfahrungen zu bewerten, und zwar insbesondere durch
Pilotvorhaben.
Diese Gesetze oder Rahmengesetze werden nach Anhörung des Ausschusses der
Regionen und des
Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
Die Europäischen
Gesetze oder Rahmengesetze enthalten keinerlei Harmonisierung der Rechts- und
Verwaltungsvorschriften
der Mitgliedstaaten.
Artikel III-102
Der Ministerrat
erlässt mit einfacher Mehrheit einen Europäischen Beschluss zur Einsetzung
eines
Beschäftigungsausschusses
mit beratender Funktion zur Förderung der Koordinierung der Beschäf-
tigungs- und
Arbeitsmarktpolitik der Mitgliedstaaten. Er beschließt nach Anhörung des
Europä-
ischen Parlaments.
Der Ausschuss hat
folgende Aufgaben:
a) Er verfolgt die
Beschäftigungslage und die Beschäftigungspolitik in den Mitgliedstaaten und
in der Union;
CONV 850/03 105
b)
er gibt unbeschadet des Artikels III-247 auf Ersuchen des Ministerrates oder
der Kommission
oder aber von sich
aus Stellungnahmen ab und trägt zur Vorbereitung der in Artikel III-100
genannten
Beratungen des Ministerrates bei.
Bei der Erfüllung
seines Auftrags hört der Ausschuss die Sozialpartner.
Die einzelnen
Mitgliedstaaten und die Kommission entsenden je zwei Mitglieder in den
Ausschuss.
CONV 850/03 106
ABSCHNITT
2
SOZIALPOLITIK
Artikel III-103
Die Union und die
Mitgliedstaaten verfolgen eingedenk der sozialen Grundrechte, wie sie in der am
18. Oktober 1961
in Turin unterzeichneten Europäischen Sozialcharta und in der Gemeinschafts-
charta der
sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer von 1989 festgelegt sind, folgende Ziele:
die
Förderung der
Beschäftigung, die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, um dadurch
auf dem Wege des
Fortschritts ihre Angleichung zu ermöglichen, einen angemessenen sozialen
Schutz, den
sozialen Dialog, die Entwicklung des Arbeitskräftepotenzials im Hinblick auf
ein dau-
erhaft hohes
Beschäftigungsniveau und die Bekämpfung von Ausgrenzungen.
Zu diesem Zweck
tragen die Union und die Mitgliedstaaten bei ihrer Tätigkeit der Vielfalt der
ein-
zelstaatlichen
Gepflogenheiten, insbesondere in den vertraglichen Beziehungen, sowie der Not-
wendigkeit, die
Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft der Union zu erhalten, Rechnung.
Sie sind der
Auffassung, dass sich eine solche Entwicklung sowohl aus dem eine Abstimmung
der
Sozialordnungen
begünstigenden Wirken des Binnenmarktes als auch aus den in der Verfassung
vorgesehenen
Verfahren sowie aus der Angleichung ihrer Rechts- und Verwaltungsvorschriften
ergeben wird.
Artikel III-104
(1) Zur
Verwirklichung der Ziele des Artikels III-103 unterstützt und ergänzt die Union
die
Tätigkeit der
Mitgliedstaaten auf folgenden Gebieten:
a) Verbesserung
insbesondere der Arbeitsumwelt zum Schutz der Gesundheit und der Sicherheit
der Arbeitnehmer,
b)
Arbeitsbedingungen,
c) soziale
Sicherheit und sozialer Schutz der Arbeitnehmer,
d) Schutz der
Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsvertrags,
e) Unterrichtung
und Anhörung der Arbeitnehmer,
f) Vertretung und
kollektive Wahrnehmung der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen, ein-
schließlich der
Mitbestimmung, vorbehaltlich des Absatzes 6,
g)
Beschäftigungsbedingungen der Staatsangehörigen dritter Länder, die sich
rechtmäßig im Ge-
biet der Union
aufhalten,
CONV 850/03 107
h)
berufliche Eingliederung der aus dem Arbeitsmarkt ausgegrenzten Personen,
unbeschadet des
Artikels III-183,
i)
Chancengleichheit von Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt und
Gleichbehandlung am
Arbeitsplatz,
j) Bekämpfung der
sozialen Ausgrenzung,
k) Modernisierung
der Systeme des sozialen Schutzes, unbeschadet des Buchstabens c.
(2) Zu diesem
Zweck können:
a) Maßnahmen, die
dazu bestimmt sind, die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten
durch Initiativen
zu fördern, die die Verbesserung des Wissensstandes, die Entwicklung des
Austausches von
Informationen und bewährten Verfahren, die Förderung innovativer Ansätze
und die Bewertung
von Erfahrungen zum Ziel haben, unter Ausschluss jeglicher Harmonisie-
rung der Rechts-
und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, durch Europäische Ge-
setze oder
Rahmengesetze festgelegt werden;
b) in den in
Absatz 1 Buchstaben a bis i genannten Bereichen unter Berücksichtigung der in
den
einzelnen
Mitgliedstaaten bestehenden Bedingungen und technischen Regelungen Mindest-
vorschriften, die
schrittweise anzuwenden sind, durch Europäische Rahmengesetze festgelegt
werden. Diese
Europäischen Rahmengesetze sollen keine verwaltungsmäßigen, finanziellen
oder rechtlichen
Auflagen vorschreiben, die der Gründung und Entwicklung von kleinen und
mittleren
Unternehmen entgegenstehen.
In allen Fällen
werden die Europäischen Gesetze oder Rahmengesetze nach Anhörung des Aus-
schusses der
Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
(3) Abweichend von
Absatz 2 werden in den in Absatz 1 Buchstaben c, d, f und g genann-
ten Bereichen die
Europäischen Gesetze oder Rahmengesetze vom Ministerrat nach Anhörung des
Europäischen
Parlaments, des Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie des Ausschusses der
Regi-
onen einstimmig
erlassen.
Der Ministerrat
kann auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschuss erlassen, wo-
nach für Absatz 1
Buchstaben d, f und g das ordentliche Gesetzgebungsverfahren gilt. Er
beschließt
einstimmig nach
Anhörung des Europäischen Parlaments.
(4) Ein
Mitgliedstaat kann den Sozialpartnern auf deren gemeinsamen Antrag die Durch-
führung von
aufgrund des Absatzes 2 erlassenen Europäischen Rahmengesetzen übertragen.
In diesem Fall
vergewissert sich der Mitgliedstaat, dass die Sozialpartner spätestens zu dem
Zeit-
punkt, zu dem ein
Europäisches Rahmengesetz umgesetzt sein muss, im Wege einer Vereinbarung
die erforderlichen
Vorkehrungen getroffen haben; dabei hat der Mitgliedstaat alle erforderlichen
Bestimmungen zu
erlassen, um jederzeit gewährleisten zu können, dass die durch dieses Rahmen-
gesetz
vorgeschriebenen Ergebnisse erzielt werden.
(5) Die aufgrund
dieses Artikels erlassenen Europäischen Gesetze und Rahmengesetze
a) berühren nicht
die anerkannte Befugnis der Mitgliedstaaten, die Grundprinzipien ihres Sys-
tems der sozialen
Sicherheit festzulegen, und dürfen das finanzielle Gleichgewicht dieser
Systeme nicht
erheblich beeinträchtigen;
CONV 850/03 108
b)
hindern die Mitgliedstaaten nicht daran, strengere Schutzmaßnahmen
beizubehalten oder zu
erlassen, die mit
der Verfassung vereinbar sind.
(6) Dieser Artikel
gilt nicht für das Arbeitsentgelt, das Koalitionsrecht, das Streikrecht so-
wie das
Aussperrungsrecht.
Artikel III-105
(1) Die Kommission
hat die Aufgabe, die Anhörung der Sozialpartner auf Unionsebene zu
fördern, und
erlässt alle zweckdienlichen Maßnahmen an, um den Dialog zwischen den
Sozialpart-
nern zu
erleichtern, wobei sie für Ausgewogenheit bei der Unterstützung der Parteien
sorgt.
(2) Zu diesem
Zweck hört die Kommission vor Unterbreitung von Vorschlägen im Bereich
der Sozialpolitik
die Sozialpartner zu der Frage, wie eine Unionsaktion gegebenenfalls
ausgerichtet
werden sollte.
(3) Hält die
Kommission nach dieser Anhörung eine Unionsmaßnahme für zweckmäßig, so
hört sie die
Sozialpartner zum Inhalt des in Aussicht genommenen Vorschlags. Die
Sozialpartner
übermitteln der
Kommission eine Stellungnahme oder gegebenenfalls eine Empfehlung.
(4) Bei dieser
Anhörung können die Sozialpartner der Kommission mitteilen, dass sie den
Prozess nach
Artikel III-106 in Gang setzen wollen. Die Dauer des Verfahrens darf höchstens
neun
Monate betragen,
sofern die betroffenen Sozialpartner und die Kommission nicht gemeinsam eine
Verlängerung
beschließen.
Artikel III-106
(1) Der Dialog
zwischen den Sozialpartnern auf Unionsebene kann, falls sie es wünschen,
zur Herstellung
vertraglicher Beziehungen, einschließlich des Abschlusses von Vereinbarungen,
führen.
(2) Die
Durchführung der auf Unionsebene geschlossenen Vereinbarungen erfolgt entweder
nach den
jeweiligen Verfahren und Gepflogenheiten der Sozialpartner und der
Mitgliedstaaten
oder - in den
durch Artikel III-104 erfassten Bereichen - auf gemeinsamen Antrag der
Unterzeich-
nerparteien durch
Europäische Verordnungen oder Beschlüsse, die vom Ministerrat auf Vorschlag
der Kommission
erlassen werden. Das Europäische Parlament wird unterrichtet.
Enthält die
betreffende Vereinbarung eine oder mehrere Bestimmungen betreffend einen der
Berei-
che, für die nach
Artikel III-104 Absatz 3 Einstimmigkeit erforderlich ist, so beschließt der
Minis-
terrat einstimmig.
Artikel III-107
Unbeschadet der
sonstigen Bestimmungen der Verfassung fördert die Kommission im Hinblick auf
die Erreichung der
Ziele des Artikels III-103 die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten
und erleichtert
die Koordinierung ihres Vorgehens in allen unter diesen Abschnitt fallenden
Berei-
chen der
Sozialpolitik, insbesondere auf dem Gebiet
CONV 850/03 109
a)
der Beschäftigung,
b) des
Arbeitsrechts und der Arbeitsbedingungen,
c) der beruflichen
Ausbildung und Fortbildung,
d) der sozialen
Sicherheit,
e) der Verhütung
von Berufsunfällen und Berufskrankheiten,
f) des
Gesundheitsschutzes bei der Arbeit,
g) des
Koalitionsrechts und der Kollektivverhandlungen zwischen Arbeitgebern und
Arbeitneh-
mern.
Zu diesem Zweck
wird die Kommission in enger Verbindung mit den Mitgliedstaaten durch Unter-
suchungen,
Stellungnahmen und die Vorbereitung von Beratungen, gleichviel ob es sich um
inner-
staatliche oder um
internationalen Organisationen gestellte Probleme handelt, tätig, und zwar insbe-
sondere im Wege
von Initiativen, die darauf abzielen, Leitlinien und Indikatoren festzulegen,
den
Austausch
bewährter Verfahren durchzuführen und die erforderlichen Elemente für eine
regel-
mäßige Überwachung
und Bewertung auszuarbeiten. Das Europäische Parlament wird in vollem
Umfang
unterrichtet.
Vor Abgabe der in
diesem Artikel vorgesehenen Stellungnahmen hört die Kommission den Wirt-
schafts- und
Sozialausschuss.
Artikel III-108
(1) Jeder
Mitgliedstaat stellt die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für
Männer und Frauen
bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher.
(2) Unter
"Entgelt" im Sinne dieses Artikels sind die üblichen Grund- oder
Mindestlöhne
und -gehälter sowie
alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Arbeitgeber aufgrund des
Dienstverhältnisses
dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen
zahlt.
Gleichheit des
Arbeitsentgelts ohne Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bedeutet,
a) dass das
Entgelt für eine gleiche nach Akkord bezahlte Arbeit aufgrund der gleichen
Maßein-
heit festgesetzt
wird,
b) dass für eine
nach Zeit bezahlte Arbeit das Entgelt bei gleichem Arbeitsplatz gleich ist.
(3) Die Maßnahmen,
die die Anwendung des Grundsatzes der Chancengleichheit und der
Gleichbehandlung
von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen, einschließlich
des Grundsatzes
des gleichen Entgelts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit, gewährleisten,
wer-
den durch Europäische
Gesetze oder Rahmengesetze festgelegt. Diese werden nach Anhörung des
Wirtschafts- und
Sozialausschusses erlassen.
CONV 850/03 110
(4)
Im Hinblick auf die effektive Gewährleistung der vollen Gleichstellung von
Männern
und Frauen im
Arbeitsleben hindert der Grundsatz der Gleichbehandlung die Mitgliedstaaten
nicht
daran, zur
Erleichterung der Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechts oder zur
Verhin-
derung bzw. zum
Ausgleich von Benachteiligungen in der beruflichen Laufbahn spezifische Ver-
günstigungen
beizubehalten oder zu beschließen.
Artikel III-109
Die
Mitgliedstaaten sind bestrebt, die bestehende Gleichwertigkeit der Regelungen
über die be-
zahlte Freizeit
beizubehalten.
Artikel III-110
Die Kommission
erstellt jährlich einen Bericht über den Stand der Verwirklichung der in Arti-
kel III-98
genannten Ziele sowie über die demografische Lage in der Union. Sie übermittelt
diesen
Bericht dem
Europäischen Parlament, dem Ministerrat und dem Wirtschafts- und
Sozialausschuss.
Artikel III-111
Der Ministerrat
erlässt mit einfacher Mehrheit einen Europäischen Beschluss zur Einsetzung
eines
Ausschusses für
Sozialschutz mit beratender Aufgabe, um die Zusammenarbeit im Bereich des so-
zialen Schutzes
zwischen den Mitgliedstaaten und mit der Kommission zu fördern. Der Ministerrat
beschließt nach
Anhörung des Europäischen Parlaments.
Der Ausschuss hat
folgende Aufgaben:
a) Er verfolgt die
soziale Lage und die Entwicklung der Politik im Bereich des sozialen Schutzes
in den
Mitgliedstaaten und der Union;
b) er fördert den
Austausch von Informationen, Erfahrungen und bewährten Verfahren zwischen
den
Mitgliedstaaten und mit der Kommission;
c) unbeschadet des
Artikels III-247 arbeitet er auf Ersuchen des Ministerrates oder der Kommis-
sion oder von sich
aus in seinem Zuständigkeitsbereich Berichte aus, gibt Stellungnahmen ab
oder wird auf
andere Weise tätig.
