Dass jene Terroristen, die für den Anschlag am 11. September verantwortlich
sind, bekämpft und zur Rechenschaft gezogen werden müssen, steht
außer Frage. Jedoch nicht durch einen Krieg, der die Zivilbevölkerung
eines ganzen Landes trifft. Wer eine Verbrechergruppe jagen will und ganze
Staaten angreift, lässt sich auf ein Abenteuer ein, das schnell eskalieren
kann. Der
Terroranschlag wurde zum Anlass für weitreichende politische und militärische
Entscheidungen genommen. An vorgeblichen Zielen für diesen Krieg fehlt
es nicht. Sie reichen von der Ergreifung des vermeintlichen Täters
Bin Laden über den Sturz des Taliban-Regimes bis hin zu "Rache, Vergeltung"
und dem "Kampf der Kulturen".
Nach den Ankündigungen aus den USA wird der Kampf gegen den Terrorismus
ein lang andauernder Krieg, der die Bevölkerung weiterer sog. "Schurkenstaaten"
treffen kann. Keine dieser Ziele entsprechen dem, was nach dem 11. September
verteidigt werden sollte, nämlich Rechtsstaatlichkeit und Zivilisation.
Die Wahllosigkeit zeigt eine Entgrenzung, in der nur noch eines gilt: Der
Vorrang militärischer Lösungen und eine Militarisierung von Politik
und Gesellschaft. Die überstürzten Maßnahmen in der Außen-
und Innenpolitik zeugen nämlich nicht von Besonnenheit. Die Anpreisung
der Aufrüstung der westlichen Geheimdienste als Lösung des Terrorismusproblems
ist ebenso fragwürdig wie kontraproduktiv.
Genau
diese Geheimdienste haben sowohl die Taliban als auch Saddam Hussein jahrelang
unterstützt und zu dem gemacht, was sie heute sind. Damit stellt sich
die Frage, inwieweit militaristische Handlungsoptionen das Problem überhaupt
lösen können. Den Gegnern von Militäreinsätzen wird
gerne der Vorwurf gemacht, sie hätte keine Alternativen aufzuweisen.
Dabei gibt es sehr wohl politische Handlungsmöglichkeiten. Sie sind
langwieriger und erfordern Geduld, aber sie sind auch nachhaltiger und
beschädigen nicht den Rechtsstaat und Demokratie.
Politische
Maßnahmen können etwa in der Verfolgung der finanziellen Transaktionen
von Terrornetzwerken liegen. Notwendig wären internationale Maßnahmen
gegen ABC-Waffen und deren Proliferation mit einer umfassenden Kontrolle
der fraglichen Substanzen in allen Ländern. Die strafrechtliche Verfolgung
müsste durch die Stärkung eines internationalen Strafgerichtshofes,
der von allen akzeptiert und anerkannt wird, gesichert werden. Vor allem
aber muss dem Terrorismus politisch begegnet werden. Er ist die spektakulärste
Ausdrucksform politischer Gewalt und kann nur in diesem Zusammenhang erfolgreich
bekämpft werden. Zwar gehören viele Terroristen nicht zu den
ärmsten der Armen im Trikont, aber sie instrumentalisieren eine globale
Ungerechtigkeit und Armut. Zur politischen Deeskalation muss daher die
Bekämpfung von Hunger und Armut in den Ländern des Südens
und ein gleichberechtigter Dialog gehören. Wer stattdessen zum "Kampf
der Kulturen" aufruft, trägt nicht nur zu mehr Rassismus, sondern
zur Eskalation bei.
Annelie
Buntenbach