Redebeitrag Ostermarsch Rhein/Ruhr 2024

Es gilt das gesprochene Wort

Ostermarsch 2024, Rede am 31.03. in Gelsenkirchen

Johannes Gertz, Pax-Christi Münster

Einleitender Teil

Ich komme nicht aus GE, bin aber GE verbunden: denn das Haus meiner Großeltern und meiner Mutter steht in GE und ich bin dort auch geboren und zur weiterführenden Schule gegangen. Bis heute habe ich kulturell und historisch geprägtes Interesse an Gelsenkirchen.

Auch deshalb habe ich die Einladung des Friedensforums Gelsenkirchen, heute zu Euch zu sprechen, gern angenommen.

Seit mehr als 40 Jahren bin ich Mitglied in der internationalen pax christi-Bewegung, der ökumenischen Friedensbewegung in der katholischen Kirche. In 2016 Mitwirkung an der Neugründung einer pax christi-Gruppe für den Kreis Recklinghausen. Seit 2018 arbeite ich im Vorstand von pax christi im Bistum Münster mit und bin dessen Geschäftsführer.

Der Dank an Euch Ostermarschierer und -marschiererinnen kann gar nicht groß genug sein. Ihr haltet diese Tradition schon so lange unverzagt und hoffnungsvoll aufrecht, auch in schwierigen Zeiten wie diesen. Und lediglich in Deutschland hat sich die Tradition der Ostermärsche entwickelt als eine bis heute regelmäßig jährlich stattfindende Ausdrucksform der Friedensbewegung. Der Anstoß für diese Marsch-Aktionen ist Ende der 50er Jahre sowohl in Großbritannien als auch in Deutschland von Friedensaktivisten der War Resisters’ International / der Internationale der Kriegsdienstgegner und in Deutschland zusätzlich vom pazifistischen Aktionskreis für Gewaltlosigkeit ausgegangen.

Aktive Gewaltlosigkeit und Gegnerschaft zum Kriegsdienst sind auch für mich maßgebliche Grundhaltungen.

Hauptteil 1 (Aufgriff des Ostermarsch-Aufrufs)

Wir benötigen eine grundsätzliche Abkehr von Kriegslogik und Militarisierung. Unser Land muss wieder „friedensfähiger“ werden, keinesfalls „kriegstüchtig“!

„Nie wieder Krieg!“ bleibt für uns handlungsleitend!

Und da haben wir auch Papst Franziskus auf unserer Seite. Er sagt oft und immer wieder mit Blick auf Krieg: „Ich denke an all die Grausamkeit, an all die unschuldigen Menschen, die für den Wahnsinn bezahlen, den Wahnsinn auf allen Seiten, denn der Krieg ist ein Wahnsinn! … Und jene, die am Krieg und am Waffenhandel verdienen, sind Verbrecher, die die Menschheit töten.“ (so Papst Franziskus z. B. in seiner Generalaudienz am, 24. August 2022). Diese seine Sicht der Dinge ist der Grund für die vehemente Kritik, die ihm derzeit entgegenschlägt, leider auch von großen Teilen der deutschen kath. Amtskirche, weil er z.B. jüngst wieder auf eine Verhandlungslösung im Ukraine-Krieg statt weitergehender militärischer Eskalation gedrängt hat.

Und auch wir Friedensfreundinnen und -freunde werden der Naivität und Einseitigkeit bezichtigt, manche nennen uns Lumpenpazifisten, Unterwerfungspazifisten oder Putinversteher. Aber wir lassen uns nicht dafür verantwortlich machen, dass all die Erfahrungen und wissenschaftlichen Ergebnisse aus der Friedens- und Konfliktforschung, der zivilen Konfliktbearbeitung von den Entscheidungsträgern in der Politik über Jahrzehnte nicht berücksichtigt worden sind!

„Nie wieder Krieg!“ bleibt für uns Maß gebend! Wir stehen auf keiner Seite irgendeines Staates in den militärischen Konflikten, sondern nur auf der Seite der Opfer und der Beendigung der Gewaltexzesse.

Dazu sagt der Ostermarsch-Aufruf:

Nach der „Zeitenwende“ von Kanzler Scholz versucht Verteidigungsminister Pistorius mit seiner Forderung nach Kriegstüchtigkeit Deutschlands die Mobilisierung der Bevölkerung sowie Militarisierung und Aufrüstung voranzutreiben. Dieser Aufrüstungskurs bedroht die Finanzierung der sozialen Sicherung, der Bildung und der Maßnahmen gegen den bedrohlichen Klimawandel. Dem stellen wir uns entschieden entgegen! Ich komme darauf zurück, was das für uns heißen kann.