Bei der Erfüllung
seines Auftrags stellt der Ausschuss geeignete Kontakte zu den Sozialpartnern
her.
Jeder
Mitgliedstaat und die Kommission ernennen zwei Mitglieder des Ausschusses.
Artikel III-112
Der Jahresbericht
der Kommission an das Europäische Parlament enthält stets ein besonderes
Kapitel über die
Entwicklung der sozialen Lage in der Union.
Das Europäische
Parlament kann die Kommission auffordern, Berichte über besondere, die soziale
Lage betreffende
Fragen auszuarbeiten.
CONV 850/03 111
Unterabschnitt
1
Der Europäische
Sozialfonds
Artikel III-113
Um die
Beschäftigungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer im Binnenmarkt zu verbessern und
damit
zur Anhebung des
Lebensstandards beizutragen, wird ein Europäischer Sozialfonds errichtet,
dessen
Ziel es ist,
innerhalb der Union die berufliche Verwendbarkeit und die örtliche und
berufliche
Mobilität der
Arbeitnehmer zu fördern sowie die Anpassung an die industriellen Wandlungspro-
zesse und an
Veränderungen der Produktionssysteme insbesondere durch berufliche Bildung und
Umschulung zu
erleichtern.
Artikel III-114
Die Kommission
verwaltet den Fonds.
Sie wird hierbei
von einem Ausschuss unterstützt, der aus Vertretern der Mitgliedstaaten sowie
der
Arbeitgeber- und
der Arbeitnehmerverbände besteht; den Vorsitz führt ein Mitglied der Kommis-
sion.
Artikel III-115
Die den
Europäischen Sozialfonds betreffenden Durchführungsmaßnahmen werden durch
Europä-
ische Gesetze
festgelegt. Diese werden nach Anhörung des Ausschusses der Regionen sowie des
Wirtschafts- und
Sozialausschusses erlassen.
CONV 850/03 112
ABSCHNITT
3
WIRTSCHAFTLICHER,
SOZIALER UND TERRITORIALER ZUSAMMENHALT
Artikel III-116
Die Union
entwickelt und verfolgt weiterhin ihre Politik zur Stärkung ihres
wirtschaftlichen, sozia-
len und
territorialen Zusammenhalts, um eine harmonische Entwicklung der Union als
Ganzes zu
fördern.
Die Union setzt
sich insbesondere zum Ziel, die Unterschiede im Entwicklungsstand der verschie-
denen Regionen und
den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete oder Inseln, ein-
schließlich der
ländlichen Gebiete, zu verringern.
Artikel III-117
Die Mitgliedstaaten
führen und koordinieren ihre Wirtschaftspolitik in der Weise, dass auch die in
Artikel III-116
genannten Ziele erreicht werden. Mit der Festlegung und Durchführung der
Politik
und der Aktionen
der Union sowie mit der Errichtung des Binnenmarkts werden diese Ziele berück-
sichtigt und wird
zu deren Verwirklichung beigetragen. Die Union unterstützt diese Bemühungen
auch durch die
Politik, die sie mit Hilfe der Strukturfonds (Europäischer Ausrichtungs- und
Garan-
tiefonds für die
Landwirtschaft - Abteilung Ausrichtung, Europäischer Sozialfonds, Europäischer
Fonds für
regionale Entwicklung), der Europäischen Investitionsbank und der sonstigen
vorhande-
nen
Finanzierungsinstrumente führt.
Die Kommission
erstattet dem Europäischen Parlament, dem Ministerrat, dem Ausschuss der Regi-
onen und dem
Wirtschafts- und Sozialausschuss alle drei Jahre Bericht über die Fortschritte
bei der
Verwirklichung des
wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts und über die Art
und Weise, in der
die in diesem Artikel vorgesehenen Mittel hierzu beigetragen haben. Diesem Be-
richt werden
erforderlichenfalls entsprechende Vorschläge beigefügt.
Unbeschadet der im
Rahmen der anderen Politikbereiche der Union erlassenen Maßnahmen können
spezifische
Maßnahmen außerhalb der Fonds durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze
fest-
gelegt werden.
Diese werden nach Anhörung des Ausschusses der Regionen sowie des Wirtschafts-
und
Sozialausschusses erlassen.
Artikel III-118
Aufgabe des
Europäischen Fonds für regionale Entwicklung ist es, durch Beteiligung an der
Ent-
wicklung und an
der strukturellen Anpassung der rückständigen Gebiete und an der Umstellung der
Industriegebiete
mit rückläufiger Entwicklung zum Ausgleich der wichtigsten regionalen Ungleich-
gewichte in der
Union beizutragen.
CONV 850/03 113
Artikel
III-119
Unbeschadet des
Artikels III-120 werden die Aufgaben, die vorrangigen Ziele und die
Organisation
der Strukturfonds,
einschließlich ihrer etwaigen Neuordnung, und die für die Fonds geltenden all-
gemeinen Regeln
sowie die Bestimmungen, die zur Gewährleistung einer wirksamen Arbeitsweise
und zur
Koordinierung der Fonds sowohl untereinander als auch mit den anderen
vorhandenen
Finanzierungsinstrumenten
erforderlich sind, durch Europäische Gesetze festgelegt.
Ein durch ein
Europäisches Gesetz eingerichteter Kohäsionsfonds trägt zu Vorhaben in den
Berei-
chen Umwelt und
transeuropäische Netze auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur finanziell bei.
In allen Fällen
werden die Europäischen Gesetze nach Anhörung des Ausschusses der Regionen
sowie des
Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen. Bis zum 1. Januar 2007 beschließt
der
Ministerrat
einstimmig.
Artikel III-120
Die den
Europäischen Fonds für regionale Entwicklung betreffenden
Durchführungsmaßnahmen
werden durch
Europäische Gesetze festgelegt. Diese werden nach Anhörung des Ausschusses der
Regionen sowie des
Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
Für den
Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung
Aus-
richtung, und den
Europäischen Sozialfonds gelten die Artikel III-127 und III-115.
CONV 850/03 114
ABSCHNITT
4
LANDWIRTSCHAFT UND
FISCHEREI
Artikel III-121
Die Union legt
eine gemeinsame Agrar- und Fischereipolitik fest und führt sie durch.
Unter
landwirtschaftlichen Erzeugnissen sind die Erzeugnisse des Bodens, der
Viehzucht und der
Fischerei sowie
die mit diesen in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Erzeugnisse der ersten
Verarbeitungsstufe
zu verstehen. Die Bezugnahmen auf die gemeinsame Agrarpolitik oder auf die
Landwirtschaft und
die Verwendung des Wortes "landwirtschaftlich" sind in dem Sinne zu
verste-
hen, dass damit
unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale des Fischereisektors auch die
Fischerei gemeint
ist.
Artikel III-122
(1) Der
Binnenmarkt umfasst auch die Landwirtschaft und den Handel mit landwirtschaft-
lichen
Erzeugnissen.
(2) Die Vorschriften
für die Verwirklichung des Binnenmarkts finden auf die landwirt-
schaftlichen
Erzeugnisse Anwendung, soweit in den Artikeln III-123 bis III-128 nicht etwas
anderes
bestimmt ist.
(3) Für die in
Anhang I 1 aufgeführten Erzeugnisse gelten die Artikel
III-123 bis III-128.
(4) Mit dem
Funktionieren und der Entwicklung des Binnenmarktes für landwirtschaftliche
Erzeugnisse muss
die Gestaltung einer gemeinsamen Agrarpolitik Hand in Hand gehen.
Artikel III-123
(1) Ziel der
gemeinsamen Agrarpolitik ist es:
a) die
Produktivität der Landwirtschaft durch Förderung des technischen Fortschritts,
Rationali-
sierung der
landwirtschaftlichen Erzeugung und den bestmöglichen Einsatz der Produktions-
faktoren,
insbesondere der Arbeitskräfte, zu steigern;
b) auf diese Weise
der landwirtschaftlichen Bevölkerung, insbesondere durch Erhöhung des
Pro-Kopf-Einkommens
der in der Landwirtschaft tätigen Personen, eine angemessene
Lebenshaltung zu
gewährleisten;
c) die Märkte zu
stabilisieren;
d) die Versorgung
sicherzustellen;
e) für die
Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen Sorge zu tragen.
(2) Bei der
Gestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik und der hierfür anzuwendenden be-
sonderen Methoden
ist Folgendes zu berücksichtigen:
a) die besondere
Eigenart der landwirtschaftlichen Tätigkeit, die sich aus dem sozialen Aufbau
der Landwirtschaft
und den strukturellen und naturbedingten Unterschieden der verschiede-
nen
landwirtschaftlichen Gebiete ergibt;
1
Dieser Anhang, der dem Anhang I des EGV entspricht, ist noch zu
erstellen.
CONV 850/03 115
b)
die Notwendigkeit, die geeigneten Anpassungen stufenweise durchzuführen;
c) die Tatsache,
dass die Landwirtschaft in den Mitgliedstaaten einen mit der gesamten Volks-
wirtschaft eng
verflochtenen Wirtschaftsbereich darstellt.
Artikel III-124
(1) Um die Ziele
des Artikels III-123 zu erreichen, wird eine gemeinsame Organisation der
Agrarmärkte
geschaffen.
Diese besteht je
nach Erzeugnis aus einer der folgenden Organisationsformen:
a) gemeinsame
Wettbewerbsregeln;
b) bindende
Koordinierung der verschiedenen einzelstaatlichen Marktordnungen;
c) eine
europäische Marktordnung.
(2) Die nach
Absatz 1 gestaltete gemeinsame Organisation kann alle zur Durchführung des
Artikels III-123
erforderlichen Maßnahmen einschließen, insbesondere Preisregelungen, Beihilfen
für die Erzeugung
und die Verteilung der verschiedenen Erzeugnisse, Einlagerungs- und Aus-
gleichsmaßnahmen,
gemeinsame Einrichtungen zur Stabilisierung der Ein- oder Ausfuhr.
Die gemeinsame
Organisation muss sich auf die Verfolgung der Ziele des Artikels III-123 be-
schränken und jede
Diskriminierung zwischen Erzeugern oder Verbrauchern innerhalb der Union
ausschließen.
Eine etwaige
gemeinsame Preispolitik muss auf gemeinsamen Grundsätzen und einheitlichen Be-
rechnungsmethoden
beruhen.
(3) Um der in
Absatz 1 genannten gemeinsamen Organisation die Erreichung ihrer Ziele zu
ermöglichen,
können ein oder mehrere Ausrichtungs- oder Garantiefonds für die Landwirtschaft
geschaffen werden.
Artikel III-125
Um die Ziele des
Artikels III-123 zu erreichen, können im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik
folgende Maßnahmen
vorgesehen werden:
a) eine wirksame
Koordinierung der Bestrebungen auf dem Gebiet der Berufsausbildung, der
Forschung und der
Verbreitung landwirtschaftlicher Fachkenntnisse; hierbei können Vor-
haben oder
Einrichtungen gemeinsam finanziert werden;
b) gemeinsame
Maßnahmen zur Förderung des Verbrauchs bestimmter Erzeugnisse.
CONV 850/03 116
Artikel
III-126
(1) Der Abschnitt
über die Wettbewerbsregeln findet auf die Produktion landwirtschaft-
licher Erzeugnisse
und den Handel mit diesen nur insoweit Anwendung, als Europäische Gesetze
oder Rahmengesetze
dies gemäß Artikel III-127 Absatz 2 unter Berücksichtigung der Ziele des
Artikels III-123
bestimmen.
(2) Der
Ministerrat kann auf Vorschlag der Kommission eine Europäische Verordnung oder
einen Europäischen
Beschluss erlassen, mit denen genehmigt wird, dass Beihilfen gewährt werden
a) zum Schutz von
Betrieben, die durch strukturelle oder naturgegebene Bedingungen benach-
teiligt sind, oder
b) im Rahmen
wirtschaftlicher Entwicklungsprogramme.
Artikel III-127
(1) Die Kommission
legt zur Gestaltung und Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik
Vorschläge vor,
welche unter anderem die Ablösung der einzelstaatlichen Marktordnungen durch
eine der in
Artikel III-124 Absatz 1 vorgesehenen gemeinsamen Organisationsformen sowie die
Durchführung der in
diesem Abschnitt bezeichneten Maßnahmen vorsehen.
Diese Vorschläge
tragen dem inneren Zusammenhang der in diesem Abschnitt aufgeführten land-
wirtschaftlichen
Fragen Rechnung.
(2) Durch
Europäische Gesetze oder Rahmengesetze werden die gemeinsame Organisation
der Agrarmärkte
nach Artikel III-124 Absatz 1 sowie die anderen Bestimmungen festgelegt, die
für
die Verwirklichung
der Ziele der gemeinsamen Agrar- und Fischereipolitik notwendig sind. Diese
Europäischen
Gesetze oder Rahmengesetze werden nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozial-
ausschusses
erlassen.
(3) Der
Ministerrat erlässt auf Vorschlag der Kommission die Europäischen Verordnungen
oder Beschlüsse
zur Festsetzung der Preise, der Abschöpfungen, der Beihilfen und der mengen-
mäßigen
Beschränkungen sowie zur Festsetzung und Aufteilung der Fangmöglichkeiten in
der
Fischerei.
(4) Die
einzelstaatlichen Marktordnungen können nach Maßgabe des Absatzes 2 durch die
in Artikel III-124
Absatz 1 vorgesehene gemeinsame Organisation ersetzt werden,
a) wenn diese den
Mitgliedstaaten, die sich gegen diese Maßnahme ausgesprochen haben und
eine eigene
Marktordnung für die in Betracht kommende Erzeugung besitzen, gleichwertige
Sicherheiten für
die Beschäftigung und den Lebensstandard der betreffenden Erzeuger bietet;
hierbei sind die
im Zeitablauf möglichen Anpassungen und erforderlichen Spezialisierungen
zu
berücksichtigen, und
b) wenn die
gemeinsame Organisation für den Handelsverkehr innerhalb der Union Bedingun-
gen sicherstellt,
die denen eines Binnenmarkts entsprechen.
CONV 850/03 117
(5)
Wird eine gemeinsame Organisation für bestimmte Rohstoffe geschaffen, bevor
eine
gemeinsame
Organisation für die entsprechenden weiterverarbeiteten Erzeugnisse besteht, so
kön-
nen die
betreffenden Rohstoffe aus Ländern außerhalb der Union eingeführt werden, wenn
sie für
weiterverarbeitete
Erzeugnisse verwendet werden, die zur Ausfuhr nach dritten Ländern bestimmt
sind.
