Medien/WAZ020215

Der folgende Kommentar von Alfons Pieper in der WAZ vom 15.2.2002 zeigt einen interessanten Stimmungswandel in der veröffentlichen Meinung, der wohl nicht zuletzt auch dem Wirken der Friedensbewegung zu verdanken ist.

 

Wachsende Kritik in Europa an US-Plänen gegen Irak

Krieg ist der falsche Weg

Von Alfons Pieper

Nach dem 11. September sollte alles anders werden. Die nordatlantische Gemeinschaft schien enger zusammenzurücken. Bundeskanzler Schröder sicherte Amerika unter dem Eindruck der Terroranschläge die "uneingeschränkte Solidarität" der Deutschen zu.

Doch längst sieht manches anders aus, als zumindest aus europäischer Sicht gedacht. Denn der amerikanische Präsident Bush geht eigene Wege, ohne Rücksicht auf die Partner jenseits des Atlantik nehmen zu wollen. Was auf Afghanistan bezogen war, kann nicht mehr ausgeschlossen werden für den Irak. So hat es Powell formuliert, der bisher nicht zu den Falken gerechnet wurde.

Einen Krieg gegen den Irak aber trägt das Bündnis nicht mit. Das hat Schröder klar gemacht, Frankreichs Außenminister Vedrine hat es gesagt. London zeigt wenig Sympathie für eine Kriegsausweitung auf einen der von Amerika so genannten Schurkenstaaten.

Bush neige dazu, die Welt ausschließlich im Licht der terroristischen Bedrohung zu sehen, hat Vedrine Sorgen vieler Europäer formuliert. In der Anti-Terror-Koalition muss man nicht nur Verantwortung gemeinsam schultern, sondern auch Entscheidungen gemeinsam tragen. Solana hat Recht.

Die kritischen Stimmen nehmen zu, auch aus Deutschland. Für die Union hat es der umsichtige Karl Lamers getan, ein Atlantiker, unverdächtig. Politiker aus der Regierungskoalition schließen sich ihm an. Schweigen wäre der falsche Weg. Die Verbündeten müssen sich zu Wort melden.

Krieg als Lösung von Problemen, das ist der falsche Weg. Kein Krieg ist gerecht. Man frage die Opfer. Und: Die Welt des Westens ist auch die Welt der Werte, nicht nur des Kapitalismus und der Dollar-Macht.

Washington muss begreifen, dass Armut eine der Hauptursachen für den Terror ist. Menschen, die nichts zu verlieren haben, können alles riskieren, sogar ihr Leben. Das gilt auch für die Palästinenser, denen Israel den Krieg erklärt hat. Wo bleibt der Führungsanspruch Amerikas hier?