Pressemitteilung des
Bundesausschusses Friedensratschlag
Ostermärsche 2006:
Bundesregierung auf der Anklagebank -
Keine neuen Kriege!
Kassel, 8. April 2006 - Am Sonntag (9. April) beginnen die
traditionellen Ostermärsche in Deutschland. Den Beginn macht Potsdam, jene
Stadt, die auch das deutsche Einsatzführungskommando beherbergt, das für die
Auslandseinsätze der Bundeswehr zuständig ist. Es wird, wenn es nach dem Willen
der Bundesregierung geht, den EU-Militäreinsatz im Kongo ab Juni d.J. leiten.
Gegen diese Planungen gehen zu Ostern wieder Tausende Friedensaktivistinnen und
-aktivisten im ganzen Land auf die Straße. Nach einer Übersicht, die das
zentrale Ostermarschbüro in Frankfurt a.M. online
herausgibt, finden in diesem Jahr wesentlich mehr Ostermärsche statt, als in
den vergangenen Jahren. Mit annähernd 100 Demonstrationen und Kundgebungen, z.T. mehrtägigen Wanderungen und Fahrraddemonstrationen
(sogar ein Autokorso ist dabei) will die Friedensbewegung ihre Kritik an der
herrschenden Militärpolitik und ihren Protest gegen Kriegsdrohungen und
Aufrüstung deutlich machen.
Im Mittelpunkt der Proteste steht der drohende Krieg gegen Iran, der nicht nur
von den USA, sondern auch von Deutschland und der EU als Option einkalkuliert
wird. In den meisten Ostermarschaufrufen wird vor einer offensichtlich
gewollten Eskalationspolitik gegen den Iran gewarnt, in der auch die EU eine
unheilvolle Rolle spielt. Die Friedensbewegung fordert "Dialog statt
Kriegsvorbereitung, Kooperation statt Konfrontation". Auch die offiziellen
Atommächten müssten sich an den Atomwaffensperrvertrag
halten, in dem sie sich zur Abrüstung ihrer Atomwaffen verpflichtet hätten.
Ein Thema der Ostermärsche wird auch der bevorstehende Einsatz von Bundeswehr
und EU-Truppen im Kongo sein. Die Friedensbewegung warnt die Bundesregierung
davor, sich im Kongo militärisch zu engagieren und fordert stattdessen mehr
Anstrengungen und Mittel für eine effektivere Entwicklungshilfe, eine
Initiative zur nachhaltigen Entschuldung des Landes sowie eine schärfere
Kontrolle der Waffenausfuhren (insbes. was die Kleinwaffen betrifft).
Jahrzehnte des Bürgerkriegs und der äußeren militärischen Einmischung haben das
Land in das Chaos und die Bevölkerung in immer größeres Elend gestürzt. Damit
sollte doch hinreichend deutlich geworden sein, dass mit Militär die Probleme des
Landes nicht zu lösen sind.
Auch für andere Weltregionen gilt: Es ist an der Zeit, einen grundsätzlich
anderen Weg einzuschlagen und endlich zivile Konzepte der Konfliktbearbeitung
anzuwenden. Hunger, Armut, Massenarbeitslosigkeit, Aids und andere soziale
Probleme sind nicht mit militärischen Mitteln zu lösen. Auch Drogenkriminalität
und Terrorismus sind Fälle für zivile Ermittler (Polizei, Justiz), und nicht
für das Militär. Der militärische sog. "Krieg gegen den Terror", an
dem sich die Deutschland im Rahmen von Enduring Freedom seit fünf Jahren beteiligt, muss beendet werden.
Der ausgeweitete "Antiterrorkampf" ist selbst Terror und steigert nur
die Spirale der Gewalt. Entgsprechend wird auch der
bewaffnete Einsatz der Bundeswehr im Inneren entschieden abgelehnt.
In fast allen Ostermarsch-Aufrufen wird auch der Zusammenhang hergestellt
zwischen den weltweit steigenden Rüstungsausgaben auf der einen Seite und den
immer knapper werdenden Mitteln für die Sicherung des Sozialstaats. Dies träfe
auch auf die Europäische Union zu, die zur Zeit dabei
sei, eigene Elitekampftruppen ("Battlegroups")
aufzubauen und den erfolgreichen Wirtschaftsbund in ein Militärbündnis
umzuwandeln. Der Bundesausschuss Friedensratschlag (Kampagne "Abrüstung
statt Sozialabbau") und die DFG-VK (Kampagne "Schritte zur
Abrüstung") werden auf dem Gebiet künftig enger zusammenarbeiten und ihre
Kampagnen koordinieren.
Traditionell greifen die Ostermarschierer lokale und regionale Probleme und
Konflikte auf. Dies wird in der "Freien Heide" (Ostermarsch in
Fretzdorf) und der "Offenen Heide" (Ostermarsch in Colbitz) der Fall
sein, wo sich die Bürger seit Jahren gegen die militärische Nutzung großer
Naturschutz- unmd Naherholungsgebiete zur Wehr
setzen.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag wertet die Zunahme der
Ostermarschaktivitäten in diesem Jahr als Indiz für die wieder gewonnene
organisatorische Stärke der Friedensbewegung. "Die nächsten
Bundeswehr-Auslandseinsätze werden in Zukunft nicht mehr so reibungslos im
Bundestag abgenickt wie bisher", hofft der Sprecher des
Friedensratschlags.