Artikel III-128
Besteht in einem
Mitgliedstaat für ein Erzeugnis eine innerstaatliche Marktordnung oder Regelung
gleicher Wirkung
und wird dadurch eine gleichartige Erzeugung in einem anderen Mitgliedstaat in
ihrer
Wettbewerbslage beeinträchtigt, so erheben die Mitgliedstaaten bei der Einfuhr
des betreffen-
den Erzeugnisses
aus dem Mitgliedstaat, in dem die genannte Marktordnung oder Regelung besteht,
eine
Ausgleichsabgabe, es sei denn, dass dieser Mitgliedstaat eine Ausgleichsabgabe
bei der Aus-
fuhr erhebt.
Die Kommission
erlässt Europäische Verordnungen oder Beschlüsse, durch die diese Abgaben in
der zur
Wiederherstellung des Gleichgewichts erforderlichen Höhe festgesetzt werden;
sie kann
auch andere
Maßnahmen genehmigen, deren Bedingungen und Einzelheiten sie festlegt.
CONV 850/03 118
ABSCHNITT
5
UMWELT
Artikel III-129
(1) Die
Umweltpolitik der Union trägt zur Verfolgung der nachstehenden Ziele bei:
a) Erhaltung und
Schutz der Umwelt sowie Verbesserung ihrer Qualität;
b) Schutz der
menschlichen Gesundheit;
c) umsichtige und
rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen;
d) Förderung von
Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Bewältigung regionaler oder glo-
baler
Umweltprobleme.
(2) Die
Umweltpolitik der Union zielt unter Berücksichtigung der unterschiedlichen
Gege-
benheiten in den
einzelnen Regionen der Union auf ein hohes Schutzniveau ab. Sie beruht auf den
Grundsätzen der
Vorsorge und Vorbeugung, auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit
Vorrang an ihrem
Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip.
Im Hinblick
hierauf umfassen die den Erfordernissen des Umweltschutzes entsprechenden
Harmo-
nisierungsmaßnahmen
gegebenenfalls eine Schutzklausel, mit der die Mitgliedstaaten ermächtigt
werden, aus nicht
wirtschaftlich bedingten umweltpolitischen Gründen vorläufige Bestimmungen
zu erlassen, die
einem Kontrollverfahren der Union unterliegen.
(3) Bei der
Erarbeitung ihrer Umweltpolitik berücksichtigt die Union
a) die verfügbaren
wissenschaftlichen und technischen Daten;
b) die
Umweltbedingungen in den einzelnen Regionen der Union;
c) die Vorteile
und die Belastung aufgrund des Tätigwerdens bzw. eines Nichttätigwerdens;
d) die
wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Union insgesamt sowie die
ausgewogene
Entwicklung ihrer
Regionen.
(4) Die Union und
die Mitgliedstaaten arbeiten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse mit
dritten Ländern
und den zuständigen internationalen Organisationen zusammen. Die Einzelheiten
der Zusammenarbeit
der Union können Gegenstand von Abkommen zwischen dieser und den
betreffenden
dritten Parteien sein, die nach Artikel III-272 ausgehandelt und geschlossen
werden.
Unterabsatz 1
berührt nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, in internationalen Gremien
zu
verhandeln und
internationale Abkommen zu schließen.
CONV 850/03 119
Artikel
III-130
(1) Die Maßnahmen
zur Erreichung der in Artikel III-129 genannten Ziele werden durch
Europäische
Gesetze oder Rahmengesetze festgelegt. Diese werden nach Anhörung des Ausschus-
ses der Regionen
und des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
(2) Abweichend von
Absatz 1 und unbeschadet des Artikels III-65 erlässt der Ministerrat
einstimmig
Europäische Gesetze oder Rahmengesetze, die Folgendes betreffen:
a) Maßnahmen
überwiegend steuerlicher Art;
b) Maßnahmen, die
i) die Raumordnung
berühren;
ii) die
mengenmäßige Bewirtschaftung der Wasserressourcen berühren oder die Verfüg-
barkeit dieser
Ressourcen mittelbar oder unmittelbar betreffen;
iii) die
Bodennutzung mit Ausnahme der Abfallbewirtschaftung berühren;
c) Maßnahmen,
welche die Wahl eines Mitgliedstaats zwischen verschiedenen Energiequellen
und die allgemeine
Struktur seiner Energieversorgung erheblich berühren.
Der Ministerrat
kann einstimmig einen Europäischen Beschluss erlassen, in dem festgelegt wird,
dass für die in
Unterabsatz 1 genannten Fragen das ordentliche Gesetzgebungsverfahren gilt.
In allen Fällen
beschließt der Ministerrat nach Anhörung des Europäischen Parlaments, des Aus-
schusses der
Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses.
(3) Allgemeine
Aktionsprogramme, in denen die vorrangigen Ziele festgelegt werden, wer-
den durch
Europäische Gesetze festgelegt. Diese werden nach Anhörung des Ausschusses der
Regionen sowie des
Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
Die zur
Durchführung dieser Programme erforderlichen Maßnahmen werden, je nach Fall,
nach
dem in Absatz 1
bzw. Absatz 2 vorgesehenen Verfahren erlassen.
(4) Unbeschadet
bestimmter Maßnahmen der Union tragen die Mitgliedstaaten für die
Finanzierung und
Durchführung der Umweltpolitik Sorge.
(5) Sofern eine
Maßnahme nach Absatz 1 mit unverhältnismäßig hohen Kosten für die Be-
hörden eines
Mitgliedstaats verbunden ist, wird darin unbeschadet des Verursacherprinzips in
ge-
eigneter Form
Folgendes vorgesehen:
a) vorübergehende
Ausnahmeregelungen und/oder
b) eine
finanzielle Unterstützung aus dem Kohäsionsfonds.
CONV 850/03 120
Artikel
III-131
Die
Schutzbestimmungen, die aufgrund des Artikels III-130 erlassen werden, hindern
die einzelnen
Mitgliedstaaten
nicht daran, verstärkte Schutzbestimmungen beizubehalten oder zu erlassen. Die
betreffenden
Bestimmungen müssen mit der Verfassung vereinbar sein. Sie werden der Kommis-
sion notifiziert.
CONV 850/03 121
ABSCHNITT
6
VERBRAUCHERSCHUTZ
Artikel III-132
(1) Zur Förderung
der Interessen der Verbraucher und zur Gewährleistung eines hohen
Verbraucherschutzniveaus
leistet die Union einen Beitrag zum Schutz der Gesundheit, der Sicher-
heit und der
wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher sowie zur Förderung ihres Rechtes
auf In-
formation,
Erziehung und Bildung von Vereinigungen zur Wahrung ihrer Interessen.
(2) Die Union
leistet einen Beitrag zur Erreichung der in Absatz 1 genannten Ziele durch
a) Maßnahmen, die
im Rahmen der Verwirklichung des Binnenmarkts nach Artikel III-65 erlas-
sen werden;
b) Maßnahmen zur
Unterstützung, Ergänzung und Überwachung der Politik der Mitgliedstaaten.
(3) Die Maßnahmen
nach Absatz 2 Buchstabe b werden durch Europäische Gesetze oder
Rahmengesetze
festgelegt. Diese werden nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses
erlassen.
(4) Die nach
Absatz 3 erlassenen Rechtsakte hindern die einzelnen Mitgliedstaaten nicht
daran, strengere
Schutzbestimmungen beizubehalten oder zu erlassen. Diese Bestimmungen müssen
mit der Verfassung
vereinbar sein. Sie werden der Kommission notifiziert.
CONV 850/03 122
ABSCHNITT
7
VERKEHR
Artikel III-133
Auf dem in diesem
Abschnitt geregelten Sachgebiet werden die Ziele der Verfassung im Rahmen
einer gemeinsamen
Verkehrspolitik verfolgt.
Artikel III-134
Artikel III-133
wird unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Verkehrs im Wege von Euro-
päischen Gesetzen
oder Rahmengesetzen durchgeführt. Diese werden nach Anhörung des Aus-
schusses der Regionen
und des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
Die Europäischen
Gesetze oder Rahmengesetze umfassen Folgendes:
a) gemeinsame
Regeln für den internationalen Verkehr aus oder nach dem Hoheitsgebiet eines
Mitgliedstaats
oder für den Durchgangsverkehr durch das Hoheitsgebiet eines oder mehrerer
Mitgliedstaaten;
b) Bedingungen für
die Zulassung von Verkehrsunternehmern zum Verkehr innerhalb eines
Mitgliedstaats, in
dem sie nicht ansässig sind;
c) Maßnahmen zur
Verbesserung der Verkehrssicherheit;
d) alle sonstigen
zweckdienlichen Maßnahmen.
Artikel III-135
Bis zum Erlass der
in Artikel III-134 Absatz 1 genannten Europäischen Gesetze oder Rahmenge-
setze darf ein
Mitgliedstaat die verschiedenen, am 1. Januar 1958 oder, im Falle später
beigetretener
Staaten, zum
Zeitpunkt ihres Beitritts auf diesem Gebiet geltenden Vorschriften in ihren
unmittelba-
ren oder
mittelbaren Auswirkungen auf die Verkehrsunternehmer anderer Mitgliedstaaten im
Ver-
gleich zu den
inländischen Verkehrsunternehmern nicht ungünstiger gestalten, es sei denn,
dass der
Ministerrat
einstimmig einen Europäischen Beschluss erlässt, der eine Ausnahmeregelung
vorsieht.
Artikel III-136
Mit der Verfassung
vereinbar sind Beihilfen, die den Erfordernissen der Koordinierung des Ver-
kehrs oder der
Abgeltung bestimmter, mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes zusammenhängen-
der Leistungen
entsprechen.
CONV 850/03 123
Artikel
III-137
Jede Maßnahme auf
dem Gebiet der Beförderungsentgelte und -bedingungen, die im Rahmen der
Verfassung
erlassen wird, hat der wirtschaftlichen Lage der Verkehrsunternehmer Rechnung
zu
tragen.
Artikel III-138
(1) Im Verkehr
innerhalb der Union sind die Diskriminierungen verboten, die darin beste-
hen, dass ein
Verkehrsunternehmer in denselben Verkehrsverbindungen für die gleichen Güter je
nach ihrem
Herkunfts- oder Bestimmungsmitgliedstaat unterschiedliche Frachten und Beförde-
rungsbedingungen
anwendet.
(2) Absatz 1
schließt nicht aus, dass sonstige Europäische Gesetze oder Rahmengesetze
gemäß Artikel
III-134 Absatz 1 erlassen werden können.
(3) Der
Ministerrat erlässt auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder
Beschlüsse zur
Durchführung des Absatzes 1. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Par-
laments und des
Wirtschafts- und Sozialausschusses.
Er kann
insbesondere die erforderlichen Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse
erlassen, um
es den Organen zu
ermöglichen, für die Beachtung des Absatzes 1 Sorge zu tragen, und um den
Verkehrsnutzern
die Vorteile dieser Bestimmung voll zugute kommen zu lassen.
(4) Die Kommission
prüft von sich aus oder auf Antrag eines Mitgliedstaats die Diskrimi-
nierungsfälle nach
Absatz 1 und erlässt nach Beratung mit jedem in Betracht kommenden Mitglied-
staat die
erforderlichen Europäischen Beschlüsse im Rahmen der in Absatz 3 genannten
Euro-
päischen
Verordnungen oder Beschlüsse.
Artikel III-139
(1) Im Verkehr
innerhalb der Union sind die von einem Mitgliedstaat auferlegten Frachten
und
Beförderungsbedingungen verboten, die in irgendeiner Weise der Unterstützung
oder dem
Schutz eines oder
mehrerer bestimmter Unternehmen oder Industrien dienen, es sei denn, dass die
Kommission mit
einem Europäischen Beschluss die Genehmigung hierzu erteilt.
(2) Die Kommission
prüft von sich aus oder auf Antrag eines Mitgliedstaats die in Absatz 1
bezeichneten
Frachten und Beförderungsbedingungen; hierbei berücksichtigt sie insbesondere
so-
wohl die
Erfordernisse einer angemessenen Standortpolitik, die Bedürfnisse der
unterentwickelten
Gebiete und die
Probleme der durch politische Umstände schwer betroffenen Gebiete als auch die
Auswirkungen
dieser Frachten und Beförderungsbedingungen auf den Wettbewerb zwischen den
Verkehrsarten.
Die Kommission
erlässt die erforderlichen Europäischen Beschlüsse nach Anhörung jedes in Be-
tracht kommenden
Mitgliedstaats.
(3) Das in Absatz
1 genannte Verbot gilt nicht für die Wettbewerbstarife.
CONV 850/03 124
Artikel
III-140
Die Abgaben oder
Gebühren, die ein Verkehrsunternehmer neben den Frachten beim Grenzüber-
gang in Rechnung
stellt, dürfen unter Berücksichtigung der hierdurch tatsächlich verursachten
Kosten eine
angemessene Höhe nicht übersteigen.
Die
Mitgliedstaaten werden bemüht sein, diese Kosten zu verringern.
Die Kommission
kann zur Durchführung dieses Artikels Empfehlungen an die Mitgliedstaaten
richten.
Artikel III-141
Die Bestimmungen
dieses Abschnitts stehen Maßnahmen in der Bundesrepublik Deutschland nicht
entgegen, soweit
sie erforderlich sind, um die wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen, die der
Wirtschaft
bestimmter, von der Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik
aus
dieser Teilung
entstehen.
Artikel III-142
Bei der Kommission
wird ein beratender Ausschuss gebildet; er besteht aus Sachverständigen, die
von den
Regierungen der Mitgliedstaaten ernannt werden. Die Kommission hört den
Ausschuss je
nach Bedarf in
Verkehrsfragen an.
Artikel III-143
(1) Dieser
Abschnitt gilt für die Beförderungen im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffs-
verkehr.
(2) Durch
Europäische Gesetze oder Rahmengesetze können geeignete Maßnahmen für die
Seeschifffahrt und
Luftfahrt festgelegt werden. Diese werden nach Anhörung des Ausschusses der
Regionen und des
Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
CONV 850/03 125
ABSCHNITT
8
TRANSEUROPÄISCHE
NETZE
Artikel III-144
(1) Um einen
Beitrag zur Verwirklichung der Ziele der Artikel III-14 und III-116 zu leisten
und den Bürgern
der Union, den Wirtschaftsbeteiligten sowie den regionalen und lokalen Gebiets-
körperschaften in
vollem Umfang die Vorteile zugute kommen zu lassen, die sich aus der Schaffung
eines Raumes ohne
Binnengrenzen ergeben, trägt die Union zum Auf- und Ausbau transeuropäi-
scher Netze in den
Bereichen der Verkehrs-, Telekommunikations- und Energieinfrastruktur bei.
