PRESSEMITTEILUNG
Zur möglichen Beteiligung der Bundeswehr an einem Einsatz der Europäischen Union im Kongo erklären der verteidigungspolitischer Sprecher und der außenpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE., Paul Schäfer und Norman Paech:
Die Bundesregierung hält weiter an der Gewohnheit fest, ihre Verantwortung für die Geschicke in Afrika nicht zuletzt militärisch zu buchstabieren. Verteidigungsminister Jung gelang es gestern, die noch ausstehenden 500 Soldaten für die gewollte EU-Militärmission anlässlich der anstehenden Wahlen im Kongo zusammenzutrommeln.
Dies setzt den bisherigen dubiosen Verlauf der Vorbereitung dieses Militäreinsatzes fort: Frankreich signalisiert Interesse an einer militärischen Stabilisierung des Kongo, die UNO bittet die EU um Hilfe, die Bundeskanzlerin sagt Chirac eigenmächtig deutsche Beteiligung zu und die Regierung Kongos erfährt von dem geplanten EU-Einsatz erst aus der Presse.
Jetzt sind die Truppen eingesammelt worden, doch fehlt nach wie vor das Mandat der UNO. Auch Auftragslage und Zielsetzung dieses Einsatzes sind weiter unklar. Von den 1.500 Soldaten sollen nur 250 Soldaten vor Ort der Abschreckung dienen – in einem Land von der Größe Westeuropas. Offen bleibt auch, was das "robuste Mandat" umfassen soll, welches Merkel als Vorbedingung für den Einsatz von EU-Soldaten fordert. Was soll passieren, wenn das Prinzip "Abschreckung durch weiße Soldaten" fehlschlägt? Gegen wen sollen die Soldaten mit Waffengewalt vorgehen? Gegen kongolesische Polizisten, die Armee oder gegen Demonstranten und die politische Opposition? Oder werden die EU-Truppen beim ersten Anzeichen von Feindseligkeiten wieder abgezogen? Interessiert es die EU oder die Bundesregierung überhaupt, dass dieser Einsatz in der Bevölkerung des Kongos vor allem als Unterstützung für das Regime Kabila gewertet werden wird?
Mit dem Militäreinsatz im Kongo verfolgt die Bundesregierung vor allem das Ziel, die EU als entscheidenden Akteur in Afrika zu etablieren – die dortigen Rohstoffe fest im Blick, gestützt auf schnelle Eingreiftruppen. Für eine solche Politik steht die Fraktion DIE LINKE nicht zur Verfügung. Wir fordern die Bundesregierung auf, ihren Kurs zu ändern.
Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Kongo sind von größter Wichtigkeit für die Menschen im Kongo, was sich auch in den hohen Zahlen der Wählerregistrierung zeigt. Der Wunsch der Bevölkerung nach freien demokratischen Wahlen sollte nicht durch die ungewollte Militarisierung des Wahlvorgangs konterkariert werden. Stattdessen sollte die Bundesregierung gemeinsam mit den anderen EU-Regierungen für ausreichend internationale Wahlbeobachter zu sorgen und auch in den entlegenen Gegenden über den korrekten Ablauf der Wahlen gewacht wird. Gerade dort geht es auch um die Verteilung der regionalen politischen Macht. Zweifel am korrekten Ablauf der Wahlen könnten alte lokale Konflikte eskalieren lassen.
Darüber hinaus wäre es im Hinblick auf einen friedlichen Verlauf der Wahlen und den kongolesischen Friedensprozess viel wichtiger, dass die Bundesregierung ihre vorrangige politische Aufgabe darin sieht, zusammen mit der UNO und den Regionalorganisationen EU und SADC, sich bei den Regierungen der Nachbarstaaten dafür einzusetzen, dass diese die friedlichen Wahlen unterstützen und den Wahlausgang respektieren