Einige der Forderungen des diesjährigen Ostermarsches an die Bundesregierung sind mir besonders wichtig, weil ich an ihrer Umsetzung arbeiten kann. Es sind diese Forderungen:

„Keine Wehr- und allgemeine Dienstpflicht! Für das Recht auf KDV!“

„Keine Bundeswehrwerbung bei Minderjährigen, insbesondere nicht in unseren Schulen.“

„Förderung aller Maßnahmen für gewaltfreie Konfliktlösungen und zivile Verteidigung.“

„Stopp der Kriegsrhetorik und der Diffamierung des Engagements für Frieden! Keine Militarisierung der Öffentlichkeit!“

Und ergänzen möchte ich:

„Unterstützung und Asyl für KDVer, Militärdienstentzieher und Deserteure aus Russland, Belarus und der Ukraine.“ Denn wer sich dem Krieg entzieht, verdient Schutz!

Aber das BAMF lehnt auch 2 Jahre nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine eine Anerkennung russischer und belarussischer KDVer und Militärdienstentzieher ab. In letzter Konsequenz bedeutet das, dass dt. Behörden russische Verweigerer dem russischen Militär zur Rekrutierung in einen völkerrechtswidrigen Krieg ausliefern werden. Es ist ein Skandal, dass Menschen, die sich dem Krieg entziehen wollen, nicht geschützt werden. Und es ist widersinnig, Menschen, die sich der Kriegsbeteiligung auf Seiten der Kriegsgegner der Ukraine entziehen, keinen Schutz zu gewähren.

Die Bestrebungen der ukrainischen Regierung, Militärdienstentzieher, die nach Deutschland geflohen sind, zurückzuholen, waren bisher nicht erfolgreich. Ein Auslieferungsverlangen der Ukraine hat derzeit keine Rechtsgrundlage. Wir müssen wachsam sein, damit sich dies nicht ändert, wenn die Rekrutierungsprobleme der ukrainischen Armee größer werden.

Die Linke hat die Ampel-Regierung dazu aufgefordert, keine Ukrainer in ihr Heimatland auszuliefern, die dort in den Krieg ziehen müssten. Wir schließen uns dieser eindringlichen Forderung an und erwarten von der Bundesregierung ein klares Bekenntnis zum Schutz ukrainischer, aber auch russischer und belarussischer KDVer und Militärdienstentzieher vor einer Auslieferung zum Kriegseinsatz.

Hauptteil 2 (Persönliche Konsequenzen aus Feststellungen und Forderungen)

„Nie wieder Krieg!“ bleibt für uns handlungsleitend!

Was heißt das ganz praktisch und ganz persönlich für uns? Was können wir tun? Wie können wir aktiv werden?

Mit Ausnahme des überwiegenden Teils der Links-Partei haben wir als Friedensbewegung keine Verbündeten mehr in den demokratischen Parteien, die sich unsere Forderungen zu eigen machen und sie in unsere Parlamente gestaltend hineintragen könnten. Und Die Linke droht in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Es kommt mehr denn je auf uns selbst an.

Obwohl wir die bundespolitische Ebene kaum beeinflussen können, müssen wir die herrschende Militärpolitik und die sie begründende militärische Logik weiterhin kritisieren und dürfen mit unseren Forderungen nach einer Abkehr vom militärpolitischen Denken nicht nachlassen. Wir müssen unsere Politiker an die grundgesetzlich festgelegte Friedenspflicht erinnern. Das tun wir u.a. anlässlich der jährlichen Ostermärsche, in diesem Jahr sind es wohl mehr als 120.

Wir haben aber darüber hinaus weitere Handlungsoptionen, die wir nutzen sollten, um wenigstens kleine Erfolge zu erzielen. Wir sollten die kleinen Schritte nicht geringschätzen.