(2) Die Tätigkeit
der Union zielt im Rahmen eines Systems offener und wettbewerbsorien-
tierter Märkte auf
die Förderung des Verbunds und der Interoperabilität der einzelstaatlichen
Netze
sowie des Zugangs
zu diesen Netzen ab. Sie trägt insbesondere der Notwendigkeit Rechnung, insu-
lare,
eingeschlossene und am Rande gelegene Gebiete mit den zentralen Gebieten der
Union zu
verbinden.
Artikel III-145
(1) Zur Erreichung
der Ziele des Artikels III-144 geht die Union wie folgt vor:
a) Sie stellt eine
Reihe von Leitlinien auf, in denen die Ziele, die Prioritäten und die Grundzüge
der im Bereich der
transeuropäischen Netze in Betracht gezogenen Aktionen erfasst werden;
in diesen
Leitlinien werden Vorhaben von gemeinsamem Interesse ausgewiesen;
b) sie führt jede
Aktion durch, die sich gegebenenfalls als notwendig erweist, um die Interopera-
bilität der Netze
zu gewährleisten, insbesondere im Bereich der Harmonisierung der techni-
schen Normen;
c) sie kann von
den Mitgliedstaaten unterstützte Vorhaben von gemeinsamem Interesse, die im
Rahmen der
Leitlinien gemäß Buchstabe a ausgewiesen sind, insbesondere in Form von
Durchführbarkeitsstudien,
Anleihebürgschaften oder Zinszuschüssen unterstützen; die Union
kann auch über den
Kohäsionsfonds zu spezifischen Verkehrsinfrastrukturvorhaben in den
Mitgliedstaaten
finanziell beitragen.
Die Union
berücksichtigt bei ihren Maßnahmen die potenzielle wirtschaftliche
Lebensfähigkeit der
Vorhaben.
(2) Die Leitlinien
und die übrigen Maßnahmen nach Absatz 1 werden durch Europäische
Gesetze oder
Rahmengesetze festgelegt. Diese werden nach Anhörung des Ausschusses der Regio-
nen sowie des
Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
Leitlinien und
Vorhaben von gemeinsamem Interesse, die das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats
betreffen,
bedürfen der Zustimmung des betroffenen Mitgliedstaats.
CONV 850/03 126
(3)
Die Mitgliedstaaten koordinieren untereinander in Verbindung mit der Kommission
die
einzelstaatliche
Politik in den Bereichen, in denen sie sich erheblich auf die Verwirklichung
der
Ziele des Artikels
III-144 auswirken kann. Die Kommission kann in enger Zusammenarbeit mit den
Mitgliedstaaten
alle Initiativen ergreifen, die dieser Koordinierung förderlich sind.
(4) Die Union kann
zur Förderung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse sowie zur
Sicherstellung der
Interoperabilität der Netze mit dritten Ländern zusammenarbeiten.
CONV 850/03 127
ABSCHNITT
9
FORSCHUNG UND
TECHNOLOGISCHE ENTWICKLUNG UND RAUMFAHRT
Artikel III-146
(1) Die Union ist
bestrebt, die wissenschaftlichen und technologischen Grundlagen der In-
dustrie der Union
zu stärken und die Entwicklung ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit zu
fördern sowie alle
Forschungsmaßnahmen zu unterstützen, die aufgrund anderer Kapitel der Verfas-
sung für
erforderlich gehalten werden.
(2) In diesem
Sinne unterstützt sie in der gesamten Union die Unternehmen - einschließlich
der kleinen und
mittleren Unternehmen -, die Forschungszentren und die Hochschulen bei ihren
Bemühungen auf dem
Gebiet der Forschung und technologischen Entwicklung von hoher Qualität;
sie fördert ihre
Zusammenarbeitsbestrebungen, damit vor allem die Forscher ungehindert über die
Grenzen hinweg
zusammenarbeiten und die Unternehmen die Möglichkeiten des Binnenmarkts
nutzen können, und
zwar insbesondere durch Öffnen des einzelstaatlichen öffentlichen Auftragswe-
sens, Festlegung
gemeinsamer Normen und Beseitigung der dieser Zusammenarbeit entgegenste-
henden rechtlichen
und steuerlichen Hindernisse.
(3) Alle Maßnahmen
der Union aufgrund der Verfassung auf dem Gebiet der Forschung
und der
technologischen Entwicklung, einschließlich der Demonstrationsvorhaben, werden
nach
Maßgabe dieses Abschnitts
beschlossen und durchgeführt.
Artikel III-147
Zur Erreichung
dieser Ziele trifft die Union folgende Maßnahmen, welche die in den
Mitgliedstaa-
ten durchgeführten
Aktionen ergänzen:
a) Durchführung
von Programmen für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstra-
tion unter
Förderung der Zusammenarbeit mit und zwischen Unternehmen, Forschungszen-
tren und
Hochschulen;
b) Förderung der
Zusammenarbeit der Union mit dritten Ländern und internationalen Organisa-
tionen auf dem
Gebiet der Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration;
c) Verbreitung und
Auswertung der Ergebnisse der Tätigkeiten der Union auf dem Gebiet der
Forschung,
technologischen Entwicklung und Demonstration;
d) Förderung der
Ausbildung und der Mobilität der Forscher aus der Union.
CONV 850/03 128
Artikel
III-148
(1) Die Union und
die Mitgliedstaaten koordinieren ihre Tätigkeiten auf dem Gebiet der
Forschung und der
technologischen Entwicklung, um die Kohärenz der einzelstaatlichen Politik und
der Politik der
Union sicherzustellen.
(2) Die Kommission
kann in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten alle Initiativen
ergreifen, die der
Koordinierung nach Absatz 1 förderlich sind, insbesondere Initiativen, die
darauf
abzielen,
Leitlinien und Indikatoren festzulegen, den Austausch bewährter Verfahren
durchzuführen
und die
erforderlichen Elemente für eine regelmäßige Überwachung und Bewertung
auszuarbeiten.
Das Europäische
Parlament wird in vollem Umfang unterrichtet.
Artikel III-149
(1) Das mehrjährige
Rahmenprogramm, in dem alle Aktionen der Union zusammengefasst
werden, wird durch
Europäische Gesetze festgelegt. Diese werden nach Anhörung des Wirtschafts-
und
Sozialausschusses erlassen.
In dem
Rahmenprogramm werden
a) die
wissenschaftlichen und technologischen Ziele, die mit den Maßnahmen nach Arti-
kel III-147
erreicht werden sollen, sowie die jeweiligen Prioritäten festgelegt;
b) die Grundzüge
dieser Maßnahmen angegeben;
c) der
Gesamthöchstbetrag und die Einzelheiten der finanziellen Beteiligung der Union
am
Rahmenprogramm
sowie die jeweiligen Anteile der vorgesehenen Maßnahmen festgelegt.
(2) Das
Rahmenprogramm wird je nach Entwicklung der Lage angepasst oder ergänzt.
(3) Die
Durchführung des Rahmenprogramms erfolgt durch spezifische Programme, die in-
nerhalb einer
jeden Aktion entwickelt werden. In jedem spezifischen Programm werden die
Einzel-
heiten seiner
Durchführung, seine Laufzeit und die für notwendig erachteten Mittel
festgelegt. Die
Summe der in den
spezifischen Programmen für notwendig erachteten Beträge darf den für das
Rahmenprogramm und
für jede Aktion festgesetzten Gesamthöchstbetrag nicht überschreiten.
(4) Der
Ministerrat erlässt auf Vorschlag der Kommission die Europäischen Verordnungen
oder Beschlüsse,
mit denen die spezifischen Programme festgelegt werden. Er beschließt nach An-
hörung des
Europäischen Parlaments sowie des Wirtschafts- und Sozialausschusses.
Artikel III-150
Zur Durchführung
des mehrjährigen Rahmenprogramms wird durch Europäische Gesetze oder
Rahmengesetze
Folgendes festgelegt:
a) die Regeln für
die Beteiligung der Unternehmen, der Forschungszentren und der Hoch-
schulen;
b) die Regeln für
die Verbreitung der Forschungsergebnisse.
Diese Europäischen
Gesetze oder Rahmengesetze werden nach Anhörung des Wirtschafts- und So-
zialausschusses
erlassen.
CONV 850/03 129
Artikel
III-151
Bei der
Durchführung des mehrjährigen Rahmenprogramms können in Europäischen Gesetzen
Zu-
satzprogramme
vorgesehen werden, an denen nur bestimmte Mitgliedstaaten teilnehmen, die sie
vorbehaltlich
einer etwaigen Beteiligung der Union auch finanzieren.
In diesen Gesetzen
werden die Regeln für die Zusatzprogramme, insbesondere hinsichtlich der
Verbreitung der
Kenntnisse und des Zugangs anderer Mitgliedstaaten, festgelegt. Die Gesetze
wer-
den nach Anhörung
des Wirtschafts- und Sozialausschusses und mit Zustimmung der betreffenden
Mitgliedstaaten
erlassen.
Für die
Verabschiedung der Zusatzprogramme ist die Zustimmung der daran beteiligten
Mitglied-
staaten
erforderlich.
Artikel III-152
In Europäischen
Gesetzen kann im Einvernehmen mit den betreffenden Mitgliedstaaten bei der
Durchführung des
mehrjährigen Rahmenprogramms eine Beteiligung an Forschungs- und Ent-
wicklungsprogrammen
mehrerer Mitgliedstaaten, einschließlich der Beteiligung an den zu ihrer
Durchführung
geschaffenen Strukturen, vorgesehen werden.
Diese Gesetze
werden nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
Artikel III-153
Die Union kann bei
der Durchführung des mehrjährigen Rahmenprogramms eine Zusammenarbeit
auf dem Gebiet der
Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration der Union mit
dritten Ländern
oder internationalen Organisationen vorsehen.
Die Einzelheiten
dieser Zusammenarbeit können Gegenstand von Abkommen zwischen der Union
und den
betreffenden dritten Parteien sein, die nach Artikel III-227 ausgehandelt und
geschlossen
werden.
Artikel III-154
Der Ministerrat
kann auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse
erlassen, durch
die gemeinsame Unternehmen gegründet oder andere Strukturen geschaffen werden,
die für die
ordnungsgemäße Durchführung der Programme für Forschung, technologische
Entwick-
lung und
Demonstration der Union erforderlich sind. Er beschließt nach Anhörung des
Euro-
päischen
Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses.
Artikel III-155
(1) Zur Förderung
des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts, der Wettbewerbsfä-
higkeit der Industrie
und der Durchführung ihrer Politik arbeitet die Union eine europäische Raum-
fahrtpolitik aus.
Sie kann zu diesem Zweck gemeinsame Initiativen fördern, die Forschung und
technologische
Entwicklung unterstützen und die Anstrengungen zur Erforschung und Nutzung des
Weltraums
koordinieren.
CONV 850/03 130
(2)
Als Beitrag zur Erreichung der Ziele nach Absatz 1 können durch Europäische
Gesetze
oder Rahmengesetze
die notwendigen Maßnahmen festgelegt werden, was in Form eines euro-
päischen
Raumfahrtprogramms geschehen kann.
Artikel III-156
Zu Beginn jedes
Jahres unterbreitet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Minis-
terrat einen
Bericht. Dieser Bericht erstreckt sich insbesondere auf die Tätigkeiten auf dem
Gebiet
der Forschung und
technologischen Entwicklung und der Verbreitung der Ergebnisse dieser Tätig-
keiten während des
Vorjahrs sowie auf das Arbeitsprogramm des laufenden Jahres.
CONV 850/03 131
ABSCHNITT
10
ENERGIE
Artikel III-157
(1) Die
Energiepolitik der Union hat im Rahmen der Verwirklichung des Binnenmarkts und
unter
Berücksichtigung der Erfordernisse der Erhaltung und der Verbesserung der
Umwelt folgende
Ziele:
a) Sicherstellung
des Funktionierens des Energiemarkts,
b) Gewährleistung
der Energieversorgungssicherheit in der Union und
c) Förderung der
Energieeffizienz und von Energieeinsparungen sowie Entwicklung neuer und
erneuerbarer
Energiequellen.
(2) Die für die
Erreichung der in Absatz 1 genannten Ziele erforderlichen Maßnahmen wer-
den durch
Europäische Gesetze oder Rahmengesetze festgelegt. Diese werden nach Anhörung
des
Ausschusses der
Regionen sowie des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
Diese Gesetze oder
Rahmengesetze berühren unbeschadet des Artikels III-130 Absatz 2 Buch-
stabe c nicht die
Wahl eines Mitgliedstaats zwischen verschiedenen Energiequellen und die allge-
meine Struktur
seiner Energieversorgung.
CONV 850/03 132
KAPITEL
IV
RAUM
DER FREIHEIT, DER SICHERHEIT UND DES RECHTS
ABSCHNITT 1
ALLGEMEINE
BESTIMMUNGEN
Artikel III-158
(1) Die Union
bildet einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem die
Grundrechte
geachtet und die verschiedenen Rechtstraditionen und -ordnungen der
Mitgliedstaaten
berücksichtigt
werden.
(2) Sie stellt sicher,
dass Personen an den Binnengrenzen nicht kontrolliert werden, und
entwickelt eine
gemeinsame Politik in den Bereichen Asyl, Einwanderung und Kontrollen an den
Außengrenzen, die
sich auf die Solidarität der Mitgliedstaaten gründet und gegenüber
Drittstaatsan-
gehörigen gerecht
ist. Für die Zwecke dieses Kapitels werden Staatenlose den Drittstaatsangehöri-
gen
gleichgestellt.
(3) Die Union
wirkt darauf hin, durch Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung von
Kriminalität sowie
von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, zur Koordinierung und Zusammenar-
beit von
Polizeibehörden und Organen der Strafrechtspflege und den anderen zuständigen
Behörden
sowie durch die
gegenseitige Anerkennung strafrechtlicher Entscheidungen und
erforderlichenfalls
durch die
Angleichung der strafrechtlichen Bestimmungen ein hohes Sicherheitsniveau zu
gewähr-
leisten.
(4) Die Union
erleichtert den Zugang zum Recht, insbesondere durch den Grundsatz der
gegenseitigen
Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen.
Artikel III-159
Der Europäische
Rat legt die strategischen Leitlinien für die legislative und operative
Programm-
planung im Raum
der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts fest.
