--- Vereinfachte Text-Fassung ohne Seitenzahlen ---
VERTRAG ÜBER EINE VERFASSUNG FÜR EUROPA
HINWEIS FÜR DEN LESER
Die vorliegende Veröffentlichung enthält den Wortlaut des Vertrags über eine Verfassung für Europa in der am
29. Oktober 2004 im Rom unterzeichneten und am 16. Dezember 2004 in Amtsblatt der Europäischen Union
(Reihe C Nr. 310) veröffentlichten Fassung. Nach Artikel IV-447 Absatz 2 wird der Vertrag erst am Tag seines
Inkrafttretens wirksam. Dieser Text wurde zu Dokumentationszwecken erstellt und ist für die Organe der
Europäischen Union nicht verbindlich. Weitere Informationen über die Verfassung und ihre Ausarbeitung sind auf der
zur Unterrichtung der europäischen Bürger eingerichteten Internetseite verfügbar:
http://europa.eu.int/constitution.
INHALT
PRÄAMBEL
TEIL I
TITEL I - DEFINITION UND ZIELE DER UNION
TITEL II - GRUNDRECHTE UND UNIONSBÜRGERSCHAFT
TITEL III - DIE ZUSTÄNDIGKEITEN DER UNION
TITEL IV - DIE ORGANE UND EINRICHTUNGEN DER UNION
KAPITEL I - INSTITUTIONELLER RAHMEN
KAPITEL II - DIE SONSTIGEN ORGANE UND DIE BERATENDEN EINRICHTUNGEN DER UNION
TITEL V - AUSÜBUNG DER ZUSTÄNDIGKEITEN DER UNION
KAPITEL I - GEMEINSAME BESTIMMUNGEN
KAPITEL II - BESONDERE BESTIMMUNGEN
KAPITEL III - VERSTÄRKTE ZUSAMMENARBEIT
TITEL VI - DAS DEMOKRATISCHE LEBEN DER UNION
TITEL VII - DIE FINANZEN DER UNION
TITEL VIII - DIE UNION UND IHRE NACHBARN
TITEL IX - ZUGEHÖRIGKEIT ZUR UNION
TEIL II - DIE CHARTA DER GRUNDRECHTE DER UNION
TITEL I - WÜRDE DES MENSCHEN
TITEL II - FREIHEITEN
TITEL III - GLEICHHEIT
TITEL IV - SOLIDARITÄT
TITEL V - BÜRGERRECHTE
TITEL VI - JUSTIZIELLE RECHTE
TITEL VII - ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN ÜBER DIE AUSLEGUNG UND ANWENDUNG DER CHARTA
TEIL III - DIE POLITIKBEREICHE UND DIE ARBEITSWEISE DER UNION
TITEL I - ALLGEMEIN ANWENDBARE BESTIMMUNGEN
TITEL II - NICHTDISKRIMINIERUNG UND UNIONSBÜRGERSCHAFT
TITEL III - INTERNE POLITIKBEREICHE UND MASSNAHMEN
KAPITEL I - BINNENMARKT 64
Abschnitt 1 - Verwirklichung und Funktionieren des Binnenmarkts
Abschnitt 2 - Freizügigkeit und freier Dienstleistungsverkehr
Unterabschnitt 1 - Arbeitnehmer
Unterabschnitt 2 - Niederlassungsfreiheit
Unterabschnitt 3 - Freier Dienstleistungsverkehr
Abschnitt 3 - Freier Warenverkehr
Unterabschnitt 1 - Zollunion
Unterabschnitt 2 - Zusammenarbeit im Zollwesen
Unterabschnitt 3 - Verbot von mengenmäßigen Beschränkungen
Abschnitt 4 - Der Kapital- und Zahlungsverkehr
Abschnitt 5 - Wirtschaftspolitik
Unterabschnitt 1 - Vorschriften für Unternehmen
Unterabschnitt 2 - Beihilfen der Mitgliedstaaten
Abschnitt 6 - Steuerliche Vorschriften
Abschnitt 7 - Gemeinsame Bestimmungen
KAPITEL II - WIRTSCHAFTS- UND WÄHRUNGSPOLITIK
Abschnitt 1 - Wirtschaftspolitik
Abschnitt 2 - Währungspolitik
Abschnitt 3 - Institutionelle Bestimmungen
Abschnitt 4 - Besondere Bestimmungen für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist
Abschnitt 5 - Übergangsbestimmungen
KAPITEL III - DIE POLITIK IN ANDEREN BEREICHEN
Abschnitt 1 - Beschäftigung
Abschnitt 2 - Sozialpolitik
Abschnitt 3 - Wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt
Abschnitt 4 - Landwirtschaft und Fischerei
Abschnitt 5 - Umweltpolitik
Abschnitt 6 - Verbraucherschutz
Abschnitt 7 - Verkehrspolitik
Abschnitt 8 - Transeuropäische Netze
Abschnitt 9 - Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt
Abschnitt 10 - Energie
KAPITEL IV - RAUM DER FREIHEIT, DER SICHERHEIT UND DES RECHTS
Abschnitt 1 - Allgemeine Bestimmungen
Abschnitt 2 - Politik im Bereich Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung
Abschnitt 3 - Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen
Abschnitt 4 - Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen
Abschnitt 5 - Polizeiliche Zusammenarbeit
KAPITEL V - BEREICHE, IN DENEN DIE UNION BESCHLIESSEN KANN, EINE UNTERSTÜTZUNGS-,
KOORDINIERUNGS- ODER ERGÄNZUNGSMASSNAHME DURCHZUFUEHREN.
Abschnitt 1 - Öffentliche Gesundheit
Abschnitt 2 - Industrie
Abschnitt 3 - Kultur
Abschnitt 4 - Tourismus
Abschnitt 5 - Allgemeine Bildung, Jugend, Sport und berufliche Bildung
Abschnitt 6 - Katastrophenschutz
Abschnitt 7 - Verwaltungszusammenarbeit
TITEL IV - DIE ASSOZIIERUNG DER ÜBERSEEISCHEN LÄNDER UND HOHEITSGEBIETE
TITEL V - AUSWÄRTIGES HANDELN DER UNION
KAPITEL I - ALLGEMEIN ANWENDBARE BESTIMMUNGEN
KAPITEL II - GEMEINSAME AUSSEN- UND SICHERHEITSPOLITIK
Abschnitt 1 - Gemeinsame Bestimmungen
Abschnitt 2 - Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Abschnitt 3 - Finanzbestimmungen
KAPITEL III - GEMEINSAME HANDELSPOLITIK
KAPITEL IV - ZUSAMMENARBEIT MIT DRITTLÄNDERN UND HUMANITÄRE HILFE
Abschnitt 1 - Entwicklungszusammenarbeit
Abschnitt 2 - Wirtschaftliche, finanzielle und technische Zusammenarbeit mit Drittländern
Abschnitt 3 - Humanitäre Hilfe
KAPITEL V - RESTRIKTIVE MASSNAHMEN
KAPITEL VI - INTERNATIONALE ÜBEREINKÜNFTE
KAPITEL VII - BEZIEHUNGEN DER UNION ZU INTERNATIONALEN ORGANISATIONEN UND DRITTLÄNDERN UND DELEGATIONEN DER UNION
KAPITEL VIII - ANWENDUNG DER SOLIDARITÄTSKLAUSEL
TITEL VI - ARBEITSWEISE DER UNION
KAPITEL I - INSTITUTIONELLE BESTIMMUNGEN
Abschnitt 1 - Die Organe
Unterabschnitt 1 - Das Europäische Parlament
Unterabschnitt 2 - Der Europäische Rat
Unterabschnitt 3 - Der Ministerrat
Unterabschnitt 4 - Die Europäische Kommission
Unterabschnitt 5 - Der Gerichtshof der Europäischen Union
Unterabschnitt 6 - Die Europäische Zentralbank
Unterabschnitt 7 - Der Rechnungshof
Abschnitt 2 - Die beratenden Einrichtungen der Union
Unterabschnitt 1 - Der Ausschuss der Regionen
Unterabschnitt 2 - Der Wirtschafts- und Sozialausschuss
Abschnitt 3 - Die Europäische Investitionsbank
Abschnitt 4 - Gemeinsame Bestimmungen für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union
KAPITEL II - FINANZVORSCHRIFTEN
Abschnitt 1 - Der mehrjährige Finanzrahmen
Abschnitt 2 - Der Jahreshaushaltsplan der Union
Abschnitt 3 - Ausführung des Haushaltsplans und Entlastung
Abschnitt 4 - Gemeinsame Bestimmungen
Abschnitt 5 - Betrugsbekämpfung
KAPITEL III - VERSTÄRKTE ZUSAMMENARBEIT
TITEL VII - GEMEINSAME BESTIMMUNGEN
TEIL IV - ALLGEMEINE UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Protokolle und Anhänge
A. Protokolle zum Vertrag über eine Verfassung für Europa
1. Protokoll über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union
2. Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit
3. Protokoll zur Festlegung der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union
4. Protokoll zur Festlegung der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken
und der Europäischen Zentralbank
5. Protokoll zur Festlegung der Satzung der Europäischen Investitionsbank
6. Protokoll über die Festlegung der Sitze der Organe und bestimmter Einrichtungen,
sonstiger Stellen und Dienststellen der Europäischen Union
7. Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union
8. Protokoll betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreichs Dänemark,
Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland,
der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik,
der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden
9. Protokoll betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik,
der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen,
der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien
und der Slowakischen Republik
10. Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit
11. Protokoll über die Konvergenzkriterien
12. Protokoll betreffend die Euro-Gruppe
13. Protokoll über einige Bestimmungen betreffend das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland
hinsichtlich der Wirtschafts- und Währungsunion
14. Protokoll über einige Bestimmungen betreffend Dänemark hinsichtlich der Wirtschafts- und Währungsunion
15. Protokoll über bestimmte Aufgaben der Nationalbank Dänemarks
16. Protokoll über die Regelung für den Franc der Pazifischen Finanzgemeinschaf
17. Protokoll über den in den Rahmen der Europäischen Union einbezogenen Schengen-Besitzstand
18. Protokoll über die Anwendung bestimmter Aspekte des Artikels III-130 der Verfassung auf das
Vereinigte Königreich und auf Irland
19. Protokoll über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich der Politik betreffend
Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung sowie hinsichtlich der justiziellen Zusammenarbeit
in Zivilsachen und der polizeilichen Zusammenarbeit
20. Protokoll über die Position Dänemarks
21. Protokoll über die Außenbeziehungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich des Überschreitens der Außengrenzen
22. Protokoll über die Gewährung von Asyl für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten
23. Protokoll über die ständige Strukturierte Zusammenarbeit nach Artikel I-41 Absatz 6 und Artikel III-312 der Verfassung
24. Protokoll zu Artikel I-41 Absatz 2 der Verfassung
25. Protokoll über die Einfuhr von in den Niederländischen Antillen raffinierten Erdölerzeugnissen in die Europäische Union
26. Protokoll betreffend den Erwerb von Immobilien in Dänemark
27. Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten
28. Protokoll zu Artikel III-214 der Verfassung
29. Protokoll über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt
30. Protokoll über die Sonderregelung für Grönland
31. Protokoll über Artikel 40.3.3 der Verfassung Irlands
32. Protokoll zu Artikel I-9 Absatz 2 der Verfassung über den Beitritt der Union zur Europäischen Konvention
zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten
33. Protokoll über die Rechtsakte und Verträge zur Ergänzung oder Änderung des Vertrags zur Gründung
der Europäischen Gemeinschaft und des Vertrags über die Europäische Union
34. Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union
35. Protokoll über die finanziellen Folgen des Ablaufs des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft
für Kohle und Stahl und über den Forschungsfonds für Kohle und Stahl
36. Protokoll zur Änderung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft
B. Anhänge zum Vertrag über eine Verfassung für Europa
Anhang I - Liste zu Artikel III-226 der Verfassung
Anhang II - Überseeische Länder und Hoheitsgebiete, auf welche Teil III Titel IV der Verfassung Anwendung findet
SCHLUSSAKTE
A. Erklärungen zu Bestimmungen der Verfassung
1. Erklärung zu Artikel I-6.
2. Erklärung zu Artikel I-9 Absatz 2
3. Erklärung zu den Artikeln I-22, I-27 und I-28
4. Erklärung zu Artikel I-24 Absatz 7 zu dem Beschluss des Europäischen Rates über die Ausübung des Vorsitzes im Rat
5. Erklärung zu Artikel I-2
6. Erklärung zu Artikel I-2
7. Erklärung zu Artikel I-2
8. Erklärung zu Artikel I-3
9. Erklärung zu den Artikeln I-43 und III-329
10. Erklärung zu Artikel I-5
11. Erklärung zu Artikel I-5
12. Erklärung betreffend die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte
13. Erklärung zu Artikel III-116
14. Erklärung zu den Artikeln III-136 und III-267
15. Erklärung zu den Artikeln III-160 und III-322
16. Erklärung zu Artikel III-167 Absatz 2 Buchstabe c
17. Erklärung zu Artikel III-184
18. Erklärung zu Artikel III-213
19. Erklärung zu Artikel III-220
20. Erklärung zu Artikel III-243
21. Erklärung zu Artikel III-248
22. Erklärung zu Artikel III-256
23. Erklärung zu Artikel III-273
24. Erklärung zu Artikel III-296
25. Erklärung zu Artikel III-325 über die Aushandlung und den Abschluss internationaler Übereinkünfte
betreffend den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts durch die Mitgliedstaaten
26. Erklärung zu Artikel III-402 Absatz 4
27. Erklärung zu Artikel III-419
28. Erklärung zu Artikel IV-440 Absatz 7
29. Erklärung zu Artikel IV-448 Absatz 2
30. Erklärung zur Ratifikation des Vertrags über eine Verfassung für Europa
B. Erklärungen zu den der Verfassung beigefügten Protokollen
Erklärungen zu dem Protokoll betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreichs Dänemark,
Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik,
des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik Österreich,
der Republik Finnland und des Königreichs Schweden
31. Erklärung zu den Ölandinseln
32. Erklärung zu den Samen
Erklärungen zu dem Protokoll betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik,
der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen,
der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien
und der Slowakischen Republik
33. Erklärung zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern
34. Erklärung der Kommission zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern
35. Erklärung zum Kernkraftwerk Ignalina in Litauen
36. Erklärung zum Transit von Personen auf dem Landweg zwischen dem Kaliningrader Gebiet
und den übrigen Teilen der Russischen Föderation
37. Erklärung zu den Blöcken 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 in der Slowakei
38. Erklärung zu Zypern
39. Erklärung zu dem Protokoll über die Position Dänemarks
40. Erklärung zu dem Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union
41. Erklärung betreffend Italien
42. Erklärung des Königreichs der Niederlande zu Artikel I-55
43. Erklärung des Königreichs der Niederlande zu Artikel IV-440
44. Erklärung der Bundesrepublik Deutschland, Irlands, der Republik Ungarn, der Republik Österreich
und des Königreichs Schweden
45. Erklärung des Königreichs Spanien und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland
46. Erklärung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zur Definition des Begriffs "Staatsangehöriger"
47. Erklärung des Königreichs Spanien zur Definition des Begriffs "Staatsangehöriger"
48. Erklärung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland über das Wahlrecht für die Wahlen zum
Europäischen Parlament
49. Erklärung des Königreichs Belgien zu den nationalen Parlamenten
50. Erklärung der Republik Lettland und der Republik Ungarn zur Schreibweise des Namens der einheitlichen Währung
in dem Vertrag über eine Verfassung für Europa
PRÄAMBEL
SEINE MAJESTÄT DER KÖNIG DER BELGIER, DER PRÄSIDENT DER TSCHECHISCHEN REPUBLIK, IHRE MAJESTÄT DIE KÖNIGIN VON DÄNEMARK, DER PRÄSIDENT DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND, DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK ESTLAND, DER PRÄSIDENT DER HELLENISCHEN REPUBLIK, SEINE MAJESTÄT DER KÖNIG VON SPANIEN, DER PRÄSIDENT DER FRANZÖSISCHEN REPUBLIK, DIE PRÄSIDENTIN IRLANDS, DER PRÄSIDENT DER ITALIENISCHEN REPUBLIK, DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK ZYPERN, DIE PRÄSIDENTIN DER REPUBLIK LETTLAND, DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK LITAUEN, SEINE KÖNIGLICHE HOHEIT DER GROSSHERZOG VON LUXEMBURG, DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK UNGARN, DER PRÄSIDENT MALTAS, IHRE MAJESTÄT DIE KÖNIGIN DER NIEDERLANDE, DER BUNDESPRÄSIDENT DER REPUBLIK ÖSTERREICH, DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK POLEN, DER PRÄSIDENT DER PORTUGIESISCHEN REPUBLIK, DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK SLOWENIEN, DER PRÄSIDENT DER SLOWAKISCHEN REPUBLIK, DIE PRÄSIDENTIN DER REPUBLIK FINNLAND, DIE REGIERUNG DES KÖNIGREICHS SCHWEDEN, IHRE MAJESTÄT DIE KÖNIGIN DES VEREINIGTEN KÖNIGREICHS GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND -
SCHÖPFEND aus dem kulturellen, religiösen und humanistischen Erbe Europas, aus dem sich die unverletzlichen und unveräußerlichen Rechte des Menschen sowie Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit als universelle Werte entwickelt haben,
IN DER ÜBERZEUGUNG, dass ein nach schmerzlichen Erfahrungen nunmehr geeintes Europa auf dem Weg der Zivilisation, des Fortschritts und des Wohlstands zum Wohl aller seiner Bewohner, auch der Schwächsten und der Ärmsten, weiter voranschreiten will, dass es ein Kontinent bleiben will, der offen ist für Kultur, Wissen und sozialen Fortschritt, dass es Demokratie und Transparenz als Grundlage seines öffentlichen Lebens stärken und auf Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität in der Welt hinwirken will,
IN DER GEWISSHEIT, dass die Völker Europas, stolz auf ihre nationale Identität und Geschichte, entschlossen sind, die alten Gegensätze zu überwinden und immer enger vereint ihr Schicksal gemeinsam zu gestalten,
IN DER GEWISSHEIT, dass Europa, "in Vielfalt geeint", ihnen die besten Möglichkeiten bietet, unter Wahrung der Rechte des Einzelnen und im Bewusstsein ihrer Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen und der Erde dieses große Unterfangen fortzusetzen, das einen Raum eröffnet, in dem sich die Hoffnung der Menschen entfalten kann, ENTSCHLOSSEN, das Werk, das im Rahmen der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften und des Vertrags über die Europäische Union geschaffen wurde, unter Wahrung der Kontinuität des gemeinschaftlichen Besitzstands fortzuführen, IN WÜRDIGUNG der Leistung der Mitglieder des Europäischen Konvents, die den Entwurf dieser Verfassung im Namen der Bürgerinnen und Bürger und der Staaten Europas erarbeitet haben -
HABEN ZU BEVOLLMÄCHTIGTEN ERNANNT:
SEINE MAJESTÄT DER KÖNIG DER BELGIER,
Guy VERHOFSTADT
Premierminister
Karel DE GUCHT
Minister für auswärtige Angelegenheiten
DER PRÄSIDENT DER TSCHECHISCHEN REPUBLIK,
Stanislav GROSS
Premierminister
Cyril SVOBODA
Minister für auswärtige Angelegenheiten
IHRE MAJESTÄT DIE KÖNIGIN VON DÄNEMARK,
Anders Fogh RASMUSSEN
Ministerpräsident
Per Stig MÖLLER
Minister für auswärtige Angelegenheiten
DER PRÄSIDENT DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND,
Gerhard SCHRÖDER
Bundeskanzler
Joseph FISCHER
Bundesminister des Auswärtigen und Stellvertreter des Bundeskanzlers
DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK ESTLAND,
Juhan PARTS
Premierminister
Kristiina OJULAND
Ministerin für auswärtige Angelegenheiten
DER PRÄSIDENT DER HELLENISCHEN REPUBLIK,
Kostas KARAMANLIS
Premierminister
Petros G. MOLYVIATIS
Minister für auswärtige Angelegenheiten
SEINE MAJESTÄT DER KÖNIG VON SPANIEN,
Jose Luis RODRIGUEZ ZAPATERO
Ministerpräsident
Miguel Angel MORATINOS CUYAUBE
Minister für auswärtige Angelegenheiten und Zusammenarbeit
DER PRÄSIDENT DER FRANZÖSISCHEN REPUBLIK,
Jacques CHIRAC
Präsident
Jean-Pierre RAFFARIN
Premierminister
Michel BARNIER
Minister für auswärtige Angelegenheiten
DIE PRÄSIDENTIN IRLANDS,
Bertie AHERN
Premierminister (Taoiseach)
Dermot AHERN
Minister für auswärtige Angelegenheiten
DER PRÄSIDENT DER ITALIENISCHEN REPUBLIK,
Silvio BERLUSCONI
Ministerpräsident
Franco FRATTINI
Minister für auswärtige Angelegenheiten
DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK ZYPERN,
Tassos PAPADOPOULOS
Präsident
George IACOVOU
Minister für auswärtige Angelegenheiten
DIE PRÄSIDENTIN DER REPUBLIK LETTLAND,
Vaira VIKE FREIBERGA
Präsidentin
Indulis EMSIS
Premierminister
Artis PABRIKS
Minister für auswärtige Angelegenheiten
DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK LITAUEN,
Valdas ADAMKUS
Präsident
Algirdas Mykolas BRAZAUSKAS
Premierminister
Antanas VALIONIS
Minister für auswärtige Angelegenheiten
SEINE KÖNIGLICHE HOHEIT DER GROSSHERZOG VON LUXEMBURG,
Jean-Claude JUNCKER
Premierminister, "Ministre d'Etat"
Jean ASSELBORN
Vizepremierminister, Minister für auswärtige Angelegenheiten and Einwanderung
DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK UNGARN,
Ferenc GYURCSANY
Premierminister
Laszlo KOVACS
Minister für auswärtige Angelegenheiten
DER PRÄSIDENT MALTAS,
The Hon Lawrence GONZI
Premierminister
The Hon Michael FRENDO
Minister für auswärtige Angelegenheiten
IHRE MAJESTÄT DIE KÖNIGIN DER NIEDERLANDE,
Dr. J. P. BALKENENDE
Premierminister
Dr. B. R. BOT
Minister für auswärtige Angelegenheiten
DER BUNDESPRÄSIDENT DER REPUBLIK ÖSTERREICH,
Dr. Wolfgang SCHÜSSEL
Bundeskanzler
Dr. Ursula PLASSNIK
Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten
DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK POLEN,
Marek BELKA
Premierminister
Wlodzimierz CIMOSZEWICZ
Minister für auswärtige Angelegenheiten
DER PRÄSIDENT DER PORTUGIESISCHEN REPUBLIK,
Pedro Miguel DE SANTANA LOPES
Premierminister
Ant¢nio Victor MARTINS MONTEIRO
Minister für auswärtige Angelegenheiten und die portugiesischen Gemeinschaften im Ausland
DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK SLOWENIEN,
Anton ROP
Ministerpräsident
Ivo VAJGL
Minister für auswärtige Angelegenheiten
DER PRÄSIDENT DER SLOWAKISCHEN REPUBLIK,
Mikul s DZURINDA
Premierminister
Eduard KUKAN
Minister für auswärtige Angelegenheiten
DIE PRÄSIDENTIN DER REPUBLIK FINNLAND,
Matti VANHANEN
Premierminister
Erkki TUOMIOJA
Minister für auswärtige Angelegenheiten
DIE REGIERUNG DES KÖNIGREICHS SCHWEDEN,
Göran PERSSON
Ministerpräsident
Laila FREIVALDS
Ministerin für auswärtige Angelegenheiten
IHRE MAJESTÄT DIE KÖNIGIN DES VEREINIGTEN KÖNIGREICHS GROSSBRITANNIEN UND
NORDIRLAND,
The Rt. Hon Tony BLAIR
Premierminister
The Rt. Hon Jack STRAW
Minister für auswärtige Angelegenheiten und Commonwealth-Fragen
DIESE SIND nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten wie folgt
ÜBEREINGEKOMMEN:
TEIL I
TITEL I
DEFINITION UND ZIELE DER UNION
Artikel I-1
Gründung der Union
(1) Geleitet von dem Willen der Bürgerinnen und Bürger und der Staaten Europas, ihre Zukunft
gemeinsam zu gestalten, begründet diese Verfassung die Europäische Union, der die Mitgliedstaaten
Zuständigkeiten zur Verwirklichung ihrer gemeinsamen Ziele übertragen. Die Union koordiniert die
diesen Zielen dienende Politik der Mitgliedstaaten und übt die ihr von den Mitgliedstaaten
übertragenen Zuständigkeiten in gemeinschaftlicher Weise aus.
(2) Die Union steht allen europäischen Staaten offen, die ihre Werte achten und sich verpflichten,
sie gemeinsam zu fördern.
Artikel I-2
Die Werte der Union
Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit,
Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der
Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer
Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit,
Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet.
Artikel I-3
Die Ziele der Union
(1) Ziel der Union ist es, den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern.
(2) Die Union bietet ihren Bürgerinnen und Bürgern einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und
des Rechts ohne Binnengrenzen und einen Binnenmarkt mit freiem und unverfälschtem Wettbewerb.
(3) Die Union wirkt auf die nachhaltige Entwicklung Europas auf der Grundlage eines
ausgewogenen Wirtschaftswachstums und von Preisstabilität, eine in hohem Maße wettbewerbsfähige
soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt, sowie ein
hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität hin. Sie fördert den
wissenschaftlichen und technischen Fortschritt.
Sie bekämpft soziale Ausgrenzung und Diskriminierungen und fördert soziale Gerechtigkeit und
sozialen Schutz, die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Solidarität zwischen den
Generationen und den Schutz der Rechte des Kindes.
Sie fördert den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt und die Solidarität
zwischen den Mitgliedstaaten.
Sie wahrt den Reichtum ihrer kulturellen und sprachlichen Vielfalt und sorgt für den Schutz und die
Entwicklung des kulturellen Erbes Europas.
(4) In ihren Beziehungen zur übrigen Welt schützt und fördert die Union ihre Werte und Interessen.
Sie leistet einen Beitrag zu Frieden, Sicherheit, globaler nachhaltiger Entwicklung, Solidarität und
gegenseitiger Achtung unter den Völkern, zu freiem und gerechtem Handel, zur Beseitigung der
Armut und zum Schutz der Menschenrechte, insbesondere der Rechte des Kindes, sowie zur strikten
Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der Grundsätze der
Charta der Vereinten Nationen.
(5) Die Union verfolgt ihre Ziele mit geeigneten Mitteln entsprechend den Zuständigkeiten, die ihr
in der Verfassung übertragen sind.
Artikel I-4
Grundfreiheiten und Nichtdiskriminierung
(1) Der freie Personen-, Dienstleistungs-, Waren- und Kapitalverkehr sowie die Niederlassungsfreiheit
werden von der Union und innerhalb der Union nach Maßgabe der Verfassung gewährleistet.
(2) Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verfassung ist in ihrem Anwendungsbereich jede
Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.
Artikel I-5
Beziehungen zwischen der Union und den Mitgliedstaaten
(1) Die Union achtet die Gleichheit der Mitgliedstaaten vor der Verfassung sowie die nationale
Identität der Mitgliedstaaten, die in deren grundlegender politischer und verfassungsrechtlicher
Struktur einschließlich der regionalen und kommunalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt. Sie
achtet die grundlegenden Funktionen des Staates, insbesondere die Wahrung der territorialen
Unversehrtheit, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der nationalen
Sicherheit.
(2) Nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit achten und unterstützen sich die Union und
die Mitgliedstaaten gegenseitig bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus der Verfassung ergeben.
Die Mitgliedstaaten ergreifen alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur
Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus der Verfassung oder den Handlungen der Organe der
Union ergeben.
Die Mitgliedstaaten unterstützen die Union bei der Erfüllung ihrer Aufgabe und unterlassen alle
Maßnahmen, welche die Verwirklichung der Ziele der Union gefährden könnten.
Artikel I-6
Das Unionsrecht
Die Verfassung und das von den Organen der Union in Ausübung der der Union übertragenen
Zuständigkeiten gesetzte Recht haben Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten.
Artikel I-7
Rechtspersönlichkeit
Die Union besitzt Rechtspersönlichkeit.
Artikel I-8
Die Symbole der Union
Die Flagge der Union stellt einen Kreis von zwölf goldenen Sternen auf blauem Hintergrund dar.
Die Hymne der Union entstammt der "Ode an die Freude" aus der Neunten Symphonie von Ludwig
van Beethoven.
Der Leitspruch der Union lautet: "In Vielfalt geeint".
Die Währung der Union ist der Euro.
Der Europatag wird in der gesamten Union am 9. Mai gefeiert.
TITEL II GRUNDRECHTE UND UNIONSBÜRGERSCHAFT
Artikel I-9
Grundrechte
(1) Die Union erkennt die Rechte, Freiheiten und Grundsätze an, die in der Charta der Grundrechte,
die den Teil II bildet, enthalten sind.
(2) Die Union tritt der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und
Grundfreiheiten bei. Dieser Beitritt ändert nicht die in der Verfassung festgelegten Zuständigkeiten
der Union.
(3) Die Grundrechte, wie sie in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und
Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen
der Mitgliedstaaten ergeben, sind als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts.
Artikel I-10
Unionsbürgerschaft
(1) Unionsbürgerin oder Unionsbürger ist, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt.
Die Unionsbürgerschaft tritt zur nationalen Staatsangehörigkeit hinzu, ohne diese zu ersetzen.
(2) Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben die in der Verfassung vorgesehenen Rechte
und Pflichten. Sie haben
a) das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten;
b) in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, das aktive und passive Wahlrecht bei den
Wahlen zum Europäischen Parlament und bei den Kommunalwahlen, wobei für sie dieselben
Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats;
c) im Hoheitsgebiet eines Drittlandes, in dem der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie
besitzen, nicht vertreten ist, Recht auf Schutz durch die diplomatischen und konsularischen
Behörden eines jeden Mitgliedstaats unter denselben Bedingungen wie Staatsangehörige dieses
Staates;
d) das Recht, Petitionen an das Europäische Parlament zu richten und sich an den Europäischen
Bürgerbeauftragten zu wenden, sowie das Recht, sich in einer der Sprachen der Verfassung an die
Organe und die beratenden Einrichtungen der Union zu wenden und eine Antwort in derselben
Sprache zu erhalten.
Diese Rechte werden unter den Bedingungen und innerhalb der Grenzen ausgeübt, die in der
Verfassung und durch die in Anwendung der Verfassung erlassenen Maßnahmen festgelegt sind.
TITEL III DIE ZUSTÄNDIGKEITEN DER UNION
Artikel I-11
Grundsätze
(1) Für die Abgrenzung der Zuständigkeiten der Union gilt der Grundsatz der begrenzten
Einzelermächtigung. Für die Ausübung der Zuständigkeiten der Union gelten die Grundsätze der
Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit.
(2) Nach dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung wird die Union innerhalb der
Grenzen der Zuständigkeiten tätig, die die Mitgliedstaaten ihr in der Verfassung zur Verwirklichung
der darin niedergelegten Ziele übertragen haben. Alle der Union nicht in der Verfassung übertragenen
Zuständigkeiten verbleiben bei den Mitgliedstaaten.
(3) Nach dem Subsidiaritätsprinzip wird die Union in den Bereichen, die nicht in ihre
ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen
Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene
ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs oder ihrer
Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind.
Die Organe der Union wenden das Subsidiaritätsprinzip nach dem Protokoll über die Anwendung
der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit an. Die nationalen Parlamente achten
auf die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips nach dem in jenem Protokoll vorgesehenen Verfahren.
(4) Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehen die Maßnahmen der Union inhaltlich wie
formal nicht über das zur Erreichung der Ziele der Verfassung erforderliche Maß hinaus.
Die Organe der Union wenden den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach dem Protokoll über die
Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit an.
Artikel I-12
Arten von Zuständigkeiten
(1) Überträgt die Verfassung der Union für einen bestimmten Bereich eine ausschließliche
Zuständigkeit, so kann nur die Union gesetzgeberisch tätig werden und verbindliche Rechtsakte
erlassen; die Mitgliedstaaten dürfen in einem solchen Fall nur tätig werden, wenn sie von der Union
hierzu ermächtigt werden, oder um Rechtsakte der Union durchzuführen.
(2) Überträgt die Verfassung der Union für einen bestimmten Bereich eine mit den Mitgliedstaaten
geteilte Zuständigkeit, so können die Union und die Mitgliedstaaten in diesem Bereich
gesetzgeberisch tätig werden und verbindliche Rechtsakte erlassen. Die Mitgliedstaaten nehmen ihre
Zuständigkeit wahr, sofern und soweit die Union ihre Zuständigkeit nicht ausgeübt hat oder
entschieden hat, diese nicht mehr auszuüben.
(3) Die Mitgliedstaaten koordinieren ihre Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik im Rahmen von
Regelungen nach Maßgabe von Teil III, für deren Festlegung die Union zuständig ist.
(4) Die Union ist dafür zuständig, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik einschließlich
der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik zu erarbeiten und zu
verwirklichen.
(5) In bestimmten Bereichen ist die Union nach Maßgabe der Verfassung dafür zuständig,
Maßnahmen zur Unterstützung, Koordinierung oder Ergänzung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten
durchzuführen, ohne dass dadurch die Zuständigkeit der Union für diese Bereiche an die Stelle der
Zuständigkeit der Mitgliedstaaten tritt.
Die verbindlichen Rechtsakte der Union, die aufgrund der diese Bereiche betreffenden Bestimmungen
des Teils III erlassen werden, dürfen keine Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
beinhalten.
(6) Der Umfang der Zuständigkeiten der Union und die Einzelheiten ihrer Ausübung ergeben sich
aus den Bestimmungen des Teils III zu den einzelnen Bereichen.
Artikel I-13
Bereiche mit ausschließlicher Zuständigkeit
(1) Die Union hat ausschließliche Zuständigkeit in folgenden Bereichen:
a) Zollunion,
b) Festlegung der für das Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Wettbewerbsregeln,
c) Währungspolitik für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist,
d) Erhaltung der biologischen Meeresschätze im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik,
e) gemeinsame Handelspolitik.
(2) Die Union hat ferner ausschließliche Zuständigkeit für den Abschluss internationaler
Übereinkünfte, wenn der Abschluss einer solchen Übereinkunft in einem Gesetzgebungsakt der
Union vorgesehen ist, wenn er notwendig ist, damit sie ihre interne Zuständigkeit ausüben kann,
oder soweit er gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte.
Artikel I-14
Bereiche mit geteilter Zuständigkeit
(1) Die Union teilt ihre Zuständigkeit mit den Mitgliedstaaten, wenn ihr die Verfassung außerhalb
der in den Artikeln I-13 und I-17 genannten Bereiche eine Zuständigkeit überträgt.
(2) Die geteilte Zuständigkeit erstreckt sich auf die folgenden Hauptbereiche:
a) Binnenmarkt,
b) Sozialpolitik hinsichtlich der in Teil III genannten Aspekte,
c) wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt,
d) Landwirtschaft und Fischerei, ausgenommen die Erhaltung der biologischen Meeresschätze,
e) Umwelt,
f) Verbraucherschutz,
g) Verkehr,
h) transeuropäische Netze,
i) Energie,
j) Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts,
k) gemeinsame Sicherheitsanliegen im Bereich der öffentlichen Gesundheit hinsichtlich der in Teil III
genannten Aspekte.
(3) In den Bereichen Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt erstreckt sich die
Zuständigkeit der Union darauf, Maßnahmen zu treffen, insbesondere Programme zu erstellen und
durchzuführen, ohne dass die Ausübung dieser Zuständigkeit die Mitgliedstaaten hindert, ihre
Zuständigkeit auszuüben.
(4) In den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe erstreckt sich die
Zuständigkeit der Union darauf, Maßnahmen zu treffen und eine gemeinsame Politik zu verfolgen,
ohne dass die Ausübung dieser Zuständigkeit die Mitgliedstaaten hindert, ihre Zuständigkeit
auszuüben.
Artikel I-15
Die Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik
(1) Die Mitgliedstaaten koordinieren ihre Wirtschaftspolitik innerhalb der Union. Zu diesem Zweck
erlässt der Ministerrat Maßnahmen; insbesondere beschließt er die Grundzüge dieser Politik.
Für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, gelten besondere Regelungen.
(2) Die Union trifft Maßnahmen zur Koordinierung der Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten,
insbesondere durch die Festlegung von Leitlinien für diese Politik.
(3) Die Union kann Initiativen zur Koordinierung der Sozialpolitik der Mitgliedstaaten ergreifen.
Artikel I-16
Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
(1) Die Zuständigkeit der Union in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik erstreckt sich
auf alle Bereiche der Außenpolitik sowie auf sämtliche Fragen im Zusammenhang mit der Sicherheit
der Union, einschließlich der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik, die zu
einer gemeinsamen Verteidigung führen kann.
(2) Die Mitgliedstaaten unterstützen die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Union
aktiv und vorbehaltlos im Geiste der Loyalität und der gegenseitigen Solidarität und achten das
Handeln der Union in diesem Bereich. Sie enthalten sich jeder Handlung, die den Interessen der
Union zuwiderläuft oder ihrer Wirksamkeit schaden könnte.
Artikel I-17
Unterstützungs-, Koordinierungs- und Ergänzungsmaßnahmen
Die Union ist für die Durchführung von Unterstützungs-, Koordinierungs- oder Ergänzungsmaßnahmen
zuständig. Diese Maßnahmen mit europäischer Zielsetzung können in folgenden
Bereichen getroffen werden:
a) Schutz und Verbesserung der menschlichen Gesundheit,
b) Industrie,
c) Kultur,
d) Tourismus,
e) allgemeine Bildung, Jugend, Sport und berufliche Bildung,
f) Katastrophenschutz,
g) Verwaltungszusammenarbeit.
Artikel I-18
Flexibilitätsklausel
(1) Erscheint ein Tätigwerden der Union im Rahmen der in Teil III festgelegten Politikbereiche
erforderlich, um eines der Ziele der Verfassung zu verwirklichen, und sind in dieser Verfassung die
hierfür erforderlichen Befugnisse nicht vorgesehen, so erlässt der Ministerrat einstimmig auf
Vorschlag der Europäischen Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments die
geeigneten Maßnahmen.
(2) Die Europäische Kommission macht die nationalen Parlamente im Rahmen des Verfahrens zur
Kontrolle der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips nach
Artikel I-11 Absatz 3 auf die Vorschläge
aufmerksam, die sich auf den vorliegenden Artikel stützen.
(3) Die auf diesem Artikel beruhenden Maßnahmen dürfen keine Harmonisierung der Rechtsvorschriften
der Mitgliedstaaten in den Fällen beinhalten, in denen eine solche Harmonisierung nach der
Verfassung ausgeschlossen ist.
TITEL IV DIE ORGANE UND EINRICHTUNGEN DER UNION
KAPITEL I INSTITUTIONELLER RAHMEN
Artikel I-19
Die Organe der Union
(1) Die Union verfügt über einen institutionellen Rahmen, der zum Zweck hat,
-[]ihren Werten Geltung zu verschaffen,
- ihre Ziele zu verfolgen,
- ihren Interessen, denen ihrer Bürgerinnen und Bürger und denen der Mitgliedstaaten zu dienen,
- die Kohärenz, Effizienz und Kontinuität ihrer Politik und ihrer Maßnahmen sicherzustellen.
Dieser institutionelle Rahmen umfasst
- das Europäische Parlament,
- den Europäischen Rat,
- den Ministerrat (im Folgenden "Rat"),
- die Europäische Kommission (im Folgenden "Kommission"),
- den Gerichtshof der Europäischen Union.
(2) Jedes Organ handelt nach Maßgabe der ihm in der Verfassung zugewiesenen Befugnisse nach
den Verfahren und unter den Bedingungen, die in der Verfassung festgelegt sind. Die Organe arbeiten
loyal zusammen.
Artikel I-20
Das Europäische Parlament
(1) Das Europäische Parlament wird gemeinsam mit dem Rat als Gesetzgeber tätig und übt
gemeinsam mit ihm die Haushaltsbefugnisse aus. Es erfüllt Aufgaben der politischen Kontrolle und
Beratungsfunktionen nach Maßgabe der Verfassung. Es wählt den Präsidenten der Kommission.
(2) Das Europäische Parlament setzt sich aus Vertretern der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger
zusammen. Ihre Anzahl darf 750 nicht überschreiten. Die Bürgerinnen und Bürger sind im
Europäischen Parlament degressiv proportional, mindestens jedoch mit sechs Mitgliedern je
Mitgliedstaat vertreten. Kein Mitgliedstaat erhält mehr als 96 Sitze.
Der Europäische Rat erlässt einstimmig auf Initiative des Europäischen Parlaments und mit dessen
Zustimmung einen Europäischen Beschluss über die Zusammensetzung des Europäischen
Parlaments, in dem die in Unterabsatz 1 genannten Grundsätze gewahrt sind.
(3) Die Mitglieder des Europäischen Parlaments werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier und
geheimer Wahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt.
(4) Das Europäische Parlament wählt aus seiner Mitte seinen Präsidenten und sein Präsidium.
Artikel I-21
Der Europäische Rat
(1) Der Europäische Rat gibt der Union die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legt die
allgemeinen politischen Zielvorstellungen und Prioritäten hierfür fest. Er wird nicht gesetzgeberisch
tätig.
(2) Der Europäische Rat setzt sich zusammen aus den Staats- und Regierungschefs der
Mitgliedstaaten sowie dem Präsidenten des Europäischen Rates und dem Präsidenten der
Kommission. Der Außenminister der Union nimmt an seinen Arbeiten teil.
(3) Der Europäische Rat tritt vierteljährlich zusammen; er wird von seinem Präsidenten einberufen.
Wenn es die Tagesordnung erfordert, können die Mitglieder des Europäischen Rates beschließen, sich
jeweils von einem Minister oder - im Fall des Präsidenten der Kommission - von einem Mitglied
der Kommission unterstützen zu lassen. Wenn es die Lage erfordert, beruft der Präsident eine
außerordentliche Tagung des Europäischen Rates ein.
(4) Soweit in der Verfassung nichts anderes festgelegt ist, entscheidet der Europäische Rat im
Konsens.
Artikel I-22
Der Präsident des Europäischen Rates
(1) Der Europäische Rat wählt seinen Präsidenten mit qualifizierter Mehrheit für eine Amtszeit von
zweieinhalb Jahren; der Präsident kann einmal wiedergewählt werden. Im Falle einer Verhinderung
oder einer schweren Verfehlung kann der Europäische Rat ihn im Wege des gleichen Verfahrens von
seinem Amt entbinden.
(2) Der Präsident des Europäischen Rates
a) führt den Vorsitz bei den Arbeiten des Europäischen Rates und gibt ihnen Impulse,
b) sorgt in Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der Kommission auf der Grundlage der Arbeiten
des Rates "Allgemeine Angelegenheiten" für die Vorbereitung und Kontinuität der Arbeiten des
Europäischen Rates,
c) wirkt darauf hin, dass Zusammenhalt und Konsens im Europäischen Rat gefördert werden,
d) legt dem Europäischen Parlament im Anschluss an jede Tagung des Europäischen Rates einen
Bericht vor.
Der Präsident des Europäischen Rates nimmt in seiner Eigenschaft auf seiner Ebene, unbeschadet der
Befugnisse des Außenministers der Union, die Außenvertretung der Union in Angelegenheiten der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik wahr.
(3) Der Präsident des Europäischen Rates darf kein einzelstaatliches Amt ausüben.
Artikel I-23
Der Ministerrat
(1) Der Rat wird gemeinsam mit dem Europäischen Parlament als Gesetzgeber tätig und übt
gemeinsam mit ihm die Haushaltsbefugnisse aus. Zu seinen Aufgaben gehört die Festlegung der
Politik und die Koordinierung nach Maßgabe der Verfassung.
(2) Der Rat besteht aus je einem Vertreter jedes Mitgliedstaats auf Ministerebene, der befugt ist, für
die Regierung des von ihm vertretenen Mitgliedstaats verbindlich zu handeln und das Stimmrecht
auszuüben.
(3) Soweit in der Verfassung nichts anderes festgelegt ist, beschließt der Rat mit qualifizierter
Mehrheit.
Artikel I-24
Die Zusammensetzung des Ministerrates
(1) Der Rat tagt in verschiedenen Zusammensetzungen.
(2) Als Rat "Allgemeine Angelegenheiten" sorgt er für die Kohärenz der Arbeiten des Rates in seinen
verschiedenen Zusammensetzungen.
In Verbindung mit dem Präsidenten des Europäischen Rates und mit der Kommission bereitet er die
Tagungen des Europäischen Rates vor und sorgt für das weitere Vorgehen.
(3) Als Rat "Auswärtige Angelegenheiten" gestaltet er das auswärtige Handeln der Union
entsprechend den strategischen Vorgaben des Europäischen Rates und sorgt für die Kohärenz des
Handelns der Union.
(4) Der Europäische Rat erlässt mit qualifizierter Mehrheit einen Europäischen Beschluss, mit dem
die anderen Zusammensetzungen des Rates festgelegt werden.
(5) Ein Ausschuss von Ständigen Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten ist für die
Vorbereitung der Arbeiten des Rates verantwortlich.
(6) Der Rat tagt öffentlich, wenn er über Entwürfe zu Gesetzgebungsakten berät oder abstimmt. Zu
diesem Zweck wird jede Ratstagung in zwei Teile unterteilt, von denen der eine den Beratungen über
die Gesetzgebungsakte der Union und der andere den nicht die Gesetzgebung betreffenden
Tätigkeiten gewidmet ist.
(7) Der Vorsitz im Rat in allen seinen Zusammensetzungen mit Ausnahme des Rates "Auswärtige
Angelegenheiten" wird von den Vertretern der Mitgliedstaaten im Rat nach Maßgabe eines
Europäischen Beschlusses des Europäischen Rates nach einem System der gleichberechtigten Rotation
wahrgenommen. Der Europäische Rat beschließt mit qualifizierter Mehrheit.
Artikel I-25
Definition der qualifizierten Mehrheit im Europäischen Rat und im Rat
(1) Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % der Mitglieder des Rates,
gebildet aus mindestens 15 Mitgliedern, sofern die von diesen vertretenen Mitgliedstaaten zusammen
mindestens 65 % der Bevölkerung der Union ausmachen.
Für eine Sperrminorität sind mindestens vier Mitglieder des Rates erforderlich, andernfalls gilt die
qualifizierte Mehrheit als erreicht.
(2) Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union, so
gilt abweichend von Absatz 1 als qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 72 % der
Mitglieder des Rates, sofern die von diesen vertretenen Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 %
der Bevölkerung der Union ausmachen.
(3) Beschließt der Europäische Rat mit qualifizierter Mehrheit, so gelten die Absätze 1 und 2 für
ihn.
(4) Der Präsident des Europäischen Rates und der Präsident der Kommission nehmen an den
Abstimmungen im Europäischen Rat nicht teil.
Artikel I-26
Die Europäische Kommission
(1) Die Kommission fördert die allgemeinen Interessen der Union und ergreift geeignete Initiativen
zu diesem Zweck. Sie sorgt für die Anwendung der Verfassung sowie der von den Organen kraft der
Verfassung erlassenen Maßnahmen. Sie überwacht die Anwendung des Unionsrechts unter der
Kontrolle des Gerichtshofs der Europäischen Union. Sie führt den Haushaltsplan aus und verwaltet
die Programme. Sie übt nach Maßgabe der Verfassung Koordinierungs-, Exekutiv- und Verwaltungsfunktionen
aus. Außer in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und den übrigen in der
Verfassung vorgesehenen Fällen nimmt sie die Vertretung der Union nach außen wahr. Sie leitet die
jährliche und die mehrjährige Programmplanung der Union mit dem Ziel ein, interinstitutionelle
Vereinbarungen zu erreichen.
(2) Soweit in der Verfassung nichts anderes festgelegt ist, darf ein Gesetzgebungsakt der Union nur
auf Vorschlag der Kommission erlassen werden. Andere Rechtsakte werden auf der Grundlage eines
Kommissionsvorschlags erlassen, wenn dies in der Verfassung vorgesehen ist.
(3) Die Amtszeit der Kommission beträgt fünf Jahre.
(4) Die Mitglieder der Kommission werden aufgrund ihrer allgemeinen Befähigung und ihres
Einsatzes für Europa unter Persönlichkeiten ausgewählt, die volle Gewähr für ihre Unabhängigkeit
bieten.
(5) Die erste Kommission, die in Anwendung der Verfassung ernannt wird, einschließlich ihres
Präsidenten und des Außenministers der Union, der einer der Vizepräsidenten der Kommission ist,
besteht aus je einem Staatsangehörigen jedes Mitgliedstaats.
(6) Ab dem Ende der Amtszeit der Kommission nach Absatz 5 besteht die Kommission,
einschließlich ihres Präsidenten und des Außenministers der Union, aus einer Anzahl von
Mitgliedern, die zwei Dritteln der Zahl der Mitgliedstaaten entspricht, sofern der Europäische Rat
nicht einstimmig eine Änderung dieser Anzahl beschließt.
Die Kommissionsmitglieder werden unter den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten in einem System
der gleichberechtigten Rotation zwischen den Mitgliedstaaten ausgewählt. Dieses System wird durch
einen vom Europäischen Rat einstimmig erlassenen Europäischen Beschluss geschaffen, der auf
folgenden Grundsätzen beruht:
a) Die Mitgliedstaaten werden bei der Festlegung der Reihenfolge und der Dauer der Amtszeiten
ihrer Staatsangehörigen in der Kommission vollkommen gleich behandelt; demzufolge kann die
Gesamtzahl der Mandate, welche Staatsangehörige zweier beliebiger Mitgliedstaaten innehaben,
niemals um mehr als eines voneinander abweichen.
b) Vorbehaltlich des Buchstabens a ist jede der aufeinander folgenden Kommissionen so
zusammengesetzt, dass das demografische und geografische Spektrum der Gesamtheit der
Mitgliedstaaten auf zufrieden stellende Weise zum Ausdruck kommt.
(7) Die Kommission übt ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit aus. Die Mitglieder der Kommission
dürfen unbeschadet des Artikels I-28 Absatz 2 Weisungen von einer Regierung, einem Organ, einer
Einrichtung oder jeder anderen Stelle weder einholen noch entgegennehmen. Sie enthalten sich jeder
Handlung, die mit ihrem Amt oder der Erfüllung ihrer Aufgaben unvereinbar ist.
(8) Die Kommission ist als Kollegium dem Europäischen Parlament verantwortlich. Das
Europäische Parlament kann nach Artikel III-340 einen Misstrauensantrag gegen die Kommission
annehmen. Wird ein solcher Antrag angenommen, so müssen die Mitglieder der Kommission
geschlossen ihr Amt niederlegen, und der Außenminister der Union muss sein im Rahmen der
Kommission ausgeübtes Amt niederlegen.
Artikel I-27
Der Präsident der Europäischen Kommission
(1) Der Europäische Rat schlägt dem Europäischen Parlament nach entsprechenden Konsultationen
mit qualifizierter Mehrheit einen Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Kommission vor; dabei
berücksichtigt er das Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament. Das Europäische Parlament
wählt diesen Kandidaten mit der Mehrheit seiner Mitglieder. Erhält dieser Kandidat nicht die Mehrheit,
so schlägt der Europäische Rat dem Europäischen Parlament innerhalb eines Monats mit qualifizierter
Mehrheit einen neuen Kandidaten vor, für dessen Wahl das Europäische Parlament dasselbe Verfahren
anwendet.
(2) Der Rat nimmt, im Einvernehmen mit dem gewählten Präsidenten, die Liste der anderen
Persönlichkeiten an, die er als Mitglieder der Kommission vorschlägt. Diese werden auf der Grundlage
der Vorschläge der Mitgliedstaaten entsprechend den Kriterien nach Artikel I-26 Absatz 4 und
Absatz 6 Unterabsatz 2 ausgewählt.
Der Präsident, der Außenminister der Union und die übrigen Mitglieder der Kommission stellen sich
als Kollegium einem Zustimmungsvotum des Europäischen Parlaments. Auf der Grundlage dieser
Zustimmung wird die Kommission vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit ernannt.
(3) Der Präsident der Kommission
a) legt die Leitlinien fest, nach denen die Kommission ihre Aufgaben ausübt,
b) beschließt über die interne Organisation der Kommission, um die Kohärenz, die Effizienz und das
Kollegialitätsprinzip im Rahmen ihrer Tätigkeit sicherzustellen,
c) ernennt, mit Ausnahme des Außenministers der Union, die Vizepräsidenten aus dem Kreis der
Mitglieder der Kommission.
Ein Mitglied der Kommission legt sein Amt nieder, wenn es vom Präsidenten dazu aufgefordert wird.
Der Außenminister der Union legt sein Amt nach dem Verfahren des Artikels I-28 Absatz 1 nieder,
wenn er vom Präsidenten dazu aufgefordert wird.
Artikel I-28
Der Außenminister der Union
(1) Der Europäische Rat ernennt mit qualifizierter Mehrheit mit Zustimmung des Präsidenten der
Kommission den Außenminister der Union. Der Europäische Rat kann die Amtszeit des
Außenministers nach dem gleichen Verfahren beenden.
(2) Der Außenminister der Union leitet die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Union.
Er trägt durch seine Vorschläge zur Festlegung dieser Politik bei und führt sie im Auftrag des Rates
durch. Er handelt ebenso im Bereich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
(3) Der Außenminister der Union führt den Vorsitz im Rat "Auswärtige Angelegenheiten".
(4) Der Außenminister der Union ist einer der Vizepräsidenten der Kommission. Er sorgt für die
Kohärenz des auswärtigen Handelns der Union. Er ist innerhalb der Kommission mit deren
Zuständigkeiten im Bereich der Außenbeziehungen und mit der Koordinierung der übrigen Aspekte
des auswärtigen Handelns der Union betraut. Bei der Wahrnehmung dieser Zuständigkeiten in der
Kommission und ausschließlich im Hinblick auf diese Zuständigkeiten unterliegt der Außenminister
der Union den Verfahren, die für die Arbeitsweise der Kommission gelten, soweit dies mit den
Absätzen 2 und 3 vereinbar ist.
Artikel I-29
Der Gerichtshof der Europäischen Union
(1) Der Gerichtshof der Europäischen Union umfasst den Gerichtshof, das Gericht und
Fachgerichte. Er sichert die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verfassung.
Die Mitgliedstaaten schaffen die erforderlichen Rechtsbehelfe, damit ein wirksamer Rechtsschutz in
den vom Unionsrecht erfassten Bereichen gewährleistet ist.
(2) Der Gerichtshof besteht aus einem Richter je Mitgliedstaat. Er wird von Generalanwälten
unterstützt.
Das Gericht besteht aus mindestens einem Richter je Mitgliedstaat.
Als Richter und Generalanwälte des Gerichtshofs und als Richter des Gerichts sind Persönlichkeiten
auszuwählen, die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten und die Voraussetzungen der Artikel III-
355 und III-356 erfüllen. Sie werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen
Einvernehmen für eine Amtszeit von sechs Jahren ernannt. Die Wiederernennung ausscheidender
Richter und Generalanwälte ist zulässig.
(3) Der Gerichtshof der Europäischen Union entscheidet nach Maßgabe von Teil III
a) über Klagen eines Mitgliedstaats, eines Organs oder natürlicher oder juristischer Personen;
b) im Wege der Vorabentscheidung auf Antrag der einzelstaatlichen Gerichte über die Auslegung des
Unionsrechts oder über die Gültigkeit der Handlungen der Organe;
c) in allen anderen in der Verfassung vorgesehenen Fällen.
KAPITEL II DIE SONSTIGEN ORGANE UND DIE BERATENDEN EINRICHTUNGEN DER UNION
Artikel I-30
Die Europäische Zentralbank
(1) Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken bilden das Europäische System
der Zentralbanken. Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten,
deren Währung der Euro ist, bilden das Eurosystem und betreiben die Währungspolitik
der Union.
(2) Das Europäische System der Zentralbanken wird von den Beschlussorganen der Europäischen
Zentralbank geleitet. Sein vorrangiges Ziel ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten. Unbeschadet
dieses Zieles unterstützt es die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union, um zur Verwirklichung
ihrer Ziele beizutragen. Es führt alle weiteren Aufgaben einer Zentralbank nach Maßgabe des Teils III
und der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank
aus.
(3) Die Europäische Zentralbank ist ein Organ. Sie besitzt Rechtspersönlichkeit. Sie allein ist befugt,
die Ausgabe des Euro zu genehmigen. Sie ist in der Ausübung ihrer Befugnisse und der Verwaltung
ihrer Mittel unabhängig. Die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie die
Regierungen der Mitgliedstaaten achten diese Unabhängigkeit.
(4) Die Europäische Zentralbank erlässt die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen
Maßnahmen nach den Artikeln III-185 bis III-191und Artikel III-196 und nach Maßgabe der Satzung
des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank. Nach diesen
Artikeln behalten die Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, sowie deren Zentralbanken
ihre Zuständigkeiten im Währungsbereich.
(5) Die Europäische Zentralbank wird in den Bereichen, auf die sich ihre Befugnisse erstrecken, zu
allen Entwürfen für Rechtsakte der Union sowie zu allen Entwürfen für Rechtsvorschriften auf
einzelstaatlicher Ebene gehört und kann Stellungnahmen abgeben.
(6) Die Beschlussorgane der Europäischen Zentralbank, ihre Zusammensetzung und ihre
Arbeitsweise sind in den Artikeln III-382 und III-383 sowie in der Satzung des Europäischen
Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank festgelegt.
Artikel I-31
Der Rechnungshof
(1) Der Rechnungshof ist ein Organ. Er nimmt die Rechnungsprüfung der Union wahr.
(2) Er prüft die Rechnung über alle Einnahmen und Ausgaben der Union und überzeugt sich von
der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung.
(3) Der Rechnungshof besteht aus einem Staatsangehörigen je Mitgliedstaat. Seine Mitglieder üben
ihre Aufgaben in voller Unabhängigkeit zum allgemeinen Wohl der Union aus.
Artikel I-32
Die beratenden Einrichtungen der Union
(1) Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission werden von einem Ausschuss der
Regionen sowie einem Wirtschafts- und Sozialausschuss unterstützt, die beratende Aufgaben
wahrnehmen.
(2) Der Ausschuss der Regionen setzt sich aus Vertretern der regionalen und lokalen
Gebietskörperschaften zusammen, die entweder ein auf Wahlen beruhendes Mandat in einer
regionalen oder lokalen Gebietskörperschaft innehaben oder gegenüber einer gewählten Versammlung
politisch verantwortlich sind.
(3) Der Wirtschafts- und Sozialausschuss setzt sich zusammen aus Vertretern der Organisationen
der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sowie anderen Vertretern der Zivilgesellschaft, insbesondere
aus dem sozialen und wirtschaftlichen, dem staatsbürgerlichen, dem beruflichen und dem kulturellen
Bereich.
(4) Die Mitglieder des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses sind
an keine Weisungen gebunden. Sie üben ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit zum allgemeinen
Wohl der Union aus.
(5) Die Zusammensetzung dieser Ausschüsse, die Ernennung ihrer Mitglieder, ihre Befugnisse und
ihre Arbeitsweise sind in den Artikeln III-386 bis III-392 geregelt.
Die Vorschriften der Absätze 2 und 3 über die Art ihrer Zusammensetzung werden in regelmäßigen
Abständen vom Rat überprüft, um der wirtschaftlichen, sozialen und demografischen Entwicklung in
der Union Rechnung zu tragen. Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission Europäische
Beschlüsse zu diesem Zweck.
TITEL V AUSÜBUNG DER ZUSTÄNDIGKEITEN DER UNION
KAPITEL I GEMEINSAME BESTIMMUNGEN
Artikel I-33
Die Rechtsakte der Union
(1) Bei der Ausübung der Zuständigkeiten der Union bedienen sich die Organe nach Maßgabe von
Teil III folgender Rechtsakte: Europäisches Gesetz, Europäisches Rahmengesetz, Europäische
Verordnung, Europäischer Beschluss, Empfehlung und Stellungnahme.
Das Europäische Gesetz ist ein Gesetzgebungsakt mit allgemeiner Geltung. Es ist in allen seinen Teilen
verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Das Europäische Rahmengesetz ist ein Gesetzgebungsakt, der für jeden Mitgliedstaat, an den es
gerichtet ist, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich ist, jedoch den innerstaatlichen Stellen
die Wahl der Form und der Mittel überlässt.
Die Europäische Verordnung ist ein Rechtsakt ohne Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung; sie
dient der Durchführung der Gesetzgebungsakte und einzelner Bestimmungen der Verfassung. Sie
kann entweder in allen ihren Teilen verbindlich sein und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gelten
oder für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich
sein, jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel überlassen.
Der Europäische Beschluss ist ein Rechtsakt ohne Gesetzescharakter, der in allen seinen Teilen
verbindlich ist. Ist er an bestimmte Adressaten gerichtet, so ist er nur für diese verbindlich.
Empfehlungen und Stellungnahmen sind nicht verbindlich.
(2) Werden das Europäische Parlament und der Rat mit dem Entwurf eines Gesetzgebungsakts
befasst, so nehmen sie keine Akte an, die nach dem für den betreffenden Bereich geltenden
Gesetzgebungsverfahren nicht vorgesehen sind.
Artikel I-34
Gesetzgebungsakte
(1) Europäisches Gesetz und Rahmengesetz werden im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren nach
Artikel III-396 auf Vorschlag der Kommission vom Europäischen Parlament und vom Rat gemeinsam
erlassen. Gelangen die beiden Organe nicht zu einer Einigung, so kommt der betreffende
Gesetzgebungsakt nicht zustande.
(2) In bestimmten, in der Verfassung vorgesehenen Fällen werden Europäisches Gesetz und
Rahmengesetz nach besonderen Gesetzgebungsverfahren vom Europäischen Parlament mit
Beteiligung des Rates oder vom Rat mit Beteiligung des Europäischen Parlaments erlassen.
(3) In bestimmten, in der Verfassung vorgesehenen Fällen können Europäisches Gesetz und
Rahmengesetz auf Initiative einer Gruppe von Mitgliedstaaten oder des Europäischen Parlaments, auf
Empfehlung der Europäischen Zentralbank oder auf Antrag des Gerichtshofs oder der Europäischen
Investitionsbank erlassen werden.
Artikel I-35
Rechtsakte ohne Gesetzescharakter
(1) Der Europäische Rat erlässt Europäische Beschlüsse in den in der Verfassung vorgesehenen
Fällen.
(2) Der Rat und die Kommission erlassen insbesondere in den Fällen nach den Artikeln I-36 und
I-37 Europäische Verordnungen oder Beschlüsse; die Europäische Zentralbank erlässt Europäische
Verordnungen oder Beschlüsse in bestimmten, in der Verfassung vorgesehenen Fällen.
(3) Der Rat gibt Empfehlungen ab. Er beschließt auf Vorschlag der Kommission in allen Fällen, in
denen er nach Maßgabe der Verfassung Rechtsakte auf Vorschlag der Kommission erlässt. In den
Bereichen, in denen für den Erlass eines Rechtsakts der Union Einstimmigkeit vorgesehen ist,
beschließt er einstimmig. Die Kommission und, in bestimmten in der Verfassung vorgesehenen
Fällen, die Europäische Zentralbank geben Empfehlungen ab.
Artikel I-36
Delegierte Europäische Verordnungen
(1) In Europäischen Gesetzen und Rahmengesetzen kann der Kommission die Befugnis übertragen
werden, delegierte Europäische Verordnungen zur Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht
wesentlicher Vorschriften des betreffenden Gesetzes oder Rahmengesetzes zu erlassen.
In den betreffenden Europäischen Gesetzen oder Rahmengesetzen werden Ziele, Inhalt, Geltungsbereich
und Dauer der Befugnisübertragung ausdrücklich festgelegt. Die wesentlichen Aspekte eines
Bereichs sind dem Europäischen Gesetz oder Rahmengesetz vorbehalten und eine Befugnisübertragung
ist für sie deshalb ausgeschlossen.
(2) Die Bedingungen, unter denen die Übertragung erfolgt, werden in Europäischen Gesetzen oder
Rahmengesetzen ausdrücklich festgelegt, wobei folgende Möglichkeiten bestehen:
a) Das Europäische Parlament oder der Rat kann beschließen, die Übertragung zu widerrufen.
b) Die delegierte Europäische Verordnung kann nur in Kraft treten, wenn das Europäische Parlament
oder der Rat innerhalb der im Europäischen Gesetz oder Rahmengesetz festgelegten Frist keine
Einwände erhebt.
Für die Zwecke der Buchstaben a und b beschließt das Europäische Parlament mit der Mehrheit seiner
Mitglieder und der Rat mit qualifizierter Mehrheit.
Artikel I-37
Durchführungsrechtsakte
(1) Die Mitgliedstaaten ergreifen alle zur Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union
erforderlichen Maßnahmen nach innerstaatlichem Recht.
(2) Bedarf es einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der
Union, so werden mit diesen Rechtsakten der Kommission oder, in entsprechend begründeten
Sonderfällen und in den Fällen nach Artikel I-40, dem Rat Durchführungsbefugnisse übertragen.
(3) Für die Zwecke des Absatzes 2 werden durch Europäisches Gesetz im Voraus allgemeine Regeln
und Grundsätze festgelegt, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse
durch die Kommission kontrollieren.
(4) Die Durchführungsrechtsakte der Union ergehen in der Form von Europäischen Durchführungsverordnungen
oder Europäischen Durchführungsbeschlüssen.
Artikel I-38
Gemeinsame Grundsätze für die Rechtsakte der Union
(1) Wird die Art des zu erlassenden Rechtsakts von der Verfassung nicht vorgegeben, so
entscheiden die Organe darüber von Fall zu Fall unter Einhaltung der geltenden Verfahren und des
Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nach Artikel I-11.
(2) Die Rechtsakte sind mit einer Begründung zu versehen und nehmen auf die in der Verfassung
vorgesehenen Vorschläge, Initiativen, Empfehlungen, Anträge oder Stellungnahmen Bezug.
Artikel I-39
Veröffentlichung und Inkrafttreten
(1) Europäische Gesetze und Rahmengesetze, die nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
erlassen wurden, werden vom Präsidenten des Europäischen Parlaments und vom Präsidenten des
Rates unterzeichnet.
In den übrigen Fällen werden sie vom Präsidenten des Organs, das sie erlassen hat, unterzeichnet.
Die Europäischen Gesetze und Rahmengesetze werden im Amtsblatt der Europäischen Union
veröffentlicht und treten zu dem durch sie festgelegten Zeitpunkt oder anderenfalls am zwanzigsten
Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.
(2) Europäische Beschlüsse, die an keinen bestimmten Adressaten gerichtet sind, sowie Europäische
Verordnungen werden vom Präsidenten des Organs, das sie erlassen hat, unterzeichnet.
Europäische Beschlüsse, die an keinen bestimmten Adressaten gerichtet sind, sowie Europäische
Verordnungen werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und treten zu dem durch sie
festgelegten Zeitpunkt oder anderenfalls am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.
(3) Andere als die in Absatz 2 genannten Europäischen Beschlüsse werden denjenigen, für die sie
bestimmt sind, bekannt gegeben und durch diese Bekanntgabe wirksam.
KAPITEL II BESONDERE BESTIMMUNGEN
Artikel I-40
Besondere Bestimmungen über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
(1) Die Europäische Union verfolgt eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die auf einer
Entwicklung der gegenseitigen politischen Solidarität der Mitgliedstaaten, der Ermittlung der Fragen
von allgemeiner Bedeutung und der Erreichung einer immer stärkeren Konvergenz des Handelns der
Mitgliedstaaten beruht.
(2) Der Europäische Rat bestimmt die strategischen Interessen der Union und legt die Ziele ihrer
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik fest. Der Rat gestaltet diese Politik im Rahmen der vom
Europäischen Rat festgelegten strategischen Leitlinien in Übereinstimmung mit Teil III.
(3) Der Europäische Rat und der Rat erlassen die erforderlichen Europäischen Beschlüsse.
(4) Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik wird vom Außenminister der Union und von
den Mitgliedstaaten mit einzelstaatlichen Mitteln und den Mitteln der Union durchgeführt.
(5) Die Mitgliedstaaten stimmen sich im Europäischen Rat und im Rat zu jeder außen- und
sicherheitspolitischen Frage von allgemeiner Bedeutung ab, um ein gemeinsames Vorgehen
festzulegen. Bevor ein Mitgliedstaat in einer Weise, die die Interessen der Union berühren könnte,
auf internationaler Ebene tätig wird oder eine Verpflichtung eingeht, konsultiert er die anderen
Mitgliedstaaten im Europäischen Rat oder im Rat. Die Mitgliedstaaten gewährleisten durch
konvergentes Handeln, dass die Union ihre Interessen und ihre Werte auf internationaler Ebene
geltend machen kann. Die Mitgliedstaaten sind untereinander solidarisch.
(6) Im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik erlassen der Europäische Rat und
der Rat außer in den in Teil III genannten Fällen Europäische Beschlüsse einstimmig. Sie beschließen
auf Initiative eines Mitgliedstaates, auf Vorschlag des Außenministers der Union oder auf Vorschlag
des Außenministers mit Unterstützung der Kommission. Europäische Gesetze und Rahmengesetze
sind ausgeschlossen.
(7) Der Europäische Rat kann einstimmig einen Europäischen Beschluss erlassen, wonach der Rat in
anderen als den in Teil III genannten Fällen mit qualifizierter Mehrheit beschließt.
(8) Das Europäische Parlament wird zu den wichtigsten Aspekten und den grundlegenden
Weichenstellungen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik regelmäßig gehört. Es wird über
ihre Entwicklung auf dem Laufenden gehalten.
Artikel I-41
Besondere Bestimmungen über die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik
(1) Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist integraler Bestandteil der Gemeinsamen
Außen- und Sicherheitspolitik. Sie sichert der Union eine auf zivile und militärische Mittel
gestützte Fähigkeit zu Operationen. Auf diese kann die Union bei Missionen außerhalb der Union zur
Friedenssicherung, Konfliktverhütung und Stärkung der internationalen Sicherheit in Übereinstimmung
mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen zurückgreifen. Sie erfüllt diese
Aufgaben mit Hilfe der Fähigkeiten, die von den Mitgliedstaaten bereitgestellt werden.
(2) Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik umfasst die schrittweise Festlegung einer
gemeinsamen Verteidigungspolitik der Union. Diese führt zu einer gemeinsamen Verteidigung,
sobald der Europäische Rat dies einstimmig beschlossen hat. Er empfiehlt in diesem Fall den
Mitgliedstaaten, einen Beschluss in diesem Sinne im Einklang mit ihren verfassungsrechtlichen
Vorschriften zu erlassen.
Die Politik der Union nach diesem Artikel berührt nicht den besonderen Charakter der Sicherheits- und
Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten; sie achtet die Verpflichtungen bestimmter
Mitgliedstaaten, die ihre gemeinsame Verteidigung in der Nordatlantikvertrags-Organisation
verwirklicht sehen, aufgrund des Nordatlantikvertrags und ist vereinbar mit der in jenem Rahmen
festgelegten gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
(3) Die Mitgliedstaaten stellen der Union für die Umsetzung der Gemeinsamen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik zivile und militärische Fähigkeiten als Beitrag zur Verwirklichung der vom Rat
festgelegten Ziele zur Verfügung. Die Mitgliedstaaten, die zusammen multinationale Streitkräfte
aufstellen, können diese auch für die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik zur
Verfügung stellen.
Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise
zu verbessern.
Es wird eine Agentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung
und Rüstung (Europäische Verteidigungsagentur) eingerichtet, deren Aufgabe es ist, den operativen
Bedarf zu ermitteln und Maßnahmen zur Bedarfsdeckung zu fördern, zur Ermittlung von
Maßnahmen zur Stärkung der industriellen und technologischen Basis des Verteidigungssektors
beizutragen und diese Maßnahmen gegebenenfalls durchzuführen, sich an der Festlegung einer
europäischen Politik im Bereich der Fähigkeiten und der Rüstung zu beteiligen sowie den Rat bei der
Beurteilung der Verbesserung der militärischen Fähigkeiten zu unterstützen.
(4) Europäische Beschlüsse zur Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, einschließlich
der Beschlüsse über die Einleitung einer Mission nach diesem Artikel, werden vom Rat einstimmig auf
Vorschlag des Außenministers der Union oder auf Initiative eines Mitgliedstaats erlassen. Der
Außenminister der Union kann gegebenenfalls gemeinsam mit der Kommission den Rückgriff auf
einzelstaatliche Mittel sowie auf Instrumente der Union vorschlagen.
(5) Der Rat kann zur Wahrung der Werte der Union und im Dienste ihrer Interessen eine Gruppe
von Mitgliedstaaten mit der Durchführung einer Mission im Rahmen der Union beauftragen. Die
Durchführung einer solchen Mission fällt unter Artikel III-310.
(6) Die Mitgliedstaaten, die anspruchsvollere Kriterien in Bezug auf die militärischen Fähigkeiten
erfüllen und die im Hinblick auf Missionen mit höchsten Anforderungen untereinander weiter
gehende Verpflichtungen eingegangen sind, begründen eine Ständige Strukturierte Zusammenarbeit
im Rahmen der Union. Diese Zusammenarbeit erfolgt nach Maßgabe von Artikel III-312. Sie berührt
nicht die Bestimmungen des Artikels III-309.
(7) Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats müssen die
anderen Mitgliedstaaten nach Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen alle in ihrer Macht
stehende Hilfe und Unterstützung leisten. Dies lässt den besonderen Charakter der Sicherheits- und
Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten unberührt.
Die Verpflichtungen und die Zusammenarbeit in diesem Bereich bleiben im Einklang mit den im
Rahmen der Nordatlantikvertrags-Organisation eingegangenen Verpflichtungen, die für die ihr
angehörenden Staaten weiterhin das Fundament ihrer kollektiven Verteidigung und das Instrument
für deren Verwirklichung ist.
(8) Das Europäische Parlament wird zu den wichtigsten Aspekten und den grundlegenden
Weichenstellungen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik regelmäßig gehört. Es
wird über ihre Entwicklung auf dem Laufenden gehalten.
Artikel I-42
Besondere Bestimmungen über den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
(1) Die Union bildet einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
a) durch den Erlass von Europäischen Gesetzen und Rahmengesetzen, mit denen, soweit
erforderlich, die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in den in Teil III genannten Bereichen
einander angeglichen werden sollen;
b) durch Förderung des gegenseitigen Vertrauens zwischen den zuständigen Behörden der
Mitgliedstaaten, insbesondere auf der Grundlage der gegenseitigen Anerkennung der gerichtlichen
und außergerichtlichen Entscheidungen;
c) durch operative Zusammenarbeit der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten einschließlich der
Polizei, des Zolls und anderer auf die Verhütung und die Aufdeckung von Straftaten
spezialisierter Behörden.
(2) Die nationalen Parlamente können sich im Rahmen des Raums der Freiheit, der Sicherheit und
des Rechts an den Bewertungsmechanismen nach Artikel III-260 beteiligen. Sie werden in die
politische Kontrolle von Europol und die Bewertung der Tätigkeit von Eurojust nach den Artikeln III-
276 und III-273 einbezogen.
(3) Die Mitgliedstaaten verfügen nach Artikel III-264 über ein Initiativrecht im Bereich der
polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen.
Artikel I-43
Solidaritätsklausel
(1) Die Union und ihre Mitgliedstaaten handeln gemeinsam im Geiste der Solidarität, wenn ein
Mitgliedstaat von einem Terroranschlag, einer Naturkatastrophe oder einer vom Menschen
verursachten Katastrophe betroffen ist. Die Union mobilisiert alle ihr zur Verfügung stehenden
Mittel, einschließlich der ihr von den Mitgliedstaaten bereitgestellten militärischen Mittel, um
a) - terroristische Bedrohungen im Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten abzuwenden;
- die demokratischen Institutionen und die Zivilbevölkerung vor etwaigen Terroranschlägen zu
schützen;
- im Falle eines Terroranschlags einen Mitgliedstaat auf Ersuchen seiner politischen Organe
innerhalb seines Hoheitsgebiets zu unterstützen;
b) im Falle einer Naturkatastrophe oder einer vom Menschen verursachten Katastrophe einen
Mitgliedstaat auf Ersuchen seiner politischen Organe innerhalb seines Hoheitsgebiets zu
unterstützen.
(2) Die Einzelheiten der Durchführung dieses Artikels sind in Artikel III-329 vorgesehen.
KAPITEL III VERSTÄRKTE ZUSAMMENARBEIT
Artikel I-44
Verstärkte Zusammenarbeit
(1) Die Mitgliedstaaten, die untereinander eine Verstärkte Zusammenarbeit im Rahmen der nicht
ausschließlichen Zuständigkeiten der Union begründen wollen, können, in den Grenzen und nach
Maßgabe dieses Artikels und der Artikel III-416 bis III-423, die Organe der Union in Anspruch
nehmen und diese Zuständigkeiten unter Anwendung der einschlägigen Verfassungsbestimmungen
ausüben.
Eine Verstärkte Zusammenarbeit ist darauf ausgerichtet, die Verwirklichung der Ziele der Union zu
fördern, ihre Interessen zu schützen und ihren Integrationsprozess zu stärken. Sie steht allen
Mitgliedstaaten nach Artikel III-418 jederzeit offen.
(2) Der Europäische Beschluss über die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit wird
vom Rat als letztes Mittel erlassen, wenn dieser feststellt, dass die mit dieser Zusammenarbeit
angestrebten Ziele von der Union in ihrer Gesamtheit nicht innerhalb eines vertretbaren Zeitraums
verwirklicht werden können, und sofern an der Zusammenarbeit mindestens ein Drittel der
Mitgliedstaaten beteiligt ist. Der Rat beschließt nach dem in Artikel III-419 vorgesehenen Verfahren.
(3) Alle Mitglieder des Rates können an dessen Beratungen teilnehmen, aber nur die Mitglieder des
Rates, welche die an der Verstärkten Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, nehmen
an der Abstimmung teil.
Die Einstimmigkeit bezieht sich allein auf die Stimmen der Vertreter der an der Verstärkten
Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten.
Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % derjenigen Mitglieder des Rates, die
die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen
mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.
Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die zusammen mehr
als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds
erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.
Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union, so gilt
abweichend von den Unterabsätzen 3 und 4 als die erforderliche qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit
von mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten,
sofern die betreffenden Mitgliedstaaten mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten
Mitgliedstaaten ausmachen.
(4) An die im Rahmen einer Verstärkten Zusammenarbeit erlassenen Rechtsakte sind nur die an
dieser Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten gebunden. Sie gelten nicht als Besitzstand, der von
beitrittswilligen Staaten angenommen werden muss.
TITEL VI DAS DEMOKRATISCHE LEBEN DER UNION
Artikel I-45
Grundsatz der demokratischen Gleichheit
Die Union achtet in ihrem gesamten Handeln den Grundsatz der Gleichheit ihrer Bürgerinnen und
Bürger, denen ein gleiches Maß an Aufmerksamkeit seitens der Organe, Einrichtungen und sonstigen
Stellen der Union zuteil wird.
Artikel I-46
Grundsatz der repräsentativen Demokratie
(1) Die Arbeitsweise der Union beruht auf der repräsentativen Demokratie.
(2) Die Bürgerinnen und Bürger sind auf Unionsebene unmittelbar im Europäischen Parlament
vertreten.
Die Mitgliedstaaten werden im Europäischen Rat von ihrem jeweiligen Staats- oder Regierungschef
und im Rat von ihrer jeweiligen Regierung vertreten, die ihrerseits in demokratischer Weise
gegenüber ihrem nationalen Parlament oder gegenüber ihren Bürgerinnen und Bürgern Rechenschaft
ablegen müssen.
(3) Alle Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, am demokratischen Leben der Union
teilzunehmen. Die Entscheidungen werden so offen und bürgernah wie möglich getroffen.
(4) Politische Parteien auf europäischer Ebene tragen zur Herausbildung eines europäischen
politischen Bewusstseins und zum Ausdruck des Willens der Bürgerinnen und Bürger der Union bei.
Artikel I-47
Grundsatz der partizipativen Demokratie
(1) Die Organe geben den Bürgerinnen und Bürgern und den repräsentativen Verbänden in
geeigneter Weise die Möglichkeit, ihre Ansichten in allen Bereichen des Handelns der Union öffentlich
bekannt zu geben und auszutauschen.
(2) Die Organe pflegen einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit den
repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft.
(3) Um die Kohärenz und die Transparenz des Handelns der Union zu gewährleisten, führt die
Kommission umfangreiche Anhörungen der Betroffenen durch.
(4) Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, deren Anzahl mindestens eine Million betragen und bei
denen es sich um Staatsangehörige einer erheblichen Anzahl von Mitgliedstaaten handeln muss,
können die Initiative ergreifen und die Kommission auffordern, im Rahmen ihrer Befugnisse
geeignete Vorschläge zu Themen zu unterbreiten, zu denen es nach Ansicht jener Bürgerinnen und
Bürger eines Rechtsakts der Union bedarf, um die Verfassung umzusetzen. Die Bestimmungen über
die Verfahren und Bedingungen, die für eine solche Bürgerinitiative gelten, einschließlich der
Mindestzahl von Mitgliedstaaten, aus denen diese Bürgerinnen und Bürger kommen müssen, werden
durch Europäisches Gesetz festgelegt.
Artikel I-48
Die Sozialpartner und der autonome soziale Dialog
Die Union anerkennt und fördert die Rolle der Sozialpartner auf Ebene der Union unter
Berücksichtigung der Unterschiedlichkeit der nationalen Systeme. Sie fördert den sozialen Dialog und
achtet dabei die Autonomie der Sozialpartner.
Der Dreigliedrige Sozialgipfel für Wachstum und Beschäftigung trägt zum sozialen Dialog bei.
Artikel I-49
Der Europäische Bürgerbeauftragte
Das Europäische Parlament wählt einen Europäischen Bürgerbeauftragten, der Beschwerden über
Missstände bei der Tätigkeit der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union nach
Maßgabe der Verfassung entgegennimmt. Er untersucht diese Beschwerden und erstattet darüber
Bericht. Der Europäische Bürgerbeauftragte übt sein Amt in völliger Unabhängigkeit aus.
Artikel I-50
Transparenz der Arbeit der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union
(1) Um eine verantwortungsvolle Verwaltung zu fördern und die Beteiligung der Zivilgesellschaft
sicherzustellen, handeln die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter
weitestgehender Beachtung des Grundsatzes der Offenheit.
(2) Das Europäische Parlament tagt öffentlich; dies gilt auch für den Rat, wenn er über Entwürfe zu
Gesetzgebungsakten berät oder abstimmt.
(3) Jede Unionsbürgerin und jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit
Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat hat nach Maßgabe des Teils III das Recht
auf Zugang zu Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, unabhängig
von der Form der für diese Dokumente verwendeten Träger.
Durch Europäisches Gesetz werden die allgemeinen Grundsätze und die aufgrund öffentlicher oder
privater Interessen geltenden Einschränkungen für die Ausübung des Rechts auf Zugang zu solchen
Dokumenten festgelegt.
(4) Im Einklang mit dem in Absatz 3 genannten Europäischen Gesetz legen die Organe,
Einrichtungen und sonstigen Stellen in ihren jeweiligen Geschäftsordnungen besondere Bestimmungen
für den Zugang zu ihren Dokumenten fest.
Artikel I-51
Schutz personenbezogener Daten
(1) Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.
(2) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz werden Vorschriften über den Schutz
natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen
und sonstigen Stellen der Union sowie durch die Mitgliedstaaten im Rahmen der
Ausübung von Tätigkeiten, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, und über den
freien Datenverkehr festgelegt. Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von unabhängigen Behörden
überwacht.
Artikel I-52
Status der Kirchen und weltanschaulichen Gemeinschaften
(1) Die Union achtet den Status, den Kirchen und religiöse Vereinigungen oder Gemeinschaften in
den Mitgliedstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen, und beeinträchtigt ihn nicht.
(2) Die Union achtet in gleicher Weise den Status, den weltanschauliche Gemeinschaften nach den
einzelstaatlichen Rechtsvorschriften genießen.
(3) Die Union pflegt mit diesen Kirchen und Gemeinschaften in Anerkennung ihrer Identität und
ihres besonderen Beitrags einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog.
TITEL VII DIE FINANZEN DER UNION
Artikel I-53
Die Haushalts- und Finanzgrundsätze
(1) Alle Einnahmen und Ausgaben der Union werden im Einklang mit Teil III für jedes
Haushaltsjahr veranschlagt und in den Haushaltsplan der Union eingesetzt.
(2) Der Haushaltsplan ist in Einnahmen und Ausgaben auszugleichen.
(3) Die in den Haushaltsplan eingesetzten Ausgaben werden für ein Haushaltsjahr entsprechend
dem Europäischen Gesetz nach Artikel III-412 bewilligt.
(4) Die Ausführung der in den Haushaltsplan eingesetzten Ausgaben setzt den Erlass eines
verbindlichen Rechtsakts der Union voraus, mit dem die Maßnahme der Union und die Ausführung
der entsprechenden Ausgabe entsprechend dem Europäischen Gesetz nach Artikel III-412 eine
Rechtsgrundlage erhalten, soweit nicht dieses Gesetz Ausnahmen vorsieht.
(5) Damit die Haushaltsdisziplin gewährleistet wird, erlässt die Union keine Rechtsakte, die
erhebliche Auswirkungen auf den Haushaltsplan haben könnten, ohne die Gewähr zu bieten, dass die
mit diesen Rechtsakten verbundenen Ausgaben im Rahmen der Eigenmittel der Union und unter
Einhaltung des mehrjährigen Finanzrahmens nach Artikel I-55 finanziert werden können.
(6) Der Haushaltsplan wird entsprechend dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung
ausgeführt. Die Mitgliedstaaten arbeiten mit der Union zusammen, um sicherzustellen, dass
die in den Haushaltsplan eingesetzten Mittel nach diesem Grundsatz verwendet werden.
(7) Die Union und die Mitgliedstaaten bekämpfen nach Artikel III-415 Betrügereien und sonstige
gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtete rechtswidrige Handlungen.
Artikel I-54
Die Eigenmittel der Union
(1) Die Union stattet sich mit den erforderlichen Mitteln aus, um ihre Ziele erreichen und ihre
Politik durchführen zu können.
(2) Der Haushalt der Union wird unbeschadet der sonstigen Einnahmen vollständig aus
Eigenmitteln finanziert.
(3) Die Bestimmungen über das System der Eigenmittel der Union werden durch Europäisches
Gesetz des Rates festgelegt. Darin können neue Kategorien von Eigenmitteln eingeführt und
bestehende Kategorien abgeschafft werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des
Europäischen Parlaments. Dieses Gesetz tritt erst nach Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang
mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften in Kraft.
(4) Durchführungsmaßnahmen zu dem System der Eigenmittel der Union werden durch
Europäisches Gesetz des Rates festgelegt, sofern dies in dem nach Absatz 3 erlassenen Europäischen
Gesetz vorgesehen ist. Der Rat beschließt nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.
Artikel I-55
Der mehrjährige Finanzrahmen
(1) Mit dem mehrjährigen Finanzrahmen soll sichergestellt werden, dass die Ausgaben der Union
innerhalb der Grenzen ihrer Eigenmittel eine geordnete Entwicklung nehmen. Im mehrjährigen
Finanzrahmen werden die jährlichen Obergrenzen für die Mittel für Verpflichtungen je
Ausgabenkategorie nach Artikel III-402 festgesetzt.
(2) Der mehrjährige Finanzrahmen wird durch Europäisches Gesetz des Rates festgelegt. Dieser
beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments, die mit der Mehrheit seiner
Mitglieder erteilt wird.
(3) Bei der Aufstellung des jährlichen Haushaltsplans der Union ist der mehrjährige Finanzrahmen
einzuhalten.
(4) Der Europäische Rat kann einstimmig einen Europäischen Beschluss erlassen, wonach der Rat
mit qualifizierter Mehrheit beschließen kann, wenn er das in Absatz 2 genannte Europäische Gesetz
des Rates erlässt.
Artikel I-56
Der Haushaltsplan der Union
Der jährliche Haushaltsplan der Union wird durch Europäisches Gesetz nach Maßgabe des
Artikels III-404 aufgestellt.
TITEL VIII DIE UNION UND IHRE NACHBARN
Artikel I-57
Die Union und ihre Nachbarn
(1) Die Union entwickelt besondere Beziehungen zu den Ländern in ihrer Nachbarschaft, um einen
Raum des Wohlstands und der guten Nachbarschaft zu schaffen, der auf den Werten der Union
aufbaut und sich durch enge, friedliche Beziehungen auf der Grundlage der Zusammenarbeit
auszeichnet.
(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 kann die Union spezielle Übereinkünfte mit den betreffenden
Ländern schließen. Diese Übereinkünfte können gegenseitige Rechte und Pflichten umfassen und die
Möglichkeit zu gemeinsamem Vorgehen eröffnen. Zur Durchführung der Übereinkünfte finden
regelmäßige Konsultationen statt.
TITEL IX ZUGEHÖRIGKEIT ZUR UNION
Artikel I-58
Kriterien und Verfahren für den Beitritt zur Union
(1) Die Union steht allen europäischen Staaten offen, die die in Artikel I-2 genannten Werte achten
und sich verpflichten, ihnen gemeinsam Geltung zu verschaffen.
(2) Europäische Staaten, die Mitglied der Union werden möchten, richten ihren Antrag an den Rat.
Das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente werden von diesem Antrag unterrichtet.
Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung der Kommission und nach Zustimmung des
Europäischen Parlaments, das mit der Mehrheit seiner Mitglieder beschließt. Die Bedingungen und
Einzelheiten der Aufnahme werden durch ein Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten und dem
antragstellenden Staat geregelt. Dieses Abkommen bedarf der Ratifikation durch alle Vertragsstaaten
im Einklang mit ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften.
Artikel I-59
Aussetzung bestimmter mit der Zugehörigkeit zur Union verbundener Rechte
(1) Auf begründete Initiative eines Drittels der Mitgliedstaaten, auf begründete Initiative des
Europäischen Parlaments oder auf Vorschlag der Kommission kann der Rat einen Europäischen
Beschluss erlassen, mit dem festgestellt wird, dass die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden
Verletzung der in Artikel I-2 genannten Werte durch einen Mitgliedstaat besteht. Der Rat beschließt
mit der Mehrheit von vier Fünfteln seiner Mitglieder nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.
Der Rat hört, bevor er eine solche Feststellung trifft, den betroffenen Mitgliedstaat und kann
Empfehlungen an ihn richten, über die er nach demselben Verfahren beschließt.
Der Rat überprüft regelmäßig, ob die Gründe, die zu dieser Feststellung geführt haben, noch
zutreffen.
(2) Auf Initiative eines Drittels der Mitgliedstaaten oder auf Vorschlag der Kommission kann der
Europäische Rat einen Europäischen Beschluss erlassen, mit dem festgestellt wird, dass eine
schwerwiegende und anhaltende Verletzung der in Artikel I-2 genannten Werte durch einen
Mitgliedstaat vorliegt, nachdem er diesen Staat zu einer Stellungnahme aufgefordert hat. Der
Europäische Rat beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.
(3) Wurde die Feststellung nach Absatz 2 getroffen, so kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit
einen Europäischen Beschluss erlassen, mit dem bestimmte Rechte, die sich aus der Anwendung der
Verfassung auf den betreffenden Mitgliedstaat herleiten, einschließlich der Stimmrechte des Mitglieds
des Rates, das diesen Staat vertritt, ausgesetzt werden. Dabei berücksichtigt der Rat die möglichen
Auswirkungen einer solchen Aussetzung auf die Rechte und Pflichten natürlicher und juristischer Personen.
Der betreffende Staat bleibt auf jeden Fall durch seine Verpflichtungen aus der Verfassung gebunden.
(4) Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit einen Europäischen Beschluss erlassen, mit dem die
nach Absatz 3 erlassenen Maßnahmen abgeändert oder aufgehoben werden, wenn in der Lage, die
zur Verhängung dieser Maßnahmen geführt hat, Änderungen eingetreten sind.
(5) Für die Zwecke dieses Artikels nimmt das Mitglied des Europäischen Rates oder des Rates, das
den betroffenen Mitgliedstaat vertritt, nicht an der Abstimmung teil und der betreffende Mitgliedstaat
wird bei der Berechnung des Drittels oder der vier Fünftel der Mitgliedstaaten nach den Absätzen 1
und 2 nicht berücksichtigt. Die Stimmenthaltung von anwesenden oder vertretenen Mitgliedern steht
dem Erlass von Europäischen Beschlüssen nach Absatz 2 nicht entgegen.
Für den Erlass Europäischer Beschlüsse nach den Absätzen 3 und 4 gilt als qualifizierte Mehrheit eine
Mehrheit von mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten
vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der
beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.
Beschließt der Rat nach dem Erlass eines Beschlusses über die Aussetzung der Stimmrechte nach
Absatz 3 auf der Grundlage einer Bestimmung der Verfassung mit qualifizierter Mehrheit, so gilt als
qualifizierte Mehrheit hierfür die in Unterabsatz 2 festgelegte qualifizierte Mehrheit oder, wenn der
Rat auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union handelt, eine Mehrheit von
mindestens 55 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern
die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten
Mitgliedstaaten ausmachen. In letzterem Fall ist für eine Sperrminorität mindestens die Mindestzahl
der Mitglieder des Rates, die zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten
Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte
Mehrheit als erreicht.
(6) Für die Zwecke dieses Artikels beschließt das Europäische Parlament mit der Mehrheit von zwei
Dritteln der abgegebenen Stimmen und mit der Mehrheit seiner Mitglieder.
Artikel I-60
Freiwilliger Austritt aus der Union
(1) Jeder Mitgliedstaat kann im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften
beschließen, aus der Union auszutreten.
(2) Ein Mitgliedstaat, der auszutreten beschließt, teilt dem Europäischen Rat seine Absicht mit. Auf
der Grundlage der Leitlinien des Europäischen Rates handelt die Union mit diesem Staat ein
Abkommen über die Einzelheiten des Austritts aus und schließt es ab, wobei der Rahmen für die
künftigen Beziehungen dieses Staates zur Union berücksichtigt wird. Das Abkommen wird nach
Artikel III-325 Absatz 3 ausgehandelt. Es wird vom Rat im Namen der Union geschlossen; der Rat
beschließt mit qualifizierter Mehrheit nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.
(3) Die Verfassung findet auf den betroffenen Staat ab dem Tag des Inkrafttretens des
Austrittsabkommens oder andernfalls zwei Jahre nach der in Absatz 2 genannten Mitteilung keine
Anwendung mehr, es sei denn, der Europäische Rat beschließt im Einvernehmen mit dem betroffenen
Mitgliedstaat einstimmig, diese Frist zu verlängern.
(4) Für die Zwecke der Absätze 2 und 3 nimmt das Mitglied des Europäischen Rates und des Rates,
das den austretenden Mitgliedstaat vertritt, weder an den diesen Mitgliedstaat betreffenden
Beratungen noch an der entsprechenden Beschlussfassung des Europäischen Rates oder des Rates teil.
Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die
die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen
mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.
(5) Ein Staat, der aus der Union ausgetreten ist und erneut Mitglied werden möchte, muss dies nach
dem Verfahren des Artikels I-58 beantragen.
TEIL II DIE CHARTA DER GRUNDRECHTE DER UNION
PRÄAMBEL
Die Völker Europas sind entschlossen, auf der Grundlage gemeinsamer Werte eine friedliche Zukunft
zu teilen, indem sie sich zu einer immer engeren Union verbinden.
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und der
Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie stellt den
Menschen in den Mittelpunkt ihres Handelns, indem sie die Unionsbürgerschaft und einen Raum der
Freiheit, der Sicherheit und des Rechts begründet.
Die Union trägt zur Erhaltung und zur Entwicklung dieser gemeinsamen Werte unter Achtung der
Vielfalt der Kulturen und Traditionen der Völker Europas sowie der nationalen Identität der
Mitgliedstaaten und der Organisation ihrer staatlichen Gewalt auf nationaler, regionaler und lokaler
Ebene bei. Sie ist bestrebt, eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung zu fördern und stellt den
freien Personen-, Dienstleistungs-, Waren- und Kapitalverkehr sowie die Niederlassungsfreiheit sicher.
Zu diesem Zweck ist es notwendig, angesichts der Weiterentwicklung der Gesellschaft, des sozialen
Fortschritts und der wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen den Schutz der
Grundrechte zu stärken, indem sie in einer Charta sichtbarer gemacht werden.
Diese Charta bekräftigt unter Achtung der Zuständigkeiten und Aufgaben der Union und des
Subsidiaritätsprinzips die Rechte, die sich vor allem aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen
und den gemeinsamen internationalen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, aus der Europäischen
Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, aus den von der Union und dem
Europarat beschlossenen Sozialchartas sowie aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergeben. In diesem
Zusammenhang erfolgt die Auslegung der Charta durch die Gerichte der Union und der
Mitgliedstaaten unter gebührender Berücksichtigung der Erläuterungen, die unter der Leitung des
Präsidiums des Konvents zur Ausarbeitung der Charta formuliert und unter der Verantwortung des
Präsidiums des Europäischen Konvents aktualisiert wurden.
Die Ausübung dieser Rechte ist mit Verantwortung und mit Pflichten sowohl gegenüber den
Mitmenschen als auch gegenüber der menschlichen Gemeinschaft und den künftigen Generationen
verbunden.
Daher erkennt die Union die nachstehend aufgeführten Rechte, Freiheiten und Grundsätze an.
TITEL I WÜRDE DES MENSCHEN
Artikel II-61
Würde des Menschen
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu schützen.
Artikel II-62
Recht auf Leben
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Leben.
(2) Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden.
Artikel II-63
Recht auf Unversehrtheit
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit.
(2) Im Rahmen der Medizin und der Biologie muss insbesondere Folgendes beachtet werden:
a) die freie Einwilligung des Betroffenen nach vorheriger Aufklärung entsprechend den gesetzlich
festgelegten Einzelheiten,
b) das Verbot eugenischer Praktiken, insbesondere derjenigen, welche die Selektion von Menschen
zum Ziel haben,
c) das Verbot, den menschlichen Körper und Teile davon als solche zur Erzielung von Gewinnen zu
nutzen,
d) das Verbot des reproduktiven Klonens von Menschen.
Artikel II-64
Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung
Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung
unterworfen werden.
Artikel II-65
Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit
(1) Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden.
(2) Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten.
(3) Menschenhandel ist verboten.
TITEL II FREIHEITEN
Artikel II-66
Recht auf Freiheit und Sicherheit
Jeder Mensch hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit.
Artikel II-67
Achtung des Privat- und Familienlebens
Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihrer
Kommunikation.
Artikel II-68
Schutz personenbezogener Daten
(1) Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.
(2) Diese Daten dürfen nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der
betroffenen Person oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet
werden. Jede Person hat das Recht, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen Daten zu erhalten
und die Berichtigung der Daten zu erwirken.
(3) Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von einer unabhängigen Stelle überwacht.
Artikel II-69
Recht, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen
Das Recht, eine Ehe einzugehen, und das Recht, eine Familie zu gründen, werden nach den
einzelstaatlichen Gesetzen gewährleistet, welche die Ausübung dieser Rechte regeln.
Artikel II-70
Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit
(1) Jede Person hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Dieses Recht
umfasst die Freiheit, die Religion oder Weltanschauung zu wechseln, und die Freiheit, seine Religion
oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit anderen öffentlich oder privat durch Gottesdienst,
Unterricht, Bräuche und Riten zu bekennen.
(2) Das Recht auf Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen wird nach den einzelstaatlichen
Gesetzen anerkannt, welche die Ausübung dieses Rechts regeln.
Artikel II-71
Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit
(1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit
und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht
auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.
(2) Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.
Artikel II-72
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
(1) Jede Person hat das Recht, sich insbesondere im politischen, gewerkschaftlichen und
zivilgesellschaftlichen Bereich auf allen Ebenen frei und friedlich mit anderen zu versammeln und
frei mit anderen zusammenzuschließen, was das Recht jeder Person umfasst, zum Schutz ihrer
Interessen Gewerkschaften zu gründen und Gewerkschaften beizutreten.
(2) Politische Parteien auf der Ebene der Union tragen dazu bei, den politischen Willen der
Unionsbürgerinnen und Unionsbürger zum Ausdruck zu bringen.
Artikel II-73
Freiheit der Kunst und der Wissenschaft
Kunst und Forschung sind frei. Die akademische Freiheit wird geachtet.
Artikel II-74
Recht auf Bildung
(1) Jede Person hat das Recht auf Bildung sowie auf Zugang zur beruflichen Ausbildung und
Weiterbildung.
(2) Dieses Recht umfasst die Möglichkeit, unentgeltlich am Pflichtschulunterricht teilzunehmen.
(3) Die Freiheit zur Gründung von Lehranstalten unter Achtung der demokratischen Grundsätze
sowie das Recht der Eltern, die Erziehung und den Unterricht ihrer Kinder entsprechend ihren
eigenen religiösen, weltanschaulichen und erzieherischen Überzeugungen sicherzustellen, werden
nach den einzelstaatlichen Gesetzen geachtet, welche ihre Ausübung regeln.
Artikel II-75
Berufsfreiheit und Recht zu arbeiten
(1) Jede Person hat das Recht, zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf
auszuüben.
(2) Alle Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben die Freiheit, in jedem Mitgliedstaat Arbeit zu
suchen, zu arbeiten, sich niederzulassen oder Dienstleistungen zu erbringen.
(3) Die Staatsangehörigen dritter Länder, die im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten arbeiten dürfen,
haben Anspruch auf Arbeitsbedingungen, die denen der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger
entsprechen.
Artikel II-76
Unternehmerische Freiheit
Die unternehmerische Freiheit wird nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften
und Gepflogenheiten anerkannt.
Artikel II-77
Eigentumsrecht
(1) Jede Person hat das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber
zu verfügen und es zu vererben. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus
Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz
vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für den Verlust des
Eigentums. Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der
Allgemeinheit erforderlich ist.
(2) Geistiges Eigentum wird geschützt.
Artikel II-78
Asylrecht
Das Recht auf Asyl wird nach Maßgabe des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 und des
Protokolls vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie nach Maßgabe der
Verfassung gewährleistet.
Artikel II-79
Schutz bei Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung
(1) Kollektivausweisungen sind nicht zulässig.
(2) Niemand darf in einen Staat abgeschoben oder ausgewiesen oder an einen Staat ausgeliefert
werden, in dem für sie oder ihn das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen
unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht.
TITEL III GLEICHHEIT
Artikel II-80
Gleichheit vor dem Gesetz
Alle Personen sind vor dem Gesetz gleich.
Artikel II-81
Nichtdiskriminierung
(1) Diskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der
ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der
Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen
Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung
sind verboten.
(2) Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verfassung ist in ihrem Anwendungsbereich jede
Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.
Artikel II-82
Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen
Die Union achtet die Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen.
Artikel II-83
Gleichheit von Frauen und Männern
Die Gleichheit von Frauen und Männern ist in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der
Arbeit und des Arbeitsentgelts, sicherzustellen.
Der Grundsatz der Gleichheit steht der Beibehaltung oder der Einführung spezifischer
Vergünstigungen für das unterrepräsentierte Geschlecht nicht entgegen.
Artikel II-84
Rechte des Kindes
(1) Kinder haben Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für ihr Wohlergehen notwendig
sind. Sie können ihre Meinung frei äußern. Ihre Meinung wird in den Angelegenheiten, die sie
betreffen, in einer ihrem Alter und ihrem Reifegrad entsprechenden Weise berücksichtigt.
(2) Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher Stellen oder privater Einrichtungen muss
das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.
(3) Jedes Kind hat Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu
beiden Elternteilen, es sei denn, dies steht seinem Wohl entgegen.
Artikel II-85
Rechte älterer Menschen
Die Union anerkennt und achtet das Recht älterer Menschen auf ein würdiges und unabhängiges
Leben und auf Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben.
Artikel II-86
Integration von Menschen mit Behinderung
Die Union anerkennt und achtet den Anspruch von Menschen mit Behinderung auf Maßnahmen zur
Gewährleistung ihrer Eigenständigkeit, ihrer sozialen und beruflichen Eingliederung und ihrer
Teilnahme am Leben der Gemeinschaft.
TITEL IV SOLIDARITÄT
Artikel II-87
Recht auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Unternehmen
Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder ihre Vertreter muss auf den geeigneten Ebenen
eine rechtzeitige Unterrichtung und Anhörung in den Fällen und unter den Voraussetzungen
gewährleistet sein, die nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und
Gepflogenheiten vorgesehen sind.
Artikel II-88
Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen
Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber oder ihre
jeweiligen Organisationen haben nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften
und Gepflogenheiten das Recht, Tarifverträge auf den geeigneten Ebenen auszuhandeln und zu
schließen sowie bei Interessenkonflikten kollektive Maßnahmen zur Verteidigung ihrer Interessen,
einschließlich Streiks, zu ergreifen.
Artikel II-89
Recht auf Zugang zu einem Arbeitsvermittlungsdienst
Jeder Mensch hat das Recht auf Zugang zu einem unentgeltlichen Arbeitsvermittlungsdienst.
Artikel II-90
Schutz bei ungerechtfertigter Entlassung
Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen
Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten Anspruch auf Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung.
Artikel II-91
Gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen
(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf gesunde, sichere und würdige
Arbeitsbedingungen.
(2) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf eine Begrenzung der
Höchstarbeitszeit, auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf bezahlten Jahresurlaub.
Artikel II-92
Verbot der Kinderarbeit und Schutz der Jugendlichen am Arbeitsplatz
Kinderarbeit ist verboten. Unbeschadet günstigerer Vorschriften für Jugendliche und abgesehen von
begrenzten Ausnahmen darf das Mindestalter für den Eintritt in das Arbeitsleben das Alter, in dem
die Schulpflicht endet, nicht unterschreiten.
Zur Arbeit zugelassene Jugendliche müssen ihrem Alter angepasste Arbeitsbedingungen erhalten und
vor wirtschaftlicher Ausbeutung und vor jeder Arbeit geschützt werden, die ihre Sicherheit, ihre
Gesundheit, ihre körperliche, geistige, sittliche oder soziale Entwicklung beeinträchtigen oder ihre
Erziehung gefährden könnte.
Artikel II-93
Familien- und Berufsleben
(1) Der rechtliche, wirtschaftliche und soziale Schutz der Familie wird gewährleistet.
(2) Um Familien- und Berufsleben miteinander in Einklang bringen zu können, hat jeder Mensch
das Recht auf Schutz vor Entlassung aus einem mit der Mutterschaft zusammenhängenden Grund
sowie den Anspruch auf einen bezahlten Mutterschaftsurlaub und auf einen Elternurlaub nach der
Geburt oder Adoption eines Kindes.
Artikel II-94
Soziale Sicherheit und soziale Unterstützung
(1) Die Union anerkennt und achtet das Recht auf Zugang zu den Leistungen der sozialen
Sicherheit und zu den sozialen Diensten, die in Fällen wie Mutterschaft, Krankheit, Arbeitsunfall,
Pflegebedürftigkeit oder im Alter sowie bei Verlust des Arbeitsplatzes Schutz gewährleisten, nach
Maßgabe des Unionsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.
(2) Jeder Mensch, der in der Union seinen rechtmäßigen Wohnsitz hat und seinen Aufenthalt
rechtmäßig wechselt, hat Anspruch auf die Leistungen der sozialen Sicherheit und die sozialen
Vergünstigungen nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und
Gepflogenheiten.
(3) Um die soziale Ausgrenzung und die Armut zu bekämpfen, anerkennt und achtet die Union das
Recht auf eine soziale Unterstützung und eine Unterstützung für die Wohnung, die allen, die nicht
über ausreichende Mittel verfügen, ein menschenwürdiges Dasein sicherstellen sollen, nach Maßgabe
des Unionsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.
Artikel II-95
Gesundheitsschutz
Jeder Mensch hat das Recht auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge und auf ärztliche Versorgung nach
Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten. Bei der Festlegung und
Durchführung der Politik und Maßnahmen der Union in allen Bereichen wird ein hohes
Gesundheitsschutzniveau sichergestellt.
Artikel II-96
Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse
Die Union anerkennt und achtet den Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen
Interesse, wie er durch die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten im Einklang mit
der Verfassung geregelt ist, um den sozialen und territorialen Zusammenhalt der Union zu fördern.
Artikel II-97
Umweltschutz
Ein hohes Umweltschutzniveau und die Verbesserung der Umweltqualität müssen in die Politik der
Union einbezogen und nach dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung sichergestellt werden.
Artikel II-98
Verbraucherschutz
Die Politik der Union stellt ein hohes Verbraucherschutzniveau sicher.
TITEL V BÜRGERRECHTE
Artikel II-99
Aktives und passives Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament
(1) Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger besitzen in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren
Wohnsitz haben, das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament
unter denselben Bedingungen wie die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats.
(2) Die Mitglieder des Europäischen Parlaments werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier und
geheimer Wahl gewählt.
Artikel II-100>
Aktives und passives Wahlrecht bei den Kommunalwahlen
Artikel II-101
Recht auf eine gute Verwaltung
(1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen
und sonstigen Stellen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist
behandelt werden.
(2) Dieses Recht umfasst insbesondere
a) das Recht jeder Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle
Maßnahme getroffen wird,
b) das Recht jeder Person auf Zugang zu den sie betreffenden Akten unter Wahrung des berechtigten
Interesses der Vertraulichkeit sowie des Berufs- und Geschäftsgeheimnisses,
c) die Verpflichtung der Verwaltung, ihre Entscheidungen zu begründen.
(3) Jede Person hat Anspruch darauf, dass die Union den durch ihre Organe oder Bediensteten in
Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen
ersetzt, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.
(4) Jede Person kann sich in einer der Sprachen der Verfassung an die Organe der Union wenden
und muss eine Antwort in derselben Sprache erhalten.
Artikel II-102
Recht auf Zugang zu Dokumenten
Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit
Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht auf Zugang zu den
Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, unabhängig von der Form
der für diese Dokumente verwendeten Träger.
Artikel II-103
Der Europäische Bürgerbeauftragte
Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit
Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht, den Europäischen
Bürgerbeauftragten im Falle von Missständen bei der Tätigkeit der Organe, Einrichtungen und
sonstigen Stellen der Union, mit Ausnahme des Gerichtshofs der Europäischen Union in Ausübung
seiner Rechtsprechungsbefugnisse, zu befassen.
Artikel II-104
Petitionsrecht
Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit
Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht, eine Petition an das
Europäische Parlament zu richten.
Artikel II-105
Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit
(1) Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben das Recht, sich im Hoheitsgebiet der
Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten.
(2) Staatsangehörigen von Drittländern, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats
aufhalten, kann nach Maßgabe der Verfassung Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit gewährt werden.
Artikel II-106
Diplomatischer und konsularischer Schutz
Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger genießen im Hoheitsgebiet eines Drittlands, in dem der
Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, nicht vertreten ist, den Schutz durch die
diplomatischen und konsularischen Behörden eines jeden Mitgliedstaats unter denselben Bedingungen
wie Staatsangehörige dieses Staates.
TITEL VI JUSTIZIELLE RECHTE
Artikel II-107
Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht
Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind,
hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht
einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.
Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor
durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener
Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.
Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit diese
Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten.
Artikel II-108
Unschuldsvermutung und Verteidigungsrechte
(1) Jeder Angeklagte gilt bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis seiner Schuld als unschuldig.
(2) Jedem Angeklagten wird die Achtung der Verteidigungsrechte gewährleistet.
Artikel II-109
Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit
Straftaten und Strafen
(1) Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer
Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Es darf auch keine
schwerere Strafe als die zur Zeit der Begehung angedrohte Strafe verhängt werden. Wird nach
Begehung einer Straftat durch Gesetz eine mildere Strafe eingeführt, so ist diese zu verhängen.
(2) Dieser Artikel schließt nicht aus, dass eine Person wegen einer Handlung oder Unterlassung
verurteilt oder bestraft wird, die zur Zeit ihrer Begehung nach den allgemeinen, von der Gesamtheit
der Nationen anerkannten Grundsätzen strafbar war.
(3) Das Strafmaß darf zur Straftat nicht unverhältnismäßig sein.
Artikel II-110
Recht, wegen derselben Straftat nicht zweimal strafrechtlich verfolgt oder bestraft zu werden
Niemand darf wegen einer Straftat, derentwegen er bereits in der Union nach dem Gesetz
rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren erneut verfolgt oder
bestraft werden.
TITEL VII ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN ÜBER DIE AUSLEGUNG UND ANWENDUNG DER CHARTA
Artikel II-111
Anwendungsbereich
(1) Diese Charta gilt für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter Wahrung
des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts
der Union. Dementsprechend achten sie die Rechte, halten sie sich an die Grundsätze und fördern sie
deren Anwendung entsprechend ihren jeweiligen Zuständigkeiten und unter Achtung der Grenzen
der Zuständigkeiten, die der Union in anderen Teilen der Verfassung übertragen werden.
(2) Diese Charta dehnt den Geltungsbereich des Unionsrechts nicht über die Zuständigkeiten der
Union hinaus aus und begründet weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben für die Union,
noch ändert sie die in den anderen Teilen der Verfassung festgelegten Zuständigkeiten und Aufgaben.
Artikel II-112
Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze
(1) Jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten muss
gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter
Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen
werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden
Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich
entsprechen.
(2) Die Ausübung der durch diese Charta anerkannten Rechte, die in anderen Teilen der Verfassung
geregelt sind, erfolgt im Rahmen der dort festgelegten Bedingungen und Grenzen.
(3) Soweit diese Charta Rechte enthält, die den durch die Europäische Konvention zum Schutz der
Menschenrechte und Grundfreiheiten garantierten Rechten entsprechen, haben sie die gleiche
Bedeutung und Tragweite, wie sie ihnen in der genannten Konvention verliehen wird. Diese
Bestimmung steht dem nicht entgegen, dass das Recht der Union einen weiter gehenden Schutz
gewährt.
(4) Soweit in dieser Charta Grundrechte anerkannt werden, wie sie sich aus den gemeinsamen
Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, werden sie im Einklang mit diesen
Überlieferungen ausgelegt.
(5) Die Bestimmungen dieser Charta, in denen Grundsätze festgelegt sind, können durch Akte der
Gesetzgebung und der Ausführung der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie
durch Akte der Mitgliedstaaten zur Durchführung des Rechts der Union in Ausübung ihrer jeweiligen
Zuständigkeiten umgesetzt werden. Sie können vor Gericht nur bei der Auslegung dieser Akte und
bei Entscheidungen über deren Rechtmäßigkeit herangezogen werden.
(6) Den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten ist, wie es in dieser Charta
bestimmt ist, in vollem Umfang Rechnung zu tragen.
(7) Die Erläuterungen, die als Anleitung für die Auslegung der Charta der Grundrechte verfasst
wurden, sind von den Gerichten der Union und der Mitgliedstaaten gebührend zu berücksichtigen.
Artikel II-113
Schutzniveau
Keine Bestimmung dieser Charta ist als eine Einschränkung oder Verletzung der Menschenrechte und
Grundfreiheiten auszulegen, die in dem jeweiligen Anwendungsbereich durch das Recht der Union
und das Völkerrecht sowie durch die internationalen Übereinkünfte, bei denen die Union oder alle
Mitgliedstaaten Vertragsparteien sind, darunter insbesondere die Europäische Konvention zum
Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, sowie durch die Verfassungen der Mitgliedstaaten
anerkannt werden.
Artikel II-114
Verbot des Missbrauchs der Rechte
Keine Bestimmung dieser Charta ist so auszulegen, als begründe sie das Recht, eine Tätigkeit
auszuüben oder eine Handlung vorzunehmen, die darauf abzielt, die in der Charta anerkannten
Rechte und Freiheiten abzuschaffen oder sie stärker einzuschränken, als dies in der Charta vorgesehen
ist.
TEIL III DIE POLITIKBEREICHE UND DIE ARBEITSWEISE DER UNION
TITEL I ALLGEMEIN ANWENDBARE BESTIMMUNGEN
Artikel III-115
Die Union achtet auf die Kohärenz zwischen der Politik und den Maßnahmen in den verschiedenen in
diesem Teil genannten Bereichen und trägt dabei unter Einhaltung des Grundsatzes der begrenzten
Einzelermächtigung ihren Zielen in ihrer Gesamtheit Rechnung.
Artikel III-116
Bei allen in diesem Teil genannten Maßnahmen wirkt die Union darauf hin, dass Ungleichheiten
zwischen Frauen und Männern beseitigt werden und die Gleichstellung von Frauen und Männern
gefördert wird.
Artikel III-117
Bei der Festlegung und Durchführung der Politik und der Maßnahmen in den in diesem Teil
genannten Bereichen trägt die Union den Erfordernissen im Zusammenhang mit der Förderung eines
hohen Beschäftigungsniveaus, der Gewährleistung eines angemessenen sozialen Schutzes, der
Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung sowie mit einem hohen Niveau der allgemeinen und
beruflichen Bildung und des Gesundheitsschutzes Rechnung.
Artikel III-118
Bei der Festlegung und Durchführung der Politik und der Maßnahmen in den in diesem Teil
genannten Bereichen zielt die Union darauf ab, Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der
Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters
oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen.
Artikel III-119
Die Erfordernisse des Umweltschutzes müssen bei der Festlegung und Durchführung der Politik und
der Maßnahmen in den in diesem Teil genannten Bereichen, insbesondere zur Förderung einer
nachhaltigen Entwicklung, einbezogen werden.
Artikel III-120
Den Erfordernissen des Verbraucherschutzes wird bei der Festlegung und Durchführung der Politik
und der Maßnahmen der Union in den anderen Bereichen Rechnung getragen.
Artikel III-121
Bei der Festlegung und Durchführung der Politik der Union in den Bereichen Landwirtschaft,
Fischerei, Verkehr, Binnenmarkt, Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt tragen die
Union und die Mitgliedstaaten den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als fühlende Wesen in
vollem Umfang Rechnung; sie berücksichtigen hierbei die Rechts- und Verwaltungsvorschriften und
die Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten insbesondere in Bezug auf religiöse Riten, kulturelle
Traditionen und das regionale Erbe.
Artikel III-122
Unbeschadet der Artikel I-5, III-166, III-167 und III-238 und in Anbetracht des von allen in der
Union anerkannten Stellenwerts der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse sowie ihrer
Bedeutung bei der Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts tragen die Union und die
Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten im Anwendungsbereich der Verfassung
dafür Sorge, dass die Grundsätze und Bedingungen, insbesondere jene wirtschaftlicher und
finanzieller Art, für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass diese ihren Aufgaben
nachkommen können. Diese Grundsätze und Bedingungen werden durch Europäisches Gesetz
unbeschadet der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten festgelegt, diese Dienste im Einklang mit der
Verfassung zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu finanzieren.
TITEL II NICHTDISKRIMINIERUNG UND UNIONSBÜRGERSCHAFT
Artikel III-123
Das in Artikel I-4 Absatz 2 genannte Verbot von Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit
kann durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz geregelt werden.
Artikel III-124
(1) Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen der Verfassung und im Rahmen der durch die
Verfassung der Union übertragenen Zuständigkeiten können die für die Bekämpfung von
Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion
oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung
erforderlichen Maßnahmen durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates festgelegt
werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.
(2) Abweichend von Absatz 1 können durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz unter
Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten die Grundprinzipien
für die Fördermaßnahmen der Union festgelegt werden; dies gilt auch für Maßnahmen zur
Unterstützung der Tätigkeit der Mitgliedstaaten zur Verwirklichung der in Absatz 1 genannten Ziele.
Artikel III-125
(1) Erscheint zur Erleichterung der Ausübung des in Artikel I-10 Absatz 2 Buchstabe a genannten
Rechts der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, sich frei zu bewegen und aufzuhalten, ein
Tätigwerden der Union erforderlich, so können entsprechende Maßnahmen durch Europäisches
Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt werden, sofern die Verfassung hierfür anderweitig keine
Befugnisse vorsieht.
(2) Zu den gleichen wie den in Absatz 1 genannten Zwecken können, sofern die Verfassung hierfür
anderweitig keine Befugnisse vorsieht, Maßnahmen, die Pässe, Personalausweise, Aufenthaltstitel oder
diesen gleichgestellte Dokumente betreffen, sowie Maßnahmen, die die soziale Sicherheit oder den
sozialen Schutz betreffen, durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates festgelegt werden.
Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
Artikel III-126
Die Einzelheiten der Ausübung des in Artikel I-10 Absatz 2 Buchstabe b genannten aktiven und
passiven Wahlrechts aller Unionsbürgerinnen und Unionsbürger bei den Kommunalwahlen und bei
den Wahlen zum Europäischen Parlament in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben,
ohne dessen Staatsangehörigkeit zu besitzen, werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz
des Rates festgelegt. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments. In
diesen Einzelheiten können Ausnahmeregelungen vorgesehen werden, wenn dies aufgrund
besonderer Probleme eines Mitgliedstaats gerechtfertigt ist.
Das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament wird unbeschadet
des Artikels III-330 Absatz 1 und der Maßnahmen zu dessen Durchführung ausgeübt.
Artikel III-127
Die Mitgliedstaaten erlassen die notwendigen Bestimmungen, um den diplomatischen und
konsularischen Schutz der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger in Drittländern nach Artikel I-10
Absatz 2 Buchstabe c zu gewährleisten.
Die Mitgliedstaaten leiten die für diesen Schutz erforderlichen internationalen Verhandlungen ein.
Die zur Erleichterung dieses Schutzes notwendigen Maßnahmen können durch Europäisches Gesetz
des Rates festgelegt werden. Der Rat beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
Artikel III-128
Die Sprachen, in denen die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sich nach Artikel I-10 Absatz 2
Buchstabe d an die Organe oder Einrichtungen wenden können und in denen sie eine Antwort
erhalten müssen, sind in Artikel IV-448 Absatz 1 aufgeführt. Die Organe und Einrichtungen im Sinne
des Artikels I-10 Absatz 2 Buchstabe d sind jene, die in Artikel I-19 Absatz 1 Unterabsatz 2 und in
den Artikeln I-30, I-31 und I-32 genannt werden, sowie der Europäische Bürgerbeauftragte.
Artikel III-129
Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Wirtschafts- und
Sozialausschuss alle drei Jahre über die Anwendung des Artikels I-10 und dieses Titels Bericht. In dem
Bericht wird der Fortentwicklung der Union Rechnung getragen.
Auf der Grundlage dieses Berichts und unbeschadet der anderen Bestimmungen der Verfassung
können die in Artikel I-10 vorgesehenen Rechte durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des
Rates ergänzt werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen
Parlaments. Dieses Gesetz oder Rahmengesetz tritt erst nach Zustimmung der Mitgliedstaaten im
Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften in Kraft.
TITEL III INTERNE POLITIKBEREICHE UND MASSNAHMEN
KAPITEL I BINNENMARKT
ABSCHNITT 1 VERWIRKLICHUNG UND FUNKTIONIEREN DES BINNENMARKTS
Artikel III-130
(1) Die Union erlässt die erforderlichen Maßnahmen, um nach Maßgabe der einschlägigen
Bestimmungen der Verfassung den Binnenmarkt zu verwirklichen beziehungsweise dessen
Funktionieren zu gewährleisten.
(2) Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von
Personen, Dienstleistungen, Waren und Kapital nach Maßgabe der Verfassung gewährleistet ist.
(3) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission die Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse,
mit denen die Leitlinien und Bedingungen festgelegt werden, die erforderlich sind, um in allen
betroffenen Sektoren einen ausgewogenen Fortschritt zu gewährleisten.
(4) Bei der Formulierung ihrer Vorschläge zur Verwirklichung der Ziele der Absätze 1 und 2
berücksichtigt die Kommission den Umfang der Anstrengungen, die einigen Volkswirtschaften mit
unterschiedlichem Entwicklungsstand für die Verwirklichung des Binnenmarkts abverlangt
werden; sie kann geeignete Maßnahmen vorschlagen.
Erhalten diese Maßnahmen die Form von Ausnahmeregelungen, so müssen sie vorübergehender Art
sein und dürfen das Funktionieren des Binnenmarkts so wenig wie möglich stören.
Artikel III-131
Die Mitgliedstaaten setzen sich miteinander ins Benehmen, um durch gemeinsames Vorgehen zu
verhindern, dass das Funktionieren des Binnenmarkts durch Maßnahmen beeinträchtigt wird, die ein
Mitgliedstaat bei einer schwerwiegenden innerstaatlichen Störung der öffentlichen Ordnung, im
Kriegsfall, bei einer ernsten, eine Kriegsgefahr darstellenden internationalen Spannung oder in
Erfüllung der Verpflichtungen trifft, die er im Hinblick auf die Aufrechterhaltung des Friedens und der
internationalen Sicherheit übernommen hat.
Artikel III-132
Werden im Binnenmarkt die Wettbewerbsbedingungen durch Maßnahmen aufgrund der Artikel
III-131 und III-436 verfälscht, so prüft die Kommission gemeinsam mit dem beteiligten Mitgliedstaat,
wie diese Maßnahmen den Vorschriften der Verfassung angepasst werden können.
In Abweichung von dem in den Artikeln III-360 und III-361 vorgesehenen Verfahren kann die
Kommission oder ein Mitgliedstaat den Gerichtshof unmittelbar anrufen, wenn die Kommission oder
der Mitgliedstaat der Auffassung ist, dass ein anderer Mitgliedstaat die in den Artikeln III-131 und
III-436 vorgesehenen Befugnisse missbraucht. Der Gerichtshof entscheidet unter Ausschluss der
Öffentlichkeit.
ABSCHNITT 2 FREIZÜGIGKEIT UND FREIER DIENSTLEISTUNGSVERKEHR
Unterabschnitt 1 Arbeitnehmer
Artikel III-133
(1) Die Arbeitnehmer haben das Recht, sich innerhalb der Union frei zu bewegen.
(2) Jede auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer der
Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen ist
verboten.
(3) Die Arbeitnehmer haben - vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit
und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen - das Recht,
a) sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben;
b) sich zu diesem Zweck im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen;
c) sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, um dort nach den für die Arbeitnehmer dieses Staates
geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften eine Beschäftigung auszuüben;
d) nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats unter Bedingungen zu
verbleiben, welche in Europäischen Verordnungen der Kommission festgelegt sind.
(4) Dieser Artikel findet keine Anwendung auf die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung.
Artikel III-134
Die zur Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Sinne des Artikels III-133 erforderlichen
Maßnahmen werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt. Es wird nach
Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
Das Europäische Gesetz oder Rahmengesetz hat insbesondere Folgendes zum Ziel:
a) die Sicherstellung einer engen Zusammenarbeit zwischen den einzelstaatlichen Arbeitsverwaltungen;
b) die Beseitigung der Verwaltungsverfahren und -praktiken sowie der für den Zugang zu
verfügbaren Arbeitsplätzen vorgeschriebenen Fristen, die sich aus innerstaatlichen Rechtsvorschriften
oder zuvor zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkünften ergeben und
deren Beibehaltung die Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer hindert;
c) die Beseitigung aller Fristen und sonstigen Beschränkungen, die in innerstaatlichen Rechtsvorschriften
oder zuvor zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkünften vorgesehen
sind und die den Arbeitnehmern der anderen Mitgliedstaaten für die freie Wahl des Arbeitsplatzes
andere Bedingungen als den inländischen Arbeitnehmern auferlegen;
d) die Schaffung geeigneter Verfahren für die Zusammenführung und den Ausgleich von Angebot
und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt zu Bedingungen, die eine ernstliche Gefährdung des
Lebensstandards und des Beschäftigungsstands in den einzelnen Gebieten und Industrien
ausschließen.
Artikel III-135
Die Mitgliedstaaten fördern den Austausch junger Arbeitnehmer im Rahmen eines gemeinsamen
Programms.
Artikel III-136
(1) Die auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit für die Herstellung der Freizügigkeit der
Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz
festgelegt; zu diesem Zweck wird darin insbesondere ein System eingeführt, welches zu- und
abwandernden Arbeitnehmern und Selbstständigen sowie deren anspruchsberechtigten Angehörigen
Folgendes sichert:
a) die Zusammenrechnung aller nach den verschiedenen innerstaatlichen Rechtsvorschriften
berücksichtigten Zeiten für den Erwerb und die Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs
sowie für die Berechnung der Leistungen;
b) die Zahlung der Leistungen an Personen, die in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten wohnen.
(2) Ist ein Mitglied des Rates der Auffassung, dass ein Entwurf eines Europäischen Gesetzes oder
Rahmengesetzes nach Absatz 1 wesentliche Aspekte wie den Geltungsbereich, die Kosten oder die
Finanzstruktur seines Systems der sozialen Sicherheit verletzen oder dessen finanzielles Gleichgewicht
beeinträchtigen würde, so kann es beantragen, dass der Europäische Rat befasst wird. In
diesem Fall wird das Verfahren nach Artikel III-396 ausgesetzt. Nach einer Aussprache geht der
Europäische Rat binnen vier Monaten nach Aussetzung des Verfahrens wie folgt vor:
a) Er verweist den Entwurf an den Rat zurück, wodurch die Aussetzung des Verfahrens nach
Artikel III-396 beendet wird, oder
b) er ersucht die Kommission um Vorlage eines neuen Vorschlags; in diesem Fall gilt der
ursprünglich vorgeschlagene Rechtsakt als nicht erlassen.
Unterabschnitt 2 Niederlassungsfreiheit
III-137
Die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im
Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats sind nach Maßgabe dieses Unterabschnitts verboten. Das
Gleiche gilt für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder
Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats
ansässig sind.
Vorbehaltlich des Abschnitts 4 über den Kapital- und Zahlungsverkehr haben die Angehörigen eines
Mitgliedstaats das Recht, im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats selbstständige Erwerbstätigkeiten
aufzunehmen und auszuüben sowie Unternehmen, insbesondere Gesellschaften im Sinne
des Artikels III-142 Absatz 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmemitgliedstaats für seine eigenen
Angehörigen zu gründen und zu leiten.
Artikel III-138
(1) Die Maßnahmen zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit für eine bestimmte Tätigkeit
werden durch Europäisches Rahmengesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Wirtschafts- und
Sozialausschusses erlassen.
(2) Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission erfüllen die Aufgaben, die ihnen
aufgrund von Absatz 1 übertragen sind, indem sie insbesondere
a) im Allgemeinen diejenigen Tätigkeiten mit Vorrang behandeln, bei denen die Niederlassungsfreiheit
die Entwicklung der Produktion und des Handels in besonderer Weise fördert;
b) eine enge Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Verwaltungen der Mitgliedstaaten
sicherstellen, um sich über die besondere Lage auf den verschiedenen Tätigkeitsgebieten
innerhalb der Union zu unterrichten;
c) die aus innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder zuvor zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen
Übereinkünften abgeleiteten Verwaltungsverfahren und -praktiken ausschalten, deren
Beibehaltung der Niederlassungsfreiheit entgegensteht;
d) dafür Sorge tragen, dass Arbeitnehmer eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines anderen
Mitgliedstaats beschäftigt sind, dort verbleiben und eine selbstständige Tätigkeit unter denselben
Voraussetzungen ausüben können, die sie erfüllen müssten, wenn sie in diesen Staat erst zu dem
Zeitpunkt einreisen würden, zu dem sie diese Tätigkeit aufzunehmen beabsichtigen;
e) den Erwerb und die Nutzung von Grundbesitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats durch
Angehörige eines anderen Mitgliedstaats ermöglichen, soweit hierdurch die Grundsätze des
Artikels III-227 Absatz 2 nicht beeinträchtigt werden;
f) veranlassen, dass bei jedem in Betracht kommenden Wirtschaftszweig die Beschränkungen der
Niederlassungsfreiheit in Bezug auf die Voraussetzungen für die Errichtung von Agenturen,
Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats sowie für
den Eintritt des Personals der Hauptniederlassung in ihre Leitungs- oder Überwachungsorgane
schrittweise aufgehoben werden;
g) soweit erforderlich die Schutzbestimmungen koordinieren, die in den Mitgliedstaaten den
Gesellschaften im Sinne des Artikels III-142 Absatz 2 im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter
vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten;
h) sicherstellen, dass die Bedingungen für die Niederlassung nicht durch Beihilfen der Mitgliedstaaten
verfälscht werden.
Artikel III-139
Auf Tätigkeiten, die in einem Mitgliedstaat dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher
Gewalt verbunden sind, findet dieser Unterabschnitt in dem betreffenden Mitgliedstaat keine
Anwendung.
Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz können bestimmte Tätigkeiten von der Anwendung
dieses Unterabschnitts ausgenommen werden.
Artikel III-140
(1) Dieser Unterabschnitt und die aufgrund dessen erlassenen Maßnahmen beeinträchtigen nicht
die Anwendbarkeit der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die eine
Sonderregelung für Ausländer vorsehen und aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit
oder Gesundheit gerechtfertigt sind.
