Medien/Buntenbach
Nein zum Krieg

MdB Annelie Buntenbach zur Bundeswehrentscheidung
 
Der furchtbare Terroranschlag am 11. September kann keine weiteren unschuldigen Opfer rechtfertigen. Die Bomben haben in Afghanistan Wohnviertel, Krankenhäuser, Zivilisten, UN-Mitarbeiter und Kinder getroffen. Nun sind Angriffe auf weitere Staaten zu befürchten. Daran will sich auch die Bundesrepublik beteiligen. Der Beschluss, der dem Bundestag vorlag, war ein Bereitstellungsbeschluss. Er ließ Einsatzgebiete und Auftrag der Soldaten offen. Von den Abgeordneten wurde die Zustimmung zu einer "Ermächtigung" der Regierung verlangt, diese später zu bestimmen. Für die Entsendung von Soldaten, zumal in einen Ungewissen Krieg, konnte ich die Verantwortung nicht übernehmen.

Dass jene Terroristen, die für den Anschlag am 11. September verantwortlich sind, bekämpft und zur Rechenschaft gezogen werden müssen, steht außer Frage. Jedoch nicht durch einen Krieg, der die Zivilbevölkerung eines ganzen Landes trifft. Wer eine Verbrechergruppe jagen will und ganze Staaten angreift, lässt sich auf ein Abenteuer ein, das schnell eskalieren kann. Der Terroranschlag wurde zum Anlass für weitreichende politische und militärische Entscheidungen genommen. An vorgeblichen Zielen für diesen Krieg fehlt es nicht. Sie reichen von der Ergreifung des vermeintlichen Täters Bin Laden über den Sturz des Taliban-Regimes bis hin zu "Rache, Vergeltung" und dem "Kampf der Kulturen".

Nach den Ankündigungen aus den USA wird der Kampf gegen den Terrorismus ein lang andauernder Krieg, der die Bevölkerung weiterer sog. "Schurkenstaaten" treffen kann. Keine dieser Ziele entsprechen dem, was nach dem 11. September verteidigt werden sollte, nämlich Rechtsstaatlichkeit und Zivilisation. Die Wahllosigkeit zeigt eine Entgrenzung, in der nur noch eines gilt: Der Vorrang militärischer Lösungen und eine Militarisierung von Politik und Gesellschaft. Die überstürzten Maßnahmen in der Außen- und Innenpolitik zeugen nämlich nicht von Besonnenheit. Die Anpreisung der Aufrüstung der westlichen Geheimdienste als Lösung des Terrorismusproblems ist ebenso fragwürdig wie kontraproduktiv.

Genau diese Geheimdienste haben sowohl die Taliban als auch Saddam Hussein jahrelang unterstützt und zu dem gemacht, was sie heute sind. Damit stellt sich die Frage, inwieweit militaristische Handlungsoptionen das Problem überhaupt lösen können. Den Gegnern von Militäreinsätzen wird gerne der Vorwurf gemacht, sie hätte keine Alternativen aufzuweisen. Dabei gibt es sehr wohl politische Handlungsmöglichkeiten. Sie sind langwieriger und erfordern Geduld, aber sie sind auch nachhaltiger und beschädigen nicht den Rechtsstaat und Demokratie.

Politische Maßnahmen können etwa in der Verfolgung der finanziellen Transaktionen von Terrornetzwerken liegen. Notwendig wären internationale Maßnahmen gegen ABC-Waffen und deren Proliferation mit einer umfassenden Kontrolle der fraglichen Substanzen in allen Ländern. Die strafrechtliche Verfolgung müsste durch die Stärkung eines internationalen Strafgerichtshofes, der von allen akzeptiert und anerkannt wird, gesichert werden. Vor allem aber muss dem Terrorismus politisch begegnet werden. Er ist die spektakulärste Ausdrucksform politischer Gewalt und kann nur in diesem Zusammenhang erfolgreich bekämpft werden. Zwar gehören viele Terroristen nicht zu den ärmsten der Armen im Trikont, aber sie instrumentalisieren eine globale Ungerechtigkeit und Armut. Zur politischen Deeskalation muss daher die Bekämpfung von Hunger und Armut in den Ländern des Südens und ein gleichberechtigter Dialog gehören. Wer stattdessen zum "Kampf der Kulturen" aufruft, trägt nicht nur zu mehr Rassismus, sondern zur Eskalation bei.

  Annelie Buntenbach