Artikel III-160
Die nationalen
Parlamente der Mitgliedstaaten tragen bei Gesetzgebungsvorschlägen und
-initiativen, die
im Rahmen der Abschnitte 4 und 5 dieses Kapitels vorgelegt werden, Sorge für
die
Achtung des
Subsidiaritätsprinzips gemäß den im Protokoll über die Anwendung der Grundsätze
der Subsidiarität
und der Verhältnismäßigkeit vorgesehenen besonderen Modalitäten.
Die nationalen
Parlamente der Mitgliedstaaten können sich an den Bewertungsmechanismen nach
Artikel III-161
sowie an der politischen Kontrolle von Europol und der Bewertung der Tätigkeit
von Eurojust gemäß
den Artikeln III-177 und III-174 beteiligen.
CONV 850/03 133
Artikel
III-161
Unbeschadet der
Artikel III-265 bis III-267 kann der Ministerrat auf Vorschlag der Kommission
Europäische
Verordnungen oder Beschlüsse erlassen, mit denen Modalitäten festgelegt werden,
nach denen die
Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit der Kommission eine objektive und unpar-
teiische Bewertung
der Durchführung der unter dieses Kapitel fallenden Unionspolitik durch die
Behörden der
Mitgliedstaaten vornehmen, insbesondere um die umfassende Anwendung des
Grundsatzes der
gegenseitigen Anerkennung zu fördern. Das Europäische Parlament und die natio-
nalen Parlamente
der Mitgliedstaaten werden vom Inhalt und den Ergebnissen dieser Bewertung
unterrichtet.
Artikel III-162
Im Ministerrat
wird ein ständiger Ausschuss eingesetzt, um sicherzustellen, dass innerhalb der
Union die
operative Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit gefördert und
verstärkt
wird. Er fördert
unbeschadet des Artikels III-247 die Koordinierung der Maßnahmen der zuständi-
gen Behörden der
Mitgliedstaaten. Die Vertreter der betroffenen Einrichtungen, Ämter und Agentu-
ren der Union
können an den Beratungen des Ausschusses beteiligt werden. Das Europäische Par-
lament und die
nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten werden über die Beratungen auf dem
Laufenden
gehalten.
Artikel III-163
Dieses Kapitel
berührt nicht die Wahrnehmung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die
Auf-
rechterhaltung der
öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit.
Artikel III-164
Der Ministerrat
erlässt Europäische Verordnungen, um die Verwaltungszusammenarbeit zwischen
den zuständigen
Stellen der Mitgliedstaaten in den Bereichen dieses Kapitels sowie die
Zusammen-
arbeit zwischen
diesen Stellen und der Kommission zu gewährleisten. Dabei beschließt er auf
Vor-
schlag der
Kommission unbeschadet von Artikel III-165 und nach Anhörung des Europäischen
Parlaments.
Artikel III-165
Die in den
Abschnitten 4 und 5 dieses Kapitels genannten Rechtsakte werden
a) auf Vorschlag
der Kommission oder
b) auf Initiative
eines Viertels der Mitgliedstaaten
erlassen.
CONV 850/03 134
ABSCHNITT
2
POLITIK BETREFFEND
GRENZKONTROLLEN, ASYL UND EINWANDERUNG
Artikel III-166
(1) Die Union
entwickelt eine Politik, mit der
a) sichergestellt
werden soll, dass Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit beim
Überschreiten der
Binnengrenzen nicht kontrolliert werden;
b) die
Personenkontrolle und die wirksame Überwachung des Grenzübertritts an den
Außen-
grenzen
sichergestellt werden soll;
c) schrittweise
ein integriertes Grenzschutzsystem an den Außengrenzen eingeführt werden soll.
(2) Zu diesem
Zweck werden durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze Maßnahmen
festgelegt, die
folgende Bereiche betreffen:
a) die gemeinsame
Politik in Bezug auf Visa und andere kurzfristige Aufenthaltstitel;
b) die Kontrollen,
denen Personen beim Überschreiten der Außengrenzen unterzogen werden;
c) die
Voraussetzungen, unter denen sich Drittstaatsangehörige innerhalb der Union
während
eines kurzen
Zeitraums frei bewegen können;
d) alle Maßnahmen,
die für die schrittweise Einführung eines integrierten Grenzschutzsystems
an den
Außengrenzen erforderlich sind;
e) die Abschaffung
der Kontrolle von Personen gleich welcher Staatsangehörigkeit beim Über-
schreiten der
Binnengrenzen.
(3) Dieser Artikel
berührt nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die geografische
Festlegung ihrer
Grenzen nach dem Völkerrecht.
Artikel III-167
(1) Die Union
entwickelt eine gemeinsame Politik im Bereich Asyl und vorübergehender
Schutz, mit der
jedem Drittstaatsangehörigen, der internationalen Schutz benötigt, ein
angemesse-
ner Status
angeboten und die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung
gewährleistet
werden soll. Diese
Politik muss mit dem Genfer Abkommen vom 28. Juli 1951, dem Protokoll vom
31. Januar 1967
über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und den anderen einschlägigen Verträgen
im Einklang
stehen.
CONV 850/03 135
(2)
Zu diesem Zweck werden durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze Maßnahmen
in Bezug auf eine
gemeinsame europäische Asylregelung festgelegt, die Folgendes umfasst:
a) einen in der
ganzen Union gültigen einheitlichen Asylstatus für Drittstaatsangehörige;
b) einen
einheitlichen subsidiären Schutzstatus für Drittstaatsangehörige, die zwar
keinen euro-
päischen
Asylstatus erhalten, aber dennoch internationalen Schutz benötigen;
c) eine gemeinsame
Regelung für den vorübergehenden Schutz von Vertriebenen im Falle eines
Massenzustroms;
d) gemeinsame
Verfahren für die Gewährung und den Entzug des einheitlichen Asylstatus bzw.
des subsidiären
Schutzstatus;
e) Kriterien und
Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines An-
trags auf Asyl
oder subsidiären Schutz zuständig ist;
f) Normen für die
Aufnahmebedingungen von Personen, die Asyl oder subsidiären Schutz be-
antragen;
g) Partnerschaft
und Zusammenarbeit mit Drittstaaten zur Steuerung der Zuwanderungsströme
von Personen, die
Asyl oder subsidiären bzw. vorübergehenden Schutz beantragen.
(3) Befinden sich
ein oder mehrere Mitgliedstaaten aufgrund eines plötzlichen Zustroms
von
Staatsangehörigen dritter Länder in einer Notlage, so kann der Ministerrat auf
Vorschlag der
Kommission
Europäische Verordnungen oder Beschlüsse erlassen, die vorläufige Maßnahmen zu-
gunsten der
betreffenden Mitgliedstaaten vorsehen. Er beschließt nach Anhörung des
Europäischen
Parlaments.
Artikel III-168
(1) Die Union
entwickelt eine gemeinsame Einwanderungspolitik, die in allen Phasen eine
effiziente
Steuerung der Migrationsströme, eine angemessene Behandlung von
Drittstaatsangehöri-
gen, die sich
rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, sowie eine Prävention und
verstärkte Be-
kämpfung von
illegaler Einwanderung und Menschenhandel gewährleisten soll.
(2) Zu diesem
Zweck werden durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze die Maß-
nahmen in
folgenden Bereichen festgelegt:
a) Einreise- und
Aufenthaltsvoraussetzungen sowie Normen für die Erteilung von Visa für einen
langfristigen
Aufenthalt und von Aufenthaltstiteln, einschließlich solcher zur Familienzusam-
menführung, durch
die Mitgliedstaaten;
b) Festlegung der
Rechte von Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat
aufhalten,
einschließlich der Bedingungen, unter denen sie sich in den anderen
Mitgliedstaa-
ten frei bewegen
und aufhalten dürfen;
CONV 850/03 136
c)
illegale Einwanderung und illegaler Aufenthalt, einschließlich Abschiebung und
der Rückfüh-
rung solcher
Personen, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten;
d) Bekämpfung des
Menschenhandels, insbesondere des Handels mit Frauen und Kindern.
(3) Die Union kann
gemäß Artikel III-227 mit Drittländern Abkommen über eine Rück-
übernahme illegal
aufhältiger Drittstaatsangehöriger in ihr Ursprungs- oder Herkunftsland
schließen.
(4) Durch
Europäische Gesetze oder Rahmengesetze können unter Ausschluss jeglicher
Harmonisierung der
Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten Maßnahmen festge-
legt werden, mit
denen die Bemühungen der Mitgliedstaaten um die Integration der sich rechtmäßig
in ihrem
Hoheitsgebiet aufhaltenden Drittstaatsangehörigen gefördert und unterstützt
werden.
(5) Dieser Artikel
berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten, festzulegen, wie viele Dritt-
staatsangehörige
aus Drittstaaten in ihr Hoheitsgebiet einreisen dürfen, um dort als
Arbeitnehmer
oder
Selbstständige Arbeit zu suchen.
Artikel III-169
Für die unter
diesen Abschnitt fallende Politik der Union und ihre Umsetzung gilt der
Grundsatz der
Solidarität und
der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten unter den Mitgliedstaaten,
und
zwar auch in
finanzieller Hinsicht. Die aufgrund dieses Abschnitts erlassenen Rechtsakte der
Union
enthalten, wenn
dies erforderlich ist, immer entsprechende Maßnahmen für die Anwendung dieses
Grundsatzes.
CONV 850/03 137
ABSCHNITT
3
JUSTIZIELLE
ZUSAMMENARBEIT IN ZIVILSACHEN
Artikel III-170
(1) Die Union
entwickelt eine justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüber-
schreitenden
Bezügen, die auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher und
außergerichtlicher
Entscheidungen beruht. Diese Zusammenarbeit kann den Erlass von Maßnahmen
zur Angleichung
der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten umfassen.
(2) Zu diesem
Zweck werden durch Gesetze oder Rahmengesetze Maßnahmen festgelegt,
die unter anderem
Folgendes sicherstellen sollen:
a) die
gegenseitige Anerkennung und die Vollstreckung gerichtlicher und
außergerichtlicher
Entscheidungen
zwischen den Mitgliedstaaten;
b) die
grenzüberschreitende Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher
Schriftstücke;
c) die
Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen und
Vorschriften
zur Vermeidung von
Kompetenzkonflikten;
d) die
Zusammenarbeit bei der Erhebung von Beweismitteln;
e) ein hohes
Niveau hinsichtlich des Zugangs zum Recht;
f) die
reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren, erforderlichenfalls durch Förderung
der
Vereinbarkeit der
in den Mitgliedstaaten geltenden zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften;
g) die Entwicklung
von alternativen Methoden für die Beilegung von Streitigkeiten;
h) Unterstützung
bei der Weiterbildung von Richtern und Justizbediensteten.
(3) Abweichend von
Absatz 2 werden Maßnahmen zum Familienrecht mit grenzüber-
schreitenden
Bezügen durch ein Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Ministerrates
festge-
legt. Dieser
beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
Der Ministerrat
kann auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss erlassen, durch
den die Aspekte
des Familienrechts mit grenzüberschreitenden Bezügen bestimmt werden, die Ge-
genstand von
Rechtsakten sein können, welche nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
er-
lassen werden. Der
Ministerrat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
CONV 850/03 138
ABSCHNITT
4
JUSTIZIELLE
ZUSAMMENARBEIT IN STRAFSACHEN
Artikel III-171
(1) Die
justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen in der Union beruht auf dem Grundsatz
der gegenseitigen
Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen und umfasst die Anglei-
chung der Rechts-
und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten in den Bereichen von Absatz 2
und Artikel
III-172.
Durch Europäische
Gesetze oder Rahmengesetze werden Maßnahmen festgelegt, um
a) Regeln und
Verfahren festzulegen, mit denen die Anerkennung aller Arten von Urteilen und
gerichtlichen Entscheidungen
in der gesamten Union sichergestellt wird;
b)
Kompetenzkonflikte zwischen den Mitgliedstaaten zu verhindern und beizulegen;
c) die
Weiterbildung von Richtern und Staatsanwälten sowie Justizbediensteten zu
fördern;
d) die
Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden oder entsprechenden Behörden der
Mit-
gliedstaaten im
Rahmen der Strafverfolgung sowie des Vollzuges und der Vollstreckung von
Entscheidungen zu
erleichtern.
(2) Zur
Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entschei-
dungen und der
polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen mit
grenzüberschrei-
tender Dimension
können durch Europäische Rahmengesetze Mindestvorschriften festgelegt wer-
den, die Folgendes
betreffen:
a) die
Zulässigkeit von Beweismitteln auf gegenseitiger Basis zwischen den
Mitgliedstaaten;
b) die Rechte des
Einzelnen im Strafverfahren;
c) die Rechte der
Opfer von Straftaten;
d) sonstige
spezifische Aspekte des Strafverfahrens, die zuvor vom Ministerrat durch einen
Europäischen
Beschluss bestimmt worden sind. Dieser beschließt einstimmig nach Zustim-
mung des
Europäischen Parlaments.
Der Erlass
derartiger Mindestvorschriften hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, ein
höheres
Schutzniveau für
die Rechte des Einzelnen im Strafverfahren beizubehalten oder einzuführen.
Artikel III-172
(1) Durch
Europäische Rahmengesetze können Mindestvorschriften zur Festlegung von
Straftaten und
Strafen in Bereichen besonders schwerer Kriminalität festgelegt werden, die
auf-
grund der Art oder
der Auswirkungen der Straftaten oder aufgrund einer besonderen Notwendig-
keit, sie von
gemeinsamen Grundlagen ausgehend zu bekämpfen, eine grenzüberschreitende Di-
mension haben.
CONV 850/03 139
Derartige
Kriminalitätsbereiche sind: Terrorismus, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung
von
Frauen und
Kindern, illegaler Drogenhandel, illegaler Waffenhandel, Geldwäsche,
Korruption, Fäl-
schung von
Zahlungsmitteln, Computerkriminalität und organisierte Kriminalität.
Je nach den
Entwicklungen der Kriminalität kann der Ministerrat einen Europäischen
Beschluss er-
lassen, in dem
andere die Kriterien dieses Absatzes erfüllende Kriminalitätsbereiche bestimmt
wer-
den. Er beschließt
einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.
(2) Erweist sich
die Angleichung strafrechtlicher Normen als unerlässlich für die wirksame
Durchführung der
Politik der Union auf einem Gebiet, auf dem Harmonisierungsmaßnahmen er-
folgt sind, so
können durch Europäische Rahmengesetze Mindestvorschriften für die Festlegung
von Straftaten und
Strafen auf dem betreffenden Gebiet festgelegt werden.
Unbeschadet des
Artikels III-165 wird ein solches Rahmengesetz nach dem gleichen Verfahren wie
die in Unterabsatz
1 genannten Harmonisierungsmaßnahmen erlassen.