(2) Die in Absatz 1 genannten nationalen Vorschriften werden durch Europäisches Rahmengesetz
koordiniert.
Artikel III-141
(1) Die Aufnahme und die Ausübung selbstständiger Tätigkeiten werden durch Europäisches
Rahmengesetz erleichtert. Dieses hat Folgendes zum Ziel:
a) die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise;
b) die Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Aufnahme und Ausübung selbstständiger Tätigkeiten.
(2) Die schrittweise Aufhebung der Beschränkungen für die ärztlichen, arztähnlichen und
pharmazeutischen Berufe setzt die Koordinierung der Bedingungen für die Ausübung dieser Berufe
in den einzelnen Mitgliedstaaten voraus.
Artikel III-142
Für die Anwendung dieses Unterabschnitts stehen die nach den Rechtsvorschriften eines
Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung
oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Union haben, den natürlichen Personen gleich, die
Angehörige der Mitgliedstaaten sind.
Als Gesellschaften gelten die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts
einschließlich der Genossenschaften und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und
privaten Rechts mit Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck verfolgen.
Artikel III-143
Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen der Verfassung stellen die Mitgliedstaaten die Staatsangehörigen
der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich ihrer Beteiligung am Kapital von Gesellschaften
im Sinne des Artikels III-142 Absatz 2 den eigenen Staatsangehörigen gleich.
Unterabschnitt 3 Freier Dienstleistungsverkehr
Artikel III-144
Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der
Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig
sind, sind nach Maßgabe dieses Unterabschnitts verboten.
Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz kann die Anwendung dieses Unterabschnitts auf
Erbringer von Dienstleistungen ausgedehnt werden, welche die Staatsangehörigkeit eines Drittlandes
besitzen und innerhalb der Union ansässig sind.
Artikel III-145
Dienstleistungen im Sinne der Verfassung sind Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht
werden, soweit sie nicht den Vorschriften über die Freizügigkeit der Personen und über den freien
Waren- und Kapitalverkehr unterliegen.
Als Dienstleistungen gelten insbesondere:
a) gewerbliche Tätigkeiten,
b) kaufmännische Tätigkeiten,
c) handwerkliche Tätigkeiten,
d) freiberufliche Tätigkeiten.
Unbeschadet des Unterabschnitts 2 über die Niederlassungsfreiheit kann der Leistende zwecks
Erbringung seiner Leistungen seine Tätigkeit vorübergehend in dem Mitgliedstaat ausüben, in dem die
Leistung erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, welche dieser Staat für seine eigenen
Angehörigen vorschreibt.
Artikel III-146
(1) Für den freien Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet des Verkehrs gilt KAPITEL III Abschnitt 7
über den Verkehr.
(2) Die Liberalisierung der mit dem Kapitalverkehr verbundenen Dienstleistungen der Banken und
Versicherungen wird im Einklang mit der Liberalisierung des Kapitalverkehrs durchgeführt.
Artikel III-147
(1) Die Maßnahmen zur Liberalisierung einer bestimmten Dienstleistung werden durch
Europäisches Rahmengesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses
erlassen.
(2) Bei dem in Absatz 1 genannten Europäischen Rahmengesetz sind im Allgemeinen mit Vorrang
diejenigen Dienstleistungen zu berücksichtigen, welche die Produktionskosten unmittelbar beeinflussen
oder deren Liberalisierung zur Förderung des Warenverkehrs beiträgt.
Artikel III-148
Die Mitgliedstaaten bemühen sich, über das Ausmaß der Liberalisierung der Dienstleistungen, zu dem
sie aufgrund des nach Artikel III-147 Absatz 1 erlassenen Europäischen Rahmengesetzes verpflichtet
sind, hinauszugehen, falls ihre wirtschaftliche Gesamtlage und die Lage des betreffenden
Wirtschaftszweigs dies zulassen.
Die Kommission richtet entsprechende Empfehlungen an die betreffenden Mitgliedstaaten.
Artikel III-149
Solange die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs nicht aufgehoben sind, wenden sie
die Mitgliedstaaten ohne Unterscheidung nach Staatsangehörigkeit oder Aufenthaltsort auf alle
Erbringer von Dienstleistungen nach Artikel III-144 Absatz 1 an.
Artikel III-150
Die Artikel III-139 bis III-142 finden auf das in diesem Unterabschnitt geregelte Sachgebiet
Anwendung.
ABSCHNITT 3 FREIER WARENVERKEHR
Unterabschnitt 1 Zollunion
Artikel III-151
(1) Die Union umfasst eine Zollunion, die sich auf den gesamten Warenaustausch erstreckt und das
Verbot umfasst, zwischen den Mitgliedstaaten Ein- und Ausfuhrzölle und Abgaben gleicher Wirkung
zu erheben, sowie die Einführung eines Gemeinsamen Zolltarifs gegenüber Drittländern.
(2) Absatz 4 und Unterabschnitt 3 über das Verbot von mengenmäßigen Beschränkungen gelten
für die aus den Mitgliedstaaten stammenden Waren sowie für diejenigen Waren aus Drittländern, die
sich in den Mitgliedstaaten im freien Verkehr befinden.
(3) Als im freien Verkehr eines Mitgliedstaats befindlich gelten diejenigen Waren aus Drittländern,
für die in dem betreffenden Mitgliedstaat die Einfuhrförmlichkeiten erfüllt sowie die vorgeschriebenen
Zölle und Abgaben gleicher Wirkung erhoben und nicht ganz oder teilweise rückvergütet worden
sind.
(4) Ein- und Ausfuhrzölle oder Abgaben gleicher Wirkung sind zwischen den Mitgliedstaaten
verboten. Dieses Verbot gilt auch für Finanzzölle.
(5) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission die Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse
zur Festsetzung der Sätze des Gemeinsamen Zolltarifs.
(6) Bei der Ausübung der ihr aufgrund dieses Artikels übertragenen Aufgaben geht die Kommission
von folgenden Gesichtspunkten aus:
a) der Notwendigkeit, den Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern zu
fördern;
b) der Entwicklung der Wettbewerbsbedingungen innerhalb der Union, soweit diese Entwicklung zu
einer Zunahme der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen führt;
c) dem Versorgungsbedarf der Union an Rohstoffen und Halbfertigwaren; hierbei achtet die
Kommission darauf, zwischen den Mitgliedstaaten die Wettbewerbsbedingungen für Fertigwaren
nicht zu verfälschen;
d) der Notwendigkeit, ernsthafte Störungen im Wirtschaftsleben der Mitgliedstaaten zu vermeiden
und eine rationelle Entwicklung der Erzeugung sowie eine Ausweitung des Verbrauchs innerhalb
der Union zu gewährleisten.
Unterabschnitt 2 Zusammenarbeit im Zollwesen
Artikel III-152
Im Rahmen des Geltungsbereichs der Verfassung werden durch Europäisches Gesetz oder
Rahmengesetz Maßnahmen zum Ausbau der Zusammenarbeit im Zollwesen zwischen den
Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission festgelegt.
Unterabschnitt 3 Verbot von mengenmäßigen Beschränkungen
Artikel III-153
Mengenmäßige Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung sind
zwischen den Mitgliedstaaten verboten.
Artikel III-154
Artikel III-153 steht Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder -beschränkungen nicht
entgegen, die aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, zum Schutze der
Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, des nationalen Kulturguts von
künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen und kommerziellen
Eigentums gerechtfertigt sind. Diese Verbote oder Beschränkungen dürfen jedoch weder
ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels
zwischen den Mitgliedstaaten darstellen.
Artikel III-155
(1) Die Mitgliedstaaten formen ihre staatlichen Handelsmonopole derart um, dass jede Diskriminierung
in den Versorgungs- und Absatzbedingungen zwischen den Angehörigen der
Mitgliedstaaten ausgeschlossen ist.
Dieser Artikel gilt für alle Einrichtungen, durch die ein Mitgliedstaat unmittelbar oder mittelbar die
Einfuhr oder die Ausfuhr zwischen den Mitgliedstaaten rechtlich oder tatsächlich kontrolliert, lenkt
oder merklich beeinflusst. Er gilt auch für die von einem Staat auf andere Rechtsträger übertragenen
Monopole.
(2) Die Mitgliedstaaten unterlassen jede neue Maßnahme, die den in Absatz 1 genannten
Grundsätzen widerspricht oder die Tragweite der Artikel über das Verbot von Zöllen und
mengenmäßigen Beschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten einengt.
(3) Ist mit einem staatlichen Handelsmonopol eine Regelung zur Erleichterung des Absatzes oder
der Verwertung landwirtschaftlicher Erzeugnisse verbunden, so sollen bei der Anwendung dieses
Artikels gleichwertige Sicherheiten für die Beschäftigung und den Lebensstandard der betreffenden
Erzeuger gewährleistet werden.
ABSCHNITT 4 DER KAPITAL- UND ZAHLUNGSVERKEHR
Artikel III-156
Im Rahmen dieses Abschnitts sind Beschränkungen des Kapital- und des Zahlungsverkehrs zwischen
den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern verboten.
Artikel III-157
(1) Artikel III-156 berührt nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen auf Drittländer, die am
31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher Rechtsvorschriften oder von Rechtsvorschriften der
Union für den Kapitalverkehr mit Drittländern im Zusammenhang mit Direktinvestitionen
einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen
oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten bestanden. Für in Estland
und Ungarn bestehende Beschränkungen nach innerstaatlichem Recht ist der maßgebliche Zeitpunkt
der 31. Dezember 1999.
(2) Die Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Kapitalverkehr mit Drittländern im Zusammenhang
mit Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der
Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten
werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt.
Unbeschadet sonstiger Bestimmungen der Verfassung bemühen sich das Europäische Parlament und
der Rat um eine möglichst weit gehende Verwirklichung des Zieles eines freien Kapitalverkehrs
zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern.
(3) In Abweichung von Absatz 2 können Maßnahmen, die im Rahmen des Unionsrechts für die
Liberalisierung des Kapitalverkehrs mit Drittländern einen Rückschritt darstellen, nur durch
Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates festgelegt werden. Dieser beschließt einstimmig
nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
Artikel III-158
a) die einschlägigen Bestimmungen ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit
unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln,
b) die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche
Rechtsvorschriften, insbesondere auf dem Gebiet des Steuerrechts und der Aufsicht über
Finanzinstitute, zu verhindern, sowie Meldeverfahren für den Kapitalverkehr zwecks administrativer
oder statistischer Information vorzusehen oder Maßnahmen zu erlassen, die aus Gründen
der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind.
(2) Dieser Abschnitt berührt nicht die Anwendbarkeit von Beschränkungen des Niederlassungsrechts,
die mit der Verfassung vereinbar sind.
(3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Maßnahmen und Verfahren dürfen weder ein Mittel zur
willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und
Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels III-156 darstellen.
(4) Ist kein Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz nach Artikel III-157 Absatz 3 erlassen worden,
so kann die Kommission oder, wenn diese binnen drei Monaten nach der Vorlage eines
entsprechenden Antrags des betreffenden Mitgliedstaats keinen Europäischen Beschluss erlassen
hat, der Rat einen Europäischen Beschluss erlassen, mit dem festgelegt wird, dass die von einem
Mitgliedstaat in Bezug auf ein oder mehrere Drittländer getroffenen restriktiven steuerlichen
Maßnahmen insofern als mit der Verfassung vereinbar anzusehen sind, als sie durch eines der Ziele
der Union gerechtfertigt und mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarktes vereinbar
sind. Der Rat beschließt einstimmig auf Antrag eines Mitgliedstaats.
Artikel III-159
Falls Kapitalbewegungen aus oder nach Drittländern unter außergewöhnlichen Umständen das
Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion schwerwiegend stören oder zu stören drohen,
kann der Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur
Einführung von Schutzmaßnahmen gegenüber Drittländern mit einer Geltungsdauer von höchstens
sechs Monaten erlassen, wenn diese unbedingt erforderlich sind. Er beschließt nach Anhörung der
Europäischen Zentralbank.
Artikel III-160
Sofern dies notwendig ist, um die Ziele des Artikels III-257 in Bezug auf die Verhütung und
Bekämpfung von Terrorismus und damit verbundenen Aktivitäten zu verwirklichen, wird durch
Europäisches Gesetz ein Rahmen für Verwaltungsmaßnahmen in Bezug auf Kapitalbewegungen und
Zahlungen geschaffen, wozu das Einfrieren von Geldern, finanziellen Vermögenswerten oder
wirtschaftlichen Erträgen gehören kann, deren Eigentümer oder Besitzer natürliche oder juristische
Personen, Gruppierungen oder nichtstaatliche Einheiten sind.
Zur Durchführung des in Absatz 1 genannten Europäischen Gesetzes erlässt der Rat auf Vorschlag
der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse.
In den Rechtsakten nach diesem Artikel müssen die erforderlichen Bestimmungen über den
Rechtsschutz vorgesehen sein.
ABSCHNITT 5 WETTBEWERBSREGELN
Unterabschnitt 1 Vorschriften für Unternehmen
Artikel III-161
(1) Mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen
Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen,
welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine
Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts
bezwecken oder bewirken, insbesondere
a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger
Geschäftsbedingungen;
b) die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung
oder der Investitionen;
c) die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen;
d) die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber
Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;
e) die an den Abschluss von Verträgen geknüpfte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche
Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum
Vertragsgegenstand stehen.
(2) Die nach diesem Artikel verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse sind nichtig.
(3) Absatz 1 kann jedoch für nicht anwendbar erklärt werden auf
- Vereinbarungen oder Gruppen von Vereinbarungen zwischen Unternehmen,
- Beschlüsse oder Gruppen von Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen,
- aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen oder Gruppen von solchen,
die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung
der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen
Fortschritts beitragen, ohne dass den beteiligten Unternehmen
a) Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind,
oder
b) Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den
Wettbewerb auszuschalten.
Artikel III-162
Mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten ist die missbräuchliche Ausnutzung einer
beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein
oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu
beeinträchtigen.
Dieser Missbrauch kann insbesondere in Folgendem bestehen:
a) der unmittelbaren oder mittelbaren Erzwingung von unangemessenen Einkaufs- oder Verkaufspreisen
oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
b) der Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung zum Schaden
der Verbraucher;
c) der Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber
Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;
d) der an den Abschluss von Verträgen geknüpften Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche
Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum
Vertragsgegenstand stehen.
Artikel III-163
Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission die Europäischen Verordnungen zur Verwirklichung
der in den Artikeln III-161 und III-162 niedergelegten Grundsätze. Er beschließt nach Anhörung des
Europäischen Parlaments.
Diese Verordnungen bezwecken insbesondere:
a) die Beachtung der in Artikel III-161 Absatz 1 und Artikel III-162 genannten Verbote durch die
Einführung von Geldbußen und Zwangsgeldern zu gewährleisten;
b) die Einzelheiten der Anwendung des Artikels III-161 Absatz 3 festzulegen; dabei ist dem
Erfordernis einer wirksamen Überwachung bei möglichst einfacher Verwaltungskontrolle
Rechnung zu tragen;
c) gegebenenfalls den Anwendungsbereich der Artikel III-161 und III-162 für die einzelnen
Wirtschaftszweige näher zu bestimmen;
d) die Aufgaben der Kommission und des Gerichtshofs der Europäischen Union bei der Anwendung
der in diesem Absatz vorgesehenen Vorschriften gegeneinander abzugrenzen;
e) das Verhältnis zwischen den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten einerseits und diesem
Unterabschnitt sowie den aufgrund dieses Artikels erlassenen Europäischen Verordnungen
andererseits festzulegen.
Artikel III-164
Bis zum Inkrafttreten der nach Artikel III-163 erlassenen Europäischen Verordnungen entscheiden die
Behörden der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihrem innerstaatlichen Recht und Artikel III-161,
insbesondere Absatz 3, und Artikel III-162 über die Zulässigkeit von Vereinbarungen, Beschlüssen
und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen sowie über die missbräuchliche Ausnutzung einer
beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt.
Artikel III-165
(1) Unbeschadet des Artikels III-164 achtet die Kommission auf die Verwirklichung der in den
Artikeln III-161 und III-162 niedergelegten Grundsätze. Sie untersucht auf Antrag eines Mitgliedstaats
oder von Amts wegen in Verbindung mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die ihr
Amtshilfe zu leisten haben, die Fälle, in denen Zuwiderhandlungen gegen diese Grundsätze vermutet
werden. Stellt sie eine Zuwiderhandlung fest, so schlägt sie geeignete Mittel vor, um diese abzustellen.
(2) Wird die Zuwiderhandlung nach Absatz 1 nicht abgestellt, so erlässt die Kommission einen mit
Gründen versehenen Europäischen Beschluss, in dem festgestellt wird, dass eine Zuwiderhandlung
gegen die Grundsätze vorliegt. Sie kann ihren Beschluss veröffentlichen und die Mitgliedstaaten
ermächtigen, die erforderlichen Abhilfemaßnahmen zu treffen, deren Bedingungen und Einzelheiten
sie festlegt.
(3) Die Kommission kann Europäische Verordnungen zu den Gruppen von Vereinbarungen
erlassen, zu denen der Rat nach Artikel III-163 Absatz 2 Buchstabe b eine Europäische Verordnung
erlassen hat.
Artikel III-166
(1) Die Mitgliedstaaten werden in Bezug auf öffentliche Unternehmen und auf Unternehmen, denen
sie besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, keine den Bestimmungen der Verfassung und
insbesondere deren Artikel I-4 Absatz 2 und den Artikeln III-161 bis III-169 widersprechende
Maßnahmen treffen oder beibehalten.
(2) Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut
sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, gelten die Bestimmungen der Verfassung,
insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Bestimmungen nicht die
Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die
Entwicklung des Handelsverkehrs darf nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem
Interesse der Union zuwiderläuft.
(3) Die Kommission achtet auf die Anwendung dieses Artikels und erlässt erforderlichenfalls
geeignete Europäische Verordnungen oder Beschlüsse.
Unterabschnitt 2 Beihilfen der Mitgliedstaaten
Artikel III-167
(1) Soweit in der Verfassung nicht etwas anderes bestimmt ist, sind Beihilfen der Mitgliedstaaten
oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung
bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen
drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten
beeinträchtigen.
(2) Mit dem Binnenmarkt vereinbar sind:
a) Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher, wenn sie ohne Diskriminierung nach der Herkunft
der Waren gewährt werden;
b) Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche
Ereignisse entstanden sind;
c) Beihilfen für die Wirtschaft bestimmter, durch die Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der
Bundesrepublik Deutschland, soweit sie zum Ausgleich der durch die Teilung verursachten
wirtschaftlichen Nachteile erforderlich sind. Der Rat kann fünf Jahre nach dem Inkrafttreten des
Vertrags über eine Verfassung für Europa auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen
Beschluss erlassen, mit dem dieser Buchstabe aufgehoben wird.
(3) Als mit dem Binnenmarkt vereinbar können angesehen werden:
a) Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen der
Lebensstandard außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht,
und der in Artikel III-424 genannten Gebiete unter Berücksichtigung ihrer strukturellen,
wirtschaftlichen und sozialen Lage;
b) Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse oder zur
Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats;
c) Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete,
soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen
Interesse zuwiderläuft;
d) Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes, soweit sie die
Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Union nicht in einem Maß beeinträchtigen, das
dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft;
e) sonstige Arten von Beihilfen, die durch vom Rat auf Vorschlag der Kommission erlassene
Europäische Verordnungen oder Beschlüsse bestimmt werden.
Artikel III-168
(1) Die Kommission überprüft fortlaufend in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die in diesen
bestehenden Beihilferegelungen. Sie schlägt ihnen die zweckdienlichen Maßnahmen vor, welche die
fortschreitende Entwicklung und das Funktionieren des Binnenmarkts erfordern.
(2) Stellt die Kommission fest, nachdem sie den Beteiligten eine Frist zur Äußerung gesetzt hat, dass
eine von einem Mitgliedstaat oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe mit dem Binnenmarkt
nach Artikel III-167 unvereinbar ist oder dass sie missbräuchlich angewandt wird, so erlässt sie einen
Europäischen Beschluss, der darauf abzielt, dass der betreffende Mitgliedstaat sie binnen einer von ihr
bestimmten Frist aufhebt oder umgestaltet.
Kommt der betreffende Mitgliedstaat diesem Europäischen Beschluss innerhalb der festgesetzten Frist
nicht nach, so kann die Kommission oder jeder betroffene Mitgliedstaat in Abweichung von den
Artikeln III-360 und III-361 den Gerichtshof der Europäischen Union unmittelbar anrufen.
Der Rat kann einstimmig auf Antrag eines Mitgliedstaats einen Europäischen Beschluss erlassen, dem
zufolge eine von diesem Staat gewährte oder geplante Beihilfe in Abweichung von Artikel III-167
oder von den in Artikel III-169 vorgesehenen Europäischen Verordnungen als mit dem Binnenmarkt
vereinbar gilt, wenn außergewöhnliche Umstände einen solchen Beschluss rechtfertigen. Hat die
Kommission bezüglich dieser Beihilfe das in Unterabsatz 1 vorgesehene Verfahren bereits eingeleitet,
so bewirkt der Antrag des betreffenden Mitgliedstaats an den Rat die Aussetzung dieses
Verfahrens, bis der Rat sich geäußert hat.
Äußert sich der Rat nicht binnen drei Monaten nach Antragstellung, so entscheidet die Kommission.
(3) Die Kommission wird von den Mitgliedstaaten über jede beabsichtigte Einführung oder
Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig unterrichtet, dass sie sich dazu äußern kann. Ist sie der
Auffassung, dass ein derartiges Vorhaben nach Artikel III-167 mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist,
so leitet sie unverzüglich das in Absatz 2 vorgesehene Verfahren ein. Der betreffende Mitgliedstaat
darf die beabsichtigten Maßnahmen nicht durchführen, bevor dieses Verfahren zu einem
abschließenden Beschluss geführt hat.
(4) Die Kommission kann Europäische Verordnungen zu den Arten von staatlichen Beihilfen
erlassen, die, wie vom Rat nach Artikel III-169 festgelegt, von dem Verfahren nach Absatz 3
ausgenommen werden können.
Artikel III-169
Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen zur Durchführung der
Artikel III-167 und III-168 und insbesondere zur Festlegung der Bedingungen für die Anwendung des
Artikels III-168 Absatz 3 sowie zur Festlegung derjenigen Arten von Beihilfen erlassen, die von dem
Verfahren nach dem genannten Absatz ausgenommen sind. Er beschließt nach Anhörung des
Europäischen Parlaments.
ABSCHNITT 6 STEUERLICHE VORSCHRIFTEN
Artikel III-170
(1) Die Mitgliedstaaten erheben auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten weder unmittelbar noch
mittelbar höhere inländische Abgaben gleich welcher Art, als gleichartige inländische Waren
unmittelbar oder mittelbar zu tragen haben.
Die Mitgliedstaaten erheben auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten keine inländischen Abgaben, die
geeignet sind, andere Produktionen mittelbar zu schützen.
(2) Werden Waren aus einem Mitgliedstaat in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats
ausgeführt, so darf die Rückvergütung für inländische Abgaben nicht höher sein als die auf die
ausgeführten Waren mittelbar oder unmittelbar erhobenen inländischen Abgaben.
(3) Für Abgaben außer Umsatzsteuern, Verbrauchsabgaben und sonstigen indirekten Steuern sind
Entlastungen und Rückvergütungen bei der Ausfuhr in andere Mitgliedstaaten sowie Ausgleichsabgaben
bei der Einfuhr aus den Mitgliedstaaten nur zulässig, soweit der Rat die betreffenden
Bestimmungen zuvor durch einen auf Vorschlag der Kommission erlassenen Europäischen Beschluss
für eine begrenzte Frist genehmigt hat.
Artikel III-171
Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates werden Maßnahmen zur Harmonisierung
der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern, die Verbrauchsabgaben und sonstige indirekte
Steuern festgelegt, soweit diese Harmonisierung für die Verwirklichung oder das Funktionieren des
Binnenmarkts und die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen notwendig ist. Der Rat beschließt
einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses.
ABSCHNITT 7 GEMEINSAME BESTIMMUNGEN
Artikel III-172
(1) Soweit in der Verfassung nichts anderes bestimmt ist, gilt dieser Artikel für die Verwirklichung
der Ziele des Artikels III-130. Die Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften
der Mitgliedstaaten, welche die Verwirklichung oder das Funktionieren des Binnenmarkts
zum Gegenstand haben, werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt. Es wird
nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
(2) Absatz 1 gilt nicht für die Bestimmungen über die Steuern, die Bestimmungen über die
Freizügigkeit und die Bestimmungen über die Rechte und Interessen der Arbeitnehmer.
(3) Die Kommission geht in ihren nach Absatz 1 in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit,
Umweltschutz und Verbraucherschutz vorgelegten Vorschlägen von einem hohen Schutzniveau aus
und berücksichtigt dabei insbesondere alle auf wissenschaftliche Ergebnisse gestützten neuen
Entwicklungen. Im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse streben das Europäische Parlament und der
Rat dieses Ziel ebenfalls an.
(4) Hält es ein Mitgliedstaat nach Erlass einer Harmonisierungsmaßnahme durch Europäisches
Gesetz oder Rahmengesetz oder durch eine Europäische Verordnung der Kommission für
erforderlich, einzelstaatliche Bestimmungen beizubehalten, die durch wichtige Erfordernisse im
Sinne des Artikels III-154 oder in Bezug auf den Schutz der Arbeitsumwelt oder den Umweltschutz
gerechtfertigt sind, so teilt er diese Bestimmungen sowie die Gründe für ihre Beibehaltung der
Kommission mit.
(5) Unbeschadet des Absatzes 4 teilt ein Mitgliedstaat, der es nach Erlass einer Harmonisierungsmaßnahme
durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz oder durch eine Europäische Verordnung
der Kommission für erforderlich hält, auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse gestützte einzelstaatliche
Bestimmungen zum Schutz der Umwelt oder der Arbeitsumwelt aufgrund eines spezifischen
Problems für diesen Mitgliedstaat, das sich nach dem Erlass der Harmonisierungsmaßnahme ergibt,
einzuführen, der Kommission die in Aussicht genommenen Bestimmungen sowie die entsprechende
Begründung mit.
(6) Die Kommission erlässt binnen sechs Monaten nach den Mitteilungen nach den Absätzen 4 und
5 einen Europäischen Beschluss, in dem die betreffenden einzelstaatlichen Bestimmungen gebilligt
oder abgelehnt werden, nachdem sie geprüft hat, ob sie ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung
und eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen und ob sie
das Funktionieren des Binnenmarkts behindern.
Erlässt die Kommission innerhalb dieses Zeitraums keinen Beschluss, so gelten die in den Absätzen 4
und 5 genannten einzelstaatlichen Bestimmungen als gebilligt.
Sofern dies aufgrund eines schwierigen Sachverhalts gerechtfertigt ist und keine Gefahr für die
menschliche Gesundheit besteht, kann die Kommission dem betreffenden Mitgliedstaat mitteilen, dass
der in diesem Absatz genannte Zeitraum um einen weiteren Zeitraum von bis zu sechs Monaten
verlängert wird.
(7) Wird es einem Mitgliedstaat nach Absatz 6 gestattet, von der Harmonisierungsmaßnahme
abweichende einzelstaatliche Bestimmungen beizubehalten oder einzuführen, so prüft die Kommission
unverzüglich, ob sie eine Anpassung dieser Maßnahme vorschlägt.
(8) Stellt sich einem Mitgliedstaat in einem Bereich, der zuvor bereits Gegenstand von
Harmonisierungsmaßnahmen war, ein spezielles Problem für die öffentliche Gesundheit, so teilt er
dies der Kommission mit, die umgehend prüft, ob sie entsprechende Maßnahmen vorschlägt.
(9) Abweichend von dem Verfahren der Artikel III-360 und III-361 kann die Kommission oder ein
Mitgliedstaat den Gerichtshof der Europäischen Union unmittelbar anrufen, wenn die Kommission
oder der Mitgliedstaat der Auffassung ist, dass ein anderer Mitgliedstaat die in diesem Artikel
vorgesehenen Befugnisse missbraucht.
(10) Die in diesem Artikel genannten Harmonisierungsmaßnahmen sind in geeigneten Fällen mit
einer Schutzklausel verbunden, welche die Mitgliedstaaten ermächtigt, aus einem oder mehreren der
in Artikel III-154 genannten nichtwirtschaftlichen Gründe vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die
einem Kontrollverfahren der Union unterliegen.
Artikel III-173
Unbeschadet des Artikels III-172 werden die Maßnahmen zur Angleichung derjenigen Rechts- und
Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die sich unmittelbar auf die Verwirklichung oder das
Funktionieren des Binnenmarkts auswirken, durch Europäisches Rahmengesetz des Rates festgelegt.
Dieser beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und
Sozialausschusses.
Artikel III-174
Stellt die Kommission fest, dass Unterschiede in den Rechts- oder Verwaltungsvorschriften der
Mitgliedstaaten die Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt verfälschen und eine Verzerrung
hervorrufen, die zu beseitigen ist, so berät sie sich mit den betreffenden Mitgliedstaaten.
Führen diese Beratungen nicht zu einem Einvernehmen, so werden die zur Beseitigung der
betreffenden Verzerrung erforderlichen Maßnahmen durch Europäisches Rahmengesetz festgelegt. Es
können alle sonstigen in der Verfassung vorgesehenen zweckdienlichen Maßnahmen erlassen werden.
Artikel III-175
(1) Ist zu befürchten, dass der Erlass oder die Änderung einer Rechts- oder Verwaltungsvorschrift
eines Mitgliedstaats eine Verzerrung im Sinne des Artikels III-174 verursacht, so setzt sich der
Mitgliedstaat, der diese Maßnahme beabsichtigt, mit der Kommission ins Benehmen. Diese richtet
nach Beratung mit den Mitgliedstaaten an die beteiligten Mitgliedstaaten eine Empfehlung über die
zur Vermeidung dieser Verzerrung geeigneten Maßnahmen.
(2) Kommt der Mitgliedstaat, der innerstaatliche Vorschriften erlassen oder ändern will, der an ihn
gerichteten Empfehlung der Kommission nicht nach, so kann nicht nach Artikel III-174 verlangt
werden, dass die anderen Mitgliedstaaten ihre innerstaatlichen Vorschriften ändern, um die
Verzerrung zu beseitigen. Verursacht ein Mitgliedstaat, der die Empfehlung der Kommission außer
Acht lässt, eine Verzerrung lediglich zu seinem eigenen Nachteil, so findet Artikel III-174 keine
Anwendung.
Artikel III-176
Im Rahmen der Verwirklichung oder des Funktionierens des Binnenmarkts werden durch
Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz Maßnahmen zur Schaffung europäischer Rechtstitel über
einen einheitlichen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums in der Union sowie zur Einführung
von zentralisierten Zulassungs-, Koordinierungs- und Kontrollregelungen auf Unionsebene festgelegt.
Die Sprachenregelungen für die europäischen Rechtstitel werden durch Europäisches Gesetz des Rates
festgelegt. Dieser beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
KAPITEL II WIRTSCHAFTS- UND WÄHRUNGSPOLITIK
Artikel III-177
Die Tätigkeit der Mitgliedstaaten und der Union im Sinne des Artikels I-3 umfasst nach Maßgabe der
Verfassung die Einführung einer Wirtschaftspolitik, die auf einer engen Koordinierung der
Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten, dem Binnenmarkt und der Festlegung gemeinsamer Ziele
beruht und dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet ist.
Parallel dazu umfasst diese Tätigkeit nach Maßgabe der Verfassung und der darin vorgesehenen
Verfahren eine einheitliche Währung, den Euro, sowie die Festlegung und Durchführung einer
einheitlichen Geld- sowie Wechselkurspolitik, die beide vorrangig das Ziel der Preisstabilität verfolgen
und unbeschadet dieses Zieles die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union unter Beachtung des
Grundsatzes einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb unterstützen sollen.
Diese Tätigkeit der Mitgliedstaaten und der Union setzt die Einhaltung der folgenden
richtungweisenden Grundsätze voraus: stabile Preise, gesunde öffentliche Finanzen und monetäre
Rahmenbedingungen sowie eine dauerhaft finanzierbare Zahlungsbilanz.
ABSCHNITT 1 WIRTSCHAFTSPOLITIK
Artikel III-178
Die Mitgliedstaaten richten ihre Wirtschaftspolitik so aus, dass sie im Rahmen der in Artikel III-179
Absatz 2 genannten Grundzüge zur Verwirklichung der Ziele der Union im Sinne des Artikels I-3
beitragen. Die Mitgliedstaaten und die Union handeln im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen
Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, wodurch ein effizienter Einsatz der Ressourcen gefördert
wird, und halten sich dabei an die in Artikel III-177 genannten Grundsätze.
Artikel III-179
(1) Die Mitgliedstaaten betrachten ihre Wirtschaftspolitik als eine Angelegenheit von gemeinsamem
Interesse und koordinieren sie im Rat nach Maßgabe des Artikels III-178.
(2) Der Rat erstellt auf Empfehlung der Kommission einen Entwurf für die Grundzüge der
Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union und erstattet dem Europäischen Rat hierüber
Bericht.
Der Europäische Rat erörtert auf der Grundlage dieses Berichts des Rates eine Schlussfolgerung zu
den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union. Auf der Grundlage dieser
Schlussfolgerung gibt der Rat eine Empfehlung ab, in der diese Grundzüge dargelegt werden. Er
unterrichtet das Europäische Parlament davon.
(3) Um eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik und eine dauerhafte Konvergenz der
Wirtschaftsleistungen der Mitgliedstaaten zu gewährleisten, überwacht der Rat anhand von Berichten
der Kommission die wirtschaftliche Entwicklung in jedem Mitgliedstaat und in der Union sowie die
Vereinbarkeit der Wirtschaftspolitik mit den in Absatz 2 genannten Grundzügen und nimmt in
regelmäßigen Abständen eine Gesamtbewertung vor.
Zum Zwecke dieser multilateralen Überwachung übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission
Angaben zu wichtigen einzelstaatlichen Maßnahmen auf dem Gebiet ihrer Wirtschaftspolitik sowie
weitere von ihnen für erforderlich erachtete Angaben.
(4) Wird im Rahmen des Verfahrens nach Absatz 3 festgestellt, dass die Wirtschaftspolitik eines
Mitgliedstaats nicht mit den in Absatz 2 genannten Grundzügen vereinbar ist oder das
ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion zu gefährden droht, so kann
die Kommission an den betreffenden Mitgliedstaat eine Verwarnung richten. Der Rat kann auf
Empfehlung der Kommission die erforderlichen Empfehlungen an den betreffenden Mitgliedstaat
richten. Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission beschließen, seine Empfehlungen zu
veröffentlichen.
Der Rat beschließt im Rahmen dieses Absatzes ohne Berücksichtigung der Stimme des den
betreffenden Mitgliedstaat vertretenden Mitglieds des Rates.
Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % der übrigen Mitglieder des Rates,
sofern diese Mitgliedstaaten vertreten, die zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der
beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.
Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl dieser übrigen Mitglieder des Rates, die
zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines
Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.
(5) Der Präsident des Rates und die Kommission erstatten dem Europäischen Parlament über die
Ergebnisse der multilateralen Überwachung Bericht. Der Präsident des Rates kann ersucht werden,
vor dem zuständigen Ausschuss des Europäischen Parlaments zu erscheinen, wenn der Rat seine
Empfehlungen veröffentlicht hat.
(6) Die Einzelheiten des Verfahrens der multilateralen Überwachung im Sinne der Absätze 3 und 4
können durch Europäisches Gesetz festgelegt werden.
Artikel III-180
(1) Unbeschadet der sonstigen in der Verfassung vorgesehenen Verfahren kann der Rat auf
Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss erlassen, in dem die der Wirtschaftslage
angemessenen Maßnahmen festgelegt werden, insbesondere falls gravierende Schwierigkeiten in der
Versorgung mit bestimmten Waren auftreten.
(2) Ist ein Mitgliedstaat aufgrund von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen, die
sich seiner Kontrolle entziehen, von Schwierigkeiten betroffen oder von gravierenden Schwierigkeiten
ernstlich bedroht, so kann der Rat auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss
erlassen, durch den dem betreffenden Mitgliedstaat unter bestimmten Bedingungen finanzieller
Beistand durch die Union gewährt wird. Der Präsident des Rates unterrichtet das Europäische
Parlament davon.
Artikel III-181
(1) Überziehungs- oder andere Kreditfazilitäten bei der Europäischen Zentralbank oder den
Zentralbanken der Mitgliedstaaten (im Folgenden "nationale Zentralbanken") für Organe, Einrichtungen
oder sonstige Stellen der Union, Zentralregierungen, regionale oder lokale Gebietskörperschaften
oder andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, sonstige Einrichtungen des
öffentlichen Rechts oder öffentliche Unternehmen der Mitgliedstaaten sind verboten. Der unmittelbare
Erwerb von Schuldtiteln von diesen durch die Europäische Zentralbank oder die nationalen
Zentralbanken ist ebenfalls verboten.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Kreditinstitute in öffentlichem Eigentum; diese werden von der jeweiligen
nationalen Zentralbank und der Europäischen Zentralbank bei der Bereitstellung von Zentralbankgeld
wie private Kreditinstitute behandelt.
Artikel III-182
Maßnahmen und Bestimmungen, die nicht aus aufsichtsrechtlichen Gründen erlassen werden und
einen bevorrechtigten Zugang der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, der
Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlichrechtlichen
Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher
Unternehmen der Mitgliedstaaten zu den Finanzinstituten schaffen, sind verboten.
Artikel III-183
(1) Die Union haftet nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen oder
lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sonstiger Einrichtungen
des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen von Mitgliedstaaten und tritt nicht
für derartige Verbindlichkeiten ein; dies gilt unbeschadet der gegenseitigen finanziellen Garantien für
die gemeinsame Durchführung eines bestimmten Vorhabens. Ein Mitgliedstaat haftet nicht für die
Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder
anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder
öffentlicher Unternehmen eines anderen Mitgliedstaats und tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten
ein; dies gilt unbeschadet der gegenseitigen finanziellen Garantien für die gemeinsame Durchführung
eines bestimmten Vorhabens.
(2) Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur
Festlegung der Begriffsbestimmungen für die Anwendung der in Artikel III-181 und III-182 sowie in
diesem Artikel vorgesehenen Verbote erlassen. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen
Parlaments.
Artikel III-184
(1) Die Mitgliedstaaten vermeiden übermäßige öffentliche Defizite.
(2) Die Kommission überwacht die Entwicklung der Haushaltslage und der Höhe des öffentlichen
Schuldenstands in den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Feststellung schwerwiegender Fehler.
Insbesondere prüft sie die Einhaltung der Haushaltsdisziplin anhand der zwei nachstehenden
Kriterien:
a) ob das Verhältnis des geplanten oder tatsächlichen öffentlichen Defizits zum Bruttoinlandsprodukt
einen bestimmten Referenzwert überschreitet, es sei denn,
i) dass das Verhältnis erheblich und laufend zurückgegangen ist und einen Wert in der Nähe des
Referenzwerts erreicht hat oder
ii) dass der Referenzwert nur ausnahmsweise und vorübergehend überschritten wird und das
Verhältnis in der Nähe des Referenzwerts bleibt,
b) ob das Verhältnis des öffentlichen Schuldenstands zum Bruttoinlandsprodukt einen bestimmten
Referenzwert überschreitet, es sei denn, dass das Verhältnis hinreichend rückläufig ist und sich
rasch genug dem Referenzwert nähert.
Die Referenzwerte sind in dem Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit im
Einzelnen festgelegt.
(3) Erfüllt ein Mitgliedstaat keines oder nur eines dieser Kriterien, so erstellt die Kommission einen
Bericht. In diesem Bericht wird ferner geprüft, ob das öffentliche Defizit die öffentlichen Ausgaben für
Investitionen übertrifft; berücksichtigt werden ferner alle sonstigen einschlägigen Faktoren,
einschließlich der mittelfristigen Wirtschafts- und Haushaltslage des Mitgliedstaats.
Die Kommission kann auch einen Bericht erstellen, wenn sie ungeachtet der Erfüllung der Kriterien
der Auffassung ist, dass in einem Mitgliedstaat die Gefahr eines übermäßigen Defizits besteht.
(4) Der nach Artikel III-192 eingesetzte Wirtschafts- und Finanzausschuss gibt eine Stellungnahme
zu dem Bericht der Kommission ab.
(5) Ist die Kommission der Auffassung, dass in einem Mitgliedstaat ein übermäßiges Defizit besteht
oder sich ergeben könnte, so legt sie dem betreffenden Mitgliedstaat eine Stellungnahme vor und
unterrichtet den Rat.
(6) Der Rat entscheidet auf Vorschlag der Kommission unter Berücksichtigung der Bemerkungen,
die der betreffende Mitgliedstaat gegebenenfalls abzugeben wünscht, sowie nach Prüfung der
Gesamtlage darüber, ob ein übermäßiges Defizit besteht. In diesem Fall gibt der Rat auf Empfehlung
der Kommission unverzüglich Empfehlungen ab, die er an den betreffenden Mitgliedstaat richtet mit
dem Ziel, dieser Lage innerhalb einer bestimmten Frist abzuhelfen. Vorbehaltlich des Absatzes 8
werden diese Empfehlungen nicht veröffentlicht.
Der Rat beschließt im Rahmen dieses Absatzes ohne Berücksichtigung der Stimme des den
betreffenden Mitgliedstaat vertretenden Mitglieds des Rates.
Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % der übrigen Mitglieder des Rates,
sofern diese Mitgliedstaaten vertreten, die zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der
beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.
Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl dieser übrigen Mitglieder des Rates, die
zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines
Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.
(7) Der Rat erlässt auf Empfehlung der Kommission die Europäischen Beschlüsse und Empfehlungen
nach den Absätzen 8 bis 11.
Er beschließt ohne Berücksichtigung der Stimme des den betreffenden Mitgliedstaat vertretenden
Mitglieds des Rates.
Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % der übrigen Mitglieder des Rates,
sofern diese Mitgliedstaaten vertreten, die zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der
beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.
Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl dieser übrigen Mitglieder des Rates, die
zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines
Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.
(8) Erlässt der Rat einen Europäischen Beschluss, in dem er feststellt, dass seine Empfehlungen
innerhalb der gesetzten Frist keine wirksamen Maßnahmen ausgelöst haben, so kann er seine
Empfehlungen veröffentlichen.
(9) Falls ein Mitgliedstaat den Empfehlungen des Rates weiterhin nicht Folge leistet, kann der Rat
einen Europäischen Beschluss erlassen, durch den der Mitgliedstaat mit der Maßgabe in Verzug
gesetzt wird, innerhalb einer bestimmten Frist Maßnahmen für den nach Auffassung des Rates zur
Sanierung erforderlichen Defizitabbau zu erlassen.
Der Rat kann in diesem Fall den betreffenden Mitgliedstaat ersuchen, nach einem konkreten Zeitplan
Berichte vorzulegen, um die Anpassungsbemühungen des Mitgliedstaats überprüfen zu können.
(10) Solange ein Mitgliedstaat einem nach Absatz 9 erlassenen Europäischen Beschluss nicht
nachkommt, kann der Rat beschließen, eine oder mehrere der nachstehenden Maßnahmen
anzuwenden oder gegebenenfalls zu verschärfen, nämlich
a) von dem betreffenden Mitgliedstaat verlangen, vor der Emission von Schuldverschreibungen und
sonstigen Wertpapieren vom Rat näher zu bezeichnende zusätzliche Angaben zu veröffentlichen,
b) die Europäische Investitionsbank ersuchen, ihre Darlehenspolitik gegenüber dem Mitgliedstaat zu
überprüfen,
c) von dem Mitgliedstaat verlangen, eine unverzinsliche Einlage in angemessener Höhe bei der
Union zu hinterlegen, bis der Rat der Auffassung ist, dass das übermäßige Defizit korrigiert
worden ist,
d) Geldbußen in angemessener Höhe verhängen.
Der Präsident des Rates unterrichtet das Europäische Parlament von den erlassenen Maßnahmen.
(11) Der Rat hebt einige oder sämtliche Maßnahmen nach den Absätzen 6, 8, 9 und 10 auf, wenn
er der Auffassung ist, dass das übermäßige Defizit in dem betreffenden Mitgliedstaat korrigiert
worden ist. Hat der Rat zuvor seine Empfehlungen veröffentlicht, so stellt er, sobald der Europäische
Beschluss nach Absatz 8 aufgehoben worden ist, in einer öffentlichen Erklärung fest, dass in dem
betreffenden Mitgliedstaat kein übermäßiges Defizit mehr besteht.
(12) Das Recht auf Klageerhebung nach den Artikeln III-360 und III-361 kann im Rahmen der
Absätze 1 bis 6 sowie 8 und 9 nicht ausgeübt werden.
(13) Weitere Bestimmungen über die Durchführung des in diesem Artikel beschriebenen Verfahrens
sind in dem Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit enthalten.
Durch Europäisches Gesetz des Rates werden geeignete Maßnahmen festgelegt, mit denen das
genannte Protokoll abgelöst wird. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen
Parlaments und der Europäischen Zentralbank.
Der Rat erlässt vorbehaltlich der sonstigen Bestimmungen dieses Absatzes auf Vorschlag der
Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse, in denen nähere Einzelheiten und
Begriffsbestimmungen für die Durchführung des genannten Protokolls festgelegt werden. Er
beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
ABSCHNITT 2 WÄHRUNGSPOLITIK
Artikel III-185
(1) Das vorrangige Ziel des Europäischen Systems der Zentralbanken ist es, die Preisstabilität zu
gewährleisten. Soweit dies ohne Beeinträchtigung dieses Ziels möglich ist, unterstützt das Europäische
System der Zentralbanken die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union, um zur Verwirklichung der
in Artikel I-3 festgelegten Ziele der Union beizutragen. Das Europäische System der Zentralbanken
handelt im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb,
wodurch ein effizienter Einsatz der Ressourcen gefördert wird, und hält sich dabei an die in
Artikel III-177 genannten Grundsätze.
(2) Die grundlegenden Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken bestehen darin,
a) die Geldpolitik der Union festzulegen und auszuführen,
b) Devisengeschäfte im Einklang mit Artikel III-326 durchzuführen,
c) die offiziellen Währungsreserven der Mitgliedstaaten zu halten und zu verwalten,
d) das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme zu fördern.
(3) Absatz 2 Buchstabe c berührt nicht die Haltung und Verwaltung von Arbeitsguthaben in
Fremdwährungen durch die Regierungen der Mitgliedstaaten.
(4) Die Europäische Zentralbank wird gehört
a) zu allen Vorschlägen für Rechtsakte der Union im Bereich der Befugnisse der Europäischen
Zentralbank,
b) von den nationalen Behörden zu allen Entwürfen für Rechtsvorschriften im Bereich der
Befugnisse der Europäischen Zentralbank, und zwar innerhalb der Grenzen und unter den
Bedingungen, die der Rat nach dem Verfahren des Artikels III-187 Absatz 4 festlegt.
Die Europäische Zentralbank kann gegenüber den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der
Union und gegenüber den nationalen Behörden Stellungnahmen zu Fragen abgeben, die in den
Bereich ihrer Befugnisse fallen.
(5) Das Europäische System der Zentralbanken trägt zur reibungslosen Durchführung der von den
zuständigen Behörden auf dem Gebiet der Aufsicht über die Kreditinstitute und der Stabilität des
Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen bei.
(6) Durch Europäisches Gesetz des Rates können der Europäischen Zentralbank besondere
Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute mit
Ausnahme von Versicherungsunternehmen übertragen werden. Der Rat beschließt einstimmig nach
Anhörung des Europäischen Parlaments und der Europäischen Zentralbank.
Artikel III-186
(1) Die Europäische Zentralbank hat das ausschließliche Recht, die Ausgabe von Euro-Banknoten
innerhalb der Union zu genehmigen. Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken
sind zur Ausgabe von Euro-Banknoten berechtigt. Die von der Europäischen Zentralbank und den
nationalen Zentralbanken ausgegebenen Banknoten sind die einzigen Banknoten, die in der Union als
gesetzliches Zahlungsmittel gelten.
(2) Die Mitgliedstaaten haben das Recht zur Ausgabe von Euro-Münzen, wobei der Umfang dieser
Ausgabe der Genehmigung durch die Europäische Zentralbank bedarf.
Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen zur Festlegung von
Maßnahmen erlassen mit dem Ziel, die Stückelung und die technischen Merkmale der für den Umlauf
bestimmten Münzen so weit zu harmonisieren, wie dies für deren reibungslosen Umlauf innerhalb
der Union erforderlich ist. Der Rat beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der
Europäischen Zentralbank.
Artikel III-187
(1) Das Europäische System der Zentralbanken wird von den Beschlussorganen der Europäischen
Zentralbank, nämlich dem Rat und dem Direktorium der Europäischen Zentralbank, geleitet.
(2) Die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken ist in dem Protokoll über die Satzung
des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank festgelegt.
(3) Artikel 5 Absätze 1, 2 und 3, die Artikel 17 und 18, Artikel 19 Absatz 1, die Artikel 22, 23, 24
und 26, Artikel 32 Absätze 2, 3, 4 und 6, Artikel 33 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 36 der
Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank können
a) entweder auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der Europäischen Zentralbank
b) oder auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank und nach Anhörung der Kommission
durch Europäisches Gesetz geändert werden.
(4) Der Rat erlässt die Europäischen Verordnungen und Beschlüsse zur Festlegung der in Artikel 4,
Artikel 5 Absatz 4, Artikel 19 Absatz 2, Artikel 20, Artikel 28 Absatz 1, Artikel 29 Absatz 2,
Artikel 30 Absatz 4 und Artikel 34 Absatz 3 der Satzung des Europäischen Systems der
Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank genannten Maßnahmen. Er beschließt nach
Anhörung des Europäischen Parlaments
a) entweder auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der Europäischen Zentralbank
b) oder auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank und nach Anhörung der Kommission.
Artikel III-188
Bei der Wahrnehmung der ihnen durch die Verfassung und die Satzung des Europäischen Systems der
Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank übertragenen Befugnisse, Aufgaben und Pflichten
darf weder die Europäische Zentralbank noch eine nationale Zentralbank noch ein Mitglied ihrer
Beschlussorgane Weisungen von Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union,
Regierungen der Mitgliedstaaten oder anderen Stellen einholen oder entgegennehmen. Die Organe,
Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie die Regierungen der Mitgliedstaaten
verpflichten sich, diesen Grundsatz zu beachten und nicht zu versuchen, die Mitglieder der
Beschlussorgane der Europäischen Zentralbank oder der nationalen Zentralbanken bei der
Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beeinflussen.
Artikel III-189
Jeder Mitgliedstaat stellt sicher, dass seine innerstaatlichen Rechtsvorschriften einschließlich der
Satzung seiner Zentralbank mit der Verfassung sowie mit der Satzung des Europäischen Systems der
Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank im Einklang stehen.
Artikel III-190
(1) Zur Erfüllung der dem Europäischen System der Zentralbanken übertragenen Aufgaben werden
von der Europäischen Zentralbank nach Maßgabe der Verfassung und unter den in der Satzung des
Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank vorgesehenen
Bedingungen
a) Europäische Verordnungen erlassen, insoweit dies für die Erfüllung der in Artikel 3 Absatz 1
Buchstabe a, Artikel 19 Absatz 1, Artikel 22 oder Artikel 25 Absatz 2 der Satzung des
Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank festgelegten
Aufgaben erforderlich ist; sie erlässt Europäische Verordnungen ferner in den Fällen, die in den
Europäischen Verordnungen und Beschlüssen nach Artikel III-187 Absatz 4 vorgesehen werden,
b) Europäische Beschlüsse erlassen, die zur Erfüllung der dem Europäischen System der
Zentralbanken nach der Verfassung und der Satzung des Europäischen Systems der
Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank übertragenen Aufgaben erforderlich sind,
c) Empfehlungen und Stellungnahmen abgegeben.
(2) Die Europäische Zentralbank kann die Veröffentlichung ihrer Europäischen Beschlüsse, ihrer
Empfehlungen und Stellungnahmen beschließen.
(3) Der Rat erlässt nach dem Verfahren des Artikels III-187 Absatz 4 die Europäischen
Verordnungen, in denen festgelegt wird, innerhalb welcher Grenzen und unter welchen Bedingungen
die Europäische Zentralbank befugt ist, Unternehmen bei Nichteinhaltung ihrer Europäischen
Verordnungen und Beschlüsse mit Geldbußen oder Zwangsgeldern zu belegen.
Artikel III-191
Unbeschadet der Befugnisse der Europäischen Zentralbank werden durch Europäisches Gesetz oder
Rahmengesetz die Maßnahmen festgelegt, die für die Verwendung des Euro als einheitlicher Währung
erforderlich sind. Es wird nach Anhörung der Europäischen Zentralbank erlassen.
ABSCHNITT 3 INSTITUTIONELLE BESTIMMUNGEN
Artikel III-192
(1) Um die Koordinierung der Politik der Mitgliedstaaten in dem für das Funktionieren des
Binnenmarkts erforderlichen Umfang zu fördern, wird ein Wirtschafts- und Finanzausschuss
eingesetzt.
(2) Der Ausschuss hat die Aufgabe,
a) auf Ersuchen des Rates oder der Kommission oder von sich aus Stellungnahmen an diese Organe
abzugeben;
b) die Wirtschafts- und Finanzlage der Mitgliedstaaten und der Union zu beobachten und dem Rat
und der Kommission regelmäßig darüber Bericht zu erstatten, insbesondere über die finanziellen
Beziehungen zu Drittländern und internationalen Einrichtungen;
c) unbeschadet des Artikels III-344 an der Vorbereitung der in Artikel III-159, Artikel III-179
Absätze 2, 3, 4 und 6, den Artikeln III-180, III-183 und III-184, Artikel III-185 Absatz 6,
Artikel III-186 Absatz 2, Artikel III-187 Absätze 3 und 4, den Artikeln III-191 und III-196,
Artikel III-198 Absätze 2 und 3, Artikel III-201, Artikel III-202 Absätze 2 und 3 und den
Artikeln III-322 und III-326 genannten Arbeiten des Rates mitzuwirken und die sonstigen ihm
vom Rat übertragenen Beratungsaufgaben und vorbereitenden Arbeiten auszuführen;
d) mindestens einmal jährlich die Lage hinsichtlich des Kapitalverkehrs und der Freiheit des
Zahlungsverkehrs, wie sie sich aus der Anwendung der Verfassung und der Rechtsakte der Union
ergeben, zu prüfen; die Prüfung erstreckt sich auf alle Maßnahmen im Zusammenhang mit dem
Kapital- und Zahlungsverkehr; der Ausschuss erstattet der Kommission und dem Rat Bericht über
das Ergebnis dieser Prüfung.
Jeder Mitgliedstaat sowie die Kommission und die Europäische Zentralbank ernennen jeweils
höchstens zwei Mitglieder des Ausschusses.
(3) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss über die
Einzelheiten der Zusammensetzung des Wirtschafts- und Finanzausschusses. Er beschließt nach
Anhörung der Europäischen Zentralbank und dieses Ausschusses. Der Präsident des Rates
unterrichtet das Europäische Parlament über diesen Beschluss.
(4) Sofern und solange es Mitgliedstaaten gibt, für die eine Ausnahmeregelung im Sinne des
Artikels III-197 gilt, hat der Ausschuss zusätzlich zu den in Absatz 2 beschriebenen Aufgaben die
Währungs- und Finanzlage sowie den allgemeinen Zahlungsverkehr der betreffenden Mitgliedstaaten
zu beobachten und dem Rat und der Kommission regelmäßig darüber Bericht zu erstatten.
Artikel III-193
Bei Fragen, die in den Geltungsbereich des Artikels III-179 Absatz 4, des Artikels III-184, mit
Ausnahme von dessen Absatz 13, der Artikel III-191 und III-196, des Artikels III-198 Absatz 3 sowie
des Artikels III-326 fallen, kann der Rat oder ein Mitgliedstaat die Kommission ersuchen, je nach
Zweckmäßigkeit eine Empfehlung oder einen Vorschlag zu unterbreiten. Die Kommission prüft
dieses Ersuchen und unterbreitet dem Rat umgehend ihre Schlussfolgerungen.
ABSCHNITT 4 BESONDERE BESTIMMUNGEN FÜR DIE MITGLIEDSTAATEN, DEREN WÄHRUNG DER EURO IST
Artikel III-194
(1) Im Hinblick auf das reibungslose Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion erlässt
der Rat nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen der Verfassung und nach dem
entsprechenden Verfahren unter den in den Artikeln III-179 und III-184 genannten Verfahren mit
Ausnahme des in Artikel III-184 Absatz 13 genannten Verfahrens für die Mitgliedstaaten, deren
Währung der Euro ist, Maßnahmen, um
a) die Koordinierung und Überwachung ihrer Haushaltsdisziplin zu verstärken,
b) für diese Staaten Grundzüge der Wirtschaftspolitik auszuarbeiten, wobei darauf zu achten ist,
dass diese mit den für die gesamte Union angenommenen Grundzügen der Wirtschaftspolitik
vereinbar sind, und ihre Einhaltung zu überwachen.
(2) Bei den in Absatz 1 genannten Maßnahmen sind nur die Mitglieder des Rates stimmberechtigt,
die die Mitgliedstaaten vertreten, deren Währung der Euro ist.
Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % dieser Mitglieder des Rates, sofern
sie Mitgliedstaaten vertreten, die zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligen
Mitgliedstaaten ausmachen.
Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl dieser Mitglieder des Rates, die zusammen
mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds
erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.
Artikel III-195
Die Einzelheiten für die Tagungen der Minister der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, sind
in dem Protokoll betreffend die Euro-Gruppe festgelegt.
Artikel III-196
(1) Um die Stellung des Euro im internationalen Währungssystem sicherzustellen, erlässt der Rat
auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss zur Festlegung der gemeinsamen
Standpunkte zu den Fragen, die für die Wirtschafts- und Währungsunion von besonderem Interesse
sind, innerhalb der zuständigen internationalen Einrichtungen und Konferenzen im Finanzbereich.
Der Rat beschließt nach Anhörung der Europäischen Zentralbank.
(2) Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission geeignete Maßnahmen mit dem Ziel erlassen, eine
einheitliche Vertretung bei den internationalen Einrichtungen und Konferenzen im Finanzbereich
sicherzustellen. Der Rat beschließt nach Anhörung der Europäischen Zentralbank.
(3) Bei den in den Absätzen 1 und 2 genannten Maßnahmen sind nur die Mitglieder des Rates
stimmberechtigt, die die Mitgliedstaaten vertreten, deren Währung der Euro ist.
Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % dieser Mitglieder des Rates, sofern
sie Mitgliedstaaten vertreten, die mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten
ausmachen.
Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl dieser Mitglieder des Rates, die zusammen
mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds
erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.
ABSCHNITT 5 ÜBERGANGSBESTIMMUNGEN
Artikel III-197
(1) Die Mitgliedstaaten, für die der Rat nicht beschlossen hat, dass sie die erforderlichen
Voraussetzungen für die Einführung des Euro erfüllen, werden nachstehend als "Mitgliedstaaten, für
die eine Ausnahmeregelung gilt" bezeichnet.
(2) Die nachstehend aufgeführten Bestimmungen der Verfassung finden keine Anwendung auf die
Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt:
a) Annahme der das Euro-Währungsgebiet generell betreffenden Teile der Grundzüge der
Wirtschaftspolitik (Artikel III-179 Absatz 2);
b) Zwangsmittel zum Abbau eines übermäßigen Defizits (Artikel III-184 Absätze 9 und 10);
c) Ziele und Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken (Artikel III-185 Absätze 1, 2, 3
und 5);
d) Ausgabe des Euro (Artikel III-186);
e) Rechtsakte der Europäischen Zentralbank (Artikel III-190);
f) Maßnahmen bezüglich der Verwendung des Euro (Artikel III-191);
g) Währungsvereinbarungen und andere Maßnahmen bezüglich der Wechselkurspolitik
(Artikel III-326);
h) Ernennung der Mitglieder des Direktoriums der Europäischen Zentralbank (Artikel III-382
Absatz 2);
i) Europäische Beschlüsse zur Festlegung der innerhalb der zuständigen internationalen Einrichtungen
und Konferenzen im Finanzbereich einzunehmenden gemeinsamen Standpunkte zu
den Fragen, die von besonderer Bedeutung für die Wirtschafts- und Währungsunion sind
(Artikel III-196 Absatz 1);
j) Maßnahmen zur Sicherstellung einer einheitlichen Vertretung bei den internationalen Einrichtungen
und Konferenzen im Finanzbereich (Artikel III-196 Absatz 2).
"Mitgliedstaaten" im Sinne der in den Buchstaben a bis j genannten Artikel sind daher die
Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist.
(3) Die Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, und deren Zentralbanken sind nach
KAPITEL IX der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen
Zentralbank von den Rechten und Pflichten im Rahmen des Europäischen Systems der
Zentralbanken ausgeschlossen.
(4) Das Stimmrecht der Mitglieder des Rates, die die Mitgliedstaaten vertreten, für die eine
Ausnahmeregelung gilt, ruht beim Erlass von Maßnahmen nach den in Absatz 2 genannten Artikeln
durch den Rat sowie in den folgenden Fällen:
a) Empfehlungen an die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, im Rahmen der multilateralen
Überwachung, einschließlich Empfehlungen zu den Stabilitätsprogrammen und Verwarnungen
(Artikel III-179 Absatz 4);
b) Maßnahmen bei übermäßigem Defizit von Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist
(Artikel III-184 Absätze 6, 7, 8 und 11).
Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % der übrigen Mitglieder des Rates,
sofern diese Mitgliedstaaten vertreten, die zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der
beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.
Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl dieser übrigen Mitglieder des Rates, die
zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines
Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.
Artikel III-198
(1) Mindestens einmal alle zwei Jahre beziehungsweise auf Antrag eines Mitgliedstaats, für den eine
Ausnahmeregelung gilt, berichten die Kommission und die Europäische Zentralbank dem Rat,
inwieweit die Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, bei der Verwirklichung der
Wirtschafts- und Währungsunion ihren Verpflichtungen bereits nachgekommen sind. In ihren
Berichten wird auch die Frage geprüft, inwieweit die innerstaatlichen Rechtsvorschriften jedes
einzelnen dieser Mitgliedstaaten einschließlich der Satzung der jeweiligen nationalen Zentralbank mit
den Artikeln III-188 und III-189 sowie der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und
der Europäischen Zentralbank vereinbar sind. Ferner wird darin geprüft, ob ein hoher Grad an
dauerhafter Konvergenz erreicht ist; Maßstab hierfür ist, ob jeder einzelne dieser Mitgliedstaaten
folgende Kriterien erfüllt:
a) Erreichung eines hohen Grades an Preisstabilität, ersichtlich aus einer Inflationsrate, die der
Inflationsrate jener - höchstens drei - Mitgliedstaaten nahe kommt, die auf dem Gebiet der
Preisstabilität das beste Ergebnis erzielt haben;
b) eine auf Dauer tragbare Finanzlage der öffentlichen Hand, ersichtlich aus einer öffentlichen
Haushaltslage ohne übermäßiges Defizit im Sinne des Artikels III-184 Absatz 6;
c) Einhaltung der normalen Bandbreiten des Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems
seit mindestens zwei Jahren ohne Abwertung gegenüber dem Euro;
d) Dauerhaftigkeit der von dem Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt, erreichten
Konvergenz und seiner Teilnahme am Wechselkursmechanismus, die im Niveau der langfristigen
Zinssätze zum Ausdruck kommt.
Die vier Kriterien in diesem Absatz sowie die jeweils erforderliche Dauer ihrer Einhaltung sind in dem
Protokoll über die Konvergenzkriterien näher festgelegt. Die Berichte der Kommission und der
Europäischen Zentralbank berücksichtigen auch die Ergebnisse bei der Integration der Märkte, den
Stand und die Entwicklung der Leistungsbilanzen, die Entwicklung bei den Lohnstückkosten und
andere Preisindizes.
(2) Der Rat erlässt nach Anhörung des Europäischen Parlaments und nach Aussprache im
Europäischen Rat auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss, durch den festgelegt
wird, welche der Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, die auf den Kriterien des
Absatzes 1 beruhenden Voraussetzungen erfüllen, und hebt die Ausnahmeregelungen für die
betreffenden Mitgliedstaaten auf.
Der Rat beschließt auf Empfehlung einer qualifizierten Mehrheit derjenigen seiner Mitglieder, die
Mitgliedstaaten vertreten, deren Währung der Euro ist. Diese Mitglieder beschließen innerhalb von
sechs Monaten nach Befassung des Rates mit dem Kommissionsvorschlag.
Als qualifizierte Mehrheit nach Unterabsatz 2 gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % dieser
Mitglieder des Rates, sofern diese Mitgliedstaaten vertreten, die zusammen mindestens 65 % der
Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen. Für eine Sperrminorität ist mindestens die
Mindestzahl dieser übrigen Mitglieder des Rates, die zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der
beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die
qualifizierte Mehrheit als erreicht.
(3) Wird nach dem Verfahren des Absatzes 2 beschlossen, eine Ausnahmeregelung aufzuheben, so
erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur
unwiderruflichen Festsetzung des Kurses, zu dem die Währung des betreffenden Mitgliedstaats durch
den Euro ersetzt wird und zur Festlegung der sonstigen erforderlichen Maßnahmen zur Einführung
des Euro als einheitliche Währung in diesem Mitgliedstaat. Der Rat beschließt mit Einstimmigkeit der
Mitglieder, die die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, und den betreffenden Mitgliedstaat
vertreten, nach Anhörung der Europäischen Zentralbank.
Artikel III-199
(1) Sofern und solange es Mitgliedstaaten gibt, für die eine Ausnahmeregelung gilt, wird
unbeschadet des Artikels III-187 Absatz 1 der in Artikel 45 der Satzung des Europäischen Systems
der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank bezeichnete Erweiterte Rat der Europäischen
Zentralbank als drittes Beschlussorgan der Europäischen Zentralbank errichtet.
(2) Sofern und solange es Mitgliedstaaten gibt, für die eine Ausnahmeregelung gilt, ist es die
Aufgabe der Europäischen Zentralbank, in Bezug auf diese Mitgliedstaaten
a) die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Zentralbanken zu verstärken;
b) die Koordinierung der Geldpolitik der Mitgliedstaaten mit dem Ziel zu verstärken, die
Preisstabilität aufrechtzuerhalten;
c) das Funktionieren des Wechselkursmechanismus zu überwachen;
d) Konsultationen zu Fragen durchzuführen, die in die Zuständigkeit der nationalen Zentralbanken
fallen und die Stabilität der Finanzinstitute und -märkte berühren;
e) die seinerzeitigen Aufgaben des Europäischen Fonds für währungspolitische Zusammenarbeit, die
zuvor vom Europäischen Währungsinstitut übernommen worden waren, wahrzunehmen.
Artikel III-200
Jeder Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt, behandelt seine Wechselkurspolitik als eine
Angelegenheit von gemeinsamem Interesse. Er berücksichtigt dabei die Erfahrungen, die bei der
Zusammenarbeit im Rahmen des Wechselkursmechanismus gesammelt worden sind.
Artikel III-201
(1) Ist ein Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt, hinsichtlich seiner Zahlungsbilanz von
Schwierigkeiten betroffen oder ernstlich bedroht, die sich entweder aus einem Ungleichgewicht seiner
Gesamtzahlungsbilanz oder aus der Art der ihm zur Verfügung stehenden Devisen ergeben, und sind
diese Schwierigkeiten geeignet, insbesondere das Funktionieren des Binnenmarkts oder die
Verwirklichung der gemeinsamen Handelspolitik zu gefährden, so prüft die Kommission
unverzüglich die Lage dieses Staates sowie die Maßnahmen, die er getroffen hat oder unter Einsatz
aller ihm zur Verfügung stehenden Mittel nach der Verfassung treffen kann. Die Kommission gibt die
Maßnahmen an, die sie dem betreffenden Mitgliedstaat empfiehlt.
Erweisen sich die von einem Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt, ergriffenen und die
von der Kommission angeregten Maßnahmen als unzureichend, die aufgetretenen oder drohenden
Schwierigkeiten zu beheben, so empfiehlt die Kommission dem Rat nach Anhörung des Wirtschafts-
und Finanzausschusses einen gegenseitigen Beistand und die dafür geeigneten Methoden.
Die Kommission unterrichtet den Rat regelmäßig über die Lage und ihre Entwicklung.
(2) Der Rat erlässt die Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse zur Gewährung des
gegenseitigen Beistands und zur Festlegung der entsprechenden Bedingungen und Einzelheiten.
Der gegenseitige Beistand kann insbesondere erfolgen
a) durch ein abgestimmtes Vorgehen bei anderen internationalen Organisationen, an die sich die
Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, wenden können;
b) durch Maßnahmen, die notwendig sind, um Verlagerungen von Handelsströmen zu vermeiden,
falls der in Schwierigkeiten befindliche Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt,
mengenmäßige Beschränkungen gegenüber Drittländern beibehält oder wieder einführt;
c) durch Bereitstellung von Krediten in begrenzter Höhe seitens anderer Mitgliedstaaten; hierzu ist
ihr Einverständnis erforderlich.
(3) Stimmt der Rat dem von der Kommission empfohlenen gegenseitigen Beistand nicht zu oder
sind der gewährte Beistand und die getroffenen Maßnahmen unzureichend, so ermächtigt die
Kommission den in Schwierigkeiten befindlichen Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt,
Schutzmaßnahmen zu treffen, deren Bedingungen und Einzelheiten sie festlegt.
Der Rat kann diese Ermächtigung aufheben und die Bedingungen und Einzelheiten ändern.
Artikel III-202
(1) Gerät ein Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt, in eine plötzliche Zahlungsbilanzkrise
und wird ein Europäischer Beschluss nach Artikel III-201 Absatz 2 nicht unverzüglich
erlassen, so kann dieser Mitgliedstaat vorsorglich die erforderlichen Schutzmaßnahmen ergreifen. Sie
dürfen nur ein Mindestmaß an Störungen im Funktionieren des Binnenmarkts verursachen und nicht
über das zur Behebung der plötzlich aufgetretenen Schwierigkeiten unbedingt erforderliche Ausmaß
hinausgehen.
(2) Die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten werden über die Schutzmaßnahmen nach
Absatz 1 spätestens bei deren Inkrafttreten unterrichtet. Die Kommission kann dem Rat den
gegenseitigen Beistand nach Artikel III-201 empfehlen.
(3) Der Rat kann auf Empfehlung der Kommission und nach Anhörung des Wirtschafts- und
Finanzausschusses einen Europäischen Beschluss erlassen, in dem festgestellt wird, dass der
betreffende Mitgliedstaat die Schutzmaßnahmen nach Absatz 1 zu ändern, auszusetzen oder
aufzuheben hat.
KAPITEL III DIE POLITIK IN ANDEREN BEREICHEN
ABSCHNITT 1 BESCHÄFTIGUNG
Artikel III-203
Die Union und die Mitgliedstaaten arbeiten nach diesem Abschnitt auf die Entwicklung einer
koordinierten Beschäftigungsstrategie und insbesondere auf die Förderung der Qualifizierung,
Ausbildung und Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer sowie der Fähigkeit der Arbeitsmärkte hin,
auf die Erfordernisse des wirtschaftlichen Wandels zu reagieren, um die Ziele des Artikels I-3 zu
erreichen.
Artikel III-204
(1) Die Mitgliedstaaten tragen durch ihre Beschäftigungspolitik im Einklang mit den nach
Artikel III-179 Absatz 2 verabschiedeten Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und
der Union zur Erreichung der in Artikel III-203 genannten Ziele bei.
(2) Die Mitgliedstaaten betrachten die Förderung der Beschäftigung als Angelegenheit von
gemeinsamem Interesse und stimmen ihre darauf gerichteten Tätigkeiten nach Maßgabe des
Artikels III-206 im Rat aufeinander ab, wobei die einzelstaatlichen Gepflogenheiten in Bezug auf die
Verantwortung der Sozialpartner berücksichtigt werden.
Artikel III-205
(1) Die Union trägt zu einem hohen Beschäftigungsniveau bei, indem sie die Zusammenarbeit
zwischen den Mitgliedstaaten fördert und deren Maßnahmen in diesem Bereich unterstützt und
erforderlichenfalls ergänzt. Hierbei wird die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten beachtet.
(2) Das Ziel eines hohen Beschäftigungsniveaus wird bei der Festlegung und Durchführung der
Politik und der Maßnahmen der Union berücksichtigt.
Artikel III-206
(1) Anhand eines gemeinsamen Jahresberichts des Rates und der Kommission prüft der Europäische
Rat jährlich die Beschäftigungslage in der Union und nimmt hierzu Schlussfolgerungen an.
(2) Anhand der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates legt der Rat auf Vorschlag der
Kommission jährlich Leitlinien fest, welche die Mitgliedstaaten in ihrer Beschäftigungspolitik
berücksichtigen. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments, des Ausschusses der
Regionen, des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Beschäftigungsausschusses.
Diese Leitlinien müssen mit den nach Artikel III-179 Absatz 2 verabschiedeten Grundzügen in
Einklang stehen.
(3) Jeder Mitgliedstaat übermittelt dem Rat und der Kommission jährlich einen Bericht über die
wichtigsten Bestimmungen, die er zur Durchführung seiner Beschäftigungspolitik auf der Grundlage
der beschäftigungspolitischen Leitlinien nach Absatz 2 erlassen hat.
(4) Anhand der in Absatz 3 genannten Berichte und nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses
unterzieht der Rat die Durchführung der Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten auf der
Grundlage der beschäftigungspolitischen Leitlinien jährlich einer Prüfung. Der Rat kann dabei auf
Empfehlung der Kommission an die Mitgliedstaaten gerichtete Empfehlungen abgeben.
(5) Auf der Grundlage der Ergebnisse der genannten Prüfung erstellen der Rat und die Kommission
einen gemeinsamen Jahresbericht für den Europäischen Rat über die Beschäftigungslage in der Union
und über die Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien.
Artikel III-207
Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz können Anreizmaßnahmen zur Förderung der
Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und zur Unterstützung ihrer Beschäftigungsmaßnahmen
durch Initiativen festgelegt werden, die darauf abzielen, den Austausch von Informationen
und bewährten Verfahren zu entwickeln, vergleichende Analysen und Gutachten bereitzustellen
sowie innovative Ansätze zu fördern und Erfahrungen zu bewerten, und zwar insbesondere durch
Pilotvorhaben. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und
Sozialausschusses erlassen.
Das Europäische Gesetz oder Rahmengesetz enthält keinerlei Harmonisierung der Rechtsvorschriften
der Mitgliedstaaten.
Artikel III-208
Der Rat erlässt mit einfacher Mehrheit einen Europäischen Beschluss zur Einsetzung eines
Beschäftigungsausschusses mit beratender Funktion zur Förderung der Koordinierung der Beschäftigungs-
und Arbeitsmarktpolitik der Mitgliedstaaten. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen
Parlaments.
Der Ausschuss hat folgende Aufgaben:
a) Er verfolgt die Beschäftigungslage und die Beschäftigungspolitik in der Union und in den
Mitgliedstaaten;
b) er gibt unbeschadet des Artikels III-344 auf Ersuchen des Rates oder der Kommission oder von
sich aus Stellungnahmen ab und trägt zur Vorbereitung der in Artikel III-206 genannten
Beratungen des Rates bei.
Bei der Erfüllung seines Auftrags hört der Ausschuss die Sozialpartner.
Jeder Mitgliedstaat und die Kommission ernennen zwei Mitglieder des Ausschusses.
ABSCHNITT 2 SOZIALPOLITIK
Artikel III-209
Die Union und die Mitgliedstaaten verfolgen eingedenk der sozialen Grundrechte, wie sie in der am
18. Oktober 1961 in Turin unterzeichneten Europäischen Sozialcharta und in der Gemeinschaftscharta
der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer von 1989 festgelegt sind, folgende Ziele: die
Förderung der Beschäftigung, die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, um dadurch auf
dem Wege des Fortschritts ihre Angleichung zu ermöglichen, einen angemessenen sozialen Schutz,
den sozialen Dialog, die Entwicklung des Arbeitskräftepotenzials im Hinblick auf ein dauerhaft hohes
Beschäftigungsniveau und die Bekämpfung von Ausgrenzungen.
Zu diesem Zweck tragen die Union und die Mitgliedstaaten bei ihrer Tätigkeit der Vielfalt der
einzelstaatlichen Gepflogenheiten, insbesondere in den vertraglichen Beziehungen, sowie der
Notwendigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft der Union zu erhalten, Rechnung.
Sie sind der Auffassung, dass sich eine solche Entwicklung sowohl aus dem eine Abstimmung der
Sozialordnungen begünstigenden Wirken des Binnenmarktes als auch aus den in der Verfassung
vorgesehenen Verfahren sowie aus der Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der
Mitgliedstaaten ergeben wird.
Artikel III-210
(1) Zur Verwirklichung der Ziele des Artikels III-209 unterstützt und ergänzt die Union die
Tätigkeit der Mitgliedstaaten in folgenden Bereichen:
a) Verbesserung insbesondere der Arbeitsumwelt zum Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der
Arbeitnehmer,
b) Arbeitsbedingungen,
c) soziale Sicherheit und sozialer Schutz der Arbeitnehmer,
d) Schutz der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsvertrags,
e) Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer,
f) Vertretung und kollektive Wahrnehmung der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen,
einschließlich der Mitbestimmung, vorbehaltlich des Absatzes 6,
g) Beschäftigungsbedingungen der Staatsangehörigen von Drittländern, die sich rechtmäßig im
Gebiet der Union aufhalten,
h) berufliche Eingliederung der aus dem Arbeitsmarkt ausgegrenzten Personen, unbeschadet des
Artikels III-283,
i) Chancengleichheit von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt und Gleichbehandlung am
Arbeitsplatz,
j) Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung,
k) Modernisierung der Systeme des sozialen Schutzes, unbeschadet des Buchstabens c.
(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 können
a) durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz Maßnahmen festgelegt werden, die dazu
bestimmt sind, die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten durch Initiativen zu fördern,
die die Verbesserung des Wissensstandes, die Entwicklung des Austausches von Informationen
und bewährten Verfahren, die Förderung innovativer Ansätze und die Bewertung von
Erfahrungen zum Ziel haben, unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften
der Mitgliedstaaten;
b) in den in Absatz 1 Buchstaben a bis i genannten Bereichen unter Berücksichtigung der in den
einzelnen Mitgliedstaaten bestehenden Bedingungen und technischen Regelungen Mindestvorschriften,
die schrittweise anzuwenden sind, durch Europäisches Rahmengesetz festgelegt
werden. Dieses soll keine verwaltungsmäßigen, finanziellen oder rechtlichen Auflagen
vorschreiben, die der Gründung und Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen
entgegenstehen.
In allen Fällen wird das Europäische Gesetz oder Rahmengesetz nach Anhörung des Ausschusses der
Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
(3) Abweichend von Absatz 2 wird in den in Absatz 1 Buchstaben c, d, f und g genannten
Bereichen das Europäische Gesetz oder Rahmengesetz vom Rat nach Anhörung des Europäischen
Parlaments, des Ausschusses der Regionen sowie des Wirtschafts- und Sozialausschusses einstimmig
erlassen.
Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss erlassen, wonach für
Absatz 1 Buchstaben d, f und g das ordentliche Gesetzgebungsverfahren gilt. Er beschließt
einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
(4) Ein Mitgliedstaat kann den Sozialpartnern auf deren gemeinsamen Antrag die Durchführung
von aufgrund der Absätze 2 und 3 erlassenen Europäischen Rahmengesetzen oder gegebenenfalls die
Durchführung von nach Artikel III-212 erlassenen Europäischen Verordnungen oder Beschlüssen
übertragen.
In diesem Fall vergewissert sich der Mitgliedstaat, dass die Sozialpartner spätestens zu dem Zeitpunkt,
zu dem ein Europäisches Rahmengesetz umgesetzt sein muss, und zu dem Zeitpunkt, zu dem eine
Europäische Verordnung oder ein Europäischer Beschluss zur Anwendung gelangt sein muss, im
Wege einer Vereinbarung die erforderlichen Vorkehrungen getroffen haben; dabei hat der
Mitgliedstaat alle erforderlichen Bestimmungen zu erlassen, um jederzeit gewährleisten zu können,
dass die durch dieses Rahmengesetz, diese Verordnung oder diesen Beschluss vorgeschriebenen
Ergebnisse erzielt werden.
(5) Die aufgrund dieses Artikels erlassenen Europäischen Gesetze und Rahmengesetze
a) berühren nicht die anerkannte Befugnis der Mitgliedstaaten, die Grundprinzipien ihres Systems
der sozialen Sicherheit festzulegen, und dürfen das finanzielle Gleichgewicht dieser Systeme nicht
erheblich beeinträchtigen;
b) hindern die Mitgliedstaaten nicht daran, strengere Schutzmaßnahmen beizubehalten oder zu
erlassen, die mit der Verfassung vereinbar sind.
(6) Dieser Artikel gilt nicht für das Arbeitsentgelt, das Koalitionsrecht, das Streikrecht sowie das
Aussperrungsrecht.
Artikel III-211
(1) Die Kommission fördert die Anhörung der Sozialpartner auf Unionsebene und erlässt alle
zweckdienlichen Maßnahmen, um den Dialog zwischen den Sozialpartnern zu erleichtern, wobei sie
für Ausgewogenheit bei der Unterstützung der Parteien sorgt.
(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 hört die Kommission vor Unterbreitung von Vorschlägen im
Bereich der Sozialpolitik die Sozialpartner zu der Frage, wie eine Unionsmaßnahme gegebenenfalls
ausgerichtet werden sollte.
(3) Hält die Kommission nach der Anhörung nach Absatz 2 eine Unionsmaßnahme für
zweckmäßig, so hört sie die Sozialpartner zum Inhalt des in Aussicht genommenen Vorschlags.
Die Sozialpartner übermitteln der Kommission eine Stellungnahme oder gegebenenfalls eine
Empfehlung.
(4) Bei der Anhörung nach den Absätzen 2 und 3 können die Sozialpartner der Kommission
mitteilen, dass sie den Prozess nach Artikel III-212 Absatz 1 in Gang setzen wollen. Die Dauer des
Verfahrens darf höchstens neun Monate betragen, sofern die betroffenen Sozialpartner und die
Kommission nicht gemeinsam eine Verlängerung beschließen.
Artikel III-212
(1) Der Dialog zwischen den Sozialpartnern auf Unionsebene kann, falls sie es wünschen, zur
Herstellung vertraglicher Beziehungen, einschließlich des Abschlusses von Vereinbarungen, führen.
(2) Die Durchführung der auf Unionsebene geschlossenen Vereinbarungen erfolgt entweder nach
den jeweiligen Verfahren und Gepflogenheiten der Sozialpartner und der Mitgliedstaaten oder, in den
durch Artikel III-210 erfassten Bereichen, auf gemeinsamen Antrag der Unterzeichnerparteien durch
Europäische Verordnungen oder Beschlüsse, die vom Rat auf Vorschlag der Kommission erlassen
werden. Das Europäische Parlament wird unterrichtet.
Enthält die betreffende Vereinbarung eine oder mehrere Bestimmungen, die einen der Bereiche
betreffen, für die nach Artikel III-210 Absatz 3 Einstimmigkeit erforderlich ist, so beschließt der Rat
einstimmig.
Artikel III-213
Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen der Verfassung fördert die Kommission im Hinblick auf
die Erreichung der Ziele des Artikels III-209 die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und
erleichtert die Koordinierung ihres Vorgehens in allen unter diesen Abschnitt fallenden Bereichen der
Sozialpolitik, insbesondere auf dem Gebiet
a) der Beschäftigung,
b) des Arbeitsrechts und der Arbeitsbedingungen,
c) der beruflichen Ausbildung und Fortbildung,
d) der sozialen Sicherheit,
e) der Verhütung von Berufsunfällen und Berufskrankheiten,
f) des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit,
g) des Koalitionsrechts und der Kollektivverhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
Zu diesem Zweck wird die Kommission in enger Verbindung mit den Mitgliedstaaten durch
Untersuchungen, Stellungnahmen und die Vorbereitung von Beratungen tätig, gleichviel ob es sich
um innerstaatliche Probleme oder um Probleme handelt, die internationale Organisationen betreffen,
und zwar insbesondere im Wege von Initiativen, die darauf abzielen, Leitlinien und Indikatoren
festzulegen, den Austausch bewährter Verfahren durchzuführen und die erforderlichen Elemente für
eine regelmäßige Überwachung und Bewertung auszuarbeiten. Das Europäische Parlament wird in
vollem Umfang unterrichtet.
Vor Abgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Stellungnahmen hört die Kommission den
Wirtschafts- und Sozialausschuss.
Artikel III-214
(1) Jeder Mitgliedstaat stellt die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Frauen und
Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher.
(2) Unter Entgelt im Sinne dieses Artikels sind die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und
-gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Arbeitgeber aufgrund des
Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen
zahlt.
Gleichheit des Arbeitsentgelts ohne Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bedeutet,
a) dass das Entgelt für eine gleiche nach Akkord bezahlte Arbeit aufgrund der gleichen Maßeinheit
festgesetzt wird,
b) dass für eine nach Zeit bezahlte Arbeit das Entgelt bei gleichem Arbeitsplatz gleich ist.
(3) Die Maßnahmen, die die Anwendung des Grundsatzes der Chancengleichheit und der
Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Arbeits- und Beschäftigungsfragen, einschließlich des
Grundsatzes des gleichen Entgelts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit, gewährleisten, werden
durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Wirtschaftsund
Sozialausschusses erlassen.
(4) Im Hinblick auf die effektive Gewährleistung der vollen Gleichstellung von Frauen und Männern
im Arbeitsleben hindert der Grundsatz der Gleichbehandlung die Mitgliedstaaten nicht daran, zur
Erleichterung der Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechts oder zur Verhinderung
beziehungsweise zum Ausgleich von Benachteiligungen in der beruflichen Laufbahn spezifische
Vergünstigungen beizubehalten oder zu beschließen.
Artikel III-215
Die Mitgliedstaaten sind bestrebt, die bestehende Gleichwertigkeit der Regelungen über die bezahlte
Freizeit beizubehalten.
Artikel III-216
Die Kommission erstellt jährlich einen Bericht über den Stand der Verwirklichung der in
Artikel III-209 genannten Ziele sowie über die demografische Lage in der Union. Sie übermittelt
diesen Bericht dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss.
Artikel III-217
Der Rat erlässt mit einfacher Mehrheit einen Europäischen Beschluss zur Einsetzung eines
Ausschusses für Sozialschutz mit beratender Aufgabe, um die Zusammenarbeit im Bereich des
sozialen Schutzes zwischen den Mitgliedstaaten und mit der Kommission zu fördern. Der Rat
beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
Der Ausschuss hat folgende Aufgaben:
a) Er verfolgt die soziale Lage und die Entwicklung der Politik im Bereich des sozialen Schutzes in
den Mitgliedstaaten und der Union;
b) er fördert den Austausch von Informationen, Erfahrungen und bewährten Verfahren zwischen
den Mitgliedstaaten und mit der Kommission;
c) unbeschadet des Artikels III-344 arbeitet er auf Ersuchen des Rates oder der Kommission oder
von sich aus im Bereich seiner Befugnisse Berichte aus, gibt Stellungnahmen ab oder wird auf
andere Weise tätig.
Bei der Erfüllung seines Auftrags stellt der Ausschuss geeignete Kontakte zu den Sozialpartnern her.
Jeder Mitgliedstaat und die Kommission ernennen zwei Mitglieder des Ausschusses.
Artikel III-218
Der Jahresbericht der Kommission an das Europäische Parlament enthält ein besonderes KAPITEL über
die Entwicklung der sozialen Lage in der Union.
Das Europäische Parlament kann die Kommission auffordern, Berichte über besondere, die soziale
Lage betreffende Fragen auszuarbeiten.
Artikel III-219
(1) Um die Beschäftigungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer im Binnenmarkt zu verbessern und
damit zur Anhebung des Lebensstandards beizutragen, wird ein Europäischer Sozialfonds errichtet,
dessen Ziel es ist, innerhalb der Union die berufliche Verwendbarkeit und die örtliche und berufliche
Mobilität der Arbeitnehmer zu fördern sowie die Anpassung an die industriellen Wandlungsprozesse
und an Veränderungen der Produktionssysteme insbesondere durch berufliche Bildung und
Umschulung zu erleichtern.
(2) Die Kommission verwaltet den Fonds. Sie wird hierbei von einem Ausschuss unterstützt, der aus
Vertretern der Mitgliedstaaten sowie der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerverbände besteht; den
Vorsitz führt ein Mitglied der Kommission.
(3) Die den Fonds betreffenden Durchführungsmaßnahmen werden durch Europäisches Gesetz
festgelegt. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen sowie des Wirtschafts- und
Sozialausschusses erlassen.
ABSCHNITT 3 WIRTSCHAFTLICHER, SOZIALER UND TERRITORIALER ZUSAMMENHALT
Artikel III-220
Die Union entwickelt und verfolgt weiterhin ihre Politik zur Stärkung ihres wirtschaftlichen, sozialen
und territorialen Zusammenhalts, um eine harmonische Entwicklung der Union als Ganzes zu
fördern.
Die Union setzt sich insbesondere zum Ziel, die Unterschiede im Entwicklungsstand der
verschiedenen Regionen und den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete zu verringern.
Unter den betreffenden Gebieten wird den ländlichen Gebieten, den vom industriellen Wandel
betroffenen Gebieten und den Gebieten mit schweren und dauerhaften natürlichen oder
demografischen Nachteilen, wie den nördlichsten Regionen mit sehr geringer Bevölkerungsdichte
sowie den Insel-, Grenz- und Bergregionen, besondere Aufmerksamkeit geschenkt.
Artikel III-221
Die Mitgliedstaaten führen und koordinieren ihre Wirtschaftspolitik in der Weise, dass auch die in
Artikel III-220 genannten Ziele erreicht werden. Mit der Festlegung und Durchführung der Politik
und der Aktionen der Union sowie mit der Errichtung des Binnenmarkts werden diese Ziele
berücksichtigt und wird zu deren Verwirklichung beigetragen. Die Union unterstützt diese
Bemühungen auch durch die Politik, die sie mit Hilfe der Strukturfonds (Europäischer Ausrichtungs-
und Garantiefonds für die Landwirtschaft - Abteilung Ausrichtung, Europäischer Sozialfonds,
Europäischer Fonds für regionale Entwicklung), der Europäischen Investitionsbank und der sonstigen
vorhandenen Finanzierungsinstrumente führt.
Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Ausschuss der Regionen und
dem Wirtschafts- und Sozialausschuss alle drei Jahre Bericht über die Fortschritte bei der
Verwirklichung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts und über die Art und
Weise, in der die in diesem Artikel vorgesehenen Mittel hierzu beigetragen haben. Diesem Bericht
werden erforderlichenfalls entsprechende Vorschläge beigefügt.
Unbeschadet der im Rahmen der anderen Politikbereiche der Union erlassenen Maßnahmen können
spezifische Maßnahmen außerhalb der Fonds durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz
festgelegt werden. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen sowie des Wirtschafts- und
Sozialausschusses erlassen.
Artikel III-222
Aufgabe des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung ist es, durch Beteiligung an der
Entwicklung und an der strukturellen Anpassung der rückständigen Gebiete und an der Umstellung
der Industriegebiete mit rückläufiger Entwicklung zum Ausgleich der wichtigsten regionalen
Ungleichgewichte in der Union beizutragen.
Artikel III-223
(1) Unbeschadet des Artikels III-224 werden die Aufgaben, die vorrangigen Ziele und die
Organisation der Strukturfonds, einschließlich ihrer etwaigen Neuordnung, und die für die Fonds
geltenden allgemeinen Regeln sowie die Bestimmungen, die zur Gewährleistung einer wirksamen
Arbeitsweise und zur Koordinierung der Fonds sowohl untereinander als auch mit den anderen
vorhandenen Finanzierungsinstrumenten erforderlich sind, durch Europäisches Gesetz festgelegt.
Ein durch Europäisches Gesetz eingerichteter Kohäsionsfonds trägt zu Vorhaben in den Bereichen
Umwelt und transeuropäische Netze auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur finanziell bei.
In allen Fällen wird das Europäische Gesetz nach Anhörung des Ausschusses der Regionen sowie des
Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
(2) Die ersten Bestimmungen über die Strukturfonds und den Kohäsionsfonds, die im Anschluss an
die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrags über eine Verfassung für Europa geltenden
Bestimmungen erlassen werden, werden durch Europäisches Gesetz des Rates festgelegt. Der Rat
beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.
Artikel III-224
Die den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung betreffenden Durchführungsmaßnahmen
werden durch Europäisches Gesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen
sowie des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
Für den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft - Abteilung
Ausrichtung, und den Europäischen Sozialfonds gelten Artikel III-231 und Artikel III-219 Absatz 3.
ABSCHNITT 4 LANDWIRTSCHAFT UND FISCHEREI
Artikel III-225
Die Union legt eine gemeinsame Agrar- und Fischereipolitik fest und führt sie durch.
Unter landwirtschaftlichen Erzeugnissen sind die Erzeugnisse des Bodens, der Viehzucht und der
Fischerei sowie die mit diesen in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Erzeugnisse der ersten
Verarbeitungsstufe zu verstehen. Die Bezugnahmen auf die gemeinsame Agrarpolitik oder auf die
Landwirtschaft und die Verwendung des Wortes "landwirtschaftlich" sind in dem Sinne zu verstehen,
dass damit unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale des Fischereisektors auch die Fischerei
gemeint ist.
Artikel III-226
(1) Der Binnenmarkt umfasst auch die Landwirtschaft und den Handel mit landwirtschaftlichen
Erzeugnissen.
(2) Die Vorschriften für die Verwirklichung und das Funktionieren des Binnenmarkts finden auf die
landwirtschaftlichen Erzeugnisse Anwendung, soweit in den Artikeln III-227 bis III-232 nicht etwas
anderes bestimmt ist.
(3) Für die in Anhang I aufgeführten Erzeugnisse gelten die Artikel III-227 bis III-232.
(4) Mit dem Funktionieren und der Entwicklung des Binnenmarkts für landwirtschaftliche
Erzeugnisse muss eine gemeinsame Agrarpolitik Hand in Hand gehen.
Artikel III-227
(1) Ziel der gemeinsamen Agrarpolitik ist es,
a) die Produktivität der Landwirtschaft durch Förderung des technischen Fortschritts, Rationalisierung
der landwirtschaftlichen Erzeugung und den bestmöglichen Einsatz der Produktionsfaktoren,
insbesondere der Arbeitskräfte, zu steigern;
b) auf diese Weise der landwirtschaftlichen Bevölkerung, insbesondere durch Erhöhung des
Pro-Kopf-Einkommens der in der Landwirtschaft tätigen Personen, einen angemessenen
Lebensstandard zu gewährleisten;
c) die Märkte zu stabilisieren;
d) die Versorgung sicherzustellen;
e) für die Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen Sorge zu tragen.
(2) Bei der Gestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik und der hierfür anzuwendenden besonderen
Methoden wird Folgendes berücksichtigt:
a) die besondere Eigenart der landwirtschaftlichen Tätigkeit, die sich aus dem sozialen Aufbau der
Landwirtschaft und den strukturellen und naturbedingten Unterschieden der verschiedenen
landwirtschaftlichen Gebiete ergibt;
b) die Notwendigkeit, die geeigneten Anpassungen stufenweise durchzuführen;
c) die Tatsache, dass die Landwirtschaft in den Mitgliedstaaten einen mit der gesamten
Volkswirtschaft eng verflochtenen Wirtschaftsbereich darstellt.
Artikel III-228
(1) Um die Ziele des Artikels III-227 zu erreichen, wird eine gemeinsame Organisation der
Agrarmärkte geschaffen.
Diese besteht je nach Erzeugnis aus einer der folgenden Organisationsformen:
a) gemeinsame Wettbewerbsregeln;
b) bindende Koordinierung der verschiedenen einzelstaatlichen Marktordnungen;
c) eine europäische Marktordnung.
(2) Die nach Absatz 1 gestaltete gemeinsame Organisation kann alle zur Durchführung des
Artikels III-227 erforderlichen Maßnahmen einschließen, insbesondere Preisregelungen, Beihilfen für
die Erzeugung und die Vermarktung der verschiedenen Erzeugnisse, Einlagerungs- und Ausgleichsmaßnahmen
und gemeinsame Einrichtungen zur Stabilisierung der Ein- oder Ausfuhr.
Die gemeinsame Organisation muss sich auf die Verfolgung der Ziele des Artikels III-227
beschränken und jede Diskriminierung zwischen Erzeugern oder Verbrauchern innerhalb der Union
ausschließen.
Eine etwaige gemeinsame Preispolitik muss auf gemeinsamen Grundsätzen und einheitlichen
Berechnungsmethoden beruhen.
(3) Um der in Absatz 1 genannten gemeinsamen Organisation die Erreichung ihrer Ziele zu
ermöglichen, können ein oder mehrere Ausrichtungs- oder Garantiefonds für die Landwirtschaft
geschaffen werden.
Artikel III-229
Um die Ziele des Artikels III-227 zu erreichen, können im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik
folgende Maßnahmen vorgesehen werden:
a) eine wirksame Koordinierung der Bestrebungen auf dem Gebiet der Berufsausbildung, der
Forschung und der Verbreitung landwirtschaftlicher Fachkenntnisse; hierbei können Vorhaben
oder Einrichtungen gemeinsam finanziert werden;
b) gemeinsame Maßnahmen zur Förderung des Verbrauchs bestimmter Erzeugnisse.
Artikel III-230
(1) Der Abschnitt über die Wettbewerbsregeln findet auf die Produktion landwirtschaftlicher
Erzeugnisse und den Handel mit diesen nur insoweit Anwendung, als Europäische Gesetze oder
Rahmengesetze dies nach Artikel III-231 Absatz 2 unter Berücksichtigung der Ziele des
Artikels III-227 bestimmen.
(2) Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission eine Europäische Verordnung oder einen
Europäischen Beschluss erlassen, mit denen die Gewährung von Beihilfen genehmigt wird
a) zum Schutz von Betrieben, die durch strukturelle oder naturgegebene Bedingungen benachteiligt
sind, oder
b) im Rahmen wirtschaftlicher Entwicklungsprogramme.
Artikel III-231
(1) Die Kommission legt zur Gestaltung und Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik
Vorschläge vor, die unter anderem die Ablösung der einzelstaatlichen Marktordnungen durch eine der
in Artikel III-228 Absatz 1 vorgesehenen gemeinsamen Organisationsformen sowie die Durchführung
der in diesem Abschnitt bezeichneten Maßnahmen vorsehen. Diese Vorschläge tragen dem inneren
Zusammenhang der in diesem Abschnitt aufgeführten landwirtschaftlichen Fragen Rechnung.
(2) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz werden die gemeinsame Organisation der
Agrarmärkte nach Artikel III-228 Absatz 1 sowie die anderen Bestimmungen festgelegt, die für die
Verwirklichung der Ziele der gemeinsamen Agrar- und Fischereipolitik notwendig sind. Es wird nach
Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
(3) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission die Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse
zur Festsetzung der Preise, der Abschöpfungen, der Beihilfen und der mengenmäßigen
Beschränkungen sowie zur Festsetzung und Aufteilung der Fangmöglichkeiten in der Fischerei.
(4) Die einzelstaatlichen Marktordnungen können nach Maßgabe des Absatzes 2 durch die in
Artikel III-228 Absatz 1 vorgesehene gemeinsame Organisation ersetzt werden,
a) wenn diese den Mitgliedstaaten, die sich gegen diese Maßnahme ausgesprochen haben und eine
eigene Marktordnung für die in Betracht kommende Erzeugung besitzen, gleichwertige
Sicherheiten für die Beschäftigung und den Lebensstandard der betreffenden Erzeuger
bietet; hierbei sind die im Zeitablauf möglichen Anpassungen und erforderlichen Spezialisierungen zu
berücksichtigen, und
b) wenn die gemeinsame Organisation für den Handelsverkehr innerhalb der Union Bedingungen
sicherstellt, die denen eines Binnenmarkts entsprechen.
(5) Wird eine gemeinsame Organisation für bestimmte Rohstoffe geschaffen, bevor eine
gemeinsame Organisation für die entsprechenden weiterverarbeiteten Erzeugnisse besteht, so können
die betreffenden Rohstoffe aus Ländern außerhalb der Union eingeführt werden, wenn sie für
weiterverarbeitete Erzeugnisse verwendet werden, die zur Ausfuhr in Drittländer bestimmt sind.
Artikel III-232
Besteht in einem Mitgliedstaat für ein Erzeugnis eine innerstaatliche Marktordnung oder Regelung
gleicher Wirkung und wird dadurch eine gleichartige Erzeugung in einem anderen Mitgliedstaat in
ihrer Wettbewerbslage beeinträchtigt, so erheben die Mitgliedstaaten bei der Einfuhr des betreffenden
Erzeugnisses aus dem Mitgliedstaat, in dem die genannte Marktordnung oder Regelung besteht, eine
Ausgleichsabgabe, es sei denn, dass dieser Mitgliedstaat eine Ausgleichsabgabe bei der Ausfuhr erhebt.
Die Kommission erlässt Europäische Verordnungen oder Beschlüsse, durch die diese Abgaben in der
zur Wiederherstellung des Gleichgewichts erforderlichen Höhe festgesetzt werden. Sie kann auch
andere Maßnahmen genehmigen, deren Bedingungen und Einzelheiten sie festlegt.
ABSCHNITT 5 UMWELT
Artikel III-233
(1) Die Umweltpolitik der Union trägt zur Verfolgung der nachstehenden Ziele bei:
a) Erhaltung und Schutz der Umwelt sowie Verbesserung ihrer Qualität;
b) Schutz der menschlichen Gesundheit;
c) umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen;
d) Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Bewältigung regionaler oder globaler
Umweltprobleme.
(2) Die Umweltpolitik der Union zielt unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Gegebenheiten
in den einzelnen Regionen der Union auf ein hohes Schutzniveau ab. Sie beruht auf den Grundsätzen
der Vorsorge und Vorbeugung, auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem
Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip.
Im Hinblick hierauf umfassen die den Erfordernissen des Umweltschutzes entsprechenden
Harmonisierungsmaßnahmen gegebenenfalls eine Schutzklausel, mit der die Mitgliedstaaten
ermächtigt werden, aus nicht wirtschaftlich bedingten umweltpolitischen Gründen vorläufige
Maßnahmen zu erlassen, die einem Kontrollverfahren der Union unterliegen.
(3) Bei der Erarbeitung ihrer Umweltpolitik berücksichtigt die Union
a) die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten;
b) die Umweltbedingungen in den einzelnen Regionen der Union;
c) die Vorteile und die Belastung aufgrund des Tätigwerdens beziehungsweise eines
Nichttätigwerdens;
d) die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Union insgesamt sowie die ausgewogene
Entwicklung ihrer Regionen.
(4) Die Union und die Mitgliedstaaten arbeiten im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten mit
Drittländern und den zuständigen internationalen Organisationen zusammen. Die Einzelheiten der
Zusammenarbeit der Union können Gegenstand von Übereinkünften zwischen dieser und den
betreffenden dritten Parteien sein.
Unterabsatz 1 berührt nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, in internationalen Gremien zu
verhandeln und internationale Übereinkünfte zu schließen.
Artikel III-234
(1) Die Maßnahmen zur Erreichung der in Artikel III-233 genannten Ziele werden durch
Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der
Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
(2) Abweichend von Absatz 1 und unbeschadet des Artikels III-172 erlässt der Rat einstimmig
Europäische Gesetze oder Rahmengesetze, durch die Folgendes festgelegt wird:
a) Bestimmungen überwiegend steuerlicher Art;
b) Maßnahmen, die
i) die Raumordnung berühren;
ii) die mengenmäßige Bewirtschaftung der Wasserressourcen berühren oder die Verfügbarkeit
dieser Ressourcen mittelbar oder unmittelbar betreffen;
iii) die Bodennutzung mit Ausnahme der Abfallbewirtschaftung berühren;
c) Maßnahmen, welche die Wahl eines Mitgliedstaats zwischen verschiedenen Energiequellen und
die allgemeine Struktur seiner Energieversorgung erheblich berühren.
Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission einstimmig einen Europäischen Beschluss erlassen, in
dem festgelegt wird, dass für die in Unterabsatz 1 genannten Bereiche das ordentliche
Gesetzgebungsverfahren gilt.
In allen Fällen beschließt der Rat nach Anhörung des Europäischen Parlaments, des Ausschusses der
Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses.
(3) Allgemeine Aktionsprogramme, in denen die vorrangigen Ziele festgelegt werden, werden durch
Europäisches Gesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen sowie des
Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
Die zur Durchführung dieser Programme erforderlichen Maßnahmen werden, je nach Fall, nach dem
in Absatz 1 beziehungsweise Absatz 2 vorgesehenen Verfahren erlassen.
(4) Unbeschadet bestimmter Maßnahmen der Union tragen die Mitgliedstaaten für die Finanzierung
und Durchführung der Umweltpolitik Sorge.
(5) Ist eine Maßnahme nach Absatz 1 mit unverhältnismäßig hohen Kosten für die Behörden eines
Mitgliedstaats verbunden, so wird darin unbeschadet des Verursacherprinzips in geeigneter Form
Folgendes vorgesehen:
a) vorübergehende Ausnahmeregelungen und/oder
b) eine finanzielle Unterstützung aus dem Kohäsionsfonds.
6) Die Schutzmaßnahmen, die aufgrund dieses Artikels getroffen werden, hindern die einzelnen
Mitgliedstaaten nicht daran, verstärkte Schutzmaßnahmen beizubehalten oder zu ergreifen. Die
betreffenden Maßnahmen müssen mit der Verfassung vereinbar sein. Sie werden der Kommission
notifiziert.
ABSCHNITT 6 VERBRAUCHERSCHUTZ
Artikel III-235
(1) Zur Förderung der Interessen der Verbraucher und zur Gewährleistung eines hohen
Verbraucherschutzniveaus leistet die Union einen Beitrag zum Schutz der Gesundheit, der Sicherheit
und der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher sowie zur Förderung ihres Rechtes auf
Information, Erziehung und Bildung von Vereinigungen zur Wahrung ihrer Interessen.
(2) Die Union leistet einen Beitrag zur Erreichung der in Absatz 1 genannten Ziele durch
a) Maßnahmen, die im Rahmen der Verwirklichung oder des Funktionierens des Binnenmarkts nach
Artikel III-172 erlassen werden;
b) Maßnahmen zur Unterstützung, Ergänzung und Überwachung der Politik der Mitgliedstaaten.
(3) Die Maßnahmen nach Absatz 2 Buchstabe b werden durch Europäisches Gesetz oder
Rahmengesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
(4) Die nach Absatz 3 erlassenen Rechtsakte hindern die einzelnen Mitgliedstaaten nicht daran,
strengere Schutzbestimmungen beizubehalten oder zu erlassen. Diese Bestimmungen müssen mit der
Verfassung vereinbar sein. Sie werden der Kommission notifiziert.
ABSCHNITT 7 VERKEHR
Artikel III-236
(1) Auf dem in diesem Abschnitt geregelten Sachgebiet werden die Ziele der Verfassung im Rahmen
einer gemeinsamen Verkehrspolitik verfolgt.
(2) Absatz 1 wird unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Verkehrs durch Europäisches
Gesetz oder Rahmengesetz umgesetzt. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen und
des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
Durch das Europäische Gesetz oder Rahmengesetz wird Folgendes festgelegt:
a) gemeinsame Regeln für den internationalen Verkehr aus oder nach dem Hoheitsgebiet eines
Mitgliedstaats oder für den Durchgangsverkehr durch das Hoheitsgebiet eines oder mehrerer
Mitgliedstaaten;
b) Bedingungen für die Zulassung von Verkehrsunternehmern zum Verkehr innerhalb eines
Mitgliedstaats, in dem sie nicht ansässig sind;
c) Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit;
d) alle sonstigen zweckdienlichen Maßnahmen.
(3) Beim Erlass eines Europäischen Gesetzes oder Rahmengesetzes nach Absatz 2 wird den Fällen
Rechnung getragen, in denen seine Anwendung den Lebensstandard und die Beschäftigungslage in
bestimmten Regionen sowie den Betrieb der Verkehrseinrichtungen ernstlich beeinträchtigen könnte.
Artikel III-237
Bis zum Erlass des in Artikel III-236 Absatz 2 genannten Europäischen Gesetzes oder
Rahmengesetzes darf ein Mitgliedstaat die verschiedenen, am 1. Januar 1958 oder, im Falle später
beigetretener Staaten, zum Zeitpunkt ihres Beitritts auf diesem Gebiet geltenden Vorschriften in ihren
unmittelbaren oder mittelbaren Auswirkungen auf die Verkehrsunternehmer anderer Mitgliedstaaten
im Vergleich zu den inländischen Verkehrsunternehmern nicht ungünstiger gestalten, es sei denn,
dass der Rat einstimmig einen Europäischen Beschluss erlässt, der eine Ausnahmeregelung vorsieht.
Artikel III-238
Mit der Verfassung vereinbar sind Beihilfen, die den Erfordernissen der Koordinierung des Verkehrs
oder der Abgeltung bestimmter, mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes zusammenhängender
Leistungen entsprechen.
Artikel III-239
Jede Maßnahme auf dem Gebiet der Beförderungsentgelte und -bedingungen, die im Rahmen der
Verfassung erlassen wird, hat der wirtschaftlichen Lage der Verkehrsunternehmer Rechnung zu
tragen.
Artikel III-240
(1) Im Verkehr innerhalb der Union sind die Diskriminierungen verboten, die darin bestehen, dass
ein Verkehrsunternehmer in denselben Verkehrsverbindungen für die gleichen Güter je nach ihrem
Herkunfts- oder Bestimmungsmitgliedstaat unterschiedliche Frachten und Beförderungsbedingungen
anwendet.
(2) Absatz 1 schließt nicht aus, dass sonstige Europäische Gesetze oder Rahmengesetze nach
Artikel III-236 Absatz 2 erlassen werden können.
(3) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur
Umsetzung des Absatzes 1. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des
Wirtschafts- und Sozialausschusses.
Er kann insbesondere die erforderlichen Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse erlassen, um es
den Organen zu ermöglichen, für die Beachtung des Absatzes 1 Sorge zu tragen, und um den
Verkehrsnutzern die Vorteile dieser Bestimmung voll zugute kommen zu lassen.
(4) Die Kommission prüft von sich aus oder auf Antrag eines Mitgliedstaats die Diskriminierungsfälle
nach Absatz 1 und erlässt nach Beratung mit jedem in Betracht kommenden Mitgliedstaat die
erforderlichen Europäischen Beschlüsse im Rahmen der in Absatz 3 genannten Europäischen
Verordnungen oder Beschlüsse.
Artikel III-241
(1) Im Verkehr innerhalb der Union sind die von einem Mitgliedstaat auferlegten Frachten und
Beförderungsbedingungen verboten, die in irgendeiner Weise der Unterstützung oder dem Schutz
eines oder mehrerer bestimmter Unternehmen oder Industrien dienen, es sei denn, dass die
Kommission mit einem Europäischen Beschluss die Genehmigung hierzu erteilt.
(2) Die Kommission prüft von sich aus oder auf Antrag eines Mitgliedstaats die in Absatz 1
bezeichneten Frachten und Beförderungsbedingungen; hierbei berücksichtigt sie insbesondere sowohl
die Erfordernisse einer angemessenen Standortpolitik, die Bedürfnisse der unterentwickelten Gebiete
und die Probleme der durch politische Umstände schwer betroffenen Gebiete als auch die
Auswirkungen dieser Frachten und Beförderungsbedingungen auf den Wettbewerb zwischen den
Verkehrsarten.
Die Kommission erlässt die erforderlichen Europäischen Beschlüsse nach Anhörung jedes in Betracht
kommenden Mitgliedstaats.
(3) Das in Absatz 1 genannte Verbot gilt nicht für die Wettbewerbstarife.
Artikel III-242
Die Abgaben oder Gebühren, die ein Verkehrsunternehmer neben den Frachten beim Grenzübergang
in Rechnung stellt, dürfen unter Berücksichtigung der hierdurch tatsächlich verursachten Kosten eine
angemessene Höhe nicht übersteigen.
Die Mitgliedstaaten bemühen sich, diese Kosten zu verringern.
Die Kommission kann zur Durchführung dieses Artikels Empfehlungen an die Mitgliedstaaten
richten.
Artikel III-243
Die Bestimmungen dieses Abschnitts stehen Maßnahmen in der Bundesrepublik Deutschland nicht
entgegen, soweit sie erforderlich sind, um die wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen, die der
Wirtschaft bestimmter, von der Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik aus
dieser Teilung entstehen. Der Rat kann fünf Jahre nach dem Inkrafttreten des Vertrags über eine
Verfassung für Europa auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss erlassen, mit
dem dieser Artikel aufgehoben wird.
Artikel III-244
Bei der Kommission wird ein beratender Ausschuss gebildet; er besteht aus Sachverständigen, die von
den Regierungen der Mitgliedstaaten ernannt werden. Die Kommission hört den Ausschuss je nach
Bedarf in Verkehrsfragen an.
Artikel III-245
(1) Dieser Abschnitt gilt für die Beförderungen im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr.
(2) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz können geeignete Maßnahmen für die
Seeschifffahrt und Luftfahrt festgelegt werden. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der
Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
ABSCHNITT 8 TRANSEUROPÄISCHE NETZE
Artikel III-246
(1) Um einen Beitrag zur Verwirklichung der Ziele der Artikel III-130 und III-220 zu leisten und
den Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern, den Wirtschaftsbeteiligten sowie den regionalen und
lokalen Gebietskörperschaften in vollem Umfang die Vorteile zugute kommen zu lassen, die sich aus
der Schaffung eines Raums ohne Binnengrenzen ergeben, trägt die Union zum Auf- und Ausbau
transeuropäischer Netze in den Bereichen der Verkehrs-, Telekommunikations- und Energieinfrastruktur
bei.
(2) Die Tätigkeit der Union zielt im Rahmen eines Systems offener und wettbewerbsorientierter
Märkte auf die Förderung des Verbunds und der Interoperabilität der einzelstaatlichen Netze sowie
des Zugangs zu diesen Netzen ab. Sie trägt insbesondere der Notwendigkeit Rechnung, insulare,
eingeschlossene und am Rande gelegene Gebiete mit den zentralen Gebieten der Union zu verbinden.
Artikel III-247
(1) Zur Erreichung der Ziele des Artikels III-246 geht die Union wie folgt vor:
a) Sie stellt eine Reihe von Leitlinien auf, in denen die Ziele, die Prioritäten und die Grundzüge der
im Bereich der transeuropäischen Netze in Betracht gezogenen Aktionen erfasst werden; in diesen
Leitlinien werden Vorhaben von gemeinsamem Interesse ausgewiesen;
b) sie führt jede Aktion durch, die sich gegebenenfalls als notwendig erweist, um die
Interoperabilität der Netze zu gewährleisten, insbesondere im Bereich der Harmonisierung der
technischen Normen;
c) sie kann von den Mitgliedstaaten unterstützte Vorhaben von gemeinsamem Interesse, die im
Rahmen der Leitlinien nach Buchstabe a ausgewiesen sind, insbesondere in Form von
Durchführbarkeitsstudien, Anleihebürgschaften oder Zinszuschüssen unterstützen; die Union
kann auch über den Kohäsionsfonds zu spezifischen Verkehrsinfrastrukturvorhaben in den
Mitgliedstaaten finanziell beitragen.
Die Union berücksichtigt bei ihren Maßnahmen die potenzielle wirtschaftliche Lebensfähigkeit der
Vorhaben.
(2) Die Leitlinien und die übrigen Maßnahmen nach Absatz 1 werden durch Europäisches Gesetz
oder Rahmengesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen sowie des
Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen. Leitlinien und Vorhaben von
gemeinsamem Interesse, die das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats
betreffen, bedürfen der Zustimmung des betroffenen Mitgliedstaats.
(3) Die Mitgliedstaaten koordinieren untereinander in Verbindung mit der Kommission die
einzelstaatliche Politik in den Bereichen, in denen sie sich erheblich auf die Verwirklichung der Ziele
des Artikels III-246 auswirken kann. Die Kommission kann in enger Zusammenarbeit mit den
Mitgliedstaaten alle Initiativen ergreifen, die dieser Koordinierung förderlich sind.
(4) Die Union kann zur Förderung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse sowie zur
Sicherstellung der Interoperabilität der Netze mit Drittländern zusammenarbeiten.
ABSCHNITT 9 FORSCHUNG, TECHNOLOGISCHE ENTWICKLUNG UND RAUMFAHRT
Artikel III-248
(1) Das Handeln der Union zielt darauf ab, die wissenschaftlichen und technologischen Grundlagen
der Union dadurch zu stärken, dass ein europäischer Raum der Forschung geschaffen wird, in dem
Freizügigkeit für Forscher herrscht und wissenschaftliche Erkenntnisse und Technologien frei
ausgetauscht werden, die Entwicklung ihrer Wettbewerbsfähigkeit einschließlich der ihrer Industrie zu
fördern sowie alle Forschungsmaßnahmen zu unterstützen, die aufgrund anderer KAPITEL der
Verfassung für erforderlich gehalten werden.
(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 unterstützt sie in der gesamten Union die Unternehmen -
einschließlich der kleinen und mittleren Unternehmen -, die Forschungszentren und die
Hochschulen bei ihren Bemühungen auf dem Gebiet der Forschung und technologischen
Entwicklung von hoher Qualität. Sie fördert ihre Zusammenarbeitsbestrebungen, damit vor allem
die Forscher ungehindert über die Grenzen hinweg zusammenarbeiten und die Unternehmen die
Möglichkeiten des Binnenmarkts nutzen können, und zwar insbesondere durch Öffnen des
einzelstaatlichen öffentlichen Auftragswesens, Festlegung gemeinsamer Normen und Beseitigung der
dieser Zusammenarbeit entgegenstehenden rechtlichen und steuerlichen Hindernisse.
(3) Alle Maßnahmen der Union auf dem Gebiet der Forschung und der technologischen
Entwicklung, einschließlich der Demonstrationsvorhaben, werden nach Maßgabe dieses Abschnitts
beschlossen und durchgeführt.
Artikel III-249
Zur Erreichung der Ziele nach Artikel III-248 trifft die Union folgende Maßnahmen, welche die in
den Mitgliedstaaten durchgeführten Aktionen ergänzen:
a) Durchführung von Programmen für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration
unter Förderung der Zusammenarbeit mit und zwischen Unternehmen, Forschungszentren und
Hochschulen;
b) Förderung der Zusammenarbeit der Union mit Drittländern und internationalen Organisationen
auf dem Gebiet der Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration;
c) Verbreitung und Auswertung der Ergebnisse der Tätigkeiten der Union auf dem Gebiet der
Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration;
d) Förderung der Ausbildung und der Mobilität der Forscher aus der Union.
Artikel III-250
(1) Die Union und die Mitgliedstaaten koordinieren ihre Tätigkeiten auf dem Gebiet der Forschung
und der technologischen Entwicklung, um die Kohärenz der einzelstaatlichen Politik und der Politik
der Union sicherzustellen.
(2) Die Kommission kann in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten alle Initiativen
ergreifen, die der Koordinierung nach Absatz 1 förderlich sind, insbesondere Initiativen, die darauf
abzielen, Leitlinien und Indikatoren festzulegen, den Austausch bewährter Verfahren durchzuführen
und die erforderlichen Elemente für eine regelmäßige Überwachung und Bewertung auszuarbeiten.
Das Europäische Parlament wird in vollem Umfang unterrichtet.
Artikel III-251
(1) Durch Europäisches Gesetz wird ein mehrjähriges Rahmenprogramm festgelegt, in dem alle von
der Union finanzierten Aktionen zusammengefasst werden. Es wird nach Anhörung des Wirtschaftsund
Sozialausschusses erlassen.
In dem Rahmenprogramm werden
a) die wissenschaftlichen und technologischen Ziele, die mit den Maßnahmen nach Artikel III-249
erreicht werden sollen, sowie die jeweiligen Prioritäten festgelegt;
b) die Grundzüge dieser Maßnahmen angegeben;
c) der Gesamthöchstbetrag und die Einzelheiten der finanziellen Beteiligung der Union am
Rahmenprogramm sowie die jeweiligen Anteile der vorgesehenen Maßnahmen festgelegt.
(2) Das mehrjährige Rahmenprogramm wird je nach Entwicklung der Lage angepasst oder ergänzt.
(3) Durch Europäisches Gesetz des Rates werden die spezifischen Programme festgelegt, durch die
das mehrjährige Rahmenprogramm innerhalb einer jeden Aktion durchgeführt wird. In jedem
spezifischen Programm werden die Einzelheiten seiner Durchführung, seine Laufzeit und die für
notwendig erachteten Mittel festgelegt. Die Summe der in den spezifischen Programmen für
notwendig erachteten Beträge darf den für das Rahmenprogramm und für jede Aktion festgesetzten
Gesamthöchstbetrag nicht überschreiten. Dieses Gesetz wird nach Anhörung des Europäischen
Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
(4) Durch Europäisches Gesetz werden ergänzend zu den in dem mehrjährigen Rahmenprogramm
vorgesehenen Aktionen die Maßnahmen festgelegt, die für die Verwirklichung des Europäischen
Raums der Forschung notwendig sind. Es wird nach Anhörung des Wirtschafts- und
Sozialausschusses erlassen.
Artikel III-252
(1) Zur Durchführung des mehrjährigen Rahmenprogramms wird durch Europäisches Gesetz oder
Rahmengesetz Folgendes festgelegt:
a) die Regeln für die Beteiligung der Unternehmen, der Forschungszentren und der Hochschulen;
b) die Regeln für die Verbreitung der Forschungsergebnisse.
Das Europäische Gesetz oder Rahmengesetz wird nach Anhörung des Wirtschafts- und
Sozialausschusses erlassen.
(2) Bei der Durchführung des mehrjährigen Rahmenprogramms können durch Europäisches Gesetz
Zusatzprogramme festgelegt werden, an denen nur bestimmte Mitgliedstaaten teilnehmen, die sie
vorbehaltlich einer etwaigen Beteiligung der Union auch finanzieren.
In dem Europäischen Gesetz werden die Regeln für die Zusatzprogramme, insbesondere hinsichtlich
der Verbreitung der Kenntnisse und des Zugangs anderer Mitgliedstaaten, festgelegt. Es wird nach
Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses und mit Zustimmung der betreffenden
Mitgliedstaaten erlassen.
(3) Durch Europäisches Gesetz kann im Einvernehmen mit den betreffenden Mitgliedstaaten bei der
Durchführung des mehrjährigen Rahmenprogramms eine Beteiligung an Forschungs- und
Entwicklungsprogrammen mehrerer Mitgliedstaaten, einschließlich der Beteiligung an den zu ihrer
Durchführung geschaffenen Strukturen, vorgesehen werden.
Das Europäische Gesetz wird nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
(4) Die Union kann bei der Durchführung des mehrjährigen Rahmenprogramms eine Zusammenarbeit
auf dem Gebiet der Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration der Union
mit Drittländern oder internationalen Organisationen vorsehen.
Die Einzelheiten dieser Zusammenarbeit können Gegenstand von Übereinkünften zwischen der
Union und den betreffenden dritten Parteien sein.
Artikel III-253
Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse erlassen,
durch die gemeinsame Unternehmen gegründet oder andere Strukturen geschaffen werden, die für
die ordnungsgemäße Durchführung der Programme für Forschung, technologische Entwicklung und
Demonstration der Union erforderlich sind. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen
Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses.
Artikel III-254
(1) Zur Förderung des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts, der Wettbewerbsfähigkeit
der Industrie und der Durchführung ihrer Politik arbeitet die Union eine europäische Raumfahrtpolitik
aus. Sie kann zu diesem Zweck gemeinsame Initiativen fördern, die Forschung und
technologische Entwicklung unterstützen und die Anstrengungen zur Erforschung und Nutzung des
Weltraums koordinieren.
(2) Als Beitrag zur Erreichung der Ziele nach Absatz 1 können durch Europäisches Gesetz oder
Rahmengesetz die notwendigen Maßnahmen festgelegt werden; dies kann in Form eines
europäischen Raumfahrtprogramms geschehen.
(3) Die Union stellt die zweckdienlichen Verbindungen zur Europäischen Weltraumorganisation
her.
Artikel III-255
Zu Beginn jedes Jahres unterbreitet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen
Bericht. Dieser Bericht erstreckt sich insbesondere auf die Tätigkeiten auf dem Gebiet der Forschung,
der technologischen Entwicklung und der Verbreitung der Ergebnisse dieser Tätigkeiten während des
Vorjahrs sowie auf das Arbeitsprogramm des laufenden Jahres.
ABSCHNITT 10 ENERGIE
Artikel III-256
(1) Die Energiepolitik der Union hat im Rahmen der Verwirklichung oder des Funktionierens des
Binnenmarkts und unter Berücksichtigung der Erfordernisse der Erhaltung und der Verbesserung der
Umwelt folgende Ziele:
a) Sicherstellung des Funktionierens des Energiemarkts,
b) Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit in der Union und
c) Förderung der Energieeffizienz und von Energieeinsparungen sowie Entwicklung neuer und
erneuerbarer Energiequellen.
(2) Unbeschadet der Anwendung anderer Bestimmungen der Verfassung werden die Maßnahmen,
die erforderlich sind, um die Ziele des Absatzes 1 zu verwirklichen, durch Europäisches Gesetz oder
Rahmengesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen sowie des
Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
Das Europäische Gesetz oder Rahmengesetz berührt unbeschadet des Artikels III-234 Absatz 2
Buchstabe c nicht das Recht eines Mitgliedstaats, die Bedingungen für die Nutzung seiner
Energieressourcen, seine Wahl zwischen verschiedenen Energiequellen und die allgemeine Struktur
seiner Energieversorgung zu bestimmen.
(3) Abweichend von Absatz 2 werden die darin genannten Maßnahmen durch Europäisches Gesetz
oder Rahmengesetz des Rates festgelegt, wenn sie überwiegend steuerlicher Art sind. Der Rat
beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
KAPITEL IV RAUM DER FREIHEIT, DER SICHERHEIT UND DES RECHTS
ABSCHNITT 1 ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
Artikel III-257
(1) Die Union bildet einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem die
Grundrechte und die verschiedenen Rechtsordnungen und -traditionen der Mitgliedstaaten geachtet
werden.
(2) Sie stellt sicher, dass Personen an den Binnengrenzen nicht kontrolliert werden, und entwickelt
eine gemeinsame Politik in den Bereichen Asyl, Einwanderung und Kontrollen an den Außengrenzen,
die sich auf die Solidarität der Mitgliedstaaten gründet und gegenüber Drittstaatsangehörigen
angemessen ist. Für die Zwecke dieses KAPITELs werden Staatenlose den Drittstaatsangehörigen
gleichgestellt.
(3) Die Union wirkt darauf hin, durch Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von
Kriminalität sowie von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, zur Koordinierung und Zusammenarbeit
von Polizeibehörden und Organen der Strafrechtspflege und den anderen zuständigen
Behörden sowie durch die gegenseitige Anerkennung strafrechtlicher Entscheidungen und
erforderlichenfalls durch die Angleichung der strafrechtlichen Bestimmungen ein hohes Maß an
Sicherheit zu gewährleisten.
(4) Die Union erleichtert den Zugang zum Recht, insbesondere durch den Grundsatz der
gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen.
Artikel III-258
Der Europäische Rat legt die strategischen Leitlinien für die gesetzgeberische und operative
Programmplanung im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts fest.
Artikel III-259
Die nationalen Parlamente tragen bei Gesetzgebungsvorschlägen und -initiativen, die im Rahmen der
Abschnitte 4 und 5 vorgelegt werden, Sorge für die Achtung des Subsidiaritätsprinzips nach Maßgabe
des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit.
Artikel III-260
Unbeschadet der Artikel III-360 bis III-362 kann der Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische
Verordnungen oder Beschlüsse erlassen, mit denen Einzelheiten festgelegt werden, nach denen die
Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit der Kommission eine objektive und unparteiische Bewertung
der Durchführung der unter dieses KAPITEL fallenden Unionspolitik durch die Behörden der
Mitgliedstaaten vornehmen, insbesondere um die umfassende Anwendung des Grundsatzes der
gegenseitigen Anerkennung zu fördern. Das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente
werden vom Inhalt und den Ergebnissen dieser Bewertung unterrichtet.
Artikel III-261
Im Rat wird ein ständiger Ausschuss eingesetzt, um sicherzustellen, dass innerhalb der Union die
operative Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit gefördert und verstärkt wird. Er fördert
unbeschadet des Artikels III-344 die Koordinierung der Maßnahmen der zuständigen Behörden der
Mitgliedstaaten. Die Vertreter der betroffenen Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union können
an den Arbeiten des Ausschusses beteiligt werden. Das Europäische Parlament und die nationalen
Parlamente werden über die Arbeiten des Ausschusses auf dem Laufenden gehalten.
Artikel III-262
Dieses KAPITEL berührt nicht die Wahrnehmung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die
Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit.
Artikel III-263
Der Rat erlässt Europäische Verordnungen, um die Verwaltungszusammenarbeit zwischen den
zuständigen Dienststellen der Mitgliedstaaten in den Bereichen dieses KAPITELs sowie die
Zusammenarbeit zwischen diesen Dienststellen und der Kommission zu gewährleisten. Dabei
beschließt er auf Vorschlag der Kommission vorbehaltlich des Artikels III-264 und nach Anhörung
des Europäischen Parlaments.
Artikel III-264
Die in den Abschnitten 4 und 5 genannten Rechtsakte sowie die in Artikel III-263 genannten
Europäischen Verordnungen, mit denen die Verwaltungszusammenarbeit in den Bereichen der
genannten Abschnitte gewährleistet wird, werden wie folgt erlassen:
a) auf Vorschlag der Kommission oder
b) auf Initiative eines Viertels der Mitgliedstaaten.
ABSCHNITT 2 POLITIK IM BEREICH GRENZKONTROLLEN, ASYL UND EINWANDERUNG
Artikel III-265
(1) Die Union entwickelt eine Politik, mit der
a) sichergestellt werden soll, dass Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit beim
Überschreiten der Binnengrenzen nicht kontrolliert werden;
b) die Personenkontrolle und die wirksame Überwachung des Grenzübertritts an den Außengrenzen
sichergestellt werden soll;
c) schrittweise ein integriertes Grenzschutzsystem an den Außengrenzen eingeführt werden soll.
(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz
Maßnahmen festgelegt, die folgende Bereiche betreffen:
a) die gemeinsame Politik in Bezug auf Visa und andere kurzfristige Aufenthaltstitel;
b) die Kontrollen, denen Personen beim Überschreiten der Außengrenzen unterzogen werden;
c) die Voraussetzungen, unter denen sich Drittstaatsangehörige innerhalb der Union während eines
kurzen Zeitraums frei bewegen können;
d) alle Maßnahmen, die für die schrittweise Einführung eines integrierten Grenzschutzsystems an
den Außengrenzen erforderlich sind;
e) die Abschaffung der Kontrolle von Personen gleich welcher Staatsangehörigkeit beim
Überschreiten der Binnengrenzen.
(3) Dieser Artikel berührt nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die geografische
Festlegung ihrer Grenzen nach dem Völkerrecht.
Artikel III-266
(1) Die Union entwickelt eine gemeinsame Politik im Bereich Asyl, subsidiärer Schutz und
vorübergehender Schutz, mit der jedem Drittstaatsangehörigen, der internationalen Schutz benötigt,
ein angemessener Status angeboten und die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung
gewährleistet werden soll. Diese Politik muss mit dem Genfer Abkommen vom 28. Juli 1951 und
dem Protokoll vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie den anderen
einschlägigen Verträgen im Einklang stehen.
(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz
Maßnahmen in Bezug auf eine gemeinsame europäische Asylregelung festgelegt, die Folgendes
umfasst:
a) einen in der ganzen Union gültigen einheitlichen Asylstatus für Drittstaatsangehörige;
b) einen einheitlichen subsidiären Schutzstatus für Drittstaatsangehörige, die keinen europäischen
Asylstatus erhalten, aber internationalen Schutz benötigen;
c) eine gemeinsame Regelung für den vorübergehenden Schutz von Vertriebenen im Falle eines
Massenzustroms;
d) gemeinsame Verfahren für die Gewährung und den Entzug des einheitlichen Asylstatus
beziehungsweise des subsidiären Schutzstatus;
e) Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Antrags auf
Asyl oder subsidiären Schutz zuständig ist;
f) Normen über die Aufnahmebedingungen von Personen, die Asyl oder subsidiären Schutz
beantragen;
g) Partnerschaft und Zusammenarbeit mit Drittländern zur Steuerung der Zuströme von Personen,
die Asyl oder subsidiären beziehungsweise vorübergehenden Schutz beantragen.