Was können wir persönlich für Friedensfähigkeit und gegen Kriegstüchtigkeit tun? Für mich ist Folgendes maßgeblich

Auf der Seite der Opfer stehen

Mich der Militärlogik entziehen und der Kriegsrhetorik widersprechen

Kriegsdienstverweigerung unterstützen

Rekrutierung von Minderjährigen skandalisieren

Auf der Seite der Opfer stehen

Wir sollten immer auf der Seite der Opfer stehen und an die Opfer auf allen Seiten eines jeden Krieges erinnern. Auch hier haben wir – und damit meine ich nicht nur die Christen unter uns – Papst Franziskus hinter uns. Seine Gedanken sind nie bei Militärtaktiken und Sicherheitslogik, sondern immer bei den Opfern. Wegen dieser Parteinahme für die Opfer auf allen Seiten gerät er offensichtlich in ein moralisches Zwielicht, weil Parteinahme für eine Kriegspartei derzeit als moralisches Gebot gilt. Das gleiche kann auch uns passieren. Aber wir lassen uns nicht auf eine Kriegsseite drängen.

Mich der Militärlogik entziehen und der Kriegsrhetorik widersprechen

Wir müssen uns weiterhin der militärischen Logik und der Kriegsrhetorik entziehen und ihr widersprechen. Die Kriegsrhetorik verfängt immer mehr. Während in einer Umfrage Ende 2023 nur 10 % der Bundesbürger bereit wären, Deutschland im Falle eines militärischen Angriffs mit der Waffe zu verteidigen, sind dies 2 Monate später schon mehr als 30 %. Alarmierend ist, dass in derselben Umfrage

68 % zustimmen, dass Deutschland wieder kriegstüchtig werden muss

ebenfalls 68 % äußern, dass der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine auch eine Bedrohung der Sicherheit Deutschlands sei

und ein Drittel eine atomare Bewaffnung Deutschlands befürworten.

Wir wollen aber nicht kriegstüchtig werden, wir wollen friedensfähig bleiben, wir wollen nicht sicherheits- sondern friedenslogisch denken.

Uns der militärischen Logik zu entziehen und der Kriegsrhetorik zu widersprechen heißt auch, dass wir uns der Vermittlung von Feindbildern widersetzen und uns nicht der Verachtung oder dem Hass hingeben.

Kriegsdienstverweigerung unterstützen und Rekrutierung von Minderjährigen skandalisieren

Wir müssen der Verweigerung von Kriegsdiensten und dem Krieg dienlichen Hilfeleistungen eine laute Stimme geben. Und wir dürfen die Förderung der Bundeswehrwerbung in unseren Schulen und die trotz aller Mahnungen fortgeführte Rekrutierung von Minderjährigen nicht tatenlos hinnehmen. (In 2023 wurden knapp 2.000 Minderjährige eingestellt, darunter 300 Mädchen. Rund 550 Soldaten und Soldatinnen haben die BW in der Probezeit wieder verlassen.)

Hierzu möchte ich ausführlicher ausholen.

Den Kriegsdienst verweigern? Wieso das denn? Es gibt doch keine Wehrpflicht mehr? Ist dann eine KDV überhaupt möglich und sinnvoll?

Es stimmt: KDV ist seit dem Aussetzen der Wehrpflicht kein Thema mehr, auch nicht bei uns in der Friedensbewegung.

Aber es ist falsch von uns, KDV auszublenden, auch wenn sie heute „nur“ ein symbolischer Akt ist.

Denn die Wehrpflicht ist nicht abgeschafft, nur ausgesetzt und kann notfalls jederzeit mit der notwendigen parlamentarischen Zwei-Drittel-Mehrheit wieder eingesetzt werden. (Ergänzung: Mehrheit im Krisenfall schnell organisierbar; Erinnerung Notstandsgesetze)

Wir erleben schon seit einiger Zeit eine Debatte über die Einführung eines Pflichtdienstes, der auch bei der Bundeswehr abgeleistet werden kann. Ob er kommen wird, in welcher Form und ob er rechtskonform wäre, ist offen. Aber das Thema ist in der Welt.

Befeuert wird die Debatte auch von dem offenkundigen Personalmangel bei der Bundeswehr. Die geplante Aufstockung (um rd. 20.000) wird zunehmend schwieriger, da sich immer weniger geeignete Freiwillige bereit erklären und eine kleine, aber wachsende Zahl von Soldaten den Kriegsdienst verweigern.

Der Vereidigungsminister hat eine „Task Force Personal“ eingerichtet, die im August letzten Jahres 65 sehr konkrete Vorschläge für Anwerbung, Rekrutierung, Ausbildung und Einstiegsvoraussetzungen vorgelegt hat (darunter wohl auch das schwedische Modell). Mit der Umsetzung soll Anfang 2024 begonnen worden sein.