Artikel III-173
Durch Europäische
Gesetze oder Rahmengesetze können Maßnahmen festgelegt werden, um das
Vorgehen der
Mitgliedstaaten im Bereich der Kriminalprävention zu fördern und zu
unterstützen.
Diese Maßnahmen
dürfen keine Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mit-
gliedstaaten
beinhalten.
Artikel III-174
(1) Eurojust hat
den Auftrag, die Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen den natio-
nalen Behörden zu
unterstützen und zu verstärken, die für die Verfolgung von schwerer Kriminali-
tät zuständig
sind, wenn zwei oder mehrere Mitgliedstaaten betroffen sind oder eine
Verfolgung auf
gemeinsamer
Grundlage erforderlich ist; es stützt sich dabei auf die von den Behörden der
Mit-
gliedstaaten und
von Europol durchgeführten Operationen und gelieferten Informationen.
(2) Der Aufbau,
die Arbeitsweise, der Tätigkeitsbereich und die Aufgaben von Eurojust
werden durch
Europäische Gesetze festgelegt. Zu diesen Aufgaben kann Folgendes gehören:
a) Einleitung und
Koordinierung von Strafverfolgungsmaßnahmen, die von den zuständigen na-
tionalen Behörden
durchgeführt werden, insbesondere bei Straftaten zum Nachteil der finan-
ziellen Interessen
der Union;
b) Verstärkung der
justiziellen Zusammenarbeit, unter anderem auch durch die Beilegung von
Zuständigkeitskonflikten
und eine enge Zusammenarbeit mit dem Europäischen Justiziellen
Netz.
Durch Europäische
Gesetze werden ebenfalls die Modalitäten für die Beteiligung des Europäischen
Parlaments und der
nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten an der Bewertung der Tätigkeit von
Eurojust
festgelegt.
(3) Im Rahmen der
Strafverfolgungsmaßnahmen gemäß dieser Bestimmung werden die
förmlichen
Prozesshandlungen unbeschadet des Artikels III-175 durch die zuständigen
nationalen
Beamten
vorgenommen.
CONV 850/03 140
Artikel
III-175
(1) Zur Bekämpfung
von schwerer Kriminalität mit grenzüberschreitender Dimension so-
wie von Straftaten
zum Nachteil der Interessen der Union kann durch ein Europäisches Gesetz des
Ministerrates
ausgehend von Eurojust eine Europäische Staatsanwaltschaft eingesetzt werden.
Der
Ministerrat
beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.
(2) Die
Europäische Staatsanwaltschaft ist, gegebenenfalls in Verbindung mit Europol,
zu-
ständig für
strafrechtliche Untersuchung und Verfolgung sowie Anklageerhebung in Bezug auf
Per-
sonen, die als
Täter oder Teilnehmer schwere, mehrere Mitgliedstaaten betreffende Straftaten
oder
Straftaten zum
Nachteil der finanziellen Interessen der Union begangen haben, die in dem Euro-
päischen Gesetz
nach Absatz 1 festgelegt sind. Die Europäische Staatsanwaltschaft nimmt bei
die-
sen Straftaten vor
den zuständigen Gerichten der Mitgliedstaaten die Aufgaben der Staatsanwalt-
schaft wahr.
(3) Das in Absatz
1 genannte Europäische Gesetz legt die Rechtsstellung der Europäischen
Staatsanwaltschaft,
die Modalitäten für die Erfüllung ihrer Aufgaben, die für ihre Tätigkeit
gelten-
den
Verfahrensvorschriften sowie die Regeln für die Zulässigkeit von Beweismitteln
und für die ge-
richtliche
Kontrolle der von der Europäischen Staatsanwaltschaft bei der Erfüllung ihrer
Aufgaben
vorgenommenen
Prozesshandlungen fest.
CONV 850/03 141
ABSCHNITT
5
POLIZEILICHE
ZUSAMMENARBEIT
Artikel III-176
(1) Die Union
entwickelt eine polizeiliche Zusammenarbeit zwischen allen zuständigen
Behörden der
Mitgliedstaaten, einschließlich der Polizei, des Zolls und anderer auf die
Prävention
oder die
Aufdeckung von Straftaten sowie diesbezügliche Ermittlungen spezialisierter
Strafverfol-
gungsbehörden.
(2) Zu diesem
Zweck können durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze Maßnahmen
festgelegt werden,
die Folgendes betreffen:
a) Einholen,
Speichern, Verarbeiten, Analysieren und Austauschen sachdienlicher Informatio-
nen;
b) Unterstützung
der Aus- und Weiterbildung von Personal sowie Zusammenarbeit in Bezug auf
den Austausch von
Personal, die Ausrüstungsgegenstände und die kriminaltechnische For-
schung;
c) gemeinsame
Ermittlungstechniken zur Aufdeckung schwerer Formen der organisierten Kri-
minalität.
(3) Durch
Europäische Gesetze oder Rahmengesetze des Ministerrates können Maßnahmen
festgelegt werden,
die die operative Zusammenarbeit zwischen den in diesem Artikel genannten
Behörden
betreffen. Der Ministerrat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen
Par-
laments.
Artikel III-177
(1) Europol hat
den Auftrag, die Tätigkeit der Polizeibehörden und der anderen Strafverfol-
gungsbehörden der
Mitgliedstaaten sowie deren gegenseitige Zusammenarbeit bei der Prävention
und Bekämpfung der
zwei oder mehrere Mitgliedstaaten betreffenden schweren Kriminalität, des
Terrorismus und
der Kriminalitätsformen, die ein gemeinsames Interesse verletzen, das
Gegenstand
einer Politik der Union
ist, zu unterstützen und zu verstärken.
(2) Der Aufbau,
die Arbeitsweise, der Tätigkeitsbereich und die Aufgaben von Europol
werden durch
Europäische Gesetze festgelegt. Zu diesen Aufgaben kann Folgendes gehören:
a) Einholen,
Speichern, Verarbeiten, Analysieren und Austauschen von Informationen, die ins-
besondere von den
Behörden der Mitgliedstaaten oder Drittstaaten bzw. Stellen außerhalb der
EU übermittelt
werden;
b) Koordinierung,
Organisation und Durchführung von Ermittlungen und von operativen Maß-
nahmen, die
gemeinsam mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten oder im Rahmen
gemeinsamer
Ermittlungsgruppen durchgeführt werden, gegebenenfalls in Verbindung mit
Eurojust.
CONV 850/03 142
Durch
Europäische Gesetze werden ebenfalls die Modalitäten für die Kontrolle der
Tätigkeiten von
Europol durch das
Europäische Parlament festgelegt, an der die nationalen Parlamente der Mit-
gliedstaaten
beteiligt werden.
(3) Europol darf
operative Maßnahmen nur in Verbindung und in Absprache mit den Be-
hörden des
Mitgliedstaats oder der Mitgliedstaaten ergreifen, dessen/deren Hoheitsgebiet
betroffen
ist. Die Anwendung
von Zwangsmaßnahmen bleibt ausschließlich den nationalen Behörden vorbe-
halten.
Artikel III-178
Ein Europäisches
Gesetz oder Rahmengesetz des Ministerrates legt fest, unter welchen Bedingun-
gen und innerhalb
welcher Grenzen die in den Artikeln III-171 und III-176 genannten zuständigen
Behörden der
Mitgliedstaaten im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats in Verbindung und
in
Absprache mit
dessen Behörden tätig werden dürfen. Der Ministerrat beschließt einstimmig nach
Anhörung des
Europäischen Parlaments.
CONV 850/03 143
KAPITEL
V
BEREICHE,
IN DENEN DIE UNION BESCHLIESSEN KANN,
EINE
KOORDINIERUNGS-, ERGÄNZUNGS- ODER
UNTERSTÜTZUNGSMASSNAHME
DURCHZUFÜHREN
ABSCHNITT 1
GESUNDHEITSWESEN
Artikel III-179
(1) Bei der
Festlegung und Durchführung der Politik und Maßnahmen der Union in allen
Bereichen wird ein
hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt.
Die Tätigkeit der
Union ergänzt die Politik der Mitgliedstaaten und ist auf die Verbesserung der
Gesundheit der
Bevölkerung, die Verhütung von Humankrankheiten und die Beseitigung von Ursa-
chen für die
Gefährdung der körperlichen und geistigen Gesundheit gerichtet. Sie umfasst die
Be-
kämpfung weit
verbreiteter schwerer Krankheiten; dabei werden die Erforschung der Ursachen,
der
Übertragung und
der Verhütung dieser Krankheiten sowie die Gesundheitsinformation und
-erziehung
gefördert.
Die Union ergänzt
die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Verringerung drogenkonsumbedingter
Gesundheitsschäden
einschließlich der Informations- und Vorbeugungsmaßnahmen.
(2) Die Union
fördert die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in den in diesem
Artikel genannten
Bereichen und unterstützt erforderlichenfalls deren Tätigkeit.
Die
Mitgliedstaaten koordinieren untereinander im Benehmen mit der Kommission ihre
Politik und
ihre Programme in
den in Absatz 1 genannten Bereichen. Die Kommission kann in enger Verbin-
dung mit den
Mitgliedstaaten alle Initiativen ergreifen, die dieser Koordinierung förderlich
sind,
insbesondere
Initiativen, die darauf abzielen, Leitlinien und Indikatoren festzulegen, den
Austausch
bewährter
Verfahren durchzuführen und die erforderlichen Elemente für eine regelmäßige
Überwa-
chung und
Bewertung auszuarbeiten. Das Europäische Parlament wird in vollem Umfang unter-
richtet.
(3) Die Union und
die Mitgliedstaaten fördern die Zusammenarbeit mit Drittländern und
den für das
Gesundheitswesen zuständigen internationalen Organisationen.
(4) Europäische
Gesetze oder Rahmengesetze tragen zur Verwirklichung der Ziele dieses
Artikels bei,
indem folgende Maßnahmen festgelegt werden, um den gemeinsamen Sicherheitsan-
liegen Rechnung zu
tragen:
a) Maßnahmen zur
Festlegung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Organe und Sub-
stanzen
menschlichen Ursprungs sowie für Blut und Blutderivate; diese Maßnahmen hindern
die
Mitgliedstaaten nicht, strengere Schutzmaßnahmen beizubehalten oder
einzuführen;
b) Maßnahmen in
den Bereichen Veterinärwesen und Pflanzenschutz, die unmittelbar den
Schutz der
Gesundheit der Bevölkerung zum Ziel haben.
CONV 850/03 144
Die
Europäischen Gesetze oder Rahmengesetze werden nach Anhörung des Ausschusses
der
Regionen und des
Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
(5) Durch
Europäische Gesetze oder Rahmengesetze können unter Ausschluss jeglicher
Harmonisierung der
Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten auch Fördermaß-
nahmen festgelegt
werden, die den Schutz und die Verbesserung der menschlichen Gesundheit so-
wie die Bekämpfung
grenzüberschreitender schwerer Krankheiten zum Ziel haben. Sie werden nach
Anhörung des
Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
(6) Für die in
diesem Artikel genannten Zwecke kann der Ministerrat ferner auf Vorschlag
der Kommission
Empfehlungen abgeben.
(7) Bei der
Tätigkeit der Union im Bereich der Gesundheit der Bevölkerung wird die Ver-
antwortung der
Mitgliedstaaten für die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische
Versorgung in
vollem Umfang gewahrt. Insbesondere lassen die Maßnahmen nach Absatz 4 Buch-
stabe a die
einzelstaatlichen Regelungen über die Spende oder die medizinische Verwendung
von
Organen und Blut
unberührt.
CONV 850/03 145
ABSCHNITT
2
INDUSTRIE
Artikel III-180
(1) Die Union und
die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die notwendigen Voraussetzungen
für die
Wettbewerbsfähigkeit der Industrie der Union gewährleistet sind.
Zu diesem Zweck
zielt ihre Tätigkeit entsprechend einem System offener und wettbewerbsorien-
tierter Märkte auf
Folgendes ab:
a) Beschleunigung
der Anpassung der Industrie an die strukturellen Veränderungen;
b) Förderung eines
günstigen Umfelds für die Initiative und Weiterentwicklung der Unterneh-
men, insbesondere
der kleinen und mittleren Unternehmen, in der gesamten Union;
c) Förderung eines
günstigen Umfeld für die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen;
d) Förderung einer
besseren Nutzung des industriellen Potenzials der Politik in den Bereichen
Innovation,
Forschung und technologische Entwicklung.
(2) Die
Mitgliedstaaten konsultieren einander in Verbindung mit der Kommission und ko-
ordinieren, soweit
erforderlich, ihre Maßnahmen. Die Kommission kann alle Initiativen ergreifen,
die dieser
Koordinierung förderlich sind, insbesondere Initiativen, die darauf abzielen,
Leitlinien
und Indikatoren
festzulegen, den Austausch bewährter Verfahren durchzuführen und die erforder-
lichen Elemente für
eine regelmäßige Überwachung und Bewertung auszuarbeiten. Das Euro-
päische Parlament
wird in vollem Umfang unterrichtet.
(3) Die Union
trägt durch die Politik und die Maßnahmen, die sie aufgrund anderer Bestim-
mungen der
Verfassung durchführt, zur Erreichung der Ziele des Absatzes 1 bei. Spezifische
Maß-
nahmen zur
Unterstützung der in den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Verwirklichung der
Ziele
des Absatzes 1
durchgeführten Maßnahmen können unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der
Rechts- und
Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten durch Europäische Gesetze oder Rah-
mengesetze
festgelegt werden. Diese werden nach Anhörung des Wirtschafts- und
Sozialausschus-
ses erlassen.
Dieser Abschnitt
bietet keine Grundlage dafür, dass die Union irgendeine Maßnahme einführt, die
zu
Wettbewerbsverzerrungen führen könnte oder steuerliche Vorschriften oder
Vorschriften betref-
fend die Rechte
und Interessen der Arbeitnehmer enthält.
CONV 850/03 146
ABSCHNITT
3
KULTUR
Artikel III-181
(1) Die Union
leistet einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter
Wahrung ihrer
nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des
gemein-
samen kulturellen
Erbes.
(2) Die Union
fördert durch ihre Tätigkeit die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaa-
ten und
unterstützt und ergänzt erforderlichenfalls deren Tätigkeit in folgenden
Bereichen:
a) Verbesserung
der Kenntnis und Verbreitung der Kultur und Geschichte der europäischen
Völker,
b) Erhaltung und
Schutz des kulturellen Erbes von europäischer Bedeutung,
c)
nichtkommerzieller Kulturaustausch,
d) künstlerisches
und literarisches Schaffen, einschließlich im audiovisuellen Bereich.