(3) Befinden sich ein oder mehrere Mitgliedstaaten aufgrund eines plötzlichen Zustroms von
Drittstaatsangehörigen in einer Notlage, so kann der Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische
Verordnungen oder Beschlüsse erlassen, die vorläufige Maßnahmen zugunsten der betreffenden
Mitgliedstaaten vorsehen. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
Artikel III-267
(1) Die Union entwickelt eine gemeinsame Einwanderungspolitik, die in allen Phasen eine wirksame
Steuerung der Migrationsströme, eine angemessene Behandlung von Drittstaatsangehörigen, die sich
rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, sowie die Verhütung und verstärkte Bekämpfung von
illegaler Einwanderung und Menschenhandel gewährleisten soll.
(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz die
Maßnahmen in folgenden Bereichen festgelegt:
a) Einreise- und Aufenthaltsvoraussetzungen sowie Normen für die Erteilung von Visa und
Aufenthaltstiteln für einen langfristigen Aufenthalt, einschließlich solcher zur Familienzusammenführung,
durch die Mitgliedstaaten;
b) Festlegung der Rechte von Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat
aufhalten, einschließlich der Bedingungen, unter denen sie sich in den anderen Mitgliedstaaten frei
bewegen und aufhalten dürfen;
c) illegale Einwanderung und illegaler Aufenthalt, einschließlich Abschiebung und Rückführung
solcher Personen, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten;
d) Bekämpfung des Menschenhandels, insbesondere des Handels mit Frauen und Kindern.
(3) Die Union kann mit Drittländern Übereinkünfte über eine Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen
in ihr Ursprungs- oder Herkunftsland schließen, die die Voraussetzungen für die Einreise
in das Hoheitsgebiet eines der Mitgliedstaaten oder die Anwesenheit oder den Aufenthalt in diesem
Gebiet nicht oder nicht mehr erfüllen.
(4) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz können unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten Maßnahmen festgelegt werden, mit denen die
Bemühungen der Mitgliedstaaten um die Integration der sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet
aufhaltenden Drittstaatsangehörigen gefördert und unterstützt werden.
(5) Dieser Artikel berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten, festzulegen, wie viele Drittstaatsangehörige
aus Drittländern in ihr Hoheitsgebiet einreisen dürfen, um dort als Arbeitnehmer oder
Selbstständige Arbeit zu suchen.
Artikel III-268
Für die unter diesen Abschnitt fallende Politik der Union und ihre Umsetzung gilt der Grundsatz der
Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten unter den Mitgliedstaaten, und
zwar auch in finanzieller Hinsicht. Die aufgrund dieses Abschnitts erlassenen Rechtsakte der Union
enthalten, immer wenn dies erforderlich ist, entsprechende Maßnahmen für die Anwendung dieses
Grundsatzes.
ABSCHNITT 3 JUSTIZIELLE ZUSAMMENARBEIT IN ZIVILSACHEN
Artikel III-269
(1) Die Union entwickelt eine justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitenden
Bezügen, die auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher
Entscheidungen beruht. Diese Zusammenarbeit kann den Erlass von Maßnahmen zur Angleichung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten umfassen.
(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 werden, insbesondere wenn dies für das reibungslose
Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist, durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz
Maßnahmen festgelegt, die Folgendes sicherstellen sollen:
a) die gegenseitige Anerkennung und die Vollstreckung gerichtlicher und außergerichtlicher
Entscheidungen zwischen den Mitgliedstaaten;
b) die grenzüberschreitende Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke;
c) die Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen und Vorschriften zur
Vermeidung von Kompetenzkonflikten;
d) die Zusammenarbeit bei der Erhebung von Beweismitteln;
e) einen effektiven Zugang zum Recht;
f) die Beseitigung von Hindernissen für die reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren,
erforderlichenfalls durch Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden
zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften;
g) die Entwicklung von alternativen Methoden für die Beilegung von Streitigkeiten;
h) die Förderung der Weiterbildung von Richtern und Justizbediensteten.
(3) Abweichend von Absatz 2 werden Maßnahmen zum Familienrecht mit grenzüberschreitenden
Bezügen durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates festgelegt. Dieser beschließt
einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss erlassen, durch den die
Aspekte des Familienrechts mit grenzüberschreitenden Bezügen bestimmt werden, die Gegenstand
von Rechtsakten sein können, welche nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen
werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
ABSCHNITT 4 JUSTIZIELLE ZUSAMMENARBEIT IN STRAFSACHEN
Artikel III-270
(1) Die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen in der Union beruht auf dem Grundsatz der
gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen und umfasst die Angleichung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in den in Absatz 2 und Artikel III-271 genannten
Bereichen.
Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz werden Maßnahmen festgelegt, um
a) Regeln und Verfahren festzulegen, mit denen die Anerkennung aller Arten von Urteilen und
gerichtlichen Entscheidungen in der gesamten Union sichergestellt wird;
b) Kompetenzkonflikte zwischen den Mitgliedstaaten zu verhindern und beizulegen;
c) die Weiterbildung von Richtern und Staatsanwälten sowie Justizbediensteten zu fördern;
d) die Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden oder entsprechenden Behörden der
Mitgliedstaaten im Rahmen der Strafverfolgung sowie des Vollzugs und der Vollstreckung von
Entscheidungen zu erleichtern.
(2) Soweit dies zur Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und
Entscheidungen und der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen mit
grenzüberschreitender Dimension erforderlich ist, können durch Europäisches Rahmengesetz
Mindestvorschriften festgelegt werden. Bei diesen Mindestvorschriften werden die Unterschiede
zwischen den Rechtsordnungen und -traditionen der Mitgliedstaaten berücksichtigt.
Die Vorschriften betreffen Folgendes:
a) die Zulässigkeit von Beweismitteln auf gegenseitiger Basis zwischen den Mitgliedstaaten;
b) die Rechte des Einzelnen im Strafverfahren;
c) die Rechte der Opfer von Straftaten;
d) sonstige spezifische Aspekte des Strafverfahrens, die zuvor vom Rat durch einen Europäischen
Beschluss bestimmt worden sind; dieser Beschluss wird vom Rat einstimmig nach Zustimmung
des Europäischen Parlaments erlassen.
Der Erlass von Mindestvorschriften nach diesem Absatz hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, ein
höheres Schutzniveau für den Einzelnen beizubehalten oder einzuführen.
(3) Ist ein Mitglied des Rates der Auffassung, dass ein Entwurf eines Europäischen Rahmengesetzes
nach Absatz 2 grundlegende Aspekte seiner Strafrechtsordnung berühren würde, so kann das
Mitglied beantragen, dass der Europäische Rat befasst wird. In diesem Fall wird das Verfahren nach
Artikel III-396 ausgesetzt. Nach einer Aussprache geht der Europäische Rat binnen vier Monaten
nach Aussetzung des Verfahrens wie folgt vor:
a) Er verweist den Entwurf an den Rat zurück, wodurch die Aussetzung des Verfahrens nach
Artikel III-396 beendet wird, oder
b) er ersucht die Kommission beziehungsweise die Gruppe von Mitgliedstaaten, die den Entwurf
vorgelegt hat, um Vorlage eines neuen Entwurfs; in diesem Fall gilt der ursprünglich
vorgeschlagene Rechtsakt als nicht erlassen.
(4) Hat der Europäische Rat bis zum Ende des Zeitraums nach Absatz 3 nicht gehandelt oder wurde
das Europäische Rahmengesetz nicht binnen zwölf Monaten nach Vorlage eines neuen Entwurfs nach
Absatz 3 Buchstabe b erlassen und wünscht mindestens ein Drittel der Mitgliedstaaten, auf der
Grundlage des Entwurfs des betreffenden Rahmengesetzes eine Verstärkte Zusammenarbeit zu
begründen, so teilen sie dies dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission mit.
In diesem Fall gilt die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit nach Artikel I-44 Absatz 2
und Artikel III-419 Absatz 1 als erteilt, und die Bestimmungen über die Verstärkte Zusammenarbeit
finden Anwendung.
Artikel III-271
(1) Durch Europäisches Rahmengesetz können Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten
und Strafen in Bereichen besonders schwerer Kriminalität festgelegt werden, die aufgrund der Art
oder der Auswirkungen der Straftaten oder aufgrund einer besonderen Notwendigkeit, sie von
gemeinsamen Grundlagen ausgehend zu bekämpfen, eine grenzüberschreitende Dimension haben.
Derartige Kriminalitätsbereiche sind: Terrorismus, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von
Frauen und Kindern, illegaler Drogenhandel, illegaler Waffenhandel, Geldwäsche, Korruption,
Fälschung von Zahlungsmitteln, Computerkriminalität und organisierte Kriminalität.
Je nach den Entwicklungen der Kriminalität kann der Rat einen Europäischen Beschluss erlassen, in
dem andere Kriminalitätsbereiche bestimmt werden, die die Kriterien dieses Absatzes erfüllen. Er
beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.
(2) Erweist sich die Angleichung der strafrechtlichen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten als
unerlässlich für die wirksame Durchführung der Politik der Union auf einem Gebiet, auf dem
Harmonisierungsmaßnahmen erfolgt sind, so können durch Europäisches Rahmengesetz Mindestvorschriften
für die Festlegung von Straftaten und Strafen auf dem betreffenden Gebiet festgelegt
werden. Es wird unbeschadet des Artikels III-264 nach dem gleichen Verfahren wie die betreffenden
Harmonisierungsmaßnahmen erlassen.
(3) Ist ein Mitglied des Rates der Auffassung, dass der Entwurf eines Europäischen Rahmengesetzes
nach den Absätzen 1 oder 2 grundlegende Aspekte seiner Strafrechtsordnung berühren würde, so
kann das Mitglied beantragen, dass der Europäische Rat befasst wird. In diesem Fall wird das
Verfahren nach Artikel III-396, sofern es anwendbar ist, ausgesetzt. Nach einer Aussprache geht der
Europäische Rat binnen vier Monaten nach Aussetzung des Verfahrens wie folgt vor:
a) Er verweist den Entwurf an den Rat zurück, wodurch die Aussetzung des Verfahrens nach
Artikel III-396, sofern es anwendbar ist, beendet wird, oder
b) er ersucht die Kommission beziehungsweise die Gruppe von Mitgliedstaaten, die den Entwurf
vorgelegt hat, um Vorlage eines neuen Entwurfs; in diesem Fall gilt der ursprünglich
vorgeschlagene Rechtsakt als nicht erlassen.
(4) Hat der Europäische Rat bis zum Ende des Zeitraums nach Absatz 3 nicht gehandelt, oder
wurde das Europäische Rahmengesetz nicht binnen zwölf Monaten nach Vorlage eines neuen
Entwurfs nach Absatz 3 Buchstabe b erlassen und wünscht mindestens ein Drittel der Mitgliedstaaten,
auf der Grundlage des Entwurfs des betreffenden Rahmengesetzes eine Verstärkte Zusammenarbeit
zu begründen, so teilen sie dies dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission mit.
In diesem Fall gilt die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit nach Artikel I-44 Absatz 2
und Artikel III-419 Absatz 1 als erteilt, und die Bestimmungen über die Verstärkte Zusammenarbeit
finden Anwendung.
Artikel III-272
Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz können unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten Maßnahmen festgelegt werden, um das Vorgehen der
Mitgliedstaaten im Bereich der Kriminalprävention zu fördern und zu unterstützen.
Artikel III-273
(1) Eurojust hat den Auftrag, die Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen den nationalen
Behörden zu unterstützen und zu verstärken, die für die Ermittlung und Verfolgung von schwerer
Kriminalität zuständig sind, wenn zwei oder mehr Mitgliedstaaten betroffen sind oder eine
Verfolgung auf gemeinsamer Grundlage erforderlich ist; Eurojust stützt sich dabei auf die von den
Behörden der Mitgliedstaaten und von Europol durchgeführten Operationen und gelieferten
Informationen.
In diesem Zusammenhang werden der Aufbau, die Arbeitsweise, der Tätigkeitsbereich und die
Aufgaben von Eurojust durch Europäisches Gesetz festgelegt. Zu diesen Aufgaben kann Folgendes
gehören:
a) Einleitung von strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen sowie Vorschläge zur Einleitung von
strafrechtlichen Verfolgungsmaßnahmen, die von den zuständigen nationalen Behörden
durchgeführt werden, insbesondere bei Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der
Union;
b) Koordinierung der unter Buchstabe a genannten Ermittlungs- und Verfolgungsmaßnahmen;
c) Verstärkung der justiziellen Zusammenarbeit, unter anderem auch durch die Beilegung von
Kompetenzkonflikten und eine enge Zusammenarbeit mit dem Europäischen Justiziellen Netz.
Durch Europäisches Gesetz werden ferner die Einzelheiten für die Beteiligung des Europäischen
Parlaments und der nationalen Parlamente an der Bewertung der Tätigkeit von Eurojust festgelegt.
(2) Im Rahmen der Strafverfolgungsmaßnahmen nach Absatz 1 werden die förmlichen
Prozesshandlungen unbeschadet des Artikels III-274 durch die zuständigen einzelstaatlichen
Bediensteten vorgenommen.
Artikel III-274
(1) Zur Bekämpfung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union kann durch
Europäisches Gesetz des Rates ausgehend von Eurojust eine Europäische Staatsanwaltschaft eingesetzt
werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.
(2) Die Europäische Staatsanwaltschaft ist, gegebenenfalls in Verbindung mit Europol, zuständig für
strafrechtliche Untersuchung und Verfolgung sowie Anklageerhebung in Bezug auf Personen, die als
Täter oder Teilnehmer Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union begangen haben,
die in dem Europäischen Gesetz nach Absatz 1 festgelegt sind. Die Europäische Staatsanwaltschaft
nimmt bei diesen Straftaten vor den zuständigen Gerichten der Mitgliedstaaten die Aufgaben der
Staatsanwaltschaft wahr.
(3) Das in Absatz 1 genannte Europäische Gesetz legt die Satzung der Europäischen Staatsanwaltschaft,
die Einzelheiten für die Erfüllung ihrer Aufgaben, die für ihre Tätigkeit geltenden
Verfahrensvorschriften sowie die Regeln für die Zulässigkeit von Beweismitteln und für die
gerichtliche Kontrolle der von der Europäischen Staatsanwaltschaft bei der Erfüllung ihrer Aufgaben
vorgenommenen Prozesshandlungen fest.
(4) Der Europäische Rat kann gleichzeitig mit der Annahme des Europäischen Gesetzes oder im
Anschluss daran einen Europäischen Beschluss zur Änderung des Absatzes 1 mit dem Ziel einer
Ausdehnung der Befugnisse der Europäischen Staatsanwaltschaft auf die Bekämpfung von schwerer
Kriminalität mit grenzüberschreitender Dimension und zur entsprechenden Änderung des Absatzes 2
hinsichtlich Personen, die als Täter oder Teilnehmer schwere, mehr als einen Mitgliedstaat betreffende
Straftaten begangen haben, erlassen. Der Europäische Rat beschließt einstimmig nach Zustimmung
des Europäischen Parlaments und nach Anhörung der Kommission.
ABSCHNITT 5 POLIZEILICHE ZUSAMMENARBEIT
Artikel III-275
(1) Die Union entwickelt eine polizeiliche Zusammenarbeit zwischen allen zuständigen Behörden
der Mitgliedstaaten, einschließlich der Polizei, des Zolls und anderer auf die Verhütung oder die
Aufdeckung von Straftaten sowie entsprechende Ermittlungen spezialisierter Strafverfolgungsbehörden.
(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 können durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz
Maßnahmen festgelegt werden, die Folgendes betreffen:
a) Einholen, Speichern, Verarbeiten, Analysieren und Austauschen sachdienlicher Informationen;
b) Unterstützung der Aus- und Weiterbildung von Personal sowie Zusammenarbeit in Bezug auf
den Austausch von Personal, die Ausrüstungsgegenstände und die kriminaltechnische Forschung;
c) gemeinsame Ermittlungstechniken zur Aufdeckung schwerwiegender Formen der organisierten
Kriminalität.
(3) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates können Maßnahmen festgelegt
werden, die die operative Zusammenarbeit zwischen den in diesem Artikel genannten Behörden
betreffen. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
Artikel III-276
(1) Europol hat den Auftrag, die Tätigkeit der Polizeibehörden und der anderen Strafverfolgungsbehörden
der Mitgliedstaaten sowie deren gegenseitige Zusammenarbeit bei der Verhütung und
Bekämpfung der zwei oder mehr Mitgliedstaaten betreffenden schweren Kriminalität, des Terrorismus
und der Kriminalitätsformen, die ein gemeinsames Interesse verletzen, das Gegenstand einer Politik
der Union ist, zu unterstützen und zu verstärken.
(2) Der Aufbau, die Arbeitsweise, der Tätigkeitsbereich und die Aufgaben von Europol werden
durch Europäisches Gesetz festgelegt. Zu diesen Aufgaben kann Folgendes gehören:
a) Einholen, Speichern, Verarbeiten, Analysieren und Austauschen von Informationen, die
insbesondere von den Behörden der Mitgliedstaaten oder Drittländern beziehungsweise Stellen
außerhalb der Union übermittelt werden;
b) Koordinierung, Organisation und Durchführung von Ermittlungen und von operativen
Maßnahmen, die gemeinsam mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten oder im
Rahmen gemeinsamer Ermittlungsgruppen durchgeführt werden, gegebenenfalls in Verbindung
mit Eurojust.
Durch Europäisches Gesetz werden ferner die Einzelheiten für die Kontrolle der Tätigkeiten von
Europol durch das Europäische Parlament festgelegt; an dieser Kontrolle werden die nationalen
Parlamente beteiligt.
(3) Europol darf operative Maßnahmen nur in Verbindung und in Absprache mit den Behörden des
Mitgliedstaats oder der Mitgliedstaaten ergreifen, deren Hoheitsgebiet betroffen ist. Die Anwendung
von Zwangsmaßnahmen bleibt ausschließlich den zuständigen einzelstaatlichen Behörden
vorbehalten.
Artikel III-277
Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates wird festgelegt, unter welchen Bedingungen
und innerhalb welcher Grenzen die in den Artikeln III-270 und III-275 genannten zuständigen
Behörden der Mitgliedstaaten im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats in Verbindung und in
Absprache mit dessen Behörden tätig werden dürfen. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung
des Europäischen Parlaments.
KAPITEL V BEREICHE, IN DENEN DIE UNION BESCHLIESSEN KANN, EINE UNTERSTÜTZUNGS-, KOORDINIERUNGS- ODER ERGÄNZUNGSMASSNAHME DURCHZUFÜHREN
ABSCHNITT 1 ÖFFENTLICHE GESUNDHEIT
Artikel III-278
(1) Bei der Festlegung und Durchführung der Politik und Maßnahmen der Union in allen Bereichen
wird ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt.
Die Tätigkeit der Union ergänzt die Politik der Mitgliedstaaten und ist auf die Verbesserung der
Gesundheit der Bevölkerung, die Verhütung von Humankrankheiten und die Beseitigung von
Ursachen für die Gefährdung der körperlichen und geistigen Gesundheit gerichtet. Sie umfasst
a) die Bekämpfung weit verbreiteter schwerer Krankheiten; dabei werden die Erforschung der
Ursachen, der Übertragung und der Verhütung dieser Krankheiten sowie die Gesundheitsinformation
und -erziehung gefördert;
b) die Beobachtung, frühzeitige Meldung und Bekämpfung schwerwiegender grenzüberschreitender
Gesundheitsgefahren.
Die Union ergänzt die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Verringerung drogenkonsumbedingter
Gesundheitsschäden einschließlich der Informations- und Vorbeugungsmaßnahmen.
(2) Die Union fördert die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in den in diesem Artikel
genannten Bereichen und unterstützt erforderlichenfalls deren Tätigkeit. Sie fördert insbesondere die
Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, die darauf abzielt, die Komplementarität ihrer
Gesundheitsdienste in den Grenzgebieten zu verbessern.
Die Mitgliedstaaten koordinieren untereinander im Benehmen mit der Kommission ihre Politik und
ihre Programme in den in Absatz 1 genannten Bereichen. Die Kommission kann in enger Verbindung
mit den Mitgliedstaaten alle Initiativen ergreifen, die dieser Koordinierung förderlich sind,
insbesondere Initiativen, die darauf abzielen, Leitlinien und Indikatoren festzulegen, den Austausch
bewährter Verfahren durchzuführen und die erforderlichen Elemente für eine regelmäßige
Überwachung und Bewertung auszuarbeiten. Das Europäische Parlament wird in vollem Umfang
unterrichtet.
(3) Die Union und die Mitgliedstaaten fördern die Zusammenarbeit mit Drittländern und den für
die öffentliche Gesundheit zuständigen internationalen Organisationen.
(4) Abweichend von Artikel I-12 Absatz 5 und Artikel I-17 Buchstabe a und nach Artikel I-14
Absatz 2 Buchstabe k wird durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz zur Verwirklichung der
Ziele dieses Artikels beigetragen, indem folgende Maßnahmen festgelegt werden, um den
gemeinsamen Sicherheitsanliegen Rechnung zu tragen:
a) Maßnahmen zur Festlegung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Organe und
Substanzen menschlichen Ursprungs sowie für Blut und Blutderivate; diese Maßnahmen hindern
die Mitgliedstaaten nicht, strengere Schutzmaßnahmen beizubehalten oder einzuführen;
b) Maßnahmen in den Bereichen Veterinärwesen und Pflanzenschutz, die unmittelbar den Schutz
der Gesundheit der Bevölkerung zum Ziel haben;
c) Maßnahmen zur Festlegung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Arzneimittel und
Medizinprodukte;
d) Maßnahmen zur Beobachtung, frühzeitigen Meldung und Bekämpfung schwerwiegender
grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren.
Das Europäische Gesetz oder Rahmengesetz wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen und
des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
(5) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz können unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten auch Fördermaßnahmen, die den Schutz und die
Verbesserung der menschlichen Gesundheit sowie insbesondere die Bekämpfung weit verbreiteter
schwerer grenzüberschreitender Krankheiten zum Ziel haben, sowie Maßnahmen, die unmittelbar
den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung vor Tabakkonsum und Alkoholmissbrauch zum Ziel
haben, festgelegt werden. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen und des
Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
(6) Für die Zwecke dieses Artikels kann der Rat ferner auf Vorschlag der Kommission
Empfehlungen abgeben.
(7) Bei der Tätigkeit der Union wird die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Festlegung ihrer
Gesundheitspolitik sowie die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung
gewahrt. Die Verantwortung der Mitgliedstaaten umfasst die Verwaltung des Gesundheitswesens und
der medizinischen Versorgung sowie die Zuweisung der dafür bereitgestellten Mittel. Die Maßnahmen
nach Absatz 4 Buchstabe a lassen die einzelstaatlichen Regelungen über die Spende oder die
medizinische Verwendung von Organen und Blut unberührt.
ABSCHNITT 2 INDUSTRIE
Artikel III-279
(1) Die Union und die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die notwendigen Voraussetzungen für die
Wettbewerbsfähigkeit der Industrie der Union gewährleistet sind.
Zu diesem Zweck zielt ihre Tätigkeit entsprechend einem System offener und wettbewerbsorientierter
Märkte auf Folgendes ab:
a) Beschleunigung der Anpassung der Industrie an die strukturellen Veränderungen;
b) Förderung eines günstigen Umfelds für die Initiative und Weiterentwicklung der Unternehmen,
insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen, in der gesamten Union;
c) Förderung eines günstigen Umfelds für die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen;
d) Förderung einer besseren Nutzung des industriellen Potenzials der Politik in den Bereichen
Innovation, Forschung und technologische Entwicklung.
(2) Die Mitgliedstaaten konsultieren einander in Verbindung mit der Kommission und
koordinieren, soweit erforderlich, ihre Maßnahmen. Die Kommission kann alle Initiativen ergreifen,
die dieser Koordinierung förderlich sind, insbesondere Initiativen, die darauf abzielen, Leitlinien und
Indikatoren festzulegen, den Austausch bewährter Verfahren durchzuführen und die erforderlichen
Elemente für eine regelmäßige Überwachung und Bewertung auszuarbeiten. Das Europäische
Parlament wird in vollem Umfang unterrichtet.
(3) Die Union trägt durch die Politik und die Maßnahmen, die sie aufgrund anderer Bestimmungen
der Verfassung durchführt, zur Erreichung der Ziele des Absatzes 1 bei. Spezifische Maßnahmen zur
Unterstützung der in den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Verwirklichung der Ziele des Absatzes 1
durchgeführten Maßnahmen können unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften
der Mitgliedstaaten durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt werden. Es
wird nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.
Dieser Abschnitt bietet keine Grundlage dafür, dass die Union irgendeine Maßnahme einführt, die zu
Wettbewerbsverzerrungen führen könnte oder steuerliche Vorschriften oder Vorschriften enthält, die
die Rechte und Interessen der Arbeitnehmer betreffen.
ABSCHNITT 3 KULTUR
Artikel III-280
(1) Die Union leistet einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung
ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen
kulturellen Erbes.
(2) Die Union fördert durch ihre Tätigkeit die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und
unterstützt und ergänzt erforderlichenfalls deren Tätigkeit in folgenden Bereichen:
a) Verbesserung der Kenntnis und Verbreitung der Kultur und Geschichte der europäischen Völker,
b) Erhaltung und Schutz des kulturellen Erbes von europäischer Bedeutung,
c) nichtkommerzieller Kulturaustausch,
d) künstlerisches und literarisches Schaffen, einschließlich im audiovisuellen Bereich.
(3) Die Union und die Mitgliedstaaten fördern die Zusammenarbeit mit Drittländern und den für
den Kulturbereich zuständigen internationalen Organisationen, insbesondere mit dem Europarat.
(4) Die Union trägt bei ihrer Tätigkeit aufgrund anderer Bestimmungen der Verfassung den
kulturellen Aspekten Rechnung, insbesondere zur Wahrung und Förderung der Vielfalt ihrer
Kulturen.
(5) Als Beitrag zur Verwirklichung der Ziele dieses Artikels
a) werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten Fördermaßnahmen festgelegt. Es wird nach
Anhörung des Ausschusses der Regionen erlassen;
b) gibt der Rat auf Vorschlag der Kommission Empfehlungen ab.
ABSCHNITT 4 TOURISMUS
Artikel III-281
(1) Die Union ergänzt die Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Tourismussektor, insbesondere durch
die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen der Union in diesem Sektor.
Die Union verfolgt zu diesem Zweck mit ihrer Tätigkeit das Ziel,
a) die Schaffung eines günstigen Umfelds für die Entwicklung der Unternehmen in diesem Sektor
anzuregen;
b) die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten insbesondere durch den Austausch bewährter
Praktiken zu unterstützen.
(2) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz werden unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten die spezifischen Maßnahmen zur Ergänzung der
Maßnahmen festgelegt, die die Mitgliedstaaten zur Verwirklichung der in diesem Artikel genannten
Ziele durchführen.
ABSCHNITT 5 ALLGEMEINE BILDUNG, JUGEND, SPORT UND BERUFLICHE BILDUNG
Artikel III-282
(1) Die Union trägt zur Entwicklung einer qualitativ hoch stehenden Bildung dadurch bei, dass sie
die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten fördert und die Tätigkeit der Mitgliedstaaten
erforderlichenfalls unterstützt und ergänzt. Sie achtet dabei strikt die Verantwortung der
Mitgliedstaaten für die Lehrinhalte und die Gestaltung des Bildungssystems sowie die Vielfalt ihrer
Kulturen und Sprachen.
Die Union trägt unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale des Sports, seiner auf freiwilligem
Engagement basierenden Strukturen und seiner sozialen und pädagogischen Funktion zur Förderung
der europäischen Aspekte des Sports bei.
Die Tätigkeit der Union hat folgende Ziele:
a) Entwicklung der europäischen Dimension im Bildungswesen, insbesondere durch Erlernen und
Verbreitung der Sprachen der Mitgliedstaaten;
b) Förderung der Mobilität von Lernenden und Lehrenden, auch durch die Förderung der
akademischen Anerkennung der Diplome und Studienzeiten;
c) Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Bildungseinrichtungen;
d) Ausbau des Informations- und Erfahrungsaustauschs über gemeinsame Probleme der
Bildungssysteme der Mitgliedstaaten;
e) Förderung des Ausbaus des Jugendaustauschs und des Austauschs sozialpädagogischer Betreuer
und verstärkte Beteiligung der Jugendlichen am demokratischen Leben in Europa;
f) Förderung der Entwicklung der Fernlehre;
g) Entwicklung der europäischen Dimension des Sports durch Förderung der Fairness und der
Offenheit von Sportwettkämpfen und der Zusammenarbeit zwischen den für den Sport
verantwortlichen Organisationen sowie durch den Schutz der körperlichen und seelischen
Unversehrtheit der Sportler, insbesondere junger Sportler.
(2) Die Union und die Mitgliedstaaten fördern die Zusammenarbeit mit Drittländern und den für
den Bildungsbereich und den Sport zuständigen internationalen Organisationen, insbesondere dem
Europarat.
(3) Als Beitrag zur Verwirklichung der Ziele dieses Artikels
a) werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten Fördermaßnahmen festgelegt. Es wird nach
Anhörung des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen;
b) gibt der Rat auf Vorschlag der Kommission Empfehlungen ab.
Artikel III-283
(1) Die Union verfolgt eine Politik der beruflichen Bildung, welche die Maßnahmen der
Mitgliedstaaten unter strikter Beachtung der Verantwortung der Mitgliedstaaten für Inhalt und
Gestaltung der beruflichen Bildung unterstützt und ergänzt.
Die Tätigkeit der Union hat folgende Ziele:
a) Erleichterung der Anpassung an die industriellen Wandlungsprozesse, insbesondere durch
berufliche Bildung und Umschulung;
b) Verbesserung der beruflichen Erstausbildung und Weiterbildung zur Erleichterung der
beruflichen Eingliederung und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt;
c) Erleichterung des Zugangs zur beruflichen Bildung sowie Förderung der Mobilität der Ausbilder
und der in beruflicher Bildung befindlichen Personen, insbesondere der Jugendlichen;
d) Förderung der Zusammenarbeit in Fragen der beruflichen Bildung zwischen Unterrichtsanstalten
und Unternehmen;
e) Ausbau des Informations- und Erfahrungsaustauschs über gemeinsame Probleme der Berufsbildungssysteme
der Mitgliedstaaten.
(2) Die Union und die Mitgliedstaaten fördern die Zusammenarbeit mit Drittländern und den für
die berufliche Bildung zuständigen internationalen Organisationen.
(3) Als Beitrag zur Verwirklichung der Ziele dieses Artikels
a) werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen festgelegt. Es wird
nach Anhörung des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses
erlassen;
b) gibt der Rat auf Vorschlag der Kommission Empfehlungen ab.
ABSCHNITT 6 KATASTROPHENSCHUTZ
Artikel III-284
(1) Die Union fördert die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, um die Systeme zur
Verhütung von Naturkatastrophen oder von vom Menschen verursachten Katastrophen und zum
Schutz vor solchen Katastrophen wirksamer zu gestalten.
Die Tätigkeit der Union hat folgende Ziele:
a) Unterstützung und Ergänzung der Tätigkeit der Mitgliedstaaten auf nationaler, regionaler und
kommunaler Ebene im Hinblick auf die Risikoprävention, auf die Ausbildung der in den
Mitgliedstaaten am Katastrophenschutz Beteiligten und auf Einsätze im Falle von
Naturkatastrophen oder von vom Menschen verursachten Katastrophen in der Union;
b) Förderung einer schnellen und effizienten Zusammenarbeit in der Union zwischen den
einzelstaatlichen Katastrophenschutzstellen;
c) Verbesserung der Kohärenz der Katastrophenschutzmaßnahmen auf internationaler Ebene.
(2) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz werden die Maßnahmen, die für die Erreichung
der in Absatz 1 genannten Ziele erforderlich sind, unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten festgelegt.
ABSCHNITT 7 VERWALTUNGSZUSAMMENARBEIT
Artikel III-285
(1) Die für das ordnungsgemäße Funktionieren der Union entscheidende effektive Durchführung
des Unionsrechts durch die Mitgliedstaaten ist als Frage von gemeinsamem Interesse anzusehen.
(2) Die Union kann die Mitgliedstaaten in ihren Bemühungen um eine Verbesserung der Fähigkeit
ihrer Verwaltung zur Durchführung des Unionsrechts unterstützen. Dies kann insbesondere die
Erleichterung des Austauschs von Informationen und von Beamten sowie die Unterstützung von
Aus- und Weiterbildungsprogrammen beinhalten. Die Mitgliedstaaten müssen diese Unterstützung
nicht in Anspruch nehmen. Durch Europäisches Gesetz werden die erforderlichen Maßnahmen unter
Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten festgelegt.
(3) Dieser Artikel berührt weder die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das Unionsrecht
durchzuführen, noch die Befugnisse und Pflichten der Kommission. Er berührt auch nicht die
übrigen Bestimmungen der Verfassung, in denen eine Verwaltungszusammenarbeit unter den
Mitgliedstaaten sowie zwischen diesen und der Union vorgesehen ist.
TITEL IV DIE ASSOZIIERUNG DER ÜBERSEEISCHEN LÄNDER UND HOHEITSGEBIETE
Artikel III-286
(1) Die außereuropäischen Länder und Hoheitsgebiete, die mit Dänemark, Frankreich, den
Niederlanden und dem Vereinigten Königreich besondere Beziehungen unterhalten, sind mit der
Union assoziiert. Diese Länder und Hoheitsgebiete, im Folgenden als "Länder und Hoheitsgebiete"
bezeichnet, sind in Anhang II aufgeführt.
Vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen des Protokolls über die Sonderregelung für Grönland ist
dieser Titel auf Grönland anwendbar.
(2) Ziel der Assoziierung ist die Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der
Länder und Hoheitsgebiete und die Herstellung enger Wirtschaftsbeziehungen zwischen ihnen und
der Union.
Die Assoziierung soll in erster Linie den Interessen der Einwohner dieser Länder und Hoheitsgebiete
dienen und ihren Wohlstand fördern, um sie der von ihnen erstrebten wirtschaftlichen, sozialen und
kulturellen Entwicklung entgegenzuführen.
Artikel III-287
Mit der Assoziierung werden folgende Zwecke verfolgt:
a) Die Mitgliedstaaten wenden auf ihren Handelsverkehr mit den Ländern und Hoheitsgebieten das
System an, das sie aufgrund der Verfassung untereinander anwenden.
b) Jedes Land oder Hoheitsgebiet wendet auf seinen Handelsverkehr mit den Mitgliedstaaten und
den anderen Ländern und Hoheitsgebieten das System an, das es auf den europäischen Staat
anwendet, mit dem es besondere Beziehungen unterhält.
c) Die Mitgliedstaaten beteiligen sich an den Investitionen, welche die fortschreitende Entwicklung
dieser Länder und Hoheitsgebiete erfordert.
d) Bei Ausschreibungen und Lieferungen für Investitionen, die von der Union finanziert werden,
steht die Beteiligung zu gleichen Bedingungen allen natürlichen und juristischen Personen offen,
welche die Staatsangehörigkeit der Mitgliedstaaten oder der Länder oder Hoheitsgebiete besitzen.
e) Soweit aufgrund des Artikels III-291 keine Rechtsakte erlassen werden, gelten zwischen den
Mitgliedstaaten und den Ländern und Hoheitsgebieten für das Niederlassungsrecht ihrer
Staatsangehörigen und Gesellschaften die Bestimmungen des Titels III KAPITEL I Abschnitt 2
Unterabschnitt 2 über die Niederlassungsfreiheit und die Verfahrensregeln jenes Unterabschnitts,
und zwar unter Ausschluss jeder Diskriminierung.
Artikel III-288
(1) Für Einfuhren von Waren aus den Ländern und Hoheitsgebieten in die Mitgliedstaaten gilt das in
der Verfassung vorgesehene Verbot von Zöllen zwischen den Mitgliedstaaten.
(2) In jedem Land und Hoheitsgebiet sind Zölle bei der Einfuhr von Waren aus den Mitgliedstaaten
und den anderen Ländern und Hoheitsgebieten nach Artikel III-151 Absatz 4 verboten.
(3) Die Länder und Hoheitsgebiete können jedoch Zölle erheben, die den Erfordernissen ihrer
Entwicklung und Industrialisierung entsprechen oder als Finanzzölle der Finanzierung ihres
Haushalts dienen.
Die in Unterabsatz 1 genannten Zölle dürfen nicht höher sein als diejenigen, die für die Einfuhr von
Waren aus dem Mitgliedstaat gelten, mit dem das entsprechende Land oder Hoheitsgebiet besondere
Beziehungen unterhält.
(4) Absatz 2 gilt nicht für die Länder und Hoheitsgebiete, die aufgrund besonderer internationaler
Verpflichtungen bereits einen nichtdiskriminierenden Zolltarif anwenden.
(5) Die Festlegung oder Änderung der Zollsätze für Waren, die in die Länder und Hoheitsgebiete
eingeführt werden, darf weder rechtlich noch tatsächlich zu einer mittelbaren oder unmittelbaren
Diskriminierung zwischen den Einfuhren aus den einzelnen Mitgliedstaaten führen.
Artikel III-289
Ist die Höhe der Zollsätze, die bei der Einfuhr in ein Land oder Hoheitsgebiet für Waren aus einem
Drittland gelten, bei Anwendung des Artikels III-288 Absatz 1 geeignet, Verkehrsverlagerungen zum
Nachteil eines Mitgliedstaats hervorzurufen, so kann dieser die Kommission ersuchen, den anderen
Mitgliedstaaten vorzuschlagen, dass die erforderlichen Abhilfemaßnahmen getroffen werden.
Artikel III-290
Vorbehaltlich der Bestimmungen über die öffentliche Gesundheit und die öffentliche Sicherheit und
Ordnung gelten für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer aus den Ländern und Hoheitsgebieten in den
Mitgliedstaaten und der Arbeitnehmer aus den Mitgliedstaaten in den Ländern und Hoheitsgebieten
die nach Artikel III-291 erlassenen Rechtsakte.
Artikel III-291
Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission einstimmig aufgrund der im Rahmen der Assoziierung
der Länder und Hoheitsgebiete mit der Union erzielten Ergebnisse die Europäischen Gesetze,
Rahmengesetze, Verordnungen und Beschlüsse über die Einzelheiten und das Verfahren für die
Assoziierung der Länder und Hoheitsgebiete mit der Union. Diese Gesetze und Rahmengesetze
werden nach Anhörung des Europäischen Parlaments erlassen.
TITEL V AUSWÄRTIGES HANDELN DER UNION
KAPITEL I ALLGEMEIN ANWENDBARE BESTIMMUNGEN
Artikel III-292
(1) Die Union lässt sich bei ihrem Handeln auf internationaler Ebene von den Grundsätzen leiten,
welche für ihre eigene Entstehung, Entwicklung und Erweiterung maßgebend waren und denen sie
auch weltweit zu stärkerer Geltung verhelfen will: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die universelle
Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Achtung der Menschenwürde,
der Grundsatz der Gleichheit und der Grundsatz der Solidarität sowie die Achtung der
Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts.
Die Union strebt an, die Beziehungen zu Drittländern und zu regionalen oder weltweiten
internationalen Organisationen, die die in Unterabsatz 1 aufgeführten Grundsätze teilen, auszubauen
und Partnerschaften mit ihnen aufzubauen. Sie setzt sich insbesondere im Rahmen der Vereinten
Nationen für multilaterale Lösungen bei gemeinsamen Problemen ein.
(2) Die Union legt die gemeinsame Politik sowie Maßnahmen fest, führt diese durch und setzt sich
für ein hohes Maß an Zusammenarbeit auf allen Gebieten der internationalen Beziehungen ein, um
a) ihre Werte, ihre grundlegenden Interessen, ihre Sicherheit, ihre Unabhängigkeit und ihre
Unversehrtheit zu wahren;
b) Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte und die Grundsätze des Völkerrechts zu
festigen und zu fördern;
c) nach Maßgabe der Ziele und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen sowie der Prinzipien
der Schlussakte von Helsinki und der Ziele der Charta von Paris, einschließlich derjenigen, die die
Außengrenzen betreffen, den Frieden zu erhalten, Konflikte zu verhüten und die internationale
Sicherheit zu stärken;
d) die nachhaltige Entwicklung in Bezug auf Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt in den
Entwicklungsländern zu fördern mit dem vorrangigen Ziel, die Armut zu beseitigen;
e) die Integration aller Länder in die Weltwirtschaft zu fördern, unter anderem auch durch den
schrittweisen Abbau internationaler Handelshemmnisse;
f) zur Entwicklung von internationalen Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Qualität
der Umwelt und der nachhaltigen Bewirtschaftung der weltweiten natürlichen Ressourcen
beizutragen, um eine nachhaltige Entwicklung sicherzustellen;
g) den Völkern, Ländern und Regionen, die von Naturkatastrophen oder von vom Menschen
verursachten Katastrophen betroffen sind, zu helfen; und
h) eine Weltordnung zu fördern, die auf einer verstärkten multilateralen Zusammenarbeit und einer
verantwortungsvollen Weltordnungspolitik beruht.
(3) Die Union wahrt bei der Ausarbeitung und Umsetzung ihres auswärtigen Handelns in den
verschiedenen unter diesen Titel fallenden Bereichen sowie der externen Aspekte der übrigen
Politikbereiche die in den Absätzen 1 und 2 genannten Grundsätze und Ziele.
Die Union achtet auf die Kohärenz zwischen den einzelnen Bereichen ihres auswärtigen Handelns
sowie zwischen diesen und ihren übrigen Politikbereichen. Der Rat und die Kommission, die vom
Außenminister der Union unterstützt werden, stellen diese Kohärenz sicher und arbeiten zu diesem
Zweck zusammen.
Artikel III-293
(1) Auf der Grundlage der in Artikel III-292 aufgeführten Grundsätze und Ziele legt der
Europäische Rat die strategischen Interessen und Ziele der Union fest.
Die Europäischen Beschlüsse des Europäischen Rates über die strategischen Interessen und Ziele der
Union erstrecken sich auf die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie auf andere Bereiche
des auswärtigen Handelns der Union. Sie können die Beziehungen der Union zu einem Land oder
einer Region betreffen oder aber ein bestimmtes Thema zum Gegenstand haben. Sie enthalten
Bestimmungen zu ihrer Geltungsdauer und zu den von der Union und den Mitgliedstaaten
bereitzustellenden Mittel.
Der Europäische Rat beschließt einstimmig auf Empfehlung des Rates, die dieser nach den für den
jeweiligen Bereich vorgesehenen Regelungen abgibt. Die Europäischen Beschlüsse des Europäischen
Rates werden nach Maßgabe der in der Verfassung vorgesehenen Verfahren durchgeführt.
(2) Der Außenminister der Union und die Kommission können dem Rat gemeinsame Vorschläge
vorlegen, wobei der Außenminister für den Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik
und die Kommission für die anderen Bereiche des auswärtigen Handelns zuständig ist.
KAPITEL II GEMEINSAME AUSSEN- UND SICHERHEITSPOLITIK
ABSCHNITT 1 GEMEINSAME BESTIMMUNGEN
Artikel III-294
(1) Die Union bestimmt und verwirklicht im Rahmen der Grundsätze und Ziele ihres auswärtigen
Handelns eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die sich auf alle Bereiche der Außen- und
Sicherheitspolitik erstreckt.
(2) Die Mitgliedstaaten unterstützen die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik aktiv und
vorbehaltlos im Geiste der Loyalität und der gegenseitigen Solidarität.
Die Mitgliedstaaten arbeiten zusammen, um ihre gegenseitige politische Solidarität zu stärken und
weiterzuentwickeln. Sie enthalten sich jeder Handlung, die den Interessen der Union zuwiderläuft
oder ihrer Wirksamkeit als kohärente Kraft in den internationalen Beziehungen schaden könnte.
Der Rat und der Außenminister der Union tragen für die Einhaltung dieser Grundsätze Sorge.
(3) Die Union verfolgt ihre Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, indem sie
a) die allgemeinen Leitlinien bestimmt,
b) Europäische Beschlüsse erlässt zur Festlegung
i) der von der Union durchzuführenden Aktionen,
ii) der von der Union einzunehmenden Standpunkte,
III) der Einzelheiten der Durchführung der unter den Ziffern i und ii genannten Europäischen
Beschlüsse,
c) und die systematische Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Führung ihrer Politik ausbaut.
Artikel III-295
(1) Der Europäische Rat bestimmt die allgemeinen Leitlinien der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik, und zwar auch bei Fragen mit verteidigungspolitischen Bezügen.
Wenn eine internationale Entwicklung es erfordert, beruft der Präsident des Europäischen Rates eine
außerordentliche Tagung des Europäischen Rates ein, um die strategischen Vorgaben für die Politik
der Union angesichts dieser Entwicklung festzulegen.
(2) Der Rat erlässt die für die Festlegung und Durchführung der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik erforderlichen Europäischen Beschlüsse auf der Grundlage der vom Europäischen
Rat festgelegten allgemeinen Leitlinien und strategischen Vorgaben.
Artikel III-296
(1) Der Außenminister der Union, der im Rat "Auswärtige Angelegenheiten" den Vorsitz führt, trägt
durch seine Vorschläge zur Festlegung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik bei und stellt
sicher, dass die vom Europäischen Rat und vom Rat erlassenen Europäischen Beschlüsse durchgeführt
werden.
(2) Der Außenminister vertritt die Union in den Bereichen der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik. Er führt im Namen der Union den politischen Dialog mit Dritten und vertritt den
Standpunkt der Union in internationalen Organisationen und auf internationalen Konferenzen.
(3) Bei der Erfüllung seines Auftrags stützt sich der Außenminister der Union auf einen
Europäischen Auswärtigen Dienst. Dieser Dienst arbeitet mit den diplomatischen Diensten der
Mitgliedstaaten zusammen und umfasst Beamte aus den einschlägigen Abteilungen des Generalsekretariats
des Rates und der Kommission sowie abgeordnetes Personal der nationalen diplomatischen
Dienste. Die Organisation und die Arbeitsweise des Europäischen Auswärtigen Dienstes werden
durch einen Europäischen Beschluss des Rates festgelegt. Der Rat beschließt auf Vorschlag des
Außenministers der Union nach Anhörung des Europäischen Parlaments und nach Zustimmung der
Kommission.
Artikel III-297
(1) Verlangt eine internationale Situation ein operatives Vorgehen der Union, so erlässt der Rat die
erforderlichen Europäischen Beschlüsse. In diesen Beschlüssen werden die Ziele, der Umfang, die der
Union zur Verfügung zu stellenden Mittel sowie die Durchführungsbedingungen und erforderlichenfalls
die Dauer der Aktion festgelegt.
Tritt eine Änderung der Umstände mit erheblichen Auswirkungen auf eine Frage ein, die Gegenstand
eines solchen Europäischen Beschlusses ist, so überprüft der Rat die Grundsätze und Ziele dieses
Beschlusses und erlässt die erforderlichen Europäischen Beschlüsse.
(2) Die Europäischen Beschlüsse nach Absatz 1 sind für die Mitgliedstaaten bei ihren
Stellungnahmen und ihrem Vorgehen bindend.
(3) Jede einzelstaatliche Stellungnahme oder Maßnahme, die im Rahmen eines Europäischen
Beschlusses nach Absatz 1 geplant ist, wird von dem betreffenden Mitgliedstaat so rechtzeitig
mitgeteilt, dass erforderlichenfalls eine vorherige Abstimmung im Rat stattfinden kann. Die Pflicht
zur vorherigen Unterrichtung gilt nicht für Maßnahmen, die eine bloße Umsetzung dieses
Beschlusses auf einzelstaatlicher Ebene darstellen.
(4) Bei zwingender Notwendigkeit aufgrund der Entwicklung der Lage, und falls die in Absatz 1
vorgesehene Überprüfung des Europäischen Beschlusses nicht stattfindet, können die Mitgliedstaaten
unter Berücksichtigung der allgemeinen Ziele dieses Beschlusses sofort die erforderlichen
Maßnahmen ergreifen. Der Mitgliedstaat, der solche Maßnahmen ergreift, unterrichtet den Rat
unverzüglich davon.
(5) Ergeben sich bei der Durchführung eines Europäischen Beschlusses im Sinne dieses Artikels
größere Schwierigkeiten, so befasst ein Mitgliedstaat den Rat, der darüber berät und nach
angemessenen Lösungen sucht. Diese dürfen nicht im Widerspruch zu den Zielen der Aktion stehen
oder ihrer Wirksamkeit schaden.
Artikel III-298
Der Rat erlässt Europäische Beschlüsse, in denen der Standpunkt der Union zu einer bestimmten
Frage geografischer oder thematischer Art bestimmt wird. Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge,
dass ihre einzelstaatliche Politik mit den Standpunkten der Union in Einklang steht.
Artikel III-299
(1) Jeder Mitgliedstaat, der Außenminister der Union oder der Außenminister mit Unterstützung
der Kommission kann den Rat mit einer Frage der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik
befassen und ihm Initiativen beziehungsweise Vorschläge unterbreiten.
(2) In den Fällen, in denen eine rasche Entscheidung notwendig ist, beruft der Außenminister der
Union von sich aus oder auf Antrag eines Mitgliedstaats innerhalb von 48 Stunden, bei absoluter
Notwendigkeit in kürzerer Zeit, eine außerordentliche Tagung des Rates ein.
Artikel III-300
(1) Europäische Beschlüsse nach diesem KAPITEL werden vom Rat einstimmig erlassen.
Jedes Mitglied des Rates, das sich bei einer Abstimmung seiner Stimme enthält, kann hierzu eine
förmliche Erklärung abgeben. In diesem Fall ist es nicht verpflichtet, den Europäischen Beschluss
durchzuführen, akzeptiert jedoch, dass dieser für die Union bindend ist. Im Geiste gegenseitiger
Solidarität unterlässt der betreffende Mitgliedstaat alles, was dem auf diesem Beschluss beruhenden
Vorgehen der Union zuwiderlaufen oder es behindern könnte, und die anderen Mitgliedstaaten
respektieren seinen Standpunkt. Vertreten die Mitglieder des Rates, die bei ihrer Stimmenthaltung
eine solche Erklärung abgeben, mindestens ein Drittel der Mitgliedstaaten, die mindestens ein Drittel
der Unionsbevölkerung ausmachen, so wird der Beschluss nicht erlassen.
(2) Abweichend von Absatz 1 beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit, wenn er
a) auf der Grundlage eines Europäischen Beschlusses des Europäischen Rates über die strategischen
Interessen und Ziele der Union nach Artikel III-293 Absatz 1 einen Europäischen Beschluss
erlässt, mit dem eine Aktion oder ein Standpunkt der Union festgelegt wird;
b) auf einen Vorschlag hin, den ihm der Außenminister der Union auf spezielles Ersuchen des
Europäischen Rates unterbreitet hat, das auf dessen eigene Initiative oder auf eine Initiative des
Außenministers zurückgeht, einen Europäischen Beschluss erlässt, mit dem eine Aktion oder ein
Standpunkt der Union festgelegt wird;
c) einen Europäischen Beschluss zur Durchführung eines Europäischen Beschlusses erlässt, mit dem
eine Aktion oder ein Standpunkt der Union festgelegt wird;
d) nach Artikel III-302 einen Europäischen Beschluss zur Ernennung eines Sonderbeauftragten
erlässt.
Erklärt ein Mitglied des Rates, dass es aus wesentlichen, von ihm darzulegenden Gründen der
nationalen Politik die Absicht hat, eine Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit über einen
Europäischen Beschluss abzulehnen, so erfolgt keine Abstimmung. Der Außenminister der Union
bemüht sich in engem Benehmen mit dem betroffenen Mitgliedstaat um eine für diesen Mitgliedstaat
annehmbare Lösung. Gelingt dies nicht, so kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit veranlassen, dass
die Frage im Hinblick auf einen einstimmigen Europäischen Beschluss an den Europäischen Rat
verwiesen wird.
(3) Nach Artikel I-40 Absatz 7 kann der Europäische Rat einstimmig einen Europäischen Beschluss
erlassen, in dem vorgesehen ist, dass der Rat in anderen als den in Absatz 2 genannten Fällen mit
qualifizierter Mehrheit beschließt.
(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Beschlüsse mit militärischen oder verteidigungspolitischen
Bezügen.
Artikel III-301
(1) Hat der Europäische Rat oder der Rat ein gemeinsames Vorgehen der Union im Sinne des
Artikels I-40 Absatz 5 festgelegt, so koordinieren der Außenminister der Union und die Minister für
auswärtige Angelegenheiten der Mitgliedstaaten ihre Tätigkeiten im Rat.
(2) Die diplomatischen Vertretungen der Mitgliedstaaten und die Delegationen der Union in
Drittländern und bei internationalen Organisationen arbeiten zusammen und tragen zur Festlegung
und Durchführung des in Absatz 1 genannten gemeinsamen Vorgehens bei.
Artikel III-302
Der Rat kann auf Vorschlag des Außenministers der Union einen Sonderbeauftragten für besondere
politische Fragen ernennen. Der Sonderbeauftragte übt sein Mandat unter der Verantwortung des
Ministers aus.
Artikel III-303
Die Union kann in den unter dieses KAPITEL fallenden Bereichen Übereinkünfte mit einem oder
mehreren Staaten oder internationalen Organisationen schließen.
Artikel III-304
(1) Der Außenminister der Union hört und unterrichtet das Europäische Parlament nach
Artikel I-40 Absatz 8 und Artikel I-41 Absatz 8. Er achtet darauf, dass die Auffassungen des
Europäischen Parlaments gebührend berücksichtigt werden. Die Sonderbeauftragten können zur
Unterrichtung des Europäischen Parlaments mit herangezogen werden.
(2) Das Europäische Parlament kann Anfragen oder Empfehlungen an den Rat und den
Außenminister der Union richten. Zweimal jährlich führt es eine Aussprache über die Fortschritte
bei der Durchführung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, einschließlich der
Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Artikel III-305
(1) Die Mitgliedstaaten koordinieren ihr Handeln in internationalen Organisationen und auf
internationalen Konferenzen. Sie treten dort für die Standpunkte der Union ein. Der Außenminister
der Union trägt für die Organisation dieser Koordinierung Sorge.
In den internationalen Organisationen und auf internationalen Konferenzen, bei denen nicht alle
Mitgliedstaaten vertreten sind, setzen sich die dort vertretenen Mitgliedstaaten für die Standpunkte
der Union ein.
(2) Nach Artikel I-16 Absatz 2 halten die Mitgliedstaaten, die in internationalen Organisationen
oder auf internationalen Konferenzen vertreten sind, die dort nicht vertretenen Mitgliedstaaten und
den Außenminister der Union über alle Fragen von gemeinsamem Interesse auf dem Laufenden.
Die Mitgliedstaaten, die auch Mitglieder des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen sind, stimmen sich
ab und halten die übrigen Mitgliedstaaten sowie den Außenminister der Union in vollem Umfang auf
dem Laufenden. Die Mitgliedstaaten, die Mitglieder des Sicherheitsrats sind, setzen sich bei der
Wahrnehmung ihrer Aufgaben unbeschadet ihrer Verantwortung aufgrund der Charta der Vereinten
Nationen für die Standpunkte und Interessen der Union ein.
Wenn die Union einen Standpunkt zu einem Thema festgelegt hat, das auf der Tagesordnung des
Sicherheitsrats der Vereinten Nationen steht, beantragen die dort vertretenen Mitgliedstaaten, dass der
Außenminister der Union gebeten wird, den Standpunkt der Union vorzutragen.
Artikel III-306
Die diplomatischen und konsularischen Vertretungen der Mitgliedstaaten und die Delegationen der
Union in Drittländern und auf internationalen Konferenzen sowie ihre Vertretungen bei
internationalen Organisationen arbeiten zusammen, um die Einhaltung und Durchführung der
nach diesem KAPITEL erlassenen Europäischen Beschlüsse, mit denen Standpunkte und Aktionen der
Union festgelegt werden, zu gewährleisten. Sie intensivieren ihre Zusammenarbeit durch Informationsaustausch
und gemeinsame Bewertungen.
Sie tragen zur Verwirklichung des in Artikel I-10 Absatz 2 Buchstabe c genannten Rechts der
europäischen Bürgerinnen und Bürger auf Schutz im Hoheitsgebiet von Drittländern und zur
Durchführung der nach Artikel III-127 erlassenen Maßnahmen bei.
Artikel III-307
(1) Unbeschadet des Artikels III-344 verfolgt ein Politisches und Sicherheitspolitisches Komitee die
internationale Lage in den Bereichen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und trägt auf
Ersuchen des Rates, des Außenministers der Union oder von sich aus durch an den Rat gerichtete
Stellungnahmen zur Festlegung der Politik bei. Ferner überwacht es die Durchführung der
vereinbarten Politik; dies gilt unbeschadet der Zuständigkeiten des Außenministers der Union.
(2) Im Rahmen dieses KAPITELs nimmt das Politische und Sicherheitspolitische Komitee unter der
Verantwortung des Rates und des Außenministers der Union die politische Kontrolle und strategische
Leitung von Krisenbewältigungsoperationen im Sinne des Artikels III-309 wahr.
Der Rat kann das Komitee für den Zweck und die Dauer einer Krisenbewältigungsoperation, die vom
Rat festgelegt werden, ermächtigen, geeignete Maßnahmen hinsichtlich der politischen Kontrolle und
strategischen Leitung der Operation zu erlassen.
Artikel III-308
Die Durchführung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik lässt die Anwendung der
Verfahren und den jeweiligen Umfang der Befugnisse der Organe, die in der Verfassung für die
Ausübung der in den Artikeln I-13 bis I-15 und Artikel I-17 aufgeführten Zuständigkeiten der Union
vorgesehen sind, unberührt.
Ebenso lässt die Durchführung der Politik nach den genannten Artikeln die Anwendung der
Verfahren und den jeweiligen Umfang der Befugnisse der Organe, die in der Verfassung für die
Ausübung der Zuständigkeiten der Union nach diesem KAPITEL vorgesehen sind, unberührt.
ABSCHNITT 2 GEMEINSAME SICHERHEITS- UND VERTEIDIGUNGSPOLITIK
Artikel III-309
(1) Die in Artikel I-41 Absatz 1 vorgesehenen Missionen, bei deren Durchführung die Union auf
zivile und militärische Mittel zurückgreifen kann, umfassen gemeinsame Abrüstungsmaßnahmen,
humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, Aufgaben der militärischen Beratung und Unterstützung,
Aufgaben der Konfliktverhütung und der Erhaltung des Friedens sowie Kampfeinsätze im
Rahmen der Krisenbewältigung einschließlich Frieden schaffender Maßnahmen und Operationen zur
Stabilisierung der Lage nach Konflikten. Mit allen diesen Missionen kann zur Bekämpfung des
Terrorismus beigetragen werden, unter anderem auch durch die Unterstützung für Drittländer bei der
Bekämpfung des Terrorismus in ihrem Hoheitsgebiet.
(2) Der Rat erlässt die Europäischen Beschlüsse über Missionen nach Absatz 1; in den Beschlüssen
sind Ziel und Umfang der Missionen sowie die für sie geltenden allgemeinen Durchführungsbestimmungen
festgelegt. Der Außenminister der Union sorgt unter Aufsicht des Rates und in engem
und ständigem Benehmen mit dem Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee für die
Koordinierung der zivilen und militärischen Aspekte dieser Missionen.
Artikel III-310
(1) Im Rahmen der nach Artikel III-309 erlassenen Europäischen Beschlüsse kann der Rat die
Durchführung einer Mission einer Gruppe von Mitgliedstaaten übertragen, die dies wünschen und
über die für eine derartige Mission erforderlichen Fähigkeiten verfügen. Die betreffenden
Mitgliedstaaten vereinbaren in Absprache mit dem Außenminister der Union untereinander die
Ausführung der Mission.
(2) Die an der Durchführung der Mission teilnehmenden Mitgliedstaaten unterrichten den Rat von
sich aus oder auf Antrag eines anderen Mitgliedstaats regelmäßig über den Stand der Mission. Die
teilnehmenden Mitgliedstaaten befassen den Rat sofort, wenn sich aus der Durchführung der Mission
schwerwiegende Konsequenzen ergeben oder das Ziel der Mission, ihr Umfang oder die für sie
geltenden Regelungen, wie sie in den in Absatz 1 genannten Europäischen Beschlüssen festgelegt
sind, geändert werden müssen. Der Rat erlässt in diesen Fällen die erforderlichen Europäischen
Beschlüsse.
Artikel III-311
(1) Aufgabe der nach Artikel I-41 Absatz 3 errichteten, dem Rat unterstellten Agentur für die
Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung (Europäische
Verteidigungsagentur) ist es,
a) bei der Ermittlung der Ziele im Bereich der militärischen Fähigkeiten der Mitgliedstaaten und der
Beurteilung, ob die von den Mitgliedstaaten in Bezug auf diese Fähigkeiten eingegangenen
Verpflichtungen erfüllt wurden, mitzuwirken;
b) auf eine Harmonisierung des operativen Bedarfs sowie die Festlegung effizienter und kompatibler
Beschaffungsverfahren hinzuwirken;
c) multilaterale Projekte zur Erfüllung der Ziele im Bereich der militärischen Fähigkeiten
vorzuschlagen, und für die Koordinierung der von den Mitgliedstaaten durchgeführten
Programme sowie die Verwaltung spezifischer Kooperationsprogramme zu sorgen;
d) die Forschung auf dem Gebiet der Verteidigungstechnologie zu unterstützen, gemeinsame
Forschungsaktivitäten sowie Studien zu technischen Lösungen, die dem künftigen operativen
Bedarf gerecht werden, zu koordinieren und zu planen;
e) dazu beizutragen, dass zweckdienliche Maßnahmen zur Stärkung der industriellen und
technologischen Basis des Verteidigungssektors und für einen wirkungsvolleren Einsatz der
Verteidigungsausgaben ermittelt werden, und diese Maßnahmen gegebenenfalls durchzuführen.
(2) Alle Mitgliedstaaten können auf Wunsch an der Arbeit der Europäischen Verteidigungsagentur
teilnehmen. Der Rat erlässt mit qualifizierter Mehrheit einen Europäischen Beschluss, in dem die
Rechtsstellung, der Sitz und die Funktionsweise der Agentur festgelegt werden. Dieser Beschluss trägt
dem Umfang der effektiven Beteiligung an den Tätigkeiten der Agentur Rechnung. Innerhalb der
Agentur werden spezielle Gruppen gebildet, in denen Mitgliedstaaten zusammenkommen, die
gemeinsame Projekte durchführen. Die Agentur versieht ihre Aufgaben erforderlichenfalls in
Verbindung mit der Kommission.
Artikel III-312
(1) Die Mitgliedstaaten, die sich an der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit im Sinne des
Artikels I-41 Absatz 6 beteiligen möchten und hinsichtlich der militärischen Fähigkeiten die Kriterien
erfüllen und die Verpflichtungen eingehen, die in dem Protokoll über die Ständige Strukturierte
Zusammenarbeit enthalten sind, teilen dem Rat und dem Außenminister der Union ihre Absicht mit.
(2) Der Rat erlässt binnen drei Monaten nach der in Absatz 1 genannten Mitteilung einen
Europäischen Beschluss über die Begründung der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit und
über die Liste der daran teilnehmenden Mitgliedstaaten. Der Rat beschließt nach Anhörung des
Außenministers der Union mit qualifizierter Mehrheit.
(3) Jeder Mitgliedstaat, der sich zu einem späteren Zeitpunkt an der Ständigen Strukturierten
Zusammenarbeit zu beteiligen wünscht, teilt dem Rat und dem Außenminister der Union seine
Absicht mit.
Der Rat erlässt einen Europäischen Beschluss, in dem die Teilnahme des betreffenden Mitgliedstaats,
der die Kriterien und Verpflichtungen nach den Artikeln 1 und 2 des Protokolls über die Ständige
Strukturierte Zusammenarbeit erfüllt beziehungsweise eingeht, bestätigt wird. Der Rat beschließt mit
qualifizierter Mehrheit nach Anhörung des Außenministers der Union. Nur die Mitglieder des Rates,
welche die teilnehmenden Mitgliedstaaten vertreten, beteiligen sich an der Abstimmung.
Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % derjenigen Mitglieder des Rates, die
die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen
mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.
Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die zusammen mehr
als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds,
erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.
(4) Erfüllt ein teilnehmender Mitgliedstaat die Kriterien nach den Artikeln 1 und 2 des Protokolls
über die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit nicht mehr oder kann er den darin genannten
Verpflichtungen nicht mehr nachkommen, so kann der Rat einen Europäischen Beschluss erlassen,
durch den die Teilnahme dieses Staates ausgesetzt wird.
Der Rat beschließt mit qualifizierter Mehrheit. Nur die Mitglieder des Rates, welche die teilnehmenden
Mitgliedstaaten mit Ausnahme des betroffenen Mitgliedstaats vertreten, beteiligen sich an der
Abstimmung.
Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % derjenigen Mitglieder des Rates, die
die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen
mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.
Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die zusammen mehr
als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds,
erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.
(5) Wünscht ein teilnehmender Mitgliedstaat, von der ständigen Strukturierten Zusammenarbeit
Abstand zu nehmen, so teilt er seine Entscheidung dem Rat mit, der zur Kenntnis nimmt, dass die
Teilnahme des betreffenden Mitgliedstaats beendet ist.
(6) Mit Ausnahme der Beschlüsse nach den Absätzen 2 bis 5 erlässt der Rat die Europäischen
Beschlüsse und Empfehlungen im Rahmen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit einstimmig.
Für die Zwecke dieses Absatzes bezieht sich die Einstimmigkeit allein auf die Stimmen der
Vertreter der an der Zusammenarbeit teilnehmenden Mitgliedstaaten.
ABSCHNITT 3 FINANZBESTIMMUNGEN
Artikel III-313
(1) Die Verwaltungsausgaben, die den Organen aus der Durchführung dieses KAPITELs entstehen,
gehen zulasten des Haushalts der Union.
(2) Die operativen Ausgaben im Zusammenhang mit der Durchführung dieses KAPITELs gehen
ebenfalls zulasten des Haushalts der Union, mit Ausnahme der Ausgaben aufgrund von Maßnahmen
mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen und von Fällen, in denen der Rat etwas
anderes beschließt.
In Fällen, in denen die Ausgaben nicht zulasten des Haushalts der Union gehen, gehen sie nach dem
Bruttosozialprodukt-Schlüssel zulasten der Mitgliedstaaten, sofern der Rat nicht etwas anderes
beschließt. Die Mitgliedstaaten, deren Vertreter im Rat eine förmliche Erklärung nach Artikel III-300
Absatz 1 Unterabsatz 2 abgegeben haben, sind nicht verpflichtet, zur Finanzierung von Ausgaben für
Maßnahmen mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen beizutragen.
(3) Der Rat erlässt einen Europäischen Beschluss zur Festlegung besonderer Verfahren, um den
schnellen Zugriff auf die Haushaltsmittel der Union zu gewährleisten, die für die Sofortfinanzierung
von Initiativen im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, insbesondere von
Tätigkeiten zur Vorbereitung einer Mission nach Artikel I-41 Absatz 1 und Artikel III-309 bestimmt
sind. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
Die Tätigkeiten zur Vorbereitung der in Artikel I-41 Absatz 1 und in Artikel III-309 genannten
Missionen, die nicht zulasten des Haushalts der Union gehen, werden aus einem aus Beiträgen der
Mitgliedstaaten gebildeten Anschubfonds finanziert.
Der Rat erlässt mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag des Außenministers der Union die
Europäischen Beschlüsse über
a) die Einzelheiten für die Bildung und die Finanzierung des Anschubfonds, insbesondere die Höhe
der Mittelzuweisungen für den Fonds;
b) die Einzelheiten für die Verwaltung des Anschubfonds;
c) die Einzelheiten für die Finanzkontrolle.
Kann die geplante Mission nach Artikel I-41 Absatz 1 und Artikel III-309 nicht aus dem Haushalt der
Union finanziert werden, so ermächtigt der Rat den Außenminister der Union zur Inanspruchnahme
dieses Fonds. Der Außenminister der Union erstattet dem Rat Bericht über die Erfüllung dieses
Mandats.
KAPITEL III GEMEINSAME HANDELSPOLITIK
Artikel III-314
Durch die Schaffung einer Zollunion nach Artikel III-151 trägt die Union im gemeinsamen Interesse
zur harmonischen Entwicklung des Welthandels, zur schrittweisen Beseitigung der Beschränkungen
im internationalen Handelsverkehr und bei den ausländischen Direktinvestitionen sowie zum Abbau
der Zollschranken und anderer Schranken bei.
Artikel III-315
(1) Die gemeinsame Handelspolitik wird nach einheitlichen Grundsätzen gestaltet; dies gilt
insbesondere für die Änderung von Zollsätzen für den Abschluss von Zoll- und Handelsabkommen,
die den Handel mit Waren und Dienstleistungen betreffen, und für die Handelsaspekte des geistigen
Eigentums, die ausländischen Direktinvestitionen, die Vereinheitlichung der Liberalisierungsmaßnahmen,
die Ausfuhrpolitik sowie die handelspolitischen Schutzmaßnahmen, zum Beispiel im Fall von
Dumping und Subventionen. Die gemeinsame Handelspolitik wird im Rahmen der Grundsätze und
Ziele des auswärtigen Handelns der Union gestaltet.
(2) Durch Europäisches Gesetz werden die Maßnahmen festgelegt, mit denen der Rahmen für die
Umsetzung der gemeinsamen Handelspolitik bestimmt wird.
(3) Sind mit einem oder mehreren Drittländern oder internationalen Organisationen Abkommen
auszuhandeln oder zu schließen, so findet Artikel III-325 vorbehaltlich der besonderen
Bestimmungen dieses Artikels Anwendung.
Die Kommission legt dem Rat Empfehlungen vor; dieser ermächtigt die Kommission zur Aufnahme
der erforderlichen Verhandlungen. Es ist Sache des Rates und der Kommission, dafür zu sorgen, dass
die ausgehandelten Abkommen mit der internen Politik und den internen Vorschriften der Union
vereinbar sind.
Die Kommission führt diese Verhandlungen im Benehmen mit einem zu ihrer Unterstützung vom
Rat bestellten Sonderausschuss nach Maßgabe der Richtlinien, die ihr der Rat erteilen kann. Die
Kommission erstattet dem Sonderausschuss sowie dem Europäischen Parlament regelmäßig Bericht
über den Stand der Verhandlungen.
(4) Über die Aushandlung und den Abschluss der in Absatz 3 genannten Abkommen beschließt
der Rat mit qualifizierter Mehrheit.
Über die Aushandlung und den Abschluss eines Abkommens über den Dienstleistungsverkehr oder
über Handelsaspekte des geistigen Eigentums und über ausländische Direktinvestitionen beschließt
der Rat einstimmig, wenn das betreffende Abkommen Bestimmungen enthält, bei denen für die
Annahme interner Vorschriften Einstimmigkeit erforderlich ist.
Der Rat beschließt ebenfalls einstimmig über die Aushandlung und den Abschluss von Abkommen in
den folgenden Bereichen:
a) Handel mit kulturellen und audiovisuellen Dienstleistungen, wenn diese Abkommen die
kulturelle und sprachliche Vielfalt in der Union beeinträchtigen könnten;
b) Handel mit Dienstleistungen des sozialen, des Bildungs- und des Gesundheitssektors, wenn diese
Abkommen die einzelstaatliche Organisation dieser Dienstleistungen ernsthaft stören und die
Verantwortlichkeit der Mitgliedstaaten für ihre Erbringung beinträchtigen könnten.
(5) Für die Aushandlung und den Abschluss von internationalen Abkommen im Bereich des
Verkehrs gelten Titel III KAPITEL III Abschnitt 7 sowie Artikel III-325.
(6) Die Ausübung der durch diesen Artikel übertragenen Zuständigkeiten im Bereich der
gemeinsamen Handelspolitik hat keine Auswirkungen auf die Abgrenzung der Zuständigkeiten
zwischen der Union und den Mitgliedstaaten und führt nicht zu einer Harmonisierung der
Rechtvorschriften der Mitgliedstaaten, soweit eine solche Harmonisierung in der Verfassung
ausgeschlossen wird.
KAPITEL IV ZUSAMMENARBEIT MIT DRITTLÄNDERN UND HUMANITÄRE HILFE
ABSCHNITT 1 ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT
Artikel III-316
(1) Den Rahmen für die Politik der Union auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit bilden
die Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union. Die Politik der Union und die Politik
der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit ergänzen und verstärken sich
gegenseitig.
Hauptziel der Unionspolitik in diesem Bereich ist die Bekämpfung und auf längere Sicht die
Beseitigung der Armut. Bei der Durchführung politischer Maßnahmen, die sich auf die
Entwicklungsländer auswirken können, trägt die Union den Zielen der Entwicklungszusammenarbeit
Rechnung.
(2) Die Union und die Mitgliedstaaten kommen den im Rahmen der Vereinten Nationen und
anderer zuständiger internationaler Organisationen gegebenen Zusagen nach und berücksichtigten
die in diesem Rahmen gebilligten Zielsetzungen.
Artikel III-317
(1) Die zur Durchführung der Politik im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit erforderlichen
Maßnahmen werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt; diese Maßnahmen
können Mehrjahresprogramme für die Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern oder thematische
Programme betreffen.
(2) Die Union kann mit Drittländern und den zuständigen internationalen Organisationen alle
Übereinkünfte schließen, die zur Verwirklichung der Ziele nach den Artikeln III-292 und III-316
beitragen.
Unterabsatz 1 berührt nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, in internationalen Gremien zu
verhandeln und Übereinkünfte zu schließen.
(3) Die Europäische Investitionsbank trägt nach Maßgabe ihrer Satzung zur Durchführung der
Maßnahmen im Sinne des Absatzes 1 bei.
Artikel III-318
(1) Damit ihre Maßnahmen einander besser ergänzen und wirksamer sind, koordinieren die Union
und die Mitgliedstaaten ihre Politik auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit und stimmen
ihre Hilfsprogramme, auch in internationalen Organisationen und auf internationalen Konferenzen,
miteinander ab. Sie können gemeinsame Maßnahmen ergreifen. Die Mitgliedstaaten tragen
erforderlichenfalls zur Durchführung der Hilfsprogramme der Union bei.
(2) Die Kommission kann alle Initiativen ergreifen, die der in Absatz 1 genannten Koordinierung
förderlich sind.
(3) Die Union und die Mitgliedstaaten arbeiten im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten mit
Drittländern und den zuständigen internationalen Organisationen zusammen.
ABSCHNITT 2 WIRTSCHAFTLICHE, FINANZIELLE UND TECHNISCHE ZUSAMMENARBEIT MIT DRITTLÄNDERN
Artikel III-319
(1) Unbeschadet der übrigen Bestimmungen der Verfassung, insbesondere der Artikel III-316 bis
III-318, führt die Union mit Drittländern, die keine Entwicklungsländer sind, Maßnahmen der
wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Zusammenarbeit durch, die auch Unterstützung,
insbesondere im finanziellen Bereich, einschließen. Diese Maßnahmen stehen mit der Entwicklungspolitik
der Union im Einklang und werden im Rahmen der Grundsätze und Ziele ihres auswärtigen
Handelns durchgeführt. Die Maßnahmen der Union und die Maßnahmen der Mitgliedstaaten
ergänzen und verstärken sich gegenseitig.
(2) Die zur Durchführung des Absatzes 1 erforderlichen Maßnahmen werden durch Europäisches
Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt.
(3) Die Union und die Mitgliedstaaten arbeiten im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten mit
Drittländern und den zuständigen internationalen Organisationen zusammen. Die Einzelheiten der
Zusammenarbeit der Union können in Übereinkünften zwischen dieser und den betreffenden dritten
Parteien geregelt werden.
Unterabsatz 1 berührt nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, in internationalen Gremien zu
verhandeln und Übereinkünfte zu schließen.
Artikel III-320
Ist es aufgrund der Lage in einem Drittland notwendig, dass die Union umgehend finanzielle Hilfe
leistet, so erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission die erforderlichen Europäischen Beschlüsse.
ABSCHNITT 3 HUMANITÄRE HILFE
Artikel III-321
(1) Den Rahmen für die Maßnahmen der Union im Bereich der humanitären Hilfe bilden die
Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union. Die Maßnahmen dienen dazu,
Einwohnern von Drittländern, die von Naturkatastrophen oder von vom Menschen verursachten
Katastrophen betroffen sind, gezielt Hilfe, Rettung und Schutz zu bringen, damit die aus diesen
Notständen resultierenden humanitären Bedürfnisse gedeckt werden können. Die Maßnahmen der
Union und die Maßnahmen der Mitgliedstaaten ergänzen und verstärken sich gegenseitig.
(2) Die Maßnahmen der humanitären Hilfe werden im Einklang mit den Grundsätzen des
Völkerrechts, sowie den Grundsätzen der Unparteilichkeit, der Neutralität und der Nichtdiskriminierung,
durchgeführt.
(3) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz werden die Maßnahmen zur Festlegung des
Rahmens festgelegt, innerhalb dessen die Maßnahmen der humanitären Hilfe der Union durchgeführt
werden.
(4) Die Union kann mit Drittländern und den zuständigen internationalen Organisationen alle
Übereinkünfte schließen, die zur Verwirklichung der Ziele des Absatzes 1 und des Artikels III-292
beitragen.
Unterabsatz 1 berührt nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, in internationalen Gremien zu
verhandeln und Übereinkünfte zu schließen.
(5) Als Rahmen für gemeinsame Beiträge der europäischen Jugendlichen zu den Maßnahmen der
humanitären Hilfe der Union wird ein Europäisches Freiwilligenkorps für humanitäre Hilfe
geschaffen. Durch Europäisches Gesetz werden die Rechtsstellung und die Einzelheiten der
Arbeitsweise des Korps festgelegt.
(6) Die Kommission kann alle Initiativen ergreifen, die der Koordinierung zwischen den
Maßnahmen der Union und denen der Mitgliedstaaten förderlich sind, damit die Programme der
Union und der Mitgliedstaaten im Bereich der humanitären Hilfe wirksamer sind und einander besser
ergänzen.
(7) Die Union sorgt dafür, dass ihre Maßnahmen der humanitären Hilfe mit den Maßnahmen der
internationalen Organisationen und Einrichtungen, insbesondere derer, die zum System der Vereinten
Nationen gehören, abgestimmt werden und im Einklang stehen.
KAPITEL V RESTRIKTIVE MASSNAHMEN
Artikel III-322
(1) Sieht ein nach KAPITEL II erlassener Europäischer Beschluss die Aussetzung, Einschränkung oder
vollständige Einstellung der Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zu einem oder mehreren
Drittländern vor, so erlässt der Rat die erforderlichen Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse;
er beschließt dabei auf gemeinsamen Vorschlag des Außenministers der Union und der Kommission
mit qualifizierter Mehrheit. Er unterrichtet hierüber das Europäische Parlament.
(2) Sieht ein nach KAPITEL II erlassener Europäischer Beschluss dies vor, so kann der Rat nach dem
Verfahren des Absatzes 1 restriktive Maßnahmen gegen natürliche oder juristische Personen sowie
Gruppierungen oder nichtstaatliche Einheiten erlassen.
(3) In den Rechtsakten nach diesem Artikel müssen die erforderlichen Bestimmungen über den
Rechtsschutz vorgesehen sein.
KAPITEL VI INTERNATIONALE ÜBEREINKÜNFTE
Artikel III-323
(1) Die Union kann mit einem oder mehreren Drittländern oder einer oder mehreren
internationalen Organisationen eine Übereinkunft schließen, wenn dies in der Verfassung vorgesehen
ist oder wenn der Abschluss einer Übereinkunft im Rahmen der Politik der Union entweder zur
Verwirklichung eines der in der Verfassung festgesetzten Ziele erforderlich oder in einem
verbindlichen Rechtsakt der Union vorgesehen ist oder aber gemeinsame Vorschriften beeinträchtigen
oder deren Anwendungsbereich ändern könnte.
(2) Die von der Union geschlossenen Übereinkünfte binden die Organe der Union und die
Mitgliedstaaten.
Artikel III-324
Die Union kann mit einem oder mehreren Drittländern oder einer oder mehreren internationalen
Organisationen ein Assoziierungsabkommen schließen, um eine Assoziation mit gegenseitigen
Rechten und Pflichten, gemeinsamem Vorgehen und besonderen Verfahren zu gründen.
Artikel III-325
(1) Unbeschadet der besonderen Bestimmungen des Artikels III-315 werden Übereinkünfte
zwischen der Union und Drittländern oder internationalen Organisationen nach dem nachstehend
beschriebenen Verfahren ausgehandelt und geschlossen.
(2) Der Rat erteilt eine Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen, legt Verhandlungsrichtlinien
fest, genehmigt die Unterzeichnung und schließt die Übereinkünfte.
(3) Die Kommission oder, wenn sich die geplante Übereinkunft ausschließlich oder hauptsächlich
auf die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik bezieht, der Außenminister der Union legt dem
Rat Empfehlungen vor; dieser erlässt einen Europäischen Beschluss über die Ermächtigung zur
Aufnahme von Verhandlungen und über die Benennung, je nach dem Gegenstand der geplanten
Übereinkunft, des Verhandlungsführers oder des Leiters des Verhandlungsteams der Union.
(4) Der Rat kann dem Verhandlungsführer Richtlinien erteilen und einen Sonderausschuss
bestellen; die Verhandlungen sind im Benehmen mit diesem Ausschuss zu führen.
(5) Der Rat erlässt auf Vorschlag des Verhandlungsführers einen Europäischen Beschluss, mit dem
die Unterzeichnung der Übereinkunft und gegebenenfalls deren vorläufige Anwendung vor dem
Inkrafttreten genehmigt wird.
(6) Der Rat erlässt auf Vorschlag des Verhandlungsführers einen Europäischen Beschluss über den
Abschluss der Übereinkunft.
Mit Ausnahme der Übereinkünfte, die ausschließlich die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
betreffen, erlässt der Rat den Europäischen Beschluss über den Abschluss der Übereinkunft
a) nach Zustimmung des Europäischen Parlaments in folgenden Fällen:
i) Assoziierungsabkommen;
ii) Beitritt der Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und
Grundfreiheiten;
iii) Übereinkünfte, die durch Einführung von Zusammenarbeitsverfahren einen besonderen
institutionellen Rahmen schaffen;
iv) Übereinkünfte mit erheblichen finanziellen Folgen für die Union;
v) Übereinkünfte in Bereichen, für die entweder das ordentliche Gesetzgebungsverfahren oder,
wenn die Zustimmung des Europäischen Parlaments erforderlich ist, das besondere
Gesetzgebungsverfahren gilt.
Das Europäische Parlament und der Rat können in dringenden Fällen eine Frist für die
Zustimmung vereinbaren.
b) nach Anhörung des Europäischen Parlaments in den übrigen Fällen. Das Europäische Parlament
gibt seine Stellungnahme innerhalb einer Frist ab, die der Rat entsprechend der Dringlichkeit
festlegen kann. Ergeht innerhalb dieser Frist keine Stellungnahme, so kann der Rat einen
Beschluss fassen.
(7) Abweichend von den Absätzen 5, 6 und 9 kann der Rat den Verhandlungsführer bei Abschluss
einer Übereinkunft ermächtigen, im Namen der Union Änderungen der Übereinkunft zu billigen,
wenn diese Übereinkunft vorsieht, dass diese Änderungen im Wege eines vereinfachten Verfahrens
oder durch ein durch die Übereinkunft geschaffenes Gremium anzunehmen sind. Der Rat kann diese
Ermächtigung gegebenenfalls mit besonderen Bedingungen verbinden.
(8) Der Rat beschließt während des gesamten Verfahrens mit qualifizierter Mehrheit.
Er beschließt jedoch einstimmig, wenn die Übereinkunft einen Bereich betrifft, in dem für den Erlass
eines Rechtsakts der Union Einstimmigkeit vorgesehen ist, sowie dann, wenn es um Assoziierungsabkommen
und um die Übereinkünfte nach Artikel III-319 mit beitrittswilligen Staaten geht.
(9) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union einen
Europäischen Beschluss über die Aussetzung der Anwendung einer Übereinkunft und zur Festlegung
der Standpunkte, die im Namen der Union in einem durch eine Übereinkunft eingesetzten Gremium
zu vertreten sind, sofern dieses Gremium rechtswirksame Akte, mit Ausnahme von Rechtsakten zur
Ergänzung oder Änderung des institutionellen Rahmens der betreffenden Übereinkunft, zu erlassen
hat.
(10) Das Europäische Parlament wird in allen Phasen des Verfahrens unverzüglich und umfassend
unterrichtet.
(11) Ein Mitgliedstaat, das Europäische Parlament, der Rat oder die Kommission können ein
Gutachten des Gerichtshofs über die Vereinbarkeit einer geplanten Übereinkunft mit der Verfassung
einholen. Ist das Gutachten des Gerichtshofs ablehnend, so kann die geplante Übereinkunft nur in
Kraft treten, wenn sie oder die Verfassung geändert wird.
Artikel III-326
(1) Abweichend von Artikel III-325 kann der Rat entweder auf Empfehlung der Europäischen
Zentralbank oder auf Empfehlung der Kommission und nach Anhörung der Europäischen
Zentralbank in dem Bemühen, zu einem mit dem Ziel der Preisstabilität im Einklang stehenden
Konsens zu gelangen, förmliche Vereinbarungen über ein Wechselkurssystem für den Euro gegenüber
den Währungen von Drittländern treffen. Der Rat beschließt nach dem Verfahren des Absatzes 3
einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
Der Rat kann entweder auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank oder auf Empfehlung der
Kommission nach Anhörung der Europäischen Zentralbank in dem Bemühen, zu einem mit dem
Ziel der Preisstabilität im Einklang stehenden Konsens zu gelangen, die Euro-Leitkurse innerhalb des
Wechselkurssystems festlegen, ändern oder aufgeben. Der Präsident des Rates unterrichtet das
Europäische Parlament von der Festlegung, Änderung oder Aufgabe der Euro-Leitkurse.
(2) Besteht gegenüber einer oder mehreren Währungen von Drittländern kein Wechselkurssystem
nach Absatz 1, so kann der Rat entweder auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank oder auf
Empfehlung der Kommission nach Anhörung der Europäischen Zentralbank allgemeine Orientierungen
für die Wechselkurspolitik gegenüber diesen Währungen aufstellen. Diese allgemeinen
Orientierungen dürfen das vorrangige Ziel des Europäischen Zentralbanksystems, die Preisstabilität
zu gewährleisten, nicht beeinträchtigen.
(3) Wenn von der Union mit einem oder mehreren Drittländern oder einer oder mehreren
internationalen Organisationen Vereinbarungen im Zusammenhang mit Währungsfragen oder
Devisenregelungen auszuhandeln sind, beschließt der Rat abweichend von Artikel III-325 auf
Empfehlung der Kommission nach Anhörung der Europäischen Zentralbank die Einzelheiten für die
Aushandlung und den Abschluss solcher Vereinbarungen. Mit diesen Einzelheiten wird gewährleistet,
dass die Union einen einheitlichen Standpunkt vertritt. Die Kommission wird an den Verhandlungen
in vollem Umfang beteiligt.
(4) Die Mitgliedstaaten können unbeschadet der Zuständigkeiten und der Übereinkünfte der Union
im Bereich der Wirtschafts- und Währungsunion in internationalen Gremien Verhandlungen führen
und Übereinkünfte schließen.
KAPITEL VII BEZIEHUNGEN DER UNION ZU INTERNATIONALEN ORGANISATIONEN UND DRITTLÄNDERN UND DELEGATIONEN DER UNION
Artikel III-327
(1) Die Union führt jede zweckdienliche Zusammenarbeit mit den Organen der Vereinten Nationen
und denen der VN-Sonderorganisationen, dem Europarat, der Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung herbei.
Die Union unterhält ferner, soweit zweckdienlich, Beziehungen zu anderen internationalen
Organisationen.
(2) Die Durchführung dieses Artikels obliegt dem Außenminister der Union und der Kommission.
Artikel III-328
(1) Die Delegationen der Union in Drittländern und bei internationalen Organisationen stellen die
Vertretung der Union sicher.
(2) Die Delegationen der Union sind der Leitung des Außenministers der Union unterstellt. Sie
werden in enger Zusammenarbeit mit den diplomatischen und konsularischen Vertretungen der
Mitgliedstaaten tätig.
KAPITEL VIII ANWENDUNG DER SOLIDARITÄTSKLAUSEL
Artikel III-329
(1) Ist ein Mitgliedstaat von einem Terroranschlag, einer Naturkatastrophe oder einer vom
Menschen verursachten Katastrophe betroffen, so leisten die anderen Mitgliedstaaten ihm auf
Ersuchen seiner politischen Organe Unterstützung. Zu diesem Zweck sprechen die Mitgliedstaaten
sich im Rat ab.
(2) Die Einzelheiten für die Anwendung der in Artikel I-43 enthaltenen Solidaritätsklausel durch die
Union werden durch einen Europäischen Beschluss festgelegt, den der Rat aufgrund eines
gemeinsamen Vorschlags der Kommission und des Außenministers der Union erlässt. Hat dieser
Beschluss Auswirkungen im Bereich der Verteidigung, so entscheidet der Rat nach Artikel III-300
Absatz 1. Das Europäische Parlament wird darüber unterrichtet.
Für die Zwecke dieses Absatzes wird der Rat unbeschadet des Artikels III-344 vom Politischen und
Sicherheitspolitischen Komitee, das sich hierbei auf die im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik entwickelten Strukturen stützt, sowie vom Ausschuss nach Artikel III-261
unterstützt, die ihm gegebenenfalls gemeinsame Stellungnahmen vorlegen.
(3) Damit die Union und ihre Mitgliedstaaten auf effiziente Weise tätig werden können, nimmt der
Europäische Rat regelmäßig eine Einschätzung der Bedrohungen vor, denen die Union ausgesetzt ist.
TITEL VI ARBEITSWEISE DER UNION
KAPITEL I INSTITUTIONELLE BESTIMMUNGEN
ABSCHNITT 1 DIE ORGANE
Unterabschnitt 1 Das Europäische Parlament
Artikel III-330
(1) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates werden die erforderlichen
Maßnahmen festgelegt, um eine allgemeine unmittelbare Wahl der Mitglieder des Europäischen
Parlaments nach einem einheitlichen Verfahren in allen Mitgliedstaaten oder im Einklang mit den
allen Mitgliedstaaten gemeinsamen Grundsätzen zu ermöglichen.
Auf Initiative des Europäischen Parlaments beschließt der Rat einstimmig nach Zustimmung des
Europäischen Parlaments, das mit der Mehrheit seiner Mitglieder entscheidet. Dieses Gesetz oder
Rahmengesetz tritt nach Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen
verfassungsrechtlichen Vorschriften in Kraft.
(2) Durch Europäisches Gesetz des Europäischen Parlaments werden die Regelungen und
allgemeinen Bedingungen für die Wahrnehmung der Aufgaben der Mitglieder des Europäischen
Parlaments festgelegt. Das Europäische Parlament beschließt aus eigener Initiative nach Anhörung der
Kommission und nach Zustimmung des Rates. Der Rat beschließt einstimmig über alle Vorschriften
und Bedingungen, die die Steuerregelung für die Mitglieder oder ehemaligen Mitglieder betreffen.
Artikel III-331
Die Regelungen für die politischen Parteien auf europäischer Ebene nach Artikel I-46 Absatz 4 und
insbesondere die Vorschriften über ihre Finanzierung werden durch Europäisches Gesetz festgelegt.
Artikel III-332
Das Europäische Parlament kann mit der Mehrheit seiner Mitglieder die Kommission auffordern,
geeignete Vorschläge zu Fragen vorzulegen, die nach seiner Auffassung die Ausarbeitung eines
Rechtsakts der Union zur Anwendung der Verfassung erfordern. Legt die Kommission keinen
Vorschlag vor, so teilt sie dem Europäischen Parlament die Gründe dafür mit.
Artikel III-333
Das Europäische Parlament kann bei der Erfüllung seiner Aufgaben auf Antrag eines Viertels seiner
Mitglieder die Einsetzung eines nichtständigen Untersuchungsausschusses beschließen, der
unbeschadet der Befugnisse, die in der Verfassung anderen Organen oder Einrichtungen zugewiesen
sind, behauptete Verstöße gegen das Unionsrecht oder Missstände bei der Anwendung desselben
prüft; dies gilt nicht, wenn ein Gericht mit den behaupteten Sachverhalten befasst ist, solange das
Gerichtsverfahren nicht abgeschlossen ist.
Mit der Vorlage seines Berichts hört der nichtständige Untersuchungsausschuss auf zu bestehen.
Die Einzelheiten der Ausübung des Untersuchungsrechts werden durch Europäisches Gesetz des
Europäischen Parlaments festgelegt. Das Europäische Parlament beschließt aus eigener Initiative nach
Zustimmung des Rates und der Kommission.
Artikel III-334
Nach Artikel I-10 Absatz 2 Buchstabe d kann jede Unionsbürgerin und jeder Unionsbürger sowie
jede natürliche oder juristische Person mit Wohnort oder satzungsmäßigem Sitz in einem
Mitgliedstaat allein oder zusammen mit anderen Personen in Angelegenheiten, die in die
Tätigkeitsbereiche der Union fallen und die ihn oder sie unmittelbar betreffen, eine Petition an das
Europäische Parlament richten.
Artikel III-335
(1) Das Europäische Parlament wählt den Europäischen Bürgerbeauftragten. Nach Artikel I-10
Absatz 2 Buchstabe d und Artikel I-49 ist dieser befugt, Beschwerden von jeder Unionsbürgerin und
jedem Unionsbürger oder von jeder natürlichen oder juristischen Person mit Wohnort oder
satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat über Missstände bei der Tätigkeit der Organe,
Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, mit Ausnahme des Gerichtshofs der Europäischen
Union in Ausübung seiner Rechtsprechungsbefugnisse, entgegenzunehmen.
Der Bürgerbeauftragte führt im Rahmen seines Auftrags von sich aus oder aufgrund von
Beschwerden, die ihm unmittelbar oder über ein Mitglied des Europäischen Parlaments zugehen,
Untersuchungen durch, die er für gerechtfertigt hält; dies gilt nicht, wenn die behaupteten
Sachverhalte Gegenstand eines Gerichtsverfahrens sind oder waren. Hat der Bürgerbeauftragte einen
Missstand festgestellt, so befasst er die betreffenden Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen, die
über eine Frist von drei Monaten verfügen, um ihm ihre Stellungnahme zu übermitteln. Der
Bürgerbeauftragte legt anschließend dem Europäischen Parlament und den betreffenden Organen,
Einrichtungen oder sonstigen Stellen einen Bericht vor. Der Beschwerdeführer wird über das Ergebnis
dieser Untersuchungen unterrichtet.
Der Bürgerbeauftragte legt dem Europäischen Parlament jährlich einen Bericht über die Ergebnisse
seiner Untersuchungen vor.
(2) Der Bürgerbeauftragte wird nach jeder Wahl des Europäischen Parlaments für die Dauer der
Wahlperiode gewählt. Wiederwahl ist zulässig.
Der Bürgerbeauftragte kann auf Antrag des Europäischen Parlaments vom Gerichtshof seines Amtes
enthoben werden, wenn er die Voraussetzungen für die Ausübung seines Amtes nicht mehr erfüllt
oder eine schwere Verfehlung begangen hat.
(3) Der Bürgerbeauftragte übt sein Amt in völliger Unabhängigkeit aus. Er darf bei der Erfüllung
seiner Pflichten von keinem Organ, keiner Einrichtung und keiner anderen Stelle Weisungen einholen
oder entgegennehmen. Der Bürgerbeauftragte darf während seiner Amtszeit keine andere entgeltliche
oder unentgeltliche Berufstätigkeit ausüben.
(4) Durch Europäisches Gesetz des Europäischen Parlaments werden die Regelungen und
allgemeinen Bedingungen für die Ausübung der Aufgaben des Bürgerbeauftragten festgelegt. Das
Europäische Parlament beschließt aus eigener Initiative nach Stellungnahme der Kommission und
nach Zustimmung des Rates.
Artikel III-336
Das Europäische Parlament hält jährlich eine Sitzungsperiode ab. Es tritt, ohne dass es einer
Einberufung bedarf, am zweiten Dienstag des Monats März zusammen.
Das Europäische Parlament kann auf Antrag der Mehrheit seiner Mitglieder sowie auf Antrag des
Rates oder der Kommission zu einer außerordentlichen Sitzungsperiode zusammentreten.
Artikel III-337
(1) Der Europäische Rat und der Rat werden vom Europäischen Parlament nach Maßgabe der
Geschäftsordnung des Europäischen Rates und der Geschäftsordnung des Rates gehört.
(2) Die Kommission kann an allen Sitzungen des Europäischen Parlaments teilnehmen und wird auf
ihren Antrag gehört. Sie antwortet mündlich oder schriftlich auf die ihr vom Europäischen Parlament
oder von dessen Mitgliedern gestellten Fragen.
(3) Das Europäische Parlament erörtert in öffentlicher Sitzung den jährlichen Gesamtbericht, der
ihm von der Kommission vorgelegt wird.
Artikel III-338
Soweit die Verfassung nicht etwas anderes bestimmt, beschließt das Europäische Parlament mit der
Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Die Beschlussfähigkeit wird in seiner Geschäftsordnung
festgelegt.
Artikel III-339
Das Europäische Parlament erlässt seine Geschäftsordnung mit der Mehrheit seiner Mitglieder.
Die Verhandlungsniederschriften des Europäischen Parlaments werden nach Maßgabe der Verfassung
und seiner Geschäftsordnung veröffentlicht.
Artikel III-340
Wird wegen der Tätigkeit der Kommission ein Misstrauensantrag eingebracht, so darf das
Europäische Parlament nicht vor Ablauf von drei Tagen nach seiner Einbringung und nur in offener
Abstimmung darüber entscheiden.
Wird der Misstrauensantrag mit der Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und mit
der Mehrheit der Mitglieder des Europäischen Parlaments angenommen, so legen die Mitglieder der
Kommission geschlossen ihr Amt nieder, und der Außenminister der Union legt sein im Rahmen der
Kommission ausgeübtes Amt nieder. Sie bleiben im Amt und führen die laufenden Geschäfte bis zu
ihrer Ersetzung nach den Artikeln I-26 und I-27 weiter. In diesem Fall endet die Amtszeit der zu ihrer
Ersetzung ernannten Mitglieder der Kommission zu dem Zeitpunkt, zu dem die Amtszeit der
Mitglieder der Kommission, die ihr Amt geschlossen niederlegen mussten, geendet hätte.
Unterabschnitt 2 Der Europäische Rat
Artikel III-341
(1) Jedes Mitglied des Europäischen Rates kann sich das Stimmrecht höchstens eines anderen
Mitglieds übertragen lassen.
Die Stimmenthaltung von anwesenden oder vertretenen Mitgliedern steht dem Zustandekommen
von Beschlüssen des Europäischen Rates, zu denen Einstimmigkeit erforderlich ist, nicht entgegen.
(2) Der Präsident des Europäischen Parlaments kann vom Europäischen Rat gehört werden.
(3) Der Europäische Rat beschließt mit einfacher Mehrheit über Verfahrensfragen sowie über den
Erlass seiner Geschäftsordnung.
(4) Der Europäische Rat wird vom Generalsekretariat des Rates unterstützt.
Unterabschnitt 3 Der Ministerrat
Artikel III-342
Der Rat wird von seinem Präsidenten aus eigenem Entschluss oder auf Antrag eines seiner Mitglieder
oder der Kommission einberufen.
Artikel III-343
(1) Jedes Mitglied des Rates kann sich das Stimmrecht höchstens eines anderen Mitglieds übertragen
lassen.
(2) Ist zu einem Beschluss des Rates die einfache Mehrheit erforderlich, so beschließt dieser mit der
Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder.
(3) Die Stimmenthaltung von anwesenden oder vertretenen Mitgliedern steht einer Beschlussfassung
des Rates, für die Einstimmigkeit erforderlich ist, nicht entgegen.
Artikel III-344
(1) Ein Ausschuss, der sich aus den Ständigen Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten
zusammensetzt, trägt die Verantwortung, die Arbeiten des Rates vorzubereiten und die ihm vom Rat
übertragenen Aufträge auszuführen. Der Ausschuss kann in Fällen, die in der Geschäftsordnung des
Rates festgelegt sind, Verfahrensbeschlüsse fassen.
(2) Der Rat wird von einem Generalsekretariat unterstützt, das einem vom Rat ernannten
Generalsekretär untersteht.
Der Rat entscheidet mit einfacher Mehrheit über die Organisation des Generalsekretariats.
(3) Der Rat beschließt mit einfacher Mehrheit über Verfahrensfragen sowie über den Erlass seiner
Geschäftsordnung.
Artikel III-345
Der Rat kann mit einfacher Mehrheit die Kommission auffordern, die nach seiner Ansicht zur
Verwirklichung der gemeinsamen Ziele geeigneten Untersuchungen vorzunehmen und ihm
entsprechende Vorschläge vorzulegen. Legt die Kommission keinen Vorschlag vor, so teilt sie dem
Rat die Gründe dafür mit.
Artikel III-346
Der Rat erlässt Europäische Beschlüsse über die rechtliche Stellung der in der Verfassung
vorgesehenen Ausschüsse. Er beschließt mit einfacher Mehrheit nach Anhörung der Kommission.
Unterabschnitt 4 Die Europäische Kommission
Artikel III-347
Die Mitglieder der Kommission haben jede Handlung zu unterlassen, die mit ihren Aufgaben
unvereinbar ist. Die Mitgliedstaaten achten ihre Unabhängigkeit und versuchen nicht, sie bei der
Erfüllung ihrer Aufgaben zu beeinflussen.
Die Mitglieder der Kommission dürfen während ihrer Amtszeit keine andere entgeltliche oder
unentgeltliche Berufstätigkeit ausüben. Bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit übernehmen sie die
feierliche Verpflichtung, während der Ausübung und nach Ablauf ihrer Amtstätigkeit die sich aus
ihrem Amt ergebenden Pflichten zu erfüllen, insbesondere die Pflicht, bei der Annahme gewisser
Tätigkeiten oder Vorteile nach Ablauf dieser Tätigkeit ehrenhaft und zurückhaltend zu sein. Werden
diese Pflichten verletzt, so kann der Gerichtshof auf Antrag des Rates, der mit einfacher Mehrheit
beschließt, oder der Kommission das Mitglied je nach Lage des Falles nach Artikel III-349 seines
Amtes entheben oder ihm seine Ruhegehaltsansprüche oder andere an ihrer Stelle gewährte
Vergünstigungen aberkennen.
Artikel III-348
(1) Abgesehen von den regelmäßigen Neubesetzungen und von Todesfällen endet das Amt eines
Mitglieds der Kommission durch Rücktritt oder Amtsenthebung.
(2) Für ein zurückgetretenes, seines Amtes enthobenes oder verstorbenes Mitglied der Kommission
wird für die verbleibende Amtszeit vom Rat mit Zustimmung des Präsidenten der Kommission nach
Anhörung des Europäischen Parlaments und nach den Anforderungen des Artikels i-26 Absatz 4 ein
neues Mitglied derselben Staatsangehörigkeit ernannt.
Der Rat kann auf Vorschlag des Präsidenten der Kommission einstimmig beschließen, dass ein
ausscheidendes Mitglied der Kommission für die verbleibende Amtszeit nicht ersetzt werden muss,
insbesondere wenn es sich um eine kurze Zeitspanne handelt.
(3) Bei Rücktritt, Amtsenthebung oder Tod des Präsidenten wird für die verbleibende Amtszeit nach
Artikel I-27 Absatz 1 ein Nachfolger ernannt.
(4) Bei Rücktritt, Amtsenthebung oder Tod des Außenministers der Union wird für die verbleibende
Amtszeit nach Artikel I-28 Absatz 1 ein Nachfolger ernannt.
(5) Bei Rücktritt aller Mitglieder der Kommission bleiben diese bis zur Neubesetzung ihres Sitzes
nach den Artikeln I-26 und I-27 für die verbleibende Amtszeit im Amt und führen die laufenden
Geschäfte weiter.
Artikel III-349
Jedes Mitglied der Kommission, das die Voraussetzungen für die Ausübung seines Amtes nicht mehr
erfüllt oder eine schwere Verfehlung begangen hat, kann auf Antrag des Rates, der mit einfacher
Mehrheit beschließt, oder der Kommission durch den Gerichtshof seines Amtes enthoben werden.
Artikel III-350
Die Zuständigkeiten der Kommission werden unbeschadet des Artikels I-28 Absatz 4 von ihrem
Präsidenten nach Artikel I-27 Absatz 3 gegliedert und zwischen ihren Mitgliedern aufgeteilt. Der
Präsident kann diese Zuständigkeitsverteilung im Laufe der Amtszeit ändern. Die Mitglieder der
Kommission üben die ihnen vom Präsidenten übertragenen Aufgaben unter dessen Leitung aus.
Artikel III-351
Die Beschlüsse der Kommission werden mit der Mehrheit der Mitglieder gefasst. Die Beschlussfähigkeit
wird in der Geschäftsordnung festgelegt.
Artikel III-352
(1) Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung, um ihr ordnungsgemäßes Arbeiten und das
ihrer Dienststellen zu gewährleisten. Sie sorgt für die Veröffentlichung dieser Geschäftsordnung.
(2) Die Kommission veröffentlicht jährlich, und zwar spätestens einen Monat vor Beginn der
Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments, einen Gesamtbericht über die Tätigkeit der Union.
Unterabschnitt 5 Der Gerichtshof der Europäischen Union
Artikel III-353
Der Gerichtshof tagt in Kammern, als Große Kammer oder als Plenum nach Maßgabe der Satzung
des Gerichtshofs der Europäischen Union.
Artikel III-354
Der Gerichtshof wird von acht Generalanwälten unterstützt. Auf Antrag des Gerichtshofs kann der
Rat einstimmig einen Europäischen Beschluss erlassen, um die Zahl der Generalanwälte zu erhöhen.
Der Generalanwalt hat öffentlich in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begründete
Schlussanträge zu den Rechtssachen zu stellen, in denen nach der Satzung des Gerichtshofs der
Europäischen Union seine Mitwirkung erforderlich ist.
Artikel III-355
Zu Richtern und Generalanwälten des Gerichtshofs sind Persönlichkeiten auszuwählen, die jede
Gewähr für Unabhängigkeit bieten und in ihrem Staat die für die höchsten richterlichen Ämter
erforderlichen Voraussetzungen erfüllen oder Juristen von anerkannt hervorragender Befähigung
sind; sie werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen nach
Anhörung des in Artikel III-357 vorgesehenen Ausschusses ernannt.
Alle drei Jahre findet nach Maßgabe der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union eine
teilweise Neubesetzung der Stellen der Richter und Generalanwälte statt.
Die Richter wählen aus ihrer Mitte den Präsidenten des Gerichtshofs für die Dauer von drei Jahren.
Wiederwahl ist zulässig.
Der Gerichtshof erlässt seine Verfahrensordnung. Sie bedarf der Genehmigung des Rates.
Artikel III-356
Die Zahl der Richter des Gerichts wird in der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union
festgelegt. In der Satzung kann vorgesehen werden, dass das Gericht von Generalanwälten unterstützt
wird.
Zu Mitgliedern des Gerichts sind Personen auszuwählen, die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten
und über die Befähigung zur Ausübung hoher richterlicher Tätigkeiten verfügen. Sie werden von den
Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen nach Anhörung des in
Artikel III-357 vorgesehenen Ausschusses ernannt. Alle drei Jahre wird das Gericht teilweise neu besetzt. Die Richter wählen aus ihrer Mitte den Präsidenten des Gerichts für die Dauer von drei Jahren. Wiederwahl ist zulässig. Das Gericht erlässt seine Verfahrensordnung im Einvernehmen mit dem Gerichtshof. Sie bedarf der Genehmigung des Rates. Soweit die Satzung nichts anderes vorsieht, finden die den Gerichtshof betreffenden Bestimmungen der Verfassung auf das Gericht Anwendung.
Artikel III-357
Es wird ein Ausschuss eingerichtet, der die Aufgabe hat, vor einer Ernennung durch die Regierungen
der Mitgliedstaaten nach den Artikeln III-355 und III-356 eine Stellungnahme über die Eignung der
Bewerber für die Ausübung des Amts eines Richters oder Generalanwalts beim Gerichtshof oder beim
Gericht abzugeben.
Der Ausschuss setzt sich aus sieben Persönlichkeiten zusammen, die aus dem Kreis ehemaliger
Mitglieder des Gerichtshofs und des Gerichts, der Mitglieder der höchsten einzelstaatlichen Gerichte
und der Juristen von anerkannt hervorragender Befähigung ausgewählt werden, von denen einer vom
Europäischen Parlament vorgeschlagen wird. Der Rat erlässt einen Europäischen Beschluss zur
Festlegung der Vorschriften für die Arbeitsweise und einen Europäischen Beschluss zur Ernennung
der Mitglieder dieses Ausschusses. Er beschließt auf Initiative des Präsidenten des Gerichtshofs.
Artikel III-358
(1) Das Gericht ist für Entscheidungen im ersten Rechtszug über die in den Artikeln III-365, III-367,
III-370, III-372 und III-374 genannten Klagen zuständig, mit Ausnahme derjenigen Klagen, die einem
nach Artikel III-359 eingerichteten Fachgericht übertragen werden, und der Klagen, die nach
Maßgabe der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union dem Gerichtshof vorbehalten sind. In
der Satzung kann vorgesehen werden, dass das Gericht für andere Kategorien von Klagen zuständig
ist.
Gegen die Entscheidungen des Gerichts aufgrund dieses Absatzes kann nach Maßgabe der
Bedingungen und innerhalb der Grenzen, die in der Satzung vorgesehen sind, beim Gerichtshof ein
auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel eingelegt werden.
(2) Das Gericht ist für Entscheidungen über Rechtsmittel gegen die Entscheidungen der Fachgerichte
zuständig.
Die Entscheidungen des Gerichts aufgrund dieses Absatzes können unter den Bedingungen und
innerhalb der Grenzen, die in der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union vorgesehen sind,
in Ausnahmefällen vom Gerichtshof überprüft werden, wenn die ernste Gefahr besteht, dass die
Einheit oder die Kohärenz des Unionsrechts berührt wird.
(3) Das Gericht ist auf besonderen, in der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union
festgelegten Sachgebieten für Vorabentscheidungen nach Artikel III-369 zuständig.
Wenn das Gericht der Auffassung ist, dass eine Rechtssache eine Grundsatzentscheidung erfordert,
die die Einheit oder die Kohärenz des Unionsrechts berühren könnte, kann es die Rechtssache zur
Entscheidung an den Gerichtshof verweisen.
Die Entscheidungen des Gerichts über Anträge auf Vorabentscheidung können unter den
Bedingungen und innerhalb der Grenzen, die in der Satzung vorgesehen sind, in Ausnahmefällen
vom Gerichtshof überprüft werden, wenn die ernste Gefahr besteht, dass die Einheit oder die
Kohärenz des Unionsrechts berührt wird.
Artikel III-359
(1) Durch Europäisches Gesetz können dem Gericht beigeordnete Fachgerichte eingerichtet werden,
die für Entscheidungen im ersten Rechtszug über bestimmte Kategorien von Klagen zuständig sind,
die auf besonderen Sachgebieten erhoben werden. Es wird entweder auf Vorschlag der Kommission
nach Anhörung des Gerichtshofs oder auf Antrag des Gerichtshofs nach Anhörung der Kommission
erlassen.
(2) In dem Europäischen Gesetz über die Einrichtung eines Fachgerichts werden die Regeln für die
Zusammensetzung dieses Gerichts und die ihm zugewiesenen Befugnisse festgelegt.
(3) Gegen die Entscheidungen der Fachgerichte kann vor dem Gericht ein auf Rechtsfragen
beschränktes Rechtsmittel oder, wenn das Europäische Gesetz über die Einrichtung des Fachgerichts
dies vorsieht, ein auch Sachfragen betreffendes Rechtsmittel eingelegt werden.
(4) Zu Mitgliedern der Fachgerichte sind Personen auszuwählen, die jede Gewähr für Unabhängigkeit
bieten und über die Befähigung zur Ausübung richterlicher Tätigkeiten verfügen. Sie
werden vom Rat ernannt, der einstimmig beschließt.
(5) Die Fachgerichte erlassen ihre Verfahrensordnung im Einvernehmen mit dem Gerichtshof. Diese
Verfahrensordnung bedarf der Genehmigung des Rates.
(6) Soweit das Europäische Gesetz über die Einrichtung des Fachgerichts nichts anderes vorsieht,
finden die den Gerichtshof der Europäischen Union betreffenden Bestimmungen der Verfassung und
die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union auf die Fachgerichte Anwendung. Titel I und
Artikel 64 der Satzung gelten auf jeden Fall für die Fachgerichte.
Artikel III-360
Hat ein Mitgliedstaat nach Auffassung der Kommission gegen eine Verpflichtung aus der Verfassung
verstoßen, so gibt sie eine mit Gründen versehene Stellungnahme hierzu ab; sie hat diesem Staat
zuvor Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
Kommt der betreffende Staat dieser Stellungnahme innerhalb der von der Kommission gesetzten Frist
nicht nach, so kann die Kommission den Gerichtshof der Europäischen Union anrufen.
Artikel III-361
Jeder Mitgliedstaat kann den Gerichtshof der Europäischen Union anrufen, wenn er der Auffassung
ist, dass ein anderer Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus der Verfassung verstoßen hat.
Bevor ein Mitgliedstaat wegen einer angeblichen Verletzung der Verpflichtungen aus der Verfassung
gegen einen anderen Staat Klage erhebt, muss er die Kommission damit befassen.
Die Kommission erlässt eine mit Gründen versehene Stellungnahme; sie gibt den beteiligten Staaten
zuvor Gelegenheit zu schriftlicher und mündlicher Äußerung in einem kontradiktorischen Verfahren.
Gibt die Kommission binnen drei Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem ein entsprechender Antrag
gestellt wurde, keine Stellungnahme ab, so kann ungeachtet des Fehlens der Stellungnahme vor dem
Gerichtshof geklagt werden.
Artikel III-362
(1) Stellt der Gerichtshof der Europäischen Union fest, dass ein Mitgliedstaat gegen eine
Verpflichtung aus der Verfassung verstoßen hat, so hat dieser Staat die Maßnahmen zu ergreifen,
die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergeben.
(2) Hat der betreffende Mitgliedstaat die Maßnahmen, die sich aus dem in Absatz 1 genannten
Urteil ergeben, nach Auffassung der Kommission nicht getroffen, so kann die Kommission den
Gerichtshof der Europäischen Union anrufen, nachdem sie diesem Staat zuvor Gelegenheit zur
Äußerung gegeben hat. Hierbei benennt sie die Höhe des von dem betreffenden Mitgliedstaat zu
zahlenden Pauschalbetrags oder Zwangsgelds, die sie den Umständen nach für angemessen hält.
Stellt der Gerichtshof fest, dass der betreffende Mitgliedstaat seinem Urteil nicht nachgekommen ist,
so kann er die Zahlung eines Pauschalbetrags oder Zwangsgelds verhängen.
Dieses Verfahren lässt den Artikel III-361 unberührt.
(3) Erhebt die Kommission beim Gerichtshof der Europäischen Union Klage nach Artikel III-360,
weil sie der Auffassung ist, dass der betreffende Mitgliedstaat gegen seine Verpflichtung verstoßen hat,
Maßnahmen zur Umsetzung eines Europäischen Rahmengesetzes mitzuteilen, so kann sie, wenn sie
dies für zweckmäßig hält, die Höhe des von dem betreffenden Mitgliedstaat zu zahlenden
Pauschalbetrags oder Zwangsgelds benennen, die sie den Umständen nach für angemessen hält.
Stellt der Gerichtshof einen Verstoß fest, so kann er gegen den betreffenden Mitgliedstaat die Zahlung
eines Pauschalbetrags oder eines Zwangsgelds bis zur Höhe des von der Kommission genannten
Betrags verhängen. Die Zahlungsverpflichtung gilt ab dem vom Gerichtshof in seinem Urteil
festgelegten Zeitpunkt.
Artikel III-363
In den Europäischen Gesetzen oder Verordnungen des Rates kann dem Gerichtshof der Europäischen
Union eine Zuständigkeit übertragen werden, die die Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung
und zur Änderung oder Verhängung der in ihnen vorgesehenen Sanktionen umfasst.
Artikel III-364
Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen der Verfassung kann dem Gerichtshof der Europäischen
Union durch Europäisches Gesetz in dem darin festgelegten Umfang die Zuständigkeit übertragen
werden, über Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Anwendung von aufgrund der
Verfassung angenommenen Rechtsakten, mit denen europäische Rechtstitel für das geistige Eigentum
geschaffen werden, zu entscheiden.
Artikel III-365
(1) Der Gerichtshof der Europäischen Union überwacht die Rechtmäßigkeit der Europäischen
Gesetze und Rahmengesetze sowie der Handlungen des Rates, der Kommission und der Europäischen
Zentralbank, soweit es sich nicht um Empfehlungen oder Stellungnahmen handelt, und der
Handlungen des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates mit Rechtswirkung gegenüber
Dritten. Er überwacht ebenfalls die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Einrichtungen oder sonstigen
Stellen der Union mit Rechtswirkung gegenüber Dritten.
(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 ist der Gerichtshof der Europäischen Union für Klagen zuständig,
die ein Mitgliedstaat, das Europäische Parlament, der Rat oder die Kommission wegen
Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung der Verfassung oder einer
bei ihrer Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauchs erhebt.
(3) Der Gerichtshof der Europäischen Union ist unter den in den Absätzen 1 und 2 genannten
Bedingungen zuständig für Klagen des Rechnungshofs, der Europäischen Zentralbank und des
Ausschusses der Regionen, die auf die Wahrung ihrer Rechte abzielen.
(4) Jede natürliche oder juristische Person kann unter den in den Absätzen 1 und 2 genannten
Bedingungen gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden
Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und
keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben.
(5) In den Rechtsakten zur Gründung von Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union können
besondere Bedingungen und Einzelheiten für die Erhebung von Klagen von natürlichen oder
juristischen Personen gegen Handlungen dieser Einrichtungen und sonstigen Stellen vorgesehen
werden, die eine Rechtswirkung gegenüber diesen Personen haben.
(6) Die in diesem Artikel vorgesehenen Klagen sind binnen zwei Monaten zu erheben; diese Frist
läuft je nach Lage des Falles von der Veröffentlichung der betreffenden Handlung, ihrer Bekanntgabe
an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem Zeitpunkt an, zu dem der Kläger von dieser
Handlung Kenntnis erlangt hat.
Artikel III-366
Ist die Klage begründet, so erklärt der Gerichtshof der Europäischen Union die angefochtene
Handlung für nichtig.
Erklärt er eine Handlung für nichtig, so bezeichnet er, falls er dies für notwendig hält, diejenigen ihrer
Wirkungen, die als fortgeltend zu betrachten sind.
Artikel III-367
Unterlässt es das Europäische Parlament, der Europäische Rat, der Rat, die Kommission oder die
Europäische Zentralbank, unter Verletzung der Verfassung, tätig zu werden, so können die
Mitgliedstaaten und die anderen Organe der Union beim Gerichtshof der Europäischen Union Klage
auf Feststellung dieser Verfassungsverletzung erheben. Dieser Artikel gilt entsprechend für die
Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, die es unterlassen, tätig zu werden.
Diese Klage ist nur zulässig, wenn die betreffenden Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen
zuvor aufgefordert worden sind, tätig zu werden. Haben sie binnen zwei Monaten nach dieser
Aufforderung nicht Stellung genommen, so kann die Klage innerhalb einer weiteren Frist von zwei
Monaten erhoben werden.
Jede natürliche oder juristische Person kann nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 vor dem Gerichtshof
Beschwerde darüber führen, dass ein Organ, eine Einrichtung oder eine sonstige Stelle der Union es
unterlassen hat, einen anderen Akt als eine Empfehlung oder eine Stellungnahme an sie zu richten.
Artikel III-368
Die Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen, von denen die für nichtig erklärte Handlung
ausging oder deren Untätigkeit als verfassungswidrig erklärt wurde, haben die sich aus dem Urteil des
Gerichtshofs der Europäischen Union ergebenden Maßnahmen zu ergreifen.
Diese Verpflichtung besteht unbeschadet der Verpflichtungen, die sich aus der Anwendung des
Artikels III-431 Absatz 2 ergeben.
Artikel III-369
Der Gerichtshof der Europäischen Union entscheidet im Wege der Vorabentscheidung
a) über die Auslegung der Verfassung,
b) über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen und sonstigen
Stellen der Union.
Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine
Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem
Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen.
Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht
gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts
angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet.
Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren, das eine inhaftierte Person betrifft, bei
einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, so entscheidet der Gerichtshof innerhalb kürzester Zeit.
Artikel III-370
Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für Streitsachen über den in Artikel III-431 Absätze 2
und 3 vorgesehenen Schadensersatz zuständig.
Artikel III-371
Der Gerichtshof ist für Entscheidungen über die Rechtmäßigkeit eines nach Artikel I-59 erlassenen
Rechtsakts des Europäischen Rates oder des Rates nur auf Antrag des von einer Feststellung des
Europäischen Rates oder des Rates betroffenen Mitgliedstaats und lediglich im Hinblick auf die
Einhaltung der in dem genannten Artikel vorgesehenen Verfahrensbestimmungen zuständig.
Der Antrag muss binnen eines Monats nach der jeweiligen Feststellung gestellt werden. Der
Gerichtshof entscheidet binnen eines Monats nach Antragstellung.
Artikel III-372
Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für alle Streitsachen zwischen der Union und deren
Bediensteten innerhalb der Grenzen und nach Maßgabe der Bedingungen zuständig, die im Statut der
Beamten und in den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten festgelegt sind.
Artikel III-373
Der Gerichtshof der Europäischen Union ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zuständig
in Streitsachen über
a) die Erfüllung der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus der Satzung der Europäischen
Investitionsbank. Der Verwaltungsrat der Bank besitzt hierbei die der Kommission in Artikel III-
360 übertragenen Befugnisse;
b) die Beschlüsse des Rates der Gouverneure der Europäischen Investitionsbank. Jeder Mitgliedstaat,
die Kommission und der Verwaltungsrat der Bank können hierzu nach Maßgabe des
Artikels III-365 Klage erheben;
c) die Beschlüsse des Verwaltungsrats der Europäischen Investitionsbank. Diese können nach
Maßgabe des Artikels III-365 nur von Mitgliedstaaten oder der Kommission und lediglich wegen
Verletzung der Formvorschriften des Artikels 19 Absätze 2, 5, 6 und 7 der Satzung der
Investitionsbank angefochten werden;
d) die Erfüllung der sich aus der Verfassung und der Satzung des Europäischen Systems der
Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank ergebenden Verpflichtungen durch die
nationalen Zentralbanken. Der Rat der Europäischen Zentralbank besitzt hierbei gegenüber den
nationalen Zentralbanken die Befugnisse, die der Kommission in Artikel III-360 gegenüber den
Mitgliedstaaten eingeräumt werden. Stellt der Gerichtshof der Europäischen Union fest, dass eine
nationale Zentralbank gegen eine Verpflichtung aus der Verfassung verstoßen hat, so hat diese
Bank die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergeben.
Artikel III-374
Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für Entscheidungen aufgrund einer Schiedsklausel
zuständig, die in einem von der Union oder für ihre Rechnung abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen
oder privatrechtlichen Vertrag enthalten ist.
Artikel III-375
(1) Soweit keine Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund der Verfassung
besteht, sind Streitsachen, bei denen die Union Partei ist, der Zuständigkeit der einzelstaatlichen
Gerichte nicht entzogen.
(2) Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung der
Verfassung nicht anders als in der Verfassung vorgesehen zu regeln.
(3) Der Gerichtshof ist zuständig für Entscheidungen über jede mit dem Gegenstand der Verfassung
in Zusammenhang stehende Streitigkeit zwischen Mitgliedstaaten, wenn diese bei ihm aufgrund eines
Schiedsvertrags anhängig gemacht wird.
Artikel III-376
Der Gerichtshof der Europäischen Union ist nicht zuständig im Bereich der Artikel I-40 und I-41, im
Bereich des Titels V KAPITEL II über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und im Bereich der
Artikel III-293, soweit er die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik betrifft.
Der Gerichtshof ist jedoch zuständig für die Kontrolle der Einhaltung von Artikel III-308 und für die
unter den Voraussetzungen des Artikels III-365 Absatz 4 erhobenen Klagen im Zusammenhang mit
der Überwachung der Rechtmäßigkeit Europäischer Beschlüsse über restriktive Maßnahmen
gegenüber natürlichen oder juristischen Personen, die der Rat auf der Grundlage von Titel V
KAPITEL II erlassen hat.
Artikel III-377
Bei der Ausübung seiner Befugnisse im Rahmen der Bestimmungen von Titel III KAPITEL IV
Abschnitte 4 und 5 über den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
ist der Gerichtshof der Europäischen Union nicht zuständig für die Überprüfung der Gültigkeit oder Verhältnismäßigkeit
von Maßnahmen der Polizei oder anderer Strafverfolgungsbehörden eines Mitgliedstaats oder der
Wahrnehmung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit.
Artikel III-378
Ungeachtet des Ablaufs der in Artikel III-365 Absatz 6 genannten Frist kann jede Partei in einem
Rechtsstreit, bei dem die Rechtmäßigkeit eines von einem Organ, einer Einrichtung oder einer
sonstigen Stelle der Union erlassenen Rechtsakts mit allgemeiner Geltung angefochten wird, vor dem
Gerichtshof der Europäischen Union die Unanwendbarkeit dieses Rechtsakts aus den in Artikel III-365
Absatz 2 genannten Gründen geltend machen.
Artikel III-379
(1) Klagen beim Gerichtshof der Europäischen Union haben keine aufschiebende Wirkung. Der
Gerichtshof kann jedoch, wenn er dies den Umständen nach für nötig hält, die Durchführung der
angefochtenen Handlung aussetzen.
(2) Der Gerichtshof der Europäischen Union kann in den bei ihm anhängigen Sachen die
erforderlichen einstweiligen Anordnungen treffen.
Artikel III-380
Die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union sind nach Artikel III-401 vollstreckbar.
Artikel III-381
Die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union wird in einem Protokoll festgelegt.
Durch Europäisches Gesetz kann die Satzung mit Ausnahme ihres Titels I und ihres Artikels 64
geändert werden. Es wird entweder auf Antrag des Gerichtshofs nach Anhörung der Kommission
oder auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Gerichtshofs erlassen.
Unterabschnitt 6 Die Europäische Zentralbank
Artikel III-382
(1) Der Rat der Europäischen Zentralbank besteht aus den Mitgliedern des Direktoriums der
Europäischen Zentralbank und den Präsidenten der nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, für
die keine Ausnahmeregelung im Sinne des Artikels III-197 gilt.
(2) Das Direktorium besteht aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und vier weiteren
Mitgliedern.
Der Präsident, der Vizepräsident und die weiteren Mitglieder des Direktoriums werden vom
Europäischen Rat auf Empfehlung des Rates nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des
Rates der Europäischen Zentralbank aus dem Kreis der in Währungs- oder Bankfragen anerkannten
und erfahrenen Persönlichkeiten mit qualifizierter Mehrheit ernannt.
Ihre Amtszeit beträgt acht Jahre; Wiederernennung ist nicht zulässig.
Nur Staatsangehörige der Mitgliedstaaten können Mitglieder des Direktoriums werden.
Artikel III-383
(1) Der Präsident des Rates und ein Mitglied der Kommission können ohne Stimmrecht an den
Sitzungen des Rates der Europäischen Zentralbank teilnehmen.
Der Präsident des Rates kann dem Rat der Europäischen Zentralbank einen Antrag zur Beratung
vorlegen.
(2) Der Präsident der Europäischen Zentralbank wird zur Teilnahme an den Tagungen des Rates
eingeladen, wenn dieser Fragen im Zusammenhang mit den Zielen und Aufgaben des Europäischen
Systems der Zentralbanken erörtert.
(3) Die Europäische Zentralbank unterbreitet dem Europäischen Parlament, dem Europäischen Rat,
dem Rat und der Kommission einen Jahresbericht über die Tätigkeit des Europäischen Systems der
Zentralbanken und die Geld- und Währungspolitik im vergangenen und im laufenden Jahr. Der
Präsident der Europäischen Zentralbank legt den Bericht dem Europäischen Parlament, das auf dieser
Grundlage eine allgemeine Aussprache durchführen kann, und dem Rat vor.
Der Präsident der Europäischen Zentralbank und die anderen Mitglieder des Direktoriums können auf
Ersuchen des Europäischen Parlaments oder auf ihre Initiative von den zuständigen Gremien des
Europäischen Parlaments gehört werden.
Unterabschnitt 7 Der Rechnungshof
Artikel III-384
(1) Der Rechnungshof prüft die Rechnung über alle Einnahmen und Ausgaben der Union. Er prüft
ebenfalls die Rechnung über alle Einnahmen und Ausgaben jeder Einrichtung und jeder sonstigen
Stelle der Union, soweit der Rechtsakt zur Errichtung dieser Einrichtung oder dieser Stelle dies nicht
ausschließt.
Der Rechnungshof legt dem Europäischen Parlament und dem Rat eine Erklärung über die
Zuverlässigkeit der Rechnungsführung sowie die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der
zugrunde liegenden Vorgänge vor, die im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wird. Diese
Erklärung kann durch spezifische Beurteilungen zu allen größeren Tätigkeitsbereichen der Union
ergänzt werden.
(2) Der Rechungshof prüft die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Einnahmen und
Ausgaben und überzeugt sich von der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung. Dabei berichtet er
insbesondere über alle Fälle von Unregelmäßigkeiten.
Die Prüfung der Einnahmen erfolgt anhand der Feststellungen und der Zahlungen der Einnahmen an
die Union.
Die Prüfung der Ausgaben erfolgt anhand der Mittelbindungen und der Zahlungen.
Diese Prüfungen können vor Abschluss der Rechnung des betreffenden Haushaltsjahrs durchgeführt
werden.
(3) Die Prüfung wird anhand der Rechnungsunterlagen und erforderlichenfalls an Ort und Stelle bei
den anderen Organen und in den Räumlichkeiten aller Einrichtungen und sonstigen Stellen, die
Einnahmen oder Ausgaben für Rechnung der Union verwalten, sowie der natürlichen und
juristischen Personen, die Zahlungen aus dem Haushalt erhalten, und in den Mitgliedstaaten
durchgeführt. Die Prüfung in den Mitgliedstaaten erfolgt in Verbindung mit den einzelstaatlichen
Rechnungsprüfungsorganen oder, wenn diese nicht über die erforderliche Zuständigkeit verfügen, mit
den zuständigen einzelstaatlichen Dienststellen. Der Rechnungshof und die einzelstaatlichen
Rechnungsprüfungsorgane arbeiten unter Wahrung ihrer Unabhängigkeit vertrauensvoll zusammen.
Diese Organe oder Dienststellen teilen dem Rechnungshof mit, ob sie an der Prüfung teilzunehmen
beabsichtigen.
Die anderen Organe, die Einrichtungen oder die sonstigen Stellen, die Einnahmen oder Ausgaben für
Rechnung der Union verwalten, die natürlichen oder juristischen Personen, die Zahlungen aus dem
Haushalt erhalten, und die einzelstaatlichen Rechnungsprüfungsorgane oder, wenn diese nicht über
die erforderliche Zuständigkeit verfügen, die zuständigen einzelstaatlichen Dienststellen übermitteln
dem Rechnungshof auf dessen Antrag die für die Erfüllung seiner Aufgabe erforderlichen Unterlagen
oder Informationen.
Die Rechte des Rechnungshofs auf Zugang zu Informationen der Europäischen Investitionsbank im
Zusammenhang mit deren Tätigkeit bei der Verwaltung von Einnahmen und Ausgaben der Union
werden in einer Vereinbarung zwischen dem Rechnungshof, der Bank und der Kommission geregelt.
Der Rechnungshof hat auch dann Recht auf Zugang zu den Informationen, die für die Prüfung der
von der Bank verwalteten Einnahmen und Ausgaben der Union erforderlich sind, wenn eine
entsprechende Vereinbarung nicht besteht.
(4) Der Rechnungshof erstellt nach Abschluss eines jeden Haushaltsjahrs einen Jahresbericht. Dieser
Bericht wird den anderen Organen vorgelegt und im Amtsblatt der Europäischen Union zusammen mit
den Antworten dieser Organe auf die Bemerkungen des Rechnungshofs veröffentlicht.
Er kann ferner jederzeit seine Bemerkungen zu besonderen Fragen vorlegen, insbesondere in Form
von Sonderberichten, und auf Antrag eines der anderen Organe Stellungnahmen abgeben.
Er nimmt seine jährlichen Berichte, Sonderberichte oder Stellungnahmen mit der Mehrheit seiner
Mitglieder an. Er kann jedoch für die Annahme bestimmter Arten von Berichten oder
Stellungnahmen nach Maßgabe seiner Geschäftsordnung Kammern bilden.
