Presseecho

Zeitzeuge warnt vor dem Erstarken von Neonazis

Rund 200 Teilnehmer kamen zur Kundgebung im Stadtgarten - deutlich weniger als noch im vergangenen Jahr.

WAZ-Bild: C. Fischer

Der traditionelle Ostermarsch, der am Sonntag im Stadtgarten Station machte, befasste sich in diesem Jahr mit zwei thematischen Schwerpunkten: dem 60. Jahrestag des Kriegsendes und der neuen EU-Verfassung. Rund 200 Teilnehmer kamen zur Kundgebung.

Die Musiker Norbert Labatzki, Mahir Abdik und Leo Kowald begrüßten die Radler, die von Samstag bis Montag die Strecke von Duisburg nach Dortmund absolvierten, musikalisch am Stadtgartenpavillon an der Zeppelinallee.

Am Mahnmal für die Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungsstätten hielt Lothar Wickermann vom Friedensforum Gelsenkirchen eine Rede, die an die Verbrechen der Nazis, den brutalen Angriffskrieg Hitlers, gemahnte. "Im Schutze dieses Krieges fand der größte Völkermord der Geschichte statt - die Vernichtung der Juden Europas." Wickermann rief zum Widerstand gegen die wieder erstarkenden Nazis auf: "Der Eklat im sächsischen Landtag ist nur die Spitze des Eisbergs. Nazis sitzen auch in Kommunalparlamenten in NRW. Die NPD kandidiert wie selbstverständlich bei den kommenden Landtagswahlen. Das Grundgesetz, das ein Verbot aller Naziorganisationen vorsieht, wird so mit Füßen getreten."

Peter Gingold, ein 89-jähriger Zeitzeuge aus Frankfurt/Main und Überlebender des Holocaust, der die ganze Strecke mitradelte, mahnte: "Wir sollten nicht nur der Toten gedenken, sondern auch überlegen, wie das deutsche Volk sich derart erniedrigen konnte, andere Menschen zu versklaven, zu foltern, zu ermorden." Auch Gingold warnte nachdrücklich davor, dass rechtsradikale Organisationen wieder Zulauf erhalten. Die heutige Generation sei nicht verantwortlich für die Verbrechen im Zweiten Weltkrieg, wohl aber dafür, dass so etwas nie wieder geschehen kann.

Ein weiteres Thema war der Entwurf der EU-Verfassung: Die Friedensfreunde stellen sich (so die Presseerklärung) dagegen, dass neu aufzubauende EU-Streitkräfte zu weltweiten Kampfeinsätzen entsandt werden können, dass Aufrüstung zur Verfassungspflicht wird, indem von den Mitgliedstaaten verlangt wird, die "militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern", und dass eine Rüstungsagentur ("Agentur für Entwicklung der Verteidigungsfähigkeit, Forschung, Beschaffung und Rüstung") vorgesehen ist.

Aus: WAZ 28.03.2005   Von Mario Stork

 


 

Ostermarschierer gegen Krieg und braune Gefahr

Unter dem Motto "Sechzig Jahre danach: Faschismus war und ist ein Verbrechen!" hatten sich am Ostersonntag etwa 200 Teilnehmer des Ostermarsches Ruhr im Stadtgarten am Mahnmal der Opfer des deutschen Faschismus versammelt. Zum 60. Mal jährt sich der Tag, an dem der zweite Weltkrieg endete. Das ist Anlass, auf die wiederaufkeimende braune Gefahr aufmerksam zu machen.

"Im Schutz des Krieges fand der größte Völkermord der Geschichte statt – die Vernichtung der Juden Europas." Am Mahnmal erinnerte Lothar Wickermann von der Gelsenkirchener Antifa an den Zusammenhang zwischen Weltkrieg und NS-Verbrechen. Vor allem warnte er vor der neuen Gefahr von Rechts, wie sie sich in immer offensiveren Auftritten der neofaschistischen NPD und deren Wahlerfolg unter anderem in Sachsen zeige.

"Nie wieder darf von deutschem Boden ein Krieg ausgehen! Nie wieder darf der Faschismus in Deutschland eine Chance bekommen!" betonte er unter dem Beifall der Zuhörer. "Nazi-Aufmärsche gegen die Ausstellung über Verbrechen der deutschen Wehrmacht, Aufmarsch zum Jahrestag der Bombardierung Dresdens, geplante Aufmärsche zum Jahrestag der Befreiung am 8. Mai", Wickermann ist entsetzt über die jüngsten Auftritte von Neo-Nazis. "Verbrechen wie der Mord an sechs Millionen Juden werden geleugnet, Auschwitz wird geleugnet. Aus Nazi-Tätern werden Opfer", wehrt er sich gegen Versuche nationalistischer Geschichtsklitterung.

Kritik an der Politik der Regierung

Kritik übte er an der Außenpolitik der rot-grünen Bundesregierung. Ausgerechnet diese habe den Umbau der Bundeswehr zur Interventionsarmee umgesetzt. Erfahrungen von 1945 würden vergessen. Die Entscheidung für weltweite Auslandseinsätze der Bundeswehr seien Ausdruck neuer Geschichtslosigkeit, meinte Wickermann.

Ebenfalls vor einem Wiederaufkeimen des Faschismus warnte der NS-Überlebende Peter Gingold in einer kurzen Ansprache. "Wir müssen im Blick behalten, wie es damals dazu kommen konnte, dass ein Volk wie das deutsche, wegen seiner Kultur bewundert, das Schändlichste tun konnte", erinnerte der inzwischen 89 Jahre alte Widerstandskämpfer an Massenmord, Folter und Versklavung in der Zeit des Nationalsozialismus.

Nach Kranzniederlegung und Schweigeminute am Mahnmahl für die Opfer des deutschen Faschismus setzten die Demonstranten den Weg in Richtung Bochum fort.

Aus: ... 28. März 2005  von Niels Holger Schmidt