Kriege brechen nicht schicksalshaft aus, sondern werden von Menschen gemacht. Die Hauptschuld am Krieg hat immer der Aggressor, egal welche Gründe er auch immer anführt. Aber er kann seine Kriege leichter führen, wenn er sie irgendwie rechtfertigen kann.

Im Irak-Konflikt müssen sich die Regierungen Bush/Blair heute noch immer um glaubhafte Kriegsgründe bemühen. Die als Hauptgrund vorgeschobene "Gefahr durch irakische Massenvernichtungswaffen" entpuppte sich als dreiste Erfindung. Herr Bush in den USA, Herr Blair in England, Herr Aznar in Spanien, Herr Berlusconi in Italien und Herr Howard in Australien zogen alle mit der gleichen Lüge in den Irak-Krieg. Saddam Hussein wurde zu einer Gefahr für den Mann auf der Straße aufgebauscht was dazu führte, dass in den USA die Gasmasken vergriffen waren. Geheimdienst-Berichte wurden nachgebessert und Dokumente gefälscht. US-Außenminister Powell hatte sogar versucht, den UN-Sicherheitsrat mit bewusst gefälschten Informationen dazu zu bewegen, den Angriffskrieg völkerrechtlich zu legitimieren.

Die Lüge gehört zum wichtigsten Handwerkszeug des Aggressors. Das ist auch nicht weiter überraschend. Warum sollte jemand, der beabsichtigt, zur Durchsetzung seiner Interessen äußerste Gewalt anzuwenden ausgerechnet vor der Wahrheit Halt machen? Überraschend ist dabei nur, dass Menschen immer wieder bereit sind, denen Glauben zu schenken, denen am meisten zu misstrauen ist.

Adressat der Lügen ist immer die eigene Bevölkerung. Und die Methode ist immer die gleiche: Angst. Seit dem 11. September 2001 wird uns fast täglich eingeredet, der internationale Terrorismus sei die größte Gefahr für uns alle. Wir sollen Angst haben vor den bösen Islamisten. Wir sollen Opfer bringen für die ach so notwendig gewordene Aufrüstung. Wir sollen klaglos eine Sozialkürzung nach der anderen hinnehmen. Die Angst ist ein ideales Mittel, die Bevölkerung opferbereit zu machen und Oppositionelle als Spinner und Verräter hinzustellen. Im Burgfrieden der bedrohten Nation erstickt die Demokratie. Dabei sehen wir fast täglich im Fernsehen, dass das Weiterdrehen an der Gewaltschraube uns einer Lösung der Konflikte keinen Schritt näherbringt, im Gegenteil! Gleichzeitig bedeutet das für die Kriegslobby: Volle Auftragsbücher - die Aktien steigen!

Die abscheulichen Anschläge vom 11. September 2001 werden dazu missbraucht, die Terrorismus-Hysterie voran zu treiben. Dabei ist bis heute nicht geklärt, wer letztlich hinter den Anschlägen steckt. Wie stark war Saudi-Arabien - der damalige Hauptverbündete der USA im Nahen Osten - in die Vorbereitungen der Anschläge verwickelt? Wieviel wussten FBI und CIA vorher? Ein Untersuchungsausschuss des US-Repräsentantenhauses stellte kürzlich fest, dass die Geheimdienste die Anschläge hätten verhindern können, wenn sie den vorhandenen Hinweisen nachgegangen wären. Hat da vielleicht jemand absichtlich weg geschaut?

Am 1.September 1939 begann Adolf Hitler mit einer Lüge den zweiten Weltkrieg: "Seit fünf Uhr fünfundvierzig wird jetzt zurückgeschossen". Am Abend zuvor hatten als polnische "Terroristen" verkleidete SS-Leute den Sender Gleiwitz überfallen. "Ich werde propagandistischen Anlass zur Auslösung des Krieges geben... Der Sieger wird später nicht danach gefragt, ob er die Wahrheit gesagt hat oder nicht." sagte Hitler vorher am 22. August 1939. Der schlimmste Kriegsverbrecher aller Zeiten überschätzte die Vergesslichkeit der Völker.

Es macht uns ein wenig optimistisch, dass die Lüge von den "irakischen Massenvernichtungswaffen" diesmal durchschaut werden konnte und dass auch die Bevölkerung der den Irak-Krieg unterstützenden Länder Spanien und Italien den Krieg mehrheitlich ablehnten. Und es freut uns, dass man nicht aufhört, die Sieger nach der Wahrheit zu fragen.

Lassen wir uns nicht für dumm verkaufen! Lassen wir uns nicht in neue Kriege hineintreiben. Seien wir misstrauisch.

Nie wieder Krieg!

Wir fordern:

Wir fordern:

(Rede von Karmelita Gaertig zum Antikriegstag, gehalten am 1.9.2003 auf dem Neumarkt in Gelsenkirchen)