Er unterstützt das Europäische Parlament und den Rat bei der Kontrolle der Ausführung des
Haushaltsplans.
Er gibt sich eine Geschäftsordnung. Diese bedarf der Genehmigung des Rates.
Artikel III-385
(1) Zu Mitgliedern des Rechnungshofs sind Persönlichkeiten auszuwählen, die in ihren jeweiligen
Staaten Rechnungsprüfungsorganen angehören oder angehört haben oder die für dieses Amt
besonders geeignet sind. Sie müssen jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten.
(2) Die Mitglieder des Rechnungshofs werden auf sechs Jahre ernannt. Ihre Wiederernennung ist
zulässig. Der Rat erlässt einen Europäischen Beschluss zur Festlegung der entsprechend den
Vorschlägen der einzelnen Mitgliedstaaten erstellten Liste der Mitglieder. Er beschließt nach Anhörung
des Europäischen Parlaments.
Die Mitglieder des Rechnungshofs wählen aus ihrer Mitte ihren Präsidenten für drei Jahre.
Wiederwahl ist zulässig.
(3) Die Mitglieder des Rechnungshofs dürfen bei der Erfüllung ihrer Pflichten Weisungen von einer
Regierung oder einer anderen Stelle weder einholen noch entgegennehmen. Sie haben jede Handlung
zu unterlassen, die mit ihren Aufgaben unvereinbar ist.
(4) Die Mitglieder des Rechnungshofs dürfen während ihrer Amtszeit keine andere entgeltliche oder
unentgeltliche Berufstätigkeit ausüben. Bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit übernehmen sie die
feierliche Verpflichtung, während der Ausübung und nach Ablauf ihrer Amtstätigkeit die sich aus
ihrem Amt ergebenden Pflichten zu erfüllen, insbesondere die Pflicht, bei der Annahme gewisser
Tätigkeiten oder Vorteile nach Ablauf dieser Tätigkeit ehrenhaft und zurückhaltend zu sein.
(5) Abgesehen von regelmäßigen Neubesetzungen und von Todesfällen endet das Amt eines
Mitglieds des Rechnungshofs durch Rücktritt oder durch Amtsenthebung durch den Gerichtshof nach
Absatz 6.
Für das ausscheidende Mitglied wird für die verbleibende Amtszeit ein Nachfolger ernannt.
Außer im Fall der Amtsenthebung bleiben die Mitglieder des Rechnungshofs bis zur Neubesetzung
ihres Sitzes im Amt.
(6) Ein Mitglied des Rechnungshofs kann nur dann seines Amtes enthoben oder seiner
Ruhegehaltsansprüche oder anderer an ihrer Stelle gewährter Vergünstigungen für verlustig erklärt
werden, wenn der Gerichtshof auf Antrag des Rechnungshofs feststellt, dass es nicht mehr die
erforderlichen Voraussetzungen erfüllt oder den sich aus seinem Amt ergebenden Verpflichtungen
nicht mehr nachkommt.
ABSCHNITT 2 DIE BERATENDEN EINRICHTUNGEN DER UNION
Unterabschnitt 1 Der Ausschuss der Regionen
Artikel III-386
Der Ausschuss der Regionen hat höchstens 350 Mitglieder. Der Rat erlässt einstimmig auf Vorschlag
der Kommission einen Europäischen Beschluss über die Zusammensetzung des Ausschusses.
Die Mitglieder des Ausschusses und eine gleiche Anzahl von Stellvertretern werden für fünf Jahre
ernannt. Wiederernennung ist zulässig. Ein Mitglied des Ausschusses darf nicht gleichzeitig Mitglied
des Europäischen Parlaments sein.
Der Rat erlässt den Europäischen Beschluss zur Festlegung der entsprechend den Vorschlägen der
einzelnen Mitgliedstaaten erstellten Liste der Mitglieder und Stellvertreter.
Die Amtszeit der Mitglieder des Ausschusses endet automatisch bei Ablauf des in Artikel I-32
Absatz 2 genannten Mandats, aufgrund dessen sie vorgeschlagen wurden; für die verbleibende
Amtszeit wird nach demselben Verfahren ein Nachfolger ernannt.
Artikel III-387
Der Ausschuss der Regionen wählt aus seiner Mitte seinen Präsidenten und sein Präsidium für
zweieinhalb Jahre.
Er wird von seinem Präsidenten auf Antrag des Europäischen Parlaments, des Rates oder der
Kommission einberufen. Er kann auch von sich aus zusammentreten.
Er gibt sich eine Geschäftsordnung.
Artikel III-388
Der Ausschuss der Regionen wird vom Europäischen Parlament, vom Rat oder von der Kommission
in den in der Verfassung vorgesehenen und in allen anderen Fällen gehört, in denen eines dieser
Organe dies für zweckmäßig erachtet, insbesondere in Fällen, welche die grenzüberschreitende
Zusammenarbeit betreffen.
Wenn das Europäische Parlament, der Rat oder die Kommission es für notwendig erachten, setzen sie
dem Ausschuss für die Vorlage seiner Stellungnahme eine Frist; diese beträgt mindestens einen Monat
ab Eingang der entsprechenden Mitteilung beim Präsidenten des Ausschusses. Nach Ablauf der Frist
kann das Fehlen einer Stellungnahme unberücksichtigt bleiben.
Wird der Wirtschafts- und Sozialausschuss gehört, so wird der Ausschuss der Regionen vom
Europäischen Parlament, vom Rat oder von der Kommission über dieses Ersuchen um Stellungnahme
unterrichtet. Der Ausschuss der Regionen kann eine entsprechende Stellungnahme abgeben, wenn er
der Auffassung ist, dass spezifische regionale Interessen berührt werden. Er kann auch von sich aus
eine Stellungnahme abgeben.
Die Stellungnahme des Ausschusses sowie ein Bericht über seine Beratungen werden dem
Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission übermittelt.
Unterabschnitt 2 Der Wirtschafts- und Sozialausschuss
Artikel III-389
Der Wirtschafts- und Sozialausschuss hat höchstens 350 Mitglieder. Der Rat erlässt einstimmig auf
Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss über die Zusammensetzung des
Ausschusses.
Artikel III-390
Die Mitglieder des Wirtschafts- und Sozialausschusses werden für fünf Jahre ernannt. Wiederernennung
ist zulässig.
Der Rat erlässt den Europäischen Beschluss zur Festlegung der entsprechend den Vorschlägen der
einzelnen Mitgliedstaaten erstellten Liste der Mitglieder.
Der Rat beschließt nach Anhörung der Kommission. Er kann die Meinung der maßgeblichen
europäischen Organisationen der verschiedenen Zweige des Wirtschafts- und Soziallebens und der
Zivilgesellschaft einholen, die von der Tätigkeit der Union betroffen sind.
Artikel III-391
Der Wirtschafts- und Sozialausschuss wählt aus seiner Mitte seinen Präsidenten und sein Präsidium
für zweieinhalb Jahre.
Er wird von seinem Präsidenten auf Antrag des Europäischen Parlaments, des Rates oder der
Kommission einberufen. Er kann auch von sich aus zusammentreten.
Er gibt sich eine Geschäftsordnung.
Artikel III-392
Der Wirtschafts- und Sozialausschuss wird vom Europäischen Parlament, vom Rat oder von der
Kommission in den in der Verfassung vorgesehenen Fällen gehört. Er kann von diesen Organen in
allen Fällen gehört werden, in denen sie dies für zweckmäßig erachten. Er kann auch von sich aus
Stellungnahmen abgeben.
Wenn das Europäische Parlament, der Rat oder die Kommission es für notwendig erachten, setzen sie
dem Ausschuss für die Vorlage seiner Stellungnahme eine Frist; diese beträgt mindestens einen Monat
ab Eingang der Mitteilung beim Präsidenten des Ausschusses. Nach Ablauf der Frist kann das Fehlen
einer Stellungnahme unberücksichtigt bleiben.
Die Stellungnahmen des Ausschusses sowie ein Bericht über seine Beratungen werden dem
Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission übermittelt.
ABSCHNITT 3 DIE EUROPÄISCHE INVESTITIONSBANK
Artikel III-393
Die Europäische Investitionsbank besitzt Rechtspersönlichkeit.
Mitglieder sind die Mitgliedstaaten.
Die Satzung der Europäischen Investitionsbank ist Gegenstand eines Protokolls.
Die Satzung der Europäischen Investitionsbank kann durch Europäisches Gesetz des Rates geändert
werden. Der Rat beschließt einstimmig entweder auf Antrag der Europäischen Investitionsbank nach
Anhörung des Europäischen Parlaments und der Kommission oder auf Vorschlag der Kommission
nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der Europäischen Investitionsbank.
Artikel III-394
Aufgabe der Europäischen Investitionsbank ist es, zu einer ausgewogenen und reibungslosen
Entwicklung des Binnenmarktes im Interesse der Union beizutragen; hierbei bedient sie sich des
Kapitalmarkts sowie ihrer eigenen Mittel. In diesem Sinne erleichtert sie ohne Verfolgung eines
Erwerbszwecks, insbesondere durch Gewährung von Darlehen und Bürgschaften, die Finanzierung
der nachstehend bezeichneten Vorhaben in allen Wirtschaftszweigen:
a) Vorhaben zur Erschließung der weniger entwickelten Gebiete;
b) Vorhaben zur Modernisierung oder Umstellung von Unternehmen oder zur Schaffung neuer
Arbeitsmöglichkeiten, die sich aus der Verwirklichung oder dem Funktionieren des Binnenmarktes
ergeben und wegen ihres Umfangs oder ihrer Art mit den in den einzelnen
Mitgliedstaaten vorhandenen Mitteln nicht vollständig finanziert werden können;
c) Vorhaben von gemeinsamem Interesse für mehrere Mitgliedstaaten, die wegen ihres Umfangs
oder ihrer Art mit den in den einzelnen Mitgliedstaaten vorhandenen Mitteln nicht vollständig
finanziert werden können.
In Erfüllung ihrer Aufgabe erleichtert die Europäische Investitionsbank die Finanzierung von
Investitionsprogrammen in Verbindung mit der Unterstützung aus den Strukturfonds und anderen
Finanzierungsinstrumenten der Union.
ABSCHNITT 4 GEMEINSAME BESTIMMUNGEN FÜR DIE ORGANE, EINRICHTUNGEN UND SONSTIGEN STELLEN DER UNION
Artikel III-395
(1) Wird der Rat aufgrund der Verfassung auf Vorschlag der Kommission tätig, so kann er diesen
Vorschlag nur einstimmig abändern; dies gilt nicht in den Fällen nach Artikel I-55, Artikel I-56,
Artikel III-396 Absätze 10 und 13, Artikel III-404 und Artikel III-405 Absatz 2.
(2) Solange der Rat nicht beschlossen hat, kann die Kommission ihren Vorschlag jederzeit im
Verlauf der Verfahren zur Annahme eines Rechtsakts der Union ändern.
Artikel III-396
(1) Werden Europäische Gesetze oder Rahmengesetze nach Maßgabe der Verfassung im
ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen, so gilt das nachstehende Verfahren.
(2) Die Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Vorschlag.
Erste Lesung
(3) Das Europäische Parlament legt seinen Standpunkt in erster Lesung fest und übermittelt ihn
dem Rat.
(4) Billigt der Rat den Standpunkt des Europäischen Parlaments, so ist der betreffende Rechtsakt in
der Fassung des Standpunkts des Europäischen Parlaments erlassen.
(5) Billigt der Rat den Standpunkt des Europäischen Parlaments nicht, so legt er seinen Standpunkt
in erster Lesung fest und übermittelt ihn dem Europäischen Parlament.
(6) Der Rat unterrichtet das Europäische Parlament in allen Einzelheiten über die Gründe, aus denen
er seinen Standpunkt in erster Lesung festgelegt hat. Die Kommission unterrichtet das Europäische
Parlament in allen Einzelheiten über ihren Standpunkt.
Zweite Lesung
(7) Hat das Europäische Parlament binnen drei Monaten nach der Übermittlung
a) den Standpunkt des Rates in erster Lesung gebilligt oder sich nicht geäußert, so gilt der
betreffende Rechtsakt als in der Fassung des Standpunkts des Rates erlassen;
b) den Standpunkt des Rates in erster Lesung mit der Mehrheit seiner Mitglieder abgelehnt, so gilt
der vorgeschlagene Rechtsakt als nicht erlassen;
c) mit der Mehrheit seiner Mitglieder Abänderungen an dem Standpunkt des Rates in erster Lesung
vorgeschlagen, so wird die abgeänderte Fassung dem Rat und der Kommission zugeleitet; die
Kommission gibt eine Stellungnahme zu diesen Abänderungen ab.
(8) Hat der Rat binnen drei Monaten nach Eingang der Abänderungen des Europäischen Parlaments
mit qualifizierter Mehrheit
a) alle diese Abänderungen gebilligt, so gilt der betreffende Rechtsakt als erlassen;
b) nicht alle Abänderungen gebilligt, so beruft der Präsident des Rates im Einvernehmen mit dem
Präsidenten des Europäischen Parlaments binnen sechs Wochen den Vermittlungsausschuss ein.
(9) Über Abänderungen, zu denen die Kommission eine ablehnende Stellungnahme abgegeben hat,
beschließt der Rat einstimmig.
Vermittlung
(10) Der Vermittlungsausschuss, der aus den Mitgliedern des Rates oder deren Vertretern und
ebenso vielen das Europäische Parlament vertretenden Mitgliedern besteht, hat die Aufgabe, mit der
qualifizierten Mehrheit der Mitglieder des Rates oder deren Vertretern und der Mehrheit der das
Europäische Parlament vertretenden Mitglieder binnen sechs Wochen nach seiner Einberufung eine
Einigung auf der Grundlage der Standpunkte des Europäischen Parlaments und des Rates in zweiter
Lesung zu erzielen.
(11) Die Kommission nimmt an den Arbeiten des Vermittlungsausschusses teil und ergreift alle
erforderlichen Initiativen, um auf eine Annäherung der Standpunkte des Europäischen Parlaments
und des Rates hinzuwirken.
(12) Billigt der Vermittlungsausschuss binnen sechs Wochen nach seiner Einberufung keinen
gemeinsamen Entwurf, so gilt der vorgeschlagene Rechtsakt als nicht erlassen.
Dritte Lesung
(13) Billigt der Vermittlungsausschuss innerhalb dieser Frist einen gemeinsamen Entwurf, so
verfügen das Europäische Parlament und der Rat ab dieser Billigung über eine Frist von sechs
Wochen, um den betreffenden Rechtsakt entsprechend diesem Entwurf zu erlassen, wobei im
Europäischen Parlament die Mehrheit der abgegebenen Stimmen und im Rat die qualifizierte
Mehrheit erforderlich ist. Andernfalls gilt der vorgeschlagene Rechtsakt als nicht erlassen.
(14) Die in diesem Artikel genannten Fristen von drei Monaten beziehungsweise sechs Wochen
werden auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates um höchstens einen Monat
beziehungsweise zwei Wochen verlängert.
Besondere Bestimmungen
(15) Wird in den in der Verfassung vorgesehenen Fällen ein Europäisches Gesetz oder
Rahmengesetz auf Initiative einer Gruppe von Mitgliedstaaten, auf Empfehlung der Europäischen
Zentralbank oder auf Antrag des Gerichtshofs im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen, so
finden Absatz 2, Absatz 6 Satz 2 und Absatz 9 keine Anwendung.
In diesen Fällen übermitteln das Europäische Parlament und der Rat der Kommission den Entwurf des
Rechtsakts sowie ihre jeweiligen Standpunkte in erster und zweiter Lesung. Das Europäische
Parlament oder der Rat können die Kommission während des gesamten Verfahrens um eine
Stellungnahme bitten, die die Kommission auch von sich aus abgeben kann. Sie kann auch nach
Maßgabe des Absatzes 11 an dem Vermittlungsausschuss teilnehmen, sofern sie dies für erforderlich
hält.
Artikel III-397
Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission beraten sich und regeln einvernehmlich die
Einzelheiten ihrer Zusammenarbeit. Dazu können sie unter Wahrung der Verfassung interinstitutionelle
Vereinbarungen schließen, die auch bindenden Charakter haben können.
Artikel III-398
(1) Zur Ausübung ihrer Aufgaben stützen sich die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der
Union auf eine offene, effiziente und unabhängige europäische Verwaltung.
(2) Die Bestimmungen zu diesem Zweck werden unter Beachtung des Statuts und der
Beschäftigungsbedingungen nach Artikel III-427 durch Europäisches Gesetz erlassen.
Artikel III-399
(1) Die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union gewährleisten die Transparenz ihrer
Tätigkeit und erlassen nach Artikel I-50 in ihren Geschäftsordnungen spezielle Bestimmungen über
den Zugang der Öffentlichkeit zu ihren Dokumenten. Artikel I-50 Absatz 3 und der vorliegende
Artikel gelten für den Gerichtshof der Europäischen Union, die Europäische Zentralbank und die
Europäische Investitionsbank nur dann, wenn sie Verwaltungsaufgaben wahrnehmen.
(2) Das Europäische Parlament und der Rat sorgen dafür, dass die Dokumente, die die
Gesetzgebungsverfahren betreffen, nach Maßgabe des in Artikel I-50 Absatz 3 genannten
Europäischen Gesetzes öffentlich zugänglich gemacht werden.
Artikel III-400
(1) Der Rat erlässt die Europäischen Verordnungen und Beschlüsse zur Festlegung
a) der Gehälter, Vergütungen und Ruhegehälter für den Präsidenten des Europäischen Rates, den
Präsidenten der Kommission, den Außenminister der Union, die Mitglieder der Kommission, die
Präsidenten, die Mitglieder und die Kanzler des Gerichtshofs der Europäischen Union, sowie den
Generalsekretär des Rates;
b) der Beschäftigungsbedingungen, insbesondere der Gehälter, Vergütungen und Ruhegehälter für
den Präsidenten und die Mitglieder des Rechnungshofs;
c) aller als Entgelt gezahlten Vergütungen für die unter den Buchstaben a und b genannten
Personen.
(2) Der Rat erlässt die Europäischen Verordnungen und Beschlüsse zur Festlegung der Vergütungen
der Mitglieder des Wirtschafts- und Sozialausschusses.
Artikel III-401
Die Handlungen des Rates, der Kommission oder der Europäischen Zentralbank, die eine Zahlung
auferlegen, sind vollstreckbare Titel; dies gilt nicht gegenüber den Mitgliedstaaten.
Die Zwangsvollstreckung erfolgt nach den Vorschriften des Zivilprozessrechts des Mitgliedstaats, in
dessen Hoheitsgebiet sie stattfindet. Die Vollstreckungsklausel wird nach einer Prüfung, die sich
lediglich auf die Echtheit des Titels erstrecken darf, von der staatlichen Behörde erteilt, welche die
Regierung jedes Mitgliedstaats zu diesem Zweck bestimmt und der Kommission und dem
Gerichtshof der Europäischen Union benennt.
Sind diese Formvorschriften auf Antrag der die Vollstreckung betreibenden Partei erfüllt, so kann
diese die Zwangsvollstreckung nach innerstaatlichem Recht betreiben, indem sie die zuständige
Behörde unmittelbar anruft.
Die Zwangsvollstreckung kann nur durch eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen
Union ausgesetzt werden. Für die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Vollstreckungsbestimmungen
sind jedoch die einzelstaatlichen Rechtsprechungsorgane zuständig.
KAPITEL II FINANZVORSCHRIFTEN
ABSCHNITT 1 DER MEHRJÄHRIGE FINANZRAHMEN
Artikel III-402
(1) Der mehrjährige Finanzrahmen wird nach Artikel I-55 für einen Zeitraum von mindestens fünf
Jahren aufgestellt.
(2) In dem Finanzrahmen werden die jährlichen Obergrenzen der Mittel für Verpflichtungen je
Ausgabenkategorie und die jährliche Obergrenze der Mittel für Zahlungen festgelegt. Die
Ausgabenkategorien, von denen es nur wenige geben darf, entsprechen den Haupttätigkeitsbereichen
der Union.
(3) Der Finanzrahmen enthält auch alle sonstigen für den reibungslosen Ablauf des jährlichen
Haushaltsverfahrens sachdienlichen Bestimmungen.
(4) Hat der Rat bis zum Ablauf des vorangegangenen Finanzrahmens kein Europäisches Gesetz zur
Aufstellung eines neuen Finanzrahmens erlassen, so werden die Obergrenzen und sonstigen
Bestimmungen des letzten Jahres des vorangegangenen Finanzrahmens bis zum Erlass dieses Gesetzes
fortgeschrieben.
(5) Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission treffen während des gesamten
Verfahrens zur Annahme des Finanzrahmens alle erforderlichen Maßnahmen, um das Verfahren
erfolgreich zum Abschluss zu bringen.
ABSCHNITT 2 DER JAHRESHAUSHALTSPLAN DER UNION
Artikel III-403
Das Haushaltsjahr beginnt am 1. Januar und endet am 31. Dezember.
Artikel III-404
Das Europäische Gesetz, mit dem der Jahreshaushaltsplan der Union festgelegt wird, wird nach den
folgenden Bestimmungen erlassen:
(1) Jedes Organ stellt vor dem 1. Juli einen Haushaltsvoranschlag für seine Ausgaben für das
folgende Haushaltsjahr auf. Die Kommission fasst diese Voranschläge in einem Entwurf für den
Haushaltsplan zusammen, der abweichende Voranschläge enthalten kann.
Dieser Entwurf umfasst den Ansatz der Einnahmen und den Ansatz der Ausgaben.
(2) Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens am 1. September
des Jahres, das dem entsprechenden Haushaltsjahr vorausgeht, einen Vorschlag mit dem Entwurf des
Haushaltsplans vor.
Die Kommission kann den Entwurf des Haushaltsplans während des laufenden Verfahrens bis zur
Einberufung des in Absatz 5 genannten Vermittlungsausschusses ändern.
(3) Der Rat legt seinen Standpunkt zu dem Entwurf des Haushaltsplans fest und leitet ihn spätestens
am 1. Oktober des Jahres, das dem entsprechenden Haushaltsjahr vorausgeht, dem Europäischen
Parlament zu. Er unterrichtet das Europäische Parlament in allen Einzelheiten über die Gründe, aus
denen er seinen Standpunkt festgelegt hat.
(4) Hat das Europäische Parlament binnen 42 Tagen nach der Übermittlung
a) den Standpunkt des Rates gebilligt, so gilt das Europäische Gesetz zur Festlegung des
Haushaltsplans als erlassen;
b) keinen Beschluss gefasst, so gilt das Europäische Gesetz zur Festlegung des Haushaltsplans als
erlassen;
c) mit der Mehrheit seiner Mitglieder Abänderungen angenommen, so wird die abgeänderte Fassung
des Entwurfs dem Rat und der Kommission zugeleitet. Der Präsident des Europäischen
Parlaments beruft im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Rates umgehend den Vermittlungsausschuss
ein. Der Vermittlungsausschuss tritt jedoch nicht zusammen, wenn der Rat
dem Europäischen Parlament binnen zehn Tagen nach der Übermittlung des geänderten Entwurfs
mitteilt, dass er alle seine Abänderungen billigt.
(5) Der Vermittlungsausschuss, der aus den Mitgliedern des Rates oder deren Vertretern und ebenso
vielen das Europäische Parlament vertretenden Mitgliedern besteht, hat die Aufgabe, binnen 21 Tagen
nach seiner Einberufung auf der Grundlage der Standpunkte des Europäischen Parlaments und des
Rates mit der qualifizierten Mehrheit der Mitglieder des Rates oder deren Vertretern und der Mehrheit
der das Europäische Parlament vertretenden Mitglieder eine Einigung über einen gemeinsamen
Entwurf zu erzielen.
Die Kommission nimmt an den Arbeiten des Vermittlungsausschusses teil und ergreift alle
erforderlichen Initiativen, um eine Annäherung der Standpunkte des Europäischen Parlaments und
des Rates zu bewirken.
(6) Einigt sich der Vermittlungsausschuss innerhalb der in Absatz 5 genannten Frist von 21 Tagen
auf einen gemeinsamen Entwurf, so verfügen das Europäische Parlament und der Rat ab dieser
Einigung über eine Frist von 14 Tagen, um den gemeinsamen Entwurf zu billigen.
(7) Wenn innerhalb der in Absatz 6 genannten Frist von 14 Tagen
a) der gemeinsame Entwurf sowohl vom Europäischen Parlament als auch vom Rat gebilligt wird
oder beide keinen Beschluss fassen oder eines dieser Organe den gemeinsamen Entwurf billigt,
während das andere Organ keinen Beschluss fasst, so gilt das Europäische Gesetz zur Festlegung
des Haushaltsplans als entsprechend dem gemeinsamen Entwurf endgültig erlassen, oder
b) der gemeinsame Entwurf sowohl vom Europäischen Parlament mit der Mehrheit seiner Mitglieder
als auch vom Rat abgelehnt wird oder eines dieser Organe den gemeinsamen Entwurf ablehnt,
während das andere Organ keinen Beschluss fasst, so legt die Kommission einen neuen Entwurf
für den Haushaltsplan vor, oder
c) der gemeinsame Entwurf vom Europäischen Parlament mit der Mehrheit seiner Mitglieder
abgelehnt wird, während er vom Rat gebilligt wird, so legt die Kommission einen neuen Entwurf
für den Haushaltsplan vor, oder
d) der gemeinsame Entwurf vom Europäischen Parlament gebilligt wird, während er vom Rat
abgelehnt wird, so kann das Europäische Parlament binnen 14 Tagen ab dem Tag der Ablehnung
durch den Rat mit der Mehrheit seiner Mitglieder und drei Fünfteln der abgegebenen Stimmen
beschließen, alle oder einige der in Absatz 4 Buchstabe c genannten Abänderungen zu bestätigen.
Wird eine Abänderung des Europäischen Parlaments nicht bestätigt, so wird der im
Vermittlungsausschuss vereinbarte Standpunkt zu dem Haushaltsposten, der Gegenstand der
Abänderung ist, übernommen. Das Europäische Gesetz zur Festlegung des Haushaltsplans gilt als
auf dieser Grundlage endgültig erlassen.
(8) Einigt sich der Vermittlungsausschuss nicht binnen der in Absatz 5 genannten Frist von
21 Tagen auf einen gemeinsamen Entwurf, so legt die Kommission einen neuen Entwurf für den
Haushaltsplan vor.
(9) Nach Abschluss des Verfahrens dieses Artikels stellt der Präsident des Europäischen Parlaments
fest, dass das Europäische Gesetz zur Festlegung des Haushaltsplans endgültig erlassen ist.
(10) Jedes Organ übt die ihm aufgrund dieses Artikels zufallenden Befugnisse unter Wahrung der
Verfassung und der Rechtsakte aus, die auf der Grundlage der Verfassung insbesondere im Bereich der
Eigenmittel der Union und des Gleichgewichts von Einnahmen und Ausgaben erlassen wurden.
Artikel III-405
(1) Ist zu Beginn eines Haushaltsjahres noch kein Europäisches Gesetz zur Festlegung des
Haushaltsplans endgültig erlassen, so können entsprechend dem Europäischen Gesetz nach
Artikel III-412 für jedes KAPITEL monatliche Ausgaben bis zur Höhe eines Zwölftels der im
betreffenden KAPITEL des Haushaltsplans des vorangegangenen Haushaltsjahres eingesetzten Mittel
vorgenommen werden, die jedoch ein Zwölftel der Mittelansätze des gleichen KAPITELs des
Haushaltsplanentwurfs nicht überschreiten dürfen.
(2) Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission unter Beachtung der sonstigen Bestimmungen des
Absatzes 1 entsprechend dem Europäischen Gesetz nach Artikel III-412 einen Europäischen
Beschluss erlassen, mit dem er über dieses Zwölftel hinausgehende Ausgaben genehmigt. Er leitet
diesen Beschluss unverzüglich dem Europäischen Parlament zu.
In diesem Europäischen Beschluss werden unter Beachtung der in Artikel I-54 Absätze 3 und 4
genannten Europäischen Gesetze die erforderlichen Maßnahmen im Bereich der Mittel zur
Durchführung dieses Artikels vorgesehen.
Er tritt 30 Tage nach seinem Erlass in Kraft, sofern das Europäische Parlament nicht innerhalb dieser
Frist mit der Mehrheit seiner Mitglieder beschließt, diese Ausgaben zu kürzen.
Artikel III-406
Nach Maßgabe des Europäischen Gesetzes nach Artikel III-412 dürfen die nicht für Personalausgaben
vorgesehenen Mittel, die bis zum Ende der Durchführungszeit eines Haushaltsplans nicht verbraucht
worden sind, übertragen werden, jedoch lediglich auf das nächste Haushaltsjahr.
Die vorgesehenen Mittel werden nach KAPITELn gegliedert, in denen die Ausgaben nach Art oder
Bestimmung zusammengefasst sind; die KAPITEL werden entsprechend dem Europäischen Gesetz nach
Artikel III-412 unterteilt.
Die Ausgaben
- des Europäischen Parlaments,
- des Europäischen Rates und des Rates,
- der Kommission und
- des Gerichtshofs der Europäischen Union
werden unbeschadet einer besonderen Regelung für bestimmte gemeinsame Ausgaben in
gesonderten Einzelplänen aufgeführt.
ABSCHNITT 3 AUSFÜHRUNG DES HAUSHALTSPLANS UND ENTLASTUNG
Artikel III-407
Die Kommission führt den Haushaltsplan zusammen mit den Mitgliedstaaten nach Maßgabe des
Europäischen Gesetzes nach Artikel III-412 in eigener Verantwortung und im Rahmen der
zugewiesenen Mittel entsprechend dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung aus.
Die Mitgliedstaaten arbeiten mit der Kommission zusammen, um sicherzustellen, dass die Mittel nach
diesem Grundsatz verwendet werden.
Das Europäische Gesetz nach Artikel III-412 legt die Kontroll- und Wirtschaftsprüfungspflichten der
Mitgliedstaaten bei der Ausführung des Haushaltsplans sowie die damit verbundenen Verantwortlichkeiten
fest. Es legt die Verantwortlichkeiten und die besonderen Einzelheiten fest, nach denen
jedes Organ an der Vornahme seiner Ausgaben beteiligt ist.
Innerhalb des Haushaltsplans kann die Kommission nach Maßgabe und in den Grenzen des
Europäischen Gesetzes nach Artikel III-412 Mittel von KAPITEL zu KAPITEL oder von Untergliederung
zu Untergliederung übertragen.
Artikel III-408
Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat jährlich die Rechnung des
abgelaufenen Haushaltsjahres für die Rechnungsvorgänge des Haushaltsplans vor. Sie übermittelt
ihnen ferner eine Übersicht über das Vermögen und die Schulden der Union.
Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat ferner einen Evaluierungsbericht zu
den Finanzen der Union vor, der sich auf die Ergebnisse stützt, die insbesondere in Bezug auf die
Vorgaben erzielt wurden, die vom Europäischen Parlament und vom Rat nach Artikel III-409
gegeben wurden.
Artikel III-409
(1) Auf Empfehlung des Rates erteilt das Europäische Parlament der Kommission Entlastung zur
Ausführung des Haushaltsplans. Zu diesem Zweck prüft es nach dem Rat die Rechnung, die
Übersicht und den Evaluierungsbericht nach Artikel III-408 sowie den Jahresbericht des
Rechnungshofs zusammen mit den Antworten der kontrollierten Organe auf dessen Bemerkungen,
die Zuverlässigkeitserklärung nach Artikel III-384 Absatz 1 Unterabsatz 2 und die einschlägigen
Sonderberichte des Rechnungshofs.
(2) Das Europäische Parlament kann vor der Entlastung der Kommission sowie auch zu anderen
Zwecken im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer Haushaltsbefugnisse die Kommission
auffordern, Auskunft über die Vornahme der Ausgaben oder die Arbeitsweise der Finanzkontrollsysteme
zu erteilen. Die Kommission legt dem Europäischen Parlament auf dessen Ersuchen alle
notwendigen Informationen vor.
(3) Die Kommission trifft alle zweckdienlichen Maßnahmen, um den Bemerkungen in den
Entlastungsbeschlüssen und anderen Bemerkungen des Europäischen Parlaments zur Vornahme der
Ausgaben sowie den Erläuterungen, die den Entlastungsempfehlungen des Rates beigefügt sind,
nachzukommen.
(4) Auf Ersuchen des Europäischen Parlaments oder des Rates erstattet die Kommission Bericht über
die Maßnahmen, die aufgrund dieser Bemerkungen und Erläuterungen getroffen wurden,
insbesondere über die Weisungen, die den für die Ausführung des Haushaltsplans zuständigen
Dienststellen erteilt worden sind. Diese Berichte sind auch dem Rechnungshof zuzuleiten.
ABSCHNITT 4 GEMEINSAME BESTIMMUNGEN
Artikel III-410
Der mehrjährige Finanzrahmen und der Jahreshaushaltsplan werden in Euro aufgestellt.
Artikel III-411
Die Kommission kann vorbehaltlich der Unterrichtung der zuständigen Behörden der betreffenden
Mitgliedstaaten ihre Guthaben in der Währung eines dieser Staaten in die Währung eines anderen
Mitgliedstaats transferieren, soweit dies erforderlich ist, um diese Guthaben für die in der Verfassung
vorgesehenen Zwecke zu verwenden. Besitzt die Kommission verfügbare oder flüssige Guthaben in
der benötigten Währung, so vermeidet sie soweit möglich derartige Transferierungen.
Die Kommission verkehrt mit jedem der betroffenen Mitgliedstaaten über die von diesem bezeichnete
Behörde. Bei der Durchführung ihrer Finanzgeschäfte nimmt sie die Notenbank des betreffenden
Mitgliedstaats oder ein anderes von diesem genehmigtes Finanzinstitut in Anspruch.
Artikel III-412
(1) Durch Europäisches Gesetz
a) wird die Haushaltsordnung aufgestellt, in der insbesondere die Aufstellung und Ausführung des
Haushaltsplans sowie die Rechnungslegung und Rechnungsprüfung im Einzelnen geregelt
werden;
b) werden die Vorschriften, die die Kontrolle der Verantwortung der Finanzakteure, und
insbesondere der anweisungsbefugten Personen und der Rechnungsführer regeln, festgelegt.
Das Europäische Gesetz wird nach Anhörung des Rechnungshofs erlassen.
(2) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission eine Europäische Verordnung zur Festlegung der
Einzelheiten und des Verfahrens, nach denen die in der Regelung über die Eigenmittel der Union
vorgesehenen Haushaltseinnahmen der Kommission zur Verfügung gestellt werden, sowie die
Maßnahmen, die zu treffen sind, um gegebenenfalls die erforderlichen Kassenmittel bereitzustellen.
Der Rat beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Rechnungshofs.
(3) Bis zum 31. Dezember 2006 beschließt der Rat in allen in diesem Artikel genannten Fällen
einstimmig.
Artikel III-413
Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission stellen sicher, dass der Union die
Finanzmittel zur Verfügung stehen, die es ihr ermöglichen, ihren rechtlichen Verpflichtungen
gegenüber Dritten nachzukommen.
Artikel III-414
Auf Initiative der Kommission werden im Rahmen der nach diesem KAPITEL vorgesehenen
Haushaltsverfahren regelmäßige Treffen der Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates und
der Kommission einberufen. Diese treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um die Abstimmung und
Annäherung der Standpunkte der Organe, denen sie vorstehen, zu fördern und so die Durchführung
dieses KAPITELs zu erleichtern.
ABSCHNITT 5 BETRUGSBEKÄMPFUNG
Artikel III-415
(1) Die Union und die Mitgliedstaaten bekämpfen Betrügereien und sonstige gegen die finanziellen
Interessen der Union gerichtete rechtswidrige Handlungen mit Maßnahmen nach diesem Artikel.
Diese Maßnahmen sind abschreckend und bewirken in den Mitgliedstaaten sowie in den Organen,
Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union einen effektiven Schutz.
(2) Zur Bekämpfung von Betrügereien, die sich gegen die finanziellen Interessen der Union richten,
ergreifen die Mitgliedstaaten die gleichen Maßnahmen, die sie auch zur Bekämpfung von Betrügereien
ergreifen, die sich gegen ihre eigenen finanziellen Interessen richten.
(3) Die Mitgliedstaaten koordinieren unbeschadet der sonstigen Bestimmungen der Verfassung ihre
Tätigkeit zum Schutz der finanziellen Interessen der Union vor Betrügereien. Sie sorgen zu diesem
Zweck zusammen mit der Kommission für eine enge, regelmäßige Zusammenarbeit zwischen den
zuständigen Behörden.
(4) Zur Gewährleistung eines effektiven und gleichwertigen Schutzes in den Mitgliedstaaten sowie
in den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union werden die erforderlichen
Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Betrügereien, die sich gegen die finanziellen
Interessen der Union richten, durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt. Es wird nach
Anhörung des Rechnungshofs erlassen.
(5) Die Kommission legt in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten dem Europäischen Parlament
und dem Rat jährlich einen Bericht über die Maßnahmen vor, die zur Durchführung dieses Artikels
ergriffen wurden.
KAPITEL III VERSTÄRKTE ZUSAMMENARBEIT
Artikel III-416
Eine Verstärkte Zusammenarbeit achtet die Verfassung und das Recht der Union.
Sie darf weder den Binnenmarkt noch den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt
beeinträchtigen. sie darf für den Handel zwischen den Mitgliedstaaten weder ein Hindernis noch eine
Diskriminierung darstellen noch darf sie zu Verzerrungen des Wettbewerbs zwischen den
Mitgliedstaaten führen.
Artikel III-417
Eine Verstärkte Zusammenarbeit achtet die Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten der nicht an der
Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten. Diese stehen der Durchführung der Verstärkten
Zusammenarbeit durch die daran beteiligten Mitgliedstaaten nicht im Wege.
Artikel III-418
(1) Bei ihrer Begründung steht eine Verstärkte Zusammenarbeit allen Mitgliedstaaten offen, sofern
sie die in dem hierzu ermächtigenden Europäischen Beschluss gegebenenfalls festgelegten
Teilnahmevoraussetzungen erfüllen. Dies gilt auch zu jedem anderen Zeitpunkt, sofern sie neben
den genannten etwaigen Voraussetzungen auch die in diesem Rahmen bereits erlassenen Rechtsakte
beachten.
Die Kommission und die an einer Verstärkten Zusammenarbeit teilnehmenden Mitgliedstaaten tragen
dafür Sorge, dass die Teilnahme möglichst vieler Mitgliedstaaten gefördert wird.
(2) Die Kommission und gegebenenfalls der Außenminister der Union unterrichten das Europäische
Parlament und den Rat regelmäßig über die Entwicklung einer Verstärkten Zusammenarbeit.
Artikel III-419
(1) Die Mitgliedstaaten, die in einem der Bereiche der Verfassung - mit Ausnahme der Bereiche, für
die die Union die ausschließliche Zuständigkeit besitzt, und der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik - untereinander eine Verstärkte Zusammenarbeit begründen möchten, richten
einen Antrag an die Kommission, in dem der Anwendungsbereich und die Ziele aufgeführt werden,
die mit der beabsichtigten Verstärkten Zusammenarbeit angestrebt werden. Die Kommission kann
dem Rat einen entsprechenden Vorschlag vorlegen. Legt die Kommission keinen Vorschlag vor, so
teilt sie den betroffenen Mitgliedstaaten ihre Gründe dafür mit.
Die Ermächtigung zur Einleitung einer Verstärkten Zusammenarbeit wird mit einem vom Rat auf
Vorschlag der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments erlassenen
Europäischen Beschluss erteilt.
(2) Der Antrag der Mitgliedstaaten, die untereinander im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik eine Verstärkte Zusammenarbeit begründen möchten, wird an den Rat gerichtet.
Der Antrag wird dem Außenminister der Union, der zur Kohärenz der beabsichtigten Verstärkten
Zusammenarbeit mit der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Union Stellung nimmt,
sowie der Kommission übermittelt, die insbesondere zur Kohärenz der beabsichtigten Verstärkten
Zusammenarbeit mit der Politik der Union in anderen Bereichen Stellung nimmt. Der Antrag wird
ferner dem Europäischen Parlament zur Unterrichtung übermittelt.
Die Ermächtigung zur Einleitung einer Verstärkten Zusammenarbeit wird mit einem Europäischen
Beschluss des Rates erteilt, der einstimmig beschließt.
Artikel III-420
(1) Jeder Mitgliedstaat, der sich einer bestehenden Verstärkten Zusammenarbeit in einem der in
Artikel III-419 Absatz 1 genannten Bereiche anschließen will, teilt dem Rat und der Kommission
seine Absicht mit.
Die Kommission bestätigt binnen vier Monaten nach Eingang der Mitteilung die Beteiligung des
betreffenden Mitgliedstaats. Dabei stellt sie gegebenenfalls fest, dass die Beteiligungsvoraussetzungen
erfüllt sind, und erlässt die notwendigen Übergangsmaßnahmen zur Anwendung der im Rahmen der
Verstärkten Zusammenarbeit bereits erlassenen Rechtsakte.
Ist die Kommission jedoch der Auffassung, dass die Beteiligungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind, so
gibt sie an, welche Bestimmungen zur Erfüllung dieser Voraussetzungen erlassen werden müssen, und
legt eine Frist für die erneute Prüfung des Antrags fest. Nach Ablauf dieser Frist prüft sie den Antrag
erneut nach dem in Unterabsatz 2 vorgesehenen Verfahren. Ist die Kommission der Auffassung, dass
die Beteiligungsvoraussetzungen weiterhin nicht erfüllt sind, so kann der betreffende Mitgliedstaat mit
dieser Frage den Rat befassen, der über den Antrag befindet. Der Rat beschließt nach Artikel I-44
Absatz 3. Er kann außerdem auf Vorschlag der Kommission die in Unterabsatz 2 genannten
Übergangsmaßnahmen erlassen.
(2) Jeder Mitgliedstaat, der an einer bestehenden Verstärkten Zusammenarbeit im Rahmen der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik teilnehmen möchte, teilt dem Rat, dem Außenminister
der Union und der Kommission seine Absicht mit.
Der Rat bestätigt die Teilnahme des betreffenden Mitgliedstaats nach Anhörung des Außenministers
der Union und gegebenenfalls nach der Feststellung, dass die Teilnahmevoraussetzungen erfüllt sind.
Der Rat kann auf Vorschlag des Außenministers der Union ferner die notwendigen Übergangsmaßnahmen
zur Anwendung der im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit bereits erlassenen
Rechtsakte treffen. Ist der Rat jedoch der Auffassung, dass die Teilnahmevoraussetzungen nicht erfüllt
sind, so gibt er an, welche Schritte zur Erfüllung dieser Voraussetzungen notwendig sind, und legt
eine Frist für die erneute Prüfung des Antrags auf Teilnahme fest.
Für die Zwecke dieses Absatzes beschließt der Rat einstimmig nach Artikel I-44 Absatz 3.
Artikel III-421
Die sich aus der Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit ergebenden Ausgaben, mit
Ausnahme der Verwaltungskosten der Organe, werden von den beteiligten Mitgliedstaaten getragen,
sofern der Rat nicht nach Anhörung des Europäischen Parlaments durch einstimmigen Beschluss
sämtlicher Mitglieder des Rates etwas anderes beschließt.
Artikel III-422
(1) Wenn nach einer Bestimmung der Verfassung, die im Rahmen einer Verstärkten Zusammenarbeit
angewendet werden könnte, der Rat einstimmig beschließen muss, kann der Rat nach Artikel
I-44 Absatz 3 einstimmig einen Europäischen Beschluss dahin gehend erlassen, dass er mit
qualifizierter Mehrheit beschließt.
(2) Wenn nach einer Bestimmung der Verfassung, die im Rahmen einer Verstärkten Zusammenarbeit
angewendet werden könnte, Europäische Gesetze und Rahmengesetze vom Rat nach einem
besonderen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden müssen, kann der Rat nach Artikel I-44
Absatz 3 einstimmig einen Europäischen Beschluss dahin gehend erlassen, dass er nach dem
ordentlichen Gesetzgebungsverfahren beschließt. Der Rat beschließt nach Anhörung des Europäischen
Parlaments.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Beschlüsse mit militärischen oder verteidigungspolitischen
Bezügen.
Artikel III-423
Der Rat und die Kommission stellen sicher, dass die im Rahmen einer Verstärkten Zusammenarbeit
durchgeführten Maßnahmen untereinander und mit der Politik der Union im Einklang stehen, und
arbeiten entsprechend zusammen.
TITEL VII GEMEINSAME BESTIMMUNGEN
Artikel III-424
Unter Berücksichtigung der strukturbedingten wirtschaftlichen und sozialen Lage Guadeloupes,
Französisch-Guayanas, Martiniques, R‚unions, der Azoren, Madeiras und der Kanarischen Inseln, die
durch die Faktoren Abgelegenheit, Insellage, geringe Größe, schwierige Relief- und Klimabedingungen
und wirtschaftliche Abhängigkeit von einigen wenigen Erzeugnissen erschwert wird, die als ständige
Gegebenheiten und durch ihr Zusammenwirken die Entwicklung schwer beeinträchtigen, erlässt der
Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische Gesetze, Rahmengesetze, Verordnungen und
Beschlüsse, die insbesondere darauf abzielen, die Bedingungen für die Anwendung der Verfassung auf
die genannten Gebiete, einschließlich der gemeinsamen Politik, festzulegen. Er beschließt nach
Anhörung des Europäischen Parlaments.
Die Rechtsakte nach Absatz 1 betreffen insbesondere die Zoll- und Handelspolitik, die Steuerpolitik,
Freizonen, die Agrar- und Fischereipolitik, die Bedingungen für die Versorgung mit Rohstoffen und
grundlegenden Verbrauchsgütern, staatliche Beihilfen sowie die Bedingungen für den Zugang zu den
Strukturfonds und zu den horizontalen Unionsprogrammen.
Der Rat erlässt die Rechtsakte nach Absatz 1 unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale und
Zwänge der Gebiete in äußerster Randlage, ohne dabei die Integrität und Kohärenz der
Rechtsordnung der Union, die auch den Binnenmarkt und die gemeinsamen Politikbereiche umfasst,
zu beeinträchtigen.
Artikel III-425
Die Verfassung lässt die Eigentumsordnung in den verschiedenen Mitgliedstaaten unberührt.
Artikel III-426
Die Union besitzt in jedem Mitgliedstaat die weitestgehende Rechts- und Geschäftsfähigkeit, die
juristischen Personen nach dessen Rechtsvorschriften zuerkannt ist. Sie kann insbesondere
bewegliches und unbewegliches Vermögen erwerben und veräußern sowie vor Gericht stehen. Zu
diesem Zweck wird sie von der Kommission vertreten. In Fragen, die das Funktionieren der einzelnen
Organe betreffen, wird die Union hingegen aufgrund von deren Verwaltungsautonomie von dem
betreffenden Organ vertreten.
Artikel III-427
Das Statut der Beamten der Union und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten
der Union werden durch Europäisches Gesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung der betroffenen
Organe erlassen.
Artikel III-428
Zur Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben kann die Kommission alle erforderlichen Auskünfte
einholen und alle erforderlichen Nachprüfungen vornehmen; der Rahmen und die nähere Maßgabe
hierfür werden vom Rat mit einfacher Mehrheit in einer Europäischen Verordnung oder in einem
Europäischen Beschluss festgelegt.
Artikel III-429
(1) Unbeschadet des Artikels 5 des Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der
Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank werden durch Europäisches Gesetz oder
Rahmengesetz Maßnahmen für die Erstellung von Statistiken festgelegt, wenn dies für die
Durchführung der Tätigkeiten der Union erforderlich ist.
(2) Die Erstellung der Statistiken erfolgt unter Wahrung der Unparteilichkeit, der Zuverlässigkeit,
der Objektivität, der wissenschaftlichen Unabhängigkeit, der Kostenwirksamkeit und der statistischen
Geheimhaltung. Den Wirtschaftsteilnehmern dürfen dadurch keine übermäßigen Belastungen
entstehen.
Artikel III-430
Die Mitglieder der Organe der Union, die Mitglieder der Ausschüsse sowie die Beamten und sonstigen
Bediensteten der Union sind verpflichtet, auch nach Beendigung ihrer Amtstätigkeit Auskünfte, die
ihrem Wesen nach unter das Berufsgeheimnis fallen, nicht preiszugeben; dies gilt insbesondere für
Auskünfte über Unternehmen sowie deren Geschäftsbeziehungen oder Kostenelemente.
Artikel III-431
Die vertragliche Haftung der Union bestimmt sich nach dem Recht, das auf den betreffenden Vertrag
anzuwenden ist.
Im Bereich der außervertraglichen Haftung ersetzt die Union den durch ihre Organe oder
Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen
Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.
Abweichend von Absatz 2 ersetzt die Europäische Zentralbank den durch sie oder ihre Bediensteten
in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die
den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.
Die persönliche Haftung der Bediensteten gegenüber der Union bestimmt sich nach den Vorschriften
ihres Statuts oder der für sie geltenden Beschäftigungsbedingungen.
Artikel III-432
Der Sitz der Organe der Union wird im Einvernehmen zwischen den Regierungen der Mitgliedstaaten
bestimmt.
Artikel III-433
Der Rat erlässt einstimmig eine Europäische Verordnung zur Regelung der Sprachenfrage für die
Organe der Union unbeschadet der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union.
Artikel III-434
Die Union genießt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten die zur Erfüllung ihrer Aufgabe
erforderlichen Vorrechte und Befreiungen nach Maßgabe des Protokolls über die Vorrechte und
Befreiungen der Europäischen Union.
Artikel III-435
Die Rechte und Pflichten aus Übereinkünften, die vor dem 1. Januar 1958 oder, im Falle später
beigetretener Staaten, vor dem Zeitpunkt ihres Beitritts zwischen einem oder mehreren Mitgliedstaaten
einerseits und einem oder mehreren Drittländern andererseits geschlossen wurden,
werden durch die Verfassung nicht berührt.
Soweit diese Übereinkünfte mit der Verfassung nicht vereinbar sind, wenden der oder die
betreffenden Mitgliedstaaten alle geeigneten Mittel an, um die festgestellten Unvereinbarkeiten zu
beheben. Erforderlichenfalls leisten die Mitgliedstaaten einander zu diesem Zweck Hilfe; sie nehmen
gegebenenfalls eine gemeinsame Haltung ein.
Bei Anwendung der in Absatz 1 bezeichneten Übereinkünfte tragen die Mitgliedstaaten dem
Umstand Rechnung, dass die in der Verfassung von jedem Mitgliedstaat gewährten Vorteile
Bestandteil der Union sind und daher mit der Schaffung von in der Verfassung mit Befugnissen
ausgestatteten Organen und der Gewährung genau der gleichen Vorteile durch alle anderen
Mitgliedstaaten in untrennbarem Zusammenhang stehen.
Artikel III-436
(1) Die Verfassung steht folgenden Bestimmungen nicht entgegen:
a) Ein Mitgliedstaat ist nicht verpflichtet, Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seines Erachtens
seinen wesentlichen Sicherheitsinteressen widerspricht;
b) jeder Mitgliedstaat kann die Maßnahmen ergreifen, die seines Erachtens für die Wahrung seiner
wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich sind, soweit sie die Herstellung von Waffen,
Munition und Kriegsmaterial oder den Handel damit betreffen; diese Maßnahmen dürfen auf dem
Binnenmarkt die Wettbewerbsbedingungen hinsichtlich der nicht eigens für militärische Zwecke
bestimmten Waren nicht beeinträchtigen.
(2) Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission einstimmig einen Europäischen Beschluss zur
Änderung der Liste vom 15. April 1958 mit den Waren, auf die Absatz 1 Buchstabe b Anwendung
findet, erlassen.
TEIL IV ALLGEMEINE UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Artikel IV-437
Aufhebung der früheren Verträge
(1) Mit diesem Vertrag über eine Verfassung für Europa werden der Vertrag zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaft und der Vertrag über die Europäische Union sowie, nach Maßgabe des
Protokolls über die Rechtsakte und Verträge zur Ergänzung oder Änderung des Vertrags zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Vertrags über die Europäische Union die
Rechtsakte und Verträge zu ihrer Ergänzung oder Änderung vorbehaltlich des Absatzes 2
aufgehoben.
(2) Die Verträge über den Beitritt
a) des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und
Nordirland,
b) der Hellenischen Republik,
c) des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik,
d) der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden sowie
e) der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland,
der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik
Slowenien und der Slowakischen Republik
werden aufgehoben.
Jedoch
- Bleiben diejenigen Bestimmungen der unter den Buchstaben a bis d genannten Verträge, die in
das Protokoll betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreichs Dänemark,
Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen
Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik Österreich,
der Republik Finnland und des Königreichs Schweden übernommen wurden oder darin
angeführt sind, in Kraft und behalten ihre Rechtswirkung nach Maßgabe dieses Protokolls.
- Bleiben diejenigen Bestimmungen des unter Buchstabe e genannten Vertrags, die in das Protokoll
betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik
Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn,
der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik
übernommen wurden oder darin aufgeführt sind, in Kraft und behalten ihre Rechtswirkung nach
Maßgabe dieses Protokolls.
Artikel IV-438
Rechtsnachfolge und rechtliche Kontinuität
(1) Die durch diesen Vertrag geschaffene Europäische Union tritt die Rechtsnachfolge der durch den
Vertrag über die Europäische Union gegründeten Europäischen Union und der Europäischen
Gemeinschaft an.
(2) Vorbehaltlich des Artikels IV-439 nehmen die bei Inkrafttreten dieses Vertrags bestehenden
Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen ihre Befugnisse nach diesem Vertrag in ihrer zum
Zeitpunkt des Inkrafttretens gegebenen Zusammensetzung so lange wahr, bis in Anwendung dieses
Vertrags neue Bestimmungen erlassen werden oder ihr Mandat endet.
(3) Die Rechtsakte der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen, die auf der Grundlage der
durch Artikel IV-437 aufgehobenen Verträge und Rechtsakte angenommen wurden, gelten weiter. Sie
behalten so lange Rechtswirkung, bis sie in Anwendung dieses Vertrags aufgehoben, für nichtig
erklärt oder geändert werden. Dies gilt auch für Übereinkommen, die auf der Grundlage der durch
Artikel IV-437 aufgehobenen Verträge und Rechtsakte zwischen Mitgliedstaaten geschlossen wurden.
Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Vertrags geltenden weiteren Teile des Besitzstands der
Gemeinschaft und der Union, insbesondere die interinstitutionellen Vereinbarungen, die Beschlüsse
und Vereinbarungen der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten, die
Vereinbarungen der Mitgliedstaaten über die Funktionsweise der Union oder der Gemeinschaft oder
im Zusammenhang mit deren Handeln, die Erklärungen, einschließlich jener im Rahmen von
Regierungskonferenzen, und die Entschließungen oder sonstigen Stellungnahmen des Europäischen
Rates oder des Rates sowie die die Union oder die Gemeinschaft betreffenden Entschließungen oder
sonstigen Stellungnahmen, die von den Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen angenommen
wurden, haben ebenfalls so lange weiter Bestand, bis sie aufgehoben oder geändert werden.
(4) Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Gerichts erster
Instanz zur Auslegung und Anwendung der durch Artikel IV-437 aufgehobenen Verträge und
Rechtsakte und der für ihre Anwendung erlassenen Rechtsakte und geschlossenen Übereinkommen
bleibt sinngemäß auch weiterhin maßgeblich für die verbindliche Auslegung des Unionsrechts und
insbesondere vergleichbarer Bestimmungen der Verfassung.
(5) Die Kontinuität der vor dem Inkrafttreten dieses Vertrags eingeleiteten Gerichts- und
Verwaltungsverfahren wird unter Wahrung der Verfassung gewährleistet. Die für diese Verfahren
verantwortlichen Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen ergreifen alle hierfür erforderlichen
Maßnahmen.
Artikel IV-439
Übergangsbestimmungen für bestimmte Organe
Die Übergangsbestimmungen zur Zusammensetzung des Europäischen Parlaments, zur Definition
der qualifizierten Mehrheit im Europäischen Rat und im Rat, einschließlich in den Fällen, in denen
nicht alle Mitglieder des Europäischen Rates oder des Rates an der Abstimmung teilnehmen, und zur
Zusammensetzung der Kommission, einschließlich des Außenministers der Union, sind im Protokoll
über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union enthalten.
Artikel IV-440
Räumlicher Geltungsbereich
(1) Dieser Vertrag gilt für das Königreich Belgien, die Tschechische Republik, das Königreich
Dänemark, die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Estland, die Hellenische Republik, das
Königreich Spanien, die Französische Republik, Irland, die Italienische Republik, die Republik Zypern,
die Republik Lettland, die Republik Litauen, das Großherzogtum Luxemburg, die Republik Ungarn,
die Republik Malta, das Königreich der Niederlande, die Republik Österreich, die Republik Polen, die
Portugiesische Republik, die Republik Slowenien, die Slowakische Republik, die Republik Finnland,
das Königreich Schweden und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland.
(2) Dieser Vertrag gilt nach Artikel III-424 für Guadeloupe, Französisch-Guayana, Martinique,
R‚union, die Azoren, Madeira und die Kanarischen Inseln.
(3) Auf die in Anhang II genannten überseeischen Länder und Hoheitsgebiete findet die in Teil III
Titel IV festgelegte besondere Assoziierungsregelung Anwendung.
Dieser Vertrag findet keine Anwendung auf die überseeischen Länder und Hoheitsgebiete, die
besondere Beziehungen zum Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland unterhalten und
in dieser Liste nicht genannt sind.
(4) Dieser Vertrag findet auf die europäischen Hoheitsgebiete Anwendung, deren auswärtige
Beziehungen ein Mitgliedstaat wahrnimmt.
(5) Dieser Vertrag findet auf die landinseln mit den Ausnahmeregelungen Anwendung, die
ursprünglich in dem in Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstabe d genannten Vertrag vorgesehen waren
und die in das Protokoll betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreichs
Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der
Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik
Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden übernommen worden sind.
(6) Abweichend von den Absätzen 1 bis 5 findet
a) dieser Vertrag auf die Färöer keine Anwendung;
b) dieser Vertrag auf die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland
auf Zypern, Akrotiri und Dhekelia, nur insoweit Anwendung, als dies erforderlich ist, um die
Anwendung der Regelung sicherzustellen, die ursprünglich in dem Protokoll über die
Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern, das der
Beitrittsakte, die Bestandteil des in Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstabe e genannten Vertrags ist,
beigefügt ist und das im Zweiten Teil Titel III des Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte
über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der
Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik
Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik übernommen worden ist,
vorgesehen war;
c) dieser Vertrag auf die Kanalinseln und die Insel Man nur insoweit Anwendung, als dies
erforderlich ist, um die Anwendung der Regelung sicherzustellen, die ursprünglich in dem in
Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstabe a genannten Vertrag für diese Inseln vorgesehen war und die
in Titel II Abschnitt 3 des Protokolls betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des
Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland,
der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der
Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden übernommen worden
ist.
(7) Der Europäische Rat kann auf Initiative des betroffenen Mitgliedstaats einen Europäischen
Beschluss zur Änderung des Status eines in den Absätzen 2 und 3 genannten dänischen,
französischen oder niederländischen Landes oder Hoheitsgebiets gegenüber der Union erlassen. Der
Europäische Rat beschließt einstimmig nach Anhörung der Kommission.
Artikel IV-441
Regionale Zusammenschlüsse
Dieser Vertrag steht dem Bestehen und der Durchführung der regionalen Zusammenschlüsse
zwischen Belgien und Luxemburg sowie zwischen Belgien, Luxemburg und den Niederlanden nicht
entgegen, sofern die Ziele dieser Zusammenschlüsse durch die Anwendung dieses Vertrags nicht
erreicht werden.
Artikel IV-442
Protokolle und Anhänge
Die Protokolle und Anhänge dieses Vertrags sind Bestandteil dieses Vertrags.
Artikel IV-443
Ordentliches Änderungsverfahren
(1) Die Regierung jedes Mitgliedstaats, das Europäische Parlament oder die Kommission kann dem
Rat Entwürfe zur Änderung dieses Vertrags vorlegen. Diese Entwürfe werden vom Rat dem
Europäischen Rat übermittelt und den nationalen Parlamenten zur Kenntnis gebracht.
(2) Beschließt der Europäische Rat nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der
Kommission mit einfacher Mehrheit die Prüfung der vorgeschlagenen Änderungen, so beruft der
Präsident des Europäischen Rates einen Konvent von Vertretern der nationalen Parlamente, der
Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und der Kommission
ein. Bei institutionellen Änderungen im Währungsbereich wird auch die Europäische Zentralbank
gehört. Der Konvent prüft die Änderungsentwürfe und nimmt im Konsensverfahren eine
Empfehlung an, die an eine Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten nach
Absatz 3 gerichtet ist.
Der Europäische Rat kann mit einfacher Mehrheit nach Zustimmung des Europäischen Parlaments
beschließen, keinen Konvent einzuberufen, wenn seine Einberufung aufgrund des Umfangs der
geplanten Änderungen nicht gerechtfertigt ist. In diesem Fall legt der Europäische Rat das Mandat für
eine Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten fest.
(3) Eine Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten wird vom Präsidenten des
Rates einberufen, um die an diesem Vertrag vorzunehmenden Änderungen zu vereinbaren.
Die Änderungen treten in Kraft, nachdem sie von allen Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihrer
verfassungsrechtlichen Vorschriften ratifiziert worden sind.
(4) Haben nach Ablauf von zwei Jahren nach der Unterzeichnung des Vertrags zur Änderung dieses
Vertrags vier Fünftel der Mitgliedstaaten den genannten Vertrag ratifiziert und sind in einem
Mitgliedstaat oder mehreren Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bei der Ratifikation aufgetreten, so
befasst sich der Europäische Rat mit der Frage.
Artikel IV-444
Vereinfachtes Änderungsverfahren
(1) In Fällen, in denen der Rat nach Maßgabe von Teil III in einem Bereich oder in einem
bestimmten Fall einstimmig beschließt, kann der Europäische Rat einen Europäischen Beschluss
erlassen, wonach der Rat in diesem Bereich oder in diesem Fall mit qualifizierter Mehrheit beschließen
kann.
Dieser Absatz gilt nicht für Beschlüsse mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen.
(2) In Fällen, in denen nach Maßgabe von Teil III Europäische Gesetze oder Rahmengesetze vom Rat
nach einem besonderen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden müssen, kann der Europäische Rat
einen Europäischen Beschluss erlassen, wonach diese Europäischen Gesetze oder Rahmengesetze
nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden können.
(3) Jede vom Europäischen Rat auf der Grundlage von Absatz 1 oder Absatz 2 ergriffene Initiative
wird den nationalen Parlamenten übermittelt. Wird diese Initiative innerhalb von sechs Monaten
nach der Übermittlung von einem nationalen Parlament abgelehnt, so wird der Europäische Beschluss
nach Absatz 1 oder Absatz 2 nicht erlassen. Wird die Initiative nicht abgelehnt, so kann der
Europäische Rat den Europäischen Beschluss erlassen.
Der Europäische Rat erlässt die Europäischen Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 2 einstimmig nach
Zustimmung des Europäischen Parlaments, das mit der Mehrheit seiner Mitglieder beschließt.
Artikel IV-445
Vereinfachtes Änderungsverfahren betreffend die internen Politikbereiche der Union
(1) Die Regierung jedes Mitgliedstaats, das Europäische Parlament oder die Kommission kann dem
Europäischen Rat Entwürfe zur Änderung aller oder eines Teils der Bestimmungen des Teils III Titel III
über die internen Politikbereiche der Union vorlegen.
(2) Der Europäische Rat kann einen Europäischen Beschluss zur Änderung aller oder eines Teils der
Bestimmungen des Teils III Titel III erlassen. Der Europäische Rat beschließt einstimmig nach
Anhörung des Europäischen Parlaments und der Kommission sowie, bei institutionellen Änderungen
im Währungsbereich, der Europäischen Zentralbank.
Dieser Europäische Beschluss tritt erst nach Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren
jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften in Kraft.
(3) Der Europäische Beschluss nach Absatz 2 darf nicht zu einer Ausdehnung der der Union im
Rahmen dieses Vertrags übertragenen Zuständigkeiten führen.
Artikel IV-446
Geltungsdauer
Dieser Vertrag gilt auf unbegrenzte Zeit.
Artikel IV-447
Ratifikation und Inkrafttreten
(1) Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation durch die Hohen Vertragsparteien im Einklang mit ihren
verfassungsrechtlichen Vorschriften. Die Ratifikationsurkunden werden bei der Regierung der
Italienischen Republik hinterlegt.
(2) Dieser Vertrag tritt am 1. November 2006 in Kraft, sofern alle Ratifikationsurkunden hinterlegt
worden sind, oder andernfalls am ersten Tag des zweiten auf die Hinterlegung der letzten
Ratifikationsurkunde folgenden Monats.
Artikel IV-448
Verbindliche Fassungen und Übersetzungen
(1) Dieser Vertrag ist in einer Urschrift in dänischer, deutscher, englischer, estnischer, finnischer,
französischer, griechischer, irischer, italienischer, lettischer, litauischer, maltesischer, niederländischer,
polnischer, portugiesischer, schwedischer, slowakischer, slowenischer, spanischer, tschechischer und
ungarischer Sprache abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist; er wird im Archiv
der Regierung der Italienischen Republik hinterlegt; diese übermittelt der Regierung jedes anderen
Unterzeichnerstaats eine beglaubigte Abschrift.
(2) Dieser Vertrag kann ferner in jede andere von den Mitgliedstaaten bestimmte Sprache übersetzt
werden, sofern diese Sprache nach der Verfassungsordnung des jeweiligen Mitgliedstaats in dessen
gesamtem Hoheitsgebiet oder in Teilen davon Amtssprache ist. Die betreffenden Mitgliedstaaten
stellen eine beglaubigte Abschrift dieser Übersetzungen zur Verfügung, die in den Archiven des Rates
hinterlegt wird.
Geschehen zu Rom am neunundzwanzigsten Oktober zweitausendundvier.
...[Unterschriften]
PROTOKOLLE UND ANHÄNGE
A. PROTOKOLLE ZUM VERTRAG ÜBER EINE VERFASSUNG FÜR EUROPA
1. PROTOKOLL ÜBER DIE ROLLE DER NATIONALEN PARLAMENTE IN DER
EUROPÄISCHEN UNION
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
EINGEDENK dessen, dass die Art der Kontrolle der Regierungen durch die nationalen Parlamente hinsichtlich der
Tätigkeiten der Union Sache der besonderen verfassungsrechtlichen Gestaltung und Praxis jedes Mitgliedstaats ist,
IN DEM WUNSCH, eine stärkere Beteiligung der nationalen Parlamente an den Tätigkeiten der Europäischen Union zu
fördern und ihnen bessere Möglichkeiten zu geben, sich zu den Entwürfen von Europäischen Gesetzgebungsakten sowie
zu anderen Fragen, die für sie von besonderem Interesse sein können, zu äußern -
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem
Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt sind:
TITEL I UNTERRICHTUNG DER NATIONALEN PARLAMENTE
Artikel 1
Die Konsultationsdokumente der Kommission (Grün- und Weißbücher sowie Mitteilungen) werden
bei ihrer Veröffentlichung von der Kommission direkt den nationalen Parlamenten zugeleitet. Ferner
leitet die Kommission den nationalen Parlamenten gleichzeitig mit der Übermittlung an das
Europäische Parlament und den Rat das jährliche Rechtsetzungsprogramm sowie alle weiteren
Dokumente für die Ausarbeitung der Rechtsetzungsprogramme oder politischen Strategien zu.
Artikel 2
Die an das Europäische Parlament und den Rat gerichteten Entwürfe von Europäischen
Gesetzgebungsakten werden den nationalen Parlamenten zugeleitet.
Im Sinne dieses Protokolls bezeichnet "Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts" die
Vorschläge der Kommission, die Initiativen einer Gruppe von Mitgliedstaaten, die Initiativen des
Europäischen Parlaments, die Anträge des Gerichtshofs, die Empfehlungen der Europäischen
Zentralbank und die Anträge der Europäischen Investitionsbank, die den Erlass eines Europäischen
Gesetzgebungsaktes zum Ziel haben.
Die von der Kommission vorgelegten Entwürfe von Europäischen Gesetzgebungsakten werden von
der Kommission gleichzeitig mit der Übermittlung an das Europäische Parlament und den Rat direkt
den nationalen Parlamenten zugeleitet.
Die vom Europäischen Parlament vorgelegten Entwürfe von Europäischen Gesetzgebungsakten
werden vom Europäischen Parlament direkt den nationalen Parlamenten zugeleitet.
Die von einer Gruppe von Mitgliedstaaten, vom Gerichtshof, von der Europäischen Zentralbank oder
von der Europäischen Investitionsbank vorgelegten Entwürfe von Europäischen Gesetzgebungsakten
werden vom Rat den nationalen Parlamenten zugeleitet.
Artikel 3
Die nationalen Parlamente können nach dem im Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der
Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit vorgesehenen Verfahren eine begründete Stellungnahme
zur Übereinstimmung eines Entwurfs eines Europäischen Gesetzgebungsakts mit dem Subsidiaritätsprinzip
an die Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission richten.
Wird der Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts von einer Gruppe von Mitgliedstaaten
vorgelegt, so übermittelt der Präsident des Rates die begründete Stellungnahme oder die begründeten
Stellungnahmen den Regierungen dieser Mitgliedstaaten.
Wird der Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts vom Gerichtshof, von der Europäischen
Zentralbank oder von der Europäischen Investitionsbank vorgelegt, so übermittelt der Präsident des
Rates die begründete Stellungnahme oder die begründeten Stellungnahmen dem betreffenden Organ
oder der betreffenden Einrichtung.
Artikel 4
Zwischen dem Zeitpunkt, zu dem ein Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts den nationalen
Parlamenten in den Amtssprachen der Union zugeleitet wird, und dem Zeitpunkt, zu dem er zwecks
Erlass oder zur Festlegung eines Standpunkts im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens auf die
vorläufige Tagesordnung des Rates gesetzt wird, müssen sechs Wochen liegen. In dringenden Fällen,
die in dem Rechtsakt oder dem Standpunkt des Rates begründet werden, sind Ausnahmen möglich.
Außer in ordnungsgemäß begründeten dringenden Fällen darf in diesen sechs Wochen keine
Einigung über den Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts festgestellt werden. Außer in
ordnungsgemäß begründeten dringenden Fällen müssen zwischen der Aufnahme des Entwurfs eines
Europäischen Gesetzgebungsakts in die vorläufige Tagesordnung für die Tagung des Rates und der
Festlegung eines Standpunkts zehn Tage liegen.
Artikel 5
Den nationalen Parlamenten werden die Tagesordnungen für die Tagungen des Rates und die
Ergebnisse dieser Tagungen, einschließlich der Protokolle der Tagungen, auf denen der Rat über
Entwürfe von Europäischen Gesetzgebungsakten berät, gleichzeitig mit der Übermittlung an die
Regierungen der Mitgliedstaaten direkt zugeleitet.
Artikel 6
Beabsichtigt der Europäische Rat, Artikel IV-444 Absatz 1 oder Absatz 2 der Verfassung in Anspruch
zu nehmen, so werden die nationalen Parlamente mindestens sechs Monate vor dem Erlass eines
Europäischen Beschlusses von der Initiative des Europäischen Rates unterrichtet.
Artikel 7
Der Rechnungshof übermittelt den nationalen Parlamenten gleichzeitig mit der Übermittlung an das
Europäische Parlament und den Rat seinen Jahresbericht zur Unterrichtung.
Artikel 8
Handelt es sich bei dem System des nationalen Parlaments nicht um ein Einkammersystem, so gelten
die Artikel 1 bis 7 für jede der Kammern des Parlaments.
TITEL II ZUSAMMENARBEIT ZWISCHEN DEN PARLAMENTEN
Artikel 9
Das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente legen gemeinsam fest, wie eine effiziente
und regelmäßige Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten innerhalb der Union gestaltet und
gefördert werden kann.
Artikel 10
Eine Konferenz der Europa-Ausschüsse der Parlamente kann jeden ihr zweckmäßig erscheinenden
Beitrag dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission zur Kenntnis bringen. Diese
Konferenz fördert ferner den Austausch von Informationen und bewährten Praktiken zwischen den
nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament, einschließlich ihrer Fachausschüsse. Sie
kann auch interparlamentarische Konferenzen zu Einzelthemen organisieren, insbesondere zur
Erörterung von Fragen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, einschließlich der
Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Die Beiträge der Konferenz binden nicht die
nationalen Parlamente und greifen ihrem Standpunkt nicht vor.
2. PROTOKOLL ÜBER DIE ANWENDUNG DER GRUNDSÄTZE DER SUBSIDIARITÄT UND DER
VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
IN DEM WUNSCH sicherzustellen, dass die Entscheidungen in der Union so bürgernah wie möglich getroffen werden,
ENTSCHLOSSEN, die Bedingungen für die Anwendung der in Artikel I-11 der Verfassung verankerten Grundsätze der
Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit festzulegen und ein System zur Kontrolle der Anwendung dieser Grundsätze
zu schaffen -
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt
sind:
Artikel 1
Jede Institution trägt stets für die Einhaltung der in Artikel I-11 der Verfassung niedergelegten
Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit Sorge.
Artikel 2
Die Kommission führt umfangreiche Anhörungen durch, bevor sie einen Europäischen Gesetzgebungsakt
vorschlägt. Dabei ist gegebenenfalls der regionalen und lokalen Bedeutung der in Betracht
gezogenen Maßnahmen Rechnung zu tragen. In außergewöhnlich dringenden Fällen führt die
Kommission keine Konsultationen durch. Sie begründet dies in ihrem Vorschlag.
Artikel 3
Im Sinne dieses Protokolls bezeichnet "Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsaktes" die
Vorschläge der Kommission, die Initiativen einer Gruppe von Mitgliedstaaten, die Initiativen des
Europäischen Parlaments, die Anträge des Gerichtshofs, die Empfehlungen der Europäischen
Zentralbank und die Anträge der Europäischen Investitionsbank, die den Erlass eines Europäischen
Gesetzgebungsaktes zum Ziel haben.
Artikel 4
Die Kommission leitet ihre Entwürfe für Europäische Gesetzgebungsakte und ihre geänderten
Entwürfe den nationalen Parlamenten und dem Unionsgesetzgeber gleichzeitig zu.
Das Europäische Parlament leitet seine Entwürfe von Europäischen Gesetzgebungsakten sowie seine
geänderten Entwürfe den nationalen Parlamenten zu.
Der Rat leitet die von einer Gruppe von Mitgliedstaaten, vom Gerichtshof, von der Europäischen
Zentralbank oder von der Europäischen Investitionsbank vorgelegten Entwürfe von Europäischen
Gesetzgebungsakten sowie die geänderten Entwürfe den nationalen Parlamenten zu.
Sobald das Europäische Parlament seine legislativen Entschließungen angenommen und der Rat seine
Standpunkte festgelegt hat, leiten sie diese den nationalen Parlamenten zu.
Artikel 5
Die Entwürfe von Europäischen Gesetzgebungsakten werden im Hinblick auf die Grundsätze der
Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit begründet. Jeder Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts
sollte einen Vermerk mit detaillierten Angaben enthalten, die es ermöglichen zu beurteilen,
ob die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit eingehalten wurden. Dieser Vermerk
sollte Angaben zu den voraussichtlichen finanziellen Auswirkungen sowie im Fall eines Europäischen
Rahmengesetzes zu den Auswirkungen auf die von den Mitgliedstaaten zu erlassenden Rechtsvorschriften,
einschließlich gegebenenfalls der regionalen Rechtsvorschriften, enthalten. Die Feststellung,
dass ein Ziel der Union besser auf Unionsebene erreicht werden kann, beruht auf qualitativen und,
soweit möglich, quantitativen Kriterien. Die Entwürfe von Europäischen Gesetzgebungsakten
berücksichtigen dabei, dass die finanzielle Belastung und der Verwaltungsaufwand der Union, der
nationalen Regierungen, der regionalen und lokalen Behörden, der Wirtschaftsteilnehmer und der
Bürgerinnen und Bürger so gering wie möglich gehalten werden und in einem angemessenen
Verhältnis zu dem angestrebten Ziel stehen müssen.
Artikel 6
Die nationalen Parlamente oder die Kammern eines dieser Parlamente können binnen sechs Wochen
nach dem Zeitpunkt der Übermittlung eines Entwurfs eines Europäischen Gesetzgebungsakts in einer
begründeten Stellungnahme an die Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der
Kommission darlegen, weshalb der Entwurf ihres Erachtens nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip
vereinbar ist. Dabei obliegt es dem jeweiligen nationalen Parlament oder der jeweiligen Kammer eines
nationalen Parlaments, gegebenenfalls die regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen zu
konsultieren.
Wird der Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts von einer Gruppe von Mitgliedstaaten
vorgelegt, so übermittelt der Präsident des Rates die Stellungnahme den Regierungen dieser
Mitgliedstaaten.
Wird der Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts vom Gerichtshof, von der Europäischen
Zentralbank oder von der Europäischen Investitionsbank vorgelegt, so übermittelt der Präsident des
Rates die Stellungnahme dem betreffenden Organ oder der betreffenden Einrichtung.
Artikel 7
Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission sowie gegebenenfalls die Gruppe von
Mitgliedstaaten, der Gerichtshof, die Europäische Zentralbank und die Europäische Investitionsbank,
sofern der Entwurf eines Gesetzgebungsakts von ihnen vorgelegt wurde, berücksichtigen die
begründeten Stellungnahmen der nationalen Parlamente oder einer der Kammern eines dieser
Parlamente.
Jedes nationale Parlament hat zwei Stimmen, die nach dem jeweiligen System des nationalen
Parlaments aufgeteilt sind. In einem Zweikammersystem hat jede der beiden Kammern eine Stimme.
Erreicht die Anzahl der begründeten Stellungnahmen, wonach der Entwurf eines Europäischen
Gesetzgebungsakts nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang steht, mindestens ein Drittel der
Gesamtzahl der den nationalen Parlamenten nach Maßgabe des Absatzes 2 zugewiesenen Stimmen,
so muss der Entwurf überprüft werden. Die Schwelle beträgt ein Viertel der Stimmen, wenn es sich
um einen Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts auf der Grundlage von Artikel III-264 der
Verfassung betreffend den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts handelt.
Nach Abschluss der Überprüfung kann die Kommission oder gegebenenfalls die Gruppe von
Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament, der Gerichtshof, die Europäische Zentralbank oder die
Europäische Investitionsbank, sofern der Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts von ihnen
vorgelegt wurde, beschließen, an dem Entwurf festzuhalten, ihn zu ändern oder ihn zurückzuziehen.
Dieser Beschluss muss begründet werden.
Artikel 8
Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für Klagen wegen Verstoßes eines Europäischen
Gesetzgebungsakts gegen das Subsidiaritätsprinzip zuständig, die nach Maßgabe des Artikels III-365
der Verfassung von einem Mitgliedstaat erhoben oder entsprechend der jeweiligen innerstaatlichen
Rechtsordnung von einem Mitgliedstaat im Namen seines nationalen Parlaments oder einer Kammer
dieses Parlaments übermittelt werden.
Nach Maßgabe des genannten Artikels können entsprechende Klagen in Bezug auf Europäische
Gesetzgebungsakte, für deren Erlass die Anhörung des Ausschusses der Regionen nach der
Verfassung vorgeschrieben ist, auch vom Ausschuss der Regionen erhoben werden.
Artikel 9
Die Kommission legt dem Europäischen Rat, dem Europäischen Parlament, dem Rat und den
nationalen Parlamenten jährlich einen Bericht über die Anwendung des Artikels I-11 der Verfassung
vor. Dieser Jahresbericht wird auch dem Ausschuss der Regionen und dem Wirtschafts- und
Sozialausschuss zugeleitet.
3. PROTOKOLL ZUR FESTLEGUNG DER SATZUNG DES GERICHTSHOFS
DER EUROPÄISCHEN UNION
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
IN DEM WUNSCH, die in Artikel III-381 der Verfassung vorgesehene Satzung des Gerichtshofs der Europäischen
Union festzulegen -
SIND über folgende Bestimmungen übereingekommen, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem
Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt sind:
Artikel 1
Die Errichtung und die Tätigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union erfolgen nach Maßgabe
der Verfassung, des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG-Vertrag) und
dieser Satzung.
TITEL I DIE RICHTER UND DIE GENERALANWÄLTE
Artikel 2
Jeder Richter leistet vor Aufnahme seiner Amtstätigkeit vor dem in öffentlicher Sitzung tagenden
Gerichtshof den Eid, sein Amt unparteiisch und gewissenhaft auszuüben und das Beratungsgeheimnis
zu wahren.
Artikel 3
Die Richter sind keiner Gerichtsbarkeit unterworfen. Hinsichtlich ihrer in amtlicher Eigenschaft
vorgenommenen Handlungen, einschließlich ihrer mündlichen und schriftlichen Äußerungen, steht
ihnen diese Befreiung auch nach Abschluss ihrer Amtstätigkeit zu.
Der Gerichtshof kann die Befreiung durch Plenarentscheidung aufheben. Betrifft die Entscheidung ein
Mitglied des Gerichts oder eines Fachgerichts, so entscheidet der Gerichtshof nach Anhörung des
betreffenden Gerichts.
Wird nach Aufhebung der Befreiung ein Strafverfahren gegen einen Richter eingeleitet, so darf dieser
in jedem Mitgliedstaat nur vor ein Gericht gestellt werden, das für Verfahren gegen Richter der
höchsten Gerichte dieses Mitgliedstaats zuständig ist.
Die Artikel 11 bis 14 und Artikel 17 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Union
finden auf die Richter, die Generalanwälte, die Kanzler und die Hilfsberichterstatter des Gerichtshofs
der Europäischen Union Anwendung; die Bestimmungen der Absätze 1, 2 und 3 dieses Artikels
betreffend die Befreiung der Richter von der Gerichtsbarkeit bleiben hiervon unberührt.
Artikel 4
Die Richter dürfen weder ein politisches Amt noch ein Amt in der Verwaltung ausüben.
Sie dürfen keine entgeltliche oder unentgeltliche Berufstätigkeit ausüben, es sei denn, dass im Wege
eines Europäischen Beschlusses, den der Rat mit einfacher Mehrheit erlässt, ausnahmsweise von dieser
Vorschrift Befreiung erteilt wird.
Bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit verpflichten sie sich feierlich, während der Ausübung und nach
Ablauf ihrer Amtstätigkeit die sich aus ihrem Amt ergebenden Pflichten zu erfüllen, insbesondere die
Pflicht, bei der Annahme bestimmter Tätigkeiten oder Vorteile nach Ablauf dieser Tätigkeit ehrenhaft
und zurückhaltend zu sein.
Im Zweifelsfalle entscheidet der Gerichtshof. Betrifft die Entscheidung ein Mitglied des Gerichts oder
eines Fachgerichts, so entscheidet der Gerichtshof nach Anhörung des betreffenden Gerichts.
Artikel 5
Abgesehen von den regelmäßigen Neubesetzungen und von Todesfällen endet das Amt eines Richters
durch Rücktritt.
Bei Rücktritt eines Richters ist das Rücktrittsschreiben an den Präsidenten des Gerichtshofs zur
Weiterleitung an den Präsidenten des Rates zu richten. Mit der Benachrichtigung des Letzteren wird
der Sitz frei.
Mit Ausnahme der Fälle, in denen Artikel 6 Anwendung findet, bleibt jeder Richter bis zum
Amtsantritt seines Nachfolgers im Amt.
Artikel 6
Ein Richter kann nur dann seines Amtes enthoben oder seiner Ruhegehaltsansprüche oder anderer an
ihrer Stelle gewährter Vergünstigungen für verlustig erklärt werden, wenn er nach einstimmiger
Ansicht der Richter und Generalanwälte des Gerichtshofs nicht mehr die erforderlichen
Voraussetzungen erfüllt oder den sich aus seinem Amt ergebenden Verpflichtungen nicht mehr
nachkommt. Der Betroffene wirkt bei der Beschlussfassung nicht mit. Ist der Betroffene ein Mitglied
des Gerichts oder eines Fachgerichts, so entscheidet der Gerichtshof nach Anhörung des betreffenden
Gerichts.
Der Kanzler bringt den Präsidenten des Europäischen Parlaments und der Kommission die
Entscheidung des Gerichtshofs zur Kenntnis und übermittelt sie dem Präsidenten des Rates.
Wird durch eine solche Entscheidung ein Richter seines Amtes enthoben, so wird sein Sitz mit der
Benachrichtigung des Präsidenten des Rates frei.
Artikel 7
Endet das Amt eines Richters vor Ablauf seiner Amtszeit, so wird es für die verbleibende Amtszeit
neu besetzt.
Artikel 8
Die Artikel 2 bis 7 finden auf die Generalanwälte Anwendung.
TITEL II ORGANISATION DES GERICHTSHOFS
Artikel 9
Die teilweise Neubesetzung der Richterstellen, die alle drei Jahre stattfindet, betrifft abwechselnd
dreizehn und zwölf Richter.
Die teilweise Neubesetzung der Stellen der Generalanwälte, die alle drei Jahre stattfindet, betrifft jedes
Mal vier Generalanwälte.
Artikel 10
Der Kanzler leistet vor dem Gerichtshof den Eid, sein Amt unparteiisch und gewissenhaft auszuüben
und das Beratungsgeheimnis zu wahren.
Artikel 11
Der Gerichtshof regelt die Vertretung des Kanzlers für den Fall seiner Verhinderung.
Artikel 12
Dem Gerichtshof werden Beamte und sonstige Bedienstete beigegeben, um ihm die Erfüllung seiner
Aufgaben zu ermöglichen. Sie unterstehen dem Kanzler unter Aufsicht des Präsidenten.
Artikel 13
Durch Europäisches Gesetz kann die Ernennung von Hilfsberichterstattern vorgesehen und ihre
Stellung bestimmt werden. Es wird auf Antrag des Gerichtshofs erlassen. Die Hilfsberichterstatter
können nach Maßgabe der Verfahrensordnung berufen werden, an der Bearbeitung der beim
Gerichtshof anhängigen Sachen teilzunehmen und mit dem Berichterstatter zusammenzuarbeiten.
Zu Hilfsberichterstattern sind Persönlichkeiten auszuwählen, die jede Gewähr für Unabhängigkeit
bieten und die erforderlichen juristischen Befähigungsnachweise erbringen; sie werden im Wege eines
Europäischen Beschlusses ernannt, der vom Rat mit einfacher Mehrheit erlassen wird. Sie leisten vor
dem Gerichtshof den Eid, ihr Amt unparteiisch und gewissenhaft auszuüben und das
Beratungsgeheimnis zu wahren.
Artikel 14
Die Richter, die Generalanwälte und der Kanzler sind verpflichtet, am Sitz des Gerichtshofs zu
wohnen.
Artikel 15
Der Gerichtshof übt seine Tätigkeit ständig aus. Die Dauer der Gerichtsferien wird vom Gerichtshof
unter Berücksichtigung der dienstlichen Erfordernisse festgesetzt.
Artikel 16
Der Gerichtshof bildet aus seiner Mitte Kammern mit drei und mit fünf Richtern. Die Richter wählen
aus ihrer Mitte die Präsidenten der Kammern. Die Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern
werden für drei Jahre gewählt. Einmalige Wiederwahl ist zulässig.
Die Große Kammer ist mit 13 Richtern besetzt. Den Vorsitz führt der Präsident des Gerichtshofs. Der
Großen Kammer gehören außerdem die Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern und weitere
Richter, die nach Maßgabe der Verfahrensordnung ernannt werden, an.
Der Gerichtshof tagt als Große Kammer, wenn ein am Verfahren beteiligter Mitgliedstaat oder ein am
Verfahren beteiligtes Organ der Union dies beantragt.
Der Gerichthof tagt als Plenum, wenn er nach Artikel III-335 Absatz 2, Artikel III-347 Absatz 2,
Artikel III-349 oder Artikel III-385 Absatz 6 der Verfassung befasst wird.
Außerdem kann der Gerichtshof, wenn er zu der Auffassung gelangt, dass eine Rechtssache, mit der
er befasst ist, von außergewöhnlicher Bedeutung ist, nach Anhörung des Generalanwalts entscheiden,
diese Rechtssache an das Plenum zu verweisen.
Artikel 17
Der Gerichtshof kann nur in der Besetzung mit einer ungeraden Zahl von Richtern rechtswirksam
entscheiden.
Die Entscheidungen der Kammern mit drei oder fünf Richtern sind nur dann gültig, wenn sie von drei
Richtern getroffen werden.
Die Entscheidungen der Großen Kammer sind nur dann gültig, wenn neun Richter anwesend sind.
Die vom Plenum getroffenen Entscheidungen des Gerichtshofs sind nur dann gültig, wenn 15 Richter
anwesend sind.
Bei Verhinderung eines Richters einer Kammer kann nach Maßgabe der Verfahrensordnung ein
Richter einer anderen Kammer herangezogen werden.
Artikel 18
Die Richter und Generalanwälte dürfen nicht an der Erledigung einer Sache teilnehmen, in der sie
vorher als Bevollmächtigte, Beistände oder Anwälte einer der Parteien tätig gewesen sind oder über
die zu befinden sie als Mitglied eines Gerichts, eines Untersuchungsausschusses oder in anderer
Eigenschaft berufen waren.
Glaubt ein Richter oder Generalanwalt, bei der Entscheidung oder Untersuchung einer bestimmten
Sache aus einem besonderen Grund nicht mitwirken zu können, so macht er davon dem Präsidenten
Mitteilung. Hält der Präsident die Teilnahme eines Richters oder Generalanwalts an der Verhandlung
oder Entscheidung einer bestimmten Sache aus einem besonderen Grund für unangebracht, so setzt
er diesen hiervon in Kenntnis.
Ergibt sich bei der Anwendung dieses Artikels eine Schwierigkeit, so entscheidet der Gerichtshof.
Eine Partei kann den Antrag auf Änderung der Zusammensetzung des Gerichtshofs oder einer seiner
Kammern weder mit der Staatsangehörigkeit eines Richters noch damit begründen, dass dem
Gerichtshof oder einer seiner Kammern kein Richter ihrer Staatsangehörigkeit angehört.
TITEL III VERFAHREN VOR DEM GERICHTSHOF
Artikel 19
Die Mitgliedstaaten sowie die Organe der Union werden vor dem Gerichtshof durch einen
Bevollmächtigten vertreten, der für jede Sache bestellt wird. Der Bevollmächtigte kann sich der Hilfe
eines Beistands oder eines Anwalts bedienen.
Die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die nicht Mitgliedstaaten
sind, und die in dem Abkommen genannte Überwachungsbehörde der Europäischen
Freihandelsassoziation (EFTA) werden in der gleichen Weise vertreten.
Die anderen Parteien müssen durch einen Anwalt vertreten sein.
Nur ein Anwalt, der berechtigt ist, vor einem Gericht eines Mitgliedstaats oder eines anderen
Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aufzutreten, kann vor dem
Gerichtshof als Vertreter oder Beistand einer Partei auftreten.
Die vor dem Gerichtshof auftretenden Bevollmächtigten, Beistände und Anwälte genießen nach
Maßgabe der Verfahrensordnung die zur unabhängigen Ausübung ihrer Aufgaben erforderlichen
Rechte und Sicherheiten.
Der Gerichtshof hat nach Maßgabe der Verfahrensordnung gegenüber den vor ihm auftretenden
Beiständen und Anwälten die den Gerichten allgemein zuerkannten Befugnisse.
Hochschullehrer, die Angehörige von Mitgliedstaaten sind, deren Rechtsordnung ihnen gestattet, vor
Gericht als Vertreter einer Partei aufzutreten, haben vor dem Gerichtshof die durch diesen Artikel den
Anwälten eingeräumte Rechtsstellung.
Artikel 20
Das Verfahren vor dem Gerichtshof gliedert sich in ein schriftliches und ein mündliches Verfahren.
Das schriftliche Verfahren umfasst die Übermittlung der Klageschriften, Schriftsätze, Klagebeantwortungen
und Erklärungen und gegebenenfalls der Repliken sowie aller zur Unterstützung
vorgelegten Belegstücke und Urkunden oder ihrer beglaubigten Abschriften an die Parteien sowie an
diejenigen Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, deren Handlungen Gegenstand
des Verfahrens sind.
Die Übermittlung obliegt dem Kanzler in der Reihenfolge und innerhalb der Fristen, die die
Verfahrensordnung bestimmt.
Das mündliche Verfahren umfasst die Verlesung des von einem Berichterstatter vorgelegten Berichts,
die Anhörung der Bevollmächtigten, Beistände und Anwälte und der Schlussanträge des
Generalanwalts durch den Gerichtshof sowie gegebenenfalls die Vernehmung von Zeugen und
Sachverständigen.
Ist der Gerichtshof der Auffassung, dass eine Rechtssache keine neue Rechtsfrage aufwirft, so kann er
nach Anhörung des Generalanwalts beschließen, dass ohne Schlussanträge des Generalanwalts über
die Sache entschieden wird.
Artikel 21
Die Klageerhebung bei dem Gerichtshof erfolgt durch Einreichung einer an den Kanzler zu richtenden
Klageschrift. Die Klageschrift muss Namen und Wohnsitz des Klägers, die Stellung des
Unterzeichnenden, die Partei oder die Parteien, gegen die die Klage erhoben wird, und den
Streitgegenstand angeben sowie die Anträge und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten.
Der Klageschrift ist gegebenenfalls der Rechtsakt beizufügen, dessen Nichtigerklärung beantragt wird,
oder in dem in Artikel III-367 der Verfassung geregelten Fall eine Unterlage, aus der sich der
Zeitpunkt der in dem genannten Artikel vorgesehenen Aufforderung ergibt. Sind der Klageschrift
diese Unterlagen nicht beigefügt, so fordert der Kanzler den Kläger auf, sie innerhalb einer
angemessenen Frist beizubringen; die Klage kann nicht deshalb zurückgewiesen werden, weil die
Beibringung erst nach Ablauf der für die Klageerhebung vorgeschriebenen Frist erfolgt.
Artikel 22
In den Fällen nach Artikel 18 des EAG-Vertrags erfolgt die Klageerhebung bei dem Gerichtshof durch
Einreichung einer an den Kanzler zu richtenden Klageschrift. Die Klageschrift muss Namen und
Wohnsitz des Klägers, die Stellung des Unterzeichnenden, die Entscheidung, gegen die Klage erhoben
wird, die Gegenparteien und den Streitgegenstand angeben sowie die Anträge und eine kurze
Darstellung der Klagegründe enthalten.
Eine beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung des Schiedsausschusses ist beizufügen.
Weist der Gerichtshof die Klage ab, so wird die Entscheidung des Schiedsausschusses rechtskräftig.
Hebt der Gerichtshof die Entscheidung des Schiedsausschusses auf, so kann das Verfahren
gegebenenfalls auf Betreiben einer Prozesspartei vor dem Schiedsausschuss wieder aufgenommen
werden. Dieser ist an die vom Gerichtshof gegebene rechtliche Beurteilung gebunden.
Artikel 23
In den Fällen nach Artikel III-369 der Verfassung obliegt es dem Gericht des Mitgliedstaats, das ein
Verfahren aussetzt und den Gerichtshof anruft, diese Entscheidung dem Gerichtshof zu übermitteln.
Der Kanzler des Gerichtshofs stellt diese Entscheidung den beteiligten Parteien, den Mitgliedstaaten
und der Kommission zu und außerdem den Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der
Union, von denen die Handlung, deren Gültigkeit oder Auslegung streitig ist, ausgegangen ist.
Binnen zwei Monaten nach dieser Zustellung können die Parteien, die Mitgliedstaaten, die
Kommission und gegebenenfalls die Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, von
denen die Handlung, deren Gültigkeit oder Auslegung streitig ist, ausgegangen ist, beim Gerichtshof
Schriftsätze einreichen oder schriftliche Erklärungen abgeben.
Der Kanzler des Gerichtshofs stellt die Entscheidung des Gerichts des Mitgliedstaats darüber hinaus
den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die nicht Mitgliedstaaten
sind, und der in jenem Abkommen genannten EFTA-Überwachungsbehörde zu, die
binnen zwei Monaten nach der Zustellung beim Gerichtshof Schriftsätze einreichen oder schriftliche
Erklärungen abgeben können, wenn einer der Anwendungsbereiche des Abkommens betroffen ist.
Dieser Absatz findet keine Anwendung auf Fragen, die in den Anwendungsbereich des EAG-Vertrags
fallen.
Sieht ein vom Rat mit einem oder mehreren Drittstaaten über einen bestimmten Bereich
geschlossenes Abkommen vor, dass diese Staaten Schriftsätze einreichen oder schriftliche
Erklärungen abgeben können, wenn ein Gericht eines Mitgliedstaats dem Gerichtshof eine in den
Anwendungsbereich des Abkommens fallende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat, so wird
die Entscheidung des Gerichts des Mitgliedstaats, die eine solche Frage enthält, auch den betreffenden
Drittstaaten zugestellt, die binnen zwei Monaten nach der Zustellung beim Gerichtshof Schriftsätze
einreichen oder schriftliche Erklärungen abgeben können.
Artikel 24
Der Gerichtshof kann von den Parteien die Vorlage aller Urkunden und die Erteilung aller Auskünfte
verlangen, die er für wünschenswert hält. Im Falle einer Weigerung stellt der Gerichtshof diese
ausdrücklich fest.
Der Gerichtshof kann ferner von den Mitgliedstaaten und den Organen, Einrichtungen oder sonstigen
Stellen der Union, die nicht Parteien in einem Rechtsstreit sind, alle Auskünfte verlangen, die er zur
Regelung dieses Rechtsstreits für erforderlich erachtet.
Artikel 25
Der Gerichtshof kann jederzeit Personen, Personengemeinschaften, Dienststellen, Ausschüsse oder
Einrichtungen seiner Wahl mit der Abgabe von Gutachten betrauen.
Artikel 26
Zeugen können nach Maßgabe der Verfahrensordnung vernommen werden.
Artikel 27
Nach Maßgabe der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof gegenüber ausbleibenden Zeugen die
den Gerichten allgemein zuerkannten Befugnisse ausüben und Geldbußen verhängen.
Artikel 28
Zeugen und Sachverständige können unter Benutzung der in der Verfahrensordnung vorgeschriebenen
Eidesformel oder in der in der Rechtsordnung ihres Landes vorgesehenen Weise eidlich
vernommen werden.
Artikel 29
Der Gerichtshof kann anordnen, dass ein Zeuge oder Sachverständiger von dem Gericht seines
Wohnsitzes vernommen wird.
Diese Anordnung ist nach den Bestimmungen der Verfahrensordnung zur Ausführung an das
zuständige Gericht zu richten. Die in Ausführung des Rechtshilfeersuchens abgefassten Schriftstücke
werden dem Gerichtshof nach denselben Bestimmungen übermittelt.
Der Gerichtshof übernimmt die anfallenden Auslagen; er erlegt sie gegebenenfalls den Parteien auf.
Artikel 30
Jeder Mitgliedstaat behandelt die Eidesverletzung eines Zeugen oder Sachverständigen wie eine vor
seinen eigenen in Zivilsachen zuständigen Gerichten begangene Straftat. Auf Anzeige des
Gerichtshofs verfolgt er den Täter vor seinen zuständigen Gerichten.
Artikel 31
Die Verhandlung ist öffentlich, es sei denn, dass der Gerichtshof von Amts wegen oder auf Antrag der
Parteien aus wichtigen Gründen anders beschließt.
Artikel 32
Der Gerichtshof kann während der Verhandlung Sachverständige, Zeugen sowie die Parteien selbst
vernehmen. Für die Letzteren können jedoch nur ihre bevollmächtigten Vertreter mündlich
verhandeln.
Artikel 33
Über jede mündliche Verhandlung ist ein vom Präsidenten und vom Kanzler zu unterschreibendes
Protokoll aufzunehmen.
Artikel 34
Die Terminliste wird vom Präsidenten festgelegt.
Artikel 35
Die Beratungen des Gerichtshofs sind und bleiben geheim.
Artikel 36
Die Urteile sind mit Gründen zu versehen. Sie enthalten die Namen der Richter, die bei der
Entscheidung mitgewirkt haben.
Artikel 37
Die Urteile sind vom Präsidenten und vom Kanzler zu unterschreiben. Sie werden in öffentlicher
Sitzung verlesen.
Artikel 38
Der Gerichtshof entscheidet über die Kosten.
Artikel 39
Der Präsident des Gerichtshofs kann in einem abgekürzten Verfahren, das erforderlichenfalls von
einzelnen Bestimmungen dieser Satzung abweichen kann und in der Verfahrensordnung geregelt ist,
über Anträge auf Aussetzung nach Artikel III-379 Absatz 1 der Verfassung und Artikel 157 des EAGVertrags,
auf Erlass einstweiliger Anordnungen nach Artikel III-379 Absatz 2 der Verfassung oder auf
Aussetzung der Zwangsvollstreckung nach Artikel III-401 Absatz 4 der Verfassung oder Artikel 164
Absatz 3 des EAG-Vertrags entscheiden.
Bei Verhinderung des Präsidenten wird dieser durch einen anderen Richter nach Maßgabe der
Verfahrensordnung vertreten.
Die von dem Präsidenten oder seinem Vertreter getroffene Anordnung stellt eine einstweilige
Regelung dar und greift der Entscheidung des Gerichtshofs in der Hauptsache nicht vor.
Artikel 40
Die Mitgliedstaaten und die Organe der Union können einem bei dem Gerichtshof anhängigen
Rechtsstreit beitreten.
Dasselbe gilt für die Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie alle anderen Personen,
sofern sie ein berechtigtes Interesse am Ausgang eines bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits
glaubhaft machen können. Natürliche oder juristische Personen können Rechtssachen zwischen
Mitgliedstaaten, zwischen Organen der Union oder zwischen Mitgliedstaaten und Organen der Union
nicht beitreten.
Unbeschadet des Absatzes 2 können die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen
Wirtschaftsraum, die nicht Mitgliedstaaten sind, sowie die in dem Abkommen genannte EFTAÜberwachungsbehörde
einem bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten, wenn dieser
einen der Anwendungsbereiche des Abkommens betrifft.
Mit den aufgrund des Beitritts gestellten Anträgen können nur die Anträge einer Partei unterstützt
werden.
Artikel 41
Stellt der ordnungsmäßig geladene Beklagte keine schriftlichen Anträge, so ergeht gegen ihn
Versäumnisurteil. Gegen dieses Urteil kann binnen einem Monat nach Zustellung Einspruch eingelegt
werden. Der Einspruch hat keine Aussetzung der Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil zur Folge,
es sei denn, dass der Gerichtshof anders beschließt.
Artikel 42
Die Mitgliedstaaten, die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und alle sonstigen
natürlichen und juristischen Personen können nach Maßgabe der Verfahrensordnung in den dort
genannten Fällen Drittwiderspruch gegen ein Urteil erheben, wenn dieses Urteil ihre Rechte
beeinträchtigt und in einem Rechtsstreit erlassen worden ist, an dem sie nicht teilgenommen haben.
Artikel 43
Bestehen Zweifel über Sinn und Tragweite eines Urteils, so ist der Gerichtshof zuständig, dieses Urteil
auf Antrag einer Partei oder eines Organs der Union auszulegen, wenn diese ein berechtigtes Interesse
hieran glaubhaft machen.
Artikel 44
Die Wiederaufnahme des Verfahrens kann beim Gerichtshof nur dann beantragt werden, wenn eine
Tatsache von entscheidender Bedeutung bekannt wird, die vor Verkündung des Urteils dem
Gerichtshof und der die Wiederaufnahme beantragenden Partei unbekannt war.
Das Wiederaufnahmeverfahren wird durch eine Entscheidung des Gerichtshofs eröffnet, die das
Vorliegen der neuen Tatsache ausdrücklich feststellt, ihr die für die Eröffnung des Wiederaufnahmeverfahrens
erforderlichen Merkmale zuerkennt und deshalb den Antrag für zulässig erklärt.
Nach Ablauf von zehn Jahren nach Erlass des Urteils kann kein Wiederaufnahmeantrag mehr gestellt
werden.
Artikel 45
In der Verfahrensordnung sind besondere, den Entfernungen Rechnung tragende Fristen festzulegen.
Der Ablauf von Fristen hat keinen Rechtsnachteil zur Folge, wenn der Betroffene nachweist, dass ein
Zufall oder ein Fall höherer Gewalt vorliegt.
Artikel 46
Die aus außervertraglicher Haftung der Union hergeleiteten Ansprüche verjähren in fünf Jahren nach
Eintritt des Ereignisses, das ihnen zugrunde liegt. Die Verjährung wird durch Einreichung der
Klageschrift beim Gerichtshof oder dadurch unterbrochen, dass der Geschädigte seinen Anspruch
vorher gegenüber dem zuständigen Organ der Union geltend macht. In letzterem Fall muss die Klage
innerhalb der in Artikel III-365 der Verfassung vorgesehenen Frist von zwei Monaten erhoben
werden. Artikel III-367 Absatz 2 der Verfassung findet Anwendung.
Der vorliegende Artikel gilt auch für Ansprüche, die aus außervertraglicher Haftung der Europäischen
Zentralbank hergeleitet werden.
TITEL IV DAS GERICHT
Artikel 47
Artikel 9 Absatz 1, die Artikel 14 und 15, Artikel 17 Absätze 1, 2, 4 und 5 sowie Artikel 18 finden
auf das Gericht und dessen Mitglieder Anwendung.
Die Artikel 10, 11 und 14 finden auf den Kanzler des Gerichts entsprechende Anwendung.
Artikel 48
Das Gericht besteht aus 25 Richtern.
Artikel 49
Die Mitglieder des Gerichts können dazu bestellt werden, die Tätigkeit eines Generalanwalts
auszuüben.
Der Generalanwalt hat in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begründete Schlussanträge zu
bestimmten dem Gericht unterbreiteten Rechtssachen öffentlich zu stellen, um das Gericht bei der
Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen.
Die Kriterien für die Bestimmung solcher Rechtssachen sowie die Einzelheiten für die Bestellung der
Generalanwälte werden in der Verfahrensordnung des Gerichts festgelegt.
Ein in einer Rechtssache zum Generalanwalt bestelltes Mitglied darf bei der Entscheidung dieser
Rechtssache nicht mitwirken.
Artikel 50
Das Gericht tagt in Kammern mit drei oder mit fünf Richtern. Die Richter wählen aus ihrer Mitte die
Präsidenten der Kammern. Die Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern werden für drei Jahre
gewählt. Einmalige Wiederwahl ist zulässig.
Die Besetzung der Kammern und die Zuweisung der Rechtssachen an sie richten sich nach der
Verfahrensordnung. In bestimmten in der Verfahrensordnung festgelegten Fällen kann das Gericht als
Plenum oder als Einzelrichter tagen.
Die Verfahrensordnung kann auch vorsehen, dass das Gericht in den Fällen und unter den
Bedingungen, die in der Verfahrensordnung festgelegt sind, als Große Kammer tagt.
Artikel 51
Abweichend von der in Artikel III-358 Absatz 1 der Verfassung vorgesehenen Regelung sind dem
Gerichtshof Klagen nach den Artikeln III-365 und III-367 der Verfassung vorbehalten,
a) die von einem Mitgliedstaat gegen eine Handlung oder wegen unterlassener Beschlussfassung des
Europäischen Parlaments oder des Rates oder dieser beiden Organe in den Fällen, in denen sie
gemeinsam beschließen, erhoben werden, mit Ausnahme:
- der Europäischen Beschlüsse des Rates nach Artikel III-168 Absatz 2 Unterabsatz 3 der
Verfassung;
- der Rechtsakte des Rates aufgrund eines Rechtsakts des Rates über handelspolitische
Schutzmaßnahmen im Sinne von Artikel III-315 der Verfassung;
- der Handlungen des Rates, mit denen dieser nach Artikel I-37 Absatz 2 der Verfassung
Durchführungsbefugnisse ausübt;
b) die von einem Mitgliedstaat gegen eine Handlung oder wegen unterlassener Beschlussfassung der
Kommission nach Maßgabe des Artikels III-420 Absatz 1 der Verfassung erhoben werden.
Dem Gerichtshof sind ebenfalls Klagen nach denselben Artikeln vorbehalten, die von einem
Unionsorgan gegen eine Handlung oder wegen unterlassener Beschlussfassung des Europäischen
Parlaments oder des Rates, dieser beiden Organe in den Fällen, in denen sie gemeinsam beschließen,
oder der Kommission erhoben werden, sowie der Klagen, die von einem Organ gegen eine Handlung
oder wegen unterlassener Beschlussfassung der Europäischen Zentralbank erhoben werden.
Artikel 52
Der Präsident des Gerichtshofs und der Präsident des Gerichts legen einvernehmlich fest, in welcher
Weise Beamte und sonstige Bedienstete, die dem Gerichtshof beigegeben sind, dem Gericht Dienste
leisten, um ihm die Erfüllung seiner Aufgaben zu ermöglichen. Einzelne Beamte oder sonstige
Bedienstete unterstehen dem Kanzler des Gerichts unter Aufsicht des Präsidenten des Gerichts.
Artikel 53
Das Verfahren vor dem Gericht bestimmt sich nach Titel III.
Das Verfahren vor dem Gericht wird, soweit dies erforderlich ist, durch dessen Verfahrensordnung im
Einzelnen geregelt und ergänzt. Die Verfahrensordnung kann von Artikel 40 Absatz 4 und Artikel 41
abweichen, um den Besonderheiten der Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet des geistigen Eigentums
Rechnung zu tragen.
Abweichend von Artikel 20 Absatz 4 kann der Generalanwalt seine begründeten Schlussanträge
schriftlich stellen.
Artikel 54
Wird eine Klageschrift oder ein anderer Schriftsatz, die an das Gericht gerichtet sind, irrtümlich beim
Kanzler des Gerichtshofs eingereicht, so übermittelt dieser sie unverzüglich an den Kanzler des
Gerichts. Wird eine Klageschrift oder ein anderer Schriftsatz, die an den Gerichtshof gerichtet sind,
irrtümlich beim Kanzler des Gerichts eingereicht, so übermittelt dieser sie unverzüglich an den
Kanzler des Gerichtshofs.
Stellt das Gericht fest, dass es für eine Klage nicht zuständig ist, die in die Zuständigkeit des
Gerichtshofs fällt, so verweist es den Rechtsstreit an den Gerichtshof. Stellt der Gerichtshof fest, dass
eine Klage in die Zuständigkeit des Gerichts fällt, so verweist er den Rechtsstreit an das Gericht, das
sich dann nicht für unzuständig erklären kann.
Sind bei dem Gerichtshof und dem Gericht Rechtssachen anhängig, die den gleichen Gegenstand
haben, die gleiche Auslegungsfrage aufwerfen oder die Gültigkeit desselben Rechtsaktes betreffen, so
kann das Gericht nach Anhörung der Parteien das Verfahren bis zum Erlass des Urteils des
Gerichtshofs aussetzen, oder, wenn es sich um Klagen nach Artikel III-365 der Verfassung oder
Artikel 146 des EAG-Vertrags handelt, sich für nicht zuständig erklären, damit der Gerichtshof über
die Klage entscheidet. Unter den gleichen Voraussetzungen kann auch der Gerichtshof die Aussetzung
des bei ihm anhängigen Verfahrens beschließen. In diesem Fall wird das Verfahren vor dem Gericht
fortgeführt.
Fechten ein Mitgliedstaat und ein Organ der Union denselben Rechtsakt an, so erklärt sich das Gericht
für nicht zuständig, damit der Gerichtshof über diese Klage entscheidet.
Artikel 55
Der Kanzler des Gerichts übermittelt jeder Partei sowie allen Mitgliedstaaten und den Organen der
Union, auch wenn diese vor dem Gericht der Rechtssache nicht als Streithelfer beigetreten sind, die
Endentscheidungen des Gerichts und die Entscheidungen, die über einen Teil des Streitgegenstands
ergangen sind oder die einen Zwischenstreit beenden, der eine Einrede wegen Unzuständigkeit oder
Unzulässigkeit zum Gegenstand hat.
Artikel 56
Gegen die Endentscheidungen des Gerichts und gegen die Entscheidungen, die über einen Teil des
Streitgegenstands ergangen sind oder die einen Zwischenstreit beenden, der eine Einrede der
Unzuständigkeit oder Unzulässigkeit zum Gegenstand hat, kann ein Rechtsmittel beim Gerichtshof
eingelegt werden; die Rechtsmittelfrist beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung der
angefochtenen Entscheidung.
Dieses Rechtsmittel kann von einer Partei eingelegt werden, die mit ihren Anträgen ganz oder
teilweise unterlegen ist. Andere Streithelfer als Mitgliedstaaten oder Organe der Union können dieses
Rechtsmittel jedoch nur dann einlegen, wenn die Entscheidung des Gerichts sie unmittelbar berührt.
Mit Ausnahme von Fällen, die sich auf Streitsachen zwischen der Union und ihren Bediensteten
beziehen, kann dieses Rechtsmittel auch von den Mitgliedstaaten und den Organen der Union
eingelegt werden, die dem Rechtsstreit vor dem Gericht nicht beigetreten sind. In diesem Fall befinden
sie sich in derselben Stellung wie Mitgliedstaaten und Organe, die dem Rechtsstreit im ersten
Rechtszug beigetreten sind.
Artikel 57
Wird ein Antrag auf Zulassung als Streithelfer von dem Gericht abgelehnt, so kann der Antragsteller
binnen zwei Wochen nach Zustellung der ablehnenden Entscheidung ein Rechtsmittel beim
Gerichtshof einlegen.
Gegen die aufgrund des Artikels III-379 Absatz 1 oder Absatz 2 oder des Artikels III-401 Absatz 4
der Verfassung oder aufgrund des Artikels 157 oder des Artikels 164 Absatz 3 des EAG-Vertrags
ergangenen Entscheidungen des Gerichts können die Parteien des Verfahrens binnen zwei Monaten
nach Zustellung ein Rechtsmittel beim Gerichtshof einlegen.
Die Entscheidung über nach den Absätzen 1 und 2 eingelegte Rechtsmittel ergeht nach Maßgabe des
Artikels 39.
Artikel 58
Das beim Gerichtshof eingelegte Rechtsmittel ist auf Rechtsfragen beschränkt. Es kann auf die
Unzuständigkeit des Gerichts, auf einen Verfahrensfehler des Gerichts, durch den die Interessen des
Rechtsmittelführers beeinträchtigt werden, sowie auf eine Verletzung des Unionsrechts durch das
Gericht gestützt werden.
Ein Rechtsmittel nur gegen die Kostenentscheidung oder gegen die Kostenfestsetzung ist unzulässig.
Artikel 59
Wird gegen eine Entscheidung des Gerichts ein Rechtsmittel eingelegt, so besteht das Verfahren vor
dem Gerichtshof aus einem schriftlichen und einem mündlichen Verfahren. Unter den in der
Verfahrensordnung festgelegten Voraussetzungen kann der Gerichtshof nach Anhörung des
Generalanwalts und der Parteien ohne mündliches Verfahren entscheiden.
Artikel 60
Unbeschadet des Artikels III-379 Absätze 1 und 2 der Verfassung oder des Artikels 157 des EAGVertrags
haben Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung.
Abweichend von Artikel III-380 der Verfassung werden die Entscheidungen des Gerichts, in denen
Europäische Gesetze oder Europäische Verordnungen, die in allen ihren Teilen verbindlich sind und
unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gelten, für nichtig erklärt werden, erst nach Ablauf der in
Artikel 56 Absatz 1 dieser Satzung vorgesehenen Frist oder, wenn innerhalb dieser Frist ein
Rechtsmittel eingelegt worden ist, nach dessen Zurückweisung wirksam; ein Beteiligter kann jedoch
nach Artikel III-379 Absätze 1 und 2 der Verfassung oder Artikel 157 des EAG-Vertrags beim
Gerichtshof die Aussetzung der Wirkungen des für nichtig erklärten Europäischen Gesetzes oder der
für nichtig erklärten Europäischen Verordnung oder sonstige einstweilige Anordnungen beantragen.
Artikel 61
Ist das Rechtsmittel begründet, so hebt der Gerichtshof die Entscheidung des Gerichts auf. Er kann
sodann den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die
Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.
Im Falle der Zurückverweisung ist das Gericht an die rechtliche Beurteilung in der Entscheidung des
Gerichtshofs gebunden.
Ist das von einem Mitgliedstaat oder einem Organ der Union, die dem Rechtsstreit vor dem Gericht
nicht beigetreten sind, eingelegte Rechtsmittel begründet, so kann der Gerichtshof, falls er dies für
notwendig hält, diejenigen Wirkungen der aufgehobenen Entscheidung des Gerichts bezeichnen, die
für die Parteien des Rechtsstreits als fortgeltend zu betrachten sind.
Artikel 62
Wenn in Fällen nach Artikel III-358 Absätze 2 und 3 der Verfassung der Erste Generalanwalt der
Auffassung ist, dass die ernste Gefahr einer Beeinträchtigung der Einheit oder der Kohärenz des
Unionsrechts besteht, so kann er dem Gerichtshof vorschlagen, die Entscheidung des Gerichts zu
überprüfen.
Der Vorschlag muss innerhalb eines Monats nach Verkündung der Entscheidung des Gerichts
erfolgen. Der Gerichtshof entscheidet innerhalb eines Monats nach Vorlage des Vorschlags durch den
Ersten Generalanwalt, ob die Entscheidung zu überprüfen ist oder nicht.
TITEL V SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Artikel 63
Die Verfahrensordnungen des Gerichtshofs und des Gerichts enthalten alle Bestimmungen, die für die
Anwendung dieser Satzung und erforderlichenfalls für ihre Ergänzung notwendig sind.
Artikel 64
Die Vorschriften über die Regelung der Sprachenfrage für den Gerichtshof der Europäischen Union
werden in einer vom Rat einstimmig erlassenen Europäischen Verordnung festgelegt. Diese
Verordnung wird entweder auf Antrag des Gerichtshofs nach Anhörung der Kommission und des
Europäischen Parlaments oder auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Gerichtshofs und
des Europäischen Parlaments erlassen.
Bis zum Erlass dieser Vorschriften finden die Bestimmungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofs
und der Verfahrensordnung des Gerichts, die die Regelung der Sprachenfrage betreffen, Anwendung.
Abweichend von den Artikeln III-355 und III-356 der Verfassung bedürfen Änderungen der
genannten Bestimmungen oder deren Aufhebung der einstimmigen Genehmigung durch den Rat.
Artikel 65
(1) Abweichend von Artikel IV-437 der Verfassung gelten zwischen der Unterzeichnung und dem
Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa angenommene Änderungen des dem
Vertrag über die Europäische Union, dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und
dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügten Protokolls über die
Satzung des Gerichtshofs weiter.
(2) Änderungen nach Absatz 1 werden im Wege einer amtlichen Kodifizierung durch ein auf
Antrag des Gerichtshofs angenommenes Europäisches Gesetz des Rates in diese Satzung
eingearbeitet. Beim Inkrafttreten des betreffenden Europäischen Kodifizierungsgesetzes wird dieser
Artikel aufgehoben.
4. PROTOKOLL ZUR FESTLEGUNG DER SATZUNG DES EUROPÄISCHEN SYSTEMS DER
ZENTRALBANKEN UND DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN - IN DEM WUNSCH, die in Artikel I-30 und Artikel III-187 Absatz 2 der Verfassung vorgesehene Satzung des
Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank festzulegen -
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt
sind:
KAPITEL I DAS EUROPÄISCHE SYSTEM DER ZENTRALBANKEN
Artikel 1
Das Europäische System der Zentralbanken
(1) Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken bilden nach Artikel I-30
Absatz 1 der Verfassung das Europäische System der Zentralbanken. Die Europäische Zentralbank
und die nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, bilden das
Eurosystem.
(2) Das Europäische System der Zentralbanken und die Europäische Zentralbank nehmen ihre
Aufgaben und ihre Tätigkeit nach Maßgabe der Verfassung und dieser Satzung wahr.
KAPITEL II ZIELE UND AUFGABEN DES EUROPÄISCHEN SYSTEMS DER ZENTRALBANKEN
Artikel 2
Ziele
Nach Artikel I-30 Absatz 2 und Artikel III-185 Absatz 1 der Verfassung ist es das vorrangige Ziel des
Europäischen Systems der Zentralbanken, die Preisstabilität zu gewährleisten. Unbeschadet dieses
Zieles unterstützt das Europäische System der Zentralbanken die allgemeine Wirtschaftspolitik in der
Union, um zur Verwirklichung der in Artikel I-3 der Verfassung festgelegten Ziele der Union
beizutragen. Das Europäische System der Zentralbanken handelt im Einklang mit dem Grundsatz
einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, wobei ein effizienter Einsatz der Ressourcen
gefördert wird und die in Artikel III-177 der Verfassung genannten Grundsätze gewahrt werden.
Artikel 3
Aufgaben
(1) Nach Artikel III-185 Absatz 2 der Verfassung bestehen die grundlegenden Aufgaben des
Europäischen Systems der Zentralbanken darin,
a) die Geldpolitik der Union festzulegen und auszuführen,
b) Devisengeschäfte im Einklang mit Artikel III-326 der Verfassung durchzuführen,
c) die offiziellen Währungsreserven der Mitgliedstaaten zu halten und zu verwalten,
d) das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme zu fördern.
(2) Nach Artikel III-185 Absatz 3 der Verfassung berührt Absatz 1 Buchstabe c nicht die Haltung
und Verwaltung von Arbeitsguthaben in Fremdwährungen durch die Regierungen der
Mitgliedstaaten.
(3) Das Europäische System der Zentralbanken trägt nach Artikel III-185 Absatz 5 der Verfassung
zur reibungslosen Durchführung der von den zuständigen Behörden auf dem Gebiet der Aufsicht
über die Kreditinstitute und der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen bei.
Artikel 4
Beratende Funktionen
Nach Artikel III-185 Absatz 4 der Verfassung wird die Europäische Zentralbank gehört
a) zu allen Vorschlägen für Rechtsakte der Union in den unter die Befugnisse der Europäischen
Zentralbank fallenden Bereichen;
b) von den nationalen Behörden zu allen Entwürfen für Rechtsvorschriften in den unter die
Befugnisse der Europäischen Zentralbank fallenden Bereichen, und zwar innerhalb der Grenzen
und unter den Bedingungen, die der Rat nach dem Verfahren des Artikels 41 festlegt.
Die Europäische Zentralbank kann gegenüber den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der
Union und gegenüber den nationalen Behörden Stellungnahmen in den unter ihre Befugnisse
fallenden Bereichen abgeben.
Artikel 5
Erhebung von statistischen Daten
(1) Zur Wahrnehmung der Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken holt die
Europäische Zentralbank mit Unterstützung der nationalen Zentralbanken die erforderlichen
statistischen Daten entweder von den zuständigen nationalen Behörden oder unmittelbar von den
Wirtschaftssubjekten ein. Zu diesem Zweck arbeitet sie mit den Organen, Einrichtungen und
sonstigen Stellen der Union und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten oder dritter Länder
sowie mit internationalen Organisationen zusammen.
(2) Die in Absatz 1 genannten Aufgaben werden so weit wie möglich von den nationalen
Zentralbanken ausgeführt.
(3) Soweit erforderlich, fördert die Europäische Zentralbank die Harmonisierung der Bestimmungen
und Gepflogenheiten auf dem Gebiet der Erhebung, Zusammenstellung und Weitergabe von
statistischen Daten in den unter ihre Befugnisse fallenden Bereichen.
(4) Der Kreis der berichtspflichtigen natürlichen und juristischen Personen, die Bestimmungen über
die Vertraulichkeit sowie die geeigneten Durchsetzungsvorkehrungen werden vom Rat nach dem
Verfahren des Artikels 41 festgelegt.
Artikel 6
Internationale Zusammenarbeit
(1) Im Bereich der internationalen Zusammenarbeit, die die dem Europäischen System der
Zentralbanken übertragenen Aufgaben betrifft, beschließt die Europäische Zentralbank, wie das
Europäische System der Zentralbanken vertreten wird.
(2) Die Europäische Zentralbank und, soweit diese zustimmt, die nationalen Zentralbanken sind
befugt, sich an internationalen Währungseinrichtungen zu beteiligen.
(3) Die Absätze 1 und 2 finden unbeschadet des Artikels III-196 der Verfassung Anwendung.
KAPITEL III ORGANISATION DES EUROPÄISCHEN SYSTEMS DER ZENTRALBANKEN
Artikel 7
Unabhängigkeit
Nach Artikel III-188 der Verfassung darf weder die Europäische Zentralbank noch eine nationale
Zentralbank noch ein Mitglied ihrer Beschlussorgane bei der Wahrnehmung der ihnen durch die
Verfassung und diese Satzung übertragenen Befugnisse, Aufgaben und Pflichten von Organen,
Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, Regierungen der Mitgliedstaaten oder anderen
Stellen Weisungen einholen oder entgegennehmen. Die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen
der Union sowie die Regierungen der Mitgliedstaaten verpflichten sich, diesen Grundsatz zu beachten
und nicht zu versuchen, die Mitglieder der Beschlussorgane der Europäischen Zentralbank oder der
nationalen Zentralbanken bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beeinflussen.
Artikel 8 Allgemeiner Grundsatz Das Europäische System der Zentralbanken wird von den Beschlussorganen der Europäischen Zentralbank geleitet.
Artikel 9
Die Europäische Zentralbank
(1) Die Europäische Zentralbank, die nach Artikel I-30 Absatz 3 der Verfassung mit Rechtspersönlichkeit
ausgestattet ist, besitzt in jedem Mitgliedstaat die weitestgehende Rechts- und
Geschäftsfähigkeit, die juristischen Personen nach dessen Rechtsvorschriften zuerkannt ist. Die
Europäische Zentralbank kann insbesondere bewegliches und unbewegliches Vermögen erwerben
und veräußern sowie vor Gericht auftreten.
(2) Die Europäische Zentralbank stellt sicher, dass die dem Europäischen System der Zentralbanken
nach Artikel III-185 Absätze 2, 3 und 5 der Verfassung übertragenen Aufgaben entweder durch ihre
eigene Tätigkeit nach Maßgabe dieser Satzung oder durch die nationalen Zentralbanken nach
Artikel 12 Absatz 1 und Artikel 14 erfüllt werden.
(3) Die Beschlussorgane der Europäischen Zentralbank sind nach Artikel III-187 Absatz 1 der
Verfassung der Rat und das Direktorium der Europäischen Zentralbank.
Artikel 10
Der Rat der Europäischen Zentralbank
(1) Nach Artikel III-382 Absatz 1 der Verfassung besteht der Rat der Europäischen Zentralbank aus
den Mitgliedern des Direktoriums der Europäischen Zentralbank und den Präsidenten der nationalen
Zentralbanken der Mitgliedstaaten, für die keine Ausnahmeregelung im Sinne des Artikels III-197 der
Verfassung gilt.
(2) Jedes Mitglied des Rates der Europäischen Zentralbank hat eine Stimme. Ab dem Zeitpunkt, zu
dem die Zahl der Mitglieder des Rates der Europäischen Zentralbank 21 übersteigt, hat jedes Mitglied
des Direktoriums eine Stimme und beträgt die Zahl der stimmberechtigten Präsidenten der
nationalen Zentralbanken 15. Die Verteilung und die Rotation dieser Stimmrechte erfolgen wie
nachstehend dargelegt:
a) Ab dem Zeitpunkt, zu dem die Zahl der Präsidenten der nationalen Zentralbanken 15 übersteigt,
und bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie 22 beträgt, werden die Präsidenten der nationalen
Zentralbanken aufgrund der Position des Mitgliedstaats ihrer jeweiligen nationalen Zentralbank,
die sich aus der Größe des Anteils des Mitgliedstaats ihrer jeweiligen nationalen Zentralbank am
aggregierten Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen und an der gesamten aggregierten Bilanz der
monetären Finanzinstitute der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, ergibt, in zwei
Gruppen eingeteilt. Die Gewichtung der Anteile am aggregierten Bruttoinlandsprodukt zu
Marktpreisen und an der gesamten aggregierten Bilanz der monetären Finanzinstitute beträgt 5/6
beziehungsweise 1/6. Die erste Gruppe besteht aus fünf Präsidenten der nationalen
Zentralbanken und die zweite Gruppe aus den übrigen Präsidenten der nationalen
Zentralbanken. Die Präsidenten der nationalen Zentralbanken, die in die erste Gruppe eingeteilt
werden, sind nicht weniger häufig stimmberechtigt als die Präsidenten der nationalen
Zentralbanken der zweiten Gruppe. Vorbehaltlich des vorstehenden Satzes werden der ersten
Gruppe vier Stimmrechte und der zweiten Gruppe elf Stimmrechte zugeteilt.
b) Ab dem Zeitpunkt, zu dem die Zahl der Präsidenten der nationalen Zentralbanken 22 beträgt,
werden die Präsidenten der nationalen Zentralbanken nach Maßgabe der sich aufgrund der unter
Buchstabe a genannten Kriterien ergebenden Position in drei Gruppen eingeteilt. Die erste
Gruppe, der vier Stimmrechte zugeteilt werden, besteht aus fünf Präsidenten der nationalen
Zentralbanken. Die zweite Gruppe, der acht Stimmrechte zugeteilt werden, besteht aus der Hälfte
aller Präsidenten der nationalen Zentralbanken, wobei jeder Bruchteil auf die nächste ganze Zahl
aufgerundet wird. Die dritte Gruppe, der drei Stimmrechte zugeteilt werden, besteht aus den
übrigen Präsidenten der nationalen Zentralbanken.
c) Innerhalb jeder Gruppe sind die Präsidenten der nationalen Zentralbanken für gleich lange
Zeiträume stimmberechtigt.
d) Artikel 29 Absatz 2 gilt für die Berechnung der Anteile am aggregierten Bruttoinlandsprodukt zu
Marktpreisen. Die gesamte aggregierte Bilanz der monetären Finanzinstitute wird nach dem zum
Zeitpunkt der Berechnung in der Union geltenden statistischen Berichtsrahmen berechnet.
e) Bei jeder Anpassung des aggregierten Bruttoinlandsprodukts zu Marktpreisen nach Artikel 29
Absatz 3 oder bei jeder Erhöhung der Zahl der Präsidenten der nationalen Zentralbanken wird
die Größe und/oder die Zusammensetzung der Gruppen nach den in diesem Unterabsatz
genannten Grundsätzen angepasst.
f) Der Rat der Europäischen Zentralbank trifft mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner
stimmberechtigten und nicht stimmberechtigten Mitglieder alle zur Durchführung der in diesem
Unterabsatz genannten Grundsätze erforderlichen Maßnahmen und kann beschließen, die
Anwendung des Rotationssystems bis zu dem Zeitpunkt zu verschieben, zu dem die Zahl der
Präsidenten der nationalen Zentralbanken 18 übersteigt.
Das Stimmrecht wird persönlich ausgeübt. Abweichend von dieser Bestimmung kann in der in
Artikel 12 Absatz 3 genannten Geschäftsordnung vorgesehen werden, dass Mitglieder des Rates der
Europäischen Zentralbank im Wege einer Telekonferenz an der Abstimmung teilnehmen können. In
der Geschäftsordnung wird ferner vorgesehen, dass ein für längere Zeit an der Teilnahme an
Sitzungen des Rates der Europäischen Zentralbank verhindertes Mitglied einen Stellvertreter als
Mitglied des Rates der Europäischen Zentralbank benennen kann.
Die Stimmrechte aller stimmberechtigten und nicht stimmberechtigten Mitglieder des Rates der
Europäischen Zentralbank nach Absatz 3 und Artikel 40 Absätze 2 und 3 bleiben von den
Unterabsätzen 1 und 2 unberührt. Soweit in dieser Satzung nichts anderes bestimmt ist, beschließt
der Rat der Europäischen Zentralbank mit einfacher Mehrheit seiner stimmberechtigten Mitglieder.
Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Präsidenten den Ausschlag.
Der Rat der Europäischen Zentralbank ist beschlussfähig, wenn mindestens zwei Drittel seiner
stimmberechtigten Mitglieder an der Abstimmung teilnehmen. Ist er nicht beschlussfähig, so kann
der Präsident eine außerordentliche Sitzung einberufen, bei der für die Beschlussfähigkeit die
Mindestteilnahmequote nicht erforderlich ist.
(3) Für alle Beschlüsse im Rahmen der Artikel 28, 29, 30, 32, 33 und 49 werden die Stimmen im
Rat der Europäischen Zentralbank nach den Anteilen der nationalen Zentralbanken am gezeichneten
Kapital der Europäischen Zentralbank gewogen. Die Stimmen der Mitglieder des Direktoriums
werden mit Null gewogen. Ein Beschluss, der die qualifizierte Mehrheit der Stimmen erfordert, gilt als
angenommen, wenn die abgegebenen Ja-Stimmen mindestens zwei Drittel des gezeichneten Kapitals
der Europäischen Zentralbank und mindestens die Hälfte der Anteilseigner vertreten. Bei
Verhinderung eines Präsidenten einer nationalen Zentralbank kann dieser einen Stellvertreter zur
Abgabe seiner gewogenen Stimme benennen.