(3) Die Union und
die Mitgliedstaaten fördern die Zusammenarbeit mit Drittländern und
den für den
Kulturbereich zuständigen internationalen Organisationen, insbesondere mit dem
Euro-
parat.
(4) Die Union
trägt bei ihrer Tätigkeit aufgrund anderer Bestimmungen der Verfassung den
kulturellen
Aspekten Rechnung, insbesondere zur Wahrung und Förderung der Vielfalt ihrer
Kul-
turen.
(5) Als Beitrag
zur Verwirklichung der Ziele dieses Artikels
a) werden durch
Europäische Gesetze oder Rahmengesetze unter Ausschluss jeglicher Harmoni-
sierung der
Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten Fördermaßnahmen fest-
gelegt. Diese
Gesetze oder Rahmengesetze werden nach Anhörung des Ausschusses der
Regionen erlassen;
b) gibt der
Ministerrat auf Vorschlag der Kommission Empfehlungen ab.
CONV 850/03 147
ABSCHNITT
4
ALLGEMEINE UND
BERUFLICHE BILDUNG, JUGEND UND SPORT
Artikel III-182
(1) Die Union
trägt zur Entwicklung einer qualitativ hoch stehenden Bildung dadurch bei,
dass sie die
Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten fördert und die Tätigkeit der
Mitglied-
staaten
erforderlichenfalls unterstützt und ergänzt. Sie achtet dabei strikt die
Verantwortung der
Mitgliedstaaten
für die Lehrinhalte und die Gestaltung des Bildungssystems sowie die Vielfalt
ihrer
Kulturen und
Sprachen.
Die Union trägt in
Anbetracht der sozialen und pädagogischen Funktion des Sports zur Förderung
seiner
europäischen Aspekte bei.
(2) Die Tätigkeit
der Union hat folgende Ziele:
a) Entwicklung der
europäischen Dimension im Bildungswesen, insbesondere durch Erlernen
und Verbreitung
der Sprachen der Mitgliedstaaten;
b) Förderung der
Mobilität von Lernenden und Lehrenden, auch durch die Förderung der aka-
demischen
Anerkennung der Diplome und Studienzeiten;
c) Förderung der
Zusammenarbeit zwischen den Bildungseinrichtungen;
d) Ausbau des
Informations- und Erfahrungsaustauschs über gemeinsame Probleme der Bil-
dungssysteme der
Mitgliedstaaten;
e) Förderung des
Ausbaus des Jugendaustauschs und des Austauschs sozialpädagogischer Be-
treuer und
verstärkte Beteiligung der Jugendlichen am demokratischen Leben in Europa;
f) Förderung der
Entwicklung der Fernlehre;
g) Entwicklung der
europäischen Dimension des Sports durch Förderung der Fairness bei Wett-
kämpfen und der
Zusammenarbeit zwischen Sportorganisationen sowie durch den Schutz der
körperlichen und
seelischen Unversehrtheit der Sportler, insbesondere junger Sportler.
(3) Die Union und
die Mitgliedstaaten fördern die Zusammenarbeit mit Drittländern und
den für den
Bildungsbereich zuständigen internationalen Organisationen, insbesondere dem
Europa-
rat.
(4) Als Beitrag
zur Verwirklichung der Ziele dieses Artikels
a) werden durch
Europäische Gesetze oder Rahmengesetze unter Ausschluss jeglicher Harmoni-
sierung der
Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten Fördermaßnahmen fest-
gelegt. Diese
Gesetze oder Rahmengesetze werden nach Anhörung des Ausschusses der
Regionen und des
Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen;
b) gibt der
Ministerrat auf Vorschlag der Kommission Empfehlungen ab.
CONV 850/03 148
Artikel
III-183
(1) Die Union
führt eine Politik der beruflichen Bildung, welche die Maßnahmen der Mit-
gliedstaaten unter
strikter Beachtung der Verantwortung der Mitgliedstaaten für Inhalt und Gestal-
tung der beruflichen
Bildung unterstützt und ergänzt.
(2) Die Tätigkeit
der Union hat folgende Ziele:
a) Erleichterung
der Anpassung an die industriellen Wandlungsprozesse, insbesondere durch be-
rufliche Bildung
und Umschulung;
b) Verbesserung
der beruflichen Erstausbildung und Weiterbildung zur Erleichterung der beruf-
lichen
Eingliederung und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt;
c) Erleichterung
des Zugangs zur beruflichen Bildung sowie Förderung der Mobilität der Aus-
bilder und der in
beruflicher Bildung befindlichen Personen, insbesondere der Jugendlichen;
d) Förderung der
Zusammenarbeit in Fragen der beruflichen Bildung zwischen Unterrichtsan-
stalten und
Unternehmen;
e) Ausbau des
Informations- und Erfahrungsaustauschs über gemeinsame Probleme der Berufs-
bildungssysteme
der Mitgliedstaaten.
(3) Die Union und
die Mitgliedstaaten fördern die Zusammenarbeit mit Drittländern und
den für die
berufliche Bildung zuständigen internationalen Organisationen.
(4) Europäische
Gesetze oder Rahmengesetze tragen unter Ausschluss jeglicher Harmoni-
sierung der
Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zur Verwirklichung der
Ziele
dieses Artikels
bei. Sie werden nach Anhörung des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts-
und
Sozialausschusses erlassen.
CONV 850/03 149
ABSCHNITT
5
KATASTROPHENSCHUTZ
Artikel III-184
(1) Die Union
fördert die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, um zu erreichen,
dass die Systeme
zur Prävention natürlicher oder vom Menschen verursachter Katastrophen und
zum Schutz vor
solchen Katastrophen in der Union wirksamer werden.
Die Tätigkeit der
Union hat folgende Ziele:
a) Unterstützung
und Ergänzung der Tätigkeit der Mitgliedstaaten auf nationaler, regionaler und
kommunaler Ebene
im Hinblick auf die Risikoprävention, auf die Ausbildung der in den Mit-
gliedstaaten am
Katastrophenschutz Beteiligten und auf Einsätze im Falle natürlicher oder
vom Menschen
verursachter Katastrophen;
b) Förderung einer
schnellen und effizienten Zusammenarbeit zwischen den einzelstaatlichen
Katastrophenschutzstellen;
c) Verbesserung
der Kohärenz der Katastrophenschutzmaßnahmen auf internationaler Ebene.
(2) Die für die
Erreichung der in Absatz 1 genannten Ziele erforderlichen Maßnahmen un-
ter Ausschluss
jeglicher Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitglied-
staaten werden
durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze festgelegt.
CONV 850/03 150
ABSCHNITT
6
VERWALTUNGSZUSAMMENARBEIT
Artikel III-185
(1) Die für das
ordnungsgemäße Funktionieren der Union entscheidende effektive Durch-
führung des
Unionsrechts durch die Mitgliedstaaten ist als Frage von gemeinsamem Interesse
anzu-
sehen.
(2) Die Union kann
die Mitgliedstaaten in ihren Bemühungen um eine Verbesserung ihrer
Verwaltungskapazität
im Hinblick auf die Durchführung des Unionsrechts unterstützen. Dies kann
insbesondere die
Erleichterung des Austauschs von Informationen und von Beamten wie auch die
Unterstützung von
Aus- und Weiterbildungsprogrammen beinhalten. Die Mitgliedstaaten müssen
diese
Unterstützung nicht in Anspruch nehmen. Die erforderlichen Maßnahmen unter
Ausschluss
jeglicher
Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten
werden
durch Europäische
Gesetze festgelegt.
(3) Dieser Artikel
berührt weder die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das Unionsrecht
durchzuführen,
noch die Befugnisse und Pflichten der Kommission. Er berührt auch nicht die
übri-
gen Bestimmungen
der Verfassung, in denen eine Verwaltungszusammenarbeit unter den Mitglied-
staaten sowie
zwischen diesen und der Union vorgesehen ist.
CONV 850/03 151
TITEL
IV
DIE
ASSOZIIERUNG DER ÜBERSEEISCHEN LÄNDER UND HOHEITSGEBIETE
Artikel III-186
Die
außereuropäischen Länder und Hoheitsgebiete, die mit Dänemark, Frankreich, den
Niederlan-
den und dem
Vereinigten Königreich besondere Beziehungen unterhalten, sind mit der Union
asso-
ziiert. Diese
Länder und Hoheitsgebiete, im Folgenden als "Länder und
Hoheitsgebiete" bezeichnet,
sind in Anhang II * aufgeführt.
Ziel der
Assoziierung ist die Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung
der Länder
und Hoheitsgebiete
und die Herstellung enger Wirtschaftsbeziehungen zwischen ihnen und der ge-
samten Union.
Die Assoziierung
soll in erster Linie den Interessen der Einwohner dieser Länder und Hoheitsge-
biete dienen und
ihren Wohlstand fördern, um sie der von ihnen erstrebten wirtschaftlichen,
sozia-
len und
kulturellen Entwicklung entgegenzuführen.
Artikel III-187
Mit der
Assoziierung werden folgende Zwecke verfolgt:
a) Die
Mitgliedstaaten wenden auf ihren Handelsverkehr mit den Ländern und
Hoheitsgebieten
das System an, das
sie aufgrund der Verfassung untereinander anwenden.
b) Jedes Land oder
Hoheitsgebiet wendet auf seinen Handelsverkehr mit den Mitgliedstaaten
und den anderen
Ländern und Hoheitsgebieten das System an, das es auf den europäischen
Staat anwendet,
mit dem es besondere Beziehungen unterhält.
c) Die
Mitgliedstaaten beteiligen sich an den Investitionen, welche die
fortschreitende Entwick-
lung dieser Länder
und Hoheitsgebiete erfordert.
d) Bei
Ausschreibungen und Lieferungen für Investitionen, die von der Union finanziert
werden,
steht die
Beteiligung zu gleichen Bedingungen allen natürlichen und juristischen Personen
of-
fen, welche die
Staatsangehörigkeit der Mitgliedstaaten oder der Länder oder Hoheitsgebiete
besitzen.
e) Soweit aufgrund
des Artikels III-191 nicht besondere Maßnahmen erlassen werden, gelten
zwischen den
Mitgliedstaaten und den Ländern und Hoheitsgebieten für das Niederlassungs-
recht ihrer
Staatsangehörigen und Gesellschaften die Bestimmungen und Verfahrensregeln
des
Unterabschnitts über die Niederlassungsfreiheit, und zwar unter Ausschluss
jeder Diskri-
minierung.
*
Dieser Anhang, der dem
Anhang II des EGV entspricht, ist noch zu erstellen.
CONV 850/03 152
Artikel
III-188
(1) Für Einfuhren
von Waren aus den Ländern und Hoheitsgebieten in die Mitgliedstaaten
gilt das in der
Verfassung vorgesehene Verbot von Zöllen zwischen den Mitgliedstaaten.
(2) In jedem Land
und Hoheitsgebiet sind Zölle bei der Einfuhr von Waren aus den Mit-
gliedstaaten und
den anderen Ländern und Hoheitsgebieten gemäß Artikel III-38 verboten.
(3) Die Länder und
Hoheitsgebiete können jedoch Zölle erheben, die den Erfordernissen ih-
rer Entwicklung
und Industrialisierung entsprechen oder als Finanzzölle der Finanzierung ihres
Haushalts dienen.
Die in Unterabsatz
1 genannten Zölle dürfen nicht höher sein als diejenigen, die für die Einfuhr
von
Waren aus dem
Mitgliedstaat gelten, mit dem das entsprechende Land oder Hoheitsgebiet beson-
dere Beziehungen
unterhält.
(4) Absatz 2 gilt
nicht für die Länder und Hoheitsgebiete, die aufgrund besonderer interna-
tionaler
Verpflichtungen bereits einen nichtdiskriminierenden Zolltarif anwenden.
(5) Die Festlegung
oder Änderung der Zollsätze für Waren, die in die Länder und Hoheits-
gebiete eingeführt
werden, darf weder rechtlich noch tatsächlich zu einer mittelbaren oder
unmittel-
baren
Diskriminierung zwischen den Einfuhren aus den einzelnen Mitgliedstaaten
führen.
Artikel III-189
Ist die Höhe der
Zollsätze, die bei der Einfuhr in ein Land oder Hoheitsgebiet für Waren aus
einem
Drittland gelten,
bei Anwendung des Artikels III-188 Absatz 1 geeignet, Verkehrsverlagerungen
zum Nachteil eines
Mitgliedstaats hervorzurufen, so kann dieser die Kommission ersuchen, den an-
deren
Mitgliedstaaten vorzuschlagen, dass die erforderlichen Bestimmungen erlassen
werden, um
dem abzuhelfen.
Artikel III-190
Vorbehaltlich der
Bestimmungen über die Volksgesundheit und die öffentliche Sicherheit und Ord-
nung gelten für
die Freizügigkeit der Arbeitsnehmer aus den Ländern und Hoheitsgebieten in den
Mitgliedstaaten
und der Arbeitskräfte aus den Mitgliedstaaten in den Ländern und
Hoheitsgebieten
die gemäß Artikel
III-191 erlassenen Maßnahmen.
CONV 850/03 153
Artikel
III-191
Der Ministerrat
erlässt einstimmig aufgrund der im Rahmen der Assoziierung der Länder und Ho-
heitsgebiete mit
der Union erzielten Ergebnisse die Europäischen Verordnungen und Beschlüsse
über die
Einzelheiten und das Verfahren für die Assoziierung der Länder und
Hoheitsgebiete mit
der Union.
Artikel III-192
Vorbehaltlich der
spezifischen Bestimmungen für Grönland in dem Protokoll über die Sonderrege-
lung sind die
Artikel III-186 bis III-191 auf Grönland anwendbar.
CONV 850/03 154
TITEL
V
AUSWÄRTIGES
HANDELN DER UNION
KAPITEL
I
ALLGEMEIN
ANWENDBARE BESTIMMUNGEN
Artikel III-193
(1) Die Union stützt
sich bei ihrem Handeln auf internationaler Ebene auf die Grundsätze,
welche die
Grundlage für ihre eigene Entstehung, Entwicklung und Erweiterung bildeten und
denen
sie durch ihr
Handeln auch weltweit zu stärkerer Geltung verhelfen will: Demokratie, Rechtsstaat-
lichkeit, die
universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und
Grundfreiheiten, die
Achtung der
Menschenwürde, der Grundsatz der Gleichheit und der Grundsatz der Solidarität
sowie
die Achtung des
Völkerrechts gemäß den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen.