Was die Bundeswehr schon länger – und nahezu unwidersprochen – unternimmt, ist eine allenthalben sichtbare Werbung – gerne auch auf youtube, wo sich viele junge Menschen Videos ansehen – und eine sog. Karriereberatung in Berufsbildungszentren. Mit markigen Worten wirbt die Bundeswehr z. B. darum, „für seine Werte einzustehen“ oder „zu machen, was wirklich zählt“ oder „seiner Berufung zu folgen“. Die Schattenseiten werden verschwiegen: Kein Dienst in der Bundeswehr geht ohne Waffe. Das Töten muss gelernt sein.

Die Bundesministerin für Bildung und Forschung hat jüngst Zivilschutzübungen in Schulen befürwortet und fordert, dass Kinder auf Krisen, Naturkatastrophen und Krieg vorbereitet werden. Die Ministerin rief die Schulen auf, ein (Zitat) „unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr“ zu entwickeln. Sie hält es für wichtig, dass Jugendoffiziere in die Schulen kommen und berichten, was die Bundeswehr für unsere Sicherheit tut. Dass es da Vorbe-halte gebe, könne sie nicht nachvollziehen. Im Umfeld der Münchner Sicherheitskonferenz forderte sie noch unverblümter, die Kooperation von ziviler und militärischer Forschung zu stärken und verbliebene Zivilklauseln an den Universitäten abzuschaffen.

Dass es bei vielen Kultusministerien der Länder keine Vorbehalte gibt, bezeugen die Kooperationsvereinbarungen mit der Bundeswehr, die 9 Bundesländer, darunter auch NRW, geschlossen haben, um den Jugendoffizieren einen privilegierten Zugang zu den Schulen zu ermöglichen. Immerhin untersagen 6 dieser Vereinbarungen, darunter auch NRW, den Jugendoffizieren im Unterricht, für Tätigkeiten in der Bundeswehr zu werden.

Es ist entlarvend, dass die Ministerin nicht im Blick hat, dass es im Sinne des Neutralitätsgebots von Schulen angebracht ist, auch für „zivile Friedensdienste“ zu werben und über Formen „gewaltfreier Konfliktbearbeitung und sozialer Verteidigung“ zu informieren. Die Schulen und wir alle sollten den Mut haben, den Kindern den Frieden zu erklären und wie er zu halten und einzuüben ist.

Zivilschutzübungen gehören nicht in die Schulen, sondern sind Aufgabe des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz. Wir müssen fordern, dass sich dieses Amt endlich mit den Protagonisten des Bundes für soziale Verteidigung, der Kampagne „Wehrhaft ohne Waffen“ und der Initiative „Sicherheit neu denken“ zusammensetzen, um ein gemeinsames Konzept für einen gewaltfreien Widerstand gegen schwere innere und äußere Bedrohungen zu entwickeln und in die Praxis zu überführen.

Ich komme noch einmal auf das Thema KDV zurück.

Für mich ist völlig klar, dass ich meine Kinder nicht hergeben würde für einen Verteidigungskrieg. Ich spreche dem souveränen Staat Deutschland den Anspruch ab, sie im sogenannten Ernstfall als Soldat und Soldatin einzuberufen und über Leben und Tod meiner Kinder zu verfügen.

KDV stellt diesen Anspruch infrage. Für diese Infragestellung sollten wir intensiver werben und damit der herrschenden Politik deutlicher machen, dass eine zunehmende Zahl junger Menschen nicht kriegstauglich werden will und nicht zur Verfügung stehen wird.

KDV ist auch heute möglich. Das Verfahren ist dem ähnlich, dass wir aus den Zeiten der Wehrpflicht kennen. Eine kleine praktische Anleitung könnt Ihr am Materialtisch mitnehmen.

Zwar ist die Zahl der Kriegsdienstverweigerer in der Bundeswehr seit dem Angriff auf die Ukraine sprunghaft angestiegen. 2021 gingen rd. 200 dementsprechende Anträge ein, 2022 waren es insgesamt rd. 1.000 und in 2023 schon 1.610. Die überwiegende Zahl der KDV-Anträge kam von Reservisten und sogenannten „Ungedienten“, also Personen, die gar keinen Wehrdienst geleistet haben. Das sind doch viel zu wenige! Das müssen viel mehr werden! Deshalb müssen wir aktiv werden, es kommt auch auf uns an!