(4) Die Aussprachen in den Ratssitzungen sind vertraulich. Der Rat der Europäischen Zentralbank
kann beschließen, das Ergebnis seiner Beratungen zu veröffentlichen.
(5) Der Rat der Europäischen Zentralbank tritt mindestens zehnmal im Jahr zusammen.
Artikel 11
Das Direktorium
(1) Nach Artikel III-382 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verfassung besteht das Direktorium aus dem
Präsidenten, dem Vizepräsidenten und vier weiteren Mitgliedern.
Die Mitglieder erfüllen ihre Pflichten hauptamtlich. Ein Mitglied darf weder entgeltlich noch
unentgeltlich einer anderen Beschäftigung nachgehen, es sei denn, der Rat der Europäischen
Zentralbank erteilt hierzu ausnahmsweise seine Zustimmung.
(2) Nach Artikel III-382 Absatz 2 der Verfassung werden der Präsident, der Vizepräsident und die
weiteren Mitglieder des Direktoriums vom Europäischen Rat auf Empfehlung des Rates nach
Anhörung des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Zentralbank aus dem Kreis
der in Währungs- oder Bankfragen anerkannten und erfahrenen Persönlichkeiten mit qualifizierter
Mehrheit ernannt.
Ihre Amtszeit beträgt acht Jahre; Wiederernennung ist nicht zulässig.
Nur Staatsangehörige der Mitgliedstaaten können Mitglieder des Direktoriums sein.
(3) Die Beschäftigungsbedingungen für die Mitglieder des Direktoriums, insbesondere ihre Gehälter
und Ruhegehälter sowie andere Leistungen der sozialen Sicherheit, sind Gegenstand von Verträgen
mit der Europäischen Zentralbank und werden vom Rat der Europäischen Zentralbank auf Vorschlag
eines Ausschusses festgelegt, der aus drei vom Rat der Europäischen Zentralbank und drei vom Rat
ernannten Mitgliedern besteht. Die Mitglieder des Direktoriums haben in den in diesem Absatz
bezeichneten Angelegenheiten kein Stimmrecht.
(4) Ein Mitglied des Direktoriums, das die Voraussetzungen für die Ausübung seines Amtes nicht
mehr erfüllt oder eine schwere Verfehlung begangen hat, kann auf Antrag des Rates der Europäischen
Zentralbank oder des Direktoriums durch den Gerichtshof seines Amtes enthoben werden.
(5) Jedes persönlich anwesende Mitglied des Direktoriums ist berechtigt, an Abstimmungen
teilzunehmen, und hat zu diesem Zweck eine Stimme. Soweit nichts anderes bestimmt ist, beschließt
das Direktorium mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Bei Stimmengleichheit gibt
die Stimme des Präsidenten den Ausschlag. Die Abstimmungseinzelheiten werden in der in
Artikel 12 Absatz 3 genannten Geschäftsordnung geregelt.
(6) Das Direktorium führt die laufenden Geschäfte der Europäischen Zentralbank.
(7) Frei werdende Sitze im Direktorium sind durch Ernennung eines neuen Mitglieds nach Absatz 2
zu besetzen.
Artikel 12
Aufgaben der Beschlussorgane
(1) Der Rat der Europäischen Zentralbank erlässt die Leitlinien und Beschlüsse, die notwendig sind,
um die Erfüllung der dem Europäischen System der Zentralbanken nach der Verfassung und dieser
Satzung übertragenen Aufgaben zu gewährleisten. Der Rat der Europäischen Zentralbank legt die
Geldpolitik der Union fest, gegebenenfalls einschließlich von Beschlüssen in Bezug auf geldpolitische
Zwischenziele, Leitzinssätze und die Bereitstellung von Zentralbankgeld im Europäischen System der
Zentralbanken, und erlässt die für ihre Ausführung notwendigen Leitlinien.
Das Direktorium führt die Geldpolitik nach den Leitlinien und Beschlüssen des Rates der
Europäischen Zentralbank aus. Es erteilt hierzu den nationalen Zentralbanken die erforderlichen
Weisungen. Ferner können dem Direktorium durch Beschluss des Rates der Europäischen
Zentralbank bestimmte Befugnisse übertragen werden.
Unbeschadet dieses Artikels nimmt die Europäische Zentralbank die nationalen Zentralbanken zur
Durchführung von Geschäften, die zu den Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken
gehören, in Anspruch, soweit dies möglich und sachgerecht erscheint.
(2) Die Vorbereitung der Sitzungen des Rates der Europäischen Zentralbank obliegt dem
Direktorium.
(3) Der Rat der Europäischen Zentralbank beschließt eine Geschäftsordnung, die die interne
Organisation der Europäischen Zentralbank und ihrer Beschlussorgane regelt.
(4) Der Rat der Europäischen Zentralbank nimmt die in Artikel 4 genannten beratenden
Funktionen wahr.
(5) Der Rat der Europäischen Zentralbank trifft die Beschlüsse nach Artikel 6.
Artikel 13
Der Präsident
(1) Den Vorsitz im Rat der Europäischen Zentralbank und im Direktorium der Europäischen
Zentralbank führt der Präsident oder, bei seiner Verhinderung, der Vizepräsident.
(2) Unbeschadet des Artikels 38 vertritt der Präsident oder eine von ihm benannte Person die
Europäische Zentralbank nach außen.
Artikel 14
Nationale Zentralbanken
(1) Nach Artikel III-189 der Verfassung stellt jeder Mitgliedstaat sicher, dass seine innerstaatlichen
Rechtsvorschriften einschließlich der Satzung seiner nationalen Zentralbank mit der Verfassung und
dieser Satzung im Einklang stehen.
(2) In den Satzungen der nationalen Zentralbanken ist insbesondere vorzusehen, dass die Amtszeit
des Präsidenten der jeweiligen nationalen Zentralbank mindestens fünf Jahre beträgt.
Der Präsident einer nationalen Zentralbank kann aus seinem Amt nur entlassen werden, wenn er die
Voraussetzungen für die Ausübung seines Amtes nicht mehr erfüllt oder eine schwere Verfehlung
begangen hat. Gegen einen entsprechenden Beschluss kann der betreffende Präsident einer nationalen
Zentralbank oder der Rat der Europäischen Zentralbank wegen Verletzung der Verfassung oder einer
bei ihrer Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm den Gerichtshof anrufen. Solche Klagen sind
binnen zwei Monaten zu erheben; diese Frist läuft je nach Lage des Falles von der Bekanntgabe des
betreffenden Beschlusses, seiner Mitteilung an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem
Zeitpunkt an, zu dem der Kläger von diesem Beschluss Kenntnis erlangt hat.
(3) Die nationalen Zentralbanken sind integraler Bestandteil des Europäischen Systems der
Zentralbanken und handeln nach den Leitlinien und Weisungen der Europäischen Zentralbank. Der
Rat der Europäischen Zentralbank trifft die notwendigen Maßnahmen, um die Einhaltung der
Leitlinien und Weisungen der Europäischen Zentralbank sicherzustellen, und kann verlangen, dass
ihm hierzu alle erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt werden.
(4) Die nationalen Zentralbanken können andere als die in dieser Satzung bezeichneten Aufgaben
wahrnehmen, es sei denn, der Rat der Europäischen Zentralbank stellt mit Zweidrittelmehrheit der
abgegebenen Stimmen fest, dass diese Aufgaben nicht mit den Zielen und Aufgaben des
Europäischen Systems der Zentralbanken vereinbar sind. Derartige Aufgaben werden von den
nationalen Zentralbanken in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung wahrgenommen und
gelten nicht als Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken.
Artikel 15
Berichtspflichten
(1) Die Europäische Zentralbank erstellt und veröffentlicht mindestens vierteljährlich Berichte über
die Tätigkeit des Europäischen Systems der Zentralbanken.
(2) Ein konsolidierter Ausweis des Europäischen Systems der Zentralbanken wird wöchentlich
veröffentlicht.
(3) Nach Artikel III-383 Absatz 3 der Verfassung unterbreitet die Europäische Zentralbank dem
Europäischen Parlament, dem Europäischen Rat, dem Rat und der Kommission einen Jahresbericht
über die Tätigkeit des Europäischen Systems der Zentralbanken und die Geld- und Währungspolitik
im vergangenen und im laufenden Jahr.
(4) Die in diesem Artikel bezeichneten Berichte und Ausweise werden Interessenten kostenlos zur
Verfügung gestellt.
Artikel 16
Banknoten
Nach Artikel III-186 Absatz 1 der Verfassung hat der Rat der Europäischen Zentralbank das
ausschließliche Recht, die Ausgabe von Euro-Banknoten innerhalb der Union zu genehmigen. Die
Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken sind zur Ausgabe von Euro-Banknoten
berechtigt. Die von der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken ausgegebenen
Banknoten sind die einzigen Banknoten, die in der Union als gesetzliches Zahlungsmittel gelten.
Die Europäische Zentralbank berücksichtigt so weit wie möglich die Gepflogenheiten bei der Ausgabe
und der Gestaltung von Banknoten.
KAPITEL IV WÄHRUNGSPOLITISCHE AUFGABEN UND OPERATIONEN DES EUROPÄISCHEN SYSTEMS DER ZENTRALBANKEN
Artikel 17
Konten bei der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken
Zur Durchführung ihrer Geschäfte können die Europäische Zentralbank und die nationalen
Zentralbanken für Kreditinstitute, öffentliche Stellen und andere Marktteilnehmer Konten eröffnen
und Vermögenswerte, einschließlich Schuldbuchforderungen, als Sicherheit hereinnehmen.
Artikel 18
Offenmarkt- und Kreditgeschäfte
(1) Zur Erreichung der Ziele des Europäischen Systems der Zentralbanken und zur Erfüllung seiner
Aufgaben können die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken
a) auf den Finanzmärkten tätig werden, indem sie auf Euro oder sonstige Währungen lautende
Forderungen und börsengängige Wertpapiere sowie Edelmetalle endgültig (per Kasse oder
Termin) oder im Rahmen von Rückkaufsvereinbarungen kaufen und verkaufen oder
entsprechende Darlehensgeschäfte tätigen;
b) Kreditgeschäfte mit Kreditinstituten und anderen Marktteilnehmern abschließen, wobei für die
Darlehen ausreichende Sicherheiten zu stellen sind.
(2) Die Europäische Zentralbank stellt allgemeine Grundsätze für ihre eigenen Offenmarkt- und
Kreditgeschäfte und die der nationalen Zentralbanken auf; hierzu gehören auch die Grundsätze für
die Bekanntmachung der Bedingungen, zu denen sie bereit sind, derartige Geschäfte abzuschließen.
Artikel 19
Mindestreserven
(1) Vorbehaltlich des Artikels 2 kann die Europäische Zentralbank zur Verwirklichung der
geldpolitischen Ziele verlangen, dass die in den Mitgliedstaaten niedergelassenen Kreditinstitute
Mindestreserven auf Konten bei der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken
unterhalten. Einzelheiten für die Berechnung und Bestimmung des Mindestreservesolls können vom
Rat der Europäischen Zentralbank festgelegt werden. Bei Nichteinhaltung kann die Europäische
Zentralbank Strafzinsen erheben und sonstige Sanktionen mit vergleichbarer Wirkung verhängen.
(2) Für die Zwecke der Anwendung dieses Artikels legt der Rat nach dem Verfahren des Artikels 41
die Basis für die Mindestreserven und die höchstzulässigen Relationen zwischen diesen
Mindestreserven und ihrer Basis sowie die angemessenen Sanktionen fest, die bei Nichteinhaltung
anzuwenden sind.
Artikel 20
Sonstige geldpolitische Instrumente
Der Rat der Europäischen Zentralbank kann mit der Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen
Stimmen über die Anwendung anderer Instrumente der Geldpolitik entscheiden, die er bei Beachtung
des Artikels 2 für zweckmäßig hält.
Der Rat legt nach dem Verfahren des Artikels 41 den Anwendungsbereich solcher Instrumente fest,
wenn sie Verpflichtungen für Dritte mit sich bringen.
Artikel 21
Geschäfte mit öffentlichen Stellen
(1) Nach Artikel III-181 der Verfassung sind Überziehungs- oder andere Kreditfazilitäten bei der
Europäischen Zentralbank oder den nationalen Zentralbanken für Organe, Einrichtungen und
sonstige Stellen der Union, Zentralregierungen, regionale oder lokale Gebietskörperschaften oder
andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder
öffentliche Unternehmen der Mitgliedstaaten verboten. Der unmittelbare Erwerb von Schuldtiteln
von diesen durch die Europäische Zentralbank oder die nationalen Zentralbanken ist ebenfalls
verboten.
(2) Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken können als Fiskalagent für die
in Absatz 1 bezeichneten Stellen tätig werden.
(3) Die Bestimmungen dieses Artikels gelten nicht für Kreditinstitute in öffentlichem
Eigentum; diese werden von der jeweiligen nationalen Zentralbank und der Europäischen Zentralbank bei der
Bereitstellung von Zentralbankgeld wie private Kreditinstitute behandelt.
Artikel 22
Verrechnungs- und Zahlungssysteme
Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken können Einrichtungen zur
Verfügung stellen und die Europäische Zentralbank kann Verordnungen erlassen, um effiziente
und zuverlässige Verrechnungs- und Zahlungssysteme innerhalb der Union und im Verkehr mit
dritten Ländern zu gewährleisten.
Artikel 23
Geschäfte mit dritten Ländern und internationalen Organisationen
Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken sind befugt,
a) mit Zentralbanken und Finanzinstituten in dritten Ländern und, soweit zweckdienlich, mit
internationalen Organisationen Beziehungen aufzunehmen;
b) alle Arten von Devisen und Edelmetalle per Kasse und per Termin zu kaufen und zu verkaufen; der
Begriff "Devisen" schließt Wertpapiere und alle sonstigen Vermögenswerte, die auf beliebige
Währungen oder Rechnungseinheiten lauten, unabhängig von deren Ausgestaltung ein;
c) die in diesem Artikel bezeichneten Vermögenswerte zu halten und zu verwalten;
d) alle Arten von Bankgeschäften, einschließlich der Aufnahme und Gewährung von Krediten, im
Verkehr mit dritten Ländern sowie internationalen Organisationen zu tätigen.
Artikel 24
Sonstige Geschäfte
Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken sind befugt, außer den mit ihren
Aufgaben verbundenen Geschäften auch Geschäfte für ihren eigenen Betrieb und für ihre
Bediensteten zu tätigen.
KAPITEL V AUFSICHT
Artikel 25
Aufsicht
(1) Die Europäische Zentralbank kann den Rat, die Kommission und die zuständigen Behörden der
Mitgliedstaaten in Fragen des Geltungsbereichs und der Anwendung der verbindlichen Rechtsakte der
Union hinsichtlich der Aufsicht über die Kreditinstitute sowie die Stabilität des Finanzsystems beraten
und von diesen konsultiert werden.
(2) Aufgrund eines Europäischen Gesetzes nach Artikel III-185 Absatz 6 der Verfassung kann die
Europäische Zentralbank besondere Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über die
Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute mit Ausnahme von Versicherungsunternehmen
wahrnehmen.
KAPITEL VI FINANZVORSCHRIFTEN DES EUROPÄISCHEN SYSTEMS DER ZENTRALBANKEN
Artikel 26
Jahresabschlüsse
(1) Das Geschäftsjahr der Europäischen Zentralbank und der nationalen Zentralbanken beginnt am
1. Januar und endet am 31. Dezember.
(2) Der Jahresabschluss der Europäischen Zentralbank wird vom Direktorium nach den vom Rat
der Europäischen Zentralbank aufgestellten Grundsätzen erstellt. Der Jahresabschluss wird vom Rat
der Europäischen Zentralbank festgestellt und sodann veröffentlicht.
(3) Für Analyse- und Geschäftsführungszwecke erstellt das Direktorium eine konsolidierte Bilanz
des Europäischen Systems der Zentralbanken, in der die zum Europäischen System der
Zentralbanken gehörenden Aktiva und Passiva der nationalen Zentralbanken ausgewiesen werden.
(4) Zur Anwendung dieses Artikels erlässt der Rat der Europäischen Zentralbank die notwendigen
Vorschriften für die Standardisierung der buchmäßigen Erfassung und der Meldung der Geschäfte der
nationalen Zentralbanken.
Artikel 27
Rechnungsprüfung
(1) Die Jahresabschlüsse der Europäischen Zentralbank und der nationalen Zentralbanken werden
von unabhängigen externen Rechnungsprüfern, die vom Rat der Europäischen Zentralbank
empfohlen und vom Rat anerkannt wurden, geprüft. Die Rechnungsprüfer sind befugt, alle Bücher
und Konten der Europäischen Zentralbank und der nationalen Zentralbanken zu prüfen und alle
Auskünfte über deren Geschäfte zu verlangen.
(2) Artikel III-384 der Verfassung ist nur auf eine Prüfung der Effizienz der Verwaltung der
Europäischen Zentralbank anwendbar.
Artikel 28
Kapital der Europäischen Zentralbank
(1) Das Kapital der Europäischen Zentralbank beträgt 5 Milliarden Euro. Das Kapital kann durch
einen Europäischen Beschluss des Rates der Europäischen Zentralbank mit der in Artikel 10 Absatz 3
vorgesehenen qualifizierten Mehrheit innerhalb der Grenzen und unter den Bedingungen, die der Rat
nach dem Verfahren des Artikels 41 festlegt, erhöht werden.
(2) Die nationalen Zentralbanken sind alleinige Zeichner und Inhaber des Kapitals der Europäischen
Zentralbank. Die Zeichnung des Kapitals erfolgt nach dem nach Artikel 29 festgelegten Schlüssel.
(3) Der Rat der Europäischen Zentralbank bestimmt mit der in Artikel 10 Absatz 3 vorgesehenen
qualifizierten Mehrheit, in welcher Höhe und welcher Form das Kapital einzuzahlen ist.
(4) Vorbehaltlich des Absatzes 5 können die Anteile der nationalen Zentralbanken am gezeichneten
Kapital der Europäischen Zentralbank nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.
(5) Im Falle einer Anpassung des in Artikel 29 bezeichneten Schlüssels sorgen die nationalen
Zentralbanken durch Übertragungen von Kapitalanteilen untereinander dafür, dass die Verteilung der
Kapitalanteile dem angepassten Schlüssel entspricht. Die Bedingungen für derartige Übertragungen
werden vom Rat der Europäischen Zentralbank festgelegt.
Artikel 29
Schlüssel für die Kapitalzeichnung
(1) Der Schlüssel für die Zeichnung des Kapitals der Europäischen Zentralbank, der 1998 bei der
Errichtung des Europäischen Systems der Zentralbanken erstmals festgelegt wurde, wird festgelegt,
indem jede nationale Zentralbank in diesem Schlüssel einen Gewichtsanteil, der der Summe folgender
Prozentsätze entspricht, erhält:
- 50 % des Anteils der Bevölkerung des jeweiligen Mitgliedstaats an der Bevölkerung der Union im
vorletzten Jahr vor der Errichtung des Europäischen Systems der Zentralbanken;
- 50 % des Anteils des Bruttoinlandsprodukts des jeweiligen Mitgliedstaats am Bruttoinlandsprodukt
der Union zu Marktpreisen in den fünf Jahren vor dem vorletzten Jahr vor der Errichtung
des Europäischen Systems der Zentralbanken.
Die Prozentsätze werden zum nächsten Vielfachen von 0,0001 Prozentpunkten ab- oder aufgerundet.
(2) Die zur Anwendung dieses Artikels zu verwendenden statistischen Daten werden von der
Kommission nach den Regeln bereitgestellt, die der Rat nach dem Verfahren des Artikels 41 festlegt.
(3) Die den nationalen Zentralbanken zugeteilten Gewichtsanteile werden nach Errichtung des
Europäischen Systems der Zentralbanken alle fünf Jahre unter sinngemäßer Anwendung des
Absatzes 1 angepasst. Der neue Schlüssel gilt jeweils vom ersten Tag des folgenden Jahres an.
(4) Der Rat der Europäischen Zentralbank trifft alle weiteren Maßnahmen, die zur Anwendung
dieses Artikels erforderlich sind.
Artikel 30
Übertragung von Währungsreserven auf die Europäische Zentralbank
(1) Unbeschadet des Artikels 28 wird die Europäische Zentralbank von den nationalen
Zentralbanken mit Währungsreserven, die jedoch nicht aus Währungen der Mitgliedstaaten, Euro,
Reservepositionen beim Internationalen Währungsfonds und Sonderziehungsrechten gebildet
werden dürfen, bis zu einem Gegenwert von 50 Milliarden Euro ausgestattet. Der Rat der
Europäischen Zentralbank entscheidet über den von der Europäischen Zentralbank einzufordernden
Teil. Die Europäische Zentralbank hat das uneingeschränkte Recht, die ihr übertragenen
Währungsreserven zu halten und zu verwalten sowie für die in dieser Satzung genannten Zwecke
zu verwenden.
(2) Die Beiträge der einzelnen nationalen Zentralbanken werden entsprechend ihrem jeweiligen
Anteil am gezeichneten Kapital der Europäischen Zentralbank bestimmt.
(3) Die Europäische Zentralbank schreibt jeder nationalen Zentralbank eine ihrem Beitrag
entsprechende Forderung gut. Der Rat der Europäischen Zentralbank entscheidet über die
Denominierung und Verzinsung dieser Forderungen.
(4) Die Europäische Zentralbank kann nach Absatz 2 über den in Absatz 1 festgelegten Betrag
hinaus innerhalb der Grenzen und unter den Bedingungen, die der Rat nach dem Verfahren des
Artikels 41 festlegt, die Einzahlung weiterer Währungsreserven fordern.
(5) Die Europäische Zentralbank kann Reservepositionen beim Internationalen Währungsfonds
und Sonderziehungsrechte halten und verwalten sowie die Zusammenlegung solcher Aktiva
vorsehen.
(6) Der Rat der Europäischen Zentralbank trifft alle weiteren Maßnahmen, die zur Anwendung
dieses Artikels erforderlich sind.
Artikel 31
Währungsreserven der nationalen Zentralbanken
(1) Die nationalen Zentralbanken sind befugt, zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber
internationalen Organisationen nach Artikel 23 Geschäfte abzuschließen.
(2) Alle sonstigen Geschäfte mit den Währungsreserven, die den nationalen Zentralbanken nach
den in Artikel 30 genannten Übertragungen verbleiben, sowie von Mitgliedstaaten ausgeführte
Transaktionen mit ihren Arbeitsguthaben in Fremdwährungen bedürfen oberhalb eines bestimmten
im Rahmen des Absatzes 3 festzulegenden Betrags der Zustimmung der Europäischen Zentralbank,
damit Übereinstimmung mit der Wechselkurs- und der Währungspolitik der Union gewährleistet ist.
(3) Der Rat der Europäischen Zentralbank erlässt Leitlinien mit dem Ziel, derartige Geschäfte zu
erleichtern.
Artikel 32
Verteilung der monetären Einkünfte der nationalen Zentralbanken
(1) Die Einkünfte, die den nationalen Zentralbanken aus der Erfüllung der währungspolitischen
Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken zufließen (im Folgenden "monetäre
Einkünfte"), werden am Ende eines jeden Geschäftsjahres nach diesem Artikel verteilt.
(2) Der Betrag der monetären Einkünfte einer jeden nationalen Zentralbank entspricht ihren
jährlichen Einkünften aus Vermögenswerten, die sie als Gegenposten zum Bargeldumlauf und zu
ihren Verbindlichkeiten aus Einlagen der Kreditinstitute hält. Diese Vermögenswerte werden von den
nationalen Zentralbanken nach den vom Rat der Europäischen Zentralbank zu erlassenden Leitlinien
gesondert erfasst.
(3) Wenn nach dem Übergang zur dritten Stufe die Bilanzstrukturen der nationalen Zentralbanken
nach Auffassung des Rates der Europäischen Zentralbank die Anwendung des Absatzes 2 nicht
gestatten, kann der Rat der Europäischen Zentralbank mit qualifizierter Mehrheit beschließen, dass
die monetären Einkünfte für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren abweichend von Absatz 2
nach einem anderen Verfahren bemessen werden.
(4) Der Betrag der monetären Einkünfte einer jeden nationalen Zentralbank vermindert sich um
den Betrag etwaiger Zinsen, die von dieser Zentralbank auf ihre Verbindlichkeiten aus Einlagen der
Kreditinstitute nach Artikel 19 gezahlt werden.
Der Rat der Europäischen Zentralbank kann beschließen, dass die nationalen Zentralbanken für
Kosten in Verbindung mit der Ausgabe von Banknoten oder unter außergewöhnlichen Umständen
für spezifische Verluste aus für das Europäische System der Zentralbanken unternommenen
währungspolitischen Operationen entschädigt werden. Die Entschädigung erfolgt in einer Form, die
der Rat der Europäischen Zentralbank für angemessen hält. Diese Beträge können mit den monetären
Einkünften der nationalen Zentralbanken verrechnet werden.
(5) Die Summe der monetären Einkünfte der nationalen Zentralbanken wird vorbehaltlich etwaiger
Beschlüsse des Rates der Europäischen Zentralbank nach Artikel 33 Absatz 2 unter den nationalen
Zentralbanken entsprechend ihren eingezahlten Anteilen am Kapital der Europäischen Zentralbank
verteilt.
(6) Die Verrechnung und den Ausgleich der Salden aus der Verteilung der monetären Einkünfte
nimmt die Europäische Zentralbank nach den Leitlinien des Rates der Europäischen Zentralbank vor.
(7) Der Rat der Europäischen Zentralbank trifft alle weiteren Maßnahmen, die zur Anwendung
dieses Artikels erforderlich sind.
Artikel 33
Verteilung der Nettogewinne und -verluste der Europäischen Zentralbank
(1) Der Nettogewinn der Europäischen Zentralbank wird in der folgenden Reihenfolge verteilt:
a) Ein vom Rat der Europäischen Zentralbank zu bestimmender Betrag, der 20 % des Nettogewinns
nicht übersteigen darf, wird dem allgemeinen Reservefonds bis zu einer Obergrenze von 100 %
des Kapitals zugeführt;
b) der verbleibende Nettogewinn wird an die Anteilseigner der Europäischen Zentralbank
entsprechend ihren eingezahlten Anteilen ausgeschüttet.
(2) Falls die Europäische Zentralbank einen Verlust erwirtschaftet, kann der Fehlbetrag aus dem
allgemeinen Reservefonds der Europäischen Zentralbank und erforderlichenfalls nach einem
entsprechenden Beschluss des Rates der Europäischen Zentralbank aus den monetären Einkünften
des betreffenden Geschäftsjahres im Verhältnis und bis in Höhe der Beträge gezahlt werden, die nach
Artikel 32 Absatz 5 an die nationalen Zentralbanken verteilt werden.
KAPITEL VII ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
Artikel 34
Rechtsakte
(1) Nach Artikel III-190 der Verfassung werden von der Europäischen Zentralbank
a) Europäische Verordnungen erlassen, insoweit dies für die Erfüllung der in Artikel 3 Absatz 1
Buchstabe a, Artikel 19 Absatz 1, Artikel 22 oder Artikel 25 Absatz 2 dieser Satzung festgelegten
Aufgaben erforderlich ist; sie erlässt Europäische Verordnungen ferner in den Fällen, die in den
Europäischen Verordnungen und Beschlüssen nach Artikel 41 vorgesehen werden;
b) Europäische Beschlüsse erlassen, die zur Erfüllung der dem Europäischen System der
Zentralbanken nach der Verfassung und dieser Satzung übertragenen Aufgaben erforderlich sind;
c) Empfehlungen und Stellungnahmen abgegeben.
(2) Die Europäische Zentralbank kann die Veröffentlichung ihrer Europäischen Beschlüsse,
Empfehlungen und Stellungnahmen beschließen.
(3) Innerhalb der Grenzen und unter den Bedingungen, die der Rat nach dem Verfahren des
Artikels 41 festlegt, ist die Europäische Zentralbank befugt, Unternehmen bei Nichteinhaltung der
Verpflichtungen, die sich aus ihren Europäischen Verordnungen und Beschlüssen ergeben, mit
Geldbußen oder Zwangsgeldern zu belegen.
Artikel 35
Gerichtliche Kontrolle und damit verbundene Angelegenheiten
(1) Die Handlungen und Unterlassungen der Europäischen Zentralbank unterliegen in den Fällen
und unter den Bedingungen, die in der Verfassung vorgesehen sind, der Überprüfung und Auslegung
durch den Gerichtshof der Europäischen Union. Die Europäische Zentralbank ist in den Fällen und
unter den Bedingungen, die in der Verfassung vorgesehen sind, klageberechtigt.
(2) Über Rechtsstreitigkeiten zwischen der Europäischen Zentralbank einerseits und ihren
Gläubigern, Schuldnern oder dritten Personen andererseits entscheiden die zuständigen Gerichte
der einzelnen Staaten vorbehaltlich der Zuständigkeiten, die dem Gerichtshof der Europäischen
Union zuerkannt sind.
(3) Die Europäische Zentralbank unterliegt der Haftungsregelung des Artikels III-431 der
Verfassung. Die Haftung der nationalen Zentralbanken richtet sich nach dem jeweiligen innerstaatlichen
Recht.
(4) Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für Entscheidungen aufgrund einer Schiedsklausel
zuständig, die in einem von der Europäischen Zentralbank oder für ihre Rechnung abgeschlossenen
öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Vertrag enthalten ist.
(5) Für einen Beschluss der Europäischen Zentralbank, den Gerichtshof der Europäischen Union
anzurufen, ist der Rat der Europäischen Zentralbank zuständig.
(6) Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für Streitsachen zuständig, die die Erfüllung der
Verpflichtungen aus der Verfassung und dieser Satzung durch eine nationale Zentralbank betreffen.
Ist die Europäische Zentralbank der Auffassung, dass eine nationale Zentralbank gegen eine
Verpflichtung aus der Verfassung und dieser Satzung verstoßen hat, so gibt sie in der betreffenden
Sache eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, nachdem sie der nationalen Zentralbank
Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat. Kommt die nationale Zentralbank dieser Stellungnahme
innerhalb der von der Europäischen Zentralbank gesetzten Frist nicht nach, so kann die Europäische
Zentralbank den Gerichtshof der Europäischen Union anrufen.
Artikel 36
Personal
(1) Der Rat der Europäischen Zentralbank legt auf Vorschlag des Direktoriums die Beschäftigungsbedingungen
für das Personal der Europäischen Zentralbank fest.
(2) Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für alle Streitsachen zwischen der Europäischen
Zentralbank und deren Bediensteten innerhalb der Grenzen und unter den Bedingungen zuständig,
die sich aus den Beschäftigungsbedingungen ergeben.
Artikel 37
Geheimhaltung
(1) Die Mitglieder der Leitungsgremien und des Personals der Europäischen Zentralbank und der
nationalen Zentralbanken dürfen auch nach Beendigung ihres Dienstverhältnisses keine der
Geheimhaltungspflicht unterliegenden Informationen weitergeben.
(2) Personen mit Zugang zu Daten, die unter einen verbindlichen Rechtsakt der Union fallen, der
eine Verpflichtung zur Geheimhaltung vorsieht, unterliegen dieser Verpflichtung.
Artikel 38
Unterschriftsberechtigte
Die Europäische Zentralbank wird Dritten gegenüber durch den Präsidenten oder zwei
Direktoriumsmitglieder oder durch die Unterschriften zweier vom Präsidenten zur Zeichnung im
Namen der Europäischen Zentralbank gehörig ermächtigter Bediensteter der Europäischen Zentralbank
rechtswirksam verpflichtet.
Artikel 39
Vorrechte und Befreiungen
Die Europäische Zentralbank genießt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten die zur Erfüllung ihrer
Aufgabe erforderlichen Vorrechte und Befreiungen nach Maßgabe des Protokolls über die Vorrechte
und Befreiungen der Europäischen Union.
KAPITEL VIII ÄNDERUNG DER SATZUNG UND ERGÄNZENDE REGELUNG
Artikel 40
Vereinfachte Änderungsverfahren
(1) Nach Artikel III-187 Absatz 3 der Verfassung können Artikel 5 Absätze 1, 2 und 3, die
Artikel 17 und 18, Artikel 19 Absatz 1, die Artikel 22, 23, 24 und 26, Artikel 32 Absätze 2, 3, 4
und 6, Artikel 33 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 36 dieser Satzung:
a) entweder auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung der Europäischen Zentralbank
b) oder auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank nach Anhörung der Kommission durch
Europäisches Gesetz geändert werden.
(2) Artikel 10 Absatz 2 kann durch einen Europäischen Beschluss des Europäischen Rates entweder
auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der
Kommission oder auf Empfehlung der Kommission nach Anhörung des Europäischen Parlaments
und der Europäischen Zentralbank einstimmig geändert werden. Diese Änderungen treten erst nach
Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen
Vorschriften in Kraft.
(3) Eine Empfehlung der Europäischen Zentralbank nach diesem Artikel erfordert einen
einstimmigen Beschluss des Rates der Europäischen Zentralbank.
Artikel 41
Ergänzende Regelung
Nach Artikel III-187 Absatz 4 der Verfassung erlässt der Rat die Europäischen Verordnungen und
Beschlüsse zur Festlegung der in Artikel 4, Artikel 5 Absatz 4, Artikel 19 Absatz 2, Artikel 20,
Artikel 28 Absatz 1, Artikel 29 Absatz 2, Artikel 30 Absatz 4 und Artikel 34 Absatz 3 dieser
Satzung genannten Maßnahmen. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments
a) entweder auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung der Europäischen Zentralbank
b) oder auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank nach Anhörung der Kommission.
KAPITEL IX ÜBERGANGSBESTIMMUNGEN UND SONSTIGE BESTIMMUNGEN FÜR DAS EUROPÄISCHE SYSTEM DER ZENTRALBANKEN
Artikel 42
Allgemeine Bestimmungen
(1) Eine Ausnahmeregelung nach Artikel III-197 Absatz 1 der Verfassung bewirkt, dass folgende
Artikel dieser Satzung für den betreffenden Mitgliedstaat keinerlei Rechte oder Verpflichtungen
entstehen lassen: die Artikel 3 und 6, Artikel 9 Absatz 2, Artikel 12 Absatz 1, Artikel 14 Absatz 3,
die Artikel 16, 18, 19, 20, 22 und 23, Artikel 26 Absatz 2 und die Artikel 27, 30, 31, 32, 33, 34
und 50.
(2) Die Zentralbanken der Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung nach Artikel III-197
Absatz 1 der Verfassung gilt, behalten ihre währungspolitischen Befugnisse nach innerstaatlichem
Recht.
(3) In Artikel 3, Artikel 11 Absatz 2 und Artikel 19 dieser Satzung bezeichnet der Ausdruck
"Mitgliedstaaten" nach Artikel III-197 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verfassung die Mitgliedstaaten,
deren Währung der Euro ist.
(4) In Artikel 9 Absatz 2, Artikel 10 Absätze 2 und 3, Artikel 12 Absatz 1, den Artikeln 16, 17, 18,
22, 23, 27, 30, 31 und 32, Artikel 33 Absatz 2 und Artikel 50 bezeichnet der Ausdruck "nationale
Zentralbanken" die Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist.
(5) In Artikel 10 Absatz 3 und Artikel 33 Absatz 1 bezeichnet der Ausdruck "Anteilseigner" die
nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist.
(6) In Artikel 10 Absatz 3 und Artikel 30 Absatz 2 bezeichnet der Ausdruck "gezeichnetes Kapital"
das Kapital der Europäischen Zentralbank, das von den nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten
gezeichnet wurde, deren Währung der Euro ist.
Artikel 43
Vorübergehende Aufgaben der Europäischen Zentralbank
Die Europäische Zentralbank übernimmt die früheren Aufgaben des Europäischen Währungsinstituts
nach Artikel III-199 Absatz 2 der Verfassung, die infolge der für einen oder mehrere Mitgliedstaaten
geltenden Ausnahmeregelungen nach der Einführung des Euro noch erfüllt werden müssen.
Bei der Vorbereitung der Aufhebung der Ausnahmeregelungen nach Artikel III-198 der Verfassung
nimmt die Europäische Zentralbank eine beratende Funktion wahr.
Artikel 44
Der Erweiterte Rat der Europäischen Zentralbank
(1) Unbeschadet des Artikels III-187 Absatz 1 der Verfassung wird der Erweiterte Rat als drittes
Beschlussorgan der Europäischen Zentralbank eingesetzt.
(2) Der Erweiterte Rat besteht aus dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten der Europäischen
Zentralbank sowie den Präsidenten der nationalen Zentralbanken. Die weiteren Mitglieder des
Direktoriums können an den Sitzungen des Erweiterten Rates teilnehmen, besitzen aber kein
Stimmrecht.
(3) Die Verantwortlichkeiten des Erweiterten Rates sind in Artikel 46 vollständig aufgeführt.
Artikel 45
Arbeitsweise des Erweiterten Rates
(1) Der Präsident oder bei seiner Verhinderung der Vizepräsident der Europäischen Zentralbank
führt den Vorsitz im Erweiterten Rat der Europäischen Zentralbank.
(2) Der Präsident des Rates und ein Mitglied der Kommission können an den Sitzungen des
Erweiterten Rates teilnehmen, besitzen aber kein Stimmrecht.
(3) Der Präsident bereitet die Sitzungen des Erweiterten Rates vor.
(4) Abweichend von Artikel 12 Absatz 3 gibt sich der Erweiterte Rat eine Geschäftsordnung.
(5) Das Sekretariat des Erweiterten Rates wird von der Europäischen Zentralbank gestellt.
Artikel 46
Verantwortlichkeiten des Erweiterten Rates
(1) Der Erweiterte Rat
a) nimmt die in Artikel 43 aufgeführten Aufgaben wahr,
b) wirkt bei der Erfüllung der Beratungsfunktionen nach Artikel 4 und Artikel 25 Absatz 1 mit.
(2) Der Erweiterte Rat wirkt auch mit bei
a) der Erhebung der statistischen Daten im Sinne von Artikel 5;
b) den Berichtstätigkeiten der Europäischen Zentralbank im Sinne von Artikel 15;
c) der Festlegung der erforderlichen Vorschriften für die Anwendung von Artikel 26 nach Artikel 26
Absatz 4;
d) allen sonstigen erforderlichen Maßnahmen zur Anwendung von Artikel 29 nach Artikel 29
Absatz 4;
e) der Festlegung der Beschäftigungsbedingungen für das Personal der Europäischen Zentralbank
nach Artikel 36.
(3) Der Erweiterte Rat trägt zu den Vorarbeiten bei, die erforderlich sind, um für die Währungen der
Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, die Wechselkurse gegenüber dem Euro nach
Artikel III-198 Absatz 3 der Verfassung unwiderruflich festzusetzen.
(4) Der Erweiterte Rat wird vom Präsidenten der Europäischen Zentralbank über die Beschlüsse des
Rates der Europäischen Zentralbank unterrichtet.
Artikel 47
Übergangsbestimmungen für das Kapital der Europäischen Zentralbank
Nach Artikel 29 wird jeder nationalen Zentralbank ein Gewichtsanteil in dem Schlüssel für die
Zeichnung des Kapitals der Europäischen Zentralbank zugeteilt. Abweichend von Artikel 28
Absatz 3 zahlen Zentralbanken von Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, das von
ihnen gezeichnete Kapital nicht ein, es sei denn, dass der Erweiterte Rat mit der Mehrheit von
mindestens zwei Dritteln des gezeichneten Kapitals der Europäischen Zentralbank und zumindest der
Hälfte der Anteilseigner beschließt, dass als Beitrag zu den Betriebskosten der Europäischen
Zentralbank ein Mindestprozentsatz eingezahlt werden muss.
Artikel 48
Zurückgestellte Einzahlung von Kapital, Reserven und Rückstellungen der Europäischen
Zentralbank
(1) Die Zentralbank eines Mitgliedstaats, dessen Ausnahmeregelung aufgehoben wurde, zahlt den
von ihr gezeichneten Anteil am Kapital der Europäischen Zentralbank im selben Verhältnis wie die
anderen Zentralbanken der Mitgliedstaaten ein, deren Währung der Euro ist, und überträgt der
Europäischen Zentralbank Währungsreserven nach Artikel 30 Absatz 1. Die Höhe der Übertragungen
bestimmt sich durch Multiplikation des in Euro zum jeweiligen Wechselkurs
ausgedrückten Wertes der Währungsreserven, die der Europäischen Zentralbank bereits nach
Artikel 30 Absatz 1 übertragen wurden, mit dem Faktor, der das Verhältnis zwischen der Anzahl der
von der betreffenden nationalen Zentralbank gezeichneten Anteile und der Anzahl der von den
anderen nationalen Zentralbanken bereits eingezahlten Anteile ausdrückt.
(2) Zusätzlich zu der Einzahlung nach Absatz 1 leistet die betreffende nationale Zentralbank einen
Beitrag zu den Reserven der Europäischen Zentralbank und zu den diesen Reserven gleichwertigen
Rückstellungen sowie zu dem Betrag, der nach dem Saldo der Gewinn- und Verlust-Rechnung zum
31. Dezember des Jahres vor der Aufhebung der Ausnahmeregelung noch für die Reserven und
Rückstellungen bereitzustellen ist. Die Höhe des zu leistenden Beitrags bestimmt sich durch
Multiplikation des in der genehmigten Bilanz der Europäischen Zentralbank ausgewiesenen Betrags
der Reserven im Sinne der obigen Definition mit dem Faktor, der das Verhältnis zwischen der Anzahl
der von der betreffenden Zentralbank gezeichneten Anteile und der Anzahl der von den anderen
Zentralbanken bereits eingezahlten Anteile ausdrückt.
(3) Wenn ein Land oder mehrere Länder Mitgliedstaaten der Union werden und ihre jeweiligen
nationalen Zentralbanken sich dem Europäischen System der Zentralbanken anschließen, erhöht sich
automatisch das gezeichnete Kapital der Europäischen Zentralbank und der Höchstbetrag der
Währungsreserven, die der Europäischen Zentralbank übertragen werden können. Die Erhöhung
bestimmt sich durch Multiplikation der dann jeweils geltenden Beträge mit dem Faktor, der das
Verhältnis zwischen dem Gewichtsanteil der betreffenden beitretenden nationalen Zentralbanken und
dem Gewichtsanteil der nationalen Zentralbanken, die bereits Mitglied des Europäischen Systems der
Zentralbanken sind, im Rahmen des erweiterten Schlüssels für die Zeichnung des Kapitals ausdrückt.
Der Gewichtsanteil jeder nationalen Zentralbank am Schlüssel für die Zeichnung des Kapitals wird in
entsprechender Anwendung von Artikel 29 Absatz 1 und nach Maßgabe des Artikels 29 Absatz 2
berechnet. Die Bezugszeiträume für die statistischen Daten entsprechen denjenigen, die für die letzte
der alle fünf Jahre vorzunehmenden Anpassungen der Gewichtsanteile nach Artikel 29 Absatz 3
herangezogen wurden.
Artikel 49
Abweichung von Artikel 32
(1) Stellt der Rat der Europäischen Zentralbank nach dem Beginn der dritten Stufe fest, dass die
Anwendung von Artikel 32 für den relativen Stand der Einkünfte der nationalen Zentralbanken
wesentliche Änderungen zur Folge hat, so wird der Betrag der nach Artikel 32 zu verteilenden
Einkünfte nach einem einheitlichen Prozentsatz gekürzt, der im ersten Geschäftsjahr nach dem
Beginn der dritten Stufe 60 % nicht übersteigen darf und in jedem darauf folgenden Geschäftsjahr um
mindestens 12 Prozentpunkte verringert wird.
(2) Absatz 1 ist für höchstens fünf Geschäftsjahre nach dem Beginn der dritten Stufe anwendbar.
Artikel 50
Umtausch von auf Währungen der Mitgliedstaaten lautenden Banknoten
Im Anschluss an die unwiderrufliche Festlegung der Wechselkurse nach Artikel III-198 Absatz 3 der
Verfassung ergreift der Rat der Europäischen Zentralbank die erforderlichen Maßnahmen, um
sicherzustellen, dass Banknoten, die auf Währungen der Mitgliedstaaten mit unwiderruflich
festgelegten Wechselkursen lauten, von den nationalen Zentralbanken zu ihrer jeweiligen Parität
umgetauscht werden.
Artikel 51
Anwendbarkeit der Übergangsbestimmungen
Sofern und solange es Mitgliedstaaten gibt, für die eine Ausnahmeregelung gilt, sind die
Artikel 42 bis 47 anwendbar.
5. PROTOKOLL ZUR FESTLEGUNG DER SATZUNG DER EUROPÄISCHEN
INVESTITIONSBANK
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN,
IN DEM WUNSCH, die in Artikel III-393 der Verfassung vorgesehene Satzung der Europäischen Investitionsbank
festzulegen,
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt
sind:
Artikel 1
Die in Artikel III-393 der Verfassung genannte Europäische Investitionsbank (im Folgenden "Bank")
wird entsprechend der Verfassung und dieser Satzung errichtet; sie übt ihre Aufgaben und ihre
Tätigkeit nach Maßgabe der Verfassung und dieser Satzung aus.
Artikel 2
Die Aufgabe der Bank ist in Artikel III-394 der Verfassung bestimmt.
Artikel 3
Nach Artikel III-393 der Verfassung sind Mitglieder der Bank die Mitgliedstaaten.
Artikel 4
(1) Die Bank wird mit einem Kapital von 163 653 737 000 Euro ausgestattet, das von den
Mitgliedstaaten in folgender Höhe gezeichnet wird:
Deutschland 26 649 532 500
Frankreich 26 649 532 500
Italien 26 649 532 500
Vereinigtes Königreich 26 649 532 500
Spanien 15 989 719 500
Belgien 7 387 065 000
Niederlande 7 387 065 000
Schweden 4 900 585 500
Dänemark 3 740 283 000
Österreich 3 666 973 500
Polen 3 411 263 500
Finnland 2 106 816 000
Griechenland 2 003 725 500
Portugal 1 291 287 000
Tschechische Republik 1 258 785 500
Ungarn 1 190 868 500
Irland 935 070 000
Slowakei 428 490 500
Slowenien 397 815 000
Litauen 249 617 500
Luxemburg 187 015 500
Zypern 183 382 000
Lettland 152 335 000
Estland 117 640 000
Malta 69 804 000
Die Mitgliedstaaten haften nur bis zur Höhe ihres Anteils am gezeichneten und nicht eingezahlten
Kapital.
(2) Bei Aufnahme eines neuen Mitglieds erhöht sich das gezeichnete Kapital entsprechend dem
Beitrag des neuen Mitglieds.
(3) Der Rat der Gouverneure kann einstimmig über eine Erhöhung des gezeichneten Kapitals
entscheiden.
(4) Der Anteil am gezeichneten Kapital darf weder abgetreten noch verpfändet noch gepfändet
werden.
Artikel 5
(1) Das gezeichnete Kapital wird von den Mitgliedstaaten in Höhe von durchschnittlich 5 Prozent
der in Artikel 4 Absatz 1 festgesetzten Beträge eingezahlt.
(2) Im Falle einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals setzt der Rat der Gouverneure einstimmig
den einzuzahlenden Hundertsatz sowie die Art und Weise der Einzahlung fest. Barzahlungen werden
ausschließlich in Euro geleistet.
(3) Der Verwaltungsrat kann die Zahlung des restlichen gezeichneten Kapitals verlangen, soweit
dies erforderlich wird, damit die Bank ihren Verpflichtungen nachkommen kann.
Die Zahlung erfolgt im Verhältnis zu den Anteilen der Mitgliedstaaten am gezeichneten Kapital.
Artikel 6
Die Bank wird von einem Rat der Gouverneure, einem Verwaltungsrat und einem Direktorium
verwaltet und geleitet.
Artikel 7
(1) Der Rat der Gouverneure besteht aus den von den Mitgliedstaaten benannten Ministern.
(2) Der Rat der Gouverneure legt die allgemeinen Richtlinien für die Kreditpolitik der Bank nach
den Zielen der Union fest.
Er achtet auf die Durchführung dieser Richtlinien.
(3) Der Rat der Gouverneure hat ferner folgende Befugnisse:
a) Er entscheidet über die Erhöhung des gezeichneten Kapitals nach Artikel 4 Absatz 3 und
Artikel 5 Absatz 2;
b) für die Zwecke des Artikels 9 Absatz 1 legt er die Grundsätze fest, die für die Finanzgeschäfte im
Rahmen der Aufgaben der Bank gelten;
c) er übt die in den Artikeln 9 und 11 für die Ernennung und Amtsenthebung der Mitglieder des
Verwaltungsrates und des Direktoriums sowie die in Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 2
vorgesehenen Befugnisse aus;
d) er entscheidet nach Artikel 16 Absatz 1 über die Gewährung von Finanzierungen für
Investitionsvorhaben, die ganz oder teilweise außerhalb der Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten
durchgeführt werden sollen;
e) er genehmigt den vom Verwaltungsrat ausgearbeiteten Jahresbericht;
f) er genehmigt die Jahresbilanz und die Ertragsrechnung;
g) er genehmigt die Geschäftsordnung der Bank;
h) er nimmt die sonstigen Aufgaben und Befugnisse wahr, die ihm in dieser Satzung ausdrücklich
übertragen werden.
(4) Der Rat der Gouverneure kann im Rahmen der Verfassung und dieser Satzung einstimmig alle
Beschlüsse im Zusammenhang mit der Einstellung der Tätigkeit der Bank und ihrer etwaigen
Liquidation fassen.
Artikel 8
(1) Soweit in dieser Satzung nichts anderes bestimmt ist, beschließt der Rat der Gouverneure mit
der Mehrheit seiner Mitglieder. Diese Mehrheit muss mindestens 50 Prozent des gezeichneten
Kapitals vertreten.
Für die qualifizierte Mehrheit sind 18 Stimmen und 68 Prozent des gezeichneten Kapitals
erforderlich.
(2) Die Stimmenthaltung von anwesenden oder vertretenen Mitgliedern steht dem Zustandekommen
von Beschlüssen, für die Einstimmigkeit erforderlich ist, nicht entgegen.
Artikel 9
(1) Der Verwaltungsrat entscheidet über die Gewährung von Finanzierungen, insbesondere in Form
von Darlehen und Bürgschaften, und die Aufnahme von Anleihen; er setzt die Darlehenszinssätze
und Provisionen sowie sonstige Gebühren fest. Er kann auf der Grundlage eines mit qualifizierter
Mehrheit erlassenen Beschlusses dem Direktorium einige seiner Befugnisse übertragen. Er legt die
Bedingungen und Einzelheiten für die Übertragung dieser Befugnisse fest und überwacht deren
Ausübung.
Der Verwaltungsrat sorgt für die ordnungsmäßige Verwaltung der Bank; er gewährleistet, dass die
Führung der Geschäfte der Bank mit der Verfassung, dieser Satzung und den allgemeinen Richtlinien
des Rates der Gouverneure im Einklang steht.
Am Ende des Geschäftsjahres legt er dem Rat der Gouverneure einen Bericht vor und veröffentlicht
ihn, nachdem er genehmigt ist.
(2) Der Verwaltungsrat besteht aus 26 ordentlichen und 16 stellvertretenden Mitgliedern.
Die ordentlichen Mitglieder werden für fünf Jahre vom Rat der Gouverneure bestellt. Die einzelnen
Mitgliedstaaten und die Kommission benennen jeweils ein ordentliches Mitglied.
Die stellvertretenden Mitglieder werden für fünf Jahre vom Rat der Gouverneure wie folgt bestellt:
- zwei stellvertretende Mitglieder, die von der Bundesrepublik Deutschland benannt werden;
- zwei stellvertretende Mitglieder, die von der Französischen Republik benannt werden;
- zwei stellvertretende Mitglieder, die von der Italienischen Republik benannt werden;
- zwei stellvertretende Mitglieder, die vom Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland
benannt werden;
- ein stellvertretendes Mitglied, das vom Königreich Spanien und von der Portugiesischen Republik
im gegenseitigen Einvernehmen benannt wird;
- ein stellvertretendes Mitglied, das vom Königreich Belgien, vom Großherzogtum Luxemburg und
vom Königreich der Niederlande im gegenseitigen Einvernehmen benannt wird;
- ein stellvertretendes Mitglied, das vom Königreich Dänemark, von der Hellenischen Republik und
von Irland im gegenseitigen Einvernehmen benannt wird;
- ein stellvertretendes Mitglied, das von der Republik Österreich, der Republik Finnland und dem
Königreich Schweden im gegenseitigen Einvernehmen benannt wird;
- drei stellvertretende Mitglieder, die von der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der
Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der
Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik im
gegenseitigen Einvernehmen benannt werden;
- ein stellvertretendes Mitglied, das von der Kommission benannt wird.
Der Verwaltungsrat kooptiert sechs Sachverständige ohne Stimmrecht: drei ordentliche und drei
stellvertretende Sachverständige.
Die Wiederbestellung der ordentlichen Mitglieder und der stellvertretenden Mitglieder ist zulässig.
Die Einzelheiten für die Teilnahme an den Sitzungen des Verwaltungsrats und die für die
stellvertretenden Mitglieder und die kooptierten Sachverständigen geltenden Bestimmungen werden
in der Geschäftsordnung festgelegt.
Bei den Sitzungen des Verwaltungsrats führt der Präsident des Direktoriums oder bei seiner
Verhinderung ein Vizepräsident den Vorsitz; der Vorsitzende nimmt an Abstimmungen nicht teil.
Zu Mitgliedern des Verwaltungsrats werden Persönlichkeiten bestellt, die jede Gewähr für
Unabhängigkeit und Befähigung bieten. Sie sind nur der Bank verantwortlich.
(3) Ein ordentliches Mitglied kann nur dann seines Amtes enthoben werden, wenn es die für die
Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt; in diesem Falle
kann der Rat der Gouverneure mit qualifizierter Mehrheit seine Amtsenthebung verfügen.
Wird ein Jahresbericht nicht genehmigt, so hat dies den Rücktritt des Verwaltungsrats zur Folge.
(4) Sitze, die durch Todesfall, freiwilligen Rücktritt, Amtsenthebung oder Gesamtrücktritt frei
werden, sind nach Maßgabe des Absatzes 2 neu zu besetzen. Außer den allgemeinen Neubestellungen
sind frei werdende Sitze für die verbleibende Amtszeit neu zu besetzen.
(5) Der Rat der Gouverneure bestimmt die Vergütung der Mitglieder des Verwaltungsrats. Er legt
fest, welche Tätigkeiten mit dem Amt eines ordentlichen oder stellvertretenden Mitglieds unvereinbar
sind.
Artikel 10
(1) Jedes ordentliche Mitglied des Verwaltungsrats verfügt im Verwaltungsrat über eine Stimme. Es
kann sein Stimmrecht ohne Einschränkung nach den in der Geschäftsordnung der Bank
festzulegenden Regeln übertragen.
(2) Soweit in dieser Satzung nichts anderes bestimmt ist, beschließt der Verwaltungsrat mit den
Stimmen von mindestens einem Drittel seiner stimmberechtigten Mitglieder, die mindestens
50 Prozent des gezeichneten Kapitals repräsentieren. Für die qualifizierte Mehrheit sind 18 Stimmen
und 68 Prozent des gezeichneten Kapitals erforderlich. In der Geschäftsordnung der Bank wird
festgelegt, wann der Verwaltungsrat beschlussfähig ist.
Artikel 11
(1) Das Direktorium besteht aus einem Präsidenten und acht Vizepräsidenten, die vom Rat der
Gouverneure auf Vorschlag des Verwaltungsrats für sechs Jahre bestellt werden. Ihre Wiederbestellung
ist zulässig.
Der Rat der Gouverneure kann einstimmig die Zahl der Mitglieder des Direktoriums ändern.
(2) Der Rat der Gouverneure kann mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag des Verwaltungsrats,
der mit qualifizierter Mehrheit beschließt, die Amtsenthebung der Mitglieder des Direktoriums
anordnen.
(3) Das Direktorium nimmt unter der Aufsicht des Präsidenten und der Kontrolle des
Verwaltungsrats die laufenden Geschäfte der Bank wahr.
Es bereitet die Beschlüsse des Verwaltungsrats vor, insbesondere hinsichtlich der Aufnahme von
Anleihen sowie der Gewährung von Finanzierungen, insbesondere in Form von Darlehen und
Bürgschaften. Es sorgt für die Durchführung dieser Beschlüsse.
(4) Die Stellungnahmen des Direktoriums zu Vorschlägen für die Aufnahme von Anleihen und die
Gewährung von Finanzierungen, insbesondere in Form von Darlehen und Bürgschaften, werden mit
Mehrheit abgegeben.
(5) Der Rat der Gouverneure setzt die Vergütung der Mitglieder des Direktoriums fest und legt fest,
welche Tätigkeiten mit ihrem Amt unvereinbar sind.
(6) Die Bank wird gerichtlich und außergerichtlich vom Präsidenten oder bei seiner Verhinderung
von einem Vizepräsidenten vertreten.
(7) Der Präsident ist der Vorgesetzte der Mitglieder des Personals der Bank. Er stellt sie ein und
entlässt sie. Bei der Auswahl des Personals wird nicht nur die persönliche Eignung und die berufliche
Befähigung berücksichtigt, sondern auch auf eine angemessene Beteiligung von Staatsangehörigen der
einzelnen Mitgliedstaaten geachtet. In der Geschäftsordnung wird festgelegt, welches Gremium für
den Erlass von Bestimmungen für das Personal zuständig ist.
(8) Das Direktorium und das Personal der Bank sind nur dieser verantwortlich und üben ihre
Ämter unabhängig aus.
Artikel 12
(1) Ein Ausschuss, der aus sechs vom Rat der Gouverneure aufgrund ihrer Befähigung ernannten
Mitgliedern besteht, prüft, ob die Tätigkeit der Bank mit den bewährtesten Praktiken im Bankwesen
im Einklang steht, und ist für die Rechnungsprüfung der Bank verantwortlich.
(2) Der Ausschuss nach Absatz 1 prüft jährlich die Ordnungsmäßigkeit der Geschäfte und der
Bücher der Bank. Zu diesem Zweck überprüft er, ob die Geschäfte der Bank unter Einhaltung der in
dieser Satzung und der Geschäftsordnung vorgesehenen Formvorschriften und Verfahren durchgeführt
worden sind.
(3) Der Ausschuss nach Absatz 1 stellt fest, ob die Finanzausweise sowie sämtliche
Finanzinformationen, die in dem vom Verwaltungsrat erstellten Jahresabschluss enthalten sind, ein
exaktes Bild der Finanzlage der Bank auf der Aktiv- und Passivseite sowie ihres Geschäftsergebnisses
und der Zahlungsströme für das geprüfte Rechnungsjahr wiedergeben.
(4) In der Geschäftsordnung wird im Einzelnen festgelegt, welche Qualifikationen die Mitglieder des
Ausschusses nach Artikel 1 besitzen müssen und nach welchen Bedingungen und Einzelheiten der
Ausschuss seine Tätigkeit ausübt.
Artikel 13
Die Bank verkehrt mit jedem Mitgliedstaat über die von diesem bezeichnete Behörde. Bei der
Durchführung ihrer Finanzgeschäfte nimmt sie die nationale Zentralbank des betreffenden
Mitgliedstaats oder andere von diesem genehmigte Finanzinstitute in Anspruch.
Artikel 14
(1) Die Bank arbeitet mit allen in ähnlichen Bereichen tätigen internationalen Organisationen
zusammen.
(2) Die Bank nimmt zu den Bank- und Finanzinstituten der Länder, auf die sie ihre Geschäftstätigkeit
erstreckt, alle der Zusammenarbeit dienlichen Beziehungen auf.
Artikel 15
Auf Ersuchen eines Mitgliedstaats oder der Kommission oder von Amts wegen nimmt der Rat der
Gouverneure die Auslegung oder Ergänzung seiner nach Artikel 7 festgelegten Richtlinien nach
Maßgabe der für ihre Festlegung maßgebenden Bestimmungen vor.
Artikel 16
(1) Im Rahmen ihrer Aufgabe nach Artikel III-394 der Verfassung gewährt die Bank ihren
Mitgliedern oder privaten oder öffentlichen Unternehmen Finanzierungen, insbesondere in Form von
Darlehen und Bürgschaften, für Investitionen, die in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten
durchzuführen sind, soweit Mittel aus anderen Quellen zu angemessenen Bedingungen nicht zur
Verfügung stehen. Die Bank kann auf Vorschlag des Verwaltungsrats durch einen vom Rat der Gouverneure mit
qualifizierter Mehrheit gefassten Beschluss Finanzierungen für Investitionen gewähren, die ganz oder
teilweise außerhalb der Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten durchgeführt werden sollen.
(2) Die Gewährung von Darlehen wird so weit wie möglich von dem Einsatz auch anderer
Finanzierungsmittel abhängig gemacht.
(3) Wird einem Unternehmen oder einer Körperschaft - mit Ausnahme der Mitgliedstaaten - ein
Darlehen gewährt, so macht die Bank dies entweder von einer Bürgschaft des Mitgliedstaats, in dessen
Hoheitsgebiet die Investition getätigt wird, oder von ausreichenden Bürgschaften oder der
finanziellen Solidität des Schuldners abhängig. Wenn die Durchführung der Vorhaben nach
Artikel III-394 der Verfassung dies erfordert, legt der Verwaltungsrat außerdem
im Rahmen der vom Rat der Gouverneure nach Artikel 7 Absatz 3
Buchstabe b festgelegten Grundsätze mit qualifizierter Mehrheit die Bedingungen und Einzelheiten
für alle Finanzierungen fest, die ein spezielles Risikoprofil aufweisen und daher als eine
Sondertätigkeit betrachtet werden.
(4) Die Bank kann Bürgschaften für Anleihen übernehmen, die von öffentlichen oder privaten
Unternehmen oder von Körperschaften für die Durchführung der Vorhaben nach Artikel III-394 der
Verfassung aufgenommen werden.
(5) Die jeweils ausstehenden Darlehen und Bürgschaften der Bank dürfen insgesamt 250 Prozent
des gezeichneten Kapitals, der Rücklagen, der nicht zugeteilten Provisionen und des Überschusses der
Gewinn- und Verlustrechnung nicht überschreiten. Der kumulierte Betrag der betreffenden Positionen
wird unter Abzug einer Summe, die dem für jede Beteiligung der Bank gezeichneten - ausgezahlten
oder noch nicht ausgezahlten - Betrag entspricht, berechnet.
Der im Rahmen der Beteiligungen der Bank ausgezahlte Betrag darf zu keinem Zeitpunkt die
Gesamtsumme des eingezahlten Teils ihres Kapitals, ihrer Rücklagen, der nicht zugeteilten
Provisionen und des Überschusses der Gewinn- und Verlustrechnung überschreiten.
Für die Sondertätigkeiten der Bank, die vom Rat der Gouverneure und vom Verwaltungsrat nach
Absatz 3 beschlossen werden, ist ausnahmsweise eine besondere Einstellung in die Rücklagen
vorzusehen.
Dieser Absatz findet ebenfalls Anwendung auf den konsolidierten Abschluss der Bank.
(6) Die Bank sichert sich gegen das Wechselrisiko, indem sie die Darlehens- und Bürgschaftsverträge
mit den ihres Erachtens geeigneten Klauseln versieht.
Artikel 17
(1) Die Darlehenszinssätze, Provisionen und sonstigen Gebühren der Bank werden den jeweiligen
Bedingungen des Kapitalmarkts angepasst und so bemessen, dass die Bank aus den Erträgen ihre
Verpflichtungen erfüllen, ihre Kosten und ihre Risiken decken und nach Artikel 22 einen
Reservefonds bilden kann.
(2) Die Bank gewährt keine Zinsermäßigungen. Lässt die Eigenart der zu finanzierenden Investition
eine Zinsermäßigung angezeigt erscheinen, so kann der betreffende Mitgliedstaat oder eine dritte
Stelle Zinsvergütungen gewähren, soweit die Gewährung mit Artikel III-167 der Verfassung vereinbar
ist.
Artikel 18
Bei ihren Finanzierungsgeschäften beachtet die Bank folgende Grundsätze:
1. Sie achtet auf die wirtschaftlich zweckmäßigste Verwendung ihrer Mittel im Interesse der Union.
Sie darf nur dann Darlehen gewähren oder Bürgschaft leisten,
a) wenn der Zinsen- und Tilgungsdienst entweder bei Investitionen von Produktionsunternehmen
aus deren Erträgen oder bei sonstigen Investitionen durch eine entsprechende
Verpflichtung des Staates, in dem die Investition getätigt wird, oder auf andere Weise
sichergestellt ist und
b) wenn die Investition zu einer Steigerung der volkswirtschaftlichen Produktivität im
Allgemeinen beiträgt und die Verwirklichung oder das Funktionieren des Binnenmarkts
fördert.
2. Sie erwirbt keine Beteiligungen an Unternehmen und übernimmt keine Verantwortung bei deren
Geschäftsführung, es sei denn, dass dies für die Wahrnehmung ihrer Rechte erforderlich ist, um
die Rückzahlung der von ihr ausgeliehenen Mittel zu sichern.
Wenn die Durchführung der Vorhaben nach Artikel III-394 der Verfassung dies erfordert, legt der
Verwaltungsrat jedoch im Rahmen der vom Rat der Gouverneure nach Artikel 7 Absatz 3
Buchstabe b festgelegten Grundsätze mit qualifizierter Mehrheit die Bedingungen und
Einzelheiten für eine Beteiligung am Kapital eines Handelsunternehmens - in der Regel als
Ergänzung eines Darlehens oder einer Bürgschaft - fest, soweit dies für die Finanzierung einer
Investition oder eines Programms erforderlich ist.
3. Sie kann ihre Forderungen auf dem Kapitalmarkt abtreten und von ihren Darlehensnehmern die
Ausgabe von Schuldverschreibungen oder anderen Wertpapieren verlangen.
4. Weder die Bank noch die Mitgliedstaaten schreiben Bedingungen vor, nach denen Beträge aus
ihren Darlehen in einem bestimmten Mitgliedstaat ausgegeben werden müssen.
5. Sie kann die Gewährung von Darlehen davon abhängig machen, dass internationale
Ausschreibungen stattfinden.
6. Sie darf eine Investition weder finanzieren noch zu ihrer Finanzierung beitragen, wenn der
Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sie durchgeführt werden soll, Einspruch erhebt.
7. Ergänzend zu ihren Darlehenstätigkeiten kann die Bank unter den vom Rat der Gouverneure mit
qualifizierter Mehrheit festgelegten Bedingungen und Einzelheiten und unter Einhaltung dieser
Satzung technische Unterstützungsdienste bereitstellen.
Artikel 19
(1) Jedes Unternehmen oder jede öffentlich- oder privatrechtliche Körperschaft kann bei der Bank
direkt einen Finanzierungsantrag einreichen. Dies kann auch entweder über die Kommission oder
über denjenigen Mitgliedstaat geschehen, in dessen Hoheitsgebiet die Investition getätigt wird.
(2) Werden der Bank Anträge über die Kommission zugeleitet, so sind sie dem Mitgliedstaat, in
dessen Hoheitsgebiet die Investition getätigt wird, zur Stellungnahme vorzulegen. Werden sie der
Bank über einen Staat zugeleitet, so sind sie der Kommission zur Stellungnahme vorzulegen. Werden
sie von einem Unternehmen unmittelbar eingereicht, so sind sie dem betreffenden Mitgliedstaat und
der Kommission vorzulegen.
Die betreffenden Mitgliedstaaten und die Kommission haben eine Frist von zwei Monaten zur Abgabe
ihrer Stellungnahme. Ist diese Frist verstrichen, so kann die Bank die betreffende Investition als
genehmigt betrachten.
(3) Der Verwaltungsrat beschließt über die ihm vom Direktorium vorgelegten Finanzierungsgeschäfte.
(4) Das Direktorium prüft, ob die ihm vorgelegten Finanzierungsgeschäfte dieser Satzung,
insbesondere den Artikeln 16 und 18, entsprechen. Spricht sich das Direktorium für die Gewährung
der Finanzierung aus, so legt es den entsprechenden Vorschlag dem Verwaltungsrat vor. Es kann seine
positive Stellungnahme von Auflagen abhängig machen, die es als wesentlich erachtet. Spricht sich
das Direktorium gegen die Gewährung der Finanzierung aus, so unterbreitet es die Unterlagen mit
seiner Stellungnahme dem Verwaltungsrat.
(5) Bei einer negativen Stellungnahme des Direktoriums kann der Verwaltungsrat die Finanzierung
nur einstimmig gewähren.
(6) Bei einer negativen Stellungnahme der Kommission kann der Verwaltungsrat die Finanzierung
nur einstimmig gewähren; bei dieser Abstimmung enthält sich das von der Kommission benannte
Mitglied des Verwaltungsrats der Stimme.
(7) Bei einer negativen Stellungnahme des Direktoriums und der Kommission darf der
Verwaltungsrat die Finanzierung nicht gewähren.
(8) Ist eine Umstrukturierung eines mit genehmigten Investitionen im Zusammenhang stehenden
Finanzierungsgeschäfts zum Schutz der Rechte und Interessen der Bank gerechtfertigt, so ergreift das
Direktorium unverzüglich die Dringlichkeitsmaßnahmen, die es für erforderlich hält, wobei es dem
Verwaltungsrat unverzüglich Bericht zu erstatten hat.
Artikel 20
(1) Die Bank nimmt die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Anleihen auf den
Kapitalmärkten auf.
(2) Die Bank kann auf den Kapitalmärkten der Mitgliedstaaten Anleihen nach den dort geltenden
Rechtsvorschriften aufnehmen.
Die zuständigen Stellen eines Mitgliedstaats, für den eine Ausnahmeregelung nach Artikel III-197
Absatz 1 der Verfassung gilt, können dies nur dann ablehnen, wenn auf dem Kapitalmarkt des
betreffenden Staates ernstliche Störungen zu befürchten sind.
Artikel 21
(1) Die Bank kann die verfügbaren Mittel, die sie nicht unmittelbar zur Erfüllung ihrer
Verpflichtungen benötigt, in folgender Weise verwenden:
a) Sie kann Anlagen auf den Geldmärkten vornehmen;
b) vorbehaltlich des Artikels 18 Absatz 2 kann sie Wertpapiere kaufen oder verkaufen;
c) sie kann alle sonstigen in ihren Aufgabenbereich fallenden Finanzgeschäfte vornehmen.
(2) Unbeschadet des Artikels 23 befasst sich die Bank bei der Handhabung ihrer Anlagen nur mit
solchen Devisenarbitragen, die für die Durchführung ihrer Darlehensverträge oder die Erfüllung ihrer
Verpflichtungen aus den von ihr aufgenommenen Anleihen oder gewährten Bürgschaften
unmittelbar erforderlich sind.
(3) Auf den in diesem Artikel genannten Gebieten handelt die Bank im Einvernehmen mit den
zuständigen Behörden oder der nationalen Zentralbank des betreffenden Mitgliedstaats.
Artikel 22
(1) Es wird schrittweise ein Reservefonds bis zum Höchstbetrag von 10 Prozent des gezeichneten
Kapitals gebildet. Der Verwaltungsrat kann die Bildung zusätzlicher Rücklagen beschließen, wenn die
Verbindlichkeiten der Bank es rechtfertigen. Solange der Reservefonds noch nicht in voller Höhe
gebildet ist, sind an ihn abzuführen:
a) die Zinserträge der Darlehen, welche die Bank aus den von den Mitgliedstaaten nach Artikel 5
einzuzahlenden Beträgen gewährt hat;
b) die Zinserträge der Darlehen, welche die Bank aus den Rückzahlungen der unter Buchstabe a
bezeichneten Darlehen gewährt hat,
soweit diese Zinserträge nicht zur Erfüllung der Verpflichtungen und zur Deckung der Kosten der
Bank benötigt werden.
(2) Die Mittel des Reservefonds werden so angelegt, dass sie jederzeit entsprechend dem Zweck des
Fonds eingesetzt werden können.
Artikel 23
(1) Die Bank ist jederzeit ermächtigt, ihre Guthaben in die Währung eines Mitgliedstaats, dessen
Währung nicht der Euro ist, zu transferieren, um unter Berücksichtigung des Artikels 21 dieser
Satzung die Geschäfte durchzuführen, die ihrer Aufgabe nach Artikel III-394 der Verfassung
entsprechen. Besitzt die Bank flüssige oder verfügbare Mittel in der von ihr benötigten Währung, so
vermeidet sie, soweit möglich, derartige Transfers.
(2) Die Bank kann ihre Guthaben in der Währung eines Mitgliedstaats, dessen Währung nicht der
Euro ist, nur mit dessen Zustimmung in die Währung von Drittländern konvertieren.
(3) Die Bank kann über die eingezahlten Kapitalbeträge sowie über die auf dritten Märkten
aufgenommenen Devisen frei verfügen.
(4) Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, den Schuldnern der Bank die erforderlichen Devisenbeträge
zur Rückzahlung von Kapital sowie zur Zahlung von Zinsen für Darlehen und Provisionen
für Bürgschaften zur Verfügung zu stellen, welche die Bank für Investitionen im Hoheitsgebiet der
Mitgliedstaaten gewährt hat.
Artikel 24
Kommt ein Mitgliedstaat seinen Mitgliedspflichten aus dieser Satzung, insbesondere der Pflicht zur
Einzahlung seines Anteils oder zur Bedienung in Anspruch genommener Darlehen nicht nach, so
kann die Gewährung von Darlehen oder Bürgschaften an diesen Staat oder seine Angehörigen durch
einen mit qualifizierter Mehrheit gefassten Beschluss des Rates der Gouverneure ausgesetzt werden.
Dieser Beschluss befreit weder den Mitgliedstaat noch seine Angehörigen von ihren Verpflichtungen
gegenüber der Bank.
Artikel 25
(1) Beschließt der Rat der Gouverneure, dass die Tätigkeit der Bank einzustellen ist, so wird der
gesamte Geschäftsbetrieb unverzüglich beendet; ausgenommen sind lediglich Amtshandlungen, die
zur ordnungsmäßigen Verwertung, Sicherstellung und Erhaltung der Vermögenswerte sowie zur
Regelung der Verbindlichkeiten notwendig sind.
(2) Im Falle der Liquidation bestellt der Rat der Gouverneure die Liquidatoren und erteilt ihnen
Weisungen zur Durchführung der Liquidation. Er achtet auf die Wahrung der Rechte der Mitglieder
des Personals.
Artikel 26
(1) Die Bank besitzt in jedem Mitgliedstaat die weitestgehende Rechts- und Geschäftsfähigkeit, die
juristischen Personen nach dessen Rechtsvorschriften zuerkannt wird. Sie kann insbesondere
bewegliches und unbewegliches Vermögen erwerben und veräußern sowie vor Gericht stehen.
(2) Das Vermögen der Bank darf in keiner Form beschlagnahmt oder enteignet werden.
Artikel 27
(1) Über Rechtsstreitigkeiten zwischen der Bank einerseits und ihren Gläubigern, Kreditnehmern
oder dritten Personen andererseits entscheiden die zuständigen Gerichte der Mitgliedstaaten
vorbehaltlich der Zuständigkeiten, die dem Gerichtshof der Europäischen Union zugewiesen sind.
Die Bank kann in einem Vertrag ein Schiedsverfahren vorsehen.
(2) Die Bank begründet in jedem Mitgliedstaat einen Gerichtsstand der Niederlassung. Sie kann in
Verträgen einen besonderen Gerichtsstand bestimmen.
(3) Das Vermögen und die Guthaben der Bank können nur auf gerichtliche Anordnung
beschlagnahmt oder der Zwangsvollstreckung unterworfen werden.
Artikel 28
(1) Der Rat der Gouverneure kann einstimmig beschließen, Tochtergesellschaften oder andere
Rechtsträger mit eigener Rechtspersönlichkeit und finanzieller Autonomie zu errichten.
(2) Der Rat der Gouverneure beschließt einstimmig die Satzung der Einrichtungen nach Absatz 1
und legt darin insbesondere Ziele, Aufbau, Kapital, Mitgliedschaft, Sitz, finanzielle Mittel,
Interventionsmöglichkeiten, Aufsichtsregeln sowie die Beziehungen zwischen den Einrichtungen
und den Organen der Bank fest.
(3) Die Bank kann sich an der Verwaltung dieser Einrichtungen beteiligen und zu ihrem
gezeichneten Kapital bis zur Höhe des vom Rat der Gouverneure einstimmig festgelegten Betrags
beitragen.
(4) Das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union gilt für die
Einrichtungen nach Absatz 1, soweit sie unter das Unionsrecht fallen, die Mitglieder ihrer Organe in
Ausübung ihrer einschlägigen Aufgaben und ihr Personal in dem gleichen Maße und unter denselben
Bedingungen wie für die Bank.
Dividenden, Kapitalerträge oder andere Einkommen aus diesen Einrichtungen, auf die die Mitglieder
außer der Europäischen Union und der Bank Anspruch haben, unterliegen indessen den für sie
geltenden Steuervorschriften.
(5) Der Gerichtshof der Europäischen Union entscheidet innerhalb der nachstehend festgelegten
Grenzen über Streitfälle, die Maßnahmen der Organe einer dem Unionsrecht unterliegenden
Einrichtung betreffen. Klagen gegen derartige Maßnahmen können von jedem Mitglied einer solchen
Einrichtung in dieser Eigenschaft oder von den Mitgliedstaaten nach Artikel III-365 der Verfassung
erhoben werden.
(6) Der Rat der Gouverneure kann einstimmig beschließen, dass das Personal von dem Unionsrecht
unterliegenden Einrichtungen unter Einhaltung der jeweiligen internen Verfahren Zugang zu
gemeinsam mit der Bank geführten Systemen erhält.
6. PROTOKOLL ÜBER DIE FESTLEGUNG DER SITZE DER ORGANE
UND BESTIMMTER EINRICHTUNGEN, SONSTIGER STELLEN
UND DIENSTSTELLEN DER EUROPÄISCHEN UNION
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN,
GESTÜTZT auf Artikel III-432 der Verfassung,
EINGEDENK UND IN BESTÄTIGUNG des Beschlusses vom 8. April 1965, jedoch unbeschadet der Beschlüsse über den
Sitz künftiger Organe, Einrichtungen und sonstiger Stellen sowie Dienststellen -
SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem
Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt ist:
Einziger Artikel
(1) Das Europäische Parlament hat seinen Sitz in Straßburg; dort finden die zwölf monatlichen
Plenartagungen einschließlich der Haushaltstagung statt. Zusätzliche Plenartagungen finden in
Brüssel statt. Die Ausschüsse des Europäischen Parlaments treten in Brüssel zusammen. Das
Generalsekretariat des Europäischen Parlaments und dessen Dienststellen verbleiben in Luxemburg.
(2) Der Rat hat seinen Sitz in Brüssel. In den Monaten April, Juni und Oktober hält der Rat seine
Tagungen in Luxemburg ab.
(3) Die Kommission hat ihren Sitz in Brüssel. Die in den Artikeln 7, 8 und 9 des Beschlusses vom
8. April 1965 aufgeführten Dienststellen sind in Luxemburg untergebracht.
(4) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat seinen Sitz in Luxemburg.
(5) Die Europäische Zentralbank hat ihren Sitz in Frankfurt.
(6) Der Rechnungshof hat seinen Sitz in Luxemburg.
(7) Der Ausschuss der Regionen hat seinen Sitz in Brüssel.
(8) Der Wirtschafts- und Sozialausschuss hat seinen Sitz in Brüssel.
(9) Die Europäische Investitionsbank hat ihren Sitz in Luxemburg.
(10) Europol hat seinen Sitz in Den Haag.
7. PROTOKOLL ÜBER DIE VORRECHTE UND BEFREIUNGEN DER EUROPÄISCHEN UNION
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN,
IN DER ERWÄGUNG, dass die Union nach Artikel III-434 der Verfassung im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten die zur
Erfüllung ihrer Aufgabe erforderlichen Vorrechte und Befreiungen genießt,
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem
Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt sind:
KAPITEL I VERMÖGENSGEGENSTÄNDE, LIEGENSCHAFTEN, GUTHABEN UND GESCHÄFTE DER UNION
Artikel 1
Die Räumlichkeiten und Gebäude der Union sind unverletzlich. Sie dürfen nicht durchsucht,
beschlagnahmt, eingezogen oder enteignet werden. Die Vermögensgegenstände und Guthaben der
Union dürfen ohne Ermächtigung des Gerichtshofes nicht Gegenstand von Zwangsmaßnahmen der
Verwaltungsbehörden oder Gerichte sein.
Artikel 2
Die Archive der Union sind unverletzlich.
Artikel 3
Die Union, ihre Guthaben, Einkünfte und sonstigen Vermögensgegenstände sind von jeder direkten
Steuer befreit.
Die Regierungen der Mitgliedstaaten treffen in allen Fällen, in denen es ihnen möglich ist, geeignete
Maßnahmen für den Erlass oder die Erstattung des Betrages der indirekten Steuern und
Verkaufsabgaben, die in den Preisen für bewegliche oder unbewegliche Güter inbegriffen sind, wenn
die Union für ihren Dienstbedarf größere Einkäufe tätigt, bei denen derartige Steuern und Abgaben
im Preis enthalten sind. Die Durchführung dieser Maßnahmen darf jedoch den Wettbewerb innerhalb
der Union nicht verfälschen.
Von den Abgaben, die lediglich die Vergütung für Leistungen gemeinnütziger Versorgungsbetriebe
darstellen, wird keine Befreiung gewährt.
Artikel 4
Die Union ist von allen Zöllen sowie Ein- und Ausfuhrverboten und -beschränkungen bezüglich der
zu ihrem Dienstgebrauch bestimmten Gegenstände befreit. Die in dieser Weise eingeführten
Gegenstände dürfen im Hoheitsgebiet des Staates, in das sie eingeführt worden sind, weder entgeltlich
noch unentgeltlich veräußert werden, es sei denn zu Bedingungen, welche die Regierung dieses
Staates genehmigt.
Der Union steht ferner für ihre Veröffentlichungen Befreiung von Zöllen sowie Ein- und
Ausfuhrverboten und -beschränkungen zu.
KAPITEL II NACHRICHTENÜBERMITTLUNG UND AUSWEISE
Artikel 5
Den Organen der Union steht für ihre amtliche Nachrichtenübermittlung und die Übermittlung aller
ihrer Schriftstücke im Hoheitsgebiet jedes Mitgliedstaats die gleiche Behandlung wie den
diplomatischen Vertretungen zu.
Der amtliche Schriftverkehr und die sonstige amtliche Nachrichtenübermittlung der Organe der
Union unterliegen nicht der Zensur.
Artikel 6
Die Präsidenten der Organe der Union können den Mitgliedern und Bediensteten dieser Organe
Ausweise ausstellen, deren Form durch eine Europäische Verordnung des Rates, der mit einfacher
Mehrheit beschließt, bestimmt wird und die von den Behörden der Mitgliedstaaten als gültige
Reiseausweise anerkannt werden. Diese Ausweise werden den Beamten und sonstigen Bediensteten
nach Maßgabe des Statuts der Beamten und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen
Bediensteten der Union ausgestellt.
Die Kommission kann Abkommen zur Anerkennung dieser Ausweise als im Hoheitsgebiet dritter
Staaten gültige Reiseausweise schließen.
KAPITEL III MITGLIEDER DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
Artikel 7
Die Reise der Mitglieder des Europäischen Parlaments zum und vom Tagungsort des Europäischen
Parlaments unterliegt keinen verwaltungsmäßigen oder sonstigen Beschränkungen.
Die Mitglieder des Europäischen Parlaments erhalten bei der Zollabfertigung und Devisenkontrolle
a) seitens ihrer eigenen Regierung dieselben Erleichterungen wie hohe Beamte, die sich in offiziellem
Auftrag vorübergehend ins Ausland begeben;
b) seitens der Regierungen der anderen Mitgliedstaaten dieselben Erleichterungen wie ausländische
Regierungsvertreter mit vorübergehendem offiziellem Auftrag.
Artikel 8
Wegen einer in Ausübung ihres Amtes erfolgten Äußerung oder Abstimmung dürfen Mitglieder des
Europäischen Parlaments weder in ein Ermittlungsverfahren verwickelt noch festgenommen oder
verfolgt werden.
Artikel 9
Während der Dauer der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments
a) steht seinen Mitgliedern im Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates die den Parlamentsmitgliedern
zuerkannte Unverletzlichkeit zu,
b) können seine Mitglieder im Hoheitsgebiet jedes anderen Mitgliedstaats weder festgehalten noch
gerichtlich verfolgt werden.
Die Unverletzlichkeit besteht auch während der Reise zum und vom Tagungsort des Europäischen
Parlaments.
Bei Ergreifung auf frischer Tat kann die Unverletzlichkeit nicht geltend gemacht werden; sie steht auch
nicht der Befugnis des Europäischen Parlaments entgegen, die Unverletzlichkeit eines seiner
Mitglieder aufzuheben.
KAPITEL IV VERTRETER DER MITGLIEDSTAATEN, DIE AN DEN ARBEITEN DER ORGANE DER UNION TEILNEHMEN
Artikel 10
Den Vertretern der Mitgliedstaaten, die an den Arbeiten der Organe der Union teilnehmen, sowie
ihren Beratern und Sachverständigen stehen während der Ausübung ihrer Tätigkeit und auf der Reise
zum und vom Tagungsort die üblichen Vorrechte, Befreiungen und Erleichterungen zu.
Dies gilt auch für die Mitglieder der beratenden Einrichtungen der Union.
KAPITEL V BEAMTE UND SONSTIGE BEDIENSTETE DER UNION
Artikel 11
Den Beamten und sonstigen Bediensteten der Union stehen im Hoheitsgebiet jedes Mitgliedstaats
ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit folgende Vorrechte und Befreiungen zu:
a) Befreiung von der Gerichtsbarkeit bezüglich der von ihnen in amtlicher Eigenschaft
vorgenommenen Handlungen, einschließlich ihrer mündlichen und schriftlichen Äußerungen,
jedoch vorbehaltlich der Anwendung der Bestimmungen der Verfassung über die Vorschriften
betreffend die Haftung der Beamten und sonstigen Bediensteten gegenüber der Union und über
die Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union für Streitsachen zwischen der Union
assung für Europa 271
und ihren Beamten sowie sonstigen Bediensteten. Diese Befreiung gilt auch nach Beendigung
ihrer Amtstätigkeit;
b) Befreiung von Einwanderungsbeschränkungen und von der Meldepflicht für Ausländer. Das
Gleiche gilt für ihre Ehegatten und die von ihnen unterhaltenen Familienmitglieder;
c) die den Beamten der internationalen Organisationen üblicherweise gewährten Erleichterungen
auf dem Gebiet der Vorschriften des Währungs- und Devisenrechts;
d) das Recht, ihre Wohnungseinrichtung und ihre persönlichen Gebrauchsgegenstände bei Antritt
ihres Dienstes in den betreffenden Staat zollfrei einzuführen und bei Beendigung ihrer
Amtstätigkeit in diesem Staat ihre Wohnungseinrichtung und ihre persönlichen Gebrauchsgegenstände
zollfrei wieder auszuführen, vorbehaltlich der Bedingungen, welche die Regierung
des Staates, in dem dieses Recht ausgeübt wird, in dem einen und anderen Fall für erforderlich
erachtet;
e) das Recht, das zu ihrem eigenen Gebrauch bestimmte Kraftfahrzeug, sofern es in den Staat ihres
letzten ständigen Aufenthalts oder in dem Staat, dem sie angehören, zu den auf dem
Binnenmarkt dieses Staates geltenden Bedingungen erworben worden ist, zollfrei einzuführen
und es zollfrei wieder auszuführen, vorbehaltlich der Bedingungen, welche die Regierung des in
Frage stehenden Staates in dem einen und anderen Fall für erforderlich erachtet.
Artikel 12
Von den Gehältern, Löhnen und anderen Bezügen, welche die Union ihren Beamten und sonstigen
Bediensteten zahlt, wird zugunsten der Union eine Steuer nach den Bestimmungen und dem
Verfahren erhoben, die durch Europäisches Gesetz festgelegt werden. Dieses Gesetz wird nach
Anhörung der betroffenen Organe erlassen.
Die Beamten und sonstigen Bediensteten der Union sind von innerstaatlichen Steuern auf die von der
Union gezahlten Gehälter, Löhne und Bezüge befreit.
Artikel 13
Die Beamten und sonstigen Bediensteten der Union, die sich lediglich zur Ausübung einer
Amtstätigkeit im Dienst der Union im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats als des Staates
niederlassen, in dem sie zur Zeit des Dienstantritts bei der Union ihren steuerlichen Wohnsitz haben,
werden in den beiden genannten Staaten für die Erhebung der Einkommen-, Vermögen- und
Erbschaftsteuer sowie für die Anwendung der zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zwischen den
Mitgliedstaaten der Union geschlossenen Abkommen so behandelt, als hätten sie ihren früheren
Wohnsitz beibehalten, sofern sich dieser in einem Mitgliedstaat der Union befindet. Dies gilt auch für
den Ehegatten, soweit dieser keine eigene Berufstätigkeit ausübt, sowie für die Kinder, die unter der
Aufsicht der in diesem Artikel bezeichneten Personen stehen und von ihnen unterhalten werden.
Das im Hoheitsgebiet des Aufenthaltsstaats befindliche bewegliche Vermögen der in Absatz 1
bezeichneten Personen ist in diesem Staat von der Erbschaftsteuer befreit. Für die Veranlagung dieser
Steuer wird es vorbehaltlich der Rechte dritter Länder und der etwaigen Anwendung internationaler
Abkommen über die Doppelbesteuerung als in dem Staat des steuerlichen Wohnsitzes befindlich
betrachtet.
Ein lediglich zur Ausübung einer Amtstätigkeit im Dienste anderer internationaler Organisationen
begründeter Wohnsitz bleibt bei der Anwendung dieses Artikels unberücksichtigt.
Artikel 14
Das System der Sozialleistungen für die Beamten und sonstigen Bediensteten der Union wird durch
Europäisches Gesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung der betroffenen Organe erlassen.
Artikel 15
Die Gruppen von Beamten und sonstigen Bediensteten der Union, auf welche Artikel 11, Artikel 12
Absatz 2 und Artikel 13 ganz oder teilweise Anwendung finden, werden durch Europäisches Gesetz
festgelegt. Es wird nach Anhörung der betroffenen Organe erlassen.
Namen, Dienstrang und -stellung sowie Anschrift der Beamten und sonstigen Bediensteten dieser
Gruppen werden den Regierungen der Mitgliedstaaten in regelmäßigen Zeitabständen mitgeteilt.
KAPITEL VI VORRECHTE UND BEFREIUNGEN DER VERTRETUNGEN DRITTER STAATEN, DIE BEI DER UNION BEGLAUBIGT SIND
Artikel 16
Der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Sitz der Union befindet, gewährt den bei der
Union beglaubigten Vertretungen dritter Staaten die üblichen diplomatischen Vorrechte und
Befreiungen.
KAPITEL VII ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
Artikel 17
Die Vorrechte, Befreiungen und Erleichterungen werden den Beamten und sonstigen Bediensteten der
Union ausschließlich im Interesse der Union gewährt.
Jedes Organ der Union hat die Befreiung eines Beamten oder sonstigen Bediensteten in allen Fällen
aufzuheben, in denen dies nach seiner Auffassung den Interessen der Union nicht zuwiderläuft.
Artikel 18
Bei der Anwendung dieses Protokolls handeln die Organe der Union und die verantwortlichen
Behörden der beteiligten Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen.
Artikel 19
Die Artikel 11 bis 14 und Artikel 17 finden auf die Mitglieder der Kommission Anwendung.
Artikel 20
Die Artikel 11 bis 14 und Artikel 17 finden auf die Richter, die Generalanwälte, die Kanzler und die
Hilfsberichterstatter des Gerichtshofs der Europäischen Union Anwendung; die Bestimmungen des
Artikels 3 des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union betreffend die
Befreiung der Richter und Generalanwälte von der Gerichtsbarkeit bleiben hiervon unberührt.
Die Artikel 11 bis 14 und Artikel 17 finden auch auf die Mitglieder des Rechnungshofs Anwendung.
Artikel 21
Dieses Protokoll gilt auch für die Europäische Zentralbank, die Mitglieder ihrer Beschlussorgane und
ihre Bediensteten; das Protokoll zur Festlegung der Satzung des Europäischen Systems der
Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank bleibt hiervon unberührt.
Die Europäische Zentralbank ist außerdem von allen Steuern und sonstigen Abgaben anlässlich der
Erhöhungen ihres Kapitals sowie von den verschiedenen Förmlichkeiten befreit, die hiermit in dem
Staat, in dem sie ihren Sitz hat, verbunden sind. Ferner unterliegt die Tätigkeit der Bank und ihrer
Beschlussorgane, soweit sie nach Maßgabe der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken
und der Europäischen Zentralbank ausgeübt wird, nicht der Umsatzsteuer.
Artikel 22
Dieses Protokoll gilt auch für die Europäische Investitionsbank, die Mitglieder ihrer Organe, ihr
Personal und die Vertreter der Mitgliedstaaten, die an ihren Arbeiten teilnehmen; das Protokoll zur
Festlegung der Satzung der Europäischen Investitionsbank bleibt hiervon unberührt.
Die Europäische Investitionsbank ist außerdem von allen Steuern und sonstigen Abgaben anlässlich
der Erhöhungen ihres Kapitals sowie von den verschiedenen Förmlichkeiten befreit, die hiermit in
dem Staat, in dem sie ihren Sitz hat, verbunden sind. Desgleichen werden bei ihrer etwaigen
Auflösung und Liquidation keine Abgaben erhoben. Ferner unterliegt die Tätigkeit der Bank und
ihrer Organe, soweit sie nach Maßgabe der Satzung ausgeübt wird, nicht der Umsatzsteuer.
8. PROTOKOLL BETREFFEND DIE VERTRÄGE UND DIE AKTEN ÜBER DEN BEITRITT
DES KÖNIGREICHS DÄNEMARK, IRLANDS SOWIE DES VEREINIGTEN
KÖNIGREICHS GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND,
DER HELLENISCHEN REPUBLIK, DES KÖNIGREICHS SPANIEN
UND DER PORTUGIESISCHEN REPUBLIK, DER REPUBLIK ÖSTERREICH,
DER REPUBLIK FINNLAND UND DES KÖNIGREICHS SCHWEDEN
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN,
EINGEDENK DESSEN, dass das Königreich Dänemark, Irland sowie das Vereinigte Königreich Großbritannien und
Nordirland den Europäischen Gemeinschaften am 1. Januar 1973 beigetreten sind, dass die Hellenische Republik den
Europäischen Gemeinschaften am 1. Januar 1981 beigetreten ist, dass das Königreich Spanien und die Portugiesische
Republik den Europäischen Gemeinschaften am 1. Januar 1986 beigetreten sind, dass die Republik Österreich, die
Republik Finnland und das Königreich Schweden den Europäischen Gemeinschaften und der mit dem Vertrag über die
Europäische Union gegründeten Europäischen Union am 1. Januar 1995 beigetreten sind;
IN DER ERWÄGUNG, dass in Artikel IV-437 Absatz 2 der Verfassung die Aufhebung der genannten Beitrittsverträge
vorgesehen ist;
IN DER ERWÄGUNG, dass einige Bestimmungen, die in diesen Beitrittsverträgen und in den ihnen beigefügten Akten
enthalten sind, weiterhin relevant sind; dass Artikel IV-437 Absatz 2 der Verfassung vorsieht, dass diese Bestimmungen
in ein Protokoll übernommen oder dort aufgeführt werden müssen, damit sie in Kraft bleiben und ihre Rechtswirkung
behalten;
IN DER ERWÄGUNG, dass diese Bestimmungen in technischer Hinsicht an die Verfassung angepasst werden müssen,
ihr Inhalt jedoch unverändert bleiben muss;
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem
Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt sind:
TITEL I GEMEINSAME BESTIMMUNGEN
Artikel 1
Die Rechte und Pflichten aus den in Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstaben a bis d der Verfassung
genannten Beitrittsverträgen gelten nach Maßgabe dieser Verträge mit Wirkung vom
a) 1. Januar 1973 hinsichtlich des Vertrags über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands
sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland;
b) 1. Januar 1981 hinsichtlich des Vertrags über den Beitritt der Republik Griechenland (*);
c) 1. Januar 1986 hinsichtlich des Vertrags über den Beitritt des Königreichs Spanien und der
Portugiesischen Republik;
d) 1. Januar 1995 hinsichtlich des Vertrags über den Beitritt der Republik Österreich, der Republik
Finnland und des Königreichs Schweden.
(*) Heutige Bezeichnung: Hellenische Republik.
Artikel 2
(1) Die beitretenden Staaten nach Artikel 1 treten den noch in Kraft befindlichen Übereinkünften
bei, die vor ihrem jeweiligen Beitritt
a) zwischen den anderen Mitgliedstaaten geschlossen wurden und die sich auf den Vertrag zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaft, den Vertrag zur Gründung der Europäischen
Atomgemeinschaft oder auf den Vertrag über die Europäische Union stützen oder die mit der
Verwirklichung der Ziele dieser Verträge untrennbar verbunden sind, die das Funktionieren der
Gemeinschaften oder der Union betreffen oder die in einem Zusammenhang mit deren Tätigkeit
stehen;
b) von den anderen Mitgliedstaaten zusammen mit den Europäischen Gemeinschaften mit einem
oder mehreren Drittstaaten oder mit einer internationalen Organisation geschlossen wurden,
sowie den Übereinkünften, die mit diesen Übereinkünften zusammenhängen. Die Union und die
anderen Mitgliedstaaten leisten den beitretenden Staaten nach Artikel 1 zu diesem Zweck Hilfe.
(2) Die beitretenden Staaten nach Artikel 1 ergreifen geeignete Maßnahmen, um gegebenenfalls ihre
Stellung in Bezug auf internationale Organisationen oder diejenigen internationalen Übereinkünfte,
denen auch die Union oder die Europäische Atomgemeinschaft oder andere Mitgliedstaaten als
Vertragspartei angehören, den Rechten und Pflichten anzupassen, die sich aus ihrem Beitritt ergeben.
Artikel 3
Die Bestimmungen der Beitrittsakten, die eine nicht nur vorübergehende Aufhebung oder Änderung
der Rechtsakte, die von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen
Gemeinschaften oder der mit dem Vertrag über die Europäische Union gegründeten Europäischen
Union erlassen wurden, zum Gegenstand haben, bleiben - wie sie vom Gerichtshof der
Europäischen Gemeinschaften und dem Gericht erster Instanz ausgelegt wurden - vorbehaltlich
des Absatzes 2 in Kraft.
Die Bestimmungen nach Absatz 1 haben denselben Rechtscharakter wie die durch sie aufgehobenen
oder geänderten Bestimmungen und unterliegen denselben Regeln wie diese.
Artikel 4
Der Wortlaut der Rechtsakte, die von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der
Europäischen Gemeinschaften oder der mit dem Vertrag über die Europäische Union gegründeten
Europäischen Union vor den Beitritten nach Artikel 1 erlassen wurden und die nacheinander in
englischer und dänischer, in griechischer, in spanischer und portugiesischer sowie in finnischer und
schwedischer Sprache abgefasst wurden, ist ab dem Zeitpunkt des jeweiligen Beitritts der Staaten
nach Artikel 1 gleichermaßen verbindlich wie der in den anderen Sprachen abgefasste und
verbindliche Wortlaut.
Artikel 5
Die in diesem Protokoll enthaltenen Übergangsbestimmungen können durch Europäisches Gesetz
des Rates aufgehoben werden, wenn sie nicht mehr anwendbar sind. Der Rat beschließt einstimmig
nach Anhörung der Europäischen Parlaments.
TITEL II BESTIMMUNGEN AUS DER AKTE BETREFFEND DIE BEDINGUNGEN DES BEITRITTS DES KÖNIGREICHS DÄNEMARK, IRLANDS SOWIE DES VEREINIGTEN KÖNIGREICHS GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND
ABSCHNITT 1
Bestimmungen über Gibraltar
Artikel 6
(1) Die Rechtsakte der Organe betreffend die Erzeugnisse des Anhangs I der Verfassung und die
Erzeugnisse, die bei der Einfuhr in die Union infolge der Durchführung der gemeinsamen
Agrarpolitik einer Sonderregelung unterliegen, sowie die Rechtsakte betreffend die Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer sind auf Gibraltar nicht anwendbar,
sofern der Rat nicht einen Europäischen Beschluss erlässt, der etwas anderes bestimmt. Der Rat
beschließt einstimmig auf Vorschlag der Kommission.
(2) Die in Abschnitt VI des Anhangs II der Akte über die Bedingungen des Beitritts des
Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland
definierte Lage Gibraltars wird beibehalten.
ABSCHNITT 2
Bestimmungen über die Färöer
Artikel 7
Dänische Staatsangehörige, die auf den Färöern ansässig sind, werden erst von dem Zeitpunkt an, von
dem ab die Verfassung auf die Inseln Anwendung findet, als Staatsangehörige eines Mitgliedstaats im
Sinne der Verfassung angesehen.
ABSCHNITT 3
Bestimmungen über die Kanalinseln und die Insel Man
Artikel 8
(1) Die Regelung der Union für Zölle und mengenmäßige Beschränkungen, insbesondere die
Bestimmungen über Zollabgaben, Abgaben gleicher Wirkung und den Gemeinsamen Zolltarif, findet
auf die Kanalinseln und auf die Insel Man in gleicher Weise wie auf das Vereinigte Königreich
Anwendung.
(2) Bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen und landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnissen, die
unter eine besondere Handelsregelung fallen, werden gegenüber dritten Ländern die in der Regelung
der Union bei der Einfuhr vorgesehenen Abschöpfungen und anderen Maßnahmen, die für das
Vereinigte Königreich gelten, angewandt.
Gleichermaßen anwendbar sind die Vorschriften der Regelung der Union, die zur Gewährleistung des
freien Warenverkehrs und der Einhaltung normaler Wettbewerbsbedingungen im Handel mit diesen
Erzeugnissen erforderlich sind.
Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur
Festlegung der Bedingungen, unter denen die in den Unterabsätzen 1 und 2 genannten Vorschriften
auf diese Gebiete anwendbar sind.
Artikel 9
Die Rechte, welche die Staatsangehörigen der in Artikel 8 genannten Gebiete im Vereinigten
Königreich genießen, werden durch das Recht der Union nicht berührt. Für sie gelten jedoch nicht die
Bestimmungen des Unionsrechts über die Freizügigkeit und den freien Dienstleistungsverkehr.
Artikel 10
Die Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, die für
Personen oder Unternehmen im Sinne des Artikels 196 des Vertrags gelten, finden auf diese Personen
oder Unternehmen Anwendung, soweit sie in den Gebieten nach Artikel 8 dieses Protokolls ansässig
sind oder ihren Sitz haben.
Artikel 11
Die Behörden der Gebiete nach Artikel 8 wenden auf alle natürlichen und juristischen Personen der
Union die gleiche Behandlung an.
Artikel 12
Ergeben sich aus der Anwendung der in diesem Abschnitt festgelegten Regelung in den Beziehungen
zwischen der Union und den Gebieten nach Artikel 8 auf einer der beiden Seiten Schwierigkeiten, so
schlägt die Kommission dem Rat unverzüglich die von ihr für notwendig erachteten Schutzmaßnahmen
einschließlich der Bedingungen und Einzelheiten ihrer Durchführung vor.
Der Rat erlässt binnen einem Monat geeignete Europäische Verordnungen oder Beschlüsse.
Artikel 13
Im Sinne dieses Abschnitts gilt als Staatsangehöriger der Kanalinseln oder der Insel Man jeder
britische Bürger, der diese Staatsbürgerschaft aufgrund der Tatsache besitzt, dass er selbst oder ein Teil
seiner Eltern oder Großeltern auf der betreffenden Insel geboren, adoptiert, naturalisiert oder in das
Personenstandsregister eingetragen wurde. Eine solche Person wird jedoch insoweit nicht als
Staatsangehöriger dieser Gebiete betrachtet, als sie selbst oder ein Teil ihrer Eltern oder Großeltern im
Vereinigten Königreich geboren, adoptiert, naturalisiert oder in das Personenstandsregister
eingetragen wurde. Sie gilt auch nicht als Staatsangehöriger dieser Gebiete, wenn sie zu irgendeiner
Zeit fünf Jahre lang ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich hatte.
Die erforderlichen Verwaltungsbestimmungen zur Feststellung dieser Personen werden der
Kommission mitgeteilt.
ABSCHNITT 4 Bestimmungen über die Durchführung der Politik zur Industrialisierung und zur wirtschaftlichen Entwicklung Irlands
Artikel 14
Die Mitgliedstaaten nehmen zur Kenntnis, dass die irische Regierung die Verwirklichung einer Politik
der Industrialisierung und der wirtschaftlichen Entwicklung mit dem Ziel verfolgt, den Lebensstandard
in Irland demjenigen der übrigen Mitgliedstaaten anzugleichen, die Unterbeschäftigung zu
beseitigen und dabei schrittweise regionale Entwicklungsunterschiede auszugleichen.
Sie erkennen an, dass die Erreichung der Ziele dieser Politik in ihrem gemeinsamen Interesse liegt,
und kommen überein, zu diesem Zweck den Organen die Anwendung aller in der Verfassung
vorgesehenen Mittel und Verfahren zu empfehlen, insbesondere eine angemessene Verwendung der
zur Verwirklichung der Ziele der Union zur Verfügung stehenden Mittel der Union.
Die Mitgliedstaaten erkennen insbesondere an, dass im Falle der Anwendung der Artikel III-167
und III-168 der Verfassung die Ziele der wirtschaftlichen Ausweitung und der Hebung des
Lebensstandards der Bevölkerung zu berücksichtigen sind.
ABSCHNITT 5 Bestimmungen über den Austausch von Kenntnissen auf dem Gebiet der Kernenergie mit Dänemark
Artikel 15
(1) Ab dem 1. Januar 1973 werden die Kenntnisse, die den Mitgliedstaaten, Personen und
Unternehmen nach Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft
mitgeteilt worden sind, Dänemark zur Verfügung gestellt, das sie in seinem Hoheitsgebiet in
Übereinstimmung mit dem genannten Artikel nur beschränkt verbreitet.
(2) Ab dem 1. Januar 1973 stellt Dänemark der Europäischen Atomgemeinschaft Kenntnisse in
gleichwertigem Umfang auf den in Absatz 3 aufgeführten Gebieten zur Verfügung. Diese Kenntnisse
werden in einem Dokument, das der Kommission übermittelt wird, im Einzelnen dargelegt. Die
Kommission teilt diese Kenntnisse den Unternehmen der Gemeinschaft in Übereinstimmung mit
Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mit.
(3) Dänemark stellt der Europäischen Atomgemeinschaft Informationen auf folgenden Gebieten
zur Verfügung:
a) schwerwassermoderierter und mit organischer Flüssigkeit gekühlter Reaktor DOR;
b) Schwerwasserreaktoren mit Druckbehälter DT-350 und DK-400;
c) Hochtemperatur-Gaskreislauf;
d) Instrumentierung und besondere elektronische Apparaturen;
e) Zuverlässigkeit;
f) Reaktorphysik, Reaktordynamik und Wärmeübertragung;
g) Materialprüfversuche und reaktorinterne Ausrüstung.
(4) Dänemark verpflichtet sich, der Europäischen Atomgemeinschaft insbesondere bei Besuchen
von Bediensteten der Europäischen Atomgemeinschaft oder der Mitgliedstaaten im Forschungszentrum
Ris› alle ergänzenden Informationen zu den von ihm übermittelten Berichten unter
Bedingungen zu erteilen, die von Fall zu Fall im gegenseitigen Einvernehmen festzulegen sind.
Artikel 16
(1) Auf den Gebieten, auf denen Dänemark der Europäischen Atomgemeinschaft Kenntnisse zur
Verfügung stellt, gewähren die zuständigen Stellen den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen
der Gemeinschaft auf Antrag Lizenzen zu kommerziellen Bedingungen, soweit diese Stellen
ausschließliche Rechte an in den Mitgliedstaaten angemeldeten Patenten besitzen und soweit sie
gegenüber Dritten in keiner Weise verpflichtet sind, eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche
Lizenz an den Rechten dieser Patente zu gewähren oder anzubieten.
(2) Ist eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz gewährt worden, so fördert und
erleichtert Dänemark die Gewährung von Unterlizenzen an die Mitgliedstaaten, Personen und
Unternehmen der Gemeinschaft zu kommerziellen Bedingungen durch die Inhaber solcher Lizenzen.
Die Gewährung solcher ausschließlichen oder teilweise ausschließlichen Lizenzen erfolgt auf
normaler kommerzieller Basis.
ABSCHNITT 6 Bestimmungen über Austausch von Kenntnissen auf dem Gebiet der Kernenergie mit Irland
Artikel 17
(1) Ab dem 1. Januar 1973 werden die Kenntnisse, die den Mitgliedstaaten, Personen und
Unternehmen nach Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft
mitgeteilt worden sind, Irland zur Verfügung gestellt, das sie in seinem Hoheitsgebiet in
Übereinstimmung mit dem genannten Artikel nur beschränkt verbreitet.
(2) Ab dem 1. Januar 1973 stellt Irland der Europäischen Atomgemeinschaft in Irland auf dem
Kernenergiegebiet gewonnene, nur zu beschränkter Verbreitung bestimmte Kenntnisse zur
Verfügung, soweit es sich nicht um rein kommerzielle Anwendungen handelt. Die Kommission
teilt diese Kenntnisse den Unternehmen der Gemeinschaft in Übereinstimmung mit Artikel 13 des
Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mit.
(3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Kenntnisse betreffen hauptsächlich die Untersuchungen
zur Entwicklung eines Leistungsreaktors sowie die Arbeiten über Radioisotope und deren
Anwendung in der Medizin, einschließlich der Probleme des Strahlenschutzes.
Artikel 18
(1) Auf den Gebieten, auf denen Irland der Europäischen Atomgemeinschaft Kenntnisse zur
Verfügung stellt, gewähren die zuständigen Stellen den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen
der Gemeinschaft auf Antrag Lizenzen zu kommerziellen Bedingungen, soweit diese Stellen
ausschließliche Rechte an in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft angemeldeten Patenten besitzen
und soweit sie gegenüber Dritten in keiner Weise verpflichtet sind, eine ausschließliche oder teilweise
ausschließliche Lizenz an den Rechten dieser Patente zu gewähren oder anzubieten.
(2) Ist eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz gewährt worden, so fördert und
erleichtert Irland die Gewährung von Unterlizenzen an die Mitgliedstaaten, Personen und
Unternehmen der Gemeinschaft zu kommerziellen Bedingungen durch die Inhaber solcher Lizenzen.
Die Gewährung solcher ausschließlichen oder teilweise ausschließlichen Lizenzen erfolgt auf
normaler kommerzieller Basis.
ABSCHNITT 7 Bestimmungen über den Austausch von Kenntnissen auf dem Gebiet der Kernenergie mit dem Vereinigten Königreich
Artikel 19
(1) Ab dem 1. Januar 1973 werden die Kenntnisse, die den Mitgliedstaaten, Personen und
Unternehmen nach Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft
mitgeteilt worden sind, dem Vereinigten Königreich zur Verfügung gestellt, das sie in seinem
Hoheitsgebiet in Übereinstimmung mit dem genannten Artikel nur beschränkt verbreitet.
(2) Ab dem 1. Januar 1973 stellt das Vereinigte Königreich der Europäischen Atomgemeinschaft
Kenntnisse in gleichwertigem Umfang aus den Bereichen zur Verfügung, die in der Liste in der
Anlage zum Protokoll Nr. 28 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs
Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland enthalten sind.
Diese Kenntnisse werden in einem Dokument, das der Kommission übermittelt wird, im Einzelnen
dargelegt. Die Kommission teilt diese Kenntnisse den Unternehmen der Gemeinschaft in
Übereinstimmung mit Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft
mit.
(3) Angesichts des besonderen Interesses der Europäischen Atomgemeinschaft an bestimmten
Bereichen sorgt das Vereinigte Königreich vor allem für die Übermittlung von Kenntnissen aus
folgenden Bereichen:
a) Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet schneller Reaktoren (einschließlich der Sicherheit);
b) Basisforschung (auf die Reaktorreihen anwendbar);
c) Sicherheit der nichtschnellen Reaktoren;
d) Metallurgie, Stahl, Zirkoniumlegierungen und Beton;
e) Verträglichkeit von Strukturmaterialien;
f) experimentelle Brennstoffherstellung;
g) Thermohydrodynamik;
h) Instrumentierung.
Artikel 20
(1) Auf den Gebieten, auf denen das Vereinigte Königreich der Europäischen Atomgemeinschaft
Kenntnisse zur Verfügung stellt, gewähren die zuständigen Stellen den Mitgliedstaaten, Personen und
Unternehmen der Gemeinschaft auf Antrag Lizenzen zu kommerziellen Bedingungen, soweit diese
Stellen ausschließliche Rechte an in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft angemeldeten Patenten
besitzen und soweit sie gegenüber Dritten in keiner Weise verpflichtet sind, eine ausschließliche oder
teilweise ausschließliche Lizenz an den Rechten dieser Patente zu gewähren oder anzubieten.
(2) Ist eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz gewährt worden, so fördert und
erleichtert das Vereinigte Königreich die Gewährung von Unterlizenzen an die Mitgliedstaaten,
Personen und Unternehmen der Gemeinschaft zu kommerziellen Bedingungen durch die Inhaber
solcher Lizenzen.
Die Gewährung solcher ausschließlichen oder teilweise ausschließlichen Lizenzen erfolgt auf
normaler kommerzieller Basis.
TITEL III BESTIMMUNGEN AUS DER AKTE ÜBER DIE BEDINGUNGEN DES BEITRITTS DER HELLENISCHEN REPUBLIK
ABSCHNITT 1 Bestimmungen betreffend die Gewährung der Zollbefreiung durch die Hellenische Republik bei der Einfuhr bestimmter Waren
Artikel 21
Artikel III-151 der Verfassung hindert die Hellenische Republik nicht daran, die vor dem 1. Januar
1979 in Durchführung
a) des Gesetzes Nr. 4171/61 über allgemeine Maßnahmen zur Unterstützung der wirtschaftlichen
Entwicklung des Landes,
b) der Verordnung Nr. 2687/53 über Investierung und Schutz ausländischen Kapitals,
c) des Gesetzes Nr. 289/76 über Anreize zur Förderung der Entwicklung der Grenzgebiete und über
alle damit verbundenen Fragen
gewährten Zollbefreiungen bis zum Ablauf der Vereinbarungen beizubehalten, welche die griechische
Regierung mit den Nutznießern dieser Maßnahmen schließt.
ABSCHNITT 2 Bestimmungen über das Steuerrecht
Artikel 22
Die in Nummer II.2 des Anhangs VIII der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik
Griechenland (*) aufgeführten Rechtsakte gelten für die Hellenische Republik - mit Ausnahme der
Bezugnahmen in den Nummern 9 und 18.b - nach Maßgabe des genannten Anhangs.
(*) Heutige Bezeichnung: Hellenische Republik.
ABSCHNITT 3 Bestimmungen über Baumwolle
Artikel 23
(1) Dieser Abschnitt betrifft Baumwolle, weder gekrempelt noch gekämmt, der Tarifstelle 5201 00
der Kombinierten Nomenklatur.
(2) In der Union wird eine Regelung eingeführt, die insbesondere folgende Ziele hat:
a) Förderung der Baumwollerzeugung in den Gebieten der Union, in denen diese Erzeugung für die
Landwirtschaft von Bedeutung ist;
b) Ermöglichung eines angemessenen Einkommens für die betreffenden Erzeuger;
c) Marktstabilisierung durch Verbesserung der Angebots- und Vermarktungsstruktur.
(3) Die in Absatz 2 vorgesehene Regelung umfasst die Gewährung einer Erzeugerbeihilfe.
(4) Damit die Baumwollerzeuger das Angebot konzentrieren und die Erzeugung den Marktanforderungen
anpassen können, wird eine Regelung zur Förderung der Bildung von Erzeugergemeinschaften
und deren Zusammenschlüssen geschaffen.
Diese Regelung sieht die Gewährung von Beihilfen vor, um die Bildung von Erzeugergemeinschaften
anzuregen und deren Tätigkeit zu erleichtern.
Diese Regelung kommt nur solchen Gemeinschaften zugute, die
a) auf Veranlassung der Erzeuger selbst gebildet wurden,
b) hinreichende Sicherheit für Dauer und Wirksamkeit ihrer Tätigkeit bieten und
c) von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannt werden.
(5) Die Regelung des Handels der Union mit dritten Ländern wird nicht beeinträchtigt.
Insbesondere darf keine die Einfuhr beschränkende Maßnahme vorgesehen werden.
(6) Die Anpassung der durch diesen Abschnitt vorgesehenen Regelung erfolgt durch Europäisches
Gesetz des Rates.
Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen und Beschlüsse zur
Festlegung der Grundbestimmungen, die zur Anwendung der in diesem Abschnitt vorgesehenen
Bestimmungen erforderlich sind.
Der Rat beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
ABSCHNITT 4 Bestimmungen über die wirtschaftliche und industrielle Entwicklung Griechenlands
Artikel 24
Die Mitgliedstaaten nehmen zur Kenntnis, dass die griechische Regierung die Verwirklichung einer
Politik der Industrialisierung und der wirtschaftlichen Entwicklung mit dem Ziel verfolgt, den
Lebensstandard in Griechenland demjenigen in den übrigen Mitgliedstaaten anzugleichen, die
Unterbeschäftigung zu beseitigen und dabei schrittweise regionale Entwicklungsunterschiede
auszugleichen.
Sie erkennen an, dass die Erreichung der Ziele dieser Politik in ihrem gemeinsamen Interesse liegt.
Zu diesem Zweck wenden die Organe alle in der Verfassung vorgesehenen Mittel und Verfahren an,
insbesondere durch eine angemessene Verwendung der zur Verwirklichung der Ziele der Union
bestimmten Mittel der Union.
Insbesondere im Fall der Anwendung der Artikel III-167 und III-168 der Verfassung sind die Ziele der
wirtschaftlichen Ausweitung und der Hebung des Lebensstandards der Bevölkerung zu
berücksichtigen.
ABSCHNITT 5 Bestimmungen über den Austausch von Kenntnissen auf dem Gebiet der Kernenergie mit Griechenland
Artikel 25
(1) Ab dem 1. Januar 1981 werden die Kenntnisse, die den Mitgliedstaaten, Personen und
Unternehmen nach Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft
mitgeteilt worden sind, der Hellenischen Republik zur Verfügung gestellt, die sie in ihrem
Hoheitsgebiet in Übereinstimmung mit dem genannten Artikel nur beschränkt verbreitet.
(2) Ab dem 1. Januar 1981 stellt die Hellenische Republik der Europäischen Atomgemeinschaft in
Griechenland auf dem Kernenergiegebiet gewonnene, nur zu beschränkter Verbreitung bestimmte
Kenntnisse zur Verfügung, soweit es sich nicht um rein kommerzielle Anwendungen handelt. Die
Kommission teilt diese Kenntnisse den Unternehmen der Gemeinschaft in Übereinstimmung mit
Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mit.
(3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Kenntnisse betreffen hauptsächlich
a) die Untersuchungen über die Anwendung von Radioisotopen auf folgenden Gebieten: Medizin,
Landwirtschaft, Entomologie und Umweltschutz;
b) die Anwendung von Kerntechniken in der Archäometrie;
c) die Entwicklung von Geräten der medizinischen Elektronik;
d) die Entwicklung von Methoden zur Prospektion radioaktiver Erze.
Artikel 26
(1) Auf den Gebieten, auf denen die Hellenische Republik der Europäischen Atomgemeinschaft
Kenntnisse zur Verfügung stellt, gewähren die zuständigen Stellen den Mitgliedstaaten, Personen und
Unternehmen der Gemeinschaft auf Antrag Lizenzen zu kommerziellen Bedingungen, soweit diese
Stellen ausschließliche Rechte an in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft angemeldeten Patenten
besitzen und soweit sie gegenüber Dritten in keiner Weise verpflichtet sind, eine ausschließliche oder
teilweise ausschließliche Lizenz an den Rechten dieser Patente zu gewähren oder anzubieten.
(2) Ist eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz gewährt worden, so fördert und
erleichtert die Hellenische Republik die Gewährung von Unterlizenzen an die Mitgliedstaaten,
Personen und Unternehmen der Europäischen Atomgemeinschaft zu kommerziellen Bedingungen
durch die Inhaber solcher Lizenzen.
Die Gewährung solcher ausschließlichen oder teilweise ausschließlichen Lizenzen erfolgt auf
normaler kommerzieller Basis.
TITEL IV BESTIMMUNGEN AUS DER AKTE ÜBER DIE BEDINGUNGEN DES BEITRITTS DES KÖNIGREICHS SPANIEN UND DER PORTUGIESISCHEN REPUBLIK
ABSCHNITT 1 Finanzbestimmungen
Artikel 27
Für die Berechnung und Nachprüfung der Eigenmittel aus der Mehrwertsteuer gelten die Kanarischen
Inseln und Ceuta und Melilla als Teil des räumlichen Anwendungsbereichs der Sechsten Richtlinie
77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche
steuerpflichtige Bemessungsgrundlage.
ABSCHNITT 2 Bestimmungen über Patente
Artikel 28
Die nach Nummer 2 des Protokolls Nr. 8 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs
Spanien und der Portugiesischen Republik erlassenen nationalen Rechtsvorschriften Spaniens über
die Beweislast gelten nicht, wenn eine Klage wegen Patentverletzung sich gegen den Inhaber eines
anderen Verfahrenspatents wegen Herstellung eines Erzeugnisses richtet, das mit dem Erzeugnis
identisch ist, welches das Ergebnis des patentierten Verfahrens des Klägers ist, wenn dieses andere
Patent vor dem 1. Januar 1986 erteilt wurde.
In Fällen, in denen die Umkehr der Beweislast nicht anwendbar ist, wird das Königreich Spanien
weiterhin vorsehen, dass der Nachweis der Patentverletzung durch den Inhaber des Patents zu
erbringen ist. In all diesen Fällen wendet das Königreich Spanien das Verfahren der Beschreibungspfändung
an.
Unter "Beschreibungspfändung" versteht man ein Verfahren im Rahmen des in den Absätzen 1 und 2
genannten Systems, nach dem jede Person, die befugt ist, eine Verletzungsklage zu erheben, aufgrund
einer auf ihren Antrag ergangenen gerichtlichen Entscheidung auf dem Gelände des mutmaßlichen
Patentverletzers durch einen von Sachverständigen unterstützten Gerichtsvollzieher eine eingehende
Beschreibung der strittigen Verfahren, und zwar insbesondere durch Ablichten technischer
Unterlagen, mit oder ohne tatsächliche Pfändung, vornehmen lassen kann. In dieser gerichtlichen
Entscheidung kann die Zahlung einer Kaution angeordnet werden, mit der der mutmaßliche
Patentverletzer entschädigt werden soll, sofern ihm durch die Beschreibungspfändung Schäden
entstanden sind.
Artikel 29
Die nach Nummer 2 des Protokolls Nr. 19 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts des
Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik erlassenen nationalen Rechtsvorschriften
Portugals über die Beweislast gelten nicht, wenn eine Klage wegen Patentverletzung sich gegen den
Inhaber eines anderen Verfahrenspatents wegen Herstellung eines Erzeugnisses richtet, das mit dem
Erzeugnis identisch ist, welches das Ergebnis des patentierten Verfahrens des Klägers ist, wenn dieses
andere Patent vor dem 1. Januar 1986 erteilt wurde.
In Fällen, in denen die Umkehr der Beweislast nicht anwendbar ist, wird die Portugiesische Republik
weiterhin vorsehen, dass der Nachweis der Patentverletzung durch den Inhaber des Patents zu
erbringen ist. In all diesen Fällen wendet die Portugiesische Republik das Verfahren der
Beschreibungspfändung an.
Unter "Beschreibungspfändung" versteht man ein Verfahren im Rahmen des in den Absätzen 1 und 2
beschriebenen Systems, nach dem jede Person, die befugt ist, eine Verletzungsklage zu erheben,
aufgrund einer auf ihren Antrag ergangenen gerichtlichen Entscheidung auf dem Gelände des
mutmaßlichen Patentverletzers durch einen von Sachverständigen unterstützten Gerichtsvollzieher
eine eingehende Beschreibung der strittigen Verfahren, und zwar insbesondere durch Ablichten
technischer Unterlagen, mit oder ohne tatsächliche Pfändung, vornehmen lassen kann. In dieser
gerichtlichen Entscheidung kann die Zahlung einer Kaution angeordnet werden, mit der der
mutmaßliche Patentverletzer entschädigt werden soll, sofern ihm durch die Beschreibungspfändung
Schäden entstanden sind.
ABSCHNITT 3 Bestimmungen betreffend den Mechanismus einer zusätzlichen Gegenleistung im Rahmen der Fischereiabkommen der Union mit dritten Ländern
Artikel 30
(1) Im Rahmen der Gegenleistungen nach den Fischereiabkommen der Union mit Drittländern wird
eine besondere Regelung für Arbeitsvorgänge eingeführt, die zusätzlich zu Fangtätigkeiten von
Schiffen unter der Flagge eines Mitgliedstaats in den Gewässern unter der Hoheitsgewalt oder
Gerichtsbarkeit eines Drittlandes erfolgen.
(2) Arbeitsvorgänge, die unter den Bedingungen und Einschränkungen der Artikel 3 und 4
zusätzlich zu Fischereitätigkeiten vorgenommen werden können, sind:
a) bei Fängen durch Schiffe unter der Flagge eines Mitgliedstaats der Union in den Gewässern eines
Drittlandes aufgrund eines Fischereiabkommens die Behandlung im Hoheitsgebiet des
betreffenden Landes mit dem Ziel der Verbringung auf den Markt der Union unter den
Tarifnummern des KAPITELs 03 des Gemeinsamen Zolltarifs;
b) bei Fischereierzeugnissen des KAPITELs 03 des Gemeinsamen Zolltarifs die Einladung oder
Umladung auf ein Fischereifahrzeug unter der Flagge eines Mitgliedstaats im Rahmen der in
einem derartigen Fischereiabkommen vorgesehenen Tätigkeiten mit dem Ziel ihrer Beförderung
sowie ihrer eventuellen Behandlung zur Verbringung auf den Markt der Union.
(3) Die Erzeugnisse, bei denen Arbeitsvorgänge nach Absatz 2 vorgenommen wurden, werden
unter teilweiser oder vollständiger Aussetzung der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs oder unter
einer besonderen Abgabenregelung in die Union eingeführt, und zwar zu Bedingungen und in
ergänzenden Grenzen, die jährlich entsprechend dem Umfang der Fangmöglichkeiten aufgrund der
betreffenden Abkommen sowie ihrer Durchführungsregelungen festgelegt werden.
(4) Die Grundregeln zur Durchführung dieser Regelung und insbesondere die Kriterien für die
Festlegung und Aufteilung der betreffenden Mengen werden durch Europäisches Gesetz oder
Rahmengesetz festgelegt.
Die Durchführungsbestimmungen zu dieser Regelung sowie die betreffenden Mengen werden nach
dem Verfahren des Artikels 37 der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 festgelegt.
ABSCHNITT 4 Bestimmungen über Ceuta und Melilla
Unterabschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
Artikel 31
(1) Die Verfassung sowie die Rechtsakte der Organe gelten für Ceuta und Melilla vorbehaltlich der
Ausnahmen, die in den Absätzen 2 und 3 sowie in den übrigen Bestimmungen dieses Abschnitts
getroffen werden.
(2) Die Bedingungen, unter denen die Bestimmungen der Verfassung über den freien Warenverkehr
sowie die Rechtsakte der Organe über Zollbestimmungen und die Handelspolitik auf Ceuta und
Melilla Anwendung finden, sind in Unterabschnitt 3 des vorliegenden Abschnitts geregelt.
(3) Unbeschadet der Sonderbestimmungen des Artikels 32 gelten die Rechtsakte der Organe im
Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik und der gemeinsamen Fischereipolitik nicht für Ceuta und
Melilla.
(4) Auf Antrag des Königreichs Spanien können durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des
Rates
a) Ceuta und Melilla in das Zollgebiet der Union einbezogen werden;
b) die entsprechenden Maßnahmen zur Ausdehnung der geltenden Bestimmungen des Unionsrechts
auf Ceuta und Melilla getroffen werden.
Auf Vorschlag der Kommission, den diese von sich aus oder auf Antrag eines Mitgliedstaats
unterbreitet, kann der Rat ein Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz zur Vornahme etwa
erforderlicher Anpassungen der für Ceuta und Melilla geltenden Regelung beschließen.
Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
Unterabschnitt 2 Bestimmungen über die gemeinsame Fischereipolitik
Artikel 32
(1) Vorbehaltlich des Absatzes 2 und unbeschadet des Unterabschnitts 3 findet die gemeinsame
Fischereipolitik auf Ceuta und Melilla keine Anwendung.
(2) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission Europäische Gesetze, Rahmengesetze,
Verordnungen oder Beschlüsse zur
a) Festlegung der Strukturmaßnahmen, die zugunsten von Ceuta und Melilla getroffen werden
könnten;
b) Festlegung der geeigneten Einzelheiten zur umfassenden oder teilweisen Berücksichtigung der
Interessen von Ceuta und Melilla bei den Rechtsakten, die er von Fall zu Fall im Hinblick auf
Verhandlungen der Union zur Übernahme oder zum Abschluss von Fischereiabkommen mit
Drittländern erlässt, sowie der besonderen Interessen von Ceuta und Melilla im Rahmen von
internationalen Fischereiübereinkommen, denen die Union als Vertragspartei angehört.
(3) Gegebenenfalls erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische Gesetze,
Rahmengesetze, Verordnungen oder Beschlüsse zur Festlegung der Möglichkeiten und Bedingungen
des gegenseitigen Zugangs zu den jeweiligen Fischereizonen und ihren Ressourcen. Er beschließt
einstimmig.
(4) Die Europäischen Gesetze und Rahmengesetze nach den Absätzen 2 und 3 werden nach
Anhörung des Europäischen Parlaments erlassen.
Unterabschnitt 3 Bestimmungen über den freien Warenverkehr, die Zollgesetzgebung und die Handelspolitik
Artikel 33
(1) Waren mit Ursprung in Ceuta oder Melilla sowie Waren aus Drittländern, die nach Ceuta oder
Melilla im Rahmen der dort auf sie anwendbaren Regelungen eingeführt werden, gelten bei ihrer
Abfertigung zum freien Verkehr im Zollgebiet der Union nicht als Waren, die die Voraussetzungen
des Artikels III-151 Absätze 1, 2 und 3 der Verfassung erfüllen.
(2) Ceuta und Melilla gehören nicht zum Zollgebiet der Union.
(3) Die Rechtsakte der Organe über Zollbestimmungen für den Außenhandel gelten unter
denselben Bedingungen für den Warenverkehr zwischen dem Zollgebiet der Union einerseits und
Ceuta und Melilla andererseits, sofern in diesem Unterabschnitt nicht etwas anderes bestimmt ist.
(4) Autonome oder vertragsmäßige Rechtsakte der Organe betreffend die gemeinsame Handelspolitik,
die mit der Einfuhr oder Ausfuhr von Waren unmittelbar verbunden sind, gelten nicht für
Ceuta und Melilla, sofern in diesem Unterabschnitt nicht etwas anderes bestimmt ist.
(5) Die Union wendet in ihrem Warenverkehr mit Ceuta und Melilla bei den unter Anhang I der
Verfassung fallenden Erzeugnissen dieselbe allgemeine Regelung wie gegenüber Drittländern an,
sofern in diesem Titel nicht etwas anderes bestimmt ist.
Artikel 34
Vorbehaltlich des Artikels 35 werden die Zölle bei der Einfuhr von Waren mit Ursprung in Ceuta
oder Melilla in das Zollgebiet der Union abgeschafft.
Artikel 35
(1) Fischereierzeugnisse der Tarifnummern 0301, 0302, 0303, 1604 und 1605 sowie der
Tarifstellen 0511 91 und 2301 20 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Ceuta oder Melilla
sind im Rahmen von Zollkontingenten, die je Erzeugnis auf der Basis des Durchschnittswertes der in
den Jahren 1982, 1983 und 1984 tatsächlich abgesetzten Mengen berechnet werden, im gesamten
Zollgebiet der Union von Zöllen befreit.
Die im Rahmen der Zollkontingente in das Zollgebiet der Union eingeführten Erzeugnisse werden
nur dann zum freien Verkehr abgefertigt, wenn die Regeln der gemeinsamen Marktorganisation und
insbesondere die Referenzpreise eingehalten sind.
(2) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission jedes Jahr Europäische Verordnungen oder
Beschlüsse zur Eröffnung und Aufteilung der Kontingente nach Maßgabe des Absatzes 1.
