"Abrüstung statt Sozialabbau"
forderten am Ostersonntag knapp 200 Teilnehmer des Ostermarsches Ruhr, die sich
im Stadtgarten am Mahnmal der Opfer des deutschen Faschismus versammelten.
Von Niels Holger Schmidt
Ihr Augenmerk richteten die Demonstranten nicht nur auf die Geschehnisse im
Nahen Osten und anderen Krisenherden, sondern auch auf die Politik der
Europäischen Union und der Bundesregierung. Unter das Motto "Ja zu einem
sozialen Europa – Nein zur EU-Militärverfassung" stellte Pfarrer Thomas
Schöps von der Bleckkirche seine Ansprache am Mahnmal.
"Wir haben es gewusst, oder doch zumindest mit dem Gefühl geahnt, es möge
nicht so kommen. Wir haben Recht behalten. Bitter Recht", ging Schöps auf
das offenkundige Scheitern der US-Politik im Irak ein. "Noch immer ist der
Krieg im Irak nicht beendet. Tagtäglich sind blutige Opfer zu beklagen",
erinnerte er an die getöteten Soldaten und irakischen Zivilisten.
Als Christ verzweifle er an einer Ordnung, "die weltweit Milliarden für
die Kriegsmaschinerie auszugeben bereit ist, während genauso weltweit Millionen
von Menschen an der zum Himmel schreienden Ungerechtigkeit unserer
Wirtschaftsordnung leiden", so der evangelische Geistliche.
Von der Verantwortlichkeit wollte er ausdrücklich auch die rot-grüne
Bundesregierung nicht ausnehmen: "Eine Zeit lang schien sichergestellt, in
einem Land zu wohnen, indem noch ein bisschen Vernunft das Verhalten unser
Volksvertreter bestimmt. Doch unsere starken Partner gegen den Irak-Krieg haben
sich schamlos demaskiert", warf er der Regierung Schröder und ihren
europäischen Mitstreitern vor. Ihr Nein zum Krieg sei keinesfalls
grundsätzlich. Im Rahmen der "Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik" und der "Gemeinsamen Verteidigungspolitik"
hätten sich im militärpolitischen Bereich dramatische Neuerungen in der EU
eingestellt, meinte Schöps.
Verbot eines Angriffskrieges
So werde die Zurüstung für militärische Missionen und Interventionen
festgelegt, die auch ausdrücklich Kampfeinsätze im Rahmen der Krisenbewältigung
einschließen und die Schaffung einer EU-Interventionstruppe vorsehen würde.
Durch die EU-Verfassung sieht Schöps das in Deutschland noch geltende Verbot
eines Angriffskrieges zur Disposition gestellt. Eine scharfe Absage erteilte er
auch der von den Christdemokraten erhobenen Forderung nach dem Einsatz der
Bundeswehr im Inneren.
"Ja, es gibt Krieg, und auch unsere Generation wird es nicht schaffen, ihn
vom Antlitz unseres Planeten zu verbannen. Aber wir stehen ein für eine Politik,
die nicht nach Legitimationen für einen gerechten Krieg, sondern nach gerechtem
Frieden strebt", so Schöps.
Nach der Kranzniederlegung und einer Schweigeminute am Mahnmahl setzten die
Demonstranten, die am Morgen in Essen gestartet waren, ihren Weg nach
Wattenscheid und Bochum fort.
Dienstag, 13. April 2004 |
Quelle: Buersche Zeitung (Gelsenkirchen)