Wir sollten unsere Möglichkeiten nutzen, jungen Erwachsenen, die sich viel zu sehr in Sicherheit wiegen, für einen möglichen militärischen Konfliktfall und dessen Konsequenzen für sie persönlich zu sensibilisieren. Möchtet Ihr, so ist meine Frage an die jungen Erwachsenen, im äußersten Fall für Deutschland oder die EU oder die NATO sterben? Oder möchtet ihr nicht schon jetzt dem Wehrdienst eine Absage erteilen und damit ein klares Zeichen setzen? Möchtet Ihr noch eine Wahl haben? Jetzt habt ihr noch eine Wahl!

Denn wir können mit einiger Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die Wehrpflicht in einer akuten militärischen Bedrohungslage sehr schnell wieder in Kraft gesetzt würde. Ob dann noch die Möglichkeit bestehen bliebe, den Kriegsdienst zu verweigern, ist ungewiss. Wie schnell Grundrechte aus übergeordneten Gründen ausgesetzt werden können, das hat uns die Zeit der Corona-Pandemie vor Augen geführt.

Deshalb sollten wir darüber informieren, dass heute schon die Möglichkeit besteht, Nein zu sagen zu militärischer Ausbildung, zur Ausbildung zum Töten und zur Anwendung des Geübten.

Gelegenheiten dazu bieten sich in vielfältiger Weise an: in unseren Familien, im weiteren persönlichen Umfeld, über die Initiativen, in denen wir uns engagieren, in Kirchengemeinden, in den Gewerkschaften, in Sportvereinen.

Auch die Schulen sollten wir nicht außenvorlassen, insbesondere diejenigen, die von Jugendoffizieren besucht werden. Wir sollten die Schulleitungen an die 3 Prinzipien des Beutelbacher Konsenses erinnern. Eines der Prinzipien lautet: „Der Schüler muss in die Lage versetzt werden, eine politische Situation und seine eigene Interessenlage zu analysieren.“ Mit anderen Worten: Wer Vertreter der Bundeswehr in die Schulen einlädt, sollte auch Vertreter der Organisationen einladen, die Konflikte nicht militärisch, sondern mit zivilen Mitteln bearbeiten wollen. Wir können das selbst tun, aber auch Vertreter*innen ziviler Friedensdienste könnten angesprochen werden.

Während des Höhepunktes der nuklearen Aufrüstung Anfang der 1980er Jahre schrieb Christa Wolf die Erzählung „Kassandra“. In ihr stellte sie eine noch immer gültige Frage:

„Wann Krieg beginnt, das kann man wissen, aber wann beginnt der Vorkrieg? Falls es da Regeln gäbe, müsste man sie weitersagen, in Ton, in Stein eingraben, überliefern. Was stünde da? Da stünde, unter anderen Sätzen: Lasst euch nicht von den Eignen täuschen.“

Der Vorkrieg hat spätestens dann begonnen, wenn von Frieden zu sprechen als Feigheit interpretiert wird, wenn nicht mehr gesagt werden darf, dass ein Weg zu einem Frieden nur über Verhandlungen möglich ist. Der Vorkrieg hat auch dann begonnen, wenn die Kriegsrhetorik sich in alle Fasern einer Gesellschaft ausbreitet – auch in die Schulen.

Ich würde mir sehr wünschen, wenn viele von Euch sich an der Sensibilisierung junger Erwachsener für die Möglichkeit der Kriegsdienstverweigerung beteiligen würden.

So können wir ganz praktisch dazu beitragen, dass nicht nur wir „Alten“ nicht kriegstüchtig werden wollen. So können wir ganz praktisch den sich schneller drehenden Rädern der Militärmaschinerie in die Speichen greifen.

Ich möchte Euch heute genau dazu aufrufen. Bitte nehmt den auf dem Materialtisch ausgelegten Handzettel mit Hinweisen mit.

Und noch eins aus aktuellem Anlass. Nicht die Mutigen, die Kriegsverbrechen aufdecken, wie Julian Assange gehören auf die Anklagebank, sondern diejenigen, die Kriegsverbrechen befehlen und die sie ausführen.

Ich danke Euch fürs Zuhören und hoffe auf Euer Mitengagement.

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