Artikel 36
(1) Sollte die Anwendung von Artikel 34 zu einer deutlichen Zunahme der Einfuhren bestimmter
Waren mit Ursprung in Ceuta oder Melilla führen, so dass die Erzeuger der Union geschädigt werden
könnten, kann der Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur
Festlegung von besonderen Bedingungen für den Zugang dieser Waren zum Zollgebiet der Union
erlassen.
(2) Bewirken die Einfuhren einer Ware mit Ursprung in Ceuta oder Melilla eine ernste Schädigung
einer Erzeugung in einem oder mehreren Mitgliedstaaten oder besteht die Gefahr einer solchen
Schädigung, weil die gemeinsame Handelspolitik und der Gemeinsame Zolltarif bei der Einfuhr von
Rohstoffen oder Zwischenerzeugnissen nicht auf Ceuta und Melilla angewandt werden, so kann die
Kommission auf Antrag eines Mitgliedstaats oder von sich aus geeignete Maßnahmen treffen.
Artikel 37
Die bei der Einfuhr von Waren mit Ursprung im Zollgebiet der Union nach Ceuta und Melilla
bestehenden Zölle sowie die Abgaben gleicher Wirkung werden abgeschafft.
Artikel 38
Die Zölle und die Abgaben mit gleicher Wirkung wie Zölle sowie die Handelsregelung bei der Einfuhr
von Waren aus einem Drittland nach Ceuta und Melilla dürfen nicht weniger günstig sein als
diejenigen, welche die Union entsprechend ihren internationalen Verpflichtungen oder ihren
Präferenzregelungen gegenüber diesem Drittland anwendet, sofern das betreffende Drittland die
Einfuhren aus Ceuta und Melilla ebenso behandelt wie die Einfuhren aus der Union. Die Regelung für
die Einfuhr von Waren aus diesem Drittland nach Ceuta und Melilla darf jedoch nicht günstiger sein
als die Regelung für die Einfuhr von Waren mit Ursprung im Zollgebiet der Union.
Artikel 39
Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur
Festlegung von Durchführungsbestimmungen für diesen Unterabschnitt und insbesondere die
Ursprungsregeln für den Warenverkehr nach den Artikeln 34, 35 und 37, einschließlich der
Bestimmungen über die Kennzeichnung der Ursprungswaren und die Ursprungskontrolle.
Diese Regeln müssen insbesondere Bestimmungen über die Kennzeichnung und/oder Etikettierung
der Waren, über die Bedingungen für die Registrierung von Schiffen und über die Anwendung des
kumulativen Ursprungssystems bei Fischereierzeugnissen sowie Bestimmungen zur Feststellung des
Warenursprungs enthalten.
ABSCHNITT 5 Bestimmungen über die regionale Entwicklung Spaniens
Artikel 40
Die Mitgliedstaaten nehmen zur Kenntnis, dass die spanische Regierung die Verwirklichung einer
Politik der regionalen Entwicklung mit dem Ziel verfolgt, insbesondere das Wirtschaftswachstum in
den am wenigsten entwickelten Regionen und Gebieten Spaniens zu fördern.
Sie erkennen an, dass die Erreichung der Ziele dieser Politik in ihrem gemeinsamen Interesse liegt.
Um der spanischen Regierung die Erfüllung dieser Aufgabe zu erleichtern, kommen sie überein, den
Organen die Anwendung aller in der Verfassung vorgesehenen Mittel und Verfahren zu empfehlen,
insbesondere eine angemessene Verwendung der zur Verwirklichung der Ziele der Union bestimmten
Mittel der Union.
Die Mitgliedstaaten erkennen insbesondere an, dass im Fall der Anwendung der Artikel III-167 und
III-168 der Verfassung die Ziele der wirtschaftlichen Entwicklung und der Hebung des
Lebensstandards der Bevölkerung in den am wenigsten entwickelten Regionen und Gebieten
Spaniens zu berücksichtigen sind.
ABSCHNITT 6 Bestimmungen über die wirtschaftliche und industrielle Entwicklung Portugals
Artikel 41
Die Mitgliedstaaten nehmen zur Kenntnis, dass die portugiesische Regierung die Verwirklichung einer
Politik der Industrialisierung und der wirtschaftlichen Entwicklung mit dem Ziel verfolgt, den
Lebensstandard in Portugal demjenigen der übrigen Mitgliedstaaten anzugleichen, die Unterbeschäftigung
zu beseitigen und dabei schrittweise regionale Entwicklungsunterschiede auszugleichen.
Sie erkennen an, dass die Erreichung der Ziele dieser Politik in ihrem gemeinsamen Interesse liegt.
Sie kommen überein, zu diesem Zweck den Organen die Anwendung aller in der Verfassung
vorgesehenen Mittel und Verfahren zu empfehlen, insbesondere eine angemessene Verwendung der
zur Verwirklichung der Ziele der Union bestimmten Mittel der Union.
Die Mitgliedstaaten erkennen insbesondere an, dass im Fall der Anwendung der Artikel III-167 und
III-168 der Verfassung die Ziele der wirtschaftlichen Entwicklung und der Hebung des
Lebensstandards der Bevölkerung zu berücksichtigen sind.
ABSCHNITT 7 Bestimmungen über den Austausch von Kenntnissen auf dem Gebiet der Kernenergie mit dem Königreich Spanien
Artikel 42
(1) Ab dem 1. Januar 1986 werden die Kenntnisse, die den Mitgliedstaaten, Personen und
Unternehmen nach Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft
mitgeteilt worden sind, dem Königreich Spanien zur Verfügung gestellt, das sie in seinem
Hoheitsgebiet in Übereinstimmung mit dem genannten Artikel nur beschränkt verbreitet.
(2) Ab dem 1. Januar 1986 stellt das Königreich Spanien der Europäischen Atomgemeinschaft in
Spanien auf dem Kernenergiegebiet gewonnene, nur zu beschränkter Verbreitung bestimmte
Kenntnisse zur Verfügung, soweit es sich nicht um rein kommerzielle Anwendungen handelt. Die
Kommission teilt diese Kenntnisse den Unternehmen der Gemeinschaft in Übereinstimmung mit
Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mit.
(3) Die unter die Absätze 1 und 2 fallenden Kenntnisse betreffen hauptsächlich
a) die Kernphysik (niedrige und hohe Energien),
b) den Strahlenschutz,
c) die Anwendung von Isotopen, insbesondere stabiler Isotopen,
d) Forschungsreaktoren und Brennstoffe dafür,
e) Forschungen über den Brennstoffkreislauf (im Einzelnen: Förderung und Aufbereitung
geringhaltiger Uranerze; Optimierung der Brennelemente für Leistungsreaktoren).
Artikel 43
(1) Auf den Gebieten, auf denen das Königreich Spanien der Europäischen Atomgemeinschaft
Kenntnisse zur Verfügung stellt, gewähren die zuständigen Stellen den Mitgliedstaaten, Personen und
Unternehmen der Gemeinschaft auf Antrag Lizenzen zu kommerziellen Bedingungen, soweit diese
Stellen ausschließliche Rechte an in den Mitgliedstaaten angemeldeten Patenten besitzen und soweit
sie gegenüber Dritten in keiner Weise verpflichtet sind, eine ausschließliche oder teilweise
ausschließliche Lizenz an den Rechten dieser Patente zu gewähren oder anzubieten.
(2) Ist eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz gewährt worden, so fördert und
erleichtert das Königreich Spanien die Gewährung von Unterlizenzen an die Mitgliedstaaten,
Personen und Unternehmen der Gemeinschaft zu kommerziellen Bedingungen durch die Inhaber
solcher Lizenzen.
Die Gewährung solcher ausschließlichen oder teilweise ausschließlichen Lizenzen erfolgt auf
normaler kommerzieller Basis.
ABSCHNITT 8 Bestimmungen über den Austausch von Kenntnissen auf dem Gebiet der Kernenergie mit der Portugiesischen Republik
Artikel 44
(1) Ab dem 1. Januar 1986 werden die Kenntnisse, die den Mitgliedstaaten, Personen und
Unternehmen nach Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft
mitgeteilt worden sind, der Portugiesischen Republik zur Verfügung gestellt, die sie in ihrem
Hoheitsgebiet in Übereinstimmung mit dem genannten Artikel nur beschränkt verbreitet.
(2) Ab dem 1. Januar 1986 stellt die Portugiesische Republik der Europäischen Atomgemeinschaft
in Portugal auf dem Kernenergiegebiet gewonnene, nur zu beschränkter Verbreitung bestimmte
Kenntnisse zur Verfügung, soweit es sich nicht um rein kommerzielle Anwendungen handelt. Die
Kommission teilt diese Kenntnisse den Unternehmen der Gemeinschaft in Übereinstimmung mit
Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mit.
(3) Die unter die Absätze 1 und 2 fallenden Kenntnisse betreffen hauptsächlich
a) die Reaktordynamik,
b) den Strahlenschutz,
c) die Anwendung nuklearer Messtechniken (in den Bereichen Industrie, Landwirtschaft, Archäologie
und Geologie),
d) die Atomphysik (Messungen des Wirkungsquerschnitts, Kanalisierungstechniken),
e) die Metallurgie der Urangewinnung.
Artikel 45
(1) Auf den Gebieten, auf denen die Portugiesische Republik der Europäischen Atomgemeinschaft
Kenntnisse zur Verfügung stellt, gewähren die zuständigen Stellen den Mitgliedstaaten, Personen und
Unternehmen der Gemeinschaft auf Antrag Lizenzen zu kommerziellen Bedingungen, soweit diese
Stellen ausschließliche Rechte an in den Mitgliedstaaten angemeldeten Patenten besitzen und soweit
sie gegenüber Dritten in keiner Weise verpflichtet sind, eine ausschließliche oder teilweise
ausschließliche Lizenz an den Rechten dieser Patente zu gewähren oder anzubieten.
(2) Ist eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz gewährt worden, so fördert und
erleichtert die Portugiesische Republik die Gewährung von Unterlizenzen an die Mitgliedstaaten,
Personen und Unternehmen der Gemeinschaft zu kommerziellen Bedingungen durch die Inhaber
solcher Lizenzen.
Die Gewährung solcher ausschließlichen oder teilweise ausschließlichen Lizenzen erfolgt auf
normaler kommerzieller Basis.
TITEL V BESTIMMUNGEN AUS DER AKTE ÜBER DIE BEDINGUNGEN DES BEITRITTS DER REPUBLIK ÖSTERREICH, DER REPUBLIK FINNLAND UND DES KÖNIGREICHS SCHWEDEN
ABSCHNITT 1 Finanzbestimmungen
Artikel 46
Die Eigenmittel aus der Mehrwertsteuer werden so berechnet und kontrolliert, als fielen die
Ölandinseln in den räumlichen Geltungsbereich der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom
17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern
- Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage.
ABSCHNITT 2 Bestimmungen über die Landwirtschaft
Artikel 47
Im Fall ernster Schwierigkeiten aufgrund des Beitritts, die auch nach voller Inanspruchnahme des
Artikels 48 und der anderen Maßnahmen aufgrund des bestehenden Unionsrechts andauern, kann
die Kommission einen Europäischen Beschluss erlassen, wonach Finnland den Erzeugern
einzelstaatliche Beihilfen gewähren kann, um deren Einbeziehung in die gemeinsame Agrarpolitik
zu erleichtern.
Artikel 48
(1) Die Kommission erlässt Europäische Beschlüsse, wonach Finnland und Schweden langfristige
einzelstaatliche Beihilfen gewähren können, die der Erhaltung der Landwirtschaft in besonderen
Regionen dienen. Diese Regionen sollten die landwirtschaftlichen Gebiete, die sich nördlich von 62o
nördlicher Breite befinden, sowie einige angrenzende Gebiete südlich dieses Breitengrads mit
vergleichbaren klimatischen Verhältnissen umfassen, die die landwirtschaftliche Tätigkeit in
besonderem Maße erschweren.
(2) Die Regionen nach Absatz 1 werden von der Kommission unter Berücksichtigung insbesondere
folgender Faktoren bestimmt:
a) geringe Bevölkerungsdichte;
b) Anteil der landwirtschaftlichen Flächen an der Gesamtfläche;
c) flächenmäßiger Anteil der für die menschliche Ernährung bestimmten Feldkulturen an der
genutzten landwirtschaftlichen Fläche.
(3) Die einzelstaatlichen Beihilfen nach Absatz 1 können in Beziehung stehen zu natürlichen
Produktionsfaktoren, beispielsweise der Hektargröße der landwirtschaftlichen Fläche oder den
Vieheinheiten, unter Berücksichtigung der maßgeblichen Grenzwerte der gemeinsamen Marktorganisationen,
sowie zu traditionellen Produktionsstrukturen der einzelnen Betriebe; sie dürfen
jedoch nicht
a) an die künftige Produktion gebunden sein;
b) zu einer Erhöhung der Produktion oder der Gesamthöhe der Stützung, die während eines von der
Kommission festzulegenden Referenzzeitraums vor dem 1. Januar 1995 festgestellt wurde,
führen.
Diese Beihilfen können regional gestaffelt werden.
Diese Beihilfen müssen insbesondere gewährt werden zur
a) Beibehaltung traditioneller primärer Erzeugung und Verarbeitung, die an die klimatischen
Verhältnisse der betreffenden Regionen von Natur aus angepasst sind;
b) Verbesserung der Strukturen für Produktion, Vermarktung und Verarbeitung der landwirtschaftlichen
Erzeugnisse;
c) Erleichterung des Absatzes der genannten Erzeugnisse;
d) Sicherung des Umweltschutzes und der Erhaltung der Landschaft.
Artikel 49
(1) Die Beihilfen nach den Artikeln 47 und 48 sowie jede andere einzelstaatliche Beihilfe, die im
Rahmen dieses Titels der Genehmigung durch die Kommission bedarf, werden der Kommission
notifiziert. Sie dürfen nicht vor Erteilung der Genehmigung gewährt werden.
(2) In Bezug auf die Beihilfen nach Artikel 48 legt die Kommission dem Rat alle fünf Jahre ab dem
1. Januar 1996 einen Bericht vor über
a) die erteilten Genehmigungen;
b) die Ergebnisse der Beihilfen, die aufgrund der Genehmigungen gewährt wurden.
Im Hinblick auf die Erstellung dieses Berichts liefern die Mitgliedstaaten, welche diese
Genehmigungen erhalten haben, der Kommission rechtzeitig Informationen über die Auswirkungen
der gewährten Beihilfen unter Darstellung der Entwicklung der Landwirtschaft in den betroffenen
Regionen.
Artikel 50
In Bezug auf die Beihilfen nach den Artikeln III-167 und III-168 der Verfassung
a) gelten von den in Österreich, Finnland und Schweden vor dem 1. Januar 1995 angewandten
Beihilfen nur diejenigen als bestehende Beihilfen nach Artikel III-168 Absatz 1 der Verfassung, die
der Kommission vor dem 30. April 1995 mitgeteilt worden sind;
b) gelten bestehende Beihilfen und Vorhaben zur Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen, die
der Kommission vor dem 1. Januar 1995 mitgeteilt worden sind, als an diesem Tag notifiziert.
Artikel 51
(1) Sofern nicht in bestimmten Fällen etwas anderes bestimmt ist, erlässt der Rat auf Vorschlag der
Kommission die zur Durchführung dieses Abschnitts erforderlichen Europäischen Verordnungen
oder Beschlüsse.
(2) Durch Europäisches Gesetz des Rates können die bei einer Änderung des Unionsrechts
gegebenenfalls erforderlichen Anpassungen der in diesem Abschnitt enthaltenen Bestimmungen
vorgenommen werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
Artikel 52
(1) Sind Übergangsmaßnahmen notwendig, um die Überleitung von der in Österreich, Finnland
und Schweden bestehenden Regelung zu der Regelung zu erleichtern, die sich aus der Anwendung
der gemeinsamen Marktorganisationen nach Maßgabe der Akte über die Bedingungen des Beitritts
der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden ergibt, so werden
diese Maßnahmen nach dem Verfahren des Artikels 38 der Verordnung Nr. 136/66/EWG oder der
entsprechenden Artikel der anderen Verordnungen über gemeinsame Agrarmarktorganisationen
getroffen. Diese Maßnahmen können während eines Zeitraums, der am 31. Dezember 1997 endet,
getroffen werden; sie sind nur bis zu diesem Zeitpunkt anwendbar.
(2) Durch Europäisches Gesetz des Rates kann der in Absatz 1 genannte Zeitraum verlängert
werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
Artikel 53
Die Artikel 51 und 52 finden auf Fischereierzeugnisse Anwendung.
ABSCHNITT 3 Bestimmungen zu den Übergangsmaßnahmen
Artikel 54
Die in den Punkten VII.B.I, VII.D.1, VII.D.2.c, IX.2.b, c, f, g, h, i, j, l, m, n, x, y, z und aa, X.a, b, und c
des Anhangs XV der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der
Republik Finnland und des Königreichs Schweden aufgeführten Rechtsakte gelten für Österreich,
Finnland und Schweden unter den in jenem Anhang festgelegten Bedingungen.
Die Bezugnahme auf die Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,
insbesondere auf die Artikel 90 und 91, in Punkt IX.2.x des in Absatz 1 genannten Anhangs XV ist
als Bezugnahme auf die Bestimmungen der Verfassung, insbesondere auf Artikel III-170 Absätze 1
und 2, zu verstehen.
ABSCHNITT 4 Bestimmungen über die Anwendbarkeit bestimmter Rechtsakte
Artikel 55
(1) Einzelne Freistellungs- und Negativattestbeschlüsse, die nach Artikel 53 des Abkommens über
den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) oder Artikel 1 des Protokolls 25 zu diesem Abkommen
vor dem 1. Januar 1995 entweder von der Überwachungsbehörde der Europäischen Freihandelsassoziation
(EFTA) oder von der Kommission erlassen wurden und die Fälle betreffen, die infolge des
Beitritts unter Artikel 81 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft fallen, bleiben
für die Zwecke des Artikels III-161 der Verfassung bis zum Ablauf der darin festgelegten Frist oder bis
die Kommission im Einklang mit dem Unionsrecht einen ordnungsgemäß begründeten anders
lautenden Europäischen Beschluss erlässt, gültig.
(2) Alle Beschlüsse der EFTA-Überwachungsbehörde, die vor dem 1. Januar 1995 nach Artikel 61
des EWR-Abkommens erlassen wurden und die infolge des Beitritts unter Artikel 87 des Vertrags zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaft fallen, bleiben hinsichtlich des Artikels III-167 der
Verfassung gültig, es sei denn, die Kommission erlässt nach Artikel III-168 der Verfassung einen
anders lautenden Europäischen Beschluss. Dieser Absatz gilt nicht für Beschlüsse, für die das
Verfahren nach Artikel 64 des EWR-Abkommens gilt.
(3) Unbeschadet der Absätze 1 und 2 bleiben die von der EFTA-Überwachungsbehörde getroffenen
Entscheidungen nach dem 1. Januar 1995 gültig, es sei denn, die Kommission fasst im Einklang mit
dem Unionsrecht einen ordnungsgemäß begründeten anders lautenden Beschluss.
ABSCHNITT 5 Bestimmungen über die Ölandinseln
Artikel 56
Die Bestimmungen der Verfassung lassen die Anwendung der am 1. Januar 1994 in Bezug auf die
landinseln geltenden Bestimmungen unberührt, die Folgendes betreffen:
a) die in nicht diskriminierender Weise anzuwendende Einschränkung des Rechts natürlicher
Personen, die nicht regionalen Bürgerstatus (hembygdsrätt/kotiseutuoikeus) der landinseln
besitzen, sowie juristischer Personen, ohne Genehmigung der zuständigen Behörden der
landinseln auf diesen Inseln Grundeigentum zu erwerben und zu besitzen;
b) die in nicht diskriminierender Weise anzuwendende Einschränkung des Rechts natürlicher
Personen, die nicht regionalen Bürgerstatus (hembygdsrätt/kotiseutuoikeus) der landinseln
besitzen, oder juristischer Personen, sich ohne Genehmigung der zuständigen Behörden der
landinseln auf den landinseln niederzulassen oder dort Dienstleistungen zu erbringen.
Artikel 57
(1) Das Hoheitsgebiet der landinseln, das als Drittlandgebiet im Sinne des Artikels 3 Absatz 1
dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG des Rates und als nicht in den Anwendungsbereich
der Richtlinien zur Harmonisierung der Verbrauchsteuern fallendes Staatsgebiet im Sinne des
Artikels 2 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates gilt, wird vom räumlichen Geltungsbereich des
Unionsrechts im Bereich der Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern sowie über Verbrauchsteuern und andere Arten indirekter Besteuerung
ausgenommen.
Dieser Absatz findet auf die Bestimmungen der Richtlinie 69/335/EWG des Rates betreffend die
Gesellschaftsteuer keine Anwendung.
(2) Die in Absatz 1 vorgesehene Ausnahmeregelung dient dem Zweck, auf den landinseln ein
existenzfähiges lokales Wirtschaftsleben aufrechtzuerhalten; sie darf keine nachteiligen Auswirkungen
auf die Interessen der Union und ihre gemeinsamen Politiken haben. Ist die Kommission der Ansicht,
dass Absatz 1 insbesondere in Bezug auf die Wettbewerbsneutralität oder die eigenen Mittel nicht
mehr gerechtfertigt ist, so unterbreitet sie dem Rat geeignete Vorschläge, der sodann entsprechend
den einschlägigen Artikeln der Verfassung die erforderliche Rechtsakte erlässt.
Artikel 58
Die Republik Finnland stellt sicher, dass allen natürlichen und juristischen Personen der
Mitgliedstaaten Gleichbehandlung auf den landinseln gewährt wird.
Artikel 59
Die Bestimmungen dieses Abschnitts finden unter Berücksichtigung der Erklärung zu den
landinseln Anwendung, die mit unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut der Präambel des
Protokolls Nr. 2 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik
Finnland und des Königreichs Schweden aufgreift.
ABSCHNITT 6 Bestimmungen über die Samen
Artikel 60
Ungeachtet der Bestimmungen der Verfassung können den Samen ausschließliche Rechte zur
Rentierhaltung innerhalb der traditionellen Samen-Gebiete gewährt werden.
Artikel 61
Dieser Abschnitt kann erweitert werden, um einer weiteren Entfaltung ausschließlicher Rechte der
Samen in Verbindung mit ihren traditionellen Lebensgrundlagen Rechnung zu tragen. Durch
Europäisches Gesetz des Rates können die erforderlichen Änderungen an diesem Abschnitt
vorgenommen werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments
und des Ausschusses der Regionen.
Artikel 62
Die Bestimmungen dieses Abschnitts finden unter Berücksichtigung der Erklärung zu den Samen
Anwendung, die mit unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut der Präambel des Protokolls Nr. 3
zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des
Königreichs Schweden aufgreift.
ABSCHNITT 7 Sonderbestimmungen im Rahmen der Strukturfonds in Finnland und Schweden
Artikel 63
Regionen im Sinne des Ziels der Entwicklungsförderung und der strukturellen Anpassung von
Regionen mit einer äußerst geringen Bevölkerungsdichte sind grundsätzlich Regionen des NUTS-IINiveaus
mit einer Bevölkerungsdichte von 8 Einwohnern je Quadratkilometer oder weniger oder
gehören zu solchen Regionen. Die Hilfe der Union kann sich vorbehaltlich der Vorschriften über die
Bevölkerungsdichte auch auf kleinere angrenzende und benachbarte Gebiete erstrecken, die das
gleiche Kriterium der Bevölkerungsdichte erfüllen. Die unter diesen Artikel fallenden Regionen und
Gebiete sind in Anhang I des Protokolls Nr. 6 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der
Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden aufgeführt.
ABSCHNITT 8 Bestimmungen über den Straßen- und Schienenverkehr sowie über den kombinierten Verkehr in Österreich
Artikel 64
(1) Im Sinne dieses Abschnitts gelten als
a) "Lastkraftwagen" jedes zur Beförderung von Gütern oder zum Ziehen von Anhängern in einem
Mitgliedstaat zugelassene Kraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über
7,5 Tonnen, einschließlich Sattelzugfahrzeuge, sowie Anhänger mit einem höchstzulässigen
Gesamtgewicht von über 7,5 Tonnen, die von einem in einem Mitgliedstaat zugelassenen
Kraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen oder weniger gezogen
werden;
b) "kombinierter Verkehr" jeder Verkehr von Lastkraftwagen oder Verladeeinheiten, der auf einem
Teil der Strecke auf der Schiene und auf dem anfänglichen oder letzten Teil auf der Straße
durchgeführt wird, wobei in keinem Fall das österreichische Hoheitsgebiet im Vor- oder Nachlauf
ausschließlich auf der Straße transitiert werden darf.
(2) Die Artikel 65 bis 71 gelten für Maßnahmen betreffend den Schienenverkehr und den
kombinierten Verkehr durch österreichisches Hoheitsgebiet.
Artikel 65
Die Union und die betroffenen Mitgliedstaaten ergreifen im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten
Maßnahmen zur Entwicklung und Förderung des Schienenverkehrs und des kombinierten Verkehrs
für die Güterbeförderung durch die Alpen und sorgen für eine enge Koordinierung dieser
Maßnahmen.
Artikel 66
Bei der Aufstellung der Leitlinien nach Artikel III-247 der Verfassung stellt die Union sicher, dass die
Verkehrsachsen nach Anhang 1 des Protokolls Nr. 9 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts
der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden einen Bestandteil des
transeuropäischen Netzes für den Schienenverkehr und den kombinierten Verkehr bilden und als
Vorhaben von gemeinsamem Interesse ausgewiesen werden.
Artikel 67
Die Union und die betroffenen Mitgliedstaaten führen im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten
die in Anhang 2 des Protokolls Nr. 9 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik
Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden aufgeführten Maßnahmen durch.
Artikel 68
Die Union und die betroffenen Mitgliedstaaten bemühen sich nach besten Kräften, die in
Anhang 3 des Protokolls Nr. 9 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik
Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden genannte zusätzliche Bahnkapazität
zu entwickeln und zu nutzen.
Artikel 69
Die Union und die betroffenen Mitgliedstaaten ergreifen Maßnahmen, um den Schienenverkehr und
den kombinierten Verkehr stärker auszubauen. Vorbehaltlich der Verfassungsbestimmungen werden
solche Maßnahmen in enger Abstimmung mit Eisenbahnunternehmen und anderen Eisenbahn-
Dienstleistungserbringern festgelegt. Vorrang sollten solche Maßnahmen haben, die in den
Bestimmungen des Unionsrechts über Eisenbahnen und kombinierten Verkehr vorgesehen sind.
Bei der Durchführung sämtlicher Maßnahmen ist der Wettbewerbsfähigkeit, der Effizienz und der
Kostentransparenz im Schienenverkehr und kombinierten Verkehr besondere Aufmerksamkeit zu
widmen. Die betroffenen Mitgliedstaaten bemühen sich insbesondere, Maßnahmen zu treffen, die
sicherstellen, dass die Preise des kombinierten Verkehrs mit denjenigen anderer Verkehrsträger
konkurrieren können. Beihilfen, die zu diesem Zweck gewährt werden, müssen mit dem Unionsrecht
in Einklang stehen.
Artikel 70
Die Union und die betroffenen Mitgliedstaaten ergreifen im Falle einer schweren Störung des
Eisenbahn-Transitverkehrs, wie z. B. im Falle einer Naturkatastrophe, alle einvernehmlichen
Maßnahmen, um im Rahmen des Möglichen diesen Verkehr weiter abzuwickeln. Bestimmte
empfindliche Transporte, wie verderbliche Lebensmittel, sind vorrangig zu behandeln.
Artikel 71
Die Kommission überprüft das Funktionieren der Bestimmungen dieses Abschnitts nach dem in
Artikel 73 Absatz 2 vorgesehenen Verfahren.
Artikel 72
(1) Dieser Artikel gilt für den Straßengüterverkehr im Gebiet der Gemeinschaft.
(2) Für Fahrten, die einen Straßengütertransitverkehr durch Österreich einschließen, gelten die nach
der Ersten Richtlinie des Rates vom 23. Juli 1962 und der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates
eingeführten Regelungen für den Werkverkehr und den gewerblichen Verkehr vorbehaltlich der
nachstehenden Bestimmungen.
(3) Bis zum 1. Januar 1998 finden folgende Bestimmungen Anwendung:
a) Die NOx-Gesamtemission von Lastkraftwagen im Transit durch Österreich wird im Zeitraum
zwischen dem 1. Januar 1992 und dem 31. Dezember 2003 nach der Tabelle in Anhang 4 um 60
v. H. reduziert.
b) Die Reduktion der NOx-Gesamtemission dieser Lastkraftwagen wird über ein Ökopunktesystem
verwaltet. Innerhalb dieses Systems benötigt jeder Lkw im Transitverkehr durch Österreich eine
Ökopunkteanzahl, die dem Wert der NOx-Emissionen des jeweiligen Lkw-Wertes nach
"Conformity of Production"-(COP)-Wert beziehungsweise Wert nach Betriebserlaubnis entspricht.
Die Bemessung und Verwaltung dieser Punkte wird im Anhang 5 festgelegt.
c) Sollte in einem Jahr die Zahl der Transitfahrten den für das Jahr 1991 festgelegten Referenzwert
um mehr als 8 v. H. übersteigen, trifft die Kommission nach dem Verfahren des Artikels 16
geeignete Maßnahmen in Übereinstimmung mit Anhang 5 Nummer 3.
d) Österreich sorgt nach Anhang 5 für die rechtzeitige Ausgabe und Verfügbarkeit der für die
Verwaltung des Ökopunktesystems erforderlichen Ökopunktkarten für Lastkraftwagen im Transit
durch Österreich.
e) Die Ökopunkte werden von der Kommission nach den nach Absatz 7 festzulegenden
Bestimmungen auf die Mitgliedstaaten aufgeteilt.
(4) Auf der Grundlage eines Berichts der Kommission überprüft der Rat vor dem 1. Januar 1998 das
Funktionieren der Bestimmungen über den Straßengütertransitverkehr durch Österreich. Dieser
Überprüfung liegen die wesentlichen Grundsätze der Gemeinschaftsvorschriften zugrunde, so das
reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts, insbesondere der freie Warenverkehr und der freie
Dienstleistungsverkehr, der Schutz der Umwelt im Interesse der Gemeinschaft insgesamt und die
Verkehrssicherheit. Sofern der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des
Europäischen Parlaments einstimmig andere Maßnahmen beschließt, wird die Übergangszeit
erneut bis zum 1. Januar 2001 verlängert; während dieses Zeitraums gilt Absatz 3.
(5) In Zusammenarbeit mit der Europäischen Umweltagentur führt die Kommission vor dem
1. Januar 2001 eine wissenschaftliche Studie durch, um festzustellen, inwieweit das in Absatz 3
Buchstabe a festgelegte Ziel einer Reduzierung der Umweltbelastungen erreicht worden ist. Kommt
die Kommission zu dem Schluss, dass dieses Ziel auf einer dauerhaften Grundlage erreicht worden ist,
so laufen die Bestimmungen des Absatzes 3 am 1. Januar 2001 aus. Gelangt die Kommission dagegen
zu dem Schluss, dass dieses Ziel nicht auf einer dauerhaften Grundlage erreicht worden ist, so kann
der Rat nach Artikel 75 des EG-Vertrags Maßnahmen im Gemeinschaftsrahmen erlassen, die einen
gleichwertigen Schutz der Umwelt, insbesondere eine Reduzierung der Umweltbelastungen um 60
v. H. gewährleisten. Erlässt der Rat solche Maßnahmen nicht, so wird die Übergangszeit automatisch
um einen letzten Dreijahreszeitraum verlängert; während dieses Zeitraums gilt Absatz 3.
(6) Ab dem Ende der Übergangszeit findet der gemeinschaftliche Besitzstand volle Anwendung.
(7) Die Kommission erlässt nach dem Verfahren des Artikels 16 detaillierte Maßnahmen im
Zusammenhang mit den Verfahren des Ökopunktesystems, der Aufteilung der Ökopunkte sowie mit
technischen Fragen zur Anwendung dieses Artikels, die mit dem Beitritt Österreichs in Kraft treten.
Mit den Maßnahmen nach Unterabsatz 1 soll sichergestellt werden, dass die Sachlage für die
derzeitigen Mitgliedstaaten aufrechterhalten bleibt, wie sie sich aus der Anwendung der Verordnung
(EWG) Nr. 3637/92 des Rates und der am 23. Dezember 1992 unterzeichneten Verwaltungsvereinbarung
ergibt, worin der Zeitpunkt des Inkrafttretens des in dem Transitabkommen genannten
Ökopunktesystems sowie die Verfahren für seine Einführung festgelegt sind. Es werden alle
erforderlichen Anstrengungen unternommen, damit der Griechenland zugewiesene Anteil an
Ökopunkten den griechischen Erfordernissen in diesem Zusammenhang in ausreichendem Maße
Rechnung trägt.
Artikel 73
(1) Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt.
(2) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 3 und 7 des Beschlusses
1999/468/EG.
(3) Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung.
ABSCHNITT 9 Bestimmungen über die Verwendung spezifisch österreichischer Ausdrücke der deutschen Sprache im Rahmen der Europäischen Union
Artikel 74
(1) Die in der österreichischen Rechtsordnung enthaltenen und im Anhang zu Protokoll Nr. 10
zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des
Königreichs Schweden aufgelisteten spezifisch österreichischen Ausdrücke der deutschen Sprache
haben den gleichen Status und dürfen mit der gleichen Rechtswirkung verwendet werden wie die in
Deutschland verwendeten entsprechenden Ausdrücke, die in jenem Anhang aufgeführt sind.
(2) In der deutschen Sprachfassung neuer Rechtsakte werden die im Anhang zum Protokoll Nr. 10
der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des
Königreichs Schweden genannten spezifisch österreichischen Ausdrücke den in Deutschland
verwendeten entsprechenden Ausdrücken in geeigneter Form hinzugefügt.
9. PROTOKOLL BETREFFEND DEN VERTRAG UND DIE AKTE ÜBER DEN BEITRITT
DER TSCHECHISCHEN REPUBLIK, DER REPUBLIK ESTLAND,
DER REPUBLIK ZYPERN, DER REPUBLIK LETTLAND, DER REPUBLIK LITAUEN,
DER REPUBLIK UNGARN, DER REPUBLIK MALTA, DER REPUBLIK POLEN,
DER REPUBLIK SLOWENIEN UND DER SLOWAKISCHEN REPUBLIK
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN,
EINGEDENK DESSEN, dass die Tschechische Republik, die Republik Estland, die Republik Zypern, die Republik
Lettland, die Republik Litauen, die Republik Ungarn, die Republik Malta, die Republik Polen, die Republik Slowenien
und die Slowakische Republik den Europäischen Gemeinschaften und der mit dem Vertrag über die Europäische Union
gegründeten Europäischen Union am 1. Mai 2004 beigetreten sind,
IN DER ERWÄGUNG, dass in Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstabe e der Verfassung die Aufhebung des Vertrags vom
16. April 2003 über den Beitritt der genannten Staaten vorgesehen ist,
IN DER ERWÄGUNG, dass zahlreiche Bestimmungen, die in der dem Beitrittsvertrag beigefügten Akte enthalten sind,
weiterhin relevant sind; dass Artikel IV-437 Absatz 2 der Verfassung vorsieht, dass diese Bestimmungen in ein Protokoll
übernommen oder dort aufgeführt werden müssen, damit sie in Kraft bleiben und ihre Rechtswirkung behalten,
IN DER ERWÄGUNG, dass einige dieser Bestimmungen in technischer Hinsicht an die Verfassung angepasst werden
müssen, ihre Rechtswirkung jedoch unverändert bleiben muss,
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem
Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt sind:
ERSTER TEIL BESTIMMUNGEN ÜBER DIE BEITRITTSAKTE VOM 16. APRIL 2003
TITEL I GRUNDSÄTZE
Artikel 1
Für die Zwecke dieses Protokolls
a) bedeutet der Ausdruck "Beitrittsakte vom 16. April 2003" die Akte über die Bedingungen des
Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik
Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der
Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der Verträge, auf
denen die Europäische Union beruht;
b) bedeuten die Ausdrücke "Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft" ("EG-Vertrag")
und "Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft" ("EAG-Vertrag") die genannten
Verträge mit den Änderungen oder Ergänzungen, die durch vor dem 1. Mai 2004 in Kraft
getretene Verträge oder andere Rechtsakte vorgenommen worden sind;
c) bedeutet der Ausdruck "Vertrag über die Europäische Union" ("EU-Vertrag") den genannten
Vertrag mit den Änderungen oder Ergänzungen, die durch vor dem 1. Mai 2004 in Kraft
getretene Verträge oder andere Rechtsakte vorgenommen worden sind;
d) bedeutet der Ausdruck "Gemeinschaft" je nach Sachlage eine der beziehungsweise beide unter
Buchstabe b genannten Gemeinschaften;
e) bedeutet der Ausdruck "derzeitige Mitgliedstaaten" die folgenden Mitgliedstaaten: das Königreich
Belgien, das Königreich Dänemark, die Bundesrepublik Deutschland, die Hellenische Republik,
das Königreich Spanien, die Französische Republik, Irland, die Italienische Republik, das
Großherzogtum Luxemburg, das Königreich der Niederlande, die Republik Österreich, die
Portugiesische Republik, die Republik Finnland, das Königreich Schweden sowie das Vereinigte
Königreich Großbritannien und Nordirland;
f) bedeutet der Ausdruck "neue Mitgliedstaaten" die folgenden Mitgliedstaaten: die Tschechische
Republik, die Republik Estland, die Republik Zypern, die Republik Lettland, die Republik Litauen,
die Republik Ungarn, die Republik Malta, die Republik Polen, die Republik Slowenien und die
Slowakische Republik.
Artikel 2
Die Rechte und Pflichten aus dem in Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstabe e der Verfassung genannten
Vertrag über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der
Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik
Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik gelten nach Maßgabe dieses Vertrags
mit Wirkung vom 1. Mai 2004.
Artikel 3
(1) Die Bestimmungen des Schengen-Besitzstands, der durch das Protokoll zum Vertrag über eine
Verfassung für Europa (im Folgenden "Schengen-Protokoll") in den Rahmen der Union einbezogen
wurde, und die darauf aufbauenden oder anderweitig damit zusammenhängenden Rechtsakte, die in
Anhang I der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführt werden, sowie alle weiteren vor dem 1. Mai
2004 erlassenen Rechtsakte dieser Art sind ab dem 1. Mai 2004 für die neuen Mitgliedstaaten
bindend und in ihnen anzuwenden.
(2) Die Bestimmungen des in den Rahmen der Union einbezogenen Schengen-Besitzstands und die
darauf aufbauenden oder damit zusammenhängenden Rechtsakte, die nicht in Absatz 1 genannt sind,
sind zwar für einen neuen Mitgliedstaat ab dem 1. Mai 2004 bindend, sie sind aber in diesem neuen
Mitgliedstaat nur nach einem entsprechenden Europäischen Beschluss des Rates anzuwenden, den der
Rat nach einer nach den geltenden Schengen-Evaluierungsverfahren durchgeführten Prüfung der
Frage, ob die erforderlichen Voraussetzungen für die Anwendung aller Teile des betreffenden
Besitzstands in diesem neuen Mitgliedstaat gegeben sind, gefasst hat.
Der Rat beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig mit den Stimmen der
Mitglieder, die die Regierungen der Mitgliedstaaten vertreten, für die die in diesem Absatz genannten
Bestimmungen bereits in Kraft gesetzt worden sind, und des Vertreters der Regierung des
Mitgliedstaats, für den diese Bestimmungen in Kraft gesetzt werden sollen. Die Mitglieder des Rates,
die die Regierungen Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland
vertreten, nehmen insoweit an einem derartigen Beschluss teil, als er sich auf die Bestimmungen des
Schengen-Besitzstands und die darauf aufbauenden oder anderweitig damit zusammenhängenden
Rechtsakte bezieht, an denen diese Mitgliedstaaten teilnehmen.
(3) Die vom Rat nach Artikel 6 des Schengen-Protokolls geschlossenen Übereinkommen sind für
die neuen Mitgliedstaaten ab dem 1. Mai 2004 bindend.
(4) Die neuen Mitgliedstaaten sind verpflichtet, im Hinblick auf diejenigen Übereinkommen oder
Instrumente in den Bereichen Justiz und Inneres, die von der Erreichung der Ziele des EU-Vertrags
nicht zu trennen sind,
a) denjenigen, die bis zum 1. Mai 2004 zur Unterzeichnung durch die derzeitigen Mitgliedstaaten
aufgelegt worden sind, sowie denjenigen, die vom Rat nach Titel VI des EU-Vertrags ausgearbeitet
und den Mitgliedstaaten zur Annahme empfohlen worden sind, beizutreten;
b) Verwaltungs- und sonstige Vorkehrungen wie etwa diejenigen einzuführen, die von den
derzeitigen Mitgliedstaaten oder vom Rat bis zum 1. Mai 2004 angenommen wurden, um die
praktische Zusammenarbeit zwischen in den Bereichen Justiz und Inneres tätigen Einrichtungen
und Organisationen der Mitgliedstaaten zu erleichtern.
Artikel 4
Jeder neue Mitgliedstaat nimmt ab dem 1. Mai 2004 als Mitgliedstaat, für den eine
Ausnahmeregelung im Sinne des Artikels III-197 der Verfassung gilt, an der Wirtschafts- und
Währungsunion teil.
Artikel 5
(1) Die neuen Mitgliedstaaten, die durch die Beitrittsakte vom 16. April 2003 den Beschlüssen und
Vereinbarungen der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten beigetreten
sind, sind verpflichtet, allen sonstigen von den derzeitigen Mitgliedstaaten für das Funktionieren der
Union oder in Verbindung mit deren Tätigkeit geschlossenen Übereinkünften beizutreten.
(2) Die neuen Mitgliedstaaten sind verpflichtet, den in Artikel 293 des EG-Vertrags vorgesehenen
Übereinkommen und den von der Verwirklichung der Ziele des EG-Vertrags untrennbaren
Übereinkommen sowie den Protokollen über die Auslegung dieser Übereinkommen durch den
Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, die von den derzeitigen Mitgliedstaaten unterzeichnet
wurden, beizutreten, sofern sie noch in Kraft sind, und zu diesem Zweck mit diesen Mitgliedstaaten
Verhandlungen im Hinblick auf die erforderlichen Anpassungen aufzunehmen.
Artikel 6
(1) Die neuen Mitgliedstaaten sind verpflichtet, nach Maßgabe dieses Protokolls den von den
derzeitigen Mitgliedstaaten und der Union oder der Europäischen Atomgemeinschaft gemeinsam
geschlossenen oder vorläufig angewendeten Abkommen oder Übereinkünften sowie den von diesen
Staaten geschlossenen Übereinkünften, die mit den erstgenannten Abkommen oder Übereinkünften
in Zusammenhang stehen, beizutreten.
Der Beitritt der neuen Mitgliedstaaten zu den in Absatz 4 genannten Abkommen oder
Übereinkünften sowie zu den Abkommen mit Belarus, China, Chile, dem Mercosur und der
Schweiz, die von der Gemeinschaft und ihren derzeitigen Mitgliedstaaten gemeinsam geschlossen
oder unterzeichnet wurden, wird durch den Abschluss eines Protokolls zu diesen Abkommen
beziehungsweise Übereinkünften zwischen dem Rat, der im Namen der Mitgliedstaaten handelt und
einstimmig beschließt, und dem betreffenden dritten Staat oder den betreffenden dritten Staaten
beziehungsweise der betreffenden internationalen Organisation geregelt. Dieses Verfahren gilt
unbeschadet der eigenen Zuständigkeiten der Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und
berührt nicht die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen ihnen und den Mitgliedstaaten in Bezug
auf den künftigen Abschluss derartiger Abkommen oder Übereinkünfte oder in Bezug auf andere
nicht mit dem Beitritt zusammenhängende Änderungen. Die Kommission handelt diese Protokolle
im Namen der Mitgliedstaaten auf der Grundlage der vom Rat einstimmig gebilligten Verhandlungsrichtlinien
in Abstimmung mit einem aus den Vertretern der Mitgliedstaaten zusammengesetzten
Ausschuss aus. Sie unterbreitet dem Rat einen Entwurf der Protokolle für deren Abschluss.
(2) Mit dem Beitritt zu den in Absatz 1 genannten Abkommen und Übereinkünften erlangen die
neuen Mitgliedstaaten die gleichen Rechte und Pflichten aus diesen Abkommen und Übereinkünften
wie die derzeitigen Mitgliedstaaten.
(3) Die neuen Mitgliedstaaten sind verpflichtet, nach Maßgabe dieses Protokolls dem Abkommen
über den Europäischen Wirtschaftsraum nach Artikel 128 des Abkommens beizutreten.
(4) Ab dem 1. Mai 2004 und gegebenenfalls bis zum Abschluss der in Absatz 1 genannten
erforderlichen Protokolle wenden die neuen Mitgliedstaaten die Übereinkünfte, die die derzeitigen
Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft gemeinsam mit Ägypten, Algerien, Armenien, Aserbaidschan,
Bulgarien, Georgien, Israel, Jordanien, Kasachstan, Kirgisistan, Kroatien, Libanon, Marokko, der
Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien, Mexiko, Moldau, Rumänien, der Russischen
Föderation, San Marino, Südafrika, Südkorea, Syrien, Tunesien, der Türkei, Turkmenistan, der Ukraine
und Usbekistan geschlossen haben, sowie andere Übereinkünfte an, die die derzeitigen
Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft gemeinsam vor dem 1. Mai 2004 geschlossen haben.
Alle Anpassungen dieser Übereinkünfte sind Gegenstand von Protokollen, die mit den anderen
Vertragsstaaten nach Absatz 1 Unterabsatz 2 geschlossen werden. Sind die Protokolle bis zum 1. Mai
2004 nicht geschlossen worden, so ergreifen die Union, die Europäische Atomgemeinschaft und die
Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse die erforderlichen Maßnahmen, um diese Lage
zu klären.
(5) Ab dem 1. Mai 2004 wenden die neuen Mitgliedstaaten die von der Gemeinschaft mit
Drittländern geschlossenen bilateralen Textilabkommen oder -vereinbarungen an.
Die von der Union angewendeten mengenmäßigen Beschränkungen der Einfuhr von Textil- und
Bekleidungserzeugnissen werden angepasst, um dem Beitritt der neuen Mitgliedstaaten Rechnung zu
tragen.
Sollten die Änderungen der bilateralen Textilabkommen und -vereinbarungen bis zum 1. Mai 2004
nicht in Kraft getreten sein, so nimmt die Union an ihren Vorschriften für die Einfuhr von Textil- und
Bekleidungserzeugnissen aus Drittländern die notwendigen Anpassungen vor, um dem Beitritt der
neuen Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen.
(6) Die von der Union angewendeten mengenmäßigen Beschränkungen der Einfuhr von Stahl und
Stahlerzeugnissen werden auf der Grundlage der in den Jahren unmittelbar vor der Unterzeichnung
des Beitrittsvertrags erfolgten Einfuhren von Stahlerzeugnissen aus den betreffenden Lieferländern in
die neuen Mitgliedstaaten angepasst.
(7) Die von den neuen Mitgliedstaaten vor dem 1. Mai 2004 mit Drittländern geschlossenen
Fischereiabkommen werden von der Union verwaltet.
Die Rechte und Pflichten der neuen Mitgliedstaaten aus diesen Abkommen werden während des
Zeitraums, in dem die Bestimmungen dieser Abkommen vorläufig beibehalten werden, nicht berührt.
So bald wie möglich, auf jeden Fall jedoch vor dem Ablauf der Geltungsdauer der in Unterabsatz 1
genannten Abkommen, erlässt der Rat in jedem Einzelfall auf Vorschlag der Kommission die
geeigneten Europäischen Beschlüsse zur Aufrechterhaltung der Fischereitätigkeiten, die sich aus den
Abkommen ergeben; hierzu gehört auch die Möglichkeit, bestimmte Abkommen um höchstens ein
Jahr zu verlängern.
(8) Mit Wirkung vom 1. Mai 2004 treten die neuen Mitgliedstaaten von allen Freihandelsabkommen
mit dritten Staaten zurück; dies gilt auch für das Mitteleuropäische Freihandelsübereinkommen.
Soweit Übereinkünfte zwischen einem oder mehreren neuen Mitgliedstaaten einerseits und einem
oder mehreren Drittländern andererseits nicht mit den Pflichten aus der Verfassung und insbesondere
aus diesem Protokoll vereinbar sind, treffen die neuen Mitgliedstaaten die geeigneten Maßnahmen,
um die festgestellten Unvereinbarkeiten zu beseitigen. Stößt ein Mitgliedstaat bei der Anpassung eines
mit einem Drittland oder mehreren Drittländern geschlossenen Abkommens auf Schwierigkeiten, so
tritt er nach Maßgabe dieses Abkommens von dem Abkommen zurück.
(9) Die neuen Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Maßnahmen, um gegebenenfalls ihre Stellung
gegenüber internationalen Organisationen oder denjenigen internationalen Übereinkünften, denen
auch die Union oder die Europäische Atomgemeinschaft oder andere Mitgliedstaaten als Vertragspartei
angehören, den Rechten und Pflichten anzupassen, die sich aus ihrem Beitritt zur Union
ergeben.
Sie treten insbesondere zum 1. Mai 2004 oder zum frühestmöglichen Termin nach diesem Zeitpunkt
von den internationalen Fischereiübereinkünften zurück, denen auch die Union als Vertragspartei
angehört, und beenden ihre Mitgliedschaft in den internationalen Fischereiorganisationen, denen
auch die Union als Mitglied angehört, sofern ihre Mitgliedschaft nicht auch andere Angelegenheiten
als die Fischerei betrifft.
Artikel 7
Die von den Organen erlassenen Rechtsakte, auf die sich die in diesem Protokoll vorgesehenen
Übergangsbestimmungen beziehen, bewahren ihren Rechtscharakter; insbesondere bleiben die
Verfahren zur Änderung dieser Rechtsakte anwendbar.
Artikel 8
Die Bestimmungen der Beitrittsakte vom 16. April 2003, die eine nicht nur vorübergehende
Aufhebung oder Änderung der Rechtsakte, die von den Organen, Einrichtungen und sonstigen
Stellen der Gemeinschaft oder der mit dem Vertrag über die Europäische Union gegründeten
Europäischen Union erlassen wurden, zum Gegenstand haben, bleiben, wie sie vom Gerichtshof der
Europäischen Gemeinschaften und dem Gericht erster Instanz ausgelegt wurden, vorbehaltlich der
Anwendung von Absatz 2 in Kraft.
Die Bestimmungen nach Absatz 1 haben denselben Rechtscharakter wie die durch sie aufgehobenen
oder geänderten Bestimmungen und unterliegen denselben Regeln wie diese.
Artikel 9
Der Wortlaut der Rechtsakte, die von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der
Gemeinschaft oder der mit dem Vertrag über die Europäische Union gegründeten Europäischen
Union oder von der Europäischen Zentralbank vor dem 1. Mai 2004 erlassen wurden und die in
tschechischer, estnischer, ungarischer, lettischer, litauischer, maltesischer, polnischer, slowakischer und
slowenischer Sprache abgefasst wurden, ist ab diesem Zeitpunkt gleichermaßen verbindlich wie der in
den anderen Sprachen abgefasste und verbindliche Wortlaut.
Artikel 10
Die in diesem Protokoll enthaltenen Übergangsbestimmungen können durch Europäisches Gesetz
des Rates aufgehoben werden, wenn sie nicht mehr anwendbar sind. Der Rat beschließt einstimmig
nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
Artikel 11
Für die Anwendung der Verfassung und der Rechtsakte der Organe gelten vorübergehend die in
diesem Protokoll vorgesehenen abweichenden Bestimmungen.
TITEL II STÄNDIGE BESTIMMUNGEN
Artikel 12
Die infolge des Beitritts erforderlichen Anpassungen der in Anhang III der Beitrittsakte vom 16. April
2003 aufgeführten Rechtsakte werden nach den dort aufgestellten Leitlinien nach dem Verfahren und
unter den Voraussetzungen des Artikels 36 vorgenommen.
Artikel 13
Die in Anhang IV der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Maßnahmen werden unter den
in dem genannten Anhang festgelegten Bedingungen angewandt.
Artikel 14
Die bei einer Änderung des Unionsrechts gegebenenfalls erforderlichen Anpassungen der
Bestimmungen dieses Protokolls, die die Gemeinsame Agrarpolitik betreffen, können durch
Europäisches Gesetz des Rates vorgenommen werden. Der Rat beschließt einstimmig nach
Anhörung des Europäischen Parlaments.
TITEL III BESTIMMUNGEN MIT BEGRENZTER GELTUNGSDAUER
Artikel 15
Die in den Anhängen V, VI, VII, VIII, IX, X, XI, XII, XIII und XIV der Beitrittsakte vom 16. April 2003
aufgeführten Maßnahmen finden auf die neuen Mitgliedstaaten unter den in den genannten
Anhängen festgelegten Bedingungen Anwendung.
Artikel 16
(1) Die als "Zölle des Gemeinsamen Zolltarifs und andere Zölle" bezeichneten Einnahmen im Sinne
des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe b des Beschlusses 2000/597/EG, Euratom des Rates vom
29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften oder
entsprechender Vorschriften in einem diesen ersetzenden Beschluss umfassen auch die von der Union
für den Handel der neuen Mitgliedstaaten mit Drittländern angewandten Zölle, die anhand der sich
aus dem Gemeinsamen Zolltarif ergebenden Zollsätze und entsprechender Zollzugeständnisse
berechnet werden.
(2) Für das Jahr 2004 belaufen sich die einheitliche MwSt.-Eigenmittelbemessungsgrundlage und
die BNE-Bemessungsgrundlage (Bruttonationaleinkommen) nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben c
und d des Beschlusses 2000/597/EG, Euratom für jeden neuen Mitgliedstaat auf zwei Drittel der
Jahresbemessungsgrundlage. Die BNE-Bemessungsgrundlage für jeden neuen Mitgliedstaat, die bei der
Berechnung der Finanzierung der Korrektur der Haushaltsungleichgewichte zugunsten des
Vereinigten Königreichs nach Artikel 5 Absatz 1 des Beschlusses 2000/597/EG, Euratom zu
berücksichtigen ist, beläuft sich ebenfalls auf zwei Drittel der Jahresbemessungsgrundlage.
(3) Zum Zwecke der Bestimmung des eingefrorenen Satzes für 2004 nach Artikel 2 Absatz 4
Buchstabe b des Beschlusses 2000/597/EG, Euratom wird die begrenzte MwSt.-Eigenmittelbemessungsgrundlage
der neuen Mitgliedstaaten auf der Grundlage von zwei Dritteln ihrer nicht
begrenzten MwSt.-Eigenmittelbemessungsgrundlage und zwei Dritteln ihres BNE berechnet.
Artikel 17
(1) Der Haushaltsplan der Union für das Haushaltsjahr 2004 wird durch einen Berichtigungshaushaltsplan,
der am 1. Mai 2004 in Kraft tritt, angepasst, um den Beitritt der neuen Mitgliedstaaten
zu berücksichtigen.
(2) Die zwölf monatlichen Zwölftel der MwSt.- und der BNE-Eigenmittel, die die neuen
Mitgliedstaaten im Rahmen des Berichtigungshaushaltsplans nach Absatz 1 überweisen müssen,
sowie die rückwirkende Anpassung der monatlichen Zwölftel für den Zeitraum Januar - April
2004, die nur für die derzeitigen Mitgliedstaaten gelten, werden in Achtel umgerechnet, die im
Zeitraum Mai - Dezember 2004 abgerufen werden. Die rückwirkenden Anpassungen, die sich aus
etwaigen weiteren im Jahr 2004 angenommenen Berichtigungshaushaltsplänen ergeben, werden
ebenso in gleiche Teile umgerechnet, die während des restlichen Jahres abgerufen werden.
Artikel 18
Die Union überweist der Tschechischen Republik, Zypern, Malta und Slowenien am ersten Arbeitstag
jedes Monats als Ausgaben des Haushaltsplans der Union im Jahr 2004 ab dem 1. Mai 2004 ein
Achtel und in den Jahren 2005 und 2006 ein Zwölftel der folgenden Beträge des vorübergehenden
Haushaltsausgleichs:
(in Mio. Euro zu Preisen von 1999)
2004 2005 2006
Tschechische Republik 125,4 178,0 85,1
Zypern 68,9 119,2 112,3
Malta 37,8 65,6 62,9
Slowenien 29,5 66,4 35,5
Artikel 19
Die Union überweist der Tschechischen Republik, Estland, Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta,
Polen, Slowenien und der Slowakei am ersten Arbeitstag jedes Monats als Ausgaben des
Haushaltsplans der Union im Jahr 2004 ab dem 1. Mai 2004 ein Achtel und in den Jahren 2005
und 2006 ein Zwölftel der folgenden Beträge einer besonderen pauschalen Cashflow-Fazilität:
(in Mio. Euro zu Preisen von 1999)
2004 2005 2006
Tschechische Republik 174,7 91,55 91,55
Estland 15,8 2,90 2,90
Zypern 27,7 5,05 5,05
Lettland 19,5 3,40 3,40
Litauen 34,8 6,30 6,30
Ungarn 155,3 27,95 27,95
Malta 12,2 27,15 27,15
Polen 442,8 550,00 450,00
Slowenien 65,4 17,85 17,85
Slowakei 63,2 11,35 11,35
Die in der besonderen pauschalen Cashflow-Fazilität enthaltenen Beträge von 1 Mrd. Euro für Polen
und 100 Mio. Euro für die Tschechische Republik werden bei allen Berechnungen im Hinblick auf die
Aufteilung der Strukturfondsmittel für die Jahre 2004, 2005 und 2006 berücksichtigt.
Artikel 20
(1) Die nachstehend aufgeführten neuen Mitgliedstaaten überweisen die folgenden Beträge an den
Forschungsfonds für Kohle und Stahl im Sinne des Beschlusses 2002/234/EGKS der im Rat
vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 27. Februar 2002 über die finanziellen
Folgen des Ablaufs des EGKS-Vertrags und über den Forschungsfonds für Kohle und Stahl:
(in Mio. Euro zu laufenden Preisen)
Tschechische Republik 39,88
Estland 2,50
Lettland 2,69
Ungarn 9,93
Polen 92,46
Slowenien 2,36
Slowakei 20,11
(2) Die Beiträge zum Forschungsfonds für Kohle und Stahl werden beginnend mit dem Jahr 2006
in vier Raten jeweils am ersten Arbeitstag des ersten Monats jedes Jahres wie folgt überwiesen:
2006: 15 %
2007: 20 %
2008: 30 %
2009: 35 %
Artikel 21
(1) Sofern in diesem Protokoll nichts anderes bestimmt ist, werden nach dem 31. Dezember 2003
im Rahmen des Programms Phare, des Programms für grenzübergreifende Zusammenarbeit im
Rahmen des Phare-Programms, der Heranführungsmittel für Zypern und Malta, des
ISPA-Programms und des Sapard-Programms keine Mittelbindungen für die neuen Mitgliedstaaten
mehr vorgenommen. Vorbehaltlich der nachstehenden Einzelbestimmungen und Ausnahmen oder
anders lautender Bestimmungen dieses Protokolls werden die neuen Mitgliedstaaten ab dem 1. Januar
2004 in Bezug auf die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999 festgelegten
ersten drei Rubriken der Finanziellen Vorausschau in der gleichen Weise behandelt wie die derzeitigen
Mitgliedstaaten. Die Obergrenzen der zusätzlichen Verpflichtungen der Rubriken 1, 2, 3 und 5 der
Finanziellen Vorausschau im Zusammenhang mit der Erweiterung sind in Anhang XV der
Beitrittsakte vom 16. April 2003 festgelegt. Im Rahmen des Haushaltsplans 2004 dürfen jedoch vor
dem Beitritt des betreffenden neuen Mitgliedstaats keine Mittelbindungen für Programme oder
Einrichtungen vorgenommen werden.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Ausgaben aus den Mitteln des Europäischen Ausrichtungs- und
Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Garantie, nach Artikel 2 Absätze 1 und 2 und
Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1258/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die
Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik; für diese Ausgaben können nach Artikel 2 dieses
Protokolls erst ab dem 1. Mai 2004 Zuschüsse der Gemeinschaft gewährt werden.
Dagegen gilt Absatz 1 für Ausgaben zur Entwicklung des ländlichen Raums im Rahmen des
Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Garantie, nach
Artikel 47a der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Förderung der
Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die
Landwirtschaft (EAGFL) und zur Änderung beziehungsweise Aufhebung bestimmter Verordnungen
(3) vorbehaltlich der Bedingungen, die in den Änderungen der genannten Verordnung in
Anhang II der Beitrittsakte vom 16. April 2003 festgelegt sind.
(3) Vorbehaltlich von Absatz 1 letzter Satz nehmen die neuen Mitgliedstaaten ab dem 1. Januar
2004 unter denselben Bedingungen wie die derzeitigen Mitgliedstaaten mit finanzieller Unterstützung
aus dem Haushaltsplan der Union an den Programmen und Einrichtungen der Union teil.
(4) Gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen zur Erleichterung des Übergangs von der Vorbeitrittsregelung
zu der Regelung, die sich aus der Anwendung dieses Artikels ergibt, werden von der
Kommission erlassen.
Artikel 22
(1) Ab dem 1. Mai 2004 werden Ausschreibung, Auftragsvergabe, Durchführung und Zahlungen
im Rahmen von Heranführungshilfen nach den Programmen Phare und Phare-CBC sowie aus den
Heranführungsmitteln für Zypern und Malta von Durchführungsstellen in den neuen Mitgliedstaaten
verwaltet.
Die Kommission erlässt Europäische Beschlüsse zur Aufhebung der Ex-ante-Kontrolle der
Kommission für Ausschreibung und Auftragsvergabe, wenn das Erweiterte Dezentrale Durchführungssystem
(Extended Decentralised Implementation System - EDIS) anhand der im Anhang
(1) Interinstitutionelle Vereinbarung vom 6. Mai 1999 zwischen dem Europäischen Parlament,
dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die Verbesserung des
Haushaltsverfahrens (ABl. C 172 vom 18.6.1999, S. 1).
der Verordnung (EG) Nr. 1266/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 zur Koordinierung der Hilfe für die
beitrittswilligen Länder im Rahmen der Heranführungsstrategie und zur Änderung der
Verordnung (EWG) Nr. 3906/89 festgelegten Kriterien und Bedingungen positiv beurteilt
worden ist.
Werden diese Beschlüsse zur Aufhebung der Ex-ante-Kontrolle nicht vor dem 1. Mai 2004 erlassen,
so kann für keinen der Verträge, die zwischen dem 1. Mai 2004 und dem Tag der Kommissionsbeschlüsse
unterzeichnet werden, Heranführungshilfe gewährt werden.
Verzögern sich jedoch die Beschlüsse der Kommission zur Aufhebung der Ex-ante-Kontrolle aus
Gründen, die nicht den Behörden dieses neuen Mitgliedstaats zuzuschreiben sind, über den 1. Mai
2004 hinaus, so kann die Kommission in gebührend begründeten Fällen einer Heranführungshilfe für
Verträge, die zwischen dem 1. Mai 2004 und dem Tag dieser Beschlüsse unterzeichnet wurden, und
einer weiteren Durchführung von Heranführungshilfen für einen begrenzten Zeitraum vorbehaltlich
einer Ex-ante-Kontrolle von Ausschreibung und Auftragsvergabe durch die Kommission zustimmen.
(2) Globale Mittelbindungen, die vor dem 1. Mai 2004 im Rahmen der in Absatz 1 genannten
Vorbeitritts-Finanzinstrumente erfolgt sind, einschließlich des Abschlusses und der Verbuchung
späterer rechtlicher Einzelverpflichtungen und Zahlungen nach dem 1. Mai 2004, unterliegen
weiterhin den Regelungen und Verordnungen für die Vorbeitritts-Finanzinstrumente und werden bis
zum Abschluss der betreffenden Programme und Projekte in den entsprechenden KAPITELn des
Haushalts veranschlagt. Dessen ungeachtet werden Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge, die
nach dem 1. Mai 2004 eingeleitet werden, in Einklang mit den einschlägigen Rechtsakten der Union
durchgeführt.
(3) Für die in Absatz 1 genannte Heranführungshilfe wird im letzten vollen Kalenderjahr vor dem
1. Mai 2004 letztmalig eine Programmplanung durchgeführt. Die Aufträge für Maßnahmen im
Rahmen dieser Programme sind innerhalb der folgenden zwei Jahre zu vergeben und die
Auszahlungen haben, wie in der Finanzierungsvereinbarung vorgesehen, in der Regel bis Ende des
dritten Jahres nach der Mittelbindung zu erfolgen. Verlängerungen der Auftragsvergabefrist werden
nicht genehmigt. Für Auszahlungen können in gebührend begründeten Ausnahmefällen befristete
Verlängerungen genehmigt werden.
(4) Zur Gewährleistung der erforderlichen schrittweisen Einstellung der in Absatz 1 genannten
Vorbeitritts-Finanzinstrumente sowie des ISPA-Programms und eines reibungslosen Übergangs von
den vor dem 1. Mai 2004 geltenden Regelungen auf die nach dem diesem Zeitpunkt geltenden
Regelungen kann die Kommission die geeigneten Maßnahmen ergreifen, um dafür zu sorgen, dass
das erforderliche Statutspersonal in den neuen Mitgliedstaaten nach dem 1. Mai 2004 noch maximal
fünfzehn Monate weiter tätig ist. In diesem Zeitraum gelten für Beamte, die vor dem 1. Mai 2004 in
Planstellen in den neuen Mitgliedstaaten eingewiesen wurden und die nach diesem Zeitpunkt
weiterhin in diesen Staaten ihren Dienst zu verrichten haben, ausnahmsweise die gleichen
finanziellen und materiellen Bedingungen, wie sie die Kommission vor dem 1. Mai 2004 nach
Anhang X des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen
für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften nach der Verordnung (EWG,
Euratom, EGKS) Nr. 259/68 angewandt hat. Die für die Verwaltung der Heranführungshilfe
erforderlichen Verwaltungsausgaben einschließlich der Bezüge für sonstige Bedienstete werden für das
gesamte Jahr 2004 und bis einschließlich Juli 2005 aus der Haushaltslinie "Unterstützungsausgaben
für Maßnahmen" (früherer Teil B des Haushaltsplans) oder entsprechenden Haushaltslinien der
einschlägigen Vorbeitritts-Haushalte für die in Absatz 1 genannten Finanzinstrumente und das ISPAProgramm
finanziert.
(5) Können die nach der Verordnung (EG) Nr. 1258/1999 genehmigten Projekte nicht länger im
Rahmen dieses Instruments finanziert werden, so können sie in Programme zur Entwicklung des
ländlichen Raums einbezogen werden, die aus dem Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds
für die Landwirtschaft finanziert werden. Sind dafür besondere Übergangsmaßnahmen erforderlich,
so erlässt die Kommission diese nach den Verfahren des Artikels 50 Absatz 2 der Verordnung (EG)
Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bedingungen über die
Strukturfonds.
Artikel 23
(1) Ab dem 1. Mai 2004 bis Ende 2006 stellt die Union den neuen Mitgliedstaaten eine
vorübergehende Finanzhilfe (im Folgenden "Übergangsfazilität") bereit, um die Verwaltungskapazität
der neuen Mitgliedstaaten zur Anwendung und Durchsetzung des Unionsrechts und der
Rechtsvorschriften der Europäischen Atomgemeinschaft zu entwickeln und zu stärken und den
gegenseitigen Austausch bewährter Praktiken zu fördern.
(2) Mit der Unterstützung wird dem anhaltenden Erfordernis, die institutionellen Kapazitäten in
bestimmten Bereichen zu stärken, durch Maßnahmen entsprochen, die nicht von den Strukturfonds
finanziert werden können; dies betrifft insbesondere die folgenden Bereiche:
a) Justiz und Inneres (Stärkung des Justizwesens, Kontrollen der Außengrenzen, Strategie für die
Korruptionsbekämpfung, Stärkung der Strafverfolgungskapazitäten);
b) Finanzkontrolle;
c) Schutz der finanziellen Interessen der Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und
Betrugsbekämpfung;
d) Binnenmarkt, einschließlich Zollunion;
e) Umwelt;
f) Veterinärdienste und Aufbau von Verwaltungskapazitäten im Bereich Lebensmittelsicherheit;
g) Verwaltungs- und Kontrollstrukturen für die Bereiche Landwirtschaft und ländliche Entwicklung,
einschließlich des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (InVeKoS);
h) nukleare Sicherheit (Stärkung der Effizienz und Kompetenz der Behörden für nukleare Sicherheit
und der Einrichtungen für deren technische Unterstützung sowie der Stellen für die
Bewirtschaftung radioaktiver Abfälle);
i) Statistik;
j) Ausbau der öffentlichen Verwaltung entsprechend den Erfordernissen, die in dem umfassenden
Überwachungsbericht der Kommission aufgezeigt sind und nicht von den Strukturfonds
abgedeckt werden.
(3) Über die Unterstützung im Rahmen der Übergangsfazilität wird nach dem Verfahren des
Artikels 8 der Verordnung (EWG) Nr. 3906/89 des Rates vom 18. Dezember 1989 über
Wirtschaftshilfe für bestimmte Länder Mittel- und Osteuropas befunden.
(4) Das Programm wird nach Artikel 53 Absatz 1 Buchstaben a und b der Haushaltsordnung für
den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften beziehungsweise nach dem an ihre
Stelle tretenden Europäischen Gesetz durchgeführt. Für Partnerschaftsprojekte zwischen öffentlichen
Verwaltungen zum Zwecke des Institutionenaufbaus gilt weiterhin das in den Rahmenabkommen
mit den derzeitigen Mitgliedstaaten zum Zwecke der Heranführungshilfe festgelegte Verfahren für den
Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen über das Netz der Kontaktstellen in den Mitgliedstaaten.
Die Verpflichtungsermächtigungen für die Übergangsfazilität (zu Preisen von 1999) belaufen sich auf
200 Mio. Euro im Jahr 2004, 120 Mio. Euro im Jahr 2005 und 60 Mio. Euro im Jahr 2006. Die
jährlichen Mittel werden von der Haushaltsbehörde innerhalb der Grenzen der in der Interinstitutionellen
Vereinbarung vom 6. Mai 1999 festgelegten Finanziellen Vorausschau bewilligt.
Artikel 24
(1) Es wird eine Schengen-Fazilität als zeitlich befristetes Instrument eingerichtet, mit der die
Empfänger-Mitgliedstaaten vom 1. Mai 2004 bis zum Ende des Jahres 2006 bei der Finanzierung von
Maßnahmen an den neuen Außengrenzen der Union zur Durchführung des Schengen-Besitzstands
und der Kontrollen an den Außengrenzen unterstützt werden.
Um die bei der Vorbereitung der Teilnahme an Schengen erkannten Mängel abzustellen, kommen die
folgenden Maßnahmenarten für eine Finanzierung im Rahmen der Schengen-Fazilität in Frage:
a) Investitionen in den Bau, die Renovierung und die Verbesserung der Infrastruktur an den
Grenzübergangsstellen und der entsprechenden Gebäude;
b) Investitionen in jede Art von Betriebsausrüstung (z. B. Laborausrüstung, Detektoren, Hardware
und Software für das Schengener Informationssystem SIS II, Transportmittel);
c) Ausbildungsmaßnahmen für das Grenzschutzpersonal;
d) Beitrag zu den Kosten für Logistik und Betrieb.
(2) Die folgenden Beträge werden im Rahmen der Schengen-Fazilität in Form von Pauschalzuschüssen
für die nachstehend genannten Empfänger-Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt:
(in Mio. Euro zu Preisen von 1999) 2004 2005 2006
Estland 22,90 22,90 22,90
Lettland 23,70 23,70 23,70
Litauen 44,78 61,07 29,85
Ungarn 49,30 49,30 49,30
Polen 93,34 93,33 93,33
Slowenien 35,64 35,63 35,63
Slowakei 15,94 15,93 15,93
(3) Die Empfänger-Mitgliedstaaten sind für die Auswahl und Durchführung der einzelnen
Maßnahmen unter Beachtung dieses Artikels zuständig. Ihnen obliegt es auch, die Verwendung
der Mittel der Schengen-Fazilität mit Hilfsgeldern aus anderen Unionsinstrumenten zu koordinieren,
und sie haben dabei die Vereinbarkeit mit den Unionspolitiken und -maßnahmen sowie die
Einhaltung der Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften
beziehungsweise des an ihre Stelle tretenden Europäischen Gesetzes zu gewährleisten.
Die Pauschalzuschüsse sind innerhalb von drei Jahren nach der ersten Zahlung zu verwenden; nicht
verwendete oder ungerechtfertigt ausgegebene Mittel werden von der Kommission wieder
eingezogen. Die Empfänger-Mitgliedstaaten müssen spätestens sechs Monate nach Ablauf der
Dreijahresfrist einen umfassenden Bericht über die Verwendung der Pauschalzuschüsse mit einer
Begründung der Ausgaben vorlegen.
Die Empfänger-Mitgliedstaaten üben diese Zuständigkeit unbeschadet der Zuständigkeit der
Kommission für die Ausführung des Haushaltsplans der Union und nach den Bestimmungen über
die dezentralisierte Verwaltung der genannten Haushaltsordnung beziehungsweise des an ihre Stelle
tretenden Europäischen Gesetzes aus.
(4) Die Kommission behält das Recht auf Überprüfung durch das Amt für Betrugsbekämpfung
(OLAF). Die Kommission und der Rechnungshof können nach den einschlägigen Verfahren auch
Überprüfungen vor Ort durchführen.
(5) Die Kommission kann technische Vorschriften erlassen, die für das Funktionieren der Schengen-
Fazilität erforderlich sind.
Artikel 25
Die in den Artikeln 18, 19, 23 und 24 genannten Beträge werden jährlich im Rahmen der technischen
Anpassung nach Nummer 15 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999 angepasst.
Artikel 26
(1) Für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren nach dem 1. Mai 2004 kann ein neuer Mitgliedstaat
bei Schwierigkeiten, welche einen Wirtschaftszweig erheblich und voraussichtlich anhaltend treffen
oder welche die wirtschaftliche Lage eines bestimmten Gebiets beträchtlich verschlechtern können,
die Genehmigung zur Anwendung von Schutzmaßnahmen beantragen, um die Lage wieder
auszugleichen und den betreffenden Wirtschaftszweig an die Wirtschaft des Binnenmarkts
anzupassen.
Unter den gleichen Bedingungen kann ein derzeitiger Mitgliedstaat die Genehmigung zur
Anwendung von Schutzmaßnahmen gegenüber einem oder mehreren der neuen Mitgliedstaaten
beantragen.
(2) Auf Antrag des betreffenden Mitgliedstaats erlässt die Kommission im Dringlichkeitsverfahren
Europäische Verordnungen oder Beschlüsse, mit denen die ihres Erachtens erforderlichen Schutzmaßnahmen
und gleichzeitig die Bedingungen und Einzelheiten ihrer Anwendung festgelegt werden.
Im Fall erheblicher wirtschaftlicher Schwierigkeiten entscheidet die Kommission auf ausdrücklichen
Antrag des betreffenden Mitgliedstaats binnen fünf Arbeitstagen nach Eingang des mit Gründen
versehenen Antrags. Die beschlossenen Maßnahmen sind sofort anwendbar; sie tragen den Interessen
aller Beteiligten Rechnung und dürfen keine Grenzkontrollen mit sich bringen.
(3) Die nach Absatz 2 genehmigten Maßnahmen können von der Verfassung und insbesondere von
diesem Protokoll abweichen, soweit und solange dies unbedingt erforderlich ist, um die in Absatz 1
genannten Ziele zu erreichen. Es sind mit Vorrang solche Maßnahmen zu wählen, die das
Funktionieren des Binnenmarkts am wenigsten stören.
Artikel 27
Hat ein neuer Mitgliedstaat seine im Rahmen der Beitrittsverhandlungen eingegangenen Verpflichtungen
nicht erfüllt und dadurch eine ernste Beeinträchtigung des Funktionierens des Binnenmarkts
hervorgerufen, einschließlich der Verpflichtungen in allen sektorbezogenen Politiken, die wirtschaftliche
Tätigkeiten mit grenzüberschreitender Wirkung betreffen, oder besteht die unmittelbare Gefahr
einer solchen Beeinträchtigung, so kann die Kommission für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren ab
dem 1. Mai 2004 auf begründeten Antrag eines Mitgliedstaats oder auf eigene Initiative Europäische
Verordnungen oder Beschlüsse zur Festlegung geeigneter Maßnahmen erlassen.
Diese Maßnahmen müssen verhältnismäßig sein, wobei vorrangig Maßnahmen, die das Funktionieren
des Binnenmarkts am wenigsten stören, zu wählen und gegebenenfalls bestehende sektorale
Schutzmechanismen anzuwenden sind. Solche Schutzmaßnahmen dürfen nicht als willkürliche
Diskriminierung oder als versteckte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten
angewandt werden. Die Maßnahmen werden nicht länger als unbedingt nötig aufrechterhalten und
werden auf jeden Fall aufgehoben, sobald die einschlägige Verpflichtung erfüllt ist. Sie können jedoch
über den in Absatz 1 genannten Zeitraum hinaus angewandt werden, solange die einschlägigen
Verpflichtungen nicht erfüllt sind. Aufgrund von Fortschritten der betreffenden neuen Mitgliedstaaten
bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen kann die Kommission die Maßnahmen in geeigneter Weise
anpassen. Die Kommission unterrichtet den Rat rechtzeitig, bevor sie die Europäischen Verordnungen
oder Beschlüsse zur Festlegung von Schutzmaßnahmen aufhebt, und trägt allen Bemerkungen des
Rates in dieser Hinsicht gebührend Rechnung.
Artikel 28
Treten bei der Umsetzung, der Durchführung oder der Anwendung von Rahmenbeschlüssen oder
anderen einschlägigen Verpflichtungen, Instrumenten der Zusammenarbeit oder Beschlüssen in
Bezug auf die gegenseitige Anerkennung im Bereich des Strafrechts im Rahmen des Titels VI des EUVertrags
und von Richtlinien und Verordnungen in Bezug auf die gegenseitige Anerkennung im
Bereich des Zivilrechts im Rahmen des Titels IV des EG-Vertrags sowie von Europäischen Gesetzen
und Rahmengesetzen im Rahmen des Teils III Titel III KAPITEL IV Abschnitte 3 und 4 der Verfassung in
einem neuen Mitgliedstaat ernste Mängel auf oder besteht die Gefahr ernster Mängel, so kann die
Kommission für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren ab dem 1. Mai 2004 auf begründeten Antrag
eines Mitgliedstaats oder auf eigene Initiative und nach Konsultation der Mitgliedstaaten Europäische
Verordnungen oder Beschlüsse zur Festlegung angemessener Maßnahmen erlassen und die
Bedingungen und Einzelheiten ihrer Anwendung festlegen.
Diese Maßnahmen können in Form einer vorübergehenden Aussetzung der Anwendung
einschlägiger Bestimmungen und Beschlüsse in den Beziehungen zwischen einem neuen Mitgliedstaat
und einem anderen Mitgliedstaat oder anderen Mitgliedstaaten erfolgen, unbeschadet der Fortsetzung
einer engen justiziellen Zusammenarbeit. Die Maßnahmen werden nicht länger als unbedingt nötig
aufrechterhalten und werden auf jeden Fall aufgehoben, sobald die Mängel beseitigt sind. Sie können
jedoch über den in Absatz 1 genannten Zeitraum hinaus angewandt werden, solange die Mängel
weiter bestehen. Aufgrund von Fortschritten des betreffenden neuen Mitgliedstaats bei der
Beseitigung der festgestellten Mängel kann die Kommission die Maßnahmen nach Konsultation der
Mitgliedstaaten in geeigneter Weise anpassen. Die Kommission unterrichtet den Rat rechtzeitig, bevor
sie Schutzmaßnahmen aufhebt, und trägt allen Bemerkungen des Rates in dieser Hinsicht gebührend
Rechnung.
Artikel 29
Um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts nicht zu behindern, darf die Durchführung der
innerstaatlichen Vorschriften der neuen Mitgliedstaaten während der in den Anhängen V bis XIV der
Beitrittsakte vom 16. April 2003 vorgesehenen Übergangszeiten nicht zu Grenzkontrollen zwischen
den Mitgliedstaaten führen.
Artikel 30
Sind Übergangsmaßnahmen erforderlich, um den Übergang von der in den neuen Mitgliedstaaten
bestehenden Regelung auf die Regelung zu erleichtern, die sich aus der Anwendung der
Gemeinsamen Agrarpolitik nach den in diesem Protokoll genannten Bedingungen ergibt, so werden
diese Maßnahmen von der Kommission entsprechend dem Verfahren nach Artikel 42 Absatz 2 der
Verordnung (EG) Nr. 1260/2001 des Rates vom 19. Juni 2001 über die gemeinsame Marktorganisation
für Zucker oder gegebenenfalls dem Verfahren nach den entsprechenden Artikeln anderer
Verordnungen über gemeinsame Markorganisationen beziehungsweise der an ihre Stelle tretenden
Europäischen Gesetze oder entsprechend dem in den anwendbaren Rechtsvorschriften vorgesehenen
einschlägigen Verfahren erlassen. Die in diesem Artikel genannten Übergangsmaßnahmen können
während eines Zeitraums von drei Jahren nach dem 1. Mai 2004 erlassen werden und ihre
Anwendung ist auf diesen Zeitraum zu beschränken. Dieser Zeitraum kann durch Europäisches
Gesetz des Rates verlängert werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen
Parlaments.
Artikel 31
Sind Übergangsmaßnahmen erforderlich, um den Übergang von der in den neuen Mitgliedstaaten
bestehenden Regelung auf die Regelung zu erleichtern, die sich aus der Anwendung der veterinärund
pflanzenschutzrechtlichen Bestimmungen der Union ergibt, so werden diese Maßnahmen von
der Kommission nach dem in den anwendbaren Rechtsvorschriften vorgesehenen einschlägigen
Verfahren erlassen. Diese Maßnahmen werden für einen Zeitraum von drei Jahren nach dem 1. Mai
2004 getroffen und ihre Anwendung ist auf diesen Zeitraum zu beschränken.
Artikel 32
(1) Die Amtszeit der neuen Mitglieder der in Anhang XVI der Beitrittsakte vom 16. April 2003
aufgeführten Ausschüsse, Gruppen und sonstigen Gremien endet zur gleichen Zeit wie die Amtszeit
der am 1. Mai 2004 im Amt befindlichen Mitglieder.
(2) Die Amtszeit der neuen Mitglieder der in Anhang XVII der Beitrittsakte vom 16. April 2003
aufgeführten, durch die Kommission eingesetzten Ausschüsse und Gruppen endet zur gleichen Zeit
wie die Amtszeit der am 1. Mai 2004 im Amt befindlichen Mitglieder.
TITEL IV ANWENDBARKEIT DER RECHTSAKTE DER ORGANE
Artikel 33
Die Richtlinien und Entscheidungen im Sinne des Artikels 249 des EG-Vertrags und des Artikels 161
des EAG-Vertrags gelten ab dem 1. Mai 2004 als an die neuen Mitgliedstaaten gerichtet, sofern diese
Richtlinien und Entscheidungen an alle derzeitigen Mitgliedstaaten gerichtet wurden. Außer im Fall
der Richtlinien und Entscheidungen, die nach Artikel 254 Absätze 1 und 2 des EG-Vertrags in Kraft
treten, werden die neuen Mitgliedstaaten so behandelt, als wären ihnen diese Richtlinien und
Entscheidungen zum 1. Mai 2004 notifiziert worden.
Artikel 34
Sofern in den in Artikel 15 genannten Anhängen oder in anderen Bestimmungen dieses Protokolls
nicht eine andere Frist vorgesehen ist, setzen die neuen Mitgliedstaaten die erforderlichen
Maßnahmen in Kraft, um den Richtlinien und Entscheidungen im Sinne des Artikels 249 des EGVertrags
und des Artikels 161 des EAG-Vertrags ab dem 1. Mai 2004 nachzukommen.
Artikel 35
Sofern nicht etwas anderes bestimmt ist, erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission die
Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse, die zur Durchführung der in den Artikeln 12 und 13
dieses Protokolls genannten Bestimmungen der Anhänge III und IV der Beitrittsakte vom 16. April
2003 erforderlich sind.
Artikel 36
(1) Erfordern vor dem 1. Mai 2004 erlassene Rechtsakte der Organe aufgrund des Beitritts eine
Anpassung und sind die erforderlichen Anpassungen in diesem Protokoll nicht vorgesehen, so
werden diese Anpassungen nach dem in Absatz 2 vorgesehenen Verfahren vorgenommen. Diese
Anpassungen treten zum 1. Mai 2004 in Kraft.
(2) Der Rat oder die Kommission, je nachdem, welches Organ die ursprünglichen Rechtsakte
erlassen hat, erlässt zu diesem Zweck die erforderlichen Rechtsakte; der Rat beschließt dabei auf
Vorschlag der Kommission.
Artikel 37
Die neuen Mitgliedstaaten teilen der Kommission nach Artikel 33 des EAG-Vertrags binnen drei
Monaten nach dem 1. Mai 2004 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften mit, die im Hoheitsgebiet
dieser Staaten den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer und der Bevölkerung gegen die Gefahren
ionisierender Strahlungen sicherstellen sollen.
ZWEITER TEIL BESTIMMUNGEN ÜBER DIE PROTOKOLLE ZUR BEITRITTSAKTE VOM 16. APRIL 2003
TITEL I ÜBERGANGSBESTIMMUNGEN FÜR DIE EUROPÄISCHE INVESTITIONSBANK
Artikel 38
Das Königreich Spanien zahlt den Betrag von 309 686 775 Euro als Anteil am eingezahlten Kapital
entsprechend der Erhöhung seines gezeichneten Kapitals. Dieser Beitrag wird in acht gleichen Raten
gezahlt, die am 30. September 2004, 30. September 2005, 30. September 2006, 31. März 2007,
30. September 2007, 31. März 2008, 30. September 2008 und 31. März 2009 fällig werden.
Das Königreich Spanien leistet zu den Rücklagen und zu den den Rücklagen gleichzusetzenden
Rückstellungen sowie zu dem den Rücklagen und Rückstellungen noch zuzuweisenden Betrag (Saldo
der Gewinn- und Verlustrechnung zum Ende des Monats April 2004), wie sie in der Bilanz der Bank
ausgewiesen werden, zu den genannten Zeitpunkten in acht gleichen Raten Beiträge in Höhe von
4,1292 % der Rücklagen und Rückstellungen.
Artikel 39
Ab dem 1. Mai 2004 zahlen die neuen Mitgliedstaaten die folgenden Beträge entsprechend ihrem
Anteil an dem Kapital, das auf das in Artikel 4 der Satzung der Europäischen Investitionsbank
festgelegte gezeichnete Kapital eingezahlt wurde.
Polen 170 563 175 Euro
Tschechische Republik 62 939 275 Euro
Ungarn 59 543 425 Euro
Slowakei 21 424 525 Euro
Slowenien 19 890 750 Euro
Litauen 12 480 875 Euro
Zypern 9 169 100 Euro
Lettland 7 616 750 Euro
Estland 5 882 000 Euro
Malta 3 490 200 Euro
Diese Beiträge werden in acht gleichen Raten gezahlt, die am 30. September 2004, 30. September
2005, 30. September 2006, 31. März 2007, 30. September 2007, 31. März 2008, 30. September
2008 und 31. März 2009 fällig werden.
Artikel 40
Die neuen Mitgliedstaaten leisten zu den Rücklagen und zu den den Rücklagen gleichzusetzenden
Rückstellungen sowie zu dem den Rücklagen und Rückstellungen noch zuzuweisenden Betrag (Saldo
der Gewinn- und Verlustrechnung zum Ende des Monats April 2004), wie sie in der Bilanz der
Europäischen Investitionsbank ausgewiesen werden, zu den in Artikel 39 vorgesehenen Zeitpunkten
in acht gleichen Raten Beiträge in Höhe folgender Prozentsätze der Rücklagen und Rückstellungen:
Polen 2,2742 %
Tschechische Republik 0,8392 %
Ungarn 0,7939 %
Slowakei 0,2857 %
Slowenien 0,2652 %
Litauen 0,1664 %
Zypern 0,1223 %
Lettland 0,1016 %
Estland 0,0784 %
Malta 0,0465 %
Artikel 41
Kapitalbeiträge und Einzahlungen nach den Artikeln 38, 39 und 40 werden von dem Königreich
Spanien und den neuen Mitgliedstaaten in bar in Euro geleistet, sofern der Rat der Gouverneure nicht
einstimmig eine Ausnahme hierzu beschließt.
TITEL II BESTIMMUNGEN ÜBER DIE UMSTRUKTURIERUNG DER TSCHECHISCHEN STAHLINDUSTRIE
Artikel 42
(1) Ungeachtet der Artikel III-167 und III-168 der Verfassung sind die von der Tschechischen
Republik im Zeitraum 1997 bis 2003 für die Umstrukturierung bestimmter Teile ihrer Stahlindustrie
gewährten staatlichen Beihilfen als mit dem Binnenmarkt vereinbar anzusehen, sofern
a) der Zeitraum nach Artikel 8 Absatz 4 des Protokolls Nr. 2 über EGKS-Erzeugnisse zum Europa-
Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und
ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tschechischen Republik andererseits bis zum 1. Mai
2004 verlängert worden ist,
b) die Bestimmungen des Umstrukturierungsplans, aufgrund dessen das genannte Protokoll
verlängert wurde, für den gesamten Zeitraum 2002-2006 eingehalten werden,
c) die in diesem Titel festgelegten Bedingungen erfüllt sind, und
d) der tschechischen Stahlindustrie nach dem 1. Mai 2004 keine staatlichen Beihilfen für die
Umstrukturierung mehr zu gewähren sind.
(2) Die Umstrukturierung des tschechischen Stahlsektors nach den Vorgaben der einzelnen
Geschäftspläne der in Anhang 1 des Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003
aufgeführten Unternehmen (im Folgenden "begünstigte Unternehmen") und nach den in diesem Titel
festgelegten Bedingungen wird bis spätestens 31. Dezember 2006 (im Folgenden "Ende des
Umstrukturierungszeitraums") abgeschlossen.
(3) Nur den begünstigten Unternehmen können im Rahmen des Umstrukturierungsprogramms für
die tschechische Stahlindustrie staatliche Beihilfen gewährt werden.
(4) Ein begünstigtes Unternehmen ist nicht berechtigt,
a) seinen Beihilfeanspruch im Fall eines Zusammenschlusses mit einem nicht in Anhang 1 des
Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Unternehmen zu übertragen;
b) die Vermögenswerte eines nicht in Anhang 1 des Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte vom 16. April
2003 aufgeführten Unternehmens, bei dem in der Zeit bis zum 31. Dezember 2006 der Konkurs
eröffnet wurde, zu übernehmen.
(5) Bei jeder anschließenden Privatisierung eines begünstigten Unternehmens sind die in diesem
Titel festgelegten Bedingungen und Grundsätze der Rentabilität, der staatlichen Beihilfen und der
Kapazitätssenkungen einzuhalten.
(6) Der Gesamtbetrag der den begünstigten Unternehmen zu gewährenden Umstrukturierungsbeihilfe
bestimmt sich nach den Rechtfertigungen des genehmigten tschechischen Stahlumstrukturierungsplans
und den einzelnen vom Rat genehmigten Geschäftsplänen. Jedoch ist die im Zeitraum
1997-2003 ausgezahlte Beihilfe auf jeden Fall auf höchstens 14 147 425 201 CZK begrenzt.
Abhängig von den Erfordernissen des genehmigten Umstrukturierungsplans erhält Nov Hut von
diesem Gesamtbetrag höchstens 5 700 075 201 CZK, V¡tkovice Steel höchstens 8 155 350 000 CZK
und V lcovny Plechu Frìdek M¡stek höchstens 292 000 000 CZK. Die Beihilfe wird nur einmal
gewährt. Die Tschechische Republik gewährt für die Umstrukturierung ihrer Stahlindustrie keine
weiteren staatlichen Beihilfen.
(7) Die Tschechische Republik verringert im Zeitraum 1997-2006 die Nettokapazität bei
Fertigerzeugnissen um mindestens 590 000 Tonnen.
Die Kapazitätsreduzierung wird ausschließlich auf der Grundlage endgültiger Schließungen von
Produktionsanlagen mit deren tatsächlicher Demontage gemessen, und zwar in einem Ausmaß, dass
die Anlagen nicht wieder in Betrieb genommen werden können. Die Eröffnung des Konkurses eines
Stahlunternehmens kann nicht als Kapazitätsreduzierung gewertet werden.
Diese Kapazitätsreduzierung sowie alle weiteren Kapazitätssenkungen, die sich im Rahmen der
Umstrukturierungsprogramme als erforderlich erweisen, werden entsprechend dem in Anhang 2 des
Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 enthaltenen Zeitplan vollzogen.
(8) Die Tschechische Republik beseitigt nach Maßgabe des Besitzstands bis zum Beitritt die
Handelshemmnisse auf dem Kohlemarkt, so dass tschechische Stahlunternehmen Kohle zu
Weltmarktpreisen beziehen können.
(9) Der Geschäftsplan für das begünstigte Unternehmen Nov Hut wird umgesetzt. Insbesondere
gilt Folgendes:
a) Das Werk Vysok‚ Pece Ostrava (VPO) wird durch den Erwerb des uneingeschränkten Eigentums
an diesem Werk in den organisatorischen Rahmen von Nov Hut eingegliedert. Für diesen
Zusammenschluss wird ein Termin gesetzt, und es wird eine für dessen Durchführung
verantwortliche Stelle bestimmt.
b) Der Schwerpunkt der Umstrukturierung liegt auf folgenden Aspekten:
i) Nov Hut muss sich von der Produktionsorientierung zur Marktorientierung entwickeln und
die Effizienz und Wirksamkeit der Unternehmensleitung verbessern; dies schließt auch mehr
Transparenz bei den Kosten ein;
ii) Nov Hut muss seine Produktpalette überprüfen und in Märkte höherer Wertschöpfung
vordringen;
iii) Nov Hut muss die erforderlichen Investitionen tätigen, um kurzfristig nach Unterzeichnung
des Beitrittsvertrags die Qualität der Fertigerzeugnisse zu verbessern.
c) Die Belegschaft wird umstrukturiert. Am 31. Dezember 2006 müssen auf der Grundlage
konsolidierter Zahlenangaben der betroffenen begünstigten Unternehmen Produktivitätsniveaus
erreicht sein, die den von den Unternehmensgruppen der Stahlindustrie der Union erzielten
Niveaus vergleichbar sind.
d) Die Einhaltung der einschlägigen Umweltschutzbestimmungen des gemeinschaftlichen Besitzstands
wird bis zum 1. Mai 2004 erreicht. Dies schließt auch die erforderlichen Investitionen
nach dem Geschäftsplan ein. Entsprechend dem Geschäftsplan werden auch die erforderlichen
Investitionen für die Integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
(IPPC) getätigt, um die Einhaltung der Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996
über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung bis zum
1. November 2007 sicherzustellen.
(10) Der Geschäftsplan für das begünstigte Unternehmen V¡tkovice Steel wird umgesetzt.
Insbesondere gilt Folgendes:
a) Die Doppelwalzanlage wird spätestens bis zum 31. Dezember 2006 auf Dauer stillgelegt. Im Falle
des Kaufs des Unternehmens durch einen strategischen Investor muss der Abschluss des
Kaufvertrags von der Stilllegung zum genannten Termin abhängig gemacht werden.
b) Der Schwerpunkt der Umstrukturierung liegt auf folgenden Aspekten:
i) Steigerung der Direktverkäufe und stärkere Konzentration auf Kostensenkungen, da dies zu
den wesentlichen Komponenten einer effizienteren Unternehmensführung gehört;
ii) das Unternehmen passt sich an die Marktnachfrage an und verlagert seine Produktion auf
Produkte mit größerer Wertschöpfung;
iii) die vorgeschlagenen Investitionen in Verfahren zur Erzeugung von wiedergewonnenem Stahl
werden von 2004 auf 2003 vorgezogen, damit das Unternehmen stärker bei der Qualität als
bei den Preisen konkurrieren kann.
c) Die Einhaltung der einschlägigen Umweltschutzbestimmungen des gemeinschaftlichen Besitzstands
wird bis zum 1. Mai 2004 erreicht. Dies schließt auch die erforderlichen Investitionen
nach dem Geschäftsplan ein, zu denen auch das Erfordernis künftiger Investitionen zur
Integrierten Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IPPC) gehört.
(11) Der Geschäftsplan für das begünstigte Unternehmen V lcovny Plechu Frìdek M¡stek (VPFM)
wird umgesetzt. Insbesondere gilt Folgendes:
a) Die Warmwalzwerke Nr. 1 und 2 müssen Ende 2004 auf Dauer stillgelegt sein.
b) Der Schwerpunkt der Umstrukturierung liegt auf folgenden Aspekten:
i) Das Unternehmen muss die erforderlichen Investitionen tätigen, um kurzfristig nach
Unterzeichnung des Beitrittsvertrags die Qualität der Fertigerzeugnisse zu verbessern;
ii) Vorrang hat die Verwirklichung der wichtigsten für eine verbesserte Gewinnerzielung
ermittelten Möglichkeiten (einschließlich Umstrukturierung im Beschäftigungsbereich,
Kostensenkungen, Ertragsverbesserungen, Neuorientierung des Vertriebs).
(12) Nachträgliche Änderungen an dem allgemeinen Umstrukturierungsplan und den einzelnen
Geschäftsplänen müssen von der Kommission und gegebenenfalls vom Rat genehmigt werden.
(13) Die Umstrukturierung erfolgt unter umfassender Transparenz und stützt sich auf solide
marktwirtschaftliche Grundsätze.
(14) Die Kommission und der Rat überwachen nach den Absätzen 15 bis 18 sorgfältig die
Durchführung der Umstrukturierung und die Erfüllung der in diesem Titel festgelegten Bedingungen
betreffend Rentabilität, staatliche Beihilfen und Kapazitätssenkungen vor und nach dem 1. Mai
2004 bis zum Ende des Umstrukturierungszeitraums. Zu diesem Zweck wird die Kommission dem
Rat Bericht erstatten.
(15) Die Kommission und der Rat überwachen die Benchmarks für die Umstrukturierung nach
Anhang 3 des Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003. Bezugnahmen auf Nummer 16
des Protokolls in dem genannten Anhang sind als Bezugnahmen auf Absatz 16 dieses Artikels zu
verstehen.
(16) Im Rahmen der Überwachung wird 2003, 2004, 2005 und 2006 eine unabhängige
Bewertung vorgenommen. Die von der Kommission durchgeführte Rentabilitätsprüfung ist ein
wichtiges Element, um sicherzustellen, dass die Rentabilität erreicht wird.
(17) Die Tschechische Republik arbeitet uneingeschränkt mit der Kommission in Bezug auf alle
Überwachungsregelungen zusammen. Insbesondere gilt Folgendes:
a) Die Tschechische Republik legt der Kommission bis zum Ende des Umstrukturierungszeitraums
alle 6 Monate, spätestens zum 15. März und zum 15. September jedes Jahres, Berichte über die
Umstrukturierung der begünstigten Unternehmen vor.
b) Der erste Bericht geht bis zum 15. März 2003 und der letzte Bericht bis zum 15. März 2007 bei
der Kommission ein, wenn diese nicht anders entscheidet.
c) Die Berichte enthalten alle für die Überwachung des Umstrukturierungsprozesses sowie der
Verringerung und des Einsatzes von Kapazitäten erforderlichen Informationen und ausreichende
finanzielle Daten, anhand deren bewertet werden kann, ob die in diesem Titel festgelegten
Bedingungen erfüllt worden sind. Die Berichte enthalten zumindest die in Anhang 4 des
Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Informationen, wobei sich die
Kommission das Recht vorbehält, diesen Anhang entsprechend den bei der Überwachung
gesammelten Erfahrungen zu ändern. Zusätzlich zu den einzelnen Geschäftsberichten der
begünstigten Unternehmen wird auch ein Bericht über die Gesamtlage des tschechischen
Stahlsektors, einschließlich der neueren makroökonomischen Entwicklungen erstellt.
d) Die Tschechische Republik verpflichtet die begünstigten Unternehmen, alle einschlägigen Daten
offen zu legen, die unter anderen Umständen als vertraulich eingestuft werden könnten. Bei ihrer
Berichterstattung an den Rat stellt die Kommission sicher, dass unternehmensspezifische
vertrauliche Informationen nicht offen gelegt werden.
(18) Die Kommission kann jederzeit einen unabhängigen Berater beauftragen, die Überwachungsergebnisse
zu bewerten, jede erforderliche Untersuchung anzustellen und der Kommission und dem
Rat Bericht zu erstatten.
(19) Stellt die Kommission aufgrund der in Absatz 17 genannten Berichte erhebliche
Abweichungen von den finanziellen Daten fest, auf die sich die Rentabilitätsbewertung stützt, so
kann sie die Tschechische Republik auffordern, geeignete Maßnahmen zur Verstärkung der
Umstrukturierungsmaßnahmen der betreffenden begünstigten Unternehmen zu ergreifen.
(20) Stellt sich bei der Überwachung heraus, dass
a) die in diesem Titel für die Übergangsregelung genannten Bedingungen nicht erfüllt worden sind
oder dass
b) die Verpflichtungen nicht erfüllt worden sind, die im Rahmen der Verlängerung des Zeitraums, in
dem die Tschechische Republik aufgrund des Europa-Abkommens zur Gründung einer
Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits
und der Tschechischen Republik andererseits ausnahmsweise staatliche Beihilfen für die
Umstrukturierung ihrer Stahlindustrie gewähren darf, eingegangen worden sind, oder dass
c) die Tschechische Republik während des Umstrukturierungszeitraums der Stahlindustrie und im
Besonderen den begünstigten Unternehmen zusätzlich unzulässige staatliche Beihilfen gewährt
hat,
so wird die in diesem Titel festgelegte Übergangsregelung unwirksam.
Die Kommission leitet geeignete Schritte ein und verlangt von den betreffenden Unternehmen die
Rückzahlung der Beihilfen, die unter Verstoß gegen die in diesem Titel festgelegten Bedingungen
gewährt wurden.
TITEL III BESTIMMUNGEN ÜBER DIE HOHEITSZONEN DES VEREINIGTEN KÖNIGREICHS GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND AUF ZYPERN
Artikel 43
(1) Die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs werden in das Zollgebiet der Union einbezogen,
und zu diesem Zwecke sind die im Ersten Teil des Anhangs zum Protokoll Nr. 3 zur Beitrittsakte vom
16. April 2003 aufgeführten Rechtsakte der Union über die Zollpolitik und die gemeinsame
Handelspolitik mit den in dem genannten Anhang angegebenen Änderungen auf die Hoheitszonen
anwendbar. In dem genannten Anhang enthaltene Bezugnahmen auf "dieses Protokoll" sind als
Bezugnahmen auf den vorliegenden Titel zu verstehen.
(2) Die im Zweiten Teil des Anhangs zum Protokoll Nr. 3 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003
aufgeführten Rechtsakte der Union über Umsatzsteuern, Verbrauchsteuern und andere Formen der
indirekten Besteuerung sind mit den in dem genannten Anhang angegebenen Änderungen auf die
Hoheitszonen ebenso anwendbar wie die einschlägigen, Zypern betreffenden Bestimmungen des
vorliegenden Protokolls.
(3) Die im Dritten Teil des Anhangs zum Protokoll Nr. 3 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003
aufgeführten Rechtsakte der Union werden wie in dem genannten Anhang beschrieben geändert,
damit das Vereinigte Königreich die durch den Vertrag zur Gründung der Republik Zypern (im
Folgenden "Gründungsvertrag") gewährten Steuer- beziehungsweise Zollermäßigungen und
-befreiungen für Lieferungen für seine Streitkräfte und beigeordnetes Personal beibehalten kann.
Artikel 44
Die Artikel III-225 bis III-232 der Verfassung sowie die auf dieser Grundlage erlassenen
Bestimmungen und die nach Artikel III-278 Absatz 4 Buchstabe b der Verfassung erlassenen
Bestimmungen finden auf die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Anwendung.
Artikel 45
Personen, die in den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs wohnhaft oder beschäftigt sind und
die nach den Regelungen des Gründungsvertrags und des zugehörigen Notenwechsels vom
16. August 1960 unter die Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit der Republik Zypern fallen,
werden im Rahmen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur
Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer, Selbstständige sowie deren
Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, behandelt, als ob sie im
Hoheitsgebiet der Republik Zypern wohnhaft oder beschäftigt wären.
Artikel 46
(1) Die Republik Zypern ist nicht verpflichtet, Kontrollen bei Personen vorzunehmen, die ihre
Land- und Seegrenzen zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs überschreiten; die
Beschränkungen der Union für das Überschreiten ihrer Außengrenzen sind auf solche Personen nicht
anwendbar.
(2) Das Vereinigte Königreich führt entsprechend seinen Verpflichtungen nach dem Vierten Teil des
Anhangs zum Protokoll Nr. 3 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 Kontrollen bei Personen durch,
die die Außengrenzen seiner Hoheitszonen überschreiten.
Artikel 47
Um eine wirksame Umsetzung der Ziele dieses Titels sicherzustellen, kann der Rat auf Vorschlag der
Kommission im Wege eines Europäischen Beschlusses die Artikel 43 bis 46 einschließlich des
Anhangs zum Protokoll Nr. 3 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 ändern oder andere
Bestimmungen der Verfassung und andere einschlägige Unionsvorschriften unter den von ihm
angegebenen Bedingungen auf die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs anwenden. Der Rat
beschließt einstimmig. Die Kommission konsultiert das Vereinigte Königreich und die Republik
Zypern, bevor sie einen Vorschlag vorlegt.
Artikel 48
(1) Vorbehaltlich des Absatzes 2 ist das Vereinigte Königreich für die Durchführung dieses Titels in
seinen Hoheitszonen verantwortlich. Dabei gilt insbesondere Folgendes:
a) Bei Waren, die über einen Hafen oder Flughafen innerhalb der Hoheitszonen des Vereinigten
Königreichs von oder nach Zypern aus- oder eingeführt werden, ist das Vereinigte Königreich für
die Durchführung der in diesem Titel festgelegten Maßnahmen der Union in den Bereichen
Zollwesen, indirekte Besteuerung und gemeinsame Handelspolitik zuständig;
b) Zollkontrollen bei Waren, die von den Streitkräften des Vereinigten Königreichs über einen Hafen
oder Flughafen der Republik Zypern von oder nach Zypern aus- oder eingeführt werden, können
innerhalb der Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs vorgenommen werden;
c) das Vereinigte Königreich ist für die Ausstellung von Zulassungen, Genehmigungen oder
Bescheinigungen zuständig, die nach einer geltenden Maßnahme der Union gegebenenfalls für
Waren erforderlich sind, die von den Streitkräften des Vereinigten Königreichs von oder nach
Zypern aus- oder eingeführt werden.
(2) Die Republik Zypern ist für die Verwaltung und Auszahlung von Unionsmitteln zuständig, auf
die Personen in den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs in Anwendung der Gemeinsamen
Agrarpolitik in den Hoheitszonen nach Artikel 44 Anspruch haben; die Republik Zypern ist der
Kommission gegenüber für diese Ausgaben rechenschaftspflichtig.
(3) Unbeschadet der Absätze 1 und 2 kann das Vereinigte Königreich nach den im Gründungsvertrag
getroffenen Regelungen den zuständigen Behörden der Republik Zypern die Wahrnehmung
aller Aufgaben übertragen, die einem Mitgliedstaat durch die Bestimmungen der Artikel 43 bis 46
oder in deren Rahmen auferlegt werden.
(4) Das Vereinigte Königreich und die Republik Zypern arbeiten zusammen, um eine wirksame
Durchführung dieses Titels in den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs sicherzustellen, und
treffen gegebenenfalls weitere Vereinbarungen zur Übertragung von Aufgaben im Zusammenhang
mit der Durchführung der in den Artikeln 43 bis 46 genannten Bestimmungen. Die Kommission
erhält eine Ausfertigung dieser Vereinbarungen.
Artikel 49
Mit der Regelung dieses Titels soll ausschließlich die besondere Lage der Hoheitszonen des
Vereinigten Königreichs auf Zypern geregelt werden; sie findet weder auf ein anderes Hoheitsgebiet
der Union Anwendung, noch stellt sie ganz oder teilweise einen Präzedenzfall für eine andere
Sonderregelung dar, die bereits besteht oder in einem anderen, in Artikel IV-440 der Verfassung
genannten europäischen Hoheitsgebiet getroffen wird.
Artikel 50
Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat ab dem 1. Mai 2004 alle fünf Jahre
einen Bericht über die Umsetzung der Bestimmungen dieses Titels vor.
Artikel 51
Die Bestimmungen dieses Titels finden unter Berücksichtigung der Erklärung zu den Hoheitszonen
des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern Anwendung, die mit
unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut der Präambel des Protokolls Nr. 3 der Beitrittsakte vom
16. April 2003 aufgreift.
TITEL IV BESTIMMUNGEN ÜBER DAS KERNKRAFTWERK IGNALINA IN LITAUEN
Artikel 52
Litauen erkennt die Bereitschaft der Union an, für Maßnahmen, die Litauen zur Stilllegung des
Kernkraftwerks Ignalina ergreift, eine angemessene zusätzliche Hilfe bereitzustellen, und hat sich
unter Würdigung dieses Ausdrucks der Solidarität verpflichtet, Block 1 des Kernkraftwerks Ignalina
vor 2005 und Block 2 dieses Kernkraftwerks spätestens am 31. Dezember 2009 abzuschalten und
beide Blöcke anschließend stillzulegen.
Artikel 53
(1) Im Zeitraum 2004-2006 stellt die Union Litauen eine zusätzliche Finanzhilfe für die
Stilllegungsarbeiten und zur Bewältigung der Folgen der Abschaltung und Stilllegung des
Kernkraftwerks Ignalina bereit (im Folgenden "Ignalina-Programm").
(2) Maßnahmen im Rahmen des Ignalina-Programms werden nach der Verordnung (EWG)
Nr. 3906/89 des Rates vom 18. Dezember 1989 über Wirtschaftshilfe für bestimmte Länder Mittelund
Osteuropas beschlossen und umgesetzt.
(3) Das Ignalina-Programm umfasst unter anderem Folgendes: Maßnahmen zur Unterstützung der
Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina; Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltfreundlichkeit
entsprechend dem Besitzstand und zur Modernisierung konventioneller Stromerzeugungskapazitäten,
mit denen die Produktionskapazität der beiden Reaktoren des Kernkraftwerks Ignalina ersetzt
werden soll; sonstige Maßnahmen, die sich aus dem Beschluss ergeben, dieses Kernkraftwerk
abzuschalten und stillzulegen, und die zur erforderlichen Umstrukturierung, Verbesserung der
Umweltfreundlichkeit und Modernisierung der Erzeugung, Übertragung und Verteilung von Energie
in Litauen sowie zur Erhöhung der Energieversorgungssicherheit und zur Verbesserung der
Energieeffizienz in Litauen beitragen.
(4) Das Ignalina-Programm umfasst ferner Maßnahmen, mit denen das Personal des Kraftwerks
dabei unterstützt werden soll, vor der Abschaltung der Reaktorblöcke und während ihrer Stilllegung
im Kernkraftwerk Ignalina ein hohes Maß an Betriebssicherheit aufrechtzuerhalten.
(5) Für den Zeitraum 2004-2006 umfasst das Ignalina-Programm 285 Mio. Euro an Verpflichtungsermächtigungen,
die in gleichen jährlichen Tranchen zu binden sind.
(6) Bei bestimmten Maßnahmen können bis zu 100 % der Gesamtausgaben aus dem Ignalina-
Programm finanziert werden. Es sollten alle Anstrengungen unternommen werden, um die Praxis der
Kofinanzierung fortzusetzen, die im Rahmen der Heranführungsstrategie für die Stilllegungsarbeiten
in Litauen eingeführt worden ist, und um gegebenenfalls andere Quellen für eine Kofinanzierung zu
finden.
(7) Die Finanzhilfe im Rahmen des Ignalina-Programms kann ganz oder teilweise in Form eines
Beitrags der Union zum Internationalen Fonds zur Unterstützung der Stilllegung von Ignalina, der
von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung verwaltet wird, bereitgestellt werden.
(8) Aus einzelstaatlichen Mitteln, Unionsmitteln oder internationalen Mitteln bereitgestellte
staatliche Beihilfen
a) für die Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltfreundlichkeit entsprechend dem Besitzstand
und zur Modernisierung des litauischen Wärmekraftwerks in Elektrenai als wichtigster Ersatz für
die Produktionskapazität der beiden Reaktoren des Kernkraftwerks Ignalina sowie
b) für die Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina
sind mit dem Binnenmarkt im Sinne der Verfassung vereinbar.
(9) Aus einzelstaatlichen Mitteln, Unionsmitteln oder internationalen Mitteln bereitgestellte
staatliche Beihilfen zur Unterstützung der Bemühungen Litauens, die Auswirkungen der Abschaltung
und Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina abzufangen, können im Einzelfall als nach der Verfassung
mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden; dies gilt insbesondere für staatliche Beihilfen zur
Erhöhung der Energieversorgungssicherheit.
Artikel 54
(1) Da die Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina ein langfristiges Vorhaben und für Litauen eine
außergewöhnliche finanzielle Belastung darstellt, die in keinem Verhältnis zur Größe und
Wirtschaftskraft des Landes steht, stellt die Union in Solidarität mit Litauen angemessene zusätzliche
Hilfe für die Stilllegungsarbeiten auch über das Jahr 2006 hinaus zur Verfügung.
(2) Zu diesem Zweck wird das Ignalina-Programm über das Jahr 2006 hinaus nahtlos fortgesetzt
und verlängert. Einzelheiten für die Durchführung des verlängerten Ignalina-Programms werden nach
dem Verfahren des Artikels 35 beschlossen und treten spätestens mit Ablauf der in der
Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999 festgelegten Finanziellen Vorausschau in Kraft.
(3) Grundlage des nach Absatz 2 verlängerten Ignalina-Programms sind die in Artikel 53
genannten Elemente und Grundsätze.
(4) Die durchschnittlichen Gesamtmittel im Rahmen des verlängerten Ignalina-Programms sind für
den Zeitraum der folgenden Finanziellen Vorausschau angemessen zu gestalten. Grundlage der
Programmierung der Mittel sind der tatsächliche Zahlungsbedarf und die Aufnahmekapazität.
Artikel 55
Unbeschadet des Artikels 52 gilt die allgemeine Schutzklausel nach Artikel 26 im Falle einer
Unterbrechung der Energieversorgung in Litauen bis zum 31. Dezember 2012.
Artikel 56
Dieser Titel findet unter Berücksichtigung der Erklärung zum Kernkraftwerk Ignalina in Litauen
Anwendung, die mit unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut der Präambel des Protokolls Nr. 4
der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgreift.
TITEL V BESTIMMUNGEN ÜBER DEN TRANSIT VON PERSONEN AUF DEM LANDWEG ZWISCHEN DEM KALININGRADER GEBIET UND DEN ÜBRIGEN TEILEN DER RUSSISCHEN FÖDERATION
Artikel 57
Die Vorschriften und Regelungen der Union über den Transit von Personen zwischen dem
Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation und insbesondere die
Verordnung (EG) Nr. 693/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Schaffung eines spezifischen
Dokuments für den erleichterten Transit (FTD) und eines Dokuments für den erleichterten
Eisenbahntransit (FRTD) sowie zur Änderung der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion und des
Gemeinsamen Handbuchs verzögern oder verhindern als solche nicht die uneingeschränkte
Beteiligung Litauens am Schengen-Besitzstand, einschließlich der Abschaffung der Kontrollen an den
Binnengrenzen.
Artikel 58
Die Union unterstützt Litauen bei der Umsetzung der Vorschriften und Regelungen über den
Personentransit zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen
Föderation, damit Litauen so bald wie möglich uneingeschränkt in den Schengen-Raum einbezogen
wird.
Die Union unterstützt Litauen bei der Bewältigung des Personentransits zwischen dem Kaliningrader
Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation und trägt insbesondere alle zusätzlichen
Kosten, die durch die Umsetzung der für diesen Transit geltenden Bestimmungen des Besitzstands
entstehen.
Artikel 59
Unbeschadet der Souveränitätsrechte Litauens werden etwaige weitere Akte über den Transit von
Personen zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation vom
Rat auf Vorschlag der Kommission erlassen. Der Rat beschließt einstimmig.
Artikel 60
Dieser Titel findet unter Berücksichtigung der Erklärung zum Transit von Personen auf dem Landweg
zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation Anwendung,
die mit unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut der Präambel des Protokolls Nr. 5 der
Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgreift.
TITEL VI BESTIMMUNGEN ÜBER DEN ERWERB VON ZWEITWOHNSITZEN IN MALTA
Artikel 61
Angesichts der äußerst geringen Anzahl von Wohneinheiten in Malta und des sehr begrenzt
verfügbaren Baulandes, das lediglich zur Deckung der durch die demografische Entwicklung der
derzeitigen Bewohner entstehenden Grundbedürfnisse ausreicht, kann Malta in nicht diskriminierender
Weise die geltenden Bestimmungen des Immobilieneigentumsgesetzes (Erwerb durch Nicht-
Gebietsangehörige) (Kapitel 246) über den Erwerb und den Besitz von Immobilien als Zweitwohnsitz
durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten, die sich nicht mindestens fünf Jahre rechtmäßig in Malta
aufgehalten haben, beibehalten.
Malta wird für den Erwerb von Immobilieneigentum als Zweitwohnsitz in Malta Genehmigungsverfahren
anwenden. Diese Genehmigungsverfahren beruhen auf veröffentlichten, objektiven,
dauerhaften und transparenten Kriterien. Diese Kriterien werden auf nicht diskriminierende Weise
angewandt und dürfen nicht zwischen maltesischen Staatsangehörigen und Staatsangehörigen
anderer Mitgliedstaaten unterscheiden. Malta wird gewährleisten, dass Staatsangehörige der
Mitgliedstaaten auf keinen Fall restriktiver behandelt werden als Staatsangehörige von Drittstaaten.
Liegt der Wert eines von einem Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten zu erwerbenden
Grundeigentums über dem nach maltesischen Rechtsvorschriften festgelegten Schwellenwert von
30 000 MTL für Wohnungen beziehungsweise von 50 000 MTL für andere Arten von
Grundeigentum als Wohnungen oder für Objekte von historischem Wert, so wird eine Genehmigung
erteilt. Malta kann diese gesetzlichen Schwellenwerte überprüfen, um der Preisentwicklung auf dem
Immobilienmarkt in Malta Rechnung zu tragen.
TITEL VII BESTIMMUNGEN ÜBER DEN SCHWANGERSCHAFTSABBRUCH IN MALTA
Artikel 62
Der Vertrag über eine Verfassung für Europa sowie die Verträge und Akte zur Änderung oder
Ergänzung des Vertrags berühren nicht die Anwendung innerstaatlicher Rechtsvorschriften über den
Schwangerschaftsabbruch im Hoheitsgebiet Maltas.
TITEL VIII BESTIMMUNGEN ÜBER DIE UMSTRUKTURIERUNG DER POLNISCHEN STAHLINDUSTRIE
Artikel 63
(1) Ungeachtet der Artikel III-167 und III-168 der Verfassung sind die von Polen für die
Umstrukturierung bestimmter Teile der polnischen Stahlindustrie gewährten staatlichen Beihilfen als
mit dem Binnenmarkt vereinbar anzusehen, sofern
a) der Zeitraum nach Artikel 8 Absatz 4 des Protokolls Nr. 2 über EGKS-Erzeugnisse zum Europa-
Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und
ihren Mitgliedstaaten einerseits und Polen andererseits bis zum 1. Mai 2004 verlängert
worden ist,
b) die Bedingungen des Umstrukturierungsplans, auf dessen Grundlage das genannte Protokoll
verlängert wurde, in dem Zeitraum von 2002-2006 eingehalten werden,
c) die in diesem Titel festgelegten Bedingungen erfüllt sind und
d) der polnischen Stahlindustrie nach dem 1. Mai 2004 keine staatliche Beihilfe für die
Umstrukturierung mehr zu gewähren ist.
(2) Die Umstrukturierung des polnischen Stahlsektors nach den Vorgaben der einzelnen
Geschäftspläne der in Anhang 1 des Protokolls Nr. 8 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003
aufgeführten Unternehmen (im Folgenden "begünstigte Unternehmen") und nach den in diesem Titel
festgelegten Bedingungen wird spätestens bis zum 31. Dezember 2006 (im Folgenden "Ende des
Umstrukturierungszeitraums") abgeschlossen.
(3) Nur den begünstigten Unternehmen können im Rahmen des Umstrukturierungsprogramms für
die polnische Stahlindustrie staatliche Beihilfen gewährt werden.
(4) Ein begünstigtes Unternehmen ist nicht berechtigt,
a) seinen Beihilfeanspruch im Fall eines Zusammenschlusses mit einem nicht in Anhang 1 des
Protokolls Nr. 8 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Unternehmen zu übertragen;
b) in der Zeit bis zum 31. Dezember 2006 die Vermögenswerte eines nicht in Anhang 1 des
Protokolls Nr. 8 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Unternehmens, über das der
Konkurs eröffnet wurde, zu übernehmen.
(5) Bei jeder anschließenden Privatisierung eines begünstigten Unternehmens sind das Erfordernis
der Transparenz zu wahren und die in diesem Titel festgelegten Bedingungen und Grundsätze
hinsichtlich der Rentabilität, der staatlichen Beihilfen und Kapazitätsverringerungen einzuhalten. Im
Rahmen des Verkaufs eines Unternehmens oder einzelner Vermögenswerte wird keine weitere
staatliche Beihilfe gewährt.
(6) Die den begünstigten Unternehmen gewährten Umstrukturierungsbeihilfen bestimmen sich
nach den Rechtfertigungen in dem genehmigten polnischen Umstrukturierungsplan und den vom
Rat genehmigten einzelnen Geschäftsplänen. Die in dem Zeitraum 1997-2003 ausgezahlten
Beihilfen dürfen einen Gesamtbetrag von 3 387 070 000 PLN keinesfalls überschreiten.
Von diesem Gesamtbetrag
a) dürfen die Umstrukturierungsbeihilfen, die Polskie Huty Stali (im Folgenden "PHS") von 1997 bis
Ende 2003 erhalten hat oder erhält, 3 140 360 000 PLN nicht überschreiten. PHS hat im
Zeitraum 1997-2001 bereits 62 360 000 PLN an Umstrukturierungsbeihilfen erhalten.
Abhängig von den Anforderungen des genehmigten Umstrukturierungsplans erhält das
Unternehmen weitere Umstrukturierungsbeihilfen in Höhe von maximal 3 078 000 000 PLN
in den Jahren 2002 und 2003 (die vollständig im Jahre 2002 auszuzahlen sind, falls die
Übergangszeit im Rahmen des Protokolls Nr. 2 zum Europa-Abkommen zur Gründung einer
Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und
Polen andererseits Ende 2002 verlängert wird, ansonsten im Jahre 2003);
b) dürfen die Umstrukturierungsbeihilfen für den Stahlsektor, die Huta Andrzej S.A., Huta Bankowa
Sp. z o.o., Huta Batory S.A., Huta Buczek S.A., Huta L.W. Sp. z o.o., Huta Labedy S.A., und Huta
Pok¢j S.A. (im Folgenden "die anderen begünstigten Unternehmen") von 1997 bis Ende 2003
erhalten haben oder erhalten, 246 710 000 PLN nicht überschreiten. Diese Unternehmen haben
im Zeitraum 1997-2001 bereits 37 160 000 PLN an Umstrukturierungsbeihilfen erhalten.
Abhängig von den Anforderungen des genehmigten Umstrukturierungsplans erhalten sie weitere
Umstrukturierungsbeihilfen in Höhe von höchstens 210 210 000 PLN (davon 182 170 000 PLN
im Jahre 2002 und 27 380 000 PLN im Jahre 2003, falls die Übergangszeit im Rahmen des
Protokolls Nr. 2 zum Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den
Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Polen andererseits Ende
2002 verlängert wird, ansonsten 210 210 000 PLN im Jahre 2003).
Weitere staatliche Beihilfen für die Umstrukturierung der polnischen Stahlindustrie werden von
Polen nicht gewährt.
(7) Polen verringert im Zeitraum 1997-2006 die Nettokapazität bei Fertigerzeugnissen um
mindestens 1 231 000 Tonnen. Diese Gesamtmenge umfasst Nettokapazitätsverringerungen von
mindestens 715 000 Tonnen pro Jahr bei warmgewalzten Erzeugnissen und 716 000 Tonnen pro
Jahr bei kaltgewalzten Erzeugnissen sowie eine Steigerung von höchstens 200 000 Tonnen pro Jahr
bei anderen Fertigerzeugnissen.
Die Kapazitätsverringerung wird ausschließlich auf der Grundlage endgültiger Schließungen von
Produktionsanlagen gemessen, bei denen diese so demontiert werden, dass sie nicht wieder in Betrieb
genommen werden können. Die Eröffnung des Konkurses eines Stahlunternehmens kann nicht als
Kapazitätsverringerung gewertet werden.
Bei den in Anhang 2 des Protokolls Nr. 8 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 angegebenen
Nettokapazitätsverringerungen handelt es sich um Mindestwerte; die tatsächlich zu erreichenden
Nettokapazitätsverringerungen und der Zeitrahmen hierfür werden auf der Grundlage des
endgültigen Umstrukturierungsprogramms Polens und der einzelbetrieblichen Geschäftspläne im
Rahmen des Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen
Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Polen andererseits festgelegt, wobei dem
Ziel, dass am 31. Dezember 2006 die Existenzfähigkeit der begünstigten Unternehmen sichergestellt
ist, Rechnung getragen wird.
(8) Der Geschäftsplan für das begünstigte Unternehmen PHS wird umgesetzt. Insbesondere gilt
Folgendes:
a) Der Schwerpunkt der Umstrukturierung liegt auf folgenden Aspekten:
i) einer an Erzeugnissen ausgerichteten Neuorganisation der Produktionsanlagen von PHS und
der Sicherstellung einer funktionsorientierten horizontalen Organisation (Einkauf, Produktion,
Vertrieb);
ii) der Einführung einer einheitlichen Verwaltungsstruktur bei PHS, die die umfassende
Verwirklichung von Synergien bei der Konsolidierung erlaubt;
iii) der Verlagerung des strategischen Schwerpunkts von PHS von der Produktorientierung zur
Marktorientierung;
iv) der Verbesserung der Effizienz und der Wirksamkeit des Managements von PHS und
Sicherstellung einer besseren Kontrolle des Direktvertriebs;
v) der Überprüfung der Strategie der Unternehmensausgliederung durch PHS auf der Grundlage
vernünftiger wirtschaftlicher Überlegungen und gegebenenfalls Wiedereingliederung von
Diensten in das Mutterunternehmen;
vi) der Überprüfung der Produktpalette und der Reduzierung von Überkapazitäten bei langen
Halbfertigprodukten durch PHS und generelle Zuwendung zu Marktsegmenten mit höherer
Wertschöpfung;
vii) den Investitionen von PHS zur Verbesserung der Qualität der Fertigerzeugnisse; dabei ist
besondere Aufmerksamkeit darauf zu verwenden, dass zu einem Termin, der im Zeitplan für
die Umsetzung des Umstrukturierungsplans für PHS festgelegt ist, spätestens jedoch Ende
2006, im PHS-Werk in Krak¢w (Krakau) eine Produktionsqualität von 3-Sigma erreicht wird.
b) PHS muss während der Umstrukturierungsphase möglichst hohe Kosteneinsparungen durch
Verbesserungen bei der Energieeffizienz und dem Einkauf sowie durch Gewährleistung eines
Produktivitätsniveaus, das den in der Union erreichten Niveaus vergleichbar ist, erzielen.
c) Die Belegschaft wird umstrukturiert; am 31. Dezember 2006 müssen auf der Grundlage
konsolidierter Zahlen unter Einbeziehung der indirekten Beschäftigung in den vollständig im
Besitz von PHS befindlichen Dienstleistungsunternehmen Produktivitätsniveaus erreicht sein, die
den in der Union bei Produktgruppen der Stahlindustrie erzielten Niveaus vergleichbar sind.
d) Jede Privatisierung muss auf einer Grundlage erfolgen, bei der das Erfordernis der Transparenz
beachtet wird und der Marktwert von PHS voll zum Tragen kommt. Im Rahmen des Verkaufs
werden keine weiteren Beihilfen gewährt.
(9) Der Geschäftsplan für die anderen begünstigten Unternehmen wird umgesetzt. Insbesondere gilt
Folgendes:
a) Bei allen anderen begünstigten Unternehmen liegt der Schwerpunkt der Umstrukturierungsbemühungen
auf folgenden Aspekten:
i) der Verlagerung des strategischen Schwerpunkts von der Produktorientierung zur
Marktorientierung;
ii) der Verbesserung der Effizienz und der Wirksamkeit des Managements der Unternehmen und
Sicherstellung einer besseren Kontrolle des Direktvertriebs;
iii) der Überprüfung der Strategie der Unternehmensausgliederung auf der Grundlage
vernünftiger wirtschaftlicher Überlegungen und gegebenenfalls Wiedereingliederung von
Diensten in die Mutterunternehmen.
b) Im Unternehmen Huta Bankowa wird das Kosteneinsparungsprogramm durchgeführt.
c) Im Unternehmen Huta Buczek wird die erforderliche finanzielle Unterstützung durch die
Gläubiger und örtlichen Finanzinstitute erwirkt und wird das Kosteneinsparungsprogramm
einschließlich einer Verringerung der Investitionskosten durch Anpassung der bestehenden
Produktionseinrichtungen durchgeführt.
d) Im Unternehmen Huta Labedy wird das Kosteneinsparungsprogramm durchgeführt und die
starke Ausrichtung des Unternehmens auf den Bergbau verringert.
e) Beim Unternehmen Huta Pok¢j werden in den Tochtergesellschaften internationale Produktivitätsstandards
erreicht, Einsparungen beim Energieverbrauch verwirklicht und die
vorgeschlagenen Investitionen im Verarbeitungs- und Baubereich des Unternehmens gestrichen.
f) Im Unternehmen Huta Batory ist eine Einigung mit den Gläubigern und Finanzinstituten über
eine Umschuldung und Investitionsdarlehen zu erreichen. Das Unternehmen muss ferner für
wesentliche zusätzliche Kosteneinsparungen in Verbindung mit einer Personalumstrukturierung
und Ertragsverbesserungen sorgen.
g) Im Unternehmen Huta Andrzej ist durch Aushandlung einer Vereinbarung zwischen den
derzeitigen Kreditgebern, langfristigen Gläubigern, Warenkreditgebern und den Finanzinstituten
für eine solide finanzielle Grundlage für die Weiterentwicklung des Unternehmens zu sorgen.
Ferner müssen zusätzliche Investitionen in das Warmrohrwalzwerk getätigt und das Personalabbauprogramm
durchgeführt werden.
h) Im Unternehmen Huta L.W. sind Investitionen für die Warmwalzprojekte und die
Fördereinrichtungen des Unternehmens sowie für Verbesserungen im Umweltbereich erforderlich.
Dieses Unternehmen muss auch durch Personalumstrukturierungen und die Verringerung
der Kosten der externen Dienste höhere Produktivitätsniveaus erreichen.
(10) Nachträgliche Änderungen an dem allgemeinen Umstrukturierungsplan und den einzelnen
Geschäftsplänen müssen von der Kommission und gegebenenfalls vom Rat genehmigt werden.
(11) Die Umstrukturierung erfolgt unter umfassender Transparenz und stützt sich auf solide
marktwirtschaftliche Grundsätze.
(12) Die Kommission und der Rat überwachen nach den Absätzen 13 bis 18 sorgfältig die
Durchführung der Umstrukturierung und die Erfüllung der in diesem Titel festgelegten Bedingungen
betreffend Rentabilität, staatliche Beihilfen und Kapazitätsverringerungen vor und nach dem 1. Mai
2004 bis zum Ende des Umstrukturierungszeitraums. Zu diesem Zweck erstattet die Kommission
dem Rat Bericht.
(13) Zusätzlich zur Überwachung der staatlichen Beihilfen überwachen die Kommission und der
Rat die in Anhang 3 des Protokolls Nr. 8 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten
Messgrößen für die Umstrukturierung. In dem genannten Anhang enthaltene Bezugnahmen auf
Nummer 14 des Protokolls sind als Bezugnahmen auf Absatz 14 des vorliegenden Artikels zu
verstehen.
(14) Im Rahmen der Überwachung wird 2003, 2004, 2005 und 2006 eine unabhängige
Bewertung vorgenommen. Die Rentabilitätsprüfung der Kommission wird durchgeführt und die
Produktivität wird als Teil der Bewertung gemessen.