Die Union strebt
an, die Beziehungen zu Drittländern und zu regionalen oder weltweiten
internatio-
nalen
Organisationen, die diese Werte teilen, auszubauen und Partnerschaften mit
ihnen aufzu-
bauen. Sie setzt
sich insbesondere im Rahmen der Vereinten Nationen für multilaterale Lösungen
bei gemeinsamen
Problemen ein.
(2) Die Union legt
die gemeinsame Politik sowie Maßnahmen fest und führt diese durch
und setzt sich für
ein hohes Maß an Zusammenarbeit auf allen Gebieten der internationalen Bezie-
hungen ein, um
a) die Werte, die
grundlegenden Interessen, die Sicherheit, die Unabhängigkeit und die Unver-
sehrtheit der
Union zu gewährleisten;
b) Demokratie,
Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte und die Grundsätze des Völkerrechts zu
festigen und zu
fördern;
c) gemäß den
Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen den Frieden zu erhalten,
Konflikte
zu verhüten und
die internationale Sicherheit zu stärken;
d) die nachhaltige
Entwicklung in Bezug auf Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt in den Ent-
wicklungsländern
zu fördern mit dem vorrangigen Ziel, die Armut zu beseitigen;
e) die Integration
aller Länder in die Weltwirtschaft zu fördern, unter anderem auch durch den
allmählichen Abbau
von Beschränkungen des internationalen Handels;
f) zur Entwicklung
von internationalen Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Qua-
lität der Umwelt
und der nachhaltigen Bewirtschaftung der weltweiten natürlichen Ressour-
cen beizutragen,
um eine nachhaltige Entwicklung sicherzustellen;
g) den Völkern,
Ländern und Regionen, die von Naturkatastrophen oder von Menschen verur-
sachten
Katastrophen betroffen sind, zu helfen; und
h) eine
Weltordnung zu fördern, die auf einer verstärkten multilateralen Zusammenarbeit
und
einer
verantwortungsvollen Weltordnungspolitik beruht.
CONV 850/03 155
(3)
Die Union wahrt bei der Ausarbeitung und Umsetzung ihres auswärtigen Handelns
in
den verschiedenen
unter diesen Titel fallenden Bereichen sowie der externen Aspekte der übrigen
Politikbereiche
die in den Absätzen 1 und 2 aufgeführten Grundsätze und Ziele.
Die Union achtet
auf die Kohärenz zwischen den einzelnen Bereichen ihres auswärtigen Handelns
sowie zwischen
diesen und ihren übrigen Politikbereichen. Der Ministerrat und die Kommission,
die vom
Außenminister der Union unterstützt werden, stellen diese Kohärenz sicher und
arbeiten zu
diesem Zweck
zusammen.
Artikel III-194
(1) Auf der
Grundlage der in [Artikel III-188] aufgeführten Grundsätze und Ziele legt der
Europäische Rat
die strategischen Interessen und Ziele der Union fest.
Die Europäischen
Beschlüsse des Europäischen Rates über die strategischen Interessen und Ziele
der Union
erstrecken sich auf die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie auf
andere Be-
reiche des
auswärtigen Handelns der Union. Sie können die Beziehungen der Union zu einem
Land
oder einer Region
betreffen oder aber ein bestimmtes Thema zum Gegenstand haben. Sie legen die
Dauer und die von
der Union und den Mitgliedstaaten bereitzustellenden Mittel fest.
Der Europäische
Rat beschließt einstimmig auf Empfehlung des Ministerrates, die dieser nach den
für den jeweiligen
Bereich vorgesehenen Modalitäten abgibt. Die Europäischen Beschlüsse des
Europäischen Rates
werden gemäß den in der Verfassung vorgesehenen Verfahren durchgeführt.
(2) Der
Außenminister der Union und die Kommission können dem Ministerrat gemein-
same Vorschläge
vorlegen, wobei der Außenminister für den Bereich der Gemeinsamen Außen-
und
Sicherheitspolitik und die Kommission für die anderen Bereiche des auswärtigen
Handelns zu-
ständig ist.
CONV 850/03 156
KAPITEL
II
GEMEINSAME
AUSSEN- UND SICHERHEITSPOLITIK
Artikel III-195
(1) Die Union
erarbeitet und verwirklicht im Rahmen der Grundsätze und Ziele ihres aus-
wärtigen Handelns
eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die sich auf alle Bereiche der
Außen- und
Sicherheitspolitik erstreckt.
(2) Die
Mitgliedstaaten unterstützen die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik aktiv
und vorbehaltlos
im Geiste der Loyalität und der gegenseitigen Solidarität.
Die
Mitgliedstaaten arbeiten zusammen, um ihre gegenseitige politische Solidarität
zu stärken und
weiterzuentwickeln.
Sie enthalten sich jeder Handlung, die den Interessen der Union zuwiderläuft
oder ihrer
Wirksamkeit als kohärente Kraft in den internationalen Beziehungen schaden
könnte.
Der Ministerrat
und der Außenminister der Union tragen für die Einhaltung dieser Grundsätze
Sorge.
(3) Die Union
verfolgt ihre Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, indem sie
a) die allgemeinen
Leitlinien bestimmt,
b) Europäische
Beschlüsse über
i) Aktionen der
Union,
ii) Standpunkte
der Union,
iii) die Umsetzung
der Aktionen und Standpunkte erlässt
c) und die
systematische Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Führung ihrer Politik
aus-
baut.
Artikel III-196
(1) Der
Europäische Rat bestimmt die allgemeinen Leitlinien der Gemeinsamen Außen-
und
Sicherheitspolitik, und zwar auch bei Fragen mit verteidigungspolitischen
Bezügen.
Wenn eine
internationale Entwicklung es erfordert, beruft der Präsident des Europäischen
Rates
eine
außerordentliche Tagung des Europäischen Rates ein, um die strategischen
Vorgaben für die
Politik der Union
angesichts dieser Entwicklung festzulegen.
(2) Der
Ministerrat erlässt die für die Festlegung und Durchführung der Gemeinsamen
Außen- und
Sicherheitspolitik erforderlichen Europäischen Beschlüsse auf der Grundlage der
vom
Europäischen Rat
festgelegten allgemeinen Leitlinien und strategischen Vorgaben.
CONV 850/03 157
Artikel
III-197
(1) Der
Außenminister der Union, der im Ministerrat "Auswärtige
Angelegenheiten" den
Vorsitz führt,
trägt durch seine Vorschläge zur Festlegung der Gemeinsamen Außen- und Sicher-
heitspolitik bei
und stellt sicher, dass die vom Europäischen Rat und vom Ministerrat erlassenen
Europäischen
Beschlüsse durchgeführt werden.
(2) In den
Bereichen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik wird die Union
durch den
Außenminister der Union vertreten. Dieser führt im Namen der Union den
politischen
Dialog und
vertritt den Standpunkt der Union in internationalen Organisationen und auf
internatio-
nalen Konferenzen.
(3) Bei der
Erfüllung seines Auftrags stützt sich der Außenminister der Union auf einen
Europäischen
Auswärtigen Dienst. Dieser Dienst arbeitet mit den diplomatischen Diensten der
Mit-
gliedstaaten
zusammen. 1
Artikel III-198
(1) Verlangt eine
internationale Situation ein operatives Vorgehen der Union, so erlässt der
Ministerrat die
erforderlichen Europäischen Beschlüsse. In diesen Beschlüssen werden die Ziele,
der Umfang, die
der Union zur Verfügung zu stellenden Mittel sowie die Bedingungen und erfor-
derlichenfalls der
Zeitraum für die Durchführung der Aktion festgelegt.
Tritt eine
Änderung der Umstände mit erheblichen Auswirkungen auf eine Frage ein, die
Gegen-
stand eines
solchen Europäischen Beschlusses ist, so überprüft der Ministerrat die
Grundsätze und
Ziele dieser
Aktion und erlässt die erforderlichen Europäischen Beschlüsse. Solange der
Ministerrat
nicht entschieden
hat, bleibt der Europäische Beschluss über die Aktion der Union bestehen.
(2) Diese
Europäischen Beschlüsse sind für die Mitgliedstaaten bei ihren Stellungnahmen
und ihrem Vorgehen
bindend.
(3) Jede
einzelstaatliche Stellungnahme oder Maßnahme, die im Rahmen eines Euro-
päischen
Beschlusses nach Absatz 1 geplant ist, wird so rechtzeitig mitgeteilt, dass
erforderlichen-
falls eine vorherige
Abstimmung im Ministerrat stattfinden kann. Die Pflicht zur vorherigen Unter-
richtung gilt
nicht für Bestimmungen, die eine bloße Umsetzung der Europäischen Beschlüsse
auf
einzelstaatlicher
Ebene darstellen.
(4) Bei zwingender
Notwendigkeit aufgrund der Entwicklung der Lage können die Mit-
gliedstaaten
mangels eines neuen Europäischen Beschlusses unter Berücksichtigung der
allgemei-
nen Ziele des in
Absatz 1 genannten Europäischen Beschlusses die erforderlichen Sofortmaßnah-
men ergreifen. Der
Mitgliedstaat, der solche Maßnahmen ergreift, unterrichtet den Ministerrat un-
verzüglich davon.
1
Siehe Erklärung über die
Einrichtung eines Europäischen Auswärtigen Dienstes.
CONV 850/03 158
(5)
Ergeben sich bei der Durchführung eines Europäischen Beschlusses im Sinne
dieses
Artikels größere
Schwierigkeiten, so befasst ein Mitgliedstaat den Ministerrat, der darüber
berät und
nach angemessenen
Lösungen sucht. Diese dürfen nicht im Widerspruch zu den Zielen der Aktion
stehen oder ihrer
Wirksamkeit schaden.
Artikel III-199
Der Ministerrat
erlässt Europäische Beschlüsse, in denen der Standpunkt der Union zu einer be-
stimmten Frage
geografischer oder thematischer Art bestimmt wird. Die Mitgliedstaaten tragen
da-
für Sorge, dass
ihre einzelstaatliche Politik mit den Standpunkten der Union in Einklang steht.
Artikel III-200
(1) Jeder
Mitgliedstaat, der Außenminister der Union oder der Außenminister mit Unter-
stützung der
Kommission kann den Ministerrat mit einer Frage der Gemeinsamen Außen- und Si-
cherheitspolitik
befassen und ihm Vorschläge unterbreiten.
(2) In den Fällen,
in denen eine rasche Entscheidung notwendig ist, beruft der Außenmi-
nister der Union
von sich aus oder auf Antrag eines Mitgliedstaats innerhalb von 48 Stunden, bei
absoluter
Notwendigkeit in kürzerer Zeit, eine außerordentliche Tagung des Ministerrates
ein.
Artikel III-201
(1) Europäische
Beschlüsse nach diesem Kapitel werden vom Ministerrat einstimmig erlas-
sen. Die
Stimmenthaltung von anwesenden oder vertretenen Mitgliedern steht dem Erlass
dieser
Beschlüsse nicht
entgegen.
Bei einer
Stimmenthaltung kann jedes Mitglied des Ministerrates zu seiner Enthaltung eine
förmli-
che Erklärung
abgeben. In diesem Fall ist es nicht verpflichtet, den Europäischen Beschluss
durch-
zuführen,
akzeptiert jedoch, dass dieser für die Union bindend ist. Im Geiste
gegenseitiger Solida-
rität unterlässt
der betreffende Mitgliedstaat alles, was dem auf diesem Beschluss beruhenden
Vor-
gehen der Union zuwiderlaufen
oder es behindern könnte, und die anderen Mitgliedstaaten respek-
tieren seinen
Standpunkt. Vertreten die Mitglieder des Ministerrates, die bei ihrer
Stimmenthaltung
eine solche
Erklärung abgeben, mindestens ein Drittel der Mitgliedstaaten, die mindestens
ein Drit-
tel der
Unionsbevölkerung stellen, so wird der Beschluss nicht erlassen.
(2) Abweichend von
Absatz 1 beschließt der Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit, wenn
er
a) auf der
Grundlage eines Europäischen Beschlusses des Europäischen Rates über die
strategi-
schen Interessen
und Ziele der Union nach Artikel III-194 Absatz 1 Europäische Beschlüsse
über Aktionen oder
Standpunkte der Union erlässt;
b) auf Vorschlag
des Außenministers, den ihm dieser auf ein spezielles Ersuchen des Europäi-
schen Rates hin
unterbreitet, das auf dessen eigene Initiative oder auf die des Außenministers
zurückgeht, einen
Beschluss über eine Aktion oder einen Standpunkt der Union erlässt;
CONV 850/03 159
c)
einen Europäischen Beschluss zur Durchführung einer Aktion oder eines
Standpunkts der
Union erlässt;
d) nach Artikel
III-203 einen Europäischen Beschluss zur Ernennung eines Sonderbeauftragten
erlässt.
Erklärt ein
Mitglied des Ministerrates, dass es aus ganz wesentlichen Gründen der
nationalen Poli-
tik, die es auch
darlegen muss, die Absicht hat, einen mit qualifizierter Mehrheit zu
erlassenden
Europäischen
Beschluss abzulehnen, so erfolgt keine Abstimmung. Der Außenminister der Union
bemüht sich in
engem Benehmen mit dem betroffenen Mitgliedstaat um eine für diesen Mitglied-
staat annehmbare
Lösung. Sollte dies nicht gelingen, so kann der Ministerrat mit qualifizierter
Mehrheit
verlangen, dass die Frage zur einstimmigen Beschlussfassung an den Europäischen
Rat
verwiesen wird.
(3) Der
Europäische Rat kann einstimmig beschließen, dass der Ministerrat in anderen
als
den in Absatz 2
genannten Fällen mit qualifizierter Mehrheit beschließt.
(4) Die Absätze 2
und 3 gelten nicht für Beschlüsse mit militärischen oder verteidigungs-
politischen
Bezügen.
Artikel III-202
(1) Hat die Union
ein gemeinsames Vorgehen im Sinne von Artikel I-39 Absatz 5 festge-
legt, so
koordinieren der Außenminister der Union und die Minister für auswärtige
Angelegenheiten
der
Mitgliedstaaten ihre Tätigkeiten im Ministerrat.
(2) Die
diplomatischen Vertretungen der Mitgliedstaaten und die Delegationen der Union
arbeiten in
Drittländern und internationalen Organisationen zusammen und tragen zur
Festlegung
und Durchführung
eines gemeinsamen Vorgehens bei.
Artikel III-203
Der Ministerrat
ernennt, wenn er dies für notwendig hält, auf Initiative des Außenministers der
Union einen
Sonderbeauftragten, dem er ein Mandat im Zusammenhang mit besonderen
politischen
Fragen erteilt.
Der Sonderbeauftragte übt sein Mandat unter der Leitung des Außenministers der