(15) Polen beteiligt sich umfassend am gesamten Überwachungsschema. Insbesondere gilt
Folgendes:
a) Polen legt der Kommission bis zum Ende des Umstrukturierungszeitraums halbjährlich,
spätestens zum 15. März und zum 15. September jedes Jahres, Berichte über die
Umstrukturierung der begünstigten Unternehmen vor.
b) Der erste Bericht geht bis zum 15. März 2003 und der letzte Bericht bis zum 15. März 2007 bei
der Kommission ein, wenn diese nicht anders entscheidet.
c) Die Berichte enthalten alle für die Überwachung des Umstrukturierungsprozesses, der staatlichen
Beihilfen sowie die Verringerung und den Einsatz von Kapazitäten erforderlichen Informationen
und ausreichende finanzielle Daten, anhand deren bewertet werden kann, ob die in diesem Titel
festgelegten Bedingungen erfüllt worden sind. Die Berichte enthalten zumindest die in Anhang 4
des Protokolls Nr. 8 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Informationen, wobei sich
die Kommission das Recht vorbehält, diesen Anhang vor dem Hintergrund der bei der
Überwachung gesammelten Erfahrungen zu ändern. In Anhang 4 des Protokolls Nr. 8 zur
Beitrittsakte vom 16. April 2003 enthaltene Bezugnahmen auf Nummer 14 des Protokolls sind
als Bezugnahmen auf Absatz 14 des vorliegenden Artikels zu verstehen. Zusätzlich zu den
einzelnen Geschäftsplänen der begünstigten Unternehmen wird auch ein Bericht über die
Gesamtlage des polnischen Stahlsektors, einschließlich der neueren makroökonomischen
Entwicklungen, erstellt.
d) Außerdem sind von Polen alle zusätzlichen Informationen, die für die unabhängige Bewertung
nach Absatz 14 erforderlich sind, vorzulegen.
e) Polen verpflichtet die begünstigten Unternehmen, alle einschlägigen Daten offen zu legen, die
unter anderen Umständen als vertraulich eingestuft werden könnten. Bei ihrer Berichterstattung
an den Rat stellt die Kommission sicher, dass unternehmensspezifische vertrauliche
Informationen nicht offen gelegt werden.
(16) Die Kommission kann jederzeit einen unabhängigen Berater beauftragen, die Überwachungsergebnisse
zu bewerten, jede erforderliche Untersuchung anzustellen und der Kommission und dem
Rat Bericht zu erstatten.
(17) Stellt die Kommission aufgrund der Überwachung erhebliche Abweichungen von den
finanziellen Daten fest, auf die sich die Rentabilitätsbewertung stützt, so kann sie Polen auffordern,
geeignete Maßnahmen zur Verstärkung oder Änderung der Umstrukturierungsmaßnahmen der
betreffenden begünstigten Unternehmen zu ergreifen.
(18) Stellt sich bei der Überwachung heraus, dass
a) die in diesem Titel für die Übergangsregelung genannten Bedingungen nicht erfüllt worden sind
oder dass
b) die Verpflichtungen nicht erfüllt worden sind, die im Rahmen der Verlängerung des Zeitraums, in
dem Polen aufgrund des Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den
Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Polen andererseits
ausnahmsweise staatliche Beihilfen für die Umstrukturierung seiner Stahlindustrie gewähren darf,
eingegangen worden sind, oder
c) Polen während des Umstrukturierungszeitraums der Stahlindustrie und im Besonderen den
begünstigten Unternehmen zusätzlich unzulässige staatliche Beihilfen gewährt hat,
so wird die in diesem Titel festgelegte Übergangsregelung unwirksam.
Die Kommission leitet geeignete Schritte ein und verlangt von den betreffenden Unternehmen die
Rückzahlung der Beihilfen, die unter Verstoß gegen die in diesem Titel festgelegten Bedingungen
gewährt wurden.
TITEL IX BESTIMMUNGEN ÜBER DIE REAKTOREN 1 UND 2 DES KERNKRAFTWERKS BOHUNICE V1 IN DER SLOWAKEI
Artikel 64
Die Slowakei hat sich verpflichtet, den Reaktor 1 des Kernkraftwerks Bohunice V1 spätestens zum
31. Dezember 2006 und den Block 2 dieses Kernkraftwerks spätestens zum 31. Dezember 2008
abzuschalten und diese Blöcke anschließend stillzulegen.
Artikel 65
(1) Im Zeitraum 2004-2006 stellt die Union der Slowakei eine zusätzliche Finanzhilfe für die
Stilllegungsarbeiten und zur Bewältigung der Folgen der Abschaltung und Stilllegung der Blöcke 1
und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 bereit (im Folgenden "Finanzhilfe").
(2) Die Finanzhilfe wird nach der Verordnung (EWG) Nr. 3906/89 des Rates vom 18. Dezember
1989 über Wirtschaftshilfe für bestimmte Länder in Mittel- und Osteuropa beschlossen und
umgesetzt.
(3) Für den Zeitraum 2004-2006 beläuft sich die Finanzhilfe auf 90 Mio. Euro an Verpflichtungsermächtigungen,
die in gleichen jährlichen Tranchen zu binden sind.
(4) Die Finanzhilfe kann ganz oder teilweise in Form eines Beitrags der Union zum Internationalen
Fonds zur Unterstützung der Stilllegung von Bohunice, der von der Europäischen Bank für
Wiederaufbau und Entwicklung verwaltet wird, bereitgestellt werden.
Artikel 66
Die Union erkennt an, dass die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Stilllegung des
Kernkraftwerks Bohunice V1 über die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999
festgelegte Finanzielle Vorausschau hinaus fortgesetzt werden müssen und dass diese Maßnahmen
eine beträchtliche finanzielle Belastung für die Slowakei darstellen. Dies wird bei Beschlüssen über die
Fortsetzung der Finanzhilfe der Union in diesem Bereich nach 2006 berücksichtigt.
Artikel 67
Dieser Titel findet unter Berücksichtigung der Erklärung zu den Blöcken 1 und 2 des Kernkraftwerks
Bohunice V1 in der Slowakei Anwendung, die mit unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut der
Präambel des Protokolls Nr. 9 der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgreift.
TITEL X BESTIMMUNGEN ÜBER ZYPERN
Artikel 68
(1) Die Anwendung des Besitzstandes der Gemeinschaft und der Union wird in den Teilen der
Republik Zypern ausgesetzt, in denen die Regierung der Republik Zypern keine tatsächliche Kontrolle
ausübt.
(2) Der Rat entscheidet auf Vorschlag der Kommission über die Aufhebung der in Absatz 1
genannten Aussetzung. Er beschließt einstimmig.
Artikel 69
(1) Der Rat legt auf Vorschlag der Kommission die Bedingungen für die Anwendung des
Unionsrechts auf die Trennungslinie zwischen den in Artikel 68 genannten Landesteilen und den
Landesteilen fest, in denen die Regierung der Republik Zypern eine tatsächliche Kontrolle ausübt. Der
Rat beschließt einstimmig.
(2) Die Grenzlinie zwischen der östlichen Hoheitszone des Vereinigten Königreichs und den in
Artikel 68 genannten Landesteilen gilt für die Dauer der Aussetzung der Anwendung des
Besitzstandes der Gemeinschaft und der Union nach Artikel 68 als Teil der Außengrenzen der
Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs im Sinne von Teil IV des Anhangs zum Protokoll Nr. 3 der
Beitrittsakte vom 16. April 2003 über die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien
und Nordirland auf Zypern.
Artikel 70
(1) Keine Bestimmung dieses Titels schließt Maßnahmen zur Förderung der wirtschaftlichen
Entwicklung der in Artikel 68 genannten Landesteile aus.
(2) Derartige Maßnahmen dürfen nicht die Anwendung des Besitzstandes der Gemeinschaft und
der Union nach den Bedingungen des vorliegenden Protokolls in anderen Teilen der Republik Zypern
beeinträchtigen.
Artikel 71
Wenn es zu einer Regelung der Zypernfrage kommt, entscheidet der Rat auf der Grundlage eines
Vorschlags der Kommission über die im Hinblick auf die türkisch-zyprische Gemeinschaft
vorzunehmenden Anpassungen der Einzelheiten für den Beitritt Zyperns zur Union. Der Rat
beschließt einstimmig.
Artikel 72
Dieser Titel findet unter Berücksichtigung der Erklärung zu Zypern Anwendung, die mit
unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut des Präambel des Protokolls Nr. 10 der Beitrittsakte
vom 16. April 2003 aufgreift.
DRITTER TEIL BESTIMMUNGEN ÜBER DIE ANHÄNGE DER BEITRITTSAKTE VOM 16. APRIL 2003
Artikel 73
Anhang I und die Anhänge III bis XVII der Beitrittsakte vom 16. April 2003, die Anlagen dazu sowie
die Anhänge zu den Protokollen Nr. 2, 3 und 8 der Beitrittsakte vom 16. April 2003 sind
Bestandteil dieses Protokolls.
Artikel 74
(1) Bezugnahmen auf den "Beitrittsvertrag" in den in Artikel 73 dieses Protokolls genannten
Anhängen sind als Bezugnahmen auf den in Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstabe e der Verfassung
genannten Vertrag zu verstehen; Bezugnahmen auf den Tag oder den Zeitpunkt der Unterzeichnung
des genannten Vertrags gelten als Bezugnahmen auf den 16. April 2003; Bezugnahmen auf den Tag
des Beitritts gelten als Bezugnahmen auf den 1. Mai 2004.
(2) Unbeschadet des Unterabsatzes 2 sind Bezugnahmen auf "diese Akte" in den in Artikel 73 dieses
Protokolls genannten Anhängen als Bezugnahmen auf die Beitrittsakte vom 16. April 2003 zu
verstehen.
Bezugnahmen auf die Bestimmungen der Beitrittsakte vom 16. April 2003 in den in Artikel 73 dieses
Protokolls genannten Anhängen sind als Bezugnahmen auf dieses Protokoll nach der nachstehenden
Übereinstimmungstabelle zu verstehen.
Beitrittsakte vom 16. April 2003 Protokoll
Artikel 21 Artikel 12
Artikel 22 Artikel 13
Artikel 24 Artikel 15
Artikel 32 Artikel 21
Artikel 37 Artikel 26
Artikel 52 Artikel 32
(3) Die in den in Artikel 73 dieses Protokolls genannten Anhängen verwendeten Ausdrücke sind als
gleich bedeutend mit den in der nachstehenden Übereinstimmungstabelle aufgeführten entsprechenden
Ausdrücken zu verstehen, es sei denn, sie beziehen sich ausschließlich auf eine Rechtslage
vor dem Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa.
Ausdrücke in den in Artikel 73 genannten Anhängen - Bedeutung
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - Verfassung
Vertrag über die Europäische Union - Verfassung
Verträge, auf die sich die Europäische Union gründet - Verfassung
(Europäische) Gemeinschaft - Union
erweiterte Gemeinschaft - Union
gemeinschaftlich/der Gemeinschaft - der Union
EU - Union
erweiterte Union oder erweiterte EU - Union
Abweichend von Unterabsatz 1 behält der Ausdruck "gemeinschaftlich"/"der Gemeinschaft" in
Verbindung mit den Begriffen "Präferenz" oder "Fischerei" seine ursprüngliche Bedeutung.
(4) Bezugnahmen auf Teile oder Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft in den in Artikel 73 dieses Protokolls genannten Anhängen sind als Bezugnahmen auf
Teile oder Bestimmungen der Verfassung nach der nachstehenden Übereinstimmungstabelle zu
verstehen.
EG-Vertrag - Verfassung
Dritter Teil Titel I - Teil III Titel III KAPITEL I Abschnitt 3
Dritter Teil Titel I KAPITEL 1 - Teil III Titel III KAPITEL I Abschnitt 3 Unterabschnitt 1
Dritter Teil Titel II - Teil III Titel III KAPITEL III Abschnitt 4
Dritter Teil Titel III - Teil III Titel III KAPITEL I Abschnitte 2 und 4
Dritter Teil Titel VI KAPITEL 1 - Teil III Titel III KAPITEL I Abschnitt 5
Artikel 31 - Artikel III-155
Artikel 39 - Artikel III-133
Artikel 49 - Artikel III-144
Artikel 58 - Artikel III-158
Artikel 87 - Artikel III-167
Artikel 88 - Artikel III-168
Artikel 226 - Artikel III-360
Anhang I - Anhang I
(5) Ist in den in Artikel 73 dieses Protokolls genannten Anhängen der Erlass von Rechtsakten durch
den Rat oder die Kommission vorgesehen, so ergehen diese Rechtsakte in der Form von Europäischen
Verordnungen oder Beschlüssen.
10. PROTOKOLL ÜBER DAS VERFAHREN BEI EINEM ÜBERMÄSSIGEN DEFIZIT
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
IN DEM WUNSCH, die Einzelheiten des in Artikel III-184 der Verfassung genannten Verfahrens bei einem übermäßigen
Defizit festzulegen -
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt
sind:
Artikel 1
Die in Artikel III-184 Absatz 2 der Verfassung genannten Referenzwerte sind:
a) 3 % für das Verhältnis zwischen dem geplanten oder tatsächlichen öffentlichen Defizit und dem
Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen,
b) 60 % für das Verhältnis zwischen dem öffentlichen Schuldenstand und dem Bruttoinlandsprodukt
zu Marktpreisen.
Artikel 2
In Artikel III-184 der Verfassung und in diesem Protokoll bedeutet
a) "öffentlich" zum Staat, d. h. zum Zentralstaat (Zentralregierung), zu regionalen oder lokalen
Gebietskörperschaften oder Sozialversicherungseinrichtungen gehörig, mit Ausnahme von
kommerziellen Transaktionen, im Sinne des Europäischen Systems volkswirtschaftlicher
Gesamtrechnungen;
b) "Defizit" das Finanzierungsdefizit im Sinne des Europäischen Systems volkswirtschaftlicher
Gesamtrechnungen;
c) "Investitionen" die Brutto-Anlageinvestitionen im Sinne des Europäischen Systems volkswirtschaftlicher
Gesamtrechnungen;
d) "Schuldenstand" den Brutto-Gesamtschuldenstand zum Nominalwert am Jahresende nach
Konsolidierung innerhalb und zwischen den einzelnen Bereichen des Staatssektors im Sinne des
Buchstabens a.
Artikel 3
Um die Wirksamkeit des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit zu gewährleisten, sind die
Regierungen der Mitgliedstaaten im Rahmen dieses Verfahrens für die Defizite des Staatssektors im
Sinne von Artikel 2 Buchstabe a verantwortlich. Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die
innerstaatlichen Verfahren im Haushaltsbereich sie in die Lage versetzen, ihre sich aus der Verfassung
ergebenden Verpflichtungen in diesem Bereich zu erfüllen. Die Mitgliedstaaten müssen ihre geplanten
und tatsächlichen Defizite und die Höhe ihres Schuldenstands der Kommission unverzüglich und
regelmäßig mitteilen.
Artikel 4
Die zur Anwendung dieses Protokolls erforderlichen statistischen Daten werden von der Kommission
zur Verfügung gestellt.
11. PROTOKOLL ÜBER DIE KONVERGENZKRITERIEN
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
IN DEM WUNSCH, die Konvergenzkriterien näher festzulegen, die die Union bei den Beschlüssen über die Aufhebung
der Ausnahmeregelungen für die Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, nach Artikel III-198 der
Verfassung leiten sollen,
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt
sind:
Artikel 1
Das in Artikel III-198 Absatz 1 Buchstabe a der Verfassung genannte Kriterium der Preisstabilität
bedeutet, dass der betreffende Mitgliedstaat eine anhaltende Preisstabilität und eine während des
letzten Jahres vor der Prüfung gemessene durchschnittliche Inflationsrate aufweisen muss, die um
nicht mehr als 1,5 Prozentpunkte über der Inflationsrate jener - höchstens drei - Mitgliedstaaten
liegt, die auf dem Gebiet der Preisstabilität das beste Ergebnis erzielt haben. Die Inflation wird anhand
des Verbraucherpreisindexes auf vergleichbarer Grundlage unter Berücksichtigung der unterschiedlichen
Definitionen in den einzelnen Mitgliedstaaten gemessen.
Artikel 2
Das in Artikel III-198 Absatz 1 Buchstabe b der Verfassung genannte Kriterium der Finanzlage der
öffentlichen Hand bedeutet, dass zum Zeitpunkt der Prüfung kein Europäischer Beschluss des Rates
nach Artikel III-184 Absatz 6 der Verfassung vorliegt, wonach ein übermäßiges Defizit besteht.
Artikel 3
Das in Artikel III-198 Absatz 1 Buchstabe c der Verfassung genannte Kriterium der Teilnahme am
Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems bedeutet, dass der betreffende
Mitgliedstaat die im Rahmen des Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems
vorgesehenen normalen Bandbreiten zumindest in den letzten zwei Jahren vor der Prüfung ohne
starke Spannungen eingehalten haben muss. Insbesondere darf er den bilateralen Leitkurs seiner
Währung innerhalb des gleichen Zeitraums gegenüber dem Euro nicht von sich aus abgewertet
haben.
Artikel 4
Das in Artikel III-198 Absatz 1 Buchstabe d der Verfassung genannte Kriterium der Konvergenz der
Zinssätze bedeutet, dass im Verlauf von einem Jahr vor der Prüfung in dem betreffenden Mitgliedstaat
der durchschnittliche langfristige Nominalzinssatz um nicht mehr als 2 Prozentpunkte über dem
entsprechenden Satz in jenen - höchstens drei - Mitgliedstaaten liegt, die auf dem Gebiet der
Preisstabilität das beste Ergebnis erzielt haben. Die Zinssätze werden anhand langfristiger
Staatsschuldverschreibungen oder vergleichbarer Wertpapiere unter Berücksichtigung der unterschiedlichen
Definitionen in den einzelnen Mitgliedstaaten gemessen.
Artikel 5
Die zur Anwendung dieses Protokolls erforderlichen statistischen Daten werden von der Kommission
zur Verfügung gestellt.
Artikel 6
Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Europäischen Parlaments, der
Europäischen Zentralbank und des in Artikel III-192 der Verfassung genannten Wirtschafts- und
Finanzausschusses einstimmig geeignete Vorschriften zur Festlegung der Einzelheiten der in
Artikel III-198 der Verfassung genannten Konvergenzkriterien, die dann an die Stelle dieses
Protokolls treten.
12. PROTOKOLL BETREFFEND DIE EURO-GRUPPE
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
IN DEM WUNSCH, die Voraussetzungen für ein stärkeres Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union zu
verbessern und zu diesem Zwecke eine immer engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik im Euro-Währungsgebiet zu
fördern,
IN DEM BEWUSSTSEIN, dass besondere Bestimmungen für einen verstärkten Dialog zwischen den Mitgliedstaaten,
deren Währung der Euro ist, vorgesehen werden müssen, bis der Euro zur Währung aller Mitgliedstaaten der Union
geworden ist -
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt
sind:
Artikel 1
Die Minister der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, treten zu informellen Sitzungen
zusammen. Diese Sitzungen werden bei Bedarf abgehalten, um Fragen im Zusammenhang mit ihrer
gemeinsamen spezifischen Verantwortung im Bereich der einheitlichen Währung zu erörtern. Die
Kommission nimmt an den Sitzungen teil. Die Europäische Zentralbank wird zu diesen Sitzungen
eingeladen, die von den Vertretern der für Finanzen zuständigen Minister der Mitgliedstaaten, deren
Währung der Euro ist, und der Kommission vorbereitet werden.
Artikel 2
Die Minister der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, wählen mit der Mehrheit dieser
Mitgliedstaaten einen Präsidenten für zweieinhalb Jahre.
13. PROTOKOLL ÜBER EINIGE BESTIMMUNGEN BETREFFEND DAS VEREINIGTE
KÖNIGREICH GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND HINSICHTLICH
DER WIRTSCHAFTS- UND WÄHRUNGSUNION
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
IN DER ERKENNTNIS, dass das Vereinigte Königreich nicht gezwungen oder verpflichtet ist, ohne einen gesonderten
entsprechenden Beschluss seiner Regierung und seines Parlaments den Euro einzuführen,
ANGESICHTS der Tatsache, dass die Regierung des Vereinigten Königreichs nach Nummer 1 des dem Vertrag zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über einige Bestimmungen betreffend das Vereinigte
Königreich Großbritannien und Nordirland dem Rat am 16. Oktober 1996 und am 30. Oktober 1997 notifiziert hat,
dass sie nicht beabsichtigt, an der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion teilzunehmen,
IN ANBETRACHT der Gepflogenheit der Regierung des Vereinigten Königreichs, ihren Kreditbedarf durch Verkauf von
Schuldtiteln an den Privatsektor zu decken -
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt
sind:
Artikel 1
Sofern das Vereinigte Königreich dem Rat nicht notifiziert, dass es den Euro einzuführen beabsichtigt,
ist es dazu nicht verpflichtet.
Artikel 2
Die Artikel 3 bis 8 und Artikel 10 gelten für das Vereinigte Königreich aufgrund der von der
Regierung des Vereinigten Königreichs dem Rat am 16. Oktober 1996 und am 30. Oktober 1997
zugeleiteten Notifizierung.
Artikel 3
Das Vereinigte Königreich behält seine Befugnisse auf dem Gebiet der Währungspolitik nach seinem
innerstaatlichen Recht.
Artikel 4
Artikel I-30 Absatz 2 mit Ausnahme des ersten und des letzten Satzes, Artikel I-30 Absatz 5,
Artikel III-177 Absatz 2, Artikel III-184 Absätze 1, 9 und 10, Artikel III-185 Absätze 1 bis 5,
Artikel III-186, die Artikel III-188, III-189, III-190 und III-191, Artikel III-196, Artikel III-198
Absatz 3, Artikel III-326 und Artikel III-382 der Verfassung gelten nicht für das Vereinigte
Königreich. Artikel III-179 Absatz 2 gilt hinsichtlich der Annahme der das Euro-Währungsgebiet
generell betreffenden Teile der Grundzüge der Wirtschaftspolitik ebenfalls nicht für das Vereinigte
Königreich.
In den Bestimmungen nach Absatz 1 enthaltene Bezugnahmen auf die Union oder die
Mitgliedstaaten betreffen nicht das Vereinigte Königreich, und Bezugnahmen auf die nationalen
Zentralbanken betreffen nicht die Bank of England.
Artikel 5
Das Vereinigte Königreich bemüht sich, ein übermäßiges öffentliches Defizit zu vermeiden.
Artikel III-192 Absatz 4 und Artikel III-200 der Verfassung werden so auf das Vereinigte Königreich
angewandt, als gelte für dieses eine Ausnahmeregelung. Die Artikel III-201 und III-202 der
Verfassung gelten auch weiterhin für das Vereinigte Königreich.
Artikel 6
Das Stimmrecht des Vereinigten Königreichs ruht beim Erlass von Maßnahmen nach den in Artikel 4
genannten Artikeln durch den Rat und in den in Artikel III-197 Absatz 4 Unterabsatz 1 der
Verfassung genannten Fällen. Zu diesem Zweck findet Artikel III-197 Absatz 4 Unterabsätze 2 und 3
der Verfassung Anwendung.
Das Vereinigte Königreich ist ferner nicht berechtigt, sich an der Ernennung des Präsidenten, des
Vizepräsidenten und der weiteren Mitglieder des Direktoriums der Europäischen Zentralbank nach
Artikel III-382 Absatz 2 Unterabsätze 2, 3 und 4 der Verfassung zu beteiligen.
Artikel 7
Die Artikel 3, 4, 6 und 7, Artikel 9 Absatz 2, Artikel 10 Absätze 1, 2 und 3, Artikel 11 Absatz 2,
Artikel 12 Absatz 1, die Artikel 14, 16, 18, 19, 20, 22, 23, 26, 27, 30, 31, 32, 33, 34 und 50 des
Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen
Zentralbank (im Folgenden "die Satzung") gelten nicht für das Vereinigte Königreich.
In diesen Artikeln enthaltene Bezugnahmen auf die Union oder die Mitgliedstaaten betreffen nicht das
Vereinigte Königreich, und Bezugnahmen auf die nationalen Zentralbanken oder die Anteilseigner
betreffen nicht die Bank of England.
Die in Artikel 10 Absatz 3 und Artikel 30 Absatz 2 der Satzung enthaltenen Bezugnahmen auf das
"gezeichnete Kapital der Europäischen Zentralbank" betreffen nicht das von der Bank of England
gezeichnete Kapital.
Artikel 8
Artikel III-199 der Verfassung und die Artikel 43 bis 47 der Satzung gelten unabhängig davon, ob es
Mitgliedstaaten gibt, für die eine Ausnahmeregelung gilt, vorbehaltlich folgender Änderungen:
a) Die Bezugnahmen in Artikel 43 der Satzung auf die Aufgaben der Europäischen Zentralbank und
des Europäischen Währungsinstituts schließen auch die Aufgaben ein, die aufgrund der
Entscheidung des Vereinigten Königreichs, nicht den Euro einzuführen, nach der Einführung des
Euro noch erfüllt werden müssen.
b) Zusätzlich zu den Aufgaben nach Artikel 46 der Satzung berät die Europäische Zentralbank
ferner bei der Vorbereitung von Europäischen Verordnungen und Europäischen Beschlüssen des
Rates betreffend das Vereinigte Königreich nach Artikel 9 Buchstaben a und c dieses Protokolls
und wirkt an deren Ausarbeitung mit.
c) Die Bank of England zahlt das von ihr gezeichnete Kapital der Europäischen Zentralbank als
Beitrag zu den EZB-Betriebskosten auf derselben Grundlage ein wie die nationalen Zentralbanken
der Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt.
Artikel 9
Das Vereinigte Königreich kann dem Rat jederzeit notifizieren, dass es beabsichtigt, den Euro
einzuführen. In diesem Fall gilt Folgendes:
a) Das Vereinigte Königreich hat das Recht, den Euro einzuführen, sofern es die notwendigen
Voraussetzungen erfüllt. Der Rat entscheidet auf Antrag des Vereinigten Königreichs unter den
Bedingungen und nach dem Verfahren des Artikels III-198 Absätze 1 und 2 der Verfassung, ob
das Vereinigte Königreich die notwendigen Voraussetzungen erfüllt.
b) Die Bank of England zahlt das von ihr gezeichnete Kapital ein, überträgt der Europäischen
Zentralbank Währungsreserven und leistet ihren Beitrag zu den Reserven der EZB auf derselben
Grundlage wie die nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Ausnahmeregelung
aufgehoben worden ist.
c) Der Rat fasst unter den Bedingungen und nach dem Verfahren des Artikels III-198 Absatz 3 der
Verfassung alle weiteren Beschlüsse, die erforderlich sind, um dem Vereinigten Königreich die
Einführung des Euro zu ermöglichen.
Führt das Vereinigte Königreich nach den Bestimmungen dieses Artikels den Euro ein, so treten die
Artikel 3 bis 8 außer Kraft.
Artikel 10
Unbeschadet des Artikels III-181 der Verfassung sowie des Artikels 21 Absatz 1 der Satzung kann die
Regierung des Vereinigten Königreichs ihre "Ways and Means"-Fazilität bei der Bank of England
beibehalten, sofern und solange das Vereinigte Königreich nicht den Euro einführt.
14. PROTOKOLL ÜBER EINIGE BESTIMMUNGEN BETREFFEND DÄNEMARK HINSICHTLICH
DER WIRTSCHAFTS- UND WÄHRUNGSUNION
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
MIT RÜCKSICHT DARAUF, dass die Verfassung Dänemarks Bestimmungen enthält, die vor einem Verzicht Dänemarks
auf seine Freistellung in Dänemark eine Volksabstimmung erfordern könnten,
MIT RÜCKSICHT DARAUF, dass die dänische Regierung dem Rat am 3. November 1993 nach Nummer 1 des dem
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über einige Bestimmungen betreffend
Dänemark notifiziert hat, dass sie nicht beabsichtigt, an der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion
teilzunehmen -
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt
sind -
Artikel 1
Aufgrund der Notifikation der dänischen Regierung an den Rat vom 3. November 1993 gilt für
Dänemark eine Freistellung. Die Freistellung hat zur Folge, dass alle eine Ausnahmeregelung
betreffenden Bestimmungen der Verfassung und der Satzung des Europäischen Systems der
Zentralbanken auf Dänemark Anwendung finden.
Artikel 2
Zur Aufhebung der Freistellung wird das Verfahren nach Artikel III-198 der Verfassung nur dann
eingeleitet, wenn Dänemark einen entsprechenden Antrag stellt.
Artikel 3
Nach Aufhebung der Freistellung ist dieses Protokoll nicht mehr anwendbar.
15. PROTOKOLL ÜBER BESTIMMTE AUFGABEN DER NATIONALBANK DÄNEMARKS
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
IN DEM WUNSCH, gewisse besondere Probleme betreffend Dänemark zu regeln -
SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt ist:
Einziger Artikel
Artikel 14 des Protokolls zur Festlegung der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken
und der Europäischen Zentralbank berührt nicht das Recht der Nationalbank Dänemarks, ihre
derzeitigen Aufgaben hinsichtlich der nicht der Union angehörenden Teile Dänemarks
wahrzunehmen.
16. PROTOKOLL ÜBER DIE REGELUNG FÜR DEN FRANC DER PAZIFISCHEN
FINANZGEMEINSCHAFT
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
IN DEM WUNSCH, einen besonderen Punkt im Zusammenhang mit Frankreich zu berücksichtigen -
SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt ist:
Einziger Artikel
Frankreich kann das Recht behalten, nach Maßgabe seiner innerstaatlichen Rechtsvorschriften in
Neukaledonien, Französisch-Polynesien und Wallis und Futuna Geldzeichen auszugeben, und ist
allein befugt, die Parität des Franc der Pazifischen Finanzgemeinschaft festzusetzen.
17. PROTOKOLL ÜBER DEN IN DEN RAHMEN DER EUROPÄISCHEN UNION EINBEZOGENEN
SCHENGEN-BESITZSTAND
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
EINGEDENK dessen, dass die Bestimmungen des Schengen-Besitzstands, der aus den von einigen Mitgliedstaaten der
Europäischen Union am 14. Juni 1985 und am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen betreffend
den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen sowie aus den damit zusammenhängenden
Übereinkommen und den auf deren Grundlage erlassenen Regelungen besteht, durch ein Protokoll zum Vertrag über
die Europäische Union und zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in den Rahmen der
Europäischen Union einbezogen wurden,
IN DEM WUNSCH, den seit Inkrafttreten des genannten Protokolls weiterentwickelten Schengen-Besitzstand im
Rahmen der Verfassung zu wahren und diesen Besitzstand fortzuentwickeln, um zur Verwirklichung des Ziels
beizutragen, den Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne
Binnengrenzen zu bieten,
MIT RÜCKSICHT auf die besondere Position Dänemarks,
MIT RÜCKSICHT darauf, dass Irland und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland sich nicht an
sämtlichen Bestimmungen des Schengen-Besitzstands beteiligen, es diesen Mitgliedstaaten jedoch ermöglicht werden
sollte, andere Bestimmungen dieses Besitzstands ganz oder teilweise anzunehmen,
IN DER ERKENNTNIS, dass es infolgedessen erforderlich ist, auf die in der Verfassung enthaltenen Bestimmungen über
eine Verstärkte Zusammenarbeit zwischen einigen Mitgliedstaaten zurückzugreifen,
MIT RÜCKSICHT DARAUF, dass es notwendig ist, ein besonderes Verhältnis zur Republik Island und zum Königreich
Norwegen aufrechtzuerhalten, da diese beiden Staaten sowie diejenigen nordischen Staaten, die Mitglieder der
Europäischen Union sind, durch die Bestimmungen der Nordischen Passunion gebunden sind -
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt
sind:
Artikel 1
Das Königreich Belgien, die Tschechische Republik, das Königreich Dänemark, die Bundesrepublik
Deutschland, die Republik Estland, die Hellenische Republik, das Königreich Spanien, die
Französische Republik, die Italienische Republik, die Republik Zypern, die Republik Lettland, die
Republik Litauen, das Großherzogtum Luxemburg, die Republik Ungarn, die Republik Malta, das
Königreich der Niederlande, die Republik Österreich, die Republik Polen, die Portugiesische Republik,
die Republik Slowenien, die Slowakische Republik, die Republik Finnland und das Königreich
Schweden werden ermächtigt, untereinander eine Verstärkte Zusammenarbeit in den Bereichen der
vom Rat festgelegten Bestimmungen, die den Schengen-Besitzstand bilden, durchzuführen. Diese
Zusammenarbeit erfolgt innerhalb des rechtlichen und institutionellen Rahmens der Union und unter
Beachtung der einschlägigen Bestimmungen der Verfassung.
Artikel 2
Der Schengen-Besitzstand ist unbeschadet des Artikels 3 des Protokolls betreffend den Vertrag und
die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der
Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik
Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik für die in Artikel 1 aufgeführten
Mitgliedstaaten anwendbar. Der Rat tritt an die Stelle des durch die Schengener Übereinkommen
eingesetzten Exekutivausschusses.
Artikel 3
Die Beteiligung Dänemarks am Erlass der Maßnahmen, die eine Weiterentwicklung des Schengen-
Besitzstands darstellen, sowie die Umsetzung und Anwendung dieser Maßnahmen in Dänemark
unterliegt den einschlägigen Bestimmungen des Protokolls über die Position Dänemarks.
Artikel 4
Irland und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland können jederzeit beantragen,
dass einzelne oder alle Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auch auf sie Anwendung finden
sollen.
Der Rat erlässt einen Europäischen Beschluss über einen solchen Antrag. Er beschließt einstimmig mit
den Stimmen der in Artikel 1 genannten Mitglieder und des Mitglieds, das die Regierung des
betreffenden Mitgliedstaats vertritt.
Artikel 5
Vorschläge und Initiativen auf der Grundlage des Schengen-Besitzstands unterliegen den einschlägigen
Bestimmungen der Verfassung.
In diesem Zusammenhang gilt, sofern Irland oder das Vereinigte Königreich oder beide
Mitgliedstaaten dem Präsidenten des Rates nicht innerhalb eines vertretbaren Zeitraums schriftlich
mitgeteilt haben, dass sie sich beteiligen möchten, die Ermächtigung nach Artikel III-419 Absatz 1 der
Verfassung gegenüber den in Artikel 1 genannten Mitgliedstaaten sowie gegenüber Irland oder dem
Vereinigten Königreich als erteilt, sofern einer dieser beiden Mitgliedstaaten sich an den betreffenden
Bereichen der Zusammenarbeit beteiligen möchte.
Artikel 6
Die Republik Island und das Königreich Norwegen werden bei der Durchführung des Schengen-
Besitzstands und bei seiner weiteren Entwicklung assoziiert. Die entsprechenden Verfahren hierfür
werden in einer Übereinkunft mit diesen Staaten festgelegt, das vom Rat mit einstimmigem Beschluss
seiner in Artikel 1 genannten Mitglieder geschlossen wird. Diese Übereinkunft enthält auch
Bestimmungen über den Beitrag Islands und Norwegens zu etwaigen finanziellen Folgen der
Durchführung dieses Protokolls.
Mit Island und Norwegen schließt der Rat mit einstimmigem Beschluss eine gesonderte Übereinkunft
zur Festlegung der Rechte und Pflichten zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich
Großbritannien und Nordirland einerseits und Island und Norwegen andererseits in den für diese
Staaten geltenden Bereichen des Schengen-Besitzstands.
Artikel 7
Bei den Verhandlungen über die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten in die Europäische Union gelten der
Schengen-Besitzstand und weitere Maßnahmen, welche die Organe im Rahmen seines Anwendungsbereichs
getroffen haben, als ein Besitzstand, der von allen Staaten, die Beitrittskandidaten sind,
vollständig zu übernehmen ist.
18. PROTOKOLL ÜBER DIE ANWENDUNG BESTIMMTER ASPEKTE DES ARTIKELS III-130 DER VERFASSUNG
AUF DAS VEREINIGTE KÖNIGREICH UND AUF IRLAND
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
IN DEM WUNSCH, bestimmte das Vereinigte Königreich und Irland betreffende Fragen zu regeln,
IM HINBLICK darauf, dass seit vielen Jahren zwischen dem Vereinigten Königreich und Irland besondere
Reiseregelungen bestehen -
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt
sind:
Artikel 1
Das Vereinigte Königreich darf ungeachtet der Artikel III-130 und III-265 der Verfassung, anderer
Bestimmungen der Verfassung, im Rahmen der Verfassung erlassener Maßnahmen oder von der
Union oder der Union und ihren Mitgliedstaaten mit einem oder mehreren Drittländern
geschlossener internationaler Übereinkünfte an seinen Grenzen mit anderen Mitgliedstaaten bei
Personen, die in das Vereinigte Königreich einreisen wollen, Kontrollen durchführen, die nach seiner
Auffassung erforderlich sind
a) zur Überprüfung des Rechts auf Einreise in das Vereinigte Königreich bei Staatsangehörigen von
Mitgliedstaaten und ihren unterhaltsberechtigten Angehörigen, welche die ihnen nach dem
Unionsrecht zustehenden Rechte wahrnehmen, sowie bei Staatsangehörigen anderer Staaten,
denen solche Rechte aufgrund einer Übereinkunft zustehen, an die das Vereinigte Königreich
gebunden ist, und
b) zur Entscheidung darüber, ob anderen Personen die Genehmigung zur Einreise in das Vereinigte
Königreich erteilt wird.
Die Artikel III-130 und III-265 der Verfassung, die anderen Bestimmungen der Verfassung oder die
im Rahmen der Verfassung erlassenen Maßnahmen berühren in keiner Weise das Recht des
Vereinigten Königreichs, solche Kontrollen ein- oder durchzuführen. Wird im vorliegenden Artikel
auf das Vereinigte Königreich Bezug genommen, so gilt diese Bezugnahme auch für die Gebiete, für
deren Außenbeziehungen das Vereinigte Königreich verantwortlich ist.
Artikel 2
Das Vereinigte Königreich und Irland können weiterhin untereinander Regelungen über den freien
Personenverkehr zwischen ihren Hoheitsgebieten ("einheitliches Reisegebiet") treffen, sofern die
Rechte der in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a genannten Personen in vollem Umfang gewahrt bleiben.
Dementsprechend findet, solange sie solche Regelungen beibehalten, Artikel 1 unter denselben
Bedingungen und Voraussetzungen wie im Falle des Vereinigten Königreichs auf Irland Anwendung.
Die Artikel III-130 und III-265 der Verfassung, andere Bestimmungen der Verfassung oder im
Rahmen der Verfassung erlassene Maßnahmen berühren diese Regelungen in keiner Weise.
Artikel 3
Die übrigen Mitgliedstaaten dürfen an ihren Grenzen oder an allen Orten, an denen ihr Hoheitsgebiet
betreten werden kann, solche Kontrollen bei Personen durchführen, die aus dem Vereinigten
Königreich oder aus Gebieten, deren Außenbeziehungen für die in Artikel 1 genannten Zwecke in
seiner Verantwortung liegen, oder aber, soweit Artikel 1 für Irland gilt, aus Irland in ihr Hoheitsgebiet
einreisen wollen.
Die Artikel III-130 und III-265 der Verfassung, andere Bestimmungen der Verfassung oder im
Rahmen der Verfassung erlassene Maßnahmen berühren in keiner Weise das Recht der übrigen
Mitgliedstaaten, solche Kontrollen ein- oder durchzuführen.
Artikel 4
Dieses Protokoll findet auch auf die Rechtsakte Anwendung, die nach Artikel IV-438 der Verfassung
weiter gelten.
19. PROTOKOLL ÜBER DIE POSITION DES VEREINIGTEN KÖNIGREICHS UND IRLANDS
HINSICHTLICH DER POLITIK BETREFFEND GRENZKONTROLLEN, ASYL
UND EINWANDERUNG SOWIE HINSICHTLICH DER JUSTIZIELLEN ZUSAMMENARBEIT
IN ZIVILSACHEN UND DER POLIZEILICHEN ZUSAMMENARBEIT
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
IN DEM WUNSCH, bestimmte das Vereinigte Königreich und Irland betreffende Fragen zu regeln,
UNTER BERÜCKSICHTIGUNG des Protokolls über die Anwendung bestimmter Aspekte des Artikels III-130 der
Verfassung auf das Vereinigte Königreich und auf Irland -
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt
sind:
Artikel 1
Vorbehaltlich des Artikels 3 beteiligen sich das Vereinigte Königreich und Irland nicht am Erlass von
Maßnahmen durch den Rat, die nach Teil III Titel III KAPITEL IV Abschnitte 2 oder 3 der Verfassung
oder nach Artikel III-260 der Verfassung, soweit dieser Artikel die unter die genannten Abschnitte
fallenden Bereiche oder die Bereiche des Artikels III-263 oder des Artikels III-275 Absatz 2
Buchstabe a der Verfassung betrifft, vorgeschlagen werden. Für Rechtsakte des Rates, die einstimmig
angenommen werden müssen, ist die Zustimmung der Mitglieder des Rates mit Ausnahme der
Vertreter der Regierungen des Vereinigten Königreichs und Irlands erforderlich.
Für die Zwecke dieses Artikels gilt als qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 55 %
derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden
Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten
ausmachen.
Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die mehr als 35 %
der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls
gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.
Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union, so gilt
abweichend von den Absätzen 2 und 3 als die erforderliche qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von
mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern
die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten
Mitgliedstaaten ausmachen.
Artikel 2
Entsprechend Artikel 1 und vorbehaltlich der Artikel 3, 4 und 6 sind Vorschriften des Teils III Titel III
KAPITEL IV Abschnitte 2 oder 3 der Verfassung oder des Artikels III-260 der Verfassung, soweit dieser
Artikel die unter die genannten Abschnitte fallenden Bereiche oder die Bereiche des Artikels III-263
oder des Artikels III-275 Absatz 2 Buchstabe a der Verfassung betrifft, nach jenen Abschnitten oder
jenen Artikeln erlassene Maßnahmen, Vorschriften internationaler Übereinkünfte, die von der Union
nach jenen Abschnitten oder jenen Artikeln geschlossen werden, sowie Entscheidungen des
Gerichtshofs der Europäischen Union, in denen solche Vorschriften oder Maßnahmen ausgelegt
werden, für das Vereinigte Königreich oder Irland nicht bindend oder anwendbar. Diese Vorschriften,
Maßnahmen oder Entscheidungen berühren in keiner Weise die Zuständigkeiten, Rechte und
Pflichten dieser Staaten. Diese Vorschriften, Maßnahmen oder Entscheidungen verändern in keiner
Weise den Besitzstand der Gemeinschaft und der Union und sind nicht Teil des Unionsrechts, soweit
sie auf das Vereinigte Königreich und Irland Anwendung finden.
Artikel 3
(1) Das Vereinigte Königreich oder Irland kann dem Rat innerhalb von drei Monaten nach der
Vorlage eines Vorschlags nach Teil III Titel III KAPITEL IV Abschnitte 2 oder 3 der Verfassung oder eines
Vorschlags oder einer Initiative nach Artikel III-263 oder Artikel III-275 Absatz 2 Buchstabe a der
Verfassung beim Rat schriftlich mitteilen, dass es sich am Erlass und an der Anwendung der
betreffenden Maßnahme beteiligen möchte; dies ist dem betreffenden Staat daraufhin gestattet. Für
Rechtsakte des Rates, die einstimmig angenommen werden müssen, ist die Zustimmung aller
Mitglieder des Rates mit Ausnahme der Mitglieder, die keine solche Mitteilung gemacht haben,
erforderlich. Eine nach diesem Absatz erlassene Maßnahme ist für alle an ihrem Erlass beteiligten
Mitgliedstaaten bindend. Die Bedingungen für eine Beteiligung des Vereinigten Königreichs und
Irlands an den Bewertungen, die die unter Teil III Titel III KAPITEL IV Abschnitte 2 oder 3 der
Verfassung fallenden Bereiche betreffen, werden in den nach Artikel III-260 der Verfassung erlassenen
Europäischen Verordnungen oder Beschlüssen geregelt
Für die Zwecke dieses Artikels gilt als qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 55 %
derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden
Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten
ausmachen.
Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die mehr als 35 %
der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls
gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.
Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union, so gilt
abweichend von den Absätzen 2 und 3 als die erforderliche qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von
mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern
die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten
Mitgliedstaaten ausmachen.
(2) Kann eine Maßnahme nach Absatz 1 nach Ablauf eines angemessenen Zeitraums nicht mit
Beteiligung des Vereinigten Königreichs oder Irlands erlassen werden, so kann der Rat die betreffende
Maßnahme nach Artikel 1 ohne Beteiligung des Vereinigten Königreichs oder Irlands erlassen. In
diesem Fall findet Artikel 2 Anwendung.
Artikel 4
Das Vereinigte Königreich oder Irland kann nach dem Erlass einer Maßnahme nach Teil III Titel III
KAPITEL IV Abschnitte 2 oder 3 der Verfassung oder Artikel III-263 oder Artikel III-275 Absatz 2
Buchstabe a der Verfassung dem Rat und der Kommission jederzeit mitteilen, dass es die Maßnahme
anzunehmen beabsichtigt. In diesem Fall findet das in Artikel III-420 Absatz 1 der Verfassung
vorgesehene Verfahren sinngemäß Anwendung.
Artikel 5
Ein Mitgliedstaat, der durch eine nach Teil III Titel III KAPITEL IV Abschnitte 2 oder 3 der Verfassung
oder Artikel III-263 oder Artikel III-275 Absatz 2 Buchstabe a der Verfassung erlassene Maßnahme
nicht gebunden ist, hat außer den für die Organe sich ergebenden Verwaltungskosten keine
finanziellen Folgen dieser Maßnahme zu tragen, sofern der Rat nicht mit allen seinen Mitgliedern
nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig etwas anderes beschließt.
Artikel 6
In Fällen, in denen nach diesem Protokoll das Vereinigte Königreich oder Irland durch eine nach
Teil III Titel III KAPITEL IV Abschnitte 2 oder 3 der Verfassung oder Artikel III-260 der Verfassung,
soweit dieser Artikel die unter die genannten Abschnitte fallenden Bereiche oder die Bereiche des
Artikels III-263 oder des Artikels III-275 Absatz 2 Buchstabe a der Verfassung betrifft, erlassene
Maßnahme gebunden ist, gelten hinsichtlich dieser Maßnahme für den betreffenden Staat die
einschlägigen Bestimmungen der Verfassung.
Artikel 7
Die Artikel 3 und 4 berühren nicht das Protokoll über den in den Rahmen der Europäischen Union
einbezogenen Schengen-Besitzstand.
Artikel 8
Irland kann dem Rat schriftlich mitteilen, dass die Bestimmungen dieses Protokolls nicht mehr für
Irland gelten sollen. In diesem Fall gelten die genannten Bestimmungen nicht mehr für Irland.
20. PROTOKOLL ÜBER DIE POSITION DÄNEMARKS
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
UNTER BERUFUNG auf den Beschluss der am 12. Dezember 1992 in Edinburgh im Europäischen Rat vereinigten
Staats- und Regierungschefs zu bestimmten von Dänemark aufgeworfenen Problemen betreffend den Vertrag über die
Europäische Union,
IN KENNTNIS der in dem Beschluss von Edinburgh festgelegten Haltung Dänemarks in Bezug auf die Unionsbürgerschaft,
die Wirtschafts- und Währungsunion sowie auf die Verteidigungspolitik und die Bereiche Justiz und Inneres,
IN DEM BEWUSSTSEIN, dass Dänemarks Beteiligung an wichtigen Bereichen der Zusammenarbeit in der Union
erheblich eingeschränkt wird, wenn die auf den Beschluss von Edinburgh zurückgehende Rechtsregelung im Rahmen
der Verfassung fortgesetzt wird, und dass es im Interesse der Union liegt, die uneingeschränkte Anwendung des
Besitzstands im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu gewährleisten,
IN DEM WUNSCH, aufgrund dessen einen Rechtsrahmen festzulegen, der Dänemark die Option bieten wird, sich am
Erlass von Maßnahmen zu beteiligen, die auf der Grundlage von Teil III Titel III KAPITEL IV der Verfassung vorgeschlagen
werden, und die Absicht Dänemarks begrüßend, wenn möglich von dieser Option im Einklang mit seinen
verfassungsrechtlichen Vorschriften Gebrauch zu machen,
IN ANBETRACHT DESSEN, dass Dänemark die anderen Mitgliedstaaten nicht daran hindern wird, ihre
Zusammenarbeit in Bezug auf Maßnahmen, die für Dänemark nicht bindend sind, weiter auszubauen,
EINGEDENK des Protokolls über den in den Rahmen der Europäischen Union einbezogenen Schengen-Besitzstand -
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt
sind:
TEIL I
Artikel 1
Dänemark beteiligt sich nicht am Erlass von Maßnahmen durch den Rat, die nach Teil III Titel III
KAPITEL IV der Verfassung vorgeschlagen werden. Für Rechtsakte des Rates, die einstimmig erlassen
werden müssen, ist die Zustimmung der Mitglieder des Rates mit Ausnahme des dänischen Vertreters
erforderlich.
Für die Zwecke dieses Artikels gilt als qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 55 %
derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden
Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten
ausmachen.
Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die mehr als 35 %
der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls
gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.
Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union, so gilt
abweichend von den Absätzen 2 und 3 als die erforderliche qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von
mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern
die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten
Mitgliedstaaten ausmachen.
Artikel 2
Vorschriften des Teils III Titel III KAPITEL IV der Verfassung, nach jenem KAPITEL erlassene Maßnahmen,
Vorschriften internationaler Übereinkünfte, die von der Union nach jenem KAPITEL geschlossen
werden, sowie Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union, in denen solche
Vorschriften oder Maßnahmen ausgelegt werden, sind für Dänemark nicht bindend oder anwendbar.
Diese Vorschriften, Maßnahmen oder Entscheidungen berühren in keiner Weise die Zuständigkeiten,
Rechte und Pflichten Dänemarks. Diese Vorschriften, Maßnahmen oder Entscheidungen verändern in
keiner Weise den Besitzstand der Gemeinschaft und der Union und sind nicht Teil des Unionsrechts,
soweit sie auf Dänemark Anwendung finden.
Artikel 3
Dänemark hat außer den sich für die Organe ergebenden Verwaltungskosten keine finanziellen
Folgen von Maßnahmen nach Artikel 1 zu tragen.
Artikel 4
(1) Dänemark beschließt innerhalb von sechs Monaten nach Erlass einer Maßnahme des Rates zur
Ergänzung des Schengen-Besitzstands nach Teil I, ob es diese Maßnahme in einzelstaatliches Recht
umsetzt. Fasst es einen solchen Beschluss, so begründet diese Maßnahme eine Verpflichtung nach
dem Völkerrecht zwischen Dänemark und den übrigen Mitgliedstaaten, für die die Maßnahme
bindend ist.
Beschließt Dänemark, eine solche Maßnahme nicht umzusetzen, so prüfen die Mitgliedstaaten, für die
die Maßnahme bindend ist, und Dänemark, welche Schritte zu unternehmen sind.
(2) Dänemark behält die Rechte und Pflichten, die vor dem Inkrafttreten des Vertrags über eine
Verfassung für Europa in Bezug auf den Schengen-Besitzstand bestanden.
TEIL II
Artikel 5
Hinsichtlich der vom Rat nach Artikel I-41, Artikel III-295 Absatz 1 und den Artikeln III-309 bis
III-313 der Verfassung erlassenen Maßnahmen beteiligt sich Dänemark nicht an der Ausarbeitung und
Durchführung von Beschlüssen und Maßnahmen der Union, die verteidigungspolitische Bezüge
haben. Dänemark nimmt daher nicht am Erlass dieser Beschlüsse und Maßnahmen teil. Es wird die
anderen Mitgliedstaaten nicht daran hindern, ihre Zusammenarbeit auf diesem Gebiet weiter
auszubauen. Dänemark ist nicht verpflichtet, zur Finanzierung operativer Ausgaben beizutragen, die
als Folge solcher Maßnahmen anfallen, oder der Union militärische Fähigkeiten zur Verfügung zu
stellen.
Für Rechtsakte des Rates, die einstimmig erlassen werden müssen, ist die Zustimmung der Mitglieder
des Rates mit Ausnahme des Vertreters der Regierung Dänemarks erforderlich.
Für die Zwecke dieses Artikels gilt als qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 55 %
derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden
Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten
ausmachen.
Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die mehr als 35 %
der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls
gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.
Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union, so gilt
abweichend von den Absätzen 3 und 4 als die erforderliche qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von
mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern
die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten
Mitgliedstaaten ausmachen.
TEIL III
Artikel 6
Dieses Protokoll gilt auch für Maßnahmen, die nach Artikel IV-438 der Verfassung in Kraft bleiben
und die vor dem Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa von dem Protokoll über
die Position Dänemarks, das dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt ist, erfasst waren.
Artikel 7
Die Artikel 1, 2 und 3 finden keine Anwendung auf Maßnahmen zur Bestimmung derjenigen
Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im
Besitz eines Visums sein müssen, sowie auf Maßnahmen zur einheitlichen Visumgestaltung.
TEIL IV
Artikel 8
Dänemark kann jederzeit den übrigen Mitgliedstaaten im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen
Vorschriften mitteilen, dass es von diesem Protokoll insgesamt oder zum Teil keinen Gebrauch mehr
machen will. In diesem Fall wird Dänemark sämtliche im Rahmen der Union getroffenen
einschlägigen Maßnahmen, die bis dahin in Kraft getreten sind, in vollem Umfang anwenden.
Artikel 9
(1) Dänemark kann jederzeit und unbeschadet des Artikels 8 den anderen Mitgliedstaaten im
Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften mitteilen, dass ab dem ersten Tag des auf die
Mitteilung folgenden Monats Teil I dieses Protokolls aus den Bestimmungen im Anhang zu diesem
Protokoll besteht. In diesem Fall werden die Artikel 5 bis 9 entsprechend umnummeriert.
(2) Sechs Monate nach dem Tag, an dem die Mitteilung nach Absatz 1 wirksam wird, sind der
gesamte Schengen-Besitzstand und alle zur Ergänzung dieses Besitzstands erlassenen Maßnahmen,
die für Dänemark bis dahin als Verpflichtungen im Rahmen des Völkerrechts bindend waren, für
Dänemark als Unionsrecht bindend.
ANHANG
Artikel 1
Vorbehaltlich des Artikels 3 beteiligt sich Dänemark nicht am Erlass von Maßnahmen durch den Rat,
die nach Teil III Titel III KAPITEL IV der Verfassung vorgeschlagen werden. Für Rechtsakte des Rates, die
einstimmig erlassen werden müssen, ist die Zustimmung der Mitglieder des Rates mit Ausnahme des
Vertreters der Regierung Dänemarks erforderlich.
Für die Zwecke dieses Artikels gilt als qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 55 %
derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden
Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten
ausmachen.
Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die mehr als 35 %
der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls
gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.
Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union, so gilt
abweichend von den Absätzen 2 und 3 als die erforderliche qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von
mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern
die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten
Mitgliedstaaten ausmachen.
Artikel 2
Entsprechend Artikel 1 und vorbehaltlich der Artikel 3, 4 und 6 sind Vorschriften des Teils III Titel III
KAPITEL IV der Verfassung, nach jenem KAPITEL erlassene Maßnahmen, Vorschriften internationaler
Übereinkünfte, die von der Union nach jenem KAPITEL geschlossen werden, sowie Entscheidungen des
Gerichtshofs der Europäischen Union, in denen solche Vorschriften oder Maßnahmen ausgelegt
werden, für Dänemark nicht bindend oder anwendbar. Diese Vorschriften, Maßnahmen oder
Entscheidungen berühren in keiner Weise die Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten Dänemarks.
Diese Vorschriften, Maßnahmen oder Entscheidungen verändern in keiner Weise den Besitzstand der
Gemeinschaft und der Union und sind nicht Teil des Unionsrechts, soweit sie auf Dänemark
Anwendung finden.
Artikel 3
(1) Dänemark kann dem Präsidenten des Rates innerhalb von drei Monaten nach der Vorlage beim
Rat eines Vorschlags oder einer Initiative nach Teil III Titel III KAPITEL IV der Verfassung schriftlich
mitteilen, dass es sich am Erlass und an der Anwendung der betreffenden Maßnahme beteiligen
möchte; dies ist Dänemark daraufhin gestattet.
(2) Kann eine Maßnahme nach Absatz 1 nach Ablauf eines angemessenen Zeitraums nicht mit
Beteiligung Dänemarks erlassen werden, so kann der Rat die Maßnahme nach Artikel 1 ohne
Beteiligung Dänemarks erlassen. In diesem Fall findet Artikel 2 Anwendung.
Artikel 4
Dänemark kann nach Erlass einer Maßnahme nach Teil III Titel III KAPITEL IV der Verfassung dem Rat
und der Kommission jederzeit mitteilen, dass es die Maßnahme anzunehmen wünscht. In diesem Fall
findet das in Artikel III-420 Absatz 1 der Verfassung vorgesehene Verfahren sinngemäß Anwendung.
Artikel 5
(1) Die Mitteilung nach Artikel 4 hat spätestens sechs Monate nach dem endgültigen Erlass einer
Maßnahme zu erfolgen, wenn diese Maßnahme eine Ergänzung des Schengen-Besitzstands darstellt.
Erfolgt von Dänemark keine Mitteilung nach Artikel 3 oder Artikel 4 zu Maßnahmen, die eine
Ergänzung des Schengen-Besitzstands darstellen, so werden die Mitgliedstaaten, für die die
Maßnahme bindend ist, und Dänemark prüfen, welche Schritte zu unternehmen sind.
(2) Eine Mitteilung nach Artikel 3 zu Maßnahmen, die eine Ergänzung des Schengen-Besitzstands
darstellen, gilt unwiderruflich als Mitteilung nach Artikel 3 zu weiteren Vorschlägen oder Initiativen,
mit denen diese Maßnahmen ergänzt werden sollen, sofern diese Vorschläge oder Initiativen eine
Ergänzung des Schengen-Besitzstands darstellen.
Artikel 6
In Fällen, in denen nach diesem Teil Dänemark durch eine vom Rat nach Teil III Titel III KAPITEL IV der
Verfassung erlassene Maßnahme gebunden ist, gelten hinsichtlich dieser Maßnahme für Dänemark die
einschlägigen Bestimmungen der Verfassung.
Artikel 7
Ist Dänemark durch eine nach Teil III Titel III KAPITEL IV der Verfassung erlassene Maßnahme nicht
gebunden, so hat es außer den sich für die Organe ergebenden Verwaltungskosten keine finanziellen
Folgen dieser Maßnahme zu tragen, es sei denn der Rat beschließt nach Anhörung des Europäischen
Parlaments einstimmig etwas anderes.
21. PROTOKOLL ÜBER DIE AUSSENBEZIEHUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN HINSICHTLICH
DES ÜBERSCHREITENS DER AUSSENGRENZEN
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
EINGEDENK der Notwendigkeit, dass die Mitgliedstaaten, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit Drittländern, für
wirksame Kontrollen an ihren Außengrenzen sorgen -
SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt ist:
Einziger Artikel
Die in Artikel III-265 Absatz 2 Buchstabe b der Verfassung aufgenommenen Bestimmungen über
Maßnahmen in Bezug auf das Überschreiten der Außengrenzen berühren nicht die Zuständigkeit der
Mitgliedstaaten für die Aushandlung und den Abschluss von Übereinkünften mit Drittländern, sofern
sie mit dem Unionsrecht und anderen in Betracht kommenden internationalen Übereinkünften in
Einklang stehen.
22. PROTOKOLL ÜBER DIE GEWÄHRUNG VON ASYL FÜR STAATSANGEHÖRIGE
DER MITGLIEDSTAATEN
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
IN DER ERWÄGUNG, dass die Union nach Artikel I-9 Absatz 1 der Verfassung die Rechte, Freiheiten und Grundsätze
anerkennt, die in der Charta der Grundrechte enthalten sind,
IN DER ERWÄGUNG, dass die Grundrechte nach Artikel I-9 Absatz 3 der Verfassung, wie sie in der Europäischen
Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind, als allgemeine Grundsätze zum
Unionsrecht gehören,
IN DER ERWÄGUNG, dass der Gerichtshof der Europäischen Union dafür zuständig ist sicherzustellen, dass die Union
bei der Auslegung und Anwendung des Artikels I-9 Absätze 1 und 3 der Verfassung die Rechtsvorschriften einhält,
IN DER ERWÄGUNG, dass nach Artikel I-58 der Verfassung jeder europäische Staat, der beantragt, Mitglied der Union
zu werden, die in Artikel I-2 der Verfassung verkündeten Werte achten muss,
EINGEDENK dessen, dass Artikel I-59 der Verfassung ein Verfahren für die Aussetzung bestimmter Rechte im Falle einer
schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung dieser Werte durch einen Mitgliedstaat vorsieht,
UNTER HINWEIS darauf, dass jeder Staatsangehörige eines Mitgliedstaats als Unionsbürger einen besonderen Status
und einen besonderen Schutz genießt, welche die Mitgliedstaaten nach Teil I Titel II und Teil III Titel II der Verfassung
gewährleisten,
IN DEM BEWUSSTSEIN, dass die Verfassung einen Raum ohne Binnengrenzen schafft und jeder Unionsbürgerin und
jedem Unionsbürger das Recht gewährt, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten,
IN DEM WUNSCH zu verhindern, dass Asyl für andere als die vorgesehenen Zwecke in Anspruch genommen wird,
IN DER ERWÄGUNG, dass dieses Protokoll den Zweck und die Ziele des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 über
die Rechtsstellung der Flüchtlinge beachtet -
SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt ist:
Einziger Artikel
In Anbetracht des Niveaus des Schutzes der Grundrechte und Grundfreiheiten in den Mitgliedstaaten
der Europäischen Union gelten die Mitgliedstaaten füreinander für alle rechtlichen und praktischen
Zwecke im Zusammenhang mit Asylangelegenheiten als sichere Herkunftsländer. Dementsprechend
darf ein Asylantrag eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats von einem anderen Mitgliedstaat nur
berücksichtigt oder zur Bearbeitung zugelassen werden,
a) wenn der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehöriger der Antragsteller ist, Artikel 15 der
Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten anwendet und
Maßnahmen ergreift, die in seinem Hoheitsgebiet die in der Konvention vorgesehenen
Verpflichtungen außer Kraft setzen,
b) wenn das Verfahren des Artikels I-59 Absatz 1 oder Absatz 2 der Verfassung eingeleitet worden
ist, und bis der Rat oder gegebenenfalls der Europäische Rat in diesem Zusammenhang einen
Europäischen Beschluss gegenüber dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehöriger der Antragsteller
ist, erlassen hat,
c) wenn der Rat einen Europäischen Beschluss nach Artikel I-59 Absatz 1 der Verfassung im
Hinblick auf den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehöriger der Antragsteller ist, erlassen hat, oder
wenn der Europäische Rat einen Europäischen Beschluss nach Artikel I-59 Absatz 2 der
Verfassung im Hinblick auf den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehöriger der Antragsteller ist,
erlassen hat,
d) wenn ein Mitgliedstaat in Bezug auf den Antrag eines Staatsangehörigen eines anderen
Mitgliedstaats einseitig einen solchen Beschluss fasst; in diesem Fall wird der Rat umgehend
unterrichtet; bei der Prüfung des Antrags wird von der Vermutung ausgegangen, dass der Antrag
offensichtlich unbegründet ist, ohne dass die Entscheidungsbefugnis des Mitgliedstaats in
irgendeiner Weise beeinträchtigt wird.
23. PROTOKOLL ÜBER DIE STÄNDIGE STRUKTURIERTE ZUSAMMENARBEIT GEMÄSS
ARTIKEL I-41 ABSATZ 6 UND ARTIKEL III-312 DER VERFASSUNG
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
gestützt auf Artikel I-41 Absatz 6 und Artikel III-312 der Verfassung,
EINGEDENK DESSEN, dass die Union eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik verfolgt, die auf der Erreichung
einer immer stärkeren Konvergenz des Handelns der Mitgliedstaaten beruht,
EINGEDENK DESSEN, dass die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik integraler Bestandteil der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik ist, dass sie der Union eine auf zivile und militärische Mittel gestützte
Fähigkeit zu Operationen sichert, dass die Union hierauf bei Missionen nach Artikel III-309 der Verfassung außerhalb
der Union zur Friedenssicherung, Konfliktverhütung und Stärkung der internationalen Sicherheit nach den
Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen zurückgreifen kann und dass diese Aufgaben dank der von den
Mitgliedstaaten nach dem Grundsatz der "nur einmal einsetzbaren Streitkräfte" bereitgestellten militärischen Fähigkeiten
erfüllt werden,
EINGEDENK DESSEN, dass die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Union den besonderen Charakter
der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten unberührt lässt,
EINGEDENK DESSEN, dass die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Union die aus dem
Nordatlantikvertrag erwachsenden Verpflichtungen der Mitgliedstaaten achtet, die ihre gemeinsame Verteidigung als
durch die Nordatlantikvertrags-Organisation verwirklicht betrachten, die das Fundament der kollektiven Verteidigung
ihrer Mitglieder bleibt, und dass sie mit der in jenem Rahmen festgelegten gemeinsamen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik vereinbar ist,
IN DER ÜBERZEUGUNG, dass eine maßgeblichere Rolle der Union im Bereich von Sicherheit und Verteidigung im
Einklang mit den so genannten Berlin-plus-Vereinbarungen zur Vitalität eines erneuerten Atlantischen Bündnisses
beitragen wird,
FEST ENTSCHLOSSEN, dass die Union in der Lage sein muss, die ihr im Rahmen der Staatengemeinschaft obliegenden
Verantwortungen in vollem Umfang wahrzunehmen,
IN DER ERKENNTNIS, dass die Organisation der Vereinten Nationen die Union für die Durchführung dringender
Missionen nach den KAPITELn VI und VII der Charta der Vereinten Nationen um Unterstützung ersuchen kann,
IN DER ERKENNTNIS, dass die Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik von den Mitgliedstaaten
Anstrengungen im Bereich der Fähigkeiten erfordern wird,
IN DEM BEWUSSTSEIN, dass der Eintritt in eine neue Phase der Entwicklung der Europäischen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik von den Mitgliedstaaten, die dazu bereit sind, entschiedene Anstrengungen erfordert,
EINGEDENK der Bedeutung, die der umfassenden Beteiligung des Außenministers der Union an den Arbeiten im
Rahmen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit zukommt -
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt
sind:
Artikel 1
An der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit nach Artikel I-41 Absatz 6 der Verfassung kann
jeder Mitgliedstaat teilnehmen, der sich ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrags über eine
Verfassung für Europa verpflichtet,
a) seine Verteidigungsfähigkeiten durch Ausbau seiner nationalen Beiträge und gegebenenfalls durch
Beteiligung an multinationalen Streitkräften, an den wichtigsten europäischen Ausrüstungsprogrammen
und an der Tätigkeit der Agentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten,
Forschung, Beschaffung und Rüstung (Europäische Verteidigungsagentur) intensiver
zu entwickeln und
b) spätestens 2007 über die Fähigkeit zu verfügen, entweder als nationales Kontingent oder als Teil
von multinationalen Truppenverbänden bewaffnete Einheiten bereitzustellen, die auf die in
Aussicht genommenen Missionen ausgerichtet sind, taktisch als Gefechtsverband konzipiert sind,
über Unterstützung unter anderem für Transport und Logistik verfügen und fähig sind, innerhalb
von 5 bis 30 Tagen Missionen nach Artikel III-309 aufzunehmen, um insbesondere Ersuchen der
Organisation der Vereinten Nationen nachzukommen, und diese Missionen für eine Dauer von
zunächst 30 Tagen, die bis auf 120 Tage ausgedehnt werden kann, aufrechtzuerhalten.
Artikel 2
Die an der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit teilnehmenden Mitgliedstaaten verpflichten
sich zwecks Erreichung der in Artikel 1 genannten Ziele zu
a) einer Zusammenarbeit ab dem Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa zur
Verwirklichung der vereinbarten Ziele für die Höhe der Investitionsausgaben für Verteidigungsgüter
und zur regelmäßigen Überprüfung dieser Ziele im Lichte des Sicherheitsumfelds und der
internationalen Verantwortung der Union;
b) einer möglichst weit gehenden Angleichung ihres Verteidigungsinstrumentariums, indem sie
insbesondere die Ermittlung des militärischen Bedarfs harmonisieren, ihre Verteidigungsmittel
und -fähigkeiten gemeinsam nutzen und gegebenenfalls spezialisieren sowie die Zusammenarbeit
auf den Gebieten Ausbildung und Logistik stärken;
c) konkreten Maßnahmen zur Stärkung der Verfügbarkeit, der Interoperabilität, der Flexibilität und
der Verlegefähigkeit ihrer Truppen insbesondere, indem sie gemeinsame Ziele für die Entsendung
von Streitkräften aufstellen und gegebenenfalls ihre nationalen Beschlussfassungsverfahren
überprüfen;
d) einer Zusammenarbeit mit dem Ziel, dass sie die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um unter
anderem durch multinationale Konzepte und unbeschadet der sie betreffenden Verpflichtungen
im Rahmen der Nordatlantikvertrags-Organisation die im Rahmen des "Mechanismus zur
Entwicklung der Fähigkeiten" festgestellten Lücken zu schließen;
e) einer eventuellen Mitwirkung an der Entwicklung gemeinsamer oder europäischer Programme
für wichtige Güter im Rahmen der Europäischen Verteidigungsagentur.
Artikel 3
Die Europäische Verteidigungsagentur trägt zur regelmäßigen Beurteilung der Beiträge der
teilnehmenden Mitgliedstaaten zu den Fähigkeiten bei, insbesondere der Beiträge nach den unter
anderem auf der Grundlage von Artikel 2 aufgestellten Kriterien, und erstattet hierüber mindestens
einmal jährlich Bericht. Die Beurteilung kann als Grundlage für die Empfehlungen sowie für die
Europäischen Beschlüsse des Rates dienen, die nach Artikel III-312 der Verfassung erlassen werden.
24. PROTOKOLL ZU ARTIKEL I-41 ABSATZ 2 DER VERFASSUNG
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
IN ANBETRACHT der Notwendigkeit, den Artikel I-41 Absatz 2 der Verfassung in vollem Umfang umzusetzen,
IN ANBETRACHT der Tatsache, dass die Politik der Union nach Artikel I-41 Absatz 2 der Verfassung den besonderen
Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten nicht berührt, die Verpflichtungen
einiger Mitgliedstaaten, die ihre gemeinsame Verteidigung als durch die Nordatlantikvertrags-Organisation verwirklicht
betrachten, aus dem Nordatlantikvertrag achtet und mit der in jenem Rahmen festgelegten gemeinsamen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik vereinbar ist -
SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt ist:
Einziger Artikel
Die Union erarbeitet zusammen mit der Westeuropäischen Union Regelungen für eine verbesserte
Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Westeuropäischen Union.
25. PROTOKOLL ÜBER DIE EINFUHR VON IN DEN NIEDERLÄNDISCHEN ANTILLEN
RAFFINIERTEN ERDÖLERZEUGNISSEN IN DIE EUROPÄISCHE UNION
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
IN DEM WUNSCH nach einer näheren Regelung für den Handelsverkehr bei der Einfuhr von in den Niederländischen
Antillen raffinierten Erdölerzeugnissen in die Union -
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt
sind:
Artikel 1
Dieses Protokoll gilt für die Erdölerzeugnisse der Tarifnummern 2710, 2711, 2712 (Paraffin und
Petrolatum aus Erdöl), ex 2713 (paraffinische Rückstände) und 2714 (Schieferöl) der kombinierten
Nomenklatur, soweit sie zum Verbrauch in den Mitgliedstaaten eingeführt werden.
Artikel 2
Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, den in den Niederländischen Antillen raffinierten Erdölerzeugnissen
nach Maßgabe dieses Protokolls die Zollvorteile einzuräumen, die sich aus der Assoziierung
der Niederländischen Antillen mit der Union ergeben. Diese Bestimmungen gelten ungeachtet der
Ursprungsregeln der Mitgliedstaaten.
Artikel 3
(1) Stellt die Kommission auf Antrag eines Mitgliedstaats oder von sich aus fest, dass die nach der
Regelung des Artikels 2 getätigten Einfuhren von in den Niederländischen Antillen raffinierten
Erdölerzeugnissen in die Union tatsächliche Schwierigkeiten auf dem Markt eines oder mehrerer
Mitgliedstaaten hervorrufen, so erlässt sie einen Europäischen Beschluss, mit dem festgelegt wird, dass
die Zollsätze für die genannte Einfuhr von den betreffenden Mitgliedstaaten eingeführt, erhöht oder
wieder eingeführt werden, soweit und solange dies erforderlich ist, um dieser Sachlage gerecht zu
werden. Die so eingeführten, erhöhten oder wieder eingeführten Zollsätze dürfen nicht über den
Sätzen der Zölle liegen, die gegenüber Drittländern für dieselben Erzeugnisse angewendet werden.
(2) Absatz 1 kann auf jeden Fall angewendet werden, wenn die Einfuhr von in den
Niederländischen Antillen raffinierten Erdölerzeugnissen in die Union zwei Millionen Tonnen pro
Jahr erreicht.
(3) Die Europäischen Beschlüsse der Kommission nach den Absätzen 1 und 2 einschließlich
derjenigen, die auf die Ablehnung des Antrags eines Mitgliedstaats abzielen, werden dem Rat bekannt
gegeben. Dieser kann sich auf Antrag eines jeden Mitgliedstaats mit den genannten Beschlüssen
befassen, und er kann jederzeit einen Europäischen Beschluss erlassen, um diese abzuändern oder
zurückzustellen.
Artikel 4
(1) Ist ein Mitgliedstaat der Ansicht, dass die unmittelbar oder über einen anderen Mitgliedstaat
nach der Regelung des Artikels 2 durchgeführte Einfuhr von in den Niederländischen Antillen
raffinierten Erdölerzeugnissen auf seinem Markt tatsächliche Schwierigkeiten hervorruft und dass
sofortige Maßnahmen zur Behebung dieser Sachlage erforderlich sind, so kann er von sich aus
beschließen, dass auf diese Einfuhr Zölle erhoben werden, deren Sätze nicht über den Zollsätzen
liegen dürfen, die gegenüber Drittländern für dieselben Erzeugnisse angewendet werden. Er teilt
diesen Beschluss der Kommission mit, die binnen eines Monats einen Europäischen Beschluss erlässt,
mit dem festgelegt wird, ob die von dem Staat getroffenen Maßnahmen aufrechterhalten werden
können oder geändert beziehungsweise aufgehoben werden müssen. Artikel 3 Absatz 3 ist auf diesen
Beschluss der Kommission anwendbar.
(2) Überschreitet die unmittelbar oder über einen anderen Mitgliedstaat nach der Regelung des
Artikels 2 durchgeführte Einfuhr von in den Niederländischen Antillen raffinierten Erdölerzeugnissen
in einem oder mehreren Mitgliedstaaten während eines Kalenderjahrs die im Anhang zu diesem
Protokoll angegebene Menge, so werden die von dem oder den betreffenden Mitgliedstaaten für das
laufende Jahr nach Absatz 1 gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen als rechtmäßig betrachtet. Die
Kommission nimmt von den getroffenen Maßnahmen Kenntnis, nachdem sie sich vergewissert hat,
dass die festgelegte Menge erreicht wurde. In einem solchen Fall sehen die übrigen Mitgliedstaaten
davon ab, den Rat zu befassen.
Artikel 5
Beschließt die Union die Anwendung mengenmäßiger Beschränkungen auf die Einfuhr von
Erdölerzeugnissen jeder Herkunft, so können diese auch auf die Einfuhr dieser Erzeugnisse aus den
Niederländischen Antillen angewendet werden. In einem derartigen Fall wird den Niederländischen
Antillen eine Vorzugsbehandlung gegenüber Drittländern gewährt.
Artikel 6
(1) Der Rat kann die Artikel 2 bis 5 einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments und
der Kommission überprüfen, wenn er eine gemeinsame Ursprungsbestimmung für die Erdölerzeugnisse
aus Drittländern und assoziierten Ländern erlässt, im Rahmen einer gemeinsamen Handelspolitik
für die betreffenden Erzeugnisse Beschlüsse fasst oder eine gemeinsame Energiepolitik
aufstellt.
(2) Bei einer derartigen Überprüfung müssen jedoch auf jeden Fall gleichwertige Vorteile zugunsten
der Niederländischen Antillen in geeigneter Form und für eine Menge von mindestens
zweieinhalb Millionen Tonnen Erdölerzeugnissen aufrechterhalten werden.
(3) Die Verpflichtungen der Union bezüglich der gleichwertigen Vorteile nach Absatz 2 können
erforderlichenfalls auf die einzelnen Mitgliedstaaten aufgeteilt werden, wobei die im Anhang zu
diesem Protokoll aufgeführten Mengen zu berücksichtigen sind.
Artikel 7
Zur Durchführung dieses Protokolls hat die Kommission die Entwicklung der Einfuhr von in den
Niederländischen Antillen raffinierten Erdölerzeugnissen in die Mitgliedstaaten zu verfolgen. Die
Mitgliedstaaten teilen der Kommission, die für die entsprechende Verteilung sorgt, alle diesem Zweck
dienenden Angaben nach den von der Kommission empfohlenen Verwaltungseinzelheiten mit.
ANHANG
Zur Durchführung des Artikels 4 Absatz 2 haben die hohen Vertragsparteien beschlossen, dass die
Menge von zwei Millionen Tonnen Erdölerzeugnissen aus den Antillen sich wie folgt auf die
Mitgliedstaaten verteilt:
Deutschland 625 000 Tonnen
Belgisch-luxemburgische Wirtschaftsunion 200 000 Tonnen
Frankreich 75 000 Tonnen
Italien 100 000 Tonnen
Niederlande 1 000 000 Tonnen
26. PROTOKOLL BETREFFEND DEN ERWERB VON IMMOBILIEN IN DÄNEMARK
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
VON DEM WUNSCH GELEITET, gewisse besondere Probleme betreffend Dänemark zu regeln -
SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt ist:
Einziger Artikel
Ungeachtet der Bestimmungen der Verfassung kann Dänemark seine geltenden Rechtsvorschriften für
den Erwerb von Zweitwohnungen beibehalten.
27. PROTOKOLL ÜBER DEN ÖFFENTLICH-RECHTLICHEN RUNDFUNK IN DEN
MITGLIEDSTAATEN
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
IN DER ERWÄGUNG, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in den Mitgliedstaaten unmittelbar mit den
demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen jeder Gesellschaft sowie mit dem Erfordernis verknüpft ist,
den Pluralismus in den Medien zu wahren -
SIND über folgende auslegende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa
beigefügt ist:
Einziger Artikel
Die Bestimmungen der Verfassung berühren nicht die Befugnis der Mitgliedstaaten, den öffentlichrechtlichen
Rundfunk zu finanzieren, sofern die Finanzierung der Rundfunkanstalten dem öffentlichrechtlichen
Auftrag, wie er von den Mitgliedstaaten den Anstalten übertragen, festgelegt und
ausgestaltet wird, dient und die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Union nicht in einem
Ausmaß beeinträchtigt, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, wobei den Erfordernissen der
Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags Rechnung zu tragen ist.
28. PROTOKOLL ZU ARTIKEL III-214 DER VERFASSUNG
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt ist:
Einziger Artikel
Im Sinne des Artikels III-214 der Verfassung gelten Leistungen aufgrund eines betrieblichen Systems
der sozialen Sicherheit nicht als Entgelt, sofern und soweit sie auf Beschäftigungszeiten vor dem
17. Mai 1990 zurückgeführt werden können, außer im Fall von Arbeitnehmern oder deren
anspruchsberechtigten Angehörigen, die vor diesem Zeitpunkt eine Klage bei Gericht oder ein
gleichwertiges Verfahren nach geltendem einzelstaatlichen Recht anhängig gemacht haben.
29. PROTOKOLL ÜBER DEN WIRTSCHAFTLICHEN, SOZIALEN UND TERRITORIALEN
ZUSAMMENHALT
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
UNTER HINWEIS darauf, dass in Artikel I-3 der Verfassung unter anderen Zielen die Förderung des wirtschaftlichen,
sozialen und territorialen Zusammenhalts und der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten erwähnt ist und dass dieser
Zusammenhalt zu den in Artikel I-14 Absatz 2 Buchstabe c der Verfassung aufgeführten Bereichen gehört, in denen die
Union über geteilte Zuständigkeit verfügt,
UNTER HINWEIS darauf, dass Teil III Titel III KAPITEL III Abschnitt 3 der Verfassung über den wirtschaftlichen, sozialen
und territorialen Zusammenhalt insgesamt die Rechtsgrundlage für die Konsolidierung und Weiterentwicklung der
Tätigkeit der Union in diesem Bereich einschließlich der Schaffung eines Fonds darstellt,
UNTER HINWEIS darauf, dass in Artikel III-223 der Verfassung die Einrichtung eines Kohäsionsfonds vorgesehen ist,
IN ANBETRACHT dessen, dass die Europäische Investitionsbank erhebliche und noch steigende Beträge zugunsten der
ärmeren Gebiete ausleiht,
IN ANBETRACHT des Wunsches nach größerer Flexibilität bei den Regelungen für die Zuweisungen aus den
Strukturfonds,
IN ANBETRACHT des Wunsches nach einer Differenzierung der Höhe der Beteiligung der Union an den Programmen
und Vorhaben in bestimmten Mitgliedstaaten,
ANGESICHTS des Vorschlags, dem relativen Wohlstand der Mitgliedstaaten im Rahmen des Systems der Eigenmittel
stärker Rechnung zu tragen -
SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt ist:
Einziger Artikel
(1) Die Mitgliedstaaten bekräftigen, dass die Förderung des wirtschaftlichen, sozialen und
territorialen Zusammenhalts für die umfassende Entwicklung und den dauerhaften Erfolg der Union
wesentlich ist.
(2) Die Mitgliedstaaten bekräftigen ihre Überzeugung, dass die Strukturfonds bei der Erreichung der
Ziele der Union im Bereich des Zusammenhalts weiterhin eine gewichtige Rolle zu spielen haben.
(3) Die Mitgliedstaaten bekräftigen ihre Überzeugung, dass die Europäische Investitionsbank
weiterhin den Großteil ihrer Mittel für die Förderung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen
Zusammenhalts einsetzen sollte, und erklären sich bereit, den Kapitalbedarf der Europäischen
Investitionsbank zu überprüfen, sobald dies für diesen Zweck notwendig ist.
(4) Die Mitgliedstaaten vereinbaren, dass der Kohäsionsfonds finanzielle Beiträge der Union für
Vorhaben in den Bereichen Umwelt und transeuropäische Netze in Mitgliedstaaten mit einem Pro-
Kopf-BSP von weniger als 90 v. H. des Durchschnitts der Union bereitstellt, die ein Programm zur
Erfüllung der in Artikel III-184 der Verfassung genannten Bedingungen der wirtschaftlichen
Konvergenz vorweisen.
(5) Die Mitgliedstaaten bekunden ihre Absicht, ein größeres Maß an Flexibilität bei der Zuweisung
von Finanzmitteln aus den Strukturfonds für besondere Bedürfnisse vorzusehen, die nicht von den
derzeitigen Strukturfonds abgedeckt werden.
(6) Die Mitgliedstaaten bekunden ihre Bereitschaft, die Höhe der Beteiligung der Union an
Programmen und Vorhaben im Rahmen der Strukturfonds zu differenzieren, um einen übermäßigen
Anstieg der Haushaltsausgaben in den weniger wohlhabenden Mitgliedstaaten zu vermeiden.
(7) Die Mitgliedstaaten erkennen an, dass die Fortschritte im Hinblick auf den wirtschaftlichen,
sozialen und territorialen Zusammenhalt laufend überwacht werden müssen, und bekunden ihre
Bereitschaft, alle dazu erforderlichen Maßnahmen zu prüfen.
(8) Die Mitgliedstaaten erklären ihre Absicht, der Beitragskapazität der einzelnen Mitgliedstaaten im
Rahmen des Systems der Eigenmittel stärker Rechnung zu tragen und zu prüfen, wie für die weniger
wohlhabenden Mitgliedstaaten regressive Elemente im derzeitigen System der Eigenmittel korrigiert
werden können.
30. PROTOKOLL ÜBER DIE SONDERREGELUNG FÜR GRÖNLAND
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt ist:
Einziger Artikel
(1) Die Behandlung von der gemeinsamen Fischereimarktorganisation unterliegenden Erzeugnissen
mit Ursprung in Grönland bei der Einfuhr in die Union erfolgt unter Beachtung der Mechanismen der
gemeinsamen Marktorganisation frei von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung sowie ohne
mengenmäßige Beschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung, sofern die aufgrund eines
Abkommens zwischen der Union und der für Grönland zuständigen Behörde eingeräumten
Möglichkeiten des Zugangs der Union zu den grönländischen Fischereizonen für die Union zufrieden
stellend sind.
(2) Die Maßnahmen betreffend die Einfuhrregelung für die in Absatz 1 genannten Erzeugnisse
werden nach den Verfahren des Artikels III-231der Verfassung erlassen.
31. PROTOKOLL ÜBER ARTIKEL 40.3.3 DER VERFASSUNG IRLANDS
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem
Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt ist:
Einziger Artikel
Der Vertrag über eine Verfassung für Europa sowie die Verträge und Akte zur Änderung oder
Ergänzung dieses Vertrags berühren nicht die Anwendung des Artikels 40.3.3 der irischen Verfassung
in Irland.
32. PROTOKOLL ZU ARTIKEL I-9 ABSATZ 2 DER VERFASSUNG ÜBER DEN BEITRITT
DER UNION ZUR EUROPÄISCHEN KONVENTION ZUM SCHUTZ DER
MENSCHENRECHTE UND GRUNDFREIHEITEN
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt
sind:
Artikel 1
In der Übereinkunft über den Beitritt der Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der
Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden "Europäische Konvention") nach Artikel I-9
Absatz 2 der Verfassung wird dafür Sorge getragen, dass die besonderen Merkmale der Union und des
Unionsrechts erhalten bleiben, insbesondere in Bezug auf
a) die besondere Regelung für eine etwaige Beteiligung der Union an den Kontrollgremien der
Europäischen Konvention;
b) die nötigen Mechanismen, um sicherzustellen, dass Beschwerden von Nichtmitgliedstaaten und
Individualbeschwerden den Mitgliedstaaten und/oder gegebenenfalls der Union ordnungsgemäß
übermittelt werden.
Artikel 2
In der Übereinkunft nach Artikel 1 wird sichergestellt, dass der Beitritt der Union die Zuständigkeiten
der Union und die Befugnisse ihrer Organe unberührt lässt. Es wird sichergestellt, dass die
Bestimmungen der Übereinkunft die besondere Situation der Mitgliedstaaten in Bezug auf die
Europäische Konvention unberührt lassen, insbesondere in Bezug auf ihre Protokolle, auf
Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten in Abweichung von der Europäischen Konvention nach
deren Artikel 15 getroffen werden, und auf Vorbehalte, die die Mitgliedstaaten gegen die Europäische
Konvention nach deren Artikel 57 anbringen.
Artikel 3
Keine der Bestimmungen der Übereinkunft nach Artikel 1 berührt Artikel III-375 Absatz 2 der
Verfassung.
33. PROTOKOLL ÜBER DIE RECHTSAKTE UND VERTRÄGE ZUR ERGÄNZUNG
ODER ÄNDERUNG DES VERTRAGS ZUR GRÜNDUNG DER EUROPÄISCHEN
GEMEINSCHAFT UND DES VERTRAGS ÜBER DIE EUROPÄISCHE UNION
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
IN DER ERWÄGUNG, dass mit Artikel IV-437 Absatz 1 der Verfassung der Vertrag zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft und der Vertrag über die Europäische Union sowie die Rechtsakte und Verträge zu ihrer Ergänzung oder
Änderung aufgehoben werden,
IN DER ERWÄGUNG, dass die Liste der in Artikel IV-437 Absatz 1 genannten Rechtsakte und Verträge zu erstellen ist,
IN DER ERWÄGUNG, dass Artikel 9 Absatz 7 des Vertrags von Amsterdam inhaltlich zu übernehmen ist,
EINGEDENK DESSEN, dass der Akt vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments weiter in Kraft bleiben muss -
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem
Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt sind:
Artikel 1
(1) Folgende Rechtsakte und Verträge zur Ergänzung oder Änderung des Vertrags zur Gründung
der Europäischen Gemeinschaft werden aufgehoben:
a) das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften vom 8. April
1965 im Anhang zum Vertrag zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 152 vom 13.7.1967, S. 13);
b) der Vertrag vom 22. April 1970 zur Änderung bestimmter Haushaltsvorschriften der Verträge
zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften und des Vertrags zur Einsetzung eines
gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 2 vom 2.1.1971, S. 1);
c) der Vertrag vom 22. Juli 1975 zur Änderung bestimmter Finanzvorschriften der Verträge zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaften und des Vertrags zur Einsetzung eines
gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften
(ABl. L 359 vom 31.12.1977, S. 4);
d) der Vertrag vom 10. Juli 1975 zur Änderung bestimmter Vorschriften des Protokolls über die
Satzung der Europäischen Investitionsbank (ABl. L 91 vom 6.4.1978, S. 1);
e) der Vertrag vom 13. März 1984 zur Änderung der Verträge zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaften bezüglich Grönlands (ABl. L 29 vom 1.2.1985, S. 1);
f) die Einheitliche Europäische Akte vom 17. Februar 1986 und 28. Februar 1986 (ABl. L 169 vom
29.6.1987, S. 1);
g) der Rechtsakt vom 25. März 1993 zur Änderung des Protokolls über die Satzung der
Europäischen Investitionsbank, mit dem der Rat der Gouverneure zur Errichtung eines
Europäischen Investitionsfonds ermächtigt wird (ABl. L 173 vom 7.7.1994, S. 14);
h) der Beschluss 2003/223/EG des Rates in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs
vom 21. März 2003 über eine Änderung des Artikels 10.2 der Satzung des Europäischen Systems
der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (ABl. L 83 vom 1.4.2003, S. 66).
(2) Der Vertrag von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 zur Änderung des Vertrags über die
Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger
damit zusammenhängender Rechtsakte (ABl. C 340 vom 10.11.1997, S. 1) wird aufgehoben.
(3) Der Vertrag von Nizza vom 26. Februar 2001 zur Änderung des Vertrags über die Europäische
Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit
zusammenhängender Rechtsakte (ABl. C 80 vom 10.3.2001, S. 1) wird aufgehoben.
Artikel 2
(1) Unbeschadet der Anwendung des Artikels III-432 der Verfassung und des Artikels 189 des
Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft erlassen die Vertreter der Regierungen
der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen die Vorschriften, die zur Regelung einiger
besonderer Probleme des Großherzogtums Luxemburg erforderlich sind, welche sich aus der
Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen
Gemeinschaften ergeben.
(2) Der Akt zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäischen
Parlaments im Anhang zu dem Beschluss 76/787/EGKS, EWG, Euratom des Rates (ABl. L 278 vom
8.10.1976, S. 1) bleibt in der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrags über eine Verfassung für
Europa geltenden Fassung in Kraft. Dieser Akt wird zur Anpassung an die Verfassung wie folgt
geändert:
a) Artikel 1 Absatz 3 wird gestrichen.
b) In Artikel 5 Absatz 1 Unterabsatz 2 werden in der französischen Fassung die Worte "des
dispositions" gestrichen.
c) In Artikel 6 Absatz 2 werden die Worte "vom 8. April 1965" gestrichen; die Worte "der
Europäischen Gemeinschaften" werden durch die Worte "der Europäischen Union" ersetzt.
d) In Artikel 7 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich werden die Worte "Kommission der Europäischen
Gemeinschaften" durch die Worte "Europäischen Kommission" ersetzt.
e) In Artikel 7 Absatz 1 dritter Gedankenstrich werden die Worte "Gerichtshofs der Europäischen
Gemeinschaften oder des Gerichts erster Instanz" durch die Worte "Gerichtshofs der
Europäischen Union" ersetzt.
f) In Artikel 7 Absatz 1 fünfter Gedankenstrich werden die Worte "Rechnungshofes der
Europäischen Gemeinschaften" durch das Wort "Rechnungshofs" ersetzt.
g) In Artikel 7 Absatz 1 sechster Gedankenstrich werden die Worte "Bürgerbeauftragter der
Europäischen Gemeinschaften" durch die Worte "Europäischer Bürgerbeauftragter" ersetzt.
h) In Artikel 7 Absatz 1 siebter Gedankenstrich werden die Worte "der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
und der Europäischen Atomgemeinschaft" durch die Worte "der Europäischen
Union" ersetzt.
i) In Artikel 7 Absatz 1 neunter Gedankenstrich werden die Worte "aufgrund der Verträge zur
Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft"
durch die Worte "aufgrund des Vertrags über eine Verfassung für Europa und des Vertrags zur
Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft" ersetzt; die Worte "der Gemeinschaften" werden
durch die Worte "der Union" ersetzt.
j) In Artikel 7 Absatz 1 elfter Gedankenstrich werden die Worte "Organe der Europäischen
Gemeinschaften oder der ihnen angegliederten Einrichtungen, Ämter, Agenturen und Gremien
oder der Europäischen Zentralbank" durch die Worte "Organe, Einrichtungen oder sonstigen
Stellen der Europäischen Union" ersetzt.
k) Die Gedankenstriche in Artikel 7 Absatz 1 werden zu den Buchstaben a bis k.
l) In Absatz 7 Absatz 2 Unterabsatz 2 werden in der französischen Fassung die Worte "des
dispositions" gestrichen; die Gedankenstriche werden zu den Buchstaben a und b.
m) In Artikel 11 Absatz 2 Unterabsatz 2 werden die Worte "der Gemeinschaft" durch die Worte "der
Union" ersetzt; das Wort "setzt" wird durch das Wort "erlässt" und die Worte "einstimmig einen
anderen Zeitraum fest" werden durch die Worte "einstimmig durch Europäischen Beschluss einen
anderen Zeitraum" ersetzt; die Worte "vorstehendem Unterabsatz" werden durch "Unterabsatz 1"
ersetzt.
n) In Artikel 11 Absatz 3 werden die Worte "Unbeschadet des Artikels 139 des Vertrags zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaft" durch die Worte "Unbeschadet des Artikels III-336
der Verfassung" ersetzt.
o) In Artikel 14 werden die Worte "zu treffen" durch die Worte "zu erlassen" ersetzt; die Worte "so
trifft der Rat diese Maßnahmen einstimmig auf Vorschlag" werden durch die Worte "so erlässt der
Rat die erforderlichen Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse einstimmig auf Initiative"
ersetzt.
34. PROTOKOLL ÜBER DIE ÜBERGANGSBESTIMMUNGEN FÜR DIE ORGANE UND
EINRICHTUNGEN DER UNION
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
IN DER ERWÄGUNG, dass zur Regelung des Übergangs von der mit dem Vertrag über die Europäische Union
gegründeten Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft zu der ihre Rechtsnachfolge antretenden
Europäischen Union, die mit dem Vertrag über eine Verfassung für Europa geschaffen wird, Übergangsbestimmungen
vorgesehen werden müssen, die bis zum Wirksamwerden aller Bestimmungen der Verfassung und der für ihre
Anwendung erforderlichen Rechtsakte anwendbar sind -
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem
Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt sind:
TITEL I BESTIMMUNGEN ÜBER DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT
Artikel 1
(1) Rechtzeitig vor den Wahlen zum Europäischen Parlament 2009 erlässt der Europäische Rat
nach Artikel I-20 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verfassung einen Europäischen Beschluss über die
Zusammensetzung des Europäischen Parlaments.
(2) Während der Wahlperiode 2004-2009 entsprechen die Zusammensetzung und die Anzahl
der in den einzelnen Mitgliedstaaten gewählten Abgeordneten des Europäischen Parlaments der vor
dem Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa geltenden Zusammensetzung und
Anzahl, wobei die Anzahl der Abgeordneten wie folgt lautet:
Belgien 24
Tschechische Republik 24
Dänemark 14
Deutschland 99
Estland 6
Griechenland 24
Spanien 54
Frankreich 78
Irland 13
Italien 78
Zypern 6
Lettland 9
Litauen 13
Luxemburg 6
Ungarn 24
Malta 5
Niederlande 27
Österreich 18
Polen 54
Portugal 24
Slowenien 7
Slowakei 14
Finnland 14
Schweden 19
Vereinigtes Königreich 78
TITEL II BESTIMMUNGEN ÜBER DEN EUROPÄISCHEN RAT UND DEN RAT
Artikel 2
(1) Die Bestimmungen des Artikels I-25 Absätze 1, 2 und 3 der Verfassung über die Definition der
qualifizierten Mehrheit im Europäischen Rat und im Rat treten am 1. November 2009 nach der
Durchführung der Wahlen zum Europäischen Parlament 2009 nach Artikel I-20 Absatz 2 der
Verfassung in Kraft.
(2) Die nachstehenden Bestimmungen gelten unbeschadet des Artikels I-25 Absatz 4 der
Verfassung bis zum 31. Oktober 2009.
Ist für die Beschlussfassung im Europäischen Rat und im Rat eine qualifizierte Mehrheit erforderlich,
so werden die Stimmen der Mitglieder wie folgt gewichtet:
Belgien 12
Tschechische Republik 12
Dänemark 7
Deutschland 29
Estland 4
Griechenland 12
Spanien 27
Frankreich 29
Irland 7
Italien 29
Zypern 4
Lettland 4
Litauen 7
Luxemburg 4
Ungarn 12
Malta 3
Niederlande 13
Österreich 10
Polen 27
Portugal 12
Slowenien 4
Slowakei 7
Finnland 7
Schweden 10
Vereinigtes Königreich 29
In den Fällen, in denen Beschlüsse nach der Verfassung auf Vorschlag der Kommission zu fassen sind,
kommen diese Beschlüsse mit einer Mindestzahl von 232 Stimmen zustande, welche die
Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder umfasst. In den anderen Fällen kommen die Beschlüsse
mit einer Mindestzahl von 232 Stimmen zustande, welche die Zustimmung von mindestens zwei
Dritteln der Mitglieder umfasst.
Ein Mitglied des Europäischen Rates oder des Rates kann beantragen, dass beim Erlass eines
Rechtsakts des Europäischen Rates oder des Rates mit qualifizierter Mehrheit überprüft wird, ob die
Mitgliedstaaten, die diese qualifizierte Mehrheit bilden, mindestens 62 % der Gesamtbevölkerung der
Union ausmachen. Falls sich erweist, dass diese Bedingung nicht erfüllt ist, wird der betreffende
Rechtsakt nicht erlassen.
(3) Bei jedem weiteren Beitritt wird die Schwelle nach Absatz 2 so berechnet, dass die in Stimmen
ausgedrückte Schwelle für die qualifizierte Mehrheit die Zahl nicht überschreitet, die sich aus der
Tabelle in der Erklärung zur Erweiterung der Europäischen Union in der Schlussakte der Konferenz,
die den Vertrag von Nizza angenommen hat, ergibt.
(4) Die folgenden Bestimmungen über die qualifizierte Mehrheit treten am 1. November 2009 in
Kraft:
- Artikel I-44 Absatz 3 Unterabsätze 3, 4 und 5 der Verfassung;
- Artikel I-59 Absatz 5 Unterabsätze 2 und 3 der Verfassung;
- Artikel I-60 Absatz 4 Unterabsatz 2 der Verfassung;
- Artikel III-179 Absatz 4 Unterabsätze 3 und 4 der Verfassung;
- Artikel III-184 Absatz 6 Unterabsätze 3 und 4 der Verfassung;
- Artikel III-184 Absatz 7 Unterabsätze 3 und 4 der Verfassung;
- Artikel III-194 Absatz 2 Unterabsätze 2 und 3 der Verfassung;
- Artikel III-196 Absatz 3 Unterabsätze 2 und 3 der Verfassung;
- Artikel III-197 Absatz 4 Unterabsätze 2 und 3 der Verfassung;
- Artikel III-198 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Verfassung;
- Artikel III-312 Absatz 3 Unterabsätze 3 und 4 der Verfassung;
- Artikel III-312 Absatz 4 Unterabsätze 3 und 4 der Verfassung;
- Artikel 1 Absätze 2, 3 und 4 und Artikel 3 Absatz 1 Unterabsätze 2, 3 und 4 des Protokolls über
die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich der Politik betreffend
Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung sowie hinsichtlich der justiziellen Zusammenarbeit
in Zivilsachen und der polizeilichen Zusammenarbeit;
- Artikel 1 Absätze 2, 3 und 4 und Artikel 5 Absätze 3, 4 und 5 des Protokolls über die Position
Dänemarks.
Bis zum 31. Oktober 2009 gilt in den Fällen, in denen nicht alle Mitglieder des Rates an der
Abstimmung teilnehmen, das heißt in den Fällen, die in den in Unterabsatz 1 genannten Artikeln
aufgeführt sind, als qualifizierte Mehrheit derselbe Anteil der gewogenen Stimmen und derselbe
Anteil der Anzahl der Mitglieder des Rates sowie gegebenenfalls derselbe Prozentsatz der Bevölkerung
der betreffenden Mitgliedstaaten wie in Absatz 2 festgelegt.
Artikel 3
Bis zum Inkrafttreten des Europäischen Beschlusses nach Artikel I-24 Absatz 4 der Verfassung kann
der Rat in den in Artikel I-24 Absätze 2 und 3 vorgesehenen Zusammensetzungen sowie in anderen
Zusammensetzungen zusammentreten, deren Liste durch einen Europäischen Beschluss des Rates in
seiner Zusammensetzung "Allgemeine Angelegenheiten" festgesetzt wird, der mit einfacher Mehrheit
beschließt.
TITEL III BESTIMMUNGEN ÜBER DIE KOMMISSION EINSCHLIESSLICH DES AUSSENMINISTERS DER UNION
Artikel 4
Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrags über eine Verfassung für Europa amtierenden
Mitglieder der Kommission bleiben bis zum Ende ihrer Amtszeit im Amt. Am Tag der Ernennung des
Außenministers der Union endet jedoch die Amtszeit des Mitglieds, das die gleiche Staatsangehörigkeit
wie dieser besitzt.
TITEL IV BESTIMMUNGEN BETREFFEND DEN GENERALSEKRETÄR DES RATES, DEN HOHEN VERTRETER FÜR DIE GEMEINSAME AUSSEN- UND SICHERHEITSPOLITIK UND DEN STELLVERTRETENDEN GENERALSEKRETÄR DES RATES
Artikel 5
Die Amtszeit des Generalsekretärs des Rates, Hohen Vertreters für die Gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik, und des Stellvertretenden Generalsekretärs des Rates endet zum Zeitpunkt des
Inkrafttretens des Vertrags über eine Verfassung für Europa. Der Rat ernennt seinen Generalsekretär
nach Artikel III-344 Absatz 2 der Verfassung.
TITEL V BESTIMMUNGEN ÜBER DIE BERATENDEN EINRICHTUNGEN
Artikel 6
Bis zum Inkrafttreten des Europäischen Beschlusses nach Artikel III-386 der Verfassung verteilen sich
die Mitglieder des Ausschusses der Regionen wie folgt:
Belgien 12
Tschechische Republik 12
Dänemark 9
Deutschland 24
Estland 7
Griechenland 12
Spanien 21
Frankreich 24
Irland 9
Italien 24
Zypern 6
Lettland 7
Litauen 9
Luxemburg 6
Ungarn 12
Malta 5
Niederlande 12
Österreich 12
Polen 21
Portugal 12
Slowenien 7
Slowakei 9
Finnland 9
Schweden 12
Vereinigtes Königreich 24
Artikel 7
Bis zum Inkrafttreten des Europäischen Beschlusses nach Artikel III-389 der Verfassung verteilen sich
die Mitglieder des Wirtschafts- und Sozialausschusses wie folgt:
Belgien 12
Tschechische Republik 12
Dänemark 9
Deutschland 24
Estland 7
Griechenland 12
Spanien 21
Frankreich 24
Irland 9
Italien 24
Zypern 6
Lettland 7
Litauen 9
Luxemburg 6
Ungarn 12
Malta 5
Niederlande 12
Österreich 12
Polen 21
Portugal 12
Slowenien 7
Slowakei 9
Finnland 9
Schweden 12
Vereinigtes Königreich 24
35. PROTOKOLL ÜBER DIE FINANZIELLEN FOLGEN DES ABLAUFS DES VERTRAGS
ÜBER DIE GRÜNDUNG DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT FÜR KOHLE UND STAHL
UND ÜBER DEN FORSCHUNGSFONDS FÜR KOHLE UND STAHL
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
UNTER HINWEIS DARAUF, dass das gesamte Vermögen und alle Verbindlichkeiten der Europäischen Gemeinschaft für
Kohle und Stahl zum Stand vom 23. Juli 2002 am 24. Juli 2002 auf die Europäische Gemeinschaft übergegangen sind,
EINGEDENK der Tatsache, dass diese Mittel für die Forschung in Sektoren verwendet werden sollten, die mit der Kohleund
Stahlindustrie zusammenhängen, und der sich daraus ergebenden Notwendigkeit, hierfür eine Reihe besonderer
Vorschriften vorzusehen -
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt
sind:
Artikel 1
(1) Der Nettowert des Vermögens und der Verbindlichkeiten der Europäischen Gemeinschaft für
Kohle und Stahl nach der Bilanz der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 23. Juli
2002, vorbehaltlich etwaiger Erhöhungen oder Minderungen infolge der Abwicklungsvorgänge, gilt
als Vermögen der Union für Forschung in Sektoren, die die Kohle- und Stahlindustrie betreffen, und
erhält die Bezeichnung "Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl in Abwicklung". Nach
Abschluss der Abwicklung wird dieses Vermögen als "Vermögen des Forschungsfonds für Kohle und
Stahl" bezeichnet.
(2) Die Erträge aus diesem Vermögen, die als "Forschungsfonds für Kohle und Stahl" bezeichnet
werden, werden nach Maßgabe dieses Protokolls und der auf dieser Grundlage erlassenen Rechtsakte
ausschließlich für die außerhalb des Forschungsrahmenprogramms durchgeführten Forschungsarbeiten
in Sektoren, die mit der Kohle- und Stahlindustrie zusammenhängen, verwendet.
Artikel 2
(1) Durch Europäisches Gesetz des Rates werden alle für die Durchführung dieses Protokolls
erforderlichen Bestimmungen einschließlich der wesentlichen Grundsätze erlassen. Der Rat beschließt
nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.
(2) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur
Festlegung der mehrjährigen Finanzleitlinien für die Verwaltung des Vermögens des Forschungsfonds
für Kohle und Stahl sowie der technischen Leitlinien für das Forschungsprogramm des Fonds. Er
beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
Artikel 3
Soweit in diesem Protokoll und in den auf der Grundlage dieses Protokolls erlassenen Rechtsakten
nichts anderes vorgesehen ist, findet die Verfassung Anwendung.
36. PROTOKOLL ZUR ÄNDERUNG DES VERTRAGS ZUR GRÜNDUNG DER EUROPÄISCHEN
ATOMGEMEINSCHAFT
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
UNTER HINWEIS DARAUF, dass die Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft
weiterhin volle rechtliche Wirkung entfalten müssen,
IN DEM WUNSCH, diesen Vertrag an die neuen im Vertrag über eine Verfassung für Europa festgelegten Vorschriften,
insbesondere in den Bereichen Institutionen und Finanzen, anzupassen,
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt
sind und durch die der Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft wie folgt geändert wird:
Artikel 1
Durch dieses Protokoll wird der Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (im
Folgenden "EAG-Vertrag") in seiner zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrags über eine
Verfassung für Europa geltenden Fassung geändert.
Ungeachtet des Artikels IV-437 des Vertrags über eine Verfassung für Europa und unbeschadet der
anderen Bestimmungen dieses Protokolls werden die rechtlichen Wirkungen der Änderungen des
EAG-Vertrags durch die Verträge und Rechtsakte, die durch Artikel IV-437 des Vertrags über eine
Verfassung für Europa aufgehoben werden, sowie die rechtlichen Wirkungen der geltenden
Rechtsakte, die auf der Grundlage des EAG-Vertrags erlassen worden sind, nicht berührt.
Artikel 2
Die Überschrift des Titels III des EAG-Vertrags "Vorschriften über die Organe" erhält folgende Fassung:
"Vorschriften über die Organe und Finanzvorschriften".
Artikel 3
Zu Beginn des Titels III wird folgendes neue KAPITEL eingefügt:
" KAPITEL 1
ANWENDUNG VON BESTIMMUNGEN DES VERTRAGS ÜBER EINE VERFASSUNG FÜR EUROPA
Artikel 106a
(1) Die Artikel I-19 bis I-29, die Artikel I-31 bis I-39, die Artikel I-49 und I-50, die Artikel I-53
bis I-56, die Artikel I-58 bis I-60 , die Artikel III-330 bis III-372, die Artikel III-374 und III-375, die
Artikel III-378 bis III-381, die Artikel III-384 und III-385, die Artikel III-389 bis III-392, die
Artikel III-395 bis III-410, die Artikel III-412 bis III-415, die Artikel III-427, III-433, IV-439 und IV-
443 des Vertrags über eine Verfassung für Europa gelten auch für den vorliegenden Vertrag.
(2) Im Rahmen des vorliegenden Vertrags sind die Bezugnahmen auf die Union und die Verfassung
in den in Absatz 1 aufgeführten Bestimmungen sowie in den Bestimmungen der Protokolle, die dem
Vertrag über eine Verfassung für Europa sowie dem vorliegenden Vertrag beigefügt sind, als
Bezugnahmen auf die Europäische Atomgemeinschaft und den vorliegenden Vertrag zu betrachten.
(3) Der Vertrag über eine Verfassung für Europa beeinträchtigt nicht die Vorschriften des
vorliegenden Vertrags."
Artikel 4
In Titel III des EAG-Vertrags werden die KAPITEL I, II und III zu den KAPITELn II, III und IV.
Artikel 5
(1) Artikel 3, die Artikel 107 bis 132, die Artikel 136 bis 143, die Artikel 146 bis 156, die
Artikel 158 bis 163, die Artikel 165 bis 170, die Artikel 173, 173a und 175, die Artikel 177 bis 179a,
die Artikel 180b und 181, die Artikel 183, 183a, 190 und 204 des EAG-Vertrags werden aufgehoben.
(2) Die Protokolle, die bisher dem EAG-Vertrag beigefügt waren, werden aufgehoben.
Artikel 6
Die Überschrift des Titels IV des EAG-Vertrags "Finanzvorschriften" erhält folgende Fassung:
"Besondere Finanzvorschriften".
Artikel 7
(1) In Artikel 38 Absatz 3 und Artikel 82 Absatz 3 des EAG-Vertrags werden die Bezugnahmen auf
die Artikel 141 und 142 durch Bezugnahmen auf die Artikel III-360 beziehungsweise III-361 der
Verfassung ersetzt.
(2) In Artikel 171 Absatz 2 und Artikel 176 Absatz 3 des EAG-Vertrags wird die Bezugnahme auf
den Artikel 183 durch die Bezugnahme auf Artikel III-412 der Verfassung ersetzt.
(3) In Artikel 172 Absatz 4 des EAG-Vertrags wird die Bezugnahme auf Artikel 177 Absatz 5 durch
die Bezugnahme auf Artikel III-404 der Verfassung ersetzt.
(4) In den Artikeln 38, 82, 96 und 98 des EAG-Vertrags wird das Wort "Richtlinie" durch
"Europäische Verordnung" ersetzt.
(5) Im EAG-Vertrag wird das Wort "Beschluss" beziehungsweise "Entscheidung" durch "Europäischer
Beschluss" ersetzt, mit Ausnahme der Artikel 18, 20 und 23, des Artikels 53 Absatz 1 sowie der
Fälle, in denen der Beschluss beziehungsweise die Entscheidung vom Gerichtshof der Europäischen
Union erlassen wird.
(6) Im EAG-Vertrag wird die Bezeichnung "Gerichtshof" durch die Bezeichnung "Gerichtshof der
Europäischen Union" ersetzt.
Artikel 8
Artikel 191 des EAG-Vertrags erhält folgende Fassung:
"Artikel 191
Die Gemeinschaft genießt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten die zur Erfüllung ihrer Aufgabe
erforderlichen Vorrechte und Befreiungen nach Maßgabe des Protokolls über die Vorrechte und
Befreiungen der Europäischen Union."
Artikel 9
Artikel 198 des EAG-Vertrags erhält folgende Fassung:
"Artikel 198
Soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, finden die Vorschriften dieses Vertrags auf die europäischen
Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten sowie auf die ihnen unterstehenden außereuropäischen Hoheitsgebiete
Anwendung.
Ebenso finden sie auf die europäischen Hoheitsgebiete Anwendung, deren auswärtige Beziehungen
ein Mitgliedstaat wahrnimmt.
Die Vorschriften dieses Vertrags finden auf die landinseln mit den Abweichungen Anwendung, die
ursprünglich in dem in Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstabe d des Vertrags über eine Verfassung für
Europa genannten Vertrag enthalten waren und die in das Protokoll betreffend die Verträge und
Akten über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands, sowie des Vereinigten Königreichs
Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der
Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs
Schweden übernommen worden sind.
Abweichend von den Absätzen 1, 2 und 3 gilt:
a) Dieser Vertrag findet weder auf die Färöer noch auf Grönland Anwendung.
b) Dieser Vertrag findet auf die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und
Nordirland auf Zypern keine Anwendung.
c) Dieser Vertrag findet keine Anwendung auf die überseeischen Länder und Hoheitsgebiete, die
besondere Beziehungen zum Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland unterhalten
und die in Anhang II des Vertrags über eine Verfassung für Europa nicht aufgeführt sind.
d) Dieser Vertrag findet auf die Kanalinseln und die Insel Man nur insoweit Anwendung, als dies
erforderlich ist, um die Anwendung der Regelung sicherzustellen, die ursprünglich in dem in
Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstabe a des Vertrags über eine Verfassung für Europa genannten
Vertrag für diese Inseln vorgesehen war und die in das Protokoll betreffend die Verträge und
Akten über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands, sowie des Vereinigten Königreichs
Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der
Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs
Schweden übernommen worden ist."
Artikel 10
Artikel 206 des EAG-Vertrags erhält folgende Fassung:
"Artikel 206
Die Gemeinschaft kann mit einem Staat oder mehreren Staaten oder einer oder mehreren
internationalen Organisationen Abkommen schließen, durch die eine Assoziation mit gegenseitigen
Rechten und Pflichten, gemeinsamem Vorgehen und besonderen Verfahren gegründet wird.
Diese Abkommen werden nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig vom Rat
geschlossen.
Werden durch diese Abkommen Änderungen dieses Vertrags erforderlich, so müssen diese zuvor
nach dem Verfahren des Artikels IV-443 des Vertrags über eine Verfassung für Europa erlassen
werden."
Artikel 11
Artikel 225 Absatz 2 des EAG-Vertrags erhält folgende Fassung:
"Der Wortlaut dieses Vertrags ist auch in dänischer, englischer, estnischer, finnischer, griechischer,
irischer, lettischer, litauischer, maltesischer, polnischer, portugiesischer, schwedischer, slowakischer,
slowenischer, spanischer, tschechischer und ungarischer Sprache verbindlich."
Artikel 12
Die Einnahmen und Ausgaben der Europäischen Atomgemeinschaft werden mit Ausnahme
derjenigen der Versorgungsagentur und der gemeinsamen Unternehmen im Haushaltsplan der Union
ausgewiesen.
B. ANHÄNGE ZUM VERTRAG ÜBER EINE VERFASSUNG FÜR EUROPA
ANHANG I
LISTE ZU ARTIKEL III-226 DER VERFASSUNG
1 - Nummer der kombinierten Nomenklatur 2 - Warenbezeichnung
KAPITEL 1 Lebende Tiere
KAPITEL 2 Fleisch und genießbarer Schlachtabfall
KAPITEL 3 Fische, Krebstiere und Weichtiere
KAPITEL 4 Milch und Milcherzeugnisse, Vogeleier; natürlicher Honig
KAPITEL 5
0504 Därme, Blasen und Mägen von anderen Tieren als Fischen, ganz oder geteilt
0515 Waren tierischen Ursprungs, anderweit weder genannt noch inbegriffen; nicht lebende Tiere des KAPITELs 1 oder 3, ungenießbar
KAPITEL 6 Lebende Pflanzen und Waren des Blumenhandels
KAPITEL 7 Gemüse, Pflanzen, Wurzeln und Knollen, die zu Ernährungszwecken verwendet werden
KAPITEL 8 Genießbare Früchte, Schalen von Zitrusfrüchten oder von Melonen
KAPITEL 9 Kaffee, Tee und Gewürze, ausgenommen Mate (Position 09.03)
KAPITEL 10 Getreide
KAPITEL 11 Müllereierzeugnisse, Malz; Stärke; Kleber, Inulin
KAPITEL 12 Ölsaaten und ölhaltige Früchte; verschiedene Samen und Früchte; Pflanzen zum Gewerbe-
oder Heilgebrauch, Stroh und Futter
KAPITEL 13 ex 1303 Pektin
KAPITEL 15
1501 Schweineschmalz; Geflügelfett, ausgepresst oder ausgeschmolzen
1502 Talg von Rindern, Schafen oder Ziegen, roh oder ausgeschmolzen, einschließlich Premier Jus
1503 Schmalzstearin; Oleostearin; Schmalzöl, Oleomargarine und Talgöl, weder emulgiert, vermischt noch anders verarbeitet
1504 Fette und Öle von Fischen oder Meeressäugetieren, auch raffiniert
1507 Fette, pflanzliche Öle, flüssig oder fest, roh, gereinigt oder raffiniert
1512 Tierische und pflanzliche Fette und Öle, gehärtet, auch raffiniert, jedoch nicht weiter verarbeitet
1513 Margarine, Kunstspeisefett und andere genießbare verarbeitete Fette
1517 Rückstände aus der Verarbeitung von Fettstoffen oder von tierischen oder pflanzlichen Wachsen
KAPITEL 16 Zubereitungen von Fleisch, Fischen, Krebstieren und Weichtieren
KAPITEL 17
1701 Rüben- und Rohrzucker, fest
1702 Andere Zucker; Sirupe; Kunsthonig, auch mit natürlichem Honig vermischt; Zucker und Melassen, karamellisiert
1703 Melassen, auch entfärbt
1705 (*) Zucker, Sirupe und Melassen, aromatisiert oder gefärbt (einschließlich Vanille- und Vanillinzucker), ausgenommen Fruchtsäfte mit
beliebigem Zusatz von Zucker
KAPITEL 18
1801 Kakaobohnen, auch Bruch, roh oder geröstet
1802 Kakaoschalen, Kakaohäutchen und anderer Kakaoabfall
KAPITEL 20 Zubereitungen von Gemüse, Küchenkräutern, Früchten und anderen Pflanzen oder Pflanzenteilen
KAPITEL 22
2204 Traubenmost, teilweise vergoren, auch ohne Alkohol stummgemacht
2205 Wein aus frischen Weintrauben; mit Alkohol stummgemachter Most aus frischen Weintrauben
2207 Apfelwein, Birnenwein, Met und andere gegorene Getränke
ex 2208 (*)
ex 2209 (*)
Äthylalkohol und Sprit, vergällt und unvergällt,
mit einem beliebigen Äthylalkoholgehalt,
hergestellt aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen,
die in diesem Anhang aufgeführt sind
(ausgenommen Branntwein, Likör und andere
alkoholische Getränke, zusammengesetzte
alkoholische Zubereitungen - Essenzen -
zur Herstellung von Getränken)
ex 2210 (*) Speiseessig
KAPITEL 23 Rückstände und Abfälle der Lebensmittelindustrie; zubereitetes Futter
KAPITEL 24
2401 Tabak, unverarbeitet; Tabakabfälle
KAPITEL 45
4501 Naturkork, unbearbeitet, und Korkabfälle; Korkschrot, Korkmehl
KAPITEL 54
5401 Flachs, roh, geröstet, geschwungen, gehechelt oder anders bearbeitet, jedoch nicht versponnen;
Werg und Abfälle (einschließlich Reißspinnstoff)
KAPITEL 57
5701 Hanf (Cannabis sativa), roh, geröstet, geschwungen, gehechelt oder anders bearbeitet, jedoch nicht versponnen;
Werg und Abfälle (einschließlich Reißspinnstoff)
(*) Position eingefügt nach Artikel 1 der Verordnung Nr. 7a des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
vom 18. Dezember 1959 (ABl. 7 vom 30.1.1961, S. 71/61).
ANHANG II
ÜBERSEEISCHE LÄNDER UND HOHEITSGEBIETE AUF WELCHE TEIL III
TITEL IV DER VERFASSUNG ANWENDUNG FINDET
- Grönland
- Neukaledonien und Nebengebiete
- Französisch-Polynesien
- Französische Süd-und Antarktisgebiete,
- Wallis und Futuna
- Mayotte
- St. Pierre und Miquelon
- Aruba
- Niederländische Antillen:
- Bonaire
- Cura‡ao
- Saba
- Sint Eustatius
- Sint Maarten
- Anguilla
- Kaimaninseln
- Falklandinseln
- Südgeorgien und südliche Sandwichinseln
- Montserrat
- Pitcairn
- St. Helena und Nebengebiete
- Britisches Antarktis-Territorium
- Britisches Territorium im Indischen Ozean
- Turks- und Caicosinseln
- Britische Jungferninseln
- Bermuda
SCHLUSSAKTE
DIE KONFERENZ DER VERTRETER DER REGIERUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN,
die am 30. September 2003 in Brüssel einberufen wurde, um im gegenseitigen Einvernehmen den Vertrag
über eine Verfassung für Europa zu beschließen, hat folgende Texte angenommen:
I. Vertrag über eine Verfassung für Europa
II. Protokolle zum Vertrag über eine Verfassung für Europa:
1. Protokoll über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union
2. Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit
3. Protokoll zur Festlegung der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union
4. Protokoll zur Festlegung der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der
Europäischen Zentralbank
5. Protokoll zur Festlegung der Satzung der Europäischen Investitionsbank
6. Protokoll über die Festlegung der Sitze der Organe und bestimmter Einrichtungen, sonstiger
Stellen und Dienststellen der Europäischen Union
7. Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union
8. Protokoll betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreichs Dänemark,
Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen
Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik
Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden
9. Protokoll betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik,
der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der
Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der
Slowakischen Republik
10. Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit
11. Protokoll über die Konvergenzkriterien
12. Protokoll betreffend die Euro-Gruppe
13. Protokoll über einige Bestimmungen betreffend das Vereinigte Königreich Großbritannien
und Nordirland hinsichtlich der Wirtschafts- und Währungsunion
14. Protokoll über einige Bestimmungen betreffend Dänemark hinsichtlich der Wirtschafts- und
Währungsunion
15. Protokoll über bestimmte Aufgaben der Nationalbank Dänemarks
16. Protokoll über die Regelung für den Franc der Pazifischen Finanzgemeinschaft
17. Protokoll über den in den Rahmen der Europäischen Union einbezogenen Schengen-Besitzstand
18. Protokoll über die Anwendung bestimmter Aspekte des Artikels III-130 der Verfassung auf
das Vereinigte Königreich und auf Irland
19. Protokoll über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich der Politik
betreffend Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung sowie hinsichtlich der justiziellen
Zusammenarbeit in Zivilsachen und der polizeilichen Zusammenarbeit
20. Protokoll über die Position Dänemarks
21. Protokoll über die Außenbeziehungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich des Überschreitens der Außengrenzen
22. Protokoll über die Gewährung von Asyl für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten
23. Protokoll über die ständige Strukturierte Zusammenarbeit nach Artikel I-41 Absatz 6 und
Artikel III-312 der Verfassung
24. Protokoll zu Artikel I-41 Absatz 2 der Verfassung
25. Protokoll über die Einfuhr von in den Niederländischen Antillen raffinierten Erdölerzeugnissen
in die Europäische Union
26. Protokoll betreffend den Erwerb von Immobilien in Dänemark
27. Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten
28. Protokoll zu Artikel III-214 der Verfassung
29. Protokoll über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt
30. Protokoll über die Sonderregelung für Grönland
31. Protokoll über Artikel 40.3.3 der Verfassung Irlands
32. Protokoll zu Artikel I-9 Absatz 2 der Verfassung über den Beitritt der Union zur
Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten
33. Protokoll über die Rechtsakte und Verträge zur Ergänzung oder Änderung des Vertrags zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Vertrags über die Europäische Union
34. Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union
35. Protokoll über die finanziellen Folgen des Ablaufs des Vertrags über die Gründung der
Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und über den Forschungsfonds für Kohle und Stahl
36. Protokoll zur Änderung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft
III. Anhänge zum Vertrag über eine Verfassung für Europa
1. Anhang I - Liste zu Artikel III-226 der Verfassung
2. Anhang II - Überseeische Länder und Hoheitsgebiete, auf welche Teil III Titel IV der Verfassung Anwendung findet
Die Konferenz hat die nachstehend aufgeführten Erklärungen angenommen, die dieser Schlussakte beigefügt sind:
A. Erklärungen zu Bestimmungen der Verfassung
1. Erklärung zu Artikel I-6
2. Erklärung zu Artikel I-9 Absatz 2
3. Erklärung zu den Artikeln I-22, I-27 und I-28
4. Erklärung zu Artikel I-24 Absatz 7 zu dem Beschluss des Europäischen Rates
über dieAusübung des Vorsitzes im Rat
5. Erklärung zu Artikel I-25
6. Erklärung zu Artikel I-26
7. Erklärung zu Artikel I-27
8. Erklärung zu Artikel I-36
9. Erklärung zu den Artikeln I-43 und III-329
10. Erklärung zu Artikel I-51
11. Erklärung zu Artikel I-57
12. Erklärung betreffend die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte
13. Erklärung zu Artikel III-116
14. Erklärung zu den Artikeln III-136 und III-267
15. Erklärung zu den Artikeln III-160 und III-322
16. Erklärung zu Artikel III-167 Absatz 2 Buchstabe c
17. Erklärung zu Artikel III-184
18. Erklärung zu Artikel III-213
19. Erklärung zu Artikel III-220
20. Erklärung zu Artikel III-243
21. Erklärung zu Artikel III-248
22. Erklärung zu Artikel III-256
23. Erklärung zu Artikel III-273 Absatz 1 Unterabsatz 2
24. Erklärung zu Artikel III-296
25. Erklärung zu Artikel III-325 über die Aushandlung und den Abschluss internationaler Übereinkünfte
betreffend den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts durch die Mitgliedstaaten
26. Erklärung zu Artikel III-402 Absatz 4
27. Erklärung zu Artikel III-419
28. Erklärung zu Artikel IV-440 Absatz 7
29. Erklärung zu Artikel IV-448 Absatz 2
30. Erklärung zur Ratifikation des Vertrags über eine Verfassung für Europa
B. Erklärungen zu den der Verfassung beigefügten Protokollen
Erklärungen zu dem Protokoll betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des
Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland,
der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der
Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden
31. Erklärung zu den Ölandinseln
32. Erklärung zu den Samen
Erklärungen zu dem Protokoll betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der
Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der
Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik
Slowenien und der Slowakischen Republik
33. Erklärung zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern
34. Erklärung der Kommission zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien
und Nordirland auf Zypern
35. Erklärung zum Kernkraftwerk Ignalina in Litauen
36. Erklärung zum Transit von Personen auf dem Landweg zwischen dem Kaliningrader Gebiet
und den übrigen Teilen der Russischen Föderation
37. Erklärung zu den Blöcken 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 in der Slowakei
38. Erklärung zu Zypern
39. Erklärung zu dem Protokoll über die Position Dänemarks
40. Erklärung zu dem Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und
Einrichtungen der Union
41. Erklärung betreffend Italien
Die Konferenz hat ferner die nachstehend aufgeführten Erklärungen zur Kenntnis genommen, die
dieser Schlussakte beigefügt sind:
42. Erklärung des Königreichs der Niederlande zu Artikel I-55
43. Erklärung des Königreichs der Niederlande zu Artikel IV-440
44. Erklärung der Bundesrepublik Deutschland, Irlands, der Republik Ungarn, der Republik
Österreich und des Königreichs Schweden
45. Erklärung des Königreichs Spanien und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland
46. Erklärung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zur Definition des
Begriffs "Staatsangehöriger"
47. Erklärung des Königreichs Spanien zur Definition des Begriffs "Staatsangehöriger"
48. Erklärung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland über das Wahlrecht
für die Wahlen zum Europäischen Parlament
49. Erklärung des Königreichs Belgien zu den nationalen Parlamenten
50. Erklärung der Republik Lettland und der Republik Ungarn zur Schreibweise des Namens der
einheitlichen Währung in dem Vertrag über eine Verfassung für Europa
...
Geschehen zu Rom am neunundzwanzigsten Oktober zweitausendundvier.
... [Unterschriften]
A. ERKLÄRUNGEN ZU BESTIMMUNGEN DER VERFASSUNG
1. Erklärung zu Artikel I-6
Die Konferenz stellt fest, dass Artikel I-6 die geltende Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften und des Gerichts erster Instanz zum Ausdruck bringt.
2. Erklärung zu Artikel I-9 Absatz 2
Die Konferenz kommt überein, dass der Beitritt der Union zur Europäischen Konvention zum Schutz
der Menschenrechte und Grundfreiheiten unter Bedingungen erfolgen sollte, die es gestatten, die
Besonderheiten der Rechtsordnung der Union zu wahren. In diesem Zusammenhang stellt die
Konferenz fest, dass der Gerichtshof der Europäischen Union und der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte in einem regelmäßigen Dialog stehen; dieser Dialog könnte beim Beitritt der Union
zu dieser Konvention intensiviert werden.
3. Erklärung zu den Artikeln I-22, I-27 und I-28
Bei der Auswahl der Personen, die das Amt des Präsidenten des Europäischen Rates, des Präsidenten
der Kommission und des Außenministers der Union ausüben sollen, ist gebührend zu berücksichtigen,
dass die geografische und demografische Vielfalt der Union und ihrer Mitgliedstaaten
geachtet werden muss.
4. Erklärung zu Artikel I-24 Absatz 7 zu dem Beschluss des Europäischen Rates über die
Ausübung des Vorsitzes im Rat
Die Konferenz erklärt, dass der Rat nach der Unterzeichnung des Vertrags über eine Verfassung für
Europa umgehend mit der Ausarbeitung des Europäischen Beschlusses mit Bestimmungen zur
Anwendung des Europäischen Beschlusses des Europäischen Rates über die Ausübung des Vorsitzes
im Rat beginnen und innerhalb von sechs Monaten zu einer politischen Einigung gelangen sollte. Ein
Entwurf für einen Europäischen Beschluss des Europäischen Rates, der am Tag des Inkrafttretens des
genannten Vertrags angenommen wird, ist nachstehend wiedergegeben:
ENTWURF EINES EUROPÄISCHEN BESCHLUSSES DES EUROPÄISCHEN RATES ÜBER DIE AUSÜBUNG DES VORSITZES IM RAT
Artikel 1
(1) Der Vorsitz im Rat außer in der Zusammensetzung "Auswärtige Angelegenheiten" wird von
zuvor festgelegten Gruppen von drei Mitgliedstaaten für einen Zeitraum von 18 Monaten
wahrgenommen. Diese Gruppen werden in gleichberechtigter Rotation der Mitgliedstaaten unter
Berücksichtigung ihrer Verschiedenheit und des geografischen Gleichgewichts innerhalb der Union
zusammengestellt.
(2) Jedes Mitglied der Gruppe nimmt den Vorsitz in allen Zusammensetzungen des Rates außer in
der Zusammensetzung "Auswärtige Angelegenheiten" im Wechsel für einen Zeitraum von sechs
Monaten wahr. Die anderen Mitglieder der Gruppe unterstützen den Vorsitz auf der Grundlage eines
gemeinsamen Programms bei all seinen Aufgaben. Die Mitglieder der Gruppe können untereinander
alternative Regelungen beschließen.
Artikel 2
Der Vorsitz im Ausschuss der Ständigen Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten wird von
einem Vertreter des Mitgliedstaats wahrgenommen, der den Vorsitz im Rat in der Zusammensetzung
"Allgemeine Angelegenheiten" innehat.
Der Vorsitz im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee wird von einem Vertreter des
Außenministers der Union wahrgenommen.
Der Vorsitz in den vorbereitenden Gremien des Rates in seinen verschiedenen Zusammensetzungen
außer in der Zusammensetzung "Auswärtige Angelegenheiten" wird von dem Mitglied der Gruppe
wahrgenommen, das den Vorsitz in der entsprechenden Zusammensetzung des Rates führt, sofern
nach Artikel 4 nichts anderes beschlossen wird.
Artikel 3
Der Rat in der Zusammensetzung "Allgemeine Angelegenheiten" sorgt im Rahmen einer
Mehrjahresplanung in Zusammenarbeit mit der Kommission für die Kohärenz und die Kontinuität
der Arbeiten des Rates in seinen verschiedenen Zusammensetzungen. Die den Vorsitz wahrnehmenden
Mitgliedstaaten treffen mit Unterstützung des Generalsekretariats des Rates alle für die
Organisation und den reibungslosen Ablauf der Arbeiten des Rates erforderlichen Vorkehrungen.
Artikel 4
Der Rat erlässt einen Europäischen Beschluss mit Bestimmungen zur Anwendung dieses Beschlusses.
5. Erklärung zu Artikel I-25
Die Konferenz erklärt, dass der Europäische Beschluss über die Anwendung des Artikels I-25 am Tag
des Inkrafttretens des Vertrags über eine Verfassung für Europa vom Rat angenommen wird. Der
entsprechende Beschlussentwurf ist nachstehend wiedergegeben:
ENTWURF EINES EUROPÄISCHEN BESCHLUSSES DES RATES ÜBER DIE ANWENDUNG DES ARTIKELS I-25
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION - in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Es sollten Bestimmungen erlassen werden, die einen reibungslosen Übergang von der Regelung
für die Beschlussfassung des Rates mit qualifizierter Mehrheit, die im Vertrag von Nizza festgelegt
ist und in Artikel 2 Absatz 2 des der Verfassung beigefügten Protokolls über die Übergangsbestimmungen
für die Organe und Einrichtungen der Union übernommen wurde und die bis
zum 31. Oktober 2009 weiterhin gelten wird, zu der in Artikel I-25 der Verfassung vorgesehenen
Abstimmungsregelung gewährleisten, die ab dem 1. November 2009 gelten wird.
(2) Der Rat wird auch in Zukunft alles daran setzen, die demokratische Legitimierung der mit
qualifizierter Mehrheit angenommenen Rechtsakte zu erhöhen.
(3) Es wird als zweckmäßig erachtet, diesen Beschluss so lange aufrechtzuerhalten, wie dies für einen
reibungslosen Übergang zu der in der Verfassung vorgesehenen neuen Beschlussfassungsregelung
notwendig ist - BESCHLIESST:
Artikel 1
Wenn Mitglieder des Rates, die
a) mindestens drei Viertel der Bevölkerung oder
b) mindestens drei Viertel der Anzahl der Mitgliedstaaten vertreten,
die für die Bildung einer Sperrminorität erforderlich sind, wie sie sich aus der Anwendung von
Artikel I-25 Absatz 1 Unterabsatz 1 oder Absatz 2 ergibt, erklären, dass sie die Annahme eines
Rechtsakts durch den Rat mit qualifizierter Mehrheit ablehnen, wird die Frage vom Rat erörtert.
Artikel 2
Der Rat wird im Verlauf dieser Erörterungen alles in seiner Macht Stehende tun, um innerhalb einer
angemessenen Zeit und unbeschadet der durch das Recht der Union vorgeschriebenen zwingenden
Fristen eine zufrieden stellende Lösung für die von den Mitgliedern des Rates nach Artikel 1
vorgebrachten Anliegen zu finden.
Artikel 3
Zu diesem Zweck unternimmt der Präsident des Rates mit Unterstützung der Kommission unter
Einhaltung der Geschäftsordnung des Rates alle erforderlichen Schritte, um im Rat eine breitere
Einigungsgrundlage zu ermöglichen. Die Mitglieder des Rates unterstützen ihn hierbei.
Artikel 4
Dieser Beschluss wird am 1. November 2009 wirksam. Er bleibt mindestens bis 2014 in Kraft.
Danach kann der Rat einen Europäischen Beschluss zu seiner Aufhebung erlassen.
6. Erklärung zu Artikel I-26
Die Konferenz ist der Auffassung, dass die Kommission, wenn ihr nicht mehr Staatsangehörige aller
Mitgliedstaaten angehören, besonders beachten sollte, dass in den Beziehungen zu allen
Mitgliedstaaten vollständige Transparenz gewährleistet sein muss. Dementsprechend sollte die
Kommission enge Verbindungen zu allen Mitgliedstaaten unterhalten, unabhängig davon, ob einer
ihrer Staatsangehörigen Mitglied der Kommission ist, und in diesem Zusammenhang besonders
beachten, dass Informationen mit allen Mitgliedstaaten geteilt und alle Mitgliedstaaten konsultiert
werden müssen.
Die Konferenz ist ferner der Auffassung, dass die Kommission alle notwendigen Maßnahmen
ergreifen sollte, um sicherzustellen, dass die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten
in allen Mitgliedstaaten, auch in Mitgliedstaaten, die kein Kommissionsmitglied stellen, in vollem
Umfang berücksichtigt werden. Dabei sollte durch geeignete organisatorische Vorkehrungen auch
gewährleistet werden, dass der Standpunkt dieser Mitgliedstaaten berücksichtigt wird.
7. Erklärung zu Artikel I-27
Die Konferenz ist der Auffassung, dass das Europäische Parlament und der Europäische Rat im
Einklang mit der Verfassung gemeinsam für den reibungslosen Ablauf des Prozesses, der zur Wahl
des Präsidenten der Europäischen Kommission führt, verantwortlich sind. Vertreter des Europäischen
Parlaments und des Europäischen Rates werden daher vor dem Beschluss des Europäischen Rates die
erforderlichen Konsultationen in dem Rahmen durchführen, der als am besten geeignet erachtet wird.
Nach Artikel I-27 Absatz 1 betreffen diese Konsultationen das Profil der Kandidaten für das Amt des
Präsidenten der Kommission unter Berücksichtigung der Wahlen zum Europäischen Parlament. Die
Einzelheiten dieser Konsultationen können zu gegebener Zeit einvernehmlich zwischen dem
Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat festgelegt werden.
8. Erklärung zu Artikel I-36
Die Konferenz nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission beabsichtigt, bei der Ausarbeitung ihrer
Entwürfe für delegierte Europäische Verordnungen im Bereich der Finanzdienstleistungen nach ihrer
üblichen Vorgehensweise weiterhin von den Mitgliedstaaten benannte Experten zu konsultieren.
9. Erklärung zu den Artikeln I-43 und III-329
Unbeschadet der Maßnahmen der Union zur Erfüllung ihrer Verpflichtung zur Solidarität gegenüber
einem Mitgliedstaat, der von einem Terroranschlag, einer Naturkatastrophe oder einer vom Menschen
verursachten Katastrophe betroffen ist, zielt keine der Bestimmungen der Artikel I-43 und III-329
darauf ab, das Recht eines anderen Mitgliedstaats zu beeinträchtigen, die geeignetsten Mittel zur
Erfüllung seiner Verpflichtung zur Solidarität gegenüber dem betreffenden Mitgliedstaat zu wählen.
10. Erklärung zu Artikel I-51
Die Konferenz erklärt, dass immer dann, wenn Bestimmungen über den Schutz personenbezogener
Daten, die auf der Grundlage von Artikel I-51 zu erlassen sind, direkte Auswirkungen auf die
nationale Sicherheit haben könnten, dieser Umstand gebührend zu berücksichtigen ist. Sie weist
darauf hin, dass die derzeit geltenden Rechtsvorschriften (siehe insbesondere Richtlinie 95/46/EG)
besondere Ausnahmeregelungen hierzu enthalten.
11. Erklärung zu Artikel I-57
Die Union trägt der besonderen Lage der Länder mit geringer territorialer Ausdehnung Rechnung, die
spezifische Nachbarschaftsbeziehungen zur Union unterhalten.
12. Erklärung betreffend die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte
Die Konferenz nimmt von den nachstehend wiedergegebenen Erläuterungen zur Charta der
Grundrechte Kenntnis, die unter der Leitung des Präsidiums des Konvents zur Ausarbeitung der
Charta formuliert und unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents
aktualisiert wurden.
ERLÄUTERUNGEN ZUR CHARTA DER GRUNDRECHTE
Die nachstehenden Erläuterungen wurden ursprünglich unter der Verantwortung des Präsidiums des
Konvents, der die Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgearbeitet hat, formuliert. Sie
wurden unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents aufgrund der von
diesem Konvent vorgenommenen Anpassungen des Wortlauts der Charta (insbesondere der
Artikel 51 und 52) und der Fortentwicklung des Unionsrechts aktualisiert. Diese Erläuterungen
haben als solche keinen rechtlichen Status, stellen jedoch eine nützliche Interpretationshilfe dar, die
dazu dient, die Bestimmungen der Charta zu verdeutlichen.
PRÄAMBEL
Die Völker Europas sind entschlossen, auf der Grundlage gemeinsamer Werte eine friedliche Zukunft
zu teilen, indem sie sich zu einer immer engeren Union verbinden.
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und der
Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie stellt den
Menschen in den Mittelpunkt ihres Handelns, indem sie die Unionsbürgerschaft und einen Raum der
Freiheit, der Sicherheit und des Rechts begründet.
Die Union trägt zur Erhaltung und zur Entwicklung dieser gemeinsamen Werte unter Achtung der
Vielfalt der Kulturen und Traditionen der Völker Europas sowie der nationalen Identität der
Mitgliedstaaten und der Organisation ihrer staatlichen Gewalt auf nationaler, regionaler und lokaler
Ebene bei. Sie ist bestrebt, eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung zu fördern und stellt den
freien Personen-, Dienstleistungs-, Waren- und Kapitalverkehr sowie die Niederlassungsfreiheit sicher.
Zu diesem Zweck ist es notwendig, angesichts der Weiterentwicklung der Gesellschaft, des sozialen
Fortschritts und der wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen den Schutz der
Grundrechte zu stärken, indem sie in einer Charta sichtbarer gemacht werden.
Diese Charta bekräftigt unter Achtung der Zuständigkeiten und Aufgaben der Union und des
Subsidiaritätsprinzips die Rechte, die sich vor allem aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen
und den gemeinsamen internationalen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, aus der Europäischen
Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, aus den von der Union und dem
Europarat beschlossenen Sozialchartas sowie aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergeben. In diesem
Zusammenhang erfolgt die Auslegung der Charta durch die Gerichte der Union und der
Mitgliedstaaten unter gebührender Berücksichtigung der Erläuterungen, die unter der Leitung des
Präsidiums des Konvents zur Ausarbeitung der Charta formuliert und unter der Verantwortung des
Präsidiums des Europäischen Konvents aktualisiert wurden.
Die Ausübung dieser Rechte ist mit Verantwortung und mit Pflichten sowohl gegenüber den
Mitmenschen als auch gegenüber der menschlichen Gemeinschaft und den künftigen Generationen
verbunden.
Daher erkennt die Union die nachstehend aufgeführten Rechte, Freiheiten und Grundsätze an.
TITEL I WÜRDE DES MENSCHEN
Artikel 1 [Art. II-61 Verf.]
Würde des Menschen
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu schützen.
Erläuterung
Die Würde des Menschen ist nicht nur ein Grundrecht an sich, sondern bildet das eigentliche Fundament der
Grundrechte. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 verankert die Menschenwürde in ihrer Präambel:
"... da die Anerkennung der allen Mitgliedern der menschlichen Familie innewohnenden Würde und ihrer gleichen und
unveräußerlichen Rechte die Grundlage der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens in der Welt bildet." In seinem
Urteil vom 9. Oktober 2001 in der Rechtssache C-377/98, Niederlande gegen Europäisches Parlament und Rat,
Slg. 2001, S. I-7079, Randnrn. 70-77 bestätigte der Gerichtshof, dass das Grundrecht auf Menschenwürde Teil des
Unionsrechts ist.
Daraus ergibt sich insbesondere, dass keines der in dieser Charta festgelegten Rechte dazu verwendet werden darf, die
Würde eines anderen Menschen zu verletzen, und dass die Würde des Menschen zum Wesensgehalt der in dieser Charta
festgelegten Rechte gehört. Sie darf daher auch bei Einschränkungen eines Rechtes nicht angetastet werden.
Artikel 2 [Art. II-62 Verf.]
Recht auf Leben
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Leben.
(2) Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden.
Erläuterung
1. Absatz 1 dieses Artikels basiert auf Artikel 2 Absatz 1 Satz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention
(EMRK), der wie folgt lautet:
"(1) Das Recht jedes Menschen auf Leben wird gesetzlich geschützt ...".
2. Satz 2 der genannten Vorschrift, der die Todesstrafe zum Gegenstand hatte, ist durch das Inkrafttreten des
Protokolls Nr. 6 zur EMRK hinfällig geworden, dessen Artikel 1 wie folgt lautet:
"Die Todesstrafe ist abgeschafft. Niemand darf zu dieser Strafe verurteilt oder hingerichtet werden." Auf dieser
Vorschrift beruht Artikel 2 Absatz 2 der Charta.
3. Die Bestimmungen des Artikels 2 der Charta entsprechen den Bestimmungen der genannten Artikel der EMRK
und des Zusatzprotokolls. Sie haben nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta die gleiche Bedeutung und Tragweite.
So müssen die in der EMRK enthaltenen "Negativdefinitionen" auch als Teil der Charta betrachtet werden:
a) Artikel 2 Absatz 2 EMRK:
"Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung
verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um
a) jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;
b) jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden,
dem die Freiheit rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;
c) einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen".
b) Artikel 2 des Protokolls Nr. 6 zur EMRK:
"Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen, die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer
Kriegsgefahr begangen werden; diese Strafe darf nur in den Fällen, die im Recht vorgesehen sind, und in
Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen angewendet werden ...".
Artikel 3 [Art. II-63 Verf.]
Recht auf Unversehrtheit
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit.
(2) Im Rahmen der Medizin und der Biologie muss insbesondere Folgendes beachtet werden:
a) die freie Einwilligung des Betroffenen nach vorheriger Aufklärung entsprechend den gesetzlich
festgelegten Einzelheiten;
b) das Verbot eugenischer Praktiken, insbesondere derjenigen, welche die Selektion von Menschen
zum Ziel haben;
c) das Verbot, den menschlichen Körper und Teile davon als solche zur Erzielung von Gewinnen zu
nutzen;
d) das Verbot des reproduktiven Klonens von Menschen.
Erläuterung
1. In seinem Urteil vom 9. Oktober 2001 in der Rechtssache C-377/98, Niederlande gegen Europäisches Parlament
und Rat, Slg. 2001, S. I-7079, Randnrn. 70, 78, 79 und 80, bestätigte der Gerichtshof, dass das Grundrecht auf
Unversehrtheit Teil des Unionsrechts ist und im Bereich der Medizin und der Biologie die freie Einwilligung des
Spenders und des Empfängers nach vorheriger Aufklärung umfasst.
2. Die Grundsätze des Artikels 3 der Charta sind bereits in dem im Rahmen des Europarates angenommenen
Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin (STE 164 und Zusatzprotokoll STE 168) enthalten. Die
Charta will von diesen Bestimmungen nicht abweichen und verbietet daher lediglich das reproduktive Klonen. Die
anderen Formen des Klonens werden von der Charta weder gestattet noch verboten. Sie hindert den Gesetzgeber
also keineswegs daran, auch die anderen Formen des Klonens zu verbieten.
3. Durch den Hinweis auf eugenische Praktiken, insbesondere diejenigen, welche die Selektion von Menschen zum
Ziel haben, soll die Möglichkeit erfasst werden, dass Selektionsprogramme organisiert und durchgeführt werden,
die beispielsweise Sterilisierungskampagnen, erzwungene Schwangerschaften, die Pflicht, den Ehepartner in der
gleichen Volksgruppe zu wählen, usw. umfassen; derartige Handlungen werden in dem am 17. Juli 1998 in Rom
verabschiedeten Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (siehe Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe g) als
internationale Verbrechen betrachtet.
Artikel 4 [Art. II-64 Verf.]
Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung
Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung
unterworfen werden.
Erläuterung
Das Recht nach Artikel 4 entspricht dem Recht, das durch den gleich lautenden Artikel 3 EMRK garantiert ist:
"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden".
Nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta hat Artikel 4 also die gleiche Bedeutung und Tragweite wie Artikel 3 EMRK.
Artikel 5 [Art. II-65 Verf.]
Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit
(1) Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden.
(2) Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten.
(3) Menschenhandel ist verboten.
Erläuterung
1. Das Recht nach Artikel 5 Absätze 1 und 2 entspricht dem gleich lautenden Artikel 4 Absätze 1 und 2 EMRK.
Nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta hat dieses Recht also die gleiche Bedeutung und Tragweite wie Artikel 4
EMRK. Daraus folgt:
- Eine legitime Einschränkung des Rechts nach Absatz 1 kann es nicht geben.
- In Absatz 2 müssen in Bezug auf die Begriffe "Zwangs- oder Pflichtarbeit" die "negativen" Definitionen nach
Artikel 4 Absatz 3 EMRK berücksichtigt werden:
"Nicht als Zwangs- oder Pflichtarbeit im Sinne dieses Artikels gilt
a) eine Arbeit, die üblicherweise von einer Person verlangt wird, der unter den Voraussetzungen des
Artikels 5 die Freiheit entzogen oder die bedingt entlassen worden ist;
b) eine Dienstleistung militärischer Art oder eine Dienstleistung, die an die Stelle des im Rahmen der
Wehrpflicht zu leistenden Dienstes tritt, in Ländern, wo die Dienstverweigerung aus Gewissensgründen
anerkannt ist;
c) eine Dienstleistung, die verlangt wird, wenn Notstände oder Katastrophen das Leben oder das Wohl der
Gemeinschaft bedrohen;
d) eine Arbeit oder Dienstleistung, die zu den üblichen Bürgerpflichten gehört."
2. Absatz 3 ergibt sich unmittelbar aus der Menschenwürde und trägt neueren Entwicklungen auf dem Gebiet der
organisierten Kriminalität wie der Schleuserkriminalität oder der organisierten sexuellen Ausbeutung Rechnung.
Das Europol-Übereinkommen enthält im Anhang folgende Definition, die den Menschenhandel zum Zwecke der
sexuellen Ausbeutung betrifft: "Menschenhandel: tatsächliche und rechtswidrige Unterwerfung einer Person unter
den Willen anderer Personen mittels Gewalt, Drohung oder Täuschung oder unter Ausnutzung eines
Abhängigkeitsverhältnisses insbesondere mit folgendem Ziel: Ausbeutung der Prostitution, Ausbeutung von
Minderjährigen, sexuelle Gewalt gegenüber Minderjährigen oder Handel im Zusammenhang mit Kindesaussetzung."
KAPITEL VI des Schengener Durchführungsübereinkommens, das in den Besitzstand der Union integriert
worden ist und an dem sich das Vereinigte Königreich und Irland beteiligen, enthält in Artikel 27 Absatz 1 folgende
auf die Schleuseraktivitäten zielende Bestimmung: "Die Vertragsparteien verpflichten sich, angemessene Sanktionen
gegen jede Person vorzusehen, die zu Erwerbszwecken einem Drittausländer hilft oder zu helfen versucht, in das
Hoheitsgebiet einer der Vertragsparteien unter Verletzung ihrer Rechtsvorschriften in Bezug auf die Einreise und
den Aufenthalt von Drittausländern einzureisen oder sich dort aufzuhalten." Am 19. Juli 2002 nahm der Rat einen
Rahmenbeschluss zur Bekämpfung des Menschenhandels (ABl. L 203 vom 1.8.2002, S. 1) an; in Artikel 1 dieses
Rahmenbeschlusses sind die Handlungen im Zusammenhang mit dem Menschenhandel zum Zwecke der
Ausbeutung von Arbeitskräften oder der sexuellen Ausbeutung näher bestimmt, die die Mitgliedstaaten aufgrund
des genannten Rahmenbeschlusses unter Strafe stellen müssen.
TITEL II FREIHEITEN
Artikel 6 [Art. II-66 Verf.]
Recht auf Freiheit und Sicherheit
Jeder Mensch hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit.
Erläuterung
Die Rechte nach Artikel 6 entsprechen den Rechten, die durch Artikel 5 EMRK garantiert sind, denen sie nach
Artikel 52 Absatz 3 der Charta an Bedeutung und Tragweite gleichkommen. Die Einschränkungen, die legitim an
diesen Rechten vorgenommen werden können, dürfen daher nicht über die Einschränkungen hinausgehen, die im
Rahmen des wie folgt lautenden Artikels 5 EMRK zulässig sind:
"(1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die
gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
a) rechtmäßige Freiheitsentziehung nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
b) rechtmäßige Festnahme oder Freiheitsentziehung wegen Nichtbefolgung einer rechtmäßigen gerichtlichen
Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;
c) rechtmäßige Festnahme oder Freiheitsentziehung zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn
hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter
Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht
nach Begehung einer solchen zu hindern;
d) rechtmäßige Freiheitsentziehung bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung
vor die zuständige Behörde;
e) rechtmäßige Freiheitsentziehung mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern,
sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;
f) rechtmäßige Festnahme oder Freiheitsentziehung zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei
Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.
(2) Jeder festgenommenen Person muss unverzüglich in einer ihr verständlichen Sprache mitgeteilt werden, welches
die Gründe für ihre Festnahme sind, und welche Beschuldigungen gegen sie erhoben werden.
(3) Jede Person, die nach Absatz 1 Buchstabe c von Festnahme oder Freiheitsentziehung betroffen ist, muss
unverzüglich einem Richter oder einer anderen gesetzlich zur Wahrnehmung richterlicher Aufgaben ermächtigten
Person vorgeführt werden; sie hat Anspruch auf ein Urteil innerhalb angemessener Frist oder auf Entlassung
während des Verfahrens. Die Entlassung kann von der Leistung einer Sicherheit für das Erscheinen vor Gericht
abhängig gemacht werden.
(4) Jede Person, die festgenommen oder der die Freiheit entzogen ist, hat das Recht zu beantragen, dass ein Gericht
innerhalb kurzer Frist über die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung entscheidet und ihre Entlassung anordnet,
wenn die Freiheitsentziehung nicht rechtmäßig ist.
(5) Jede Person, die unter Verletzung dieses Artikels von Festnahme oder Freiheitsentziehung betroffen ist, hat
Anspruch auf Schadensersatz."
Die Rechte nach Artikel 6 müssen insbesondere dann geachtet werden, wenn das Europäische
Parlament und der Rat Gesetze und Rahmengesetze im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in
Strafsachen auf der Grundlage der Artikel III-270, III-271 und III-273 der Verfassung, insbesondere
zur Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen
und die Strafen sowie über bestimmte Aspekte des Verfahrensrechts erlassen.
Artikel 7 [Art. II-67 Verf.]
Achtung des Privat- und Familienlebens
Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihrer
Kommunikation.
Erläuterung
Die Rechte nach Artikel 7 entsprechen den Rechten, die durch Artikel 8 EMRK garantiert sind. Um der technischen
Entwicklung Rechnung zu tragen, wurde der Begriff "Korrespondenz" durch "Kommunikation" ersetzt.
Nach Artikel 52 Absatz 3 haben diese Rechte die gleiche Bedeutung und Tragweite wie die Rechte aus dem
entsprechenden Artikel der EMRK. Ihre möglichen legitimen Einschränkungen sind daher diejenigen, die der genannte
Artikel 8 gestattet:
"(1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.
(2) Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in
einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das
wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz
der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer."
Artikel 8 [Art. II-68 Verf.]
Schutz personenbezogener Daten
(1) Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.
(2) Diese Daten dürfen nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der
betroffenen Person oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet
werden. Jede Person hat das Recht, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen Daten zu erhalten
und die Berichtigung der Daten zu erwirken.
(3) Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von einer unabhängigen Stelle überwacht.
Erläuterung
Dieser Artikel stützte sich auf Artikel 286 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und auf die
Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung
personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23.11.1995) sowie auf Artikel 8 EMRK und
das Übereinkommen des Europarates vom 28. Januar 1981 zum Schutz des Menschen bei der automatischen
Verarbeitung personenbezogener Daten, das von allen Mitgliedstaaten ratifiziert wurde. Artikel 286 EGV wird nunmehr
durch Artikel I-51 der Verfassung ersetzt. Es wird ferner auf die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen
Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die
Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. L 8 vom 12.1.2001) verwiesen. Die
genannte Richtlinie und Verordnung enthalten Bedingungen und Beschränkungen für die Wahrnehmung des Rechts auf
den Schutz personenbezogener Daten.
Artikel 9 [Art. II-69 Verf.]
Recht, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen
Das Recht, eine Ehe einzugehen, und das Recht, eine Familie zu gründen, werden nach den
einzelstaatlichen Gesetzen gewährleistet, welche die Ausübung dieser Rechte regeln.
Erläuterung
Dieser Artikel stützt sich auf Artikel 12 EMRK, der wie folgt lautet: "Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben
das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine
Familie zu gründen." Die Formulierung dieses Rechts wurde zeitgemäßer gestaltet, um Fälle zu erfassen, in denen nach
den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften andere Formen als die Heirat zur Gründung einer Familie anerkannt werden.
Durch diesen Artikel wird es weder untersagt noch vorgeschrieben, Verbindungen von Menschen gleichen Geschlechts
den Status der Ehe zu verleihen. Dieses Recht ist also dem von der EMRK vorgesehenen Recht ähnlich, es kann jedoch
eine größere Tragweite haben, wenn die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften dies vorsehen.
Artikel 10 [Art. II-70 Verf.]
Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit
(1) Jede Person hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Dieses Recht
umfasst die Freiheit, die Religion oder Weltanschauung zu wechseln, und die Freiheit, seine Religion
oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit anderen öffentlich oder privat durch Gottesdienst,
Unterricht, Bräuche und Riten zu bekennen.
(2) Das Recht auf Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen wird nach den einzelstaatlichen
Gesetzen anerkannt, welche die Ausübung dieses Rechts regeln.
Erläuterung
Das in Absatz 1 garantierte Recht entspricht dem Recht, das durch Artikel 9 EMRK garantiert ist, und hat nach
Artikel 52 Absatz 3 der Charta die gleiche Bedeutung und die gleiche Tragweite wie dieses. Bei Einschränkungen
muss daher Artikel 9 Absatz 2 EMRK gewahrt werden, der wie folgt lautet: "Die Freiheit, seine Religion oder
Weltanschauung zu bekennen, darf nur Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer
demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die öffentliche Sicherheit, zum Schutz der öffentlichen Ordnung,
Gesundheit oder Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer."
Das in Absatz 2 garantierte Recht entspricht den einzelstaatlichen Verfassungstraditionen und der Entwicklung der
einzelstaatlichen Gesetzgebungen in diesem Punkt.
Artikel 11 [Art. II-71 Verf.]
Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit
(1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit
und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht
auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.
(2) Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.
Erläuterung
1. Artikel 11 entspricht Artikel 10 EMRK, der wie folgt lautet:
"(1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit
ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und
weiterzugeben. Dieser Artikel hindert die Staaten nicht, für Hörfunk-, Fernseh- oder Kinounternehmen eine
Genehmigung vorzuschreiben.
(2) Die Ausübung dieser Freiheiten ist mit Pflichten und Verantwortung verbunden; sie kann daher Formvorschriften,
Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer
demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale Sicherheit, die territoriale Unversehrtheit oder die
öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der
Gesundheit oder der Moral, zum Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer, zur Verhinderung der
Verbreitung vertraulicher Informationen oder zur Wahrung der Autorität und der Unparteilichkeit der
Rechtsprechung."
Nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta hat dieses Recht die gleiche Bedeutung und Tragweite wie das durch die EMRK
garantierte Recht. Die möglichen Einschränkungen dieses Rechts dürfen also nicht über die in Artikel 10 Absatz 2
vorgesehenen Einschränkungen hinausgehen, allerdings unbeschadet der Beschränkungen, die die Möglichkeit der
Mitgliedstaaten, Genehmigungsregelungen nach Artikel 10 Absatz 1 Satz 3 der EMRK einzuführen, durch das
Wettbewerbsrecht der Union erfahren kann.
2. Absatz 2 dieses Artikels erläutert die Auswirkungen von Absatz 1 hinsichtlich der Freiheit der Medien. Er stützt
sich insbesondere auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs bezüglich des Fernsehens, insbesondere in der
Rechtssache C-288/89 (Urteil vom 25. Juli 1991, Stichting Collectieve Antennevoorziening Gouda u. a.; Slg. 1991,
S. I-4007), und auf das Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten, das dem EGV und
nunmehr der Verfassung beigefügt ist, sowie auf die Richtlinie 89/552/EWG des Rates (siehe insbesondere
Erwägungsgrund 17).
Artikel 12 [Art. II-72 Verf.]
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
(1) Jede Person hat das Recht, sich insbesondere im politischen, gewerkschaftlichen und
zivilgesellschaftlichen Bereich auf allen Ebenen frei und friedlich mit anderen zu versammeln und
frei mit anderen zusammenzuschließen, was das Recht jeder Person umfasst, zum Schutz ihrer
Interessen Gewerkschaften zu gründen und Gewerkschaften beizutreten.
(2) Politische Parteien auf der Ebene der Union tragen dazu bei, den politischen Willen der
Unionsbürgerinnen und Unionsbürger zum Ausdruck zu bringen.
Erläuterung
1. Absatz 1 dieses Artikels entspricht Artikel 11 EMRK, der wie folgt lautet:
"(1) Jede Person hat das Recht, sich frei und friedlich mit anderen zu versammeln und sich frei mit anderen
zusammenzuschließen; dazu gehört auch das Recht, zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu gründen und
Gewerkschaften beizutreten.
(2) Die Ausübung dieser Rechte darf nur Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer
demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale oder öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung
der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der
Rechte und Freiheiten anderer. Dieser Artikel steht rechtmäßigen Einschränkungen der Ausübung dieser Rechte für
Angehörige der Streitkräfte, der Polizei oder der Staatsverwaltung nicht entgegen."
Die Bestimmungen des Absatzes 1 dieses Artikels 12 haben die gleiche Bedeutung wie die Bestimmungen der EMRK;
sie haben jedoch eine größere Tragweite, weil sie auf alle Ebenen, auch auf die europäische Ebene, Anwendung finden
können. Nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta dürfen die Einschränkungen dieses Rechts nicht über die
Einschränkungen hinausgehen, die als mögliche rechtmäßige Einschränkungen im Sinne von Artikel 11 Absatz 2 EMRK
gelten.
2. Dieses Recht stützt sich auch auf Artikel 11 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte
der Arbeitnehmer.
3. Absatz 2 dieses Artikels entspricht Artikel I-46 Absatz 4 der Verfassung.
Artikel 13 [Art. II-73 Verf.]
Freiheit der Kunst und der Wissenschaft
Kunst und Forschung sind frei. Die akademische Freiheit wird geachtet.
Erläuterung
Dieses Recht leitet sich in erster Linie aus der Gedankenfreiheit und der Freiheit der Meinungsäußerung ab. Seine
Ausübung erfolgt unter Wahrung von Artikel 1, und es kann den durch Artikel 10 EMRK gestatteten
Einschränkungen unterworfen werden.
Artikel 14 [Art. II-74 Verf.]
Recht auf Bildung
(1) Jede Person hat das Recht auf Bildung sowie auf Zugang zur beruflichen Ausbildung und
Weiterbildung.
(2) Dieses Recht umfasst die Möglichkeit, unentgeltlich am Pflichtschulunterricht teilzunehmen.
(3) Die Freiheit zur Gründung von Lehranstalten unter Achtung der demokratischen Grundsätze
sowie das Recht der Eltern, die Erziehung und den Unterricht ihrer Kinder entsprechend ihren
eigenen religiösen, weltanschaulichen und erzieherischen Überzeugungen sicherzustellen, werden
nach den einzelstaatlichen Gesetzen geachtet, welche ihre Ausübung regeln.
Erläuterung
1. Dieser Artikel lehnt sich sowohl an die gemeinsamen verfassungsrechtlichen Traditionen der Mitgliedstaaten als
auch an Artikel 2 des Zusatzprotokolls zur EMRK an, der folgenden Wortlaut hat:
"Niemandem darf das Recht auf Bildung verwehrt werden. Der Staat hat bei Ausübung der von ihm auf dem
Gebiete der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung
und den Unterricht entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen."
Es wurde für zweckmäßig erachtet, diesen Artikel auf den Zugang zur beruflichen Aus- und Weiterbildung
auszudehnen (siehe Nummer 15 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer sowie
Artikel 10 der Europäischen Sozialcharta) und den Grundsatz der Unentgeltlichkeit des Pflichtschulunterrichts
einzufügen. In seiner hier vorliegenden Fassung besagt dieser Grundsatz lediglich, dass in Bezug auf den
Pflichtschulunterricht jedes Kind die Möglichkeit haben muss, eine schulische Einrichtung zu besuchen, die
unentgeltlichen Unterricht erteilt. Er besagt nicht, dass alle - und insbesondere auch die privaten - schulischen
Einrichtungen, die den betreffenden Unterricht oder berufliche Ausbildung und Weiterbildung anbieten, dies
unentgeltlich tun müssen. Ebenso wenig verbietet er, dass bestimmte besondere Unterrichtsformen entgeltlich sein
können, sofern der Staat Maßnahmen zur Gewährung eines finanziellen Ausgleichs trifft. Soweit die Charta für die
Union gilt, bedeutet das, dass die Union im Rahmen ihrer bildungspolitischen Maßnahmen die Unentgeltlichkeit
des Pflichtunterrichts achten muss, doch es erwachsen ihr daraus selbstverständlich keine neuen Zuständigkeiten.
Was das Recht der Eltern anbelangt, so ist dieses in Verbindung mit Artikel 24 auszulegen.
2. Die Freiheit zur Gründung von öffentlichen oder privaten Lehranstalten wird als einer der Aspekte der
unternehmerischen Freiheit garantiert, ihre Ausübung ist jedoch durch die Achtung der demokratischen
Grundsätze eingeschränkt und erfolgt entsprechend den in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegten
Einzelheiten.
Artikel 15 [Art. II-75 Verf.]
Berufsfreiheit und Recht zu arbeiten
(1) Jede Person hat das Recht, zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf
auszuüben.
(2) Alle Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben die Freiheit, in jedem Mitgliedstaat Arbeit zu
suchen, zu arbeiten, sich niederzulassen oder Dienstleistungen zu erbringen.
(3) Die Staatsangehörigen dritter Länder, die im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten arbeiten dürfen,
haben Anspruch auf Arbeitsbedingungen, die denen der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger
entsprechen.
Erläuterung
Die in Artikel 15 Absatz 1 festgeschriebene Berufsfreiheit ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs anerkannt
(siehe u. a. die Urteile vom 14. Mai 1974, Rechtssache 4/73, Nold, Slg. 1974, S. 491, Randnrn. 12 -14; vom
13. Dezember 1979, Rechtssache 44/79, Hauer, Slg. 1979 S. 3727; vom 8. Oktober 1986, Rechtssache 234/85, Keller,
Slg. 1986, S. 2897, Randnr. 8).
Dieser Absatz lehnt sich ferner an Artikel 1 Absatz 2 der am 18. Oktober 1961 unterzeichneten und von allen
Mitgliedstaaten ratifizierten Europäischen Sozialcharta und an Nummer 4 der Gemeinschaftscharta der sozialen
Grundrechte der Arbeitnehmer vom 9. Dezember 1989 an. Der Ausdruck "Arbeitsbedingungen" ist im Sinne des
Artikels III-213 der Verfassung zu verstehen.
In Absatz 2 wurden die drei Freiheiten aufgenommen, die durch die Artikel I-4 und III-133, III-137 und III-144 der
Verfassung garantiert sind, d. h. die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit und der freie
Dienstleistungsverkehr.
Absatz 3 stützte sich auf Artikel 137 Absatz 3 vierter Gedankenstrich EGV, der nunmehr durch Artikel III-210 Absatz 1
Buchstabe g der Verfassung ersetzt wurde, sowie auf Artikel 19 Absatz 4 der am 18. Oktober 1961 unterzeichneten und
von allen Mitgliedstaaten ratifizierten Europäischen Sozialcharta. Somit findet Artikel 52 Absatz 2 der Charta
Anwendung. Die Frage der Anheuerung von Seeleuten, die Staatsangehörige von Drittstaaten sind, in der Besatzung von
Schiffen unter der Flagge eines Mitgliedstaats der Union wird durch das Unionsrecht und die einzelstaatlichen
Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten geregelt.
Artikel 16 [Art. II-76 Verf.]
Unternehmerische Freiheit
Die unternehmerische Freiheit wird nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften
und Gepflogenheiten anerkannt.
Erläuterung
Dieser Artikel stützt sich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs, der die Freiheit, eine Wirtschafts- oder
Geschäftstätigkeit auszuüben, (siehe die Urteile vom 14. Mai 1974, Rechtssache 4/73, Nold, Slg. 1974, S. 491,
Randnr. 14; und vom 27. September 1979, Rechtssache 230/78, SPA Eridania und andere, Slg. 1979, S. 2749,
Randnrn. 20 und 31) und die Vertragsfreiheit (siehe u. a. die Urteile "Sukkerfabriken Nykoebing", Rechtssache 151/78,
Slg. 1979, 1, Randnr. 19; und vom 5. Oktober 1999, Rechtssache C-240/97, Spanien gegen Kommission, Slg. 1999 S. I-
6571 Randnr. 99) anerkannt hat, sowie auf Artikel I-3 Absatz 2 der Verfassung, in dem der freie Wettbewerb anerkannt
wird. Dieses Recht wird natürlich unter Einhaltung des Unionsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften
ausgeübt. Es kann nach Artikel 52 Absatz 1 der Charta beschränkt werden.
Artikel 17 [Art. II-77 Verf.]
Eigentumsrecht
(1) Jede Person hat das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber
zu verfügen und es zu vererben. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus
Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz
vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für den Verlust des
Eigentums. Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der
Allgemeinheit erforderlich ist.
(2) Geistiges Eigentum wird geschützt.
Erläuterung
Dieser Artikel entspricht Artikel 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK:
"Jede natürliche oder juristische Person hat das Recht auf Achtung ihres Eigentums. Niemandem darf sein Eigentum
entzogen werden, es sei denn, dass das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den durch Gesetz und durch die
allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen.
Absatz 1 beeinträchtigt jedoch nicht das Recht des Staates, diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der
Benutzung des Eigentums im Einklang mit dem allgemeinen Interesse oder zur Sicherung der Zahlung der Steuern oder
sonstigen Abgaben oder von Geldstrafen für erforderlich hält."
Es handelt sich um ein gemeinsames Grundrecht aller einzelstaatlichen Verfassungen. Es wurde mehrfach durch die
Rechtsprechung des Gerichtshofs - zum ersten Mal in dem Urteil Hauer (13. Dezember 1979, Slg. 1979, S. 3727) -
bekräftigt. Die Formulierung wurde zeitgemäßer gestaltet, doch hat dieses Recht nach Artikel 52 Absatz 3 die gleiche
Bedeutung und die gleiche Tragweite wie das in der EMRK garantierte Recht, wobei nicht über die in der EMRK
vorgesehenen Einschränkungen hinausgegangen werden darf.
Der Schutz des geistigen Eigentums ist zwar ein Aspekt des Eigentumsrechts, er wird jedoch aufgrund seiner
zunehmenden Bedeutung und aufgrund des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts in Absatz 2 ausdrücklich aufgeführt. Das
geistige Eigentum umfasst neben dem literarischen und dem künstlerischen Eigentum unter anderem das Patent- und
Markenrecht sowie die verwandten Schutzrechte. Die in Absatz 1 vorgesehenen Garantien gelten sinngemäß für das
geistige Eigentum.
Artikel 18 [Art. II-78 Verf.]
Asylrecht
Das Recht auf Asyl wird nach Maßgabe des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 und des
Protokolls vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie nach Maßgabe der
Verfassung gewährleistet.
Erläuterung
Der Wortlaut des Artikels stützte sich auf Artikel 63 EGV, der nunmehr durch Artikel III-266 der Verfassung ersetzt
wurde und der die Union zur Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet. Es sei auf die dem Amsterdamer
Vertrag bzw. der Verfassung beigefügten Protokolle über das Vereinigte Königreich und Irland sowie Dänemark
verwiesen, um zu bestimmen, inwieweit diese Mitgliedstaaten das diesbezügliche Unionsrecht anwenden und inwieweit
dieser Artikel auf sie Anwendung findet. Dieser Artikel berücksichtigt das der Verfassung beigefügte Protokoll über die
Gewährung von Asyl.
Artikel 19 [Art. II-79 Verf.]
Schutz bei Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung
(1) Kollektivausweisungen sind nicht zulässig.
(2) Niemand darf in einen Staat abgeschoben oder ausgewiesen oder an einen Staat ausgeliefert
werden, in dem für sie oder ihn das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen
unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht.
Erläuterung
Absatz 1 dieses Artikels hat hinsichtlich der Kollektivausweisungen die gleiche Bedeutung und Tragweite wie Artikel 4
des Zusatzprotokolls Nr. 4 zur EMRK. Hiermit soll gewährleistet werden, dass jeder Beschluss gesondert geprüft wird
und dass nicht beschlossen werden kann, alle Menschen, die die Staatsangehörigkeit eines bestimmten Staates besitzen,
mit einer einzigen Maßnahme auszuweisen (siehe auch Artikel 13 des Internationalen Pakts über bürgerliche und
politische Rechte).
Mit Absatz 2 wird die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Artikel 3
EMRK (siehe Ahmed gegen Österreich, Urteil vom 17. Dezember 1996, Slg. EGMR 1996, S. VI-2206 und Soering, Urteil
vom 7. Juli 1989) übernommen.
TITEL III GLEICHHEIT
Artikel 20 [Art. II-80 Verf.]
Gleichheit vor dem Gesetz
Alle Personen sind vor dem Gesetz gleich.
Erläuterung
Dieser Artikel entspricht dem allgemeinen Rechtsprinzip, das in allen europäischen Verfassungen verankert ist und das
der Gerichtshof als ein Grundprinzip des Gemeinschaftsrechts angesehen hat (Urteil vom 13. November 1984,
Rechtssache 283/83, Racke, Slg. 1984, S. 3791, Urteil vom 17. April 1997, Rechtssache C-15/95, EARL, Slg. 1997,
S. I-1961 und Urteil vom 13. April 2000, Rechtssache C-292/97, Karlsson, Slg. 2000 S. 2737).
Artikel 21 [Art. II-81 Verf.]
Nichtdiskriminierung
(1) Diskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der
ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der
Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen
Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung
sind verboten.
(2) Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verfassung ist in ihrem Anwendungsbereich jede
Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.
Erläuterung
Absatz 1 lehnt sich an Artikel 13 EGV, der nun durch Artikel III-124 der Verfassung ersetzt wurde, und Artikel 14
EMRK sowie an Artikel 11 des Übereinkommens über Menschenrechte und Biomedizin in Bezug auf das genetische
Erbe an. Soweit er mit Artikel 14 EMRK zusammenfällt, findet er nach diesem Artikel Anwendung.
Absatz 1 und Artikel III-124 der Verfassung, der einen anderen Anwendungsbereich hat und einen anderen Zweck
verfolgt, stehen nicht in Widerspruch zueinander und sind nicht unvereinbar miteinander: In Artikel III-124 wird der
Union die Zuständigkeit übertragen, Gesetzgebungsakte - unter anderem auch betreffend die Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten - zur Bekämpfung bestimmter Formen der Diskriminierung, die in diesem
Artikel erschöpfend aufgezählt sind, zu erlassen. Diese Rechtsvorschriften können Maßnahmen der Behörden der
Mitgliedstaaten (sowie die Beziehungen zwischen Privatpersonen) in jedem Bereich innerhalb der Grenzen der
Zuständigkeiten der Union umfassen. In Absatz 1 des Artikels 21 hingegen wird weder eine Zuständigkeit zum Erlass
von Antidiskriminierungsgesetzen in diesen Bereichen des Handelns von Mitgliedstaaten oder Privatpersonen
geschaffen noch ein umfassendes Diskriminierungsverbot in diesen Bereichen festgelegt. Vielmehr behandelt er die
Diskriminierung seitens der Organe und Einrichtungen der Union im Rahmen der Ausübung der ihr nach anderen
Artikeln der Teile I und III der Verfassung zugewiesenen Zuständigkeiten und seitens der Mitgliedstaaten im Rahmen der
Umsetzung des Unionsrechts. Mit Absatz 1 wird daher weder der Umfang der nach Artikel III-124 zugewiesenen
Zuständigkeiten noch die Auslegung dieses Artikels geändert.
Absatz 2 entspricht Artikel I-4 Absatz 2 der Verfassung und findet entsprechend Anwendung.
Artikel 22 [Art. II-82 Verf.]
Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen
Die Union achtet die Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen.
Erläuterung
Dieser Artikel stützte sich auf Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union und auf Artikel 151 Absätze 1 und 4
EGV in Bezug auf die Kultur, der nunmehr durch Artikel III-280 Absätze 1 und 4 der Verfassung ersetzt wurde. Die
Achtung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt ist nunmehr auch in Artikel I-3 Absatz 3 der Verfassung verankert.
Der vorliegende Artikel lehnt sich ebenfalls an die Erklärung Nr. 11 zur Schlussakte des Vertrags von Amsterdam
betreffend den Status der Kirchen und weltanschauliche Gemeinschaften an, deren Inhalt nunmehr in Artikel I-52 der
Verfassung aufgenommen wurde.
Artikel 23 [Art. II-83 Verf.]
Gleichheit von Frauen und Männern
Die Gleichheit von Frauen und Männern ist in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der
Arbeit und des Arbeitsentgelts, sicherzustellen.
Der Grundsatz der Gleichheit steht der Beibehaltung oder der Einführung spezifischer
Vergünstigungen für das unterrepräsentierte Geschlecht nicht entgegen.
Erläuterung
Absatz 1 dieses Artikels stützte sich auf Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 2 EGV, die nunmehr durch die Artikel I-3 und
III-116 der Verfassung ersetzt wurden und die die Union auf das Ziel der Förderung der Gleichstellung von Männern
und Frauen verpflichten, sowie auf Artikel 141 Absatz 1 EGV, der nunmehr durch Artikel III-214 Absatz 1 der
Verfassung ersetzt wurde. Er lehnt sich an Artikel 20 der revidierten Europäischen Sozialcharta vom 3. Mai 1996 und an
Nummer 16 der Gemeinschaftscharta der Arbeitnehmerrechte an.
Er stützt sich auch auf Artikel 141 Absatz 3 EGV, der nunmehr durch Artikel III-214 Absatz 3 der Verfassung ersetzt
wurde, und auf Artikel 2 Absatz 4 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der
Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum
beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen.
Absatz 2 übernimmt in einer kürzeren Formulierung Artikel III-214 Absatz 4 der Verfassung, wonach der Grundsatz
der Gleichbehandlung der Beibehaltung oder der Einführung spezifischer Vergünstigungen zur Erleichterung der
Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechts oder zur Verhinderung oder zum Ausgleich von Benachteiligungen
in der beruflichen Laufbahn nicht entgegensteht. Nach Artikel 52 Absatz 2 ändert dieser Absatz nicht Artikel III-214
Absatz 4.
Artikel 24 [Art. II-84 Verf.]
Rechte des Kindes
(1) Kinder haben Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für ihr Wohlergehen notwendig
sind. Sie können ihre Meinung frei äußern. Ihre Meinung wird in den Angelegenheiten, die sie
betreffen, in einer ihrem Alter und ihrem Reifegrad entsprechenden Weise berücksichtigt.
(2) Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher oder privater Einrichtungen muss das
Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.
(3) Jedes Kind hat Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu
beiden Elternteilen, es sei denn, dies steht seinem Wohl entgegen.
Erläuterung
Dieser Artikel stützt sich auf das am 20. November 1989 unterzeichnete und von allen Mitgliedstaaten ratifizierte
Übereinkommen von New York über die Rechte des Kindes, insbesondere auf die Artikel 3, 9, 12 und 13 dieses
Übereinkommens.
Mit Absatz 3 wird der Umstand berücksichtigt, dass als Teil der Errichtung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und
des Rechts die Gesetzgebung der Union in Bereichen des Zivilrechts mit grenzüberschreitenden Bezügen - für die in
Artikel III-269 der Verfassung die entsprechende Zuständigkeit vorgesehen ist - insbesondere auch das Umgangsrecht
umfassen kann, mit dem sichergestellt wird, dass Kinder regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu
beiden Elternteilen unterhalten können.
Artikel 25 [Art. II-85 Verf.]
Rechte älterer Menschen
Die Union anerkennt und achtet das Recht älterer Menschen auf ein würdiges und unabhängiges
Leben und auf Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben.
Erläuterung
Dieser Artikel lehnt sich an Artikel 23 der revidierten Europäischen Sozialcharta und an die Artikel 24 und 25 der
Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer an. Die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben
umfasst natürlich auch die Teilnahme am politischen Leben.
Artikel 26 [Art. II-86 Verf.]
Integration von Menschen mit Behinderung
Die Union anerkennt und achtet den Anspruch von Menschen mit Behinderung auf Maßnahmen zur
Gewährleistung ihrer Eigenständigkeit, ihrer sozialen und beruflichen Eingliederung und ihrer
Teilnahme am Leben der Gemeinschaft.
Erläuterung
Der in diesem Artikel aufgeführte Grundsatz stützt sich auf Artikel 15 der Europäischen Sozialcharta und lehnt sich
ferner an Nummer 26 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer an.
TITEL IV SOLIDARITÄT
Artikel 27 [Art. II-87 Verf.]
Recht auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Unternehmen
Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder ihre Vertreter muss auf den geeigneten Ebenen
eine rechtzeitige Unterrichtung und Anhörung in den Fällen und unter den Voraussetzungen
gewährleistet sein, die nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und
Gepflogenheiten vorgesehen sind.
Erläuterung
Dieser Artikel ist in der revidierten Europäischen Sozialcharta (Artikel 21) und in der Gemeinschaftscharta der sozialen
Grundrechte der Arbeitnehmer (Nummern 17 und 18) enthalten. Er gilt unter den im Unionsrecht und in den
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten vorgesehenen Bedingungen. Die Bezugnahme auf die geeigneten Ebenen verweist
auf die nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Ebenen, was die europäische
Ebene einschließen kann, wenn die Rechtsvorschriften der Union dies vorsehen. Die Union verfügt diesbezüglich über
einen beachtlichen Besitzstand: Artikel III-211 und III-212 der Verfassung, die Richtlinien 2002/14/EG (allgemeiner
Rahmen für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft),
98/59/EG(Massenentlassungen), 2001/23/EG (Übergang von Unternehmen) und 94/45/EG (Europäischer Betriebsrat).
Artikel 28 [Art. II-88 Verf.]
Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen
Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber oder ihre
jeweiligen Organisationen haben nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften
und Gepflogenheiten das Recht, Tarifverträge auf den geeigneten Ebenen auszuhandeln und zu
schließen sowie bei Interessenkonflikten kollektive Maßnahmen zur Verteidigung ihrer Interessen,
einschließlich Streiks, zu ergreifen.
Erläuterung
Dieser Artikel stützt sich auf Artikel 6 der Europäischen Sozialcharta sowie auf die Gemeinschaftscharta der sozialen
Grundrechte der Arbeitnehmer (Nummern 12 bis 14). Das Recht auf kollektive Maßnahmen wurde vom Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte als einer der Bestandteile des gewerkschaftlichen Vereinigungsrechts anerkannt, das
durch Artikel 11 EMRK festgeschrieben ist. Was die geeigneten Ebenen betrifft, auf denen die Tarifverhandlungen
stattfinden können, so wird auf die Erläuterung zum vorhergehenden Artikel verwiesen. Die Modalitäten und Grenzen
für die Durchführung von Kollektivmaßnahmen, darunter auch Streiks, werden durch die einzelstaatlichen
Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten geregelt; dies gilt auch für die Frage, ob diese Maßnahmen in mehreren
Mitgliedstaaten parallel durchgeführt werden können.
Artikel 29 [Art. II-89 Verf.]
Recht auf Zugang zu einem Arbeitsvermittlungsdienst
Jeder Mensch hat das Recht auf Zugang zu einem unentgeltlichen Arbeitsvermittlungsdienst.
Erläuterung
Dieser Artikel stützt sich auf Artikel 1 Absatz 3 der Europäischen Sozialcharta sowie auf Nummer 13 der
Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer.
Artikel 30 [Art. II-90 Verf.]
Schutz bei ungerechtfertigter Entlassung
Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen
Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten Anspruch auf Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung.
Erläuterung
Dieser Artikel lehnt sich an Artikel 24 der revidierten Sozialcharta an. Siehe auch die Richtlinien 2001/23/EG über die
Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen und 80/987/EWG über den Schutz der
Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers, geändert durch die Richtlinie 2002/74/EG.
Artikel 31 [Art. II-91 Verf.]
Gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen
(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf gesunde, sichere und würdige
Arbeitsbedingungen.
(2) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf eine Begrenzung der
Höchstarbeitszeit, auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf bezahlten Jahresurlaub.
Erläuterung
1. Absatz 1 dieses Artikels stützt sich auf die Richtlinie 89/391/EWG über die Durchführung von Maßnahmen zur
Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz. Er lehnt sich ferner an
Artikel 3 der Sozialcharta und Nummer 19 der Gemeinschaftscharta der Arbeitnehmerrechte sowie hinsichtlich des
Rechts auf Würde am Arbeitsplatz an Artikel 26 der revidierten Sozialcharta an. Der Begriff "Arbeitsbedingungen" ist
im Sinne des Artikels III-213 der Verfassung zu verstehen.
2. Absatz 2 stützt sich auf die Richtlinie 93/104/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung sowie auf
Artikel 2 der Europäischen Sozialcharta und auf Nummer 8 der Gemeinschaftscharta der Arbeitnehmerrechte.
Artikel 32 [Art. II-92 Verf.]
Verbot der Kinderarbeit und Schutz der Jugendlichen am Arbeitsplatz
Kinderarbeit ist verboten. Unbeschadet günstigerer Vorschriften für Jugendliche und abgesehen von
begrenzten Ausnahmen darf das Mindestalter für den Eintritt in das Arbeitsleben das Alter, in dem
die Schulpflicht endet, nicht unterschreiten.
Zur Arbeit zugelassene Jugendliche müssen ihrem Alter angepasste Arbeitsbedingungen erhalten und
vor wirtschaftlicher Ausbeutung und vor jeder Arbeit geschützt werden, die ihre Sicherheit, ihre
Gesundheit, ihre körperliche, geistige, sittliche oder soziale Entwicklung beeinträchtigen oder ihre
Erziehung gefährden könnte.
Erläuterung
Dieser Artikel stützt sich auf die Richtlinie 94/33/EG über den Jugendarbeitsschutz sowie auf Artikel 7 der Europäischen
Sozialcharta und auf die Nummern 20 bis 23 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer.
Artikel 33 [Art. II-93 Verf.]
Familien- und Berufsleben
(1) Der rechtliche, wirtschaftliche und soziale Schutz der Familie wird gewährleistet.
(2) Um Familien- und Berufsleben miteinander in Einklang bringen zu können, hat jeder Mensch
das Recht auf Schutz vor Entlassung aus einem mit der Mutterschaft zusammenhängenden Grund
sowie den Anspruch auf einen bezahlten Mutterschaftsurlaub und auf einen Elternurlaub nach der
Geburt oder Adoption eines Kindes.
Erläuterung
Artikel 33 Absatz 1 stützt sich auf Artikel 16 der Europäischen Sozialcharta.
Absatz 2 lehnt sich an die Richtlinie 92/85/EWG über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der
Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden
Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz und an die Richtlinie 96/34/EG zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen
Rahmenvereinbarung über Elternurlaub an. Er stützt sich ferner auf Artikel 8 (Mutterschutz) der Europäischen
Sozialcharta und lehnt sich an Artikel 27 (Recht der Arbeitnehmer mit Familienpflichten auf Chancengleichheit und
Gleichbehandlung) der revidierten Sozialcharta an. Der Begriff "Mutterschaft" deckt den Zeitraum von der Zeugung bis
zum Stillen des Kindes ab.
Artikel 34 [Art. II-94 Verf.]
Soziale Sicherheit und soziale Unterstützung
(1) Die Union anerkennt und achtet das Recht auf Zugang zu den Leistungen der sozialen
Sicherheit und zu den sozialen Diensten, die in Fällen wie Mutterschaft, Krankheit, Arbeitsunfall,
Pflegebedürftigkeit oder im Alter sowie bei Verlust des Arbeitsplatzes Schutz gewährleisten, nach
Maßgabe des Unionsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.
(2) Jeder Mensch, der in der Union seinen rechtmäßigen Wohnsitz hat und seinen Aufenthalt
rechtmäßig wechselt, hat Anspruch auf die Leistungen der sozialen Sicherheit und die sozialen
Vergünstigungen nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und
Gepflogenheiten.
(3) Um die soziale Ausgrenzung und die Armut zu bekämpfen, anerkennt und achtet die Union das
Recht auf eine soziale Unterstützung und eine Unterstützung für die Wohnung, die allen, die nicht
über ausreichende Mittel verfügen, ein menschenwürdiges Dasein sicherstellen sollen, nach Maßgabe
des Unionsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.
Erläuterung
Der in Artikel 34 Absatz 1 aufgeführte Grundsatz stützt sich auf die Artikel 137 und 140 EGV, nunmehr ersetzt
durch Artikel III-210 und III-213 der Verfassung, sowie auf Artikel 12 der Europäischen Sozialcharta und auf
Nummer 10 der Gemeinschaftscharta der Arbeitnehmerrechte. Er ist von der Union zu wahren, wenn sie im Rahmen
ihrer Zuständigkeiten nach Artikel III-210 und III-213 der Verfassung tätig wird. Durch den Hinweis auf die sozialen
Dienste sollen die Fälle erfasst werden, in denen derartige Dienste eingerichtet wurden, um bestimmte Leistungen
sicherzustellen; dies bedeutet aber keineswegs, dass solche Dienste eingerichtet werden müssen, wo sie nicht bestehen.
Der Begriff "Mutterschaft" ist im Sinne des vorangehenden Artikels zu verstehen.
Absatz 2 stützt sich auf Artikel 12 Absatz 4 und Artikel 13 Absatz 4 der Europäischen Sozialcharta sowie auf
Nummer 2 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer und spiegelt die Regeln wider, die sich
aus den Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 1612/68 ergeben.
Absatz 3 lehnt sich an Artikel 13 der Europäischen Sozialcharta und die Artikel 30 und 31 der revidierten Sozialcharta
sowie an Nummer 10 der Gemeinschaftscharta an. Er ist von der Union im Rahmen der Politiken zu wahren, die auf
Artikel III-210 der Verfassung beruhen.
Artikel 35 [Art. II-95 Verf.]
Gesundheitsschutz
Jeder Mensch hat das Recht auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge und auf ärztliche Versorgung nach
Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten. Bei der Festlegung und
Durchführung der Politik und Maßnahmen der Union in allen Bereichen wird ein hohes
Gesundheitsschutzniveau sichergestellt.
Erläuterung
Die in diesem Artikel enthaltenen Grundsätze stützen sich auf Artikel 152 EGV, der nunmehr durch Artikel III-278 der
Verfassung ersetzt wurde, sowie auf die Artikel 11 und 13 der Europäischen Sozialcharta. Satz 2 entspricht
Artikel III-278 Absatz 1.
Artikel 36 [Art. II-96 Verf.]
Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse
Die Union anerkennt und achtet den Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen
Interesse, wie er durch die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten im Einklang mit
der Verfassung geregelt ist, um den sozialen und territorialen Zusammenhalt der Union zu fördern.
Erläuterung
Dieser Artikel steht vollauf im Einklang mit Artikel III-122 der Verfassung und begründet kein neues Recht. Er stellt
lediglich den Grundsatz auf, dass die Union den Zugang zu den Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen
Interesse nach den einzelstaatlichen Bestimmungen achtet, sofern diese mit dem Unionsrecht vereinbar sind.
Artikel 37 [Art. II-97 Verf.]
Umweltschutz
Ein hohes Umweltschutzniveau und die Verbesserung der Umweltqualität müssen in die Politik der
Union einbezogen und nach dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung sichergestellt werden.
Erläuterung
Die in diesem Artikel enthaltenen Grundsätze stützten sich auf die Artikel 2, 6 und 174 EGV, die nunmehr durch
Artikel I-3 Absatz 3 sowie die Artikel III-119 und III-233 der Verfassung ersetzt wurden.
Er lehnt sich auch an die Verfassungsbestimmungen einiger Mitgliedstaaten an.
Artikel 38 [Art. II-98 Verf.]
Verbraucherschutz
Die Politik der Union stellt ein hohes Verbraucherschutzniveau sicher.
Erläuterung
Der in diesem Artikel enthaltene Grundsatz stützte sich auf Artikel 153 EGV, nunmehr ersetzt durch Artikel III-235 der
Verfassung.
TITEL V BÜRGERRECHTE
Artikel 39 [Art. II-99 Verf.]
Aktives und passives Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament
(1) Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger besitzen in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren
Wohnsitz haben, das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament
unter denselben Bedingungen wie die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats.
(2) Die Mitglieder des Europäischen Parlaments werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier und
geheimer Wahl gewählt.
Erläuterung
Artikel 39 findet nach Artikel 52 Absatz 2 der Charta im Rahmen der in den Teilen I und III der Verfassung
festgelegten Bedingungen Anwendung. Absatz 1 des Artikels 39 entspricht dem Recht, das durch Artikel I-10
Absatz 2 der Verfassung garantiert ist (siehe auch die Rechtsgrundlage in Artikel III-126 für die Festlegung der
Einzelheiten für die Ausübung dieses Rechts), und Absatz 2 dieses Artikels entspricht Artikel I-20 Absatz 2 der
Verfassung. Artikel 39 Absatz 2 gibt die Grundprinzipien für die Durchführung von Wahlen in einem
demokratischen System wieder.
Artikel 40 [Art. II-100 Verf.]
Aktives und passives Wahlrecht bei den Kommunalwahlen
Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger besitzen in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Wohnsitz
haben, das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen unter denselben Bedingungen wie die
Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats.
Erläuterung
Dieser Artikel entspricht dem Recht, das durch Artikel I-10 Absatz 2 der Verfassung garantiert ist (siehe auch die
Rechtsgrundlage in Artikel III-126 für die Festlegung der Einzelheiten für die Ausübung dieses Rechts). Nach Artikel 52
Absatz 2 findet er im Rahmen der in diesen Artikeln in den Teilen I und III der Verfassung festgelegten Bedingungen
Anwendung.
Artikel 41 [Art. II-101 Verf.]
Recht auf eine gute Verwaltung
(1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen
und sonstigen Stellen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist
behandelt werden.
(2) Dieses Recht umfasst insbesondere
a) das Recht jeder Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle
Maßnahme getroffen wird,
b) das Recht jeder Person auf Zugang zu den sie betreffenden Akten unter Wahrung des berechtigten
Interesses der Vertraulichkeit sowie des Berufs- und Geschäftsgeheimnisses,
c) die Verpflichtung der Verwaltung, ihre Entscheidungen zu begründen.
(3) Jede Person hat Anspruch darauf, dass die Union den durch ihre Organe oder Bediensteten in
Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen
ersetzt, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.
(4) Jede Person kann sich in einer der Sprachen der Verfassung an die Organe der Union wenden
und muss eine Antwort in derselben Sprache erhalten.
Erläuterung
Artikel 41 ist auf das Bestehen der Union als eine Rechtsgemeinschaft gestützt, deren charakteristische Merkmale sich
durch die Rechtsprechung entwickelt haben, die unter anderem eine gute Verwaltung als allgemeinen Rechtsgrundsatz
festgeschrieben hat (siehe u. a. das Urteil des Gerichtshofs vom 31. März 1992 (Rechtssache C-255/90 P, Burban,
Slg. 1992, S. I-2253) sowie die Urteile des Gerichts erster Instanz vom 18. September 1995 (Rechtssache T-167/94,
Nölle, Slg. 1995, S. II-2589) und vom 9. Juli 1999 (Rechtssache T-231/97, New Europe Consulting und andere,
Slg. 1999, S. II-2403). Dieses Recht in der in den ersten beiden Absätzen dargestellten Form ergibt sich aus der
Rechtsprechung (Urteile des Gerichtshofs vom 15. Oktober 1987 (Rechtssache 222/86, Heylens, Slg. 1987, S. 4097,
Randnr. 15), vom 18. Oktober 1989 (Rechtssache 374/87, Orkem, Slg. 1989, S. 3283) und vom 21. November 1991
(Rechtssache C-269/90, TU München, Slg. 1991, S. I-5469) sowie die Urteile des Gerichts erster Instanz vom
6. Dezember 1994 (Rechtssache T-450/93, Lisrestal, Slg. 1994, S. II-1177) und vom 18. September 1995 (Rechtssache
T-167/94, Nölle, Slg. 1995, S. II-258)) und - bezüglich der Pflicht zur Begründung - aus Artikel 253 EGV, der
nunmehr durch Artikel I-38 Absatz 2 der Verfassung ersetzt wurde, siehe ferner die Rechtsgrundlage in Artikel III-398
der Verfassung für die Annahme gesetzlicher Bestimmungen im Interesse einer offenen, effizienten und unabhängigen
europäischen Verwaltung.
In Absatz 3 ist das nunmehr durch Artikel III-431 der Verfassung garantierte Recht aufgeführt. In Absatz 4 ist das
nunmehr durch Artikel I-10 Absatz 2 Buchstabe d und Artikel III-129 der Verfassung garantierte Recht aufgeführt.
Nach Artikel 52 Absatz 2 finden diese Rechte im Rahmen der in Teil III der Verfassung festgelegten Bedingungen und
Grenzen Anwendung.
Das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf, das hierbei eine wichtige Rolle spielt, wird durch Artikel 47 der Charta
gewährleistet.
Artikel 42 [Art. II-102 Verf.]
Recht auf Zugang zu Dokumenten
Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit
Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht auf Zugang zu den
Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, unabhängig von der Form
der für diese Dokumente verwendeten Träger.
Erläuterung
Das in diesem Artikel garantierte Recht wurde aus Artikel 255 EGV, auf dessen Grundlage in der Folge die
Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 angenommen wurde, übernommen. Der Europäische Konvent hat dieses Recht auf
Dokumente der Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen der Union im Allgemeinen ausgeweitet, ungeachtet ihrer
Form (siehe Artikel I-50 Absatz 3 der Verfassung). Nach Artikel 52 Absatz 2 der Charta wird das Recht auf Zugang
zu Dokumenten im Rahmen der in den Artikeln I-50 Absatz 3 und Artikeln III-399 der Verfassung festgelegten
Bedingungen und Grenzen ausgeübt.
Artikel 43 [Art. II-103 Verf.]
Der Europäische Bürgerbeauftragte
Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit
Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht, den Europäischen
Bürgerbeauftragten im Falle von Missständen bei der Tätigkeit der Organe, Einrichtungen und
sonstigen Stellen der Union, mit Ausnahme des Gerichtshofs der Europäischen Union in Ausübung
seiner Rechtsprechungsbefugnisse, zu befassen.
Erläuterung
Das in diesem Artikel garantierte Recht ist das Recht, das durch die Artikel I-10 und III-335 der Verfassung garantiert
ist. Nach Artikel 52 Absatz 2 findet es im Rahmen der in diesen beiden Artikeln festgelegten Bedingungen
Anwendung.
Artikel 44 [Art. II-104 Verf.]
Petitionsrecht
Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit
Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht, eine Petition an das
Europäische Parlament zu richten.
Erläuterung
Das in diesem Artikel garantierte Recht ist das Recht, das durch die Artikel I-10 und III-334 der Verfassung garantiert
ist. Nach Artikel 52 Absatz 2 findet es im Rahmen der in diesen beiden Artikeln festgelegten Bedingungen
Anwendung.
Artikel 45 [Art. II-105 Verf.]
Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit
(1) Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben das Recht, sich im Hoheitsgebiet der
Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten.
(2) Staatsangehörigen dritter Länder, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats
aufhalten, kann nach Maßgabe der Verfassung Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit gewährt werden.
Erläuterung
Das in Absatz 1 garantierte Recht ist das Recht, das durch Artikel I-10 Absatz 2 Buchstabe a der Verfassung garantiert
ist (vgl. auch die Rechtsgrundlage in Artikel III-125 und das Urteil des Gerichtshofs vom 17. September 2002,
Rechtssache C-413/99, Baumbast, Slg. 2002, S. I-7091). Nach Artikel 52 Absatz 2 findet es im Rahmen der
Bedingungen und Grenzen Anwendung, die in Teil III der Verfassung vorgesehen sind.
Absatz 2 erinnert an die der Union durch die Artikel III-265 bis III-267 der Verfassung erteilte Zuständigkeit. Daraus
folgt, dass die Gewährung dieses Rechts von der Ausübung dieser Zuständigkeit durch die Organe abhängt.
Artikel 46 [Art. II-106 Verf.]
Diplomatischer und konsularischer Schutz
Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger genießen im Hoheitsgebiet eines Drittlands, in dem der
Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, nicht vertreten ist, den Schutz durch die
diplomatischen und konsularischen Stellen eines jeden Mitgliedstaats unter denselben Bedingungen
wie Staatsangehörige dieses Staates.
Erläuterung
Das in diesem Artikel garantierte Recht ist das Recht, das durch Artikel I-10 der Verfassung garantiert ist (siehe auch die
Rechtsgrundlage in Artikel III-127 der Verfassung). Nach Artikel 52 Absatz 2 findet es im Rahmen der in diesen
Artikeln festgelegten Bedingungen Anwendung.
TITEL VI JUSTIZIELLE RECHTE
Artikel 47 [Art. II-107 Verf.]
Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht
Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind,
hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehen Bedingungen bei einem Gericht einen
wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.
Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor
durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener
Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.
Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit diese
Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten.
Erläuterung
Absatz 1 stützt sich auf Artikel 13 EMRK:
"Jede Person, die in ihren in dieser Konvention anerkannten Rechten oder Freiheiten verletzt worden ist, hat das Recht,
bei einer innerstaatlichen Instanz eine wirksame Beschwerde zu erheben, auch wenn die Verletzung von Personen
begangen worden ist, die in amtlicher Eigenschaft gehandelt haben."
Im Unionsrecht wird jedoch ein umfassenderer Schutz gewährt, da ein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei
einem Gericht garantiert wird. Der Gerichtshof hat dieses Recht in seinem Urteil vom 15. Mai 1986 als allgemeinen
Grundsatz des Unionsrechts festgeschrieben (Rechtssache 222/84, Johnston, Slg. 1986, S. 1651); siehe auch die Urteile
vom 15. Oktober 1987 (Rechtssache 222/86, Heylens, Slg. 1987, S. 4097) und vom 3. Dezember 1992
(Rechtssache C-97/91, Borelli, Slg. 1992, S. I-6313). Nach Auffassung des Gerichtshofs gilt dieser allgemeine Grundsatz
des Unionsrechts auch für die Mitgliedstaaten, wenn sie das Unionsrecht anwenden. Die Übernahme dieser
Rechtsprechung des Gerichtshofs in die Charta zielte nicht darauf ab, das in den Verträgen vorgesehene
Rechtsschutzsystem und insbesondere nicht die Bestimmungen über die Zulässigkeit direkter Klagen beim Gerichtshof
der Europäischen Union zu ändern. Der Europäische Konvent hat sich mit dem System des gerichtlichen Rechtsschutzes
der Union, einschließlich der Zulässigkeitsvorschriften, befasst und hat es mit einigen Änderungen, die in die
Artikel III-353 bis III-381 der Verfassung und insbesondere in Artikel III-365 Absatz 4 eingeflossen sind, bestätigt.
Artikel 47 gilt gegenüber den Organen der Union und den Mitgliedstaaten, wenn diese das Unionsrecht anwenden,
und zwar für sämtliche durch das Unionsrecht garantierte Rechte.
Absatz 2 entspricht Artikel 6 Absatz 1 EMRK, der wie folgt lautet:
"Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und
Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und
unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener
Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während
des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen
Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von
Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für
unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der
Rechtspflege beeinträchtigen würde."
Im Unionsrecht gilt das Recht auf ein Gerichtsverfahren nicht nur für Streitigkeiten im Zusammenhang mit
zivilrechtlichen Ansprüchen und Verpflichtungen. Dies ist eine der Folgen der Tatsache, dass die Union eine
Rechtsgemeinschaft ist, wie der Gerichtshof in der Rechtssache 294/83, "Les Verts" gegen Europäisches Parlament
(Urteil vom 23. April 1986, Slg. 1986, S. 1339) festgestellt hat. Mit Ausnahme ihres Anwendungsbereichs gelten die
Garantien der EMRK jedoch in der Union entsprechend.
In Bezug auf Absatz 3 sei darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte eine Prozesskostenhilfe zu gewähren ist, wenn mangels einer solchen Hilfe die Einlegung eines
wirksamen Rechtsbehelfs nicht gewährleistet wäre (EGMR, Urteil vom 9.10.1979, Airey, Serie A, Band 32, S. 11). Es gibt
auch ein Prozesskostenhilfesystem für die beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängigen Rechtssachen.
Artikel 48 [Art. II-108 Verf.]
Unschuldsvermutung und Verteidigungsrechte
(1) Jeder Angeklagte gilt bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis seiner Schuld als unschuldig.
(2) Jedem Angeklagten wird die Achtung der Verteidigungsrechte gewährleistet.
Erläuterung
Artikel 48 entspricht Artikel 6 Absätze 2 und 3 EMRK, der wie folgt lautet:
"(2) Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.
(3) Jede angeklagte Person hat mindestens folgende Rechte:
a) innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der
gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b) ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c) sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur
Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der
Rechtspflege erforderlich ist;
d) Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von
Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e) unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts
nicht versteht oder spricht."
Nach Artikel 52 Absatz 3 hat dieses Recht dieselbe Bedeutung und dieselbe Tragweite wie das durch die EMRK
garantierte Recht.
Artikel 49 [Art. II-109 Verf.]
Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit
Straftaten und Strafen
(1) Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer
Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Es darf auch keine
schwerere Strafe als die zur Zeit der Begehung angedrohte Strafe verhängt werden. Wird nach
Begehung einer Straftat durch Gesetz eine mildere Strafe eingeführt, so ist diese zu verhängen.
(2) Dieser Artikel schließt nicht aus, dass eine Person wegen einer Handlung oder Unterlassung
verurteilt oder bestraft wird, die zur Zeit ihrer Begehung nach den allgemeinen, von der Gesamtheit
der Nationen anerkannten Grundsätzen strafbar war.
(3) Das Strafmaß darf zur Straftat nicht unverhältnismäßig sein.
Erläuterung
In diesen Artikel ist die klassische Regel des Verbots der Rückwirkung von Gesetzen und Strafen in Strafsachen
aufgenommen worden. Hinzugefügt wurde die in zahlreichen Mitgliedstaaten geltende und in Artikel 15 des
Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte enthaltene Regel der Rückwirkung von milderen
Strafrechtsvorschriften.
Artikel 7 EMRK lautet wie folgt:
"(1) Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach
innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Es darf auch keine schwerere als die zur Zeit der
Begehung angedrohte Strafe verhängt werden.
(2) Dieser Artikel schließt nicht aus, dass jemand wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt oder bestraft
wird, die zur Zeit ihrer Begehung nach den von den zivilisierten Völkern anerkannten allgemeinen
Rechtsgrundsätzen strafbar war."
Es wurde lediglich in Absatz 2 das Wort "zivilisierten" gestrichen; der Sinn dieses Absatzes, der insbesondere auf
die Verbrechen gegen die Menschlichkeit zielt, wird dadurch in keiner Weise verändert. Entsprechend Artikel 52
Absatz 3 hat daher das garantierte Recht dieselbe Bedeutung und dieselbe Tragweite wie das von der EMRK
garantierte Recht.
In Absatz 3 wurde der allgemeine Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Straftat und Strafmaß aufgenommen, der
durch die gemeinsamen verfassungsrechtlichen Traditionen der Mitgliedstaaten und die Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Gemeinschaften festgeschrieben worden ist.
Artikel 50 [Art. II-110 Verf.]
Recht, wegen derselben Straftat nicht zweimal strafrechtlich verfolgt oder bestraft zu werden
Niemand darf wegen einer Straftat, derentwegen er bereits in der Union nach dem Gesetz
rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren erneut verfolgt oder
bestraft werden.
Erläuterung
Artikel 4 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK lautet wie folgt:
"(1) Niemand darf wegen einer Straftat, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines
Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut
verfolgt oder bestraft werden.
(2) Absatz 1 schließt die Wiederaufnahme des Verfahrens nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht des
betreffenden Staates nicht aus, falls neue oder neu bekannt gewordene Tatsachen vorliegen oder das
vorausgegangene Verfahren schwere, den Ausgang des Verfahrens berührende Mängel aufweist.
(3) Von diesem Artikel darf nicht nach Artikel 15 der Konvention abgewichen werden."
Die Regel "ne bis in idem" wird im Unionsrecht angewandt (siehe in der umfangreichen Rechtsprechung Urteil vom
5. Mai 1966, Rechtssachen 18/65 und 35/65, Gutmann gegen Kommission, Slg. 1966, S. 150, und in jüngerer Zeit
Urteil des Gerichts erster Instanz vom 20. April 1999, verbundene Rechtssachen T-305/94 und andere, Limburgse Vinyl
Maatschappij NV gegen Kommission, Slg. 1999, S. II-931). Es ist darauf hinzuweisen, dass die Regel des Verbots der
Doppelbestrafung sich auf gleichartige Sanktionen, in diesem Fall durch ein Strafgericht verhängte Strafen, bezieht.
Nach Artikel 50 findet die Regel "ne bis in idem" nicht nur innerhalb der Gerichtsbarkeit eines Staates, sondern auch
zwischen den Gerichtsbarkeiten mehrerer Mitgliedstaaten Anwendung. Dies entspricht dem Rechtsbesitzstand der
Union; siehe die Artikel 54 bis 58 des Schengener Durchführungsübereinkommens und dem Urteil des Gerichtshofes
vom 11. Februar 2003, Rechtssache C-187/01 Gözütok (noch nicht veröffentlicht), Artikel 7 des Übereinkommens über
den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften sowie Artikel 10 des Übereinkommens über
die Bekämpfung der Bestechung. Die klar eingegrenzten Ausnahmen, in denen die Mitgliedstaaten nach diesen
Übereinkommen von der Regel "ne bis in idem" abweichen können, sind von der horizontalen Klausel des Artikels 52
Absatz 1 über die Einschränkungen abgedeckt. Was die in Artikel 4 des Protokolls Nr. 7 bezeichneten Fälle betrifft,
nämlich die Anwendung des Grundsatzes in ein und demselben Mitgliedstaat, so hat das garantierte Recht dieselbe
Bedeutung und dieselbe Tragweite wie das entsprechende Recht der EMRK.
TITEL VII ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN ÜBER DIE AUSLEGUNG UND ANWENDUNG DER CHARTA
Artikel 51 [Art. II-111 Verf.]
Anwendungsbereich
(1) Diese Charta gilt für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter Wahrung
des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts
der Union. Dementsprechend achten sie die Rechte, halten sie sich an die Grundsätze und fördern sie
deren Anwendung entsprechend ihren jeweiligen Zuständigkeiten und unter Achtung der Grenzen
der Zuständigkeiten, die der Union in anderen Teilen der Verfassung übertragen werden.
(2) Diese Charta dehnt den Geltungsbereich des Unionsrechts nicht über die Zuständigkeiten der
Union hinaus aus und begründet weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben für die Union,
noch ändert sie die in den anderen Teilen der Verfassung festgelegten Zuständigkeiten und Aufgaben.
Erläuterung
Mit Artikel 51 soll der Anwendungsbereich der Charta festgelegt werden. Es soll klar zum Ausdruck gebracht
werden, dass die Charta zuerst auf die Organe und Einrichtungen der Union Anwendung findet, und zwar unter
Beachtung des Grundsatzes der Subsidiarität. Bei dieser Bestimmung hielt man sich an Artikel 6 Absatz 2 des Vertrags
über die Europäische Union, wonach die Union die Grundrechte zu achten hat, wie auch an das Mandat des
Europäischen Rates (Köln). Der Begriff "Organe" ist in Teil I der Verfassung festgelegt. Der Ausdruck "Einrichtungen und
sonstigen Stellen" wird in der Verfassung üblicherweise als Bezeichnung für alle durch die Verfassung oder durch
sekundäre Rechtsakte geschaffenen Einrichtungen verwendet (siehe beispielsweise Artikel I-50 oder I-51 der
Verfassung).
Was die Mitgliedstaaten betrifft, so ist der Rechtsprechung des Gerichtshofs eindeutig zu entnehmen, dass die
Verpflichtung zur Einhaltung der im Rahmen der Union definierten Grundrechte für die Mitgliedstaaten nur dann gilt,
wenn sie im Anwendungsbereich des Unionsrechts handeln (Urteil vom 13. Juli 1989, Rechtssache 5/88, Wachauf,
Slg. 1989, S. 2609, Urteil vom 18. Juni 1991, Rechtssache -260/89, ERT, Slg. 1991, S. I-2925, Urteil vom 18. Dezember
1997, Rechtssache C-309/96, Annibaldi, Slg. 1997, S. I-7493). Der Gerichtshof hat diese Rechtsprechung kürzlich wie
folgt bestätigt: "Die Mitgliedstaaten müssen bei der Durchführung der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen aber auch
die Erfordernisse des Grundrechtschutzes in der Gemeinschaftsrechtsordnung beachten." (Urteil vom 13. April 2000,
Rechtssache C-292/97, Karlsson, Slg. 2000, S. I-2737, Randnr. 37). Diese in der Charta verankerte Regel gilt natürlich
sowohl für die zentralen Behörden als auch für die regionalen oder lokalen Stellen sowie für die öffentlichen
Einrichtungen, wenn sie das Unionsrecht anwenden.
Absatz 2, zusammen mit Absatz 1 Satz 2, bestätigen, dass die Charta nicht eine Erweiterung der Zuständigkeiten und
Aufgaben bewirken darf, die der Union durch die anderen Teile der Verfassung zugewiesen sind. Es geht darum, explizit
darzulegen, was sich logischerweise aus dem Subsidiaritätsprinzip und dem Umstand ergibt, dass die Union nur über
die ihr eigens zugewiesenen Befugnisse verfügt. Die Grundrechte, wie sie in der Union garantiert werden, werden nur im
Rahmen dieser von den Teilen I und III der Verfassung bestimmten Zuständigkeiten wirksam. Folglich kann sich für die
Organe der Union nur nach Maßgabe dieser Befugnisse eine Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 2 zur Förderung der in
der Charta festgelegten Grundsätze ergeben.
Absatz 2 bestätigt auch, dass die Charta sich nicht dahin gehend auswirken darf, dass der Geltungsbereich des
Unionsrechts über die in den anderen Teilen der Verfassung festgelegten Zuständigkeiten der Union hinaus ausgedehnt
wird. Der Gerichtshof hat diese Regel bereits in Bezug auf die als Teil des Unionsrechts anerkannten Grundrechte
aufgestellt (Urteil vom 17. Februar 1998, Rechtssache C-249/96, Grant, Slg. 1998, S. I-621, Randnr. 45). Im Einklang
mit dieser Regel versteht es sich von selbst, dass die Einbeziehung der Charta in die Verfassung nicht dahin gehend
verstanden werden kann, dass sie für sich genommen den als "Durchführung des Rechts der Union" betrachteten
Aktionsrahmen der Mitgliedstaaten (im Sinne von Absatz 1 und der vorstehend genannten Rechtsprechung) ausdehnt.
Artikel 52 [Art. II-112 Verf.]
Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze
(1) Jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten muss
gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter
Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen
werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden
Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich
entsprechen.
(2) Die Ausübung der durch diese Charta anerkannten Rechte, die in anderen Teilen der Verfassung
geregelt sind, erfolgt im Rahmen der dort festgelegten Bedingungen und Grenzen.
(3) Soweit diese Charta Rechte enthält, die den durch die Europäische Konvention zum Schutz der
Menschenrechte und Grundfreiheiten garantierten Rechten entsprechen, haben sie die gleiche
Bedeutung und Tragweite, wie sie ihnen in der genannten Konvention verliehen wird. Diese
Bestimmung steht dem nicht entgegen, dass das Recht der Union einen weiter gehenden Schutz
gewährt.
(4) Soweit in dieser Charta Grundrechte anerkannt werden, wie sie sich aus den gemeinsamen
Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, werden sie im Einklang mit diesen
Überlieferungen ausgelegt.
(5) Die Bestimmungen dieser Charta, in denen Grundsätze festgelegt sind, können durch Akte der
Gesetzgebung und der Ausführung der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie
durch Akte der Mitgliedstaaten zur Durchführung des Rechts der Union in Ausübung ihrer jeweiligen
Zuständigkeiten umgesetzt werden. Sie können vor Gericht nur bei der Auslegung dieser Akte und
bei Entscheidungen über deren Rechtmäßigkeit herangezogen werden.
(6) Den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten ist, wie es in dieser Charta
bestimmt ist, in vollem Umfang Rechnung zu tragen.
(7) Die Erläuterungen, die als Anleitung für die Auslegung der Charta der Grundrechte verfasst
wurden, sind von den Gerichten der Union und der Mitgliedstaaten gebührend zu berücksichtigen.
Erläuterung
Mit Artikel 52 sollen die Tragweite der Rechte und Grundsätze der Charta und Regeln für ihre Auslegung festgelegt
werden. Absatz 1 enthält die allgemeine Einschränkungsregelung. Die verwendete Formulierung lehnt sich an die
Rechtsprechung des Gerichtshofes an, die wie folgt lautet: "Nach gefestigter Rechtsprechung kann jedoch die Ausübung
dieser Rechte, insbesondere im Rahmen einer gemeinsamen Marktorganisation, Beschränkungen unterworfen werden,
sofern diese tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick
auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der diese Rechte in ihrem
Wesensgehalt antastet" (Urteil vom 13. April 2000, Rechtssache C-292/97, Randnr. 45). Die Bezugnahme auf das von
der Union anerkannte Gemeinwohl erstreckt sich nicht nur auf die in Artikel I-2 der Verfassung aufgeführten Ziele,
sondern auch auf andere Interessen, die durch besondere Bestimmungen der Verfassung wie Artikel I-5 Absatz 1,
Artikel III-133 Absatz 3 und die Artikel III-154, III-436 geschützt werden.
Absatz 2 bezieht sich auf Rechte, die bereits ausdrücklich im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
garantiert waren und in der Charta anerkannt wurden und die nun in anderen Teilen der Verfassung zu finden sind
(insbesondere die Rechte aus der Unionsbürgerschaft). Er verdeutlicht, dass diese Rechte weiterhin den Bedingungen
und Grenzen unterliegen, die für das Unionsrecht, auf dem sie beruhen, gelten und die nunmehr in den Teilen I und III
der Verfassung festgelegt sind. Mit der Charta wird die Regelung hinsichtlich der durch den EG-Vertrag gewährten und
nunmehr in den Teilen I und III der Verfassung übernommenen Rechte nicht geändert.
Mit Absatz 3 soll die notwendige Kohärenz zwischen der Charta und der EMRK geschaffen werden, indem die Regel
aufgestellt wird, dass in dieser Charta enthaltene Rechte, die den durch die EMRK garantierten Rechten entsprechen, die
gleiche Bedeutung und Tragweite, einschließlich der zugelassenen Einschränkungen, besitzen, wie sie ihnen in der EMRK
verliehen werden. Daraus ergibt sich insbesondere, dass der Gesetzgeber bei der Festlegung von Einschränkungen dieser
Rechte die gleichen Normen einhalten muss, die in der ausführlichen Regelung der Einschränkungen in der EMRK
vorgesehen sind, die damit auch für die von diesem Absatz erfassten Rechte gelten, ohne dass dadurch die
Eigenständigkeit des Unionsrechts und des Gerichtshofs der Europäischen Union berührt wird.
Die Bezugnahme auf die EMRK erstreckt sich sowohl auf die Konvention als auch auf ihre Protokolle. Die Bedeutung
und Tragweite der garantierten Rechte werden nicht nur durch den Wortlaut dieser Vertragswerke, sondern auch durch
die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und durch den Gerichtshof der Europäischen
Union bestimmt. Mit dem letzten Satz des Absatzes soll der Union die Möglichkeit gegeben werden, für einen weiter
gehenden Schutz zu sorgen. Auf jeden Fall darf der durch die Charta gewährleistete Schutz niemals geringer als der
durch die EMRK gewährte Schutz sein.
Die Charta berührt nicht die den Mitgliedstaaten offen stehende Möglichkeit, von Artikel 15 EMRK Gebrauch zu
machen, der im Falle eines Krieges oder eines anderen öffentlichen Notstands, der das Leben der Nation bedroht, eine
Abweichung von den in der EMRK vorgesehenen Rechten erlaubt, wenn sie nach ihren in Artikel I-5 Absatz 1, und in
den Artikeln III-131, III-262 der Verfassung anerkannten Verantwortlichkeiten Maßnahmen im Bereich der nationalen
Verteidigung im Kriegsfalle oder im Bereich der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung treffen.
Die Rechte, bei denen derzeit-ohne die Weiterentwicklung des Rechts, der Gesetzgebung und der Verträge
auszuschließen-davon ausgegangen werden kann, dass sie Rechten aus der EMRK im Sinne dieses Absatzes
entsprechen, sind nachstehend aufgeführt. Nicht aufgeführt sind die Rechte, die zu den Rechten aus der EMRK
hinzukommen.
1. Artikel der Charta, die dieselbe Bedeutung und Tragweite wie die entsprechenden Artikel der Europäischen
Menschenrechtskonvention haben:
- Artikel 2 entspricht Artikel 2 EMRK;
- Artikel 4 entspricht Artikel 3 EMRK;
- Artikel 5 Absätze 1 und 2 entsprechen Artikel 4 EMRK;
- Artikel 6 entspricht Artikel 5 EMRK;
- Artikel 7 entspricht Artikel 8 EMRK;
- Artikel 10 Absatz 1 entspricht Artikel 9 EMRK;
- Artikel 11 entspricht Artikel 10 EMRK unbeschadet der Einschränkungen, mit denen das Unionsrecht das
Recht der Mitgliedstaaten auf Einführung der in Artikel 10 Absatz 1 dritter Satz EMRK genannten
Genehmigungsverfahren eingrenzen kann;
- Artikel 17 entspricht Artikel 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK;
- Artikel 19 Absatz 1 entspricht Artikel 4 des Protokolls Nr. 4 zur EMRK;
- Artikel 19 Absatz 2 entspricht Artikel 3 EMRK in der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte;
- Artikel 48 entspricht Artikel 6 Absätze 2 und 3 EMRK;
- Artikel 49 Absatz 1 (mit Ausnahme des letzten Satzes) und Absatz 2 entsprechen Artikel 7 EMRK.
2. Artikel, die dieselbe Bedeutung haben wie die entsprechenden Artikel der EMRK, deren Tragweite aber umfassender
ist:
- Artikel 9 deckt Artikel 12 EMRK ab, aber sein Anwendungsbereich kann auf andere Formen der
Eheschließung ausgedehnt werden, wenn die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften diese vorsehen;
- Artikel 12 Absatz 1 entspricht Artikel 11 EMRK, aber sein Anwendungsbereich ist auf die Ebene der Union
ausgedehnt worden;
- Artikel 14 Absatz 1 entspricht Artikel 2 des Zusatzprotokolls zur EMRK, aber sein Anwendungsbereich ist
auf den Zugang zur beruflichen Ausbildung und Weiterbildung ausgedehnt worden;
- Artikel 14 Absatz 3 entspricht Artikel 2 des Zusatzprotokolls zur EMRK, was die Rechte der Eltern betrifft;
- Artikel 47 Absätze 2 und 3 entsprechen Artikel 6 Absatz 1 EMRK, aber die Beschränkung auf Streitigkeiten
in Bezug auf zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder strafrechtliche Anklagen kommt nicht zum
Tragen, wenn es um das Recht der Union und dessen Anwendung geht;
-[]Artikel 50 entspricht Artikel 4 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK, aber seine Tragweite ist auf die Ebene der
Europäischen Union ausgedehnt worden und er gilt zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten;
-[]schließlich können die Unionsbürgerinnen und -bürger im Anwendungsbereich des Unionsrechts wegen des
Verbots jeglicher Diskriminierung aufgrund der Nationalität nicht als Ausländer angesehen werden. Die in
Artikel 16 EMRK vorgesehenen Beschränkungen der Rechte ausländischer Personen finden daher in diesem
Rahmen auf die Unionsbürgerinnen und -bürger keine Anwendung.
Die Auslegungsregel in Absatz 4 beruht auf dem Wortlaut des Artikels 6 Absatz 2 des Vertrags über die
Europäische Union (siehe nunmehr den Wortlaut von Artikel I-9 Absatz 3 der Verfassung) und trägt dem Ansatz
des Gerichtshofs hinsichtlich der gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen gebührend Rechnung (z. B. Urteil vom
13. Dezember 1979, Rechtssache 44/79, Hauer, Slg. 1979, S. 3727; Urteil vom 18. Mai 1982, Rechtssache 155/79,
AM & S, Slg. 1982, S. 1575). Anstatt einem restriktiven Ansatz eines "kleinsten gemeinsamen Nenners" zu folgen,
sind die Charta-Rechte dieser Regel zufolge so auszulegen, dass sie ein hohes Schutzniveau bieten, das dem
Unionsrecht angemessen ist und mit den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen im Einklang steht.
In Absatz 5 wird die Unterscheidung zwischen "Rechten und Grundsätzen" in der Charta näher bestimmt. Dieser
Unterscheidung zufolge sind subjektive Rechte zu beachten, während Grundsätze einzuhalten sind (Artikel 51
Absatz 1). Grundsätze können durch Rechtsakte oder Durchführungsvorschriften (die von der Union im
Einklang mit ihren Zuständigen erlassen werden, von den Mitgliedstaaten aber nur dann, wenn sie Unionsrecht
umsetzen) umgesetzt werden; sie erhalten demzufolge nur dann Bedeutung für die Gerichte, wenn solche
Rechtsakte ausgelegt oder überprüft werden. Sie begründen jedoch keine direkten Ansprüche auf den Erlass
positiver Maßnahmen durch die Organe der Union oder die Behörden den Mitgliedstaaten; dies steht sowohl mit
der Rechtsprechung des Gerichtshofs (vgl. insbesondere die Rechtsprechung über das "Vorsorgeprinzip" in
Artikel 174 Absatz 2 EGV, ersetzt durch Artikel III-233 der Verfassung: Urteil des Gerichts erster Instanz vom
11. September 2002, Rechtssache T-13/99 Pfizer gegen Rat, mit zahlreichen Nachweisen aus der älteren
Rechtsprechung, sowie eine Reihe von Urteilen zu Artikel 33 (ex-39) über die Grundsätze des Agrarrechts, z. B.
Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-265/85, Van den Bergh, Slg. 1987, S. 1155, Prüfung des Grundsatzes
der Marktstabilisierung und des Vertrauensschutzes) als auch mit dem Ansatz der Verfassungsordnungen der
Mitgliedstaaten zu "Grundsätzen", insbesondere im Bereich des Sozialrechts, in Einklang. Zu den in der Charta
anerkannten Grundsätzen gehören beispielsweise die Artikel 25, 26 und 37. In einigen Fällen kann ein Charta-
Artikel sowohl Elemente eines Rechts als auch eines Grundsatzes enthalten, beispielsweise Artikel 23, 33
und 34.
Absatz 6 bezieht sich auf die verschiedenen Artikel in der Charta, in denen im Sinne der Subsidiarität auf die
einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten verwiesen wird.
Artikel 53 [Art. II-113 Verf.]
Schutzniveau
Keine Bestimmung dieser Charta ist als eine Einschränkung oder Verletzung der Menschenrechte und
Grundfreiheiten auszulegen, die in dem jeweiligen Anwendungsbereich durch das Recht der Union
und das Völkerrecht sowie durch die internationalen Übereinkünfte, bei denen die Union oder alle
Mitgliedstaaten Vertragsparteien sind, darunter insbesondere die Europäische Konvention zum
Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, sowie durch die Verfassungen der Mitgliedstaaten
anerkannt werden.
Erläuterung
Der Zweck dieser Bestimmung ist die Aufrechterhaltung des durch das Recht der Union, das Recht der Mitgliedstaaten
und das Völkerrecht in seinem jeweiligen Anwendungsbereich gegenwärtig gewährleisteten Schutzniveaus. Aufgrund
ihrer Bedeutung findet die EMRK Erwähnung.
Artikel 54 [Art. II-114 Verf.]
Verbot des Missbrauchs der Rechte
Keine Bestimmung dieser Charta ist so auszulegen, als begründe sie das Recht, eine Tätigkeit
auszuüben oder eine Handlung vorzunehmen, die darauf abzielt, die in der Charta anerkannten
Rechte und Freiheiten abzuschaffen oder sie stärker einzuschränken, als dies in der Charta vorgesehen
ist.
Erläuterung
Dieser Artikel entspricht Artikel 17 EMRK:
"Diese Konvention ist nicht so auszulegen, als begründe sie für einen Staat, eine Gruppe oder eine Person das Recht, eine
Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung vorzunehmen, die darauf abzielt, die in der Konvention festgelegten Rechte
und Freiheiten abzuschaffen oder sie stärker einzuschränken, als es in der Konvention vorgesehen ist."
13. Erklärung zu Artikel III-116
Die Konferenz ist sich darüber einig, dass die Union bei ihren allgemeinen Bemühungen,
Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern zu beseitigen, in den verschiedenen Politikbereichen
darauf hinwirken wird, jede Art der häuslichen Gewalt zu bekämpfen. Die Mitgliedstaaten sollten alle
erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um solche strafbare Handlungen zu verhindern und zu ahnden
sowie die Opfer zu unterstützen und zu schützen.
14. Erklärung zu den Artikeln III-136 und III-267
Die Konferenz geht davon aus, dass den Interessen des betroffenen Mitgliedstaats gebührend
Rechnung getragen wird, wenn ein Entwurf eines Europäischen Gesetzes oder Rahmengesetzes nach
Artikel III-267 Absatz 2 - wie in Artikel III-136 Absatz 2 dargelegt - wesentliche Aspekte, wie den
Geltungsbereich, die Kosten oder die Finanzstruktur des Systems der sozialen Sicherheit eines
Mitgliedstaats verletzen oder das finanzielle Gleichgewicht dieses Systems beeinträchtigen würde.
15. Erklärung zu den Artikeln III-160 und III-322
Die Konferenz weist darauf hin, dass die Achtung der Grundrechte und -freiheiten es insbesondere
erforderlich macht, dass der Rechtsschutz der betreffenden Einzelpersonen oder Einheiten gebührend
berücksichtigt wird. Zu diesem Zweck und zur Gewährleistung einer gründlichen gerichtlichen
Prüfung von Europäischen Beschlüssen, durch die Einzelpersonen oder Einheiten restriktiven
Maßnahmen unterworfen werden, müssen diese Beschlüsse auf klaren und eindeutigen Kriterien
beruhen. Diese Kriterien müssen auf die Besonderheiten der jeweiligen restriktiven Maßnahme
zugeschnitten sein.
16. Erklärung zu Artikel III-167 Absatz 2 Buchstabe c
Die Konferenz stellt fest, dass Artikel III-167 Absatz 2 Buchstabe c im Einklang mit der geltenden
Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Gerichts erster Instanz
zur Anwendbarkeit dieser Bestimmungen auf die Beihilfen für bestimmte, durch die frühere Teilung
Deutschlands beeinträchtigte Gebiete der Bundesrepublik Deutschland auszulegen ist.
17. Erklärung zu Artikel III-184
In Bezug auf Artikel III-184 bekräftigt die Konferenz, dass die Wirtschafts- und Haushaltspolitik der
Union und der Mitgliedstaaten auf die beiden fundamentalen Ziele ausgerichtet ist, das Wachstumspotenzial
zu steigern und eine solide Haushaltslage zu gewährleisten. Der Stabilitäts- und
Wachstumspakt ist ein wichtiges Instrument für die Verwirklichung dieser Ziele.
Die Konferenz bekennt sich erneut zu den Bestimmungen über den Stabilitäts- und Wachstumspakt
als Rahmen für die Koordinierung der Haushaltspolitik in den Mitgliedstaaten.
Die Konferenz bekräftigt, dass sich mit einem auf Regeln beruhenden System am besten
gewährleisten lässt, dass die Verpflichtungen tatsächlich eingehalten und alle Mitgliedstaaten gleich
behandelt werden. In diesem Zusammenhang erneuert die Konferenz ferner ihr Bekenntnis zu den Zielen der
Lissabonner Strategie: Schaffung von Arbeitsplätzen, Strukturreformen und sozialer Zusammenhalt.
Die Union strebt ein ausgewogenes Wirtschaftswachstum und Preisstabilität an. Deshalb muss die
Wirtschafts- und Haushaltspolitik in Zeiten schwachen Wirtschaftswachstums die entsprechenden
Prioritäten in Bezug auf Wirtschaftsreformen, Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und Steigerung der
privaten Investitionen und des privaten Verbrauchs setzen. Dies sollte in der Ausrichtung der
Haushaltsbeschlüsse auf Ebene der Mitgliedstaaten und der Union zum Ausdruck kommen,
insbesondere dadurch, dass die öffentlichen Einnahmen und Ausgaben umgeschichtet werden, wobei
die Haushaltsdisziplin nach der Verfassung und dem Stabilitäts- und Wachstumspakt zu wahren ist.
Die haushalts- und wirtschaftspolitischen Herausforderungen, vor denen die Mitgliedstaaten stehen,
unterstreichen die Bedeutung einer soliden Haushaltspolitik während des gesamten Konjunkturzyklus.
Die Konferenz kommt überein, dass die Mitgliedstaaten Phasen der wirtschaftlichen Erholung aktiv
nutzen sollten, um die öffentlichen Finanzen zu konsolidieren und ihre Haushaltslage zu verbessern.
Das Ziel ist dabei, in Zeiten günstiger Konjunktur schrittweise einen Haushaltsüberschuss zu
erreichen, um in Zeiten der konjunkturellen Abschwächung über den nötigen Spielraum zu verfügen
und so zur langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beizutragen.
Die Mitgliedstaaten sehen etwaigen Vorschlägen der Kommission und weiteren Beiträgen der
Mitgliedstaaten zu der Frage, wie die Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts verstärkt und
klarer gestaltet werden kann, mit Interesse entgegen. Die Mitgliedstaaten werden die notwendigen
Maßnahmen zur Steigerung des Wachstumspotenzials ihrer Wirtschaft treffen. Hierzu könnte auch
eine bessere Abstimmung der Wirtschaftspolitik beitragen. Diese Erklärung greift künftigen
Beratungen über den Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht vor.
18. Erklärung zu Artikel III-213
Die Konferenz bestätigt, dass die in Artikel III-213 aufgeführten Politikbereiche im Wesentlichen in
die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen. Die auf Unionsebene nach diesem Artikel zu ergreifenden
Förder- und Koordinierungsmaßnahmen haben ergänzenden Charakter. Sie dienen der Stärkung der
Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und nicht der Harmonisierung einzelstaatlicher
Systeme. Die in den einzelnen Mitgliedstaaten bestehenden Garantien und Gepflogenheiten
hinsichtlich der Verantwortung der Sozialpartner bleiben unberührt.
Diese Erklärung berührt nicht die Bestimmungen der Verfassung, einschließlich im Sozialbereich, mit
denen der Union Zuständigkeiten übertragen werden.
19. Erklärung zu Artikel III-220
Die Konferenz vertritt die Auffassung, dass die Bezugnahme auf Inselregionen in Artikel III-220 auch
für Inselstaaten insgesamt gelten kann, sofern die notwendigen Kriterien erfüllt sind.
20. Erklärung zu Artikel III-243
Die Konferenz stellt fest, dass Artikel III-243 nach der gegenwärtigen Praxis anzuwenden ist. Die
Formulierung "Maßnahmen ..., soweit sie erforderlich sind, um die wirtschaftlichen Nachteile
auszugleichen, die der Wirtschaft bestimmter, von der Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der
Bundesrepublik aus dieser Teilung entstehen" wird im Einklang mit der geltenden Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Gerichts erster Instanz ausgelegt.
21. Erklärung zu Artikel III-248
Die Konferenz ist sich darüber einig, dass die Tätigkeit der Union auf dem Gebiet der Forschung und
technologischen Entwicklung den grundsätzlichen Ausrichtungen und Entscheidungen in der
Forschungspolitik der Mitgliedstaaten angemessen Rechnung tragen wird.
22. Erklärung zu Artikel III-256
Die Konferenz ist der Auffassung, dass Artikel III-256 das Recht der Mitgliedstaaten unberührt lässt,
Bestimmungen zu erlassen, die für die Gewährleistung ihrer Energieversorgung unter den
Bedingungen des Artikels III-131 erforderlich sind.
23. Erklärung zu Artikel III-273 Absatz 1 Unterabsatz 2
Nach Auffassung der Konferenz sollte das Europäische Gesetz nach Artikel III-273 Absatz 1
Unterabsatz 2 den nationalen Vorschriften und Verfahrensweisen im Zusammenhang mit der
Einleitung strafrechtlicher Ermittlungsmaßnahmen Rechnung tragen.
24. Erklärung zu Artikel III-296
Die Konferenz erklärt, dass der Generalsekretär des Rates, der Hohe Vertreter für die Gemeinsame
Außen- und Sicherheitspolitik, die Kommission und die Mitgliedstaaten die Vorarbeiten zur
Errichtung des Europäischen Auswärtigen Dienstes einleiten, sobald der Vertrag über eine Verfassung
für Europa unterzeichnet worden ist.
25. Erklärung zu Artikel III-325 über die Aushandlung und den Abschluss internationaler
Übereinkünfte betreffend den Raum der Freiheit, der Sicherheit
und des Rechts durch die Mitgliedstaaten
Die Konferenz bestätigt, dass die Mitgliedstaaten Übereinkünfte mit Drittländern oder internationalen
Organisationen in den Bereichen des Teils III Titel III KAPITEL IV Abschnitte 3, 4 und 5 aushandeln und
schließen können, sofern diese Übereinkünfte mit dem Unionsrecht im Einklang stehen.
26. Erklärung zu Artikel III-402 Absatz 4
Artikel III-402 Absatz 4 sieht vor, dass in den Fällen, in denen der Rat bis zum Ablauf des
vorangegangenen Finanzrahmens kein Europäisches Gesetz zur Aufstellung eines neuen Finanzrahmens
erlassen hat, die Obergrenzen und sonstigen Bestimmungen des letzten Jahres des
vorangegangenen Finanzrahmens bis zum Erlass dieses Gesetzes fortgeschrieben werden.
Die Konferenz erklärt, dass ab 2007 die Mittelzuweisung auf der Grundlage gleicher Kriterien für alle
Mitgliedstaaten erfolgen wird, wenn der Rat bis Ende 2006 kein Europäisches Gesetz zur Aufstellung
eines neuen Finanzrahmens erlassen hat und der Beitrittsvertrag vom 16. April 2003 einen Zeitraum
für die schrittweise Einführung der Zuweisung von Mitteln an die neuen Mitgliedstaaten vorsieht, der
2006 endet.
27. Erklärung zu Artikel III-419
Die Konferenz erklärt, dass die Mitgliedstaaten, die einen Antrag auf Begründung einer Verstärkten
Zusammenarbeit stellen, gleichzeitig angeben können, ob sie bereits in diesem Stadium
beabsichtigen, Artikel III-422 über die Ausdehnung der Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit
oder das ordentliche Gesetzgebungsverfahren in Anspruch zu nehmen.
28. Erklärung zu Artikel IV-440 Absatz 7
Die Hohen Vertragsparteien kommen überein, dass der Europäische Rat nach Artikel IV-440
Absatz 7 einen Europäischen Beschluss im Hinblick auf die Änderung des Status von Mayotte
gegenüber der Union erlassen wird, um dieses Gebiet zu einem Gebiet in äußerster Randlage im Sinne
des Artikels IV-440 Absatz 2 und des Artikels III-424 zu machen, wenn die französischen Behörden
dem Europäischen Rat und der Kommission mitteilen, dass die jüngste Entwicklung des internen
Status der Insel dies gestattet.
29. Erklärung zu Artikel IV-448 Absatz 2
Die Konferenz ist der Auffassung, dass die Möglichkeit der Erstellung von Übersetzungen des Vertrags
über eine Verfassung für Europa in den Sprachen nach Artikel IV-448 Absatz 2 zur Verwirklichung
des Ziels beiträgt, den Reichtum der kulturellen und sprachlichen Vielfalt der Union im Sinne von
Artikel I-3 Absatz 3 Unterabsatz 4 zu wahren. Sie bekräftigt diesbezüglich, dass die Union großen
Wert auf die kulturelle Vielfalt Europas legt und diesen und anderen Sprachen weiterhin besondere
Bedeutung beimessen wird.
Die Konferenz empfiehlt, dass die Mitgliedstaaten, die von der in Artikel IV-448 Absatz 2
vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen möchten, dem Rat innerhalb von sechs Monaten nach
der Unterzeichnung des Vertrags die Sprache bzw. Sprachen mitteilen, in die der Vertrag übersetzt
wird.
30. Erklärung zur Ratifikation des Vertrags
über eine Verfassung für Europa
Die Konferenz stellt fest, dass der Europäische Rat befasst wird, wenn nach Ablauf von zwei Jahren
nach der Unterzeichnung des Vertrags über eine Verfassung für Europa vier Fünftel der
Mitgliedstaaten den genannten Vertrag ratifiziert haben und in einem Mitgliedstaat oder mehreren
Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bei der Ratifikation aufgetreten sind.
B. ERKLÄRUNGEN ZU DEN DER VERFASSUNG BEIGEFÜGTEN PROTOKOLLEN
ERKLÄRUNGEN ZU DEM PROTOKOLL BETREFFEND DIE VERTRÄGE UND DIE AKTEN ÜBER DEN BEITRITT DES KÖNIGREICHS DÄNEMARK, IRLANDS SOWIE DES VEREINIGTEN KÖNIGREICHS GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND, DER HELLENISCHEN REPUBLIK, DES KÖNIGREICHS SPANIEN UND DER PORTUGIESISCHEN REPUBLIK, DER REPUBLIK ÖSTERREICH, DER REPUBLIK FINNLAND UND DES KÖNIGREICHS SCHWEDEN
31. Erklärung zu den Ölandinseln
Die Konferenz erkennt an, dass die in Artikel IV-440 Absatz 5 genannte Regelung für die landinseln
unter Berücksichtigung des völkerrechtlichen Sonderstatus dieser Inseln festgelegt wird.
Diesbezüglich unterstreicht die Konferenz, dass besondere Bestimmungen in Titel V Abschnitt 5 des
Protokolls betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands
sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik, des
Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik
Finnland und des Königreichs Schweden aufgenommen wurden.
32. Erklärung zu den Samen
Unter Berücksichtigung der Artikel 60 und 61 des Protokolls betreffend die Verträge und die Akten
über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs
Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der
Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs
Schweden erkennt die Konferenz die Verpflichtungen und Zusagen Schwedens und Finnlands
gegenüber den Samen im Rahmen des innerstaatlichen und internationalen Rechts an.
Die Konferenz stellt fest, dass Schweden und Finnland sich verpflichtet haben, die Lebensgrundlagen,
Sprache, Kultur und Lebensweise der Samen zu erhalten und zu entwickeln, und vertritt die
Auffassung, dass die Kultur und die traditionellen Lebensgrundlagen der Samen von primären
Wirtschaftstätigkeiten wie Rentierhaltung in den traditionellen Siedlungsgebieten der Samen
abhängen.
In diesem Zusammenhang unterstreicht die Konferenz, dass besondere Bestimmungen in Titel V
Abschnitt 6 des Protokolls betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreichs
Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der
Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik
Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden aufgenommen wurden.
ERKLÄRUNGEN ZU DEM PROTOKOLL BETREFFEND DEN VERTRAG UND DIE AKTE ÜBER DEN BEITRITT DER TSCHECHISCHEN REPUBLIK, DER REPUBLIK ESTLAND, DER REPUBLIK ZYPERN, DER REPUBLIK LETTLAND, DER REPUBLIK LITAUEN, DER REPUBLIK UNGARN, DER REPUBLIK MALTA, DER REPUBLIK POLEN, DER REPUBLIK SLOWENIEN UND DER SLOWAKISCHEN REPUBLIK
33. Erklärung zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und
Nordirland auf Zypern
DIE KONFERENZ -
unter Hinweis darauf, dass in der der Schlussakte des Vertrags über den Beitritt des Vereinigten
Königreichs zu den Europäischen Gemeinschaften beigefügten Gemeinsamen Erklärung betreffend
die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern
vorgesehen ist, dass die Regelung der Beziehungen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
und den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf
Zypern im Rahmen einer etwaigen Vereinbarung zwischen dieser Gemeinschaft und der Republik
Zypern festgelegt wird,
unter Berücksichtigung der Bestimmungen über die Hoheitszonen, die in dem Vertrag zur Gründung
der Republik Zypern (im Folgenden "Gründungsvertrag") und dem zugehörigen Notenwechsel vom
16. August 1960 festgelegt wurden,
in Anbetracht des Notenwechsels zwischen der Regierung des Vereinigten Königreichs und der
Regierung der Republik Zypern vom 16. August 1960 betreffend die Verwaltung der Hoheitszonen
und der beigefügten Erklärung der Regierung des Vereinigten Königreichs, wonach der Schutz der
Interessen der in den Hoheitszonen wohnhaften oder beschäftigten Personen eines der Hauptziele
darstellt und in der Erwägung, dass diese Personen so weit wie möglich genauso behandelt werden
sollen wie in der Republik Zypern wohnhafte oder beschäftigte Personen,
ferner in Anbetracht der Bestimmungen des Gründungsvertrags über die Zollregelung zwischen den
Hoheitszonen und der Republik Zypern, insbesondere der Bestimmungen im Anhang F des
genannten Vertrags,
des Weiteren in Anbetracht der Verpflichtung des Vereinigten Königreichs, auf die Einrichtung von
Zollstellen und anderen Grenzübergangsstellen zwischen den Hoheitszonen des Vereinigten
Königreichs und der Republik Zypern zu verzichten, sowie in Anbetracht der im Rahmen des
Gründungsvertrags getroffenen Regelung, nach der die Behörden der Republik Zypern in den
Hoheitszonen eine Vielzahl von öffentlichen Dienstleistungen erbringen, auch in den Bereichen
Landwirtschaft, Zoll und Besteuerung,
unter Bekräftigung dessen, dass der Beitritt der Republik Zypern zur Union die Rechte und Pflichten
der Vertragsparteien des Gründungsvertrags nicht berühren sollte,
in dem Bewusstsein, dass daher einige Bestimmungen der Verfassung und der Rechtsakte der Union
auf die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs anzuwenden und Sonderregelungen für die
Durchführung dieser Bestimmungen in den Hoheitszonen zu erlassen sind,
unterstreicht, dass zu diesem Zweck besondere Bestimmungen in den Zweiten Teil Titel III des
Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der
Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik
Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen
Republik aufgenommen wurden.
34. Erklärung der Kommission zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs
Großbritannien und Nordirland auf Zypern
Die Kommission bekräftigt ihre Auffassung, dass die Bestimmungen des Unionsrechts, die nach dem
Zweiten Teil Titel III des Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der
Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der
Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik
Slowenien und der Slowakischen Republik für die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs gelten,
folgende Rechtsvorschriften einschließen:
a) die Verordnung (EG) Nr. 3448/93 des Rates vom 6. Dezember 1993 über die Handelsregelung
für bestimmte aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen hergestellte Waren;
b) die Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen
Bestimmungen über die Strukturfonds, soweit dies zur Finanzierung der Maßnahmen zur
Entwicklung des ländlichen Raums in den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs im Rahmen
des EAGFL, Abteilung Garantie, nach der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai
1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen
Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) erforderlich ist.
35. Erklärung zum Kernkraftwerk Ignalina in Litauen
DIE KONFERENZ -
unter Bekundung der Bereitschaft der Union, auch nach dem Beitritt Litauens zur Union im
Zeitraum bis 2006 und darüber hinaus weiterhin eine angemessene zusätzliche Hilfe für die
Stilllegungsarbeiten Litauens zu leisten, und in Anbetracht der Tatsache, dass Litauen unter
Berücksichtigung dieses Ausdrucks der Solidarität der Union zugesagt hat, Block 1 des Kernkraftwerks
Ignalina vor 2005 und Block 2 bis 2009 abzuschalten,
in Würdigung der Tatsache, dass die Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina mit seinen beiden aus
den Zeiten der ehemaligen Sowjetunion stammenden 1500-MW-Reaktoren vom Typ RBMK ein
beispielloser Vorgang ist und für Litauen eine außergewöhnliche finanzielle Belastung darstellt, die in
keinem Verhältnis zur Größe und Wirtschaftskraft des Landes steht, und dass diese Stilllegung über
die Laufzeit der derzeitigen in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999 festgelegten
Finanziellen Vorausschau hinaus fortgesetzt werden muss,
angesichts der Notwendigkeit, Durchführungsbestimmungen für die zusätzliche Hilfe der Union zu
erlassen, mit der die Auswirkungen der Abschaltung und Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina
abgefangen werden sollen,
in Anbetracht dessen, dass Litauen bei der Verwendung der Unionshilfe den Bedürfnissen der von der
Abschaltung des Kernkraftwerks Ignalina am stärksten betroffenen Regionen gebührend Rechnung
tragen wird,
unter Hinweis darauf, dass bestimmte durch staatliche Beihilfen unterstützte Maßnahmen als mit dem
Binnenmarkt vereinbar angesehen werden und dass dazu die Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina
ebenso gehört wie die umweltgerechte Wiederherstellung des Standorts entsprechend dem
Besitzstand und die Modernisierung der konventionellen Stromerzeugungskapazitäten, die benötigt
werden, um die beiden Reaktoren des Kernkraftwerks Ignalina nach ihrer Abschaltung zu ersetzen,
unterstreicht, dass zu diesem Zweck besondere Bestimmungen in den Zweiten Teil Titel IV des
Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der
Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik
Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen
Republik aufgenommen wurden.
36. Erklärung zum Transit von Personen auf dem Landweg zwischen dem Kaliningrader
Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation
DIE KONFERENZ -
in Anbetracht der besonderen Situation des Kaliningrader Gebiets der Russischen Föderation im
Zusammenhang mit der Erweiterung der Union,
in Anerkennung der Verpflichtungen und Zusagen Litauens bezüglich des Besitzstands, durch den ein
Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts geschaffen wird,
in Anbetracht insbesondere dessen, dass Litauen den Besitzstand der Union hinsichtlich der Liste der
Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums
sein müssen, sowie der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind,
sowie den Besitzstand der Union über die einheitliche Visummarke spätestens ab dem Beitritt
vollständig anwenden und umsetzen muss,
in Anerkennung der Tatsache, dass der Transit von Personen auf dem Landweg zwischen dem
Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation durch das Gebiet der Union
eine Angelegenheit der gesamten Union ist, als solche behandelt werden sollte und keine nachteiligen
Folgen für Litauen mit sich bringen darf,
in der Erwägung, dass der Rat nach Überprüfung der Erfüllung der erforderlichen Bedingungen den
Beschluss zu fassen hat, die Kontrollen an den Binnengrenzen abzuschaffen,
entschlossen, Litauen bei der möglichst raschen Erfüllung der Bedingungen für eine uneingeschränkte
Einbeziehung in das Schengen-Gebiet ohne Binnengrenzen zu helfen,
unterstreicht, dass zu diesem Zweck besondere Bestimmungen in den Zweiten Teil Titel V des
Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der
Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik
Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen
Republik aufgenommen wurden.
37. Erklärung zu den Blöcken 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 in der Slowakei
DIE KONFERENZ -
angesichts der Zusage der Slowakei, die Blöcke 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 Ende 2006
bzw. 2008 abzuschalten, und der Bereitschaft der Union, bis 2006 weiterhin Finanzhilfe als
Fortsetzung der Heranführungshilfe zu leisten, die im Rahmen des Phare-Programms zur
Unterstützung der Stilllegungsmaßnahmen der Slowakei vorgesehen ist,
angesichts der Notwendigkeit, Durchführungsbestimmungen für die Fortsetzung der Unterstützung
der Union zu erlassen,
unterstreicht, dass zu diesem Zweck besondere Bestimmungen in den Zweiten Teil Titel IX des
Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der
Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik
Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen
Republik aufgenommen wurden.
38. Erklärung zu Zypern
DIE KONFERENZ -
in Bekräftigung ihrer Entschlossenheit, eine umfassende Regelung der Zypern-Frage im Einklang mit
den einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen herbeizuführen, und ihrer
vorbehaltlosen Unterstützung der auf dieses Ziel gerichteten Bemühungen des Generalsekretärs der
Vereinten Nationen,
in der Erwägung, dass eine derartige umfassende Regelung der Zypern-Frage noch nicht zustande
gekommen ist,
in der Erwägung, dass es daher erforderlich ist, die Anwendung des Besitzstands in den Teilen der
Republik Zypern auszusetzen, in denen die Regierung der Republik Zypern keine tatsächliche
Kontrolle ausübt,
in der Erwägung, dass diese Aussetzung im Falle einer Regelung der Zypern-Frage aufzuheben ist,
in der Erwägung, dass die Union bereit ist, die Bedingungen einer solchen umfassenden Regelung im
Einklang mit den Grundsätzen, auf denen die Union beruht, zu berücksichtigen,
in der Erwägung, dass festgelegt werden muss, unter welchen Bedingungen die einschlägigen
Bestimmungen des Unionsrechts auf die Trennungslinie zwischen den genannten Landesteilen sowie
den Landesteilen, in denen die Regierung der Republik Zypern eine tatsächliche Kontrolle ausübt, und
der östlichen Hoheitszone des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland Anwendung
finden,
in dem Wunsch, dass der Beitritt Zyperns zur Union allen zyprischen Bürgern zugute kommt und
zum inneren Frieden und zur Aussöhnung beiträgt,
in der Erwägung, dass keine Bestimmung des Zweiten Teils Titel X des Protokolls betreffend den
Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der
Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik
Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik Maßnahmen
ausschließt, die auf dieses Ziel ausgerichtet sind,
in der Erwägung, dass derartige Maßnahmen nicht die Anwendung des Besitzstandes nach den
Bedingungen des genannten Protokolls in irgendeinem anderen Teil der Republik Zypern
beeinträchtigen dürfen,
unterstreicht, dass zu diesem Zweck besondere Bestimmungen in den Zweiten Teil Titel X des
Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der
Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik
Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen
Republik aufgenommen wurden.
39. Erklärung zu dem Protokoll über die Position Dänemarks
In Bezug auf Rechtsakte, die vom Rat allein oder gemeinsam mit dem Europäischen Parlament zu
erlassen sind und sowohl Bestimmungen enthalten, die auf Dänemark anwendbar sind, als auch
Bestimmungen, die auf Dänemark nicht anwendbar sind, da sie sich auf eine Rechtsgrundlage
stützen, für die Teil I des Protokolls über die Position Dänemarks gilt, nimmt die Konferenz zur
Kenntnis, dass Dänemark erklärt, dass es nicht von seinem Stimmrecht Gebrauch machen wird, um
den Erlass von Bestimmungen zu verhindern, die nicht auf Dänemark anwendbar sind.
Die Konferenz nimmt darüber hinaus zur Kenntnis, dass Dänemark auf der Grundlage seiner
Erklärung zu den Artikeln I-43 und III-329 erklärt, dass Dänemarks Beteiligung an Maßnahmen oder
Rechtsakten nach den Artikeln I-43 und III-329 im Einklang mit Teil I und Teil II des Protokolls über
die Position Dänemarks erfolgen wird.
40. Erklärung zu dem Protokoll über die Übergangsbestimmungen
für die Organe und Einrichtungen der Union
Die Mitgliedstaaten werden bei den Konferenzen über den Beitritt Rumäniens und/oder Bulgariens
zur Union hinsichtlich der Sitzverteilung im Europäischen Parlament und der Stimmengewichtung
im Europäischen Rat und im Rat folgenden gemeinsamen Standpunkt einnehmen:
1. Sollte der Beitritt Rumäniens und/oder Bulgariens zur Union vor dem Inkrafttreten des in
Artikel I-20 Absatz 2 vorgesehenen Beschlusses des Europäischen Rates erfolgen, so gilt
bezüglich der Sitzverteilung im Europäischen Parlament für die Legislaturperiode 2004-2009 die
folgende Tabelle für eine Union mit 27 Mitgliedstaaten:
MITGLIEDSTAATEN SITZE IM EP
Deutschland 99
Vereinigtes Königreich 78
Frankreich 78
Italien 78
Spanien 54
Polen 54
Rumänien 35
Niederlande 27
Griechenland 24
Tschechische Republik 24
Belgien 24
Ungarn 24
Portugal 24
Schweden 19
Bulgarien 18
Österreich 18
Slowakei 14
Dänemark 14
Finnland 14
Irland 13
Litauen 13
Lettland 9
Slowenien 7
Estland 6
Zypern 6
Luxemburg 6
Malta 5
INSGESAMT 785
Im Vertrag über den Beitritt zur Union wird daher abweichend von Artikel I-20 Absatz 2 der
Verfassung vorgesehen, dass die Zahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments für den
verbleibenden Zeitraum der Legislaturperiode 2004-2009 vorübergehend mehr als 750
betragen darf.
2. In Artikel 2 Absatz 2 des Protokolls über die Übergangsbestimmungen für die Organe und
Einrichtungen der Union werden in Bezug auf die Stimmengewichtung im Europäischen Rat und
im Rat Rumänien 14 und Bulgarien 10 Stimmen zugewiesen.
3. Bei jedem Beitritt wird die im Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und
Einrichtungen der Union vorgesehene Schwelle nach Artikel 2 Absatz 3 jenes Protokolls
berechnet.
41. Erklärung betreffend Italien
Die Konferenz nimmt zur Kenntnis, dass das Protokoll betreffend Italien, das 1957 dem Vertrag zur
Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft beigefügt war, in der bei der Annahme des
Vertrags über die Europäische Union geänderten Fassung Folgendes vorsah:
"DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN
VON DEM WUNSCH GELEITET, gewisse besondere Probleme betreffend Italien zu regeln,
SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die diesem Vertrag als Anhang beigefügt
sind:
DIE MITGLIEDSTAATEN DER GEMEINSCHAFT -
NEHMEN ZUR KENNTNIS, dass sich die italienische Regierung mit der Durchführung eines
Zehnjahresplans zur wirtschaftlichen Ausweitung befasst, durch den die strukturellen Unterschiede
der italienischen Volkswirtschaft ausgeglichen werden sollen, und zwar insbesondere durch die
Ausrüstung der weniger entwickelten Gebiete Süditaliens und der italienischen Inseln sowie durch die
Schaffung neuer Arbeitsplätze zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit;
WEISEN DARAUF HIN, dass die Grundsätze und die Ziele dieses Plans der italienischen Regierung von
Organisationen für internationale Zusammenarbeit, deren Mitglieder sie sind, berücksichtigt und
gebilligt wurden;
ERKENNEN AN, dass die Erreichung der Ziele des italienischen Plans in ihrem gemeinsamen Interesse
liegt;
KOMMEN ÜBEREIN, den Organen der Gemeinschaft die Anwendung aller in diesem Vertrag
vorgesehenen Mittel und Verfahren zu empfehlen, insbesondere durch eine angemessene
Verwendung der Mittel der Europäischen Investitionsbank und des Europäischen Sozialfonds der
italienischen Regierung die Erfüllung dieser Aufgabe zu erleichtern;
SIND DER AUFFASSUNG, dass die Organe der Gemeinschaft bei der Anwendung dieses Vertrags
berücksichtigen müssen, dass die italienische Volkswirtschaft in den kommenden Jahren erheblichen
Belastungen ausgesetzt sein wird, und dass gefährliche Spannungen, namentlich in der Zahlungsbilanz
oder im Beschäftigungsstand, durch welche die Anwendung dieses Vertrags in Italien in Frage
gestellt werden könnte, zu vermeiden sind;
ERKENNEN insbesondere AN, dass im Falle der Anwendung der Artikel 109 h und 109 i darauf zu
achten ist, dass bei den Maßnahmen, um welche die italienische Regierung ersucht wird, die
Durchführung ihres Plans zur wirtschaftlichen Ausweitung und zur Hebung des Lebensstandards der
Bevölkerung gesichert bleibt."
ERKLÄRUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN
42. Erklärung des Königreichs der Niederlande zu Artikel I-55
Das Königreich der Niederlande wird einem Europäischen Beschluss nach Artikel I-55 Absatz 4
zustimmen, sobald im Rahmen der Überprüfung des Europäischen Gesetzes nach Artikel I-54
Absatz 3 für die Niederlande eine zufrieden stellende Lösung für ihre in Bezug auf den Haushalt der
Union äußerst nachteilige Position als Nettozahler gefunden wurde.
43. Erklärung des Königreichs der Niederlande zu Artikel IV-440
Das Königreich der Niederlande erklärt, dass eine Initiative für einen Europäischen Beschluss nach
Artikel IV-440 Absatz 7, die auf eine Änderung des Status der Niederländischen Antillen und/oder
Arubas gegenüber der Union abzielt, nur auf der Grundlage eines Beschlusses vorgelegt wird, der im
Einklang mit dem Status des Königreichs der Niederlande gefasst worden ist.
44. Erklärung der Bundesrepublik Deutschland, Irlands, der Republik
Ungarn, der Republik Österreich und des Königreichs Schweden
Deutschland, Irland, Ungarn, Österreich und Schweden stellen fest, dass die zentralen Bestimmungen
des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft seit seinem Inkrafttreten in ihrer
Substanz nicht geändert worden sind und aktualisiert werden müssen. Daher unterstützen sie den
Gedanken einer Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten, die so rasch wie
möglich einberufen werden sollte.
45. Erklärung des Königreichs Spanien und
des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland
Der Vertrag über eine Verfassung für Europa gilt für Gibraltar als einem europäischen Gebiet, dessen
auswärtige Beziehungen ein Mitgliedstaat wahrnimmt. Dies bringt jedoch keine Änderungen der
jeweiligen Standpunkte der betreffenden Mitgliedstaaten mit sich.
46. Erklärung des Vereinigten Königreichs Großbritannien
und Nordirland zur Definition des Begriffs "Staatsangehöriger"
In Bezug auf den Vertrag über eine Verfassung für Europa und den Vertrag zur Gründung der
Europäischen Atomgemeinschaft sowie alle Rechtsakte, die aus diesen Verträgen abgeleitet werden
oder durch diese Verträge weiter in Kraft bleiben, bekräftigt das Vereinigte Königreich seine Erklärung
vom 31. Dezember 1982 über die Definition des Begriffs "Staatsangehöriger" mit der Ausnahme, dass
die "Bürger der 'British Dependent Territories'" als "Bürger der 'British overseas territories'" zu
verstehen sind.
47. Erklärung des Königreichs Spanien zur Definition des Begriffs "Staatsangehöriger"
Spanien stellt fest, dass nach Artikel I-10 der Verfassung Unionsbürgerin oder Unionsbürger ist, wer
die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt. Spanien nimmt ferner zur Kenntnis, dass nach
dem heutigen Stand der europäischen Integration, wie er sich in der Verfassung widerspiegelt, nur
Staatsangehörige der Mitgliedstaaten die spezifischen Rechte der Europabürgerschaft besitzen, sofern
im Unionsrecht nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. In diesem Zusammenhang stellt
Spanien außerdem fest, dass nach den Artikeln I-20 und I-46 der Verfassung das Europäische
Parlament derzeit die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger vertritt.
48. Erklärung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland
über das Wahlrecht für die Wahlen zum Europäischen Parlament
Das Vereinigte Königreich stellt fest, dass durch Artikel I-20 und andere Bestimmungen des Vertrags
über eine Verfassung für Europa nicht die Grundlagen des Wahlrechts für die Wahlen zum
Europäischen Parlament geändert werden sollen.
49. Erklärung des Königreichs Belgien zu den nationalen Parlamenten
Belgien erklärt, dass aufgrund seines Verfassungsrechts sowohl das Abgeordnetenhaus und der Senat
des Bundesparlaments als auch die Parlamente der Gemeinschaften und Regionen - je nach den von
der Union ausgeübten Befugnissen - als Bestandteil des Systems des nationalen Parlaments oder als
Kammern des nationalen Parlaments handeln.
50. Erklärung der Republik Lettland und der Republik Ungarn
zur Schreibweise des Namens der einheitlichen Währung
in dem Vertrag über eine Verfassung für Europa
Unbeschadet der in dem Vertrag über eine Verfassung für Europa erwähnten vereinheitlichten
Schreibweise des Namens der einheitlichen Währung der Europäischen Union, wie sie auf den
Banknoten und Münzen erscheint, erklären Lettland und Ungarn, dass die Schreibweise des Namens
der einheitlichen Währung - einschließlich ihrer abgeleiteten Formen, die in der lettischen und der
ungarischen Sprachfassung des Vertrags über eine Verfassung von Europa benutzt werden - keine
Auswirkungen auf die geltenden Regeln der lettischen und der ungarischen Sprache hat.
Aus:
Europäische Union,
Vertrag über eine Verfassung für Europa
Luxemburg: Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften
2005 - 482 S. - 17,6 x 25 cm
ISBN 92-824-3098-7
Preis in Luxemburg (ohne MwSt.